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Filesharing: Abmahnung und die Verjährung von Ansprüchen

Das AG Köln hat mit Urteil
vom 19.02.2015, Az.: 148 C 31/14
entschieden, dass die Verjährungsfrist für
Ansprüche auf Schadensersatz und Aufwendungsersatz aufgrund einer
Urheberrechtsverletzung durch Download eines Films gem. § 195 BGB drei Jahre beträgt.
Auf den Anspruch auf Zahlung von Lizenzgebühren gemäß § 97 Abs. 2, S. 1 UrhG ist
nicht die zehnjährige Verjährungsfrist nach den §§ 102 UrhG, 852 BGB
anzuwenden. Durch das unerlaubte „Anbieten“ eines Films im Rahmen
einer Internettauschbörse zum Download hat die beklagte Person nichts im Sinne
des § 852 BGB erlangt. Eine Ersparnis von Lizenzgebühren kommt zudem nur dann
in Betracht, wenn die Wahrnehmung des Urheberrechts typischerweise gegen eine
Lizenzgebühr eingeräumt wird. Dies ist zu verneinen, wenn eine Lizenzierung
dergestalt, dass Filme im Rahmen des Filesharing angeboten werden können, nicht
existiert.

Das Urteil des AG vom 19.02.2015, Az.: 148 C 31/14 im Volltext:

Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt
vorbehalten, die gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren
Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in entsprechender
Höhe leisten.
Tatbestand:
Die Klägerin macht Schadens- und Aufwendungsersatz aufgrund
einer Urheberrechtsverletzung geltend.

Die Klägerin hat mit Schreiben ihrer vorgerichtlich tätig
gewordenen Rechtsanwälte vom 20.07.2010 die Beklagten wegen einer von ihr
behaupteten Urheberrechtsverletzung in Bezug auf den streitgegenständlichen
Film „ XXX “ abgemahnt und diese aufgefordert, eine strafbewehrte
Unterlassungsverpflichtung abzugeben sowie einen pauschalen Betrag i.H.v. 850 €
zu zahlen, der Rechtsverfolgungskosten und Schadensersatz beinhalte.
Die Klägerin behauptet, ihr stehe das ausschließliche
Nutzungs- und Verwertungsrecht an dem streitgegenständlichen Film „ XXX “ zu.
Durch softwarebasierte Ermittlungen der Firma F Ltd. sei festgestellt worden,
dass am 26.02.2010 um 10:30:41 Uhr über einen Internetanschluss, dem zu diesem
Zeitpunkt die IP-Adresse 80.000… zugewiesen war, im C – Netzwerk der
streitgegenständliche Film zum Herunterladen angeboten wurde. Im Rahmen der von
ihr durch die Deutsche Telekom AG als Provider erteilten Auskunft wurden die
Beklagten als Nutzer benannt, was zwischen den Parteien unstreitig ist.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagten schuldeten ihr
im Wege des Lizenzanalogieschadens einen Betrag von 400 EUR. Dieser Anspruch
unterliege der zehnjährigen Verjährungsfrist gemäß § 852 S. 2 BGB. Durch die
Einleitung des Mahnverfahrens und des am 27.8.2013 zugestellten Mahnbescheides
sei die Verjährung gehemmt worden. Des Weiteren schuldeten die Beklagten ihr
einen Betrag von 651,80 EUR für die Erstattung der für die Abmahnung
entstandenen Kosten aus einem Gegenstandswert von 19.000 € bei einem
Gebührensatz einer 1,3 fachen Rechtsanwaltsgebühr nebst Auslagenpauschale.

Die Klägerin beantragt,
1.       die Beklagten
gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie einen Schadensersatzbetrag i.H.v.
400 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit zu zahlen.
2.       die Beklagten
gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie außergerichtliche
Rechtsanwaltskosten i.H.v. 651,80 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,
              die
Klage abzuweisen.

Sie berufen sich auf die Verjährung der Ansprüche und
behaupten überdies, dass auch zwei ihrer im Haushalt lebenden Kinder zum
streitgegenständlichen Zeitpunkt auf den Internetanschluss Zugriff gehabt
hatten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zu
den Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen verwiesen.

Aufgrund des Antrages vom 22.08.2013 erließ das Amtsgericht
Euskirchen in dieser Sache am 23.8.2013 einen den Beklagten am 27.8.2013
zugestellten Mahnbescheid. Als Hauptforderung in Höhe von 1.051,80 EUR wurde
„unerlaubte Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke aus Repertoire des
Antragstellers gem. Schreiben vom 19.07.2010“ benannt.

Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf
Schadens- und Aufwendungsersatz in Höhe von insgesamt 1.051,80 EUR aus §§ 97
Abs. 2 S. 1, 97 a Abs. 1 S. 2 a. F. UrhG zu.
Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagten für die von der
Klägerin vorgetragene Urheberrechtsverletzung als Täter haften. Denn die
Beklagten berufen sich zu Recht auf die Verjährung der Ansprüche.

Die Verjährungsfrist für die geltend gemachten Ansprüche
beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre. Soweit die Klägerin die Auffassung
vertritt, dass auf den von ihr geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von
Lizenzgebühren gemäß § 97 Abs. 2, S. 1 UrhG die zehnjährige Verjährungsfrist
nach den §§ 102 UrhG, 852 BGB anzuwenden sei, kann das Gericht dieser
Auffassung nicht zustimmen. Vielmehr schließt sich das Gericht im Ergebnis den
jüngeren Entscheidungen des AG Kassel (Az.: 410 C 625/14); AG Bielefeld (Az.:
42 C 368/13), AG Düsseldorf (Az.: 57 C 15659/13) sowie AG Köln (Az.: 125 C
314/14) an.

§ 852 BGB soll verhindern, dass, wer einen anderen durch
eine unerlaubte Handlung geschädigt und dadurch das eigene Vermögen vermehrt
hat, im Besitz dieses Vorteils bleibt. Die Klägerin macht vorliegend einen
Schadensersatzanspruch geltend mit der Behauptung, die Beklagten hätten den
streitgegenständlichen Film unerlaubt anderen Teilnehmern im Rahmen einer
Internettauschbörse zum Download angeboten. Durch dieses „Anbieten“ haben die
Beklagten jedoch nichts im Sinne des § 852 BGB erlangt.

Zu denken wäre allenfalls daran, dass sich die Beklagten
Lizenzgebühren erspart haben. Eine Ersparnis von Lizenzgebühren kommt aber nur
dann in Betracht, wenn die Wahrnehmung des Urheberrechts typischerweise gegen
eine Lizenzgebühr eingeräumt wird (so BGH, Urteil vom 27.10.2011 – I ZR
175/10). Dies ist vorliegend jedoch zu verneinen, da eine Lizenzierung
dergestalt, dass Filme im Rahmen des Filesharing angeboten werden können, nicht
existiert. Der Nutzer einer Internet-Tauschbörse, so wie es den Beklagten
vorgeworfen wird, erlangt letztlich nur mit dem Herunterladen des
streitgegenständlichen Films zum eigenen Gebrauch etwas, nämlich die Befreiung
von einer Verbindlichkeit, da die entsprechende Vergütung für die eigene
Nutzung des Films erspart wird.

Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die Verjährung am Schluss des
Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von allen
anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt
hat. Verjährungsbeginn für den Schadensersatzanspruch war, nachdem die Klägerin
spätestens nach Auskunftserteilung der Deutschen Telekom AG am 31.05.2010 von
der Rechtsverletzung und der hierfür verantwortlichen Person, nämlich den
Beklagten, Kenntnis erlangt hat, der 31.12.2010, 24 Uhr. Ebenfalls begann die
Verjährung für den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten am 31.12.2010, 24
Uhr, da die Versendung der Abmahnung, mit der der Anspruch entsteht, im Juli
2010 erfolgte.

Die Verjährungsfrist für beide Ansprüche lief somit am
31.12.2013 ab. Klage wurde jedoch erst im Jahr 2014 eingereicht.

Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, dass die
Zustellung des Mahnbescheides am 27.8.2013 die Hemmung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3
BGB bewirkte, kann dem nicht zugestimmt werden. Denn es fehlt die erforderliche
Individualisierung im Mahnbescheidantrag (Palandt- Ellenberger, BGB, 74.
Auflage, 2015, § 204 Rd. 18). Aus dem Mahnbescheid muss der Schuldner erkennen
können, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht wird. Dabei ist ein im
Mahnbescheid genanntes Anspruchsschreiben zu berücksichtigen. Wird eine
Mehrheit von Forderungen geltend gemacht, so müssen alle individualisiert
werden (BGH, NJW 1993, 862; Palandt- Ellenberger, a.a.O.). Denn der Abgemahnte
muss im Mahnverfahren beurteilen können, ob er sich gegen eine Forderung zur
Wehr setzen will oder nicht (BGH NJW 2013, 3509).

Wie § 97 a Abs. 2 S. 3 UrhG (2013) nunmehr auch
verdeutlicht, handelt es sich bei den streitgegenständlichen Ansprüchen nicht
nur um Rechnungspositionen eines einheitlichen Anspruches (vergleiche dazu BGH
NJW 2013, 3509), sondern um dem Wesen nach unterschiedliche Ansprüche aufgrund
unterschiedlicher Anspruchsgrundlagen. Selbst wenn man trotz erheblicher
Bedenken § 97 Abs. 2 UrhG als einheitliche Anspruchsgrundlage annähme, handelt
es sich vorliegend nicht um Rechnungspositionen eines einheitlichen Anspruchs,
sondern um voneinander unabhängige, selbstständige Ansprüche, einerseits auf
Schadensersatz und andererseits auf Aufwendungsersatz.
Die Beklagten hätten vorliegend somit unter Berücksichtigung
eines etwaigen im Mahnbescheid genannten Anspruchsschreibens aus dem
Mahnbescheid erkennen können müssen, welche Ansprüche gegen sie geltend gemacht
werden. Mit dem Mahnbescheid wurde lediglich eine Forderung über 1.051,80 €
wegen unerlaubter Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke aus dem Repertoire
des Antragstellers gem. Schreiben vom 19.07.2010 geltend gemacht. Zwar wird in
dem Mahnbescheid auf ein Abmahnschreiben vom 19.7.2010 Bezug genommen, welches
die Beklagten auch dem Abmahnschreiben vom 20.07.2010 zuordnen konnten, da
keine Anhaltspunkte vorliegen, dass die Beklagten zwei Abmahnschreiben erhalten
haben und anzunehmen ist, dass es sich bei der falschen Datumsangabe lediglich
um einen offensichtlichen Tippfehler handelt. Die Beklagten konnte aber auch
unter Berücksichtigung dieses Abmahnschreibens nicht klar erkennen, welche
Ansprüche im Mahnbescheid und in jeweils welcher Höhe gegen sie geltend gemacht
werden. Aus dem genannten Abmahnschreiben vom 20.07.2010 ergibt sich nämlich
keine konkrete Aufschlüsselung in Anwaltskosten und Schadensersatz, sondern es
wird lediglich ein pauschaler Gesamtbetrag i.H.v. 850 € angeboten.

Da sich somit weder aus dem Mahnbescheid noch aus dem in
Bezug genommenen Abmahnschreiben eine Aufschlüsselung der aus zwei
Einzelforderungen bestehenden Gesamtforderung ersehen lässt und somit die
Beklagten aus dem Mahnbescheid nicht erkennen konnten, welche Ansprüche in
welcher Höhe gegen sie geltend gemacht werden, konnte keine Hemmung eintreten.
Die nach Verjährungseintritt, nämlich erst im Jahr 2014,
erfolgte Individualisierung der Ansprüche durch Zustellung des
Klagebegründungsschriftsatzes wird nicht auf den Zeitpunkt der Zustellung des
Mahnbescheides zurück (BGH, Urteil vom 10. Juli 2008 – IX ZR 160 / 07).
Mangels Hauptforderung steht der Klägerin gegenüber den
Beklagten auch kein Anspruch auf Verzugszinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711
ZPO.

Der Streitwert wird auf 1.051,80 festgesetzt.

Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für
jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR
übersteigt oder
b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht
zugelassen worden ist.
Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat
nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln,
Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die
Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der
Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils
schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch
einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die
Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder
beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

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