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OLG Köln: Bestätigung des Verbots der Nutzung von Kohl-Zitaten im Buch „Vermächtnis – die Kohl-Protokolle“

Der
15. Zivilsenat des OLG Köln hat mit Urteil vom 05.05.2015, Az. 15 U 193/14 die Berufung der
Beklagten gegen das Urteil des LG Köln vom 13. November 2014, Az. 14 O 315/14, die Verwendung und
Veröffentlichung von Zitaten Dr. Kohls in dem Buch „Vermächtnis – die
Kohl-Protokolle“ zu untersagen, in vollem Umfang zurückgewiesen. Das
Landgericht hatte mit Urteil vom 13.11.2014 entschieden, dass die Beklagten –
die Autoren Dr. Heribert Schwan und Tilman Jens sowie der Verlag Random House –
den überwiegenden Teil der Zitate, die dem Autor Herrn Dr. Schwan im Rahmen
seiner Arbeit an den Memoiren des Klägers zwischen 2000 und 2001 zur Verfügung
gestellt wurden, nicht weiter verwenden und veröffentlichen dürfen. Auf die vom
Kläger eingelegte Berufung hin hat der Senat das Urteil des Landgerichts nicht
nur bestätigt, sondern ist mit dem Verbot weiterer Zitate, die die Vorinstanz
noch für zulässig erachtet hatte, im Umfang noch über dieses Urteil
hinausgegangen.
Nach
Ansicht des Senats war den Beklagten die Veröffentlichung sämtlicher Zitate,
die Gegenstand des Berufungsverfahrens waren, verboten. Den Beklagten zu 2) –
Herr Dr. Schwan – habe eine vertragliche Pflicht zur Geheimhaltung getroffen,
die im Rahmen der Vereinbarung der Zusammenarbeit zur Erstellung der
Biographien Herrn Dr. Kohls konkludent verabredet worden sei und Herrn Dr.
Schwan hindern sollte, die auf den Tonbändern fixierten Äußerungen ohne
Einverständnis des Klägers zu veröffentlichen. Die Pflicht ergebe sich aus dem
besonderen Gefüge der Verträge zwischen dem Drömer Verlag und Kohl bzw. dem
Verlag und Schwan, insbesondere den darin den Parteien zugewiesenen Funktionen
und Befugnissen. So sollte Herr Dr. Kohl die Entscheidungshoheit über die
Verwendung seiner Äußerungen als solche sowie den konkreten Inhalt und den
Zeitpunkt der Veröffentlichung zustehen. Herr Dr. Schwan hingegen sei als
Ghostwriter eine lediglich dienende Funktion zugewiesen worden. Zudem folge die
Geheimhaltungsverpflichtung aus der Zweckbindung der Tonbandaufzeichnungen als
lediglich allgemeiner Stoffsammlung für die geplanten Memoiren. Mit der
Geheimhaltungsabrede habe der Beklagte zu 2) auf sein diesbezügliches Recht auf
freie Meinungsäußerung verzichtet.
Die
Beklagten zu 1) und 3) – Tilman Jens und der Verlag Random House – hätten die
maßgeblichen Äußerungen ebenfalls nicht veröffentlichen dürfen. Dieses
Unterlassungsgebot folge nicht aus einer vertraglichen Bindung, sondern aus der
Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers in Form der
Vertraulichkeitssphäre und des Rechts am gesprochenen Wort. Zum Schutz der
Pressefreiheit sei zwar nicht jede Veröffentlichung rechtswidrig erlangter
Informationen ausgeschlossen. Ein absolutes Verwertungsverbot bestehe aber
dann, wenn Tonbandaufzeichnungen in wörtlicher Rede ungenehmigt weitergegeben
werden sowie dann, wenn sich die Presse in rücksichtsloser Weise über die
schützenswerten Belange des Betroffenen hinwegsetze. Eine solche
Fallkonstellation sei vorliegend anzunehmen. Den Beklagten zu 1) und 3) seien
sowohl die konkreten Umstände bekannt gewesen, unter denen der Beklagte zu 2)
die vertraulich erfolgten Äußerungen des Klägers aufgenommen habe, als auch das
spätere Zerwürfnis, welches eine weitere Zusammenarbeit beendet habe. Zudem
seien sie an der Erstellung des streitgegenständlichen Buches verantwortlich
beteiligt gewesen. Die Beklagten hätten selbst stets betont, bei der
Entwicklung des Buchprojekts durchgängig als Team gewirkt zu haben. So hätten
sie bei der Auswahl  der Inhalte
zusammengearbeitet, diese gemeinsam redigiert und die Texte ausgeformt. Diese
Art der Informationsgewinnung und –verwertung stehe einer weiteren Verwendung
und Veröffentlichung entgegen und rechtfertige es, die Verwendung der
Äußerungen insgesamt zu untersagen.
Das
Urteil im Volltext:
Tenor
Auf
die Berufung des Verfügungsklägers wird unter teilweiser Abänderung des Urteils
des Landgerichts Köln vom 13.11.2014 (14 O 315/14) dem Verfügungsbeklagten zu
2) unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt, über die im
angefochtenen Urteil untersagten Passagen hinaus die weitere folgende Passage
aus dem im I-Verlag erschienenen Buch von Dr. I2 T und U K „Vermächtnis –
Die Kohl-Protokolle“ in diesem Buch oder anderweitig wörtlich oder sinngemäß
zu veröffentlichen oder zu verbreiten:
Seite
96 f.: „XXX.“
Auf
die Berufung des Verfügungsklägers wird weiter unter teilweiser Abänderung des
Urteils des Landgerichts Köln vom 13.11.2014 (14 O 315/14) den
Verfügungsbeklagten zu 1) und 3) unter Androhung der gesetzlichen
Ordnungsmittel untersagt, über die im angefochtenen Urteil untersagten Passagen
hinaus weitere folgende Passagen aus dem im I-Verlag erschienenen Buch von Dr.
I2 T und U K „Vermächtnis – Die Kohl-Protokolle“ in diesem Buch oder
anderweitig wörtlich oder sinngemäß zu veröffentlichen oder zu verbreiten:
Seite
49: „[…]XXX.“
Seite
61: „[…]XXX“
Seite
96 f.: Zu Christian Wulff:
„XXX.“
Seite
102 f.: u.a. zu Klaus Töpfer:
„XXX.“
Seite
110: Zu Manfred Stolpe:
„XXX.“
Seite
143: Zu Franz Josef Strauß:
„XXX“.“
Seite
164 f.: Zu Richard von Weizäcker:
„XXX.“
Seite
169: Zu Richard von Weizäcker:
„XXX.“
Seite
192: „XXX“
Seite
193: „XXX?“
Seite
198: zum jüdischen Weltkongress
„XXX.“
Seite
212 f.: „XXX“
Die
Berufung der Verfügungsbeklagten zu 1) bis 3) gegen das Urteil des Landgerichts
Köln vom 13.11.2014 (14 O 315/14) wird zurückgewiesen.
Die
Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Verfügungsbeklagten zu
1) bis 3) zu je 1/3.
Gründe
I.
Der
Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger) nimmt die Verfügungsbeklagten (im
Folgenden: Beklagten) auf Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung von
Äußerungen in Anspruch, die Gegenstand von Tonbandaufnahmen aus den Jahren 2001
und 2002 sind und von den Beklagten in dem am 7.10.2014 erschienenen Buch
„Vermächtnis – Die Kohl-Protokolle“ veröffentlicht wurden.
Hinsichtlich des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien sowie ihrer Anträge
wird Bezug auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung genommen.
Mit
Urteil vom 13.11.2014 hat das Landgericht dem Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung überwiegend stattgegeben und ihn im Übrigen
zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte zu 2) sei zur
Unterlassung verpflichtet, weil er eine mit dem Kläger geschlossene
Geheimhaltungsverpflichtung verletzt habe. Es habe eine konkludente Einigung
zwischen den Parteien gegeben, wonach der Beklagte zu 2) Stillschweigen über
solche Informationen bewahren müsse, die nicht vorbekannt waren bzw. bei denen
keine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht vorlag. Die Bereitschaft des
Beklagten zu 2), als Ghostwriter an den Memoiren des Klägers mitzuwirken und zu
diesem Zwecke im Rahmen eines Auftragsverhältnisses Tonbandaufnahmen nach Weisungen
des Klägers zu erstellen, sei eine konkludente Willenserklärung hinsichtlich
einer Verschwiegenheitsverpflichtung. Der Kläger habe diese Erklärung
konkludent durch Beginn der Zusammenarbeit angenommen. Die Beklagten zu 1) und
3) seien als Mittäter des Beklagten zu 2) zur Unterlassung verpflichtet, weil
sie das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt hätten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen
Entscheidung (Bl. 762 ff. d.A.) Bezug genommen.
Mit
der Berufung verfolgt der Kläger sein Unterlassungsbegehren gegen den Beklagten
zu 2) – entsprechend der vom Landgericht vorgenommenen Nummerierung der Anträge
– hinsichtlich der Äußerung Nr. 43 sowie gegen die Beklagten zu 1) und 3)
hinsichtlich der Äußerungen Nr. 9, 10, 43, 51, 61, 72, 81, 87, 100, 101, 104,
113 weiter. Die Beklagten greifen mit ihrer Berufung die Verurteilung zur
Unterlassung – soweit vom Landgericht ausgesprochen – an und wollen die
vollständige Abweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
erreichen.
Der
Kläger macht geltend, die Tonbänder seien in den Jahren 2001 und 2002 allein
zum Zwecke der Erstellung seiner Memoiren besprochen worden. Sie seien selbst
nicht zur Veröffentlichung vorgesehen gewesen, sondern hätten als Stoffsammlung
dienen sollen, die einer Endkontrolle durch ihn unterliegen sollte. Ausweislich
der beiden Verlagsverträge vom 12.11.1999 sei der Beklagte zu 2) als jederzeit
kündbarer Mitarbeiter und nicht etwa als Journalist für eine Interviewsituation
verpflichtet worden, dem er, der Kläger, Zugang zu Archiven und zu Sperrfristen
unterliegenden Unterlagen verschafft habe. Er habe sowohl in den bisher
erschienenen Bänden der Memoiren als auch in dem unter Mitarbeit des Beklagten
zu 2) erschienenen Werk „Mein Tagebuch“ bewusst Schärfen und
Zuspitzungen vermieden, weil er keine „Bücher der Rache“ habe
schreiben wollen. Da das Manuskript nach den Regelungen der Verlagsverträge vor
Veröffentlichung von ihm durchgearbeitet, korrigiert und freigegeben werden
sollte und dem Beklagten zu 2) keinerlei Urheberrechte zugebilligt wurden, ist
der Kläger der Ansicht, die Beklagten seien aufgrund dieser Gesamtumstände
nicht berechtigt, seine Äußerungen ohne Genehmigung und erst recht nicht zum
eigenen wirtschaftlichen Vorteil zu verwenden. Zu einem angeblich erklärten
Einverständnis seinerseits mit einer Veröffentlichung durch den Beklagten zu 2)
habe dieser zum einen außergerichtlich und gerichtlich wechselnde Angaben
gemacht und zum anderen sei ein solches auch nicht erklärt worden. Der Kläger
ist der Ansicht, hilfsweise sei die Unterlassungspflicht des Beklagten zu 2)
aus den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter bzw. aus
einer Verletzung des Urheberrechts herzuleiten, da seine Zitate jedenfalls als
Sprachwerk nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG schutzfähig seien.
Der
Kläger beantragt,
1.
unter teilweise Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 13.11.2014 (14
O 315/14) dem Beklagten zu 2) unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel
zu untersagen, über die zuerkannten Passagen hinaus weitere folgende Passage
aus dem im I-Verlag erschienenen Buch von Dr. I2 T und U K „Vermächtnis –
Die Kohl-Protokolle“ in diesem Buch oder anderweitig wörtlich oder
sinngemäß zu veröffentlichen oder zu verbreiten:
Seite
96 f.: „XXX.“
2.
unter teilweise Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 13.11.2014 (14
O 315/14) die Beklagten zu 1) und 3) unter Androhung der gesetzlichen
Ordnungsmittel zu untersagen, über die zuerkannten Passagen hinaus weitere folgende
Passagen aus dem im I-Verlag erschienenen Buch von Dr. I2 T und U K
„Vermächtnis – Die Kohl-Protokolle“ in diesem Buch oder anderweitig
wörtlich oder sinngemäß zu veröffentlichen oder zu verbreiten:
Seite
49: „[…]XXX.“
Seite
61: „[…]XXX.“
Seite
96 f.: Zu Christian Wulff:
„XXX.“
Seite
102 f.: u.a. zu Klaus Töpfer:
„XXX.“
Seite
110: Zu Manfred Stolpe:
„XXX.“
Seite
143: Zu Franz Josef Strauß:
„XXX“.“
Seite
164 f.: Zu Richard von Weizäcker:
„XXX.“
Seite
169: Zu Richard von Weizäcker:
„XXX.“
Seite
192: „XXX…“
Seite
193: „XXX?“
Seite
198: zum jüdischen Weltkongress
„XXX
.“
Die
Beklagten beantragen,
das
Urteil des Landgerichts Köln vom 13.11.2013 dahin abzuändern, dass die
einstweilige Verfügung aufgehoben und der zu Grunde liegende Antrag auch im
Übrigen zurückgewiesen wird.
Die
Parteien beantragen ferner, die jeweilige Berufung der Gegenseite
zurückzuweisen.
Die
Beklagten sind der Ansicht, ein vertraglicher Unterlassungsanspruch gegen den
Beklagten zu 2) scheitere daran, dass eine Geheimhaltungsverpflichtung nicht,
auch nicht konkludent, vereinbart worden und der Beklagte zu 2) als Journalist
zur Verwertung der Äußerungen auch ohne Zustimmung des Klägers berechtigt sei.
Der Kläger habe den konkreten Abschluss einer Geheimhaltungsverpflichtung schon
nicht dargelegt und glaubhaft gemacht. Es habe kein konkretes Verhalten des
Beklagten zu 2) gegeben, das als konkludentes Angebot zum Abschluss einer
Verschwiegenheitsvereinbarung habe angesehen werden können. Das Landgericht
habe auch keine Feststellungen dazu getroffen, durch welches konkrete Verhalten
der Kläger wann und wo gegenüber dem Beklagten zu 2) eine Annahme dieses
konkludenten Angebots erklärt habe oder nach welcher Verkehrssitte die
Annahmeerklärung entbehrlich gewesen sein solle. Der im Verlagsvertrag durch
den Beklagten zu 2) erklärte Verzicht auf die Urheberbenennung sei kündbar, wie
auch inzwischen erfolgt, so dass sich der Kläger auf diesen Umstand nicht habe
verlassen können. Die Tonbandaufzeichnungen seien nicht ausschließlich zum
Zwecke der Stoffsammlung für die Memoiren erstellt worden, sondern sollten auch
dem Zweck dienen, die Erinnerungen des Klägers für die Nachwelt aufzubewahren.
Dies zeige sich schon daran, dass im Zuge der Aufnahmen auch andere, teilweise
tagesaktuelle, Themen besprochen worden seien, die keine Aufnahme in die
Memoiren hätten finden sollen. Auch der Zeuge Dr. T3 sei davon ausgegangen,
dass er die Materialien später würde verwenden dürfen. Der Kläger habe zu
keinem Zeitpunkt geäußert, dass er eine Veröffentlichung nicht wünsche.
Lediglich in wenigen Situationen – deren zugrundeliegende Äußerungen unstreitig
nicht Eingang in das Buch gefunden haben – habe der Kläger gebeten, das Tonband
abzustellen oder hinterher geäußert: „Das schreiben wir aber nicht“.
Solche Äußerungen würden keinen Sinn ergeben, wenn der Beklagte zu 2) schon
einer generellen Geheimhaltungsverpflichtung unterlegen hätte. Er habe vielmehr
dem Beklagten zu 2) gegenüber erklärt: „Das kannst Du später mal schreiben“,
womit eine Einwilligung hinsichtlich aller Äußerungen vorliege, die nicht zu
den Memoiren gehörten. Die Beklagten sind der Ansicht, dass die Verlagsverträge
hinsichtlich einer Geheimhaltungsverpflichtung eine ausdrücklich gelassene
Lücke enthielten, so dass es dem Kläger als „Medienprofi“ oblegen
hätte, diese zu schließen. Selbst wenn eine Veröffentlichungsherrschaft des
Klägers anerkannt würde, beziehe sie sich nur auf die Memoiren und nicht auf
sonstigen Äußerungen zu anderen, teilweise tagesaktuellen Geschehnissen. Der
Verlagsvertrag des Beklagten zu 2) sei kein Vertrag mit Schutzwirkung für den
Kläger und überdies könnten daraus nur Schadensersatzansprüche hergeleitet
werden. Eine Verletzung des Rechts zur Selbstbestimmung über das gesprochene
Wort liege ebenfalls nicht vor, weil das Buch unstreitig wahre Zitate enthalte,
die der Kläger mit Wissen und Wollen ihrer Aufzeichnung für die Nachwelt auf
Band gesprochen habe. Soweit das Landgericht dem Beklagten zu 2) die
Veröffentlichung der Äußerungen des Klägers ohne eine Interessenabwägung im
Einzelfall untersagt habe, verstoße dies gegen Art. 5 Abs. 1 GG. Darüber hinaus
habe das Landgericht auch Werturteile des Beklagten zu 2) verboten, die
jedenfalls von der Pflicht zur Geheimhaltung nicht umfasst sein könnten. Ein
eventueller Bruch der Vertraulichkeit durch den Beklagten zu 2) könne den
Beklagten zu 1) und 3) nicht ohne weiteres zugerechnet werden. An den
betreffenden Äußerungen des Klägers bestehe ein hohes öffentliches
Informationsinteresse, so dass er, bei dem nur die Sozialsphäre betroffen sei,
eine Veröffentlichung durch die Beklagten hinzunehmen habe. Dem Antrag des
Klägers fehle es – jedenfalls hinsichtlich des Beklagten zu 3) – an der
erforderlichen Dringlichkeit.
II.
Die
Berufung des Klägers ist begründet, so dass das landgerichtliche Urteil im
Umfang der klägerischen Anfechtung abzuändern und die Verpflichtung der
Beklagten zu 1) bis 3) auszusprechen war, auch die Veröffentlichung der
weiteren vom Kläger beanstandeten Äußerungen zu unterlassen. Denn dem Kläger
steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch in vollem Umfang zu. Die
Berufung der Beklagten zu 1) bis 3) bleibt aus diesem Grunde ohne Erfolg.
Im
Einzelnen:
1.
Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten zu 2) auf Unterlassung einer
wörtlichen oder sinngemäßen Verbreitung bzw. Veröffentlichung der im
erstinstanzlichen Urteil tenorierten sowie der mit der Berufung weitergehend
beanstandeten Äußerungen.
a.
Der Kläger kann seinen Unterlassungsanspruch allerdings nicht unter Berufung
auf die Grundsätze eines Vertrages zugunsten Dritter auf die Regelungen aus dem
Verlagsvertrag zwischen dem Beklagten zu 2) und dem E-Verlag stützen. Nach §
328 Abs. 1 BGB kann zwar durch einen Vertrag zwischen dem Versprechendem und
dem Versprechensempfänger eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung
bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu
fordern. Es ist jedoch nicht feststellbar, dass der Verlagsvertrag des
Beklagten zu 2) mit dem E-Verlag unmittelbare Ansprüche des Klägers begründen
soll:
Aus
§ 8 des Verlagsvertrages des Beklagten zu 2) kann kein solcher Anspruch des
Klägers auf Geheimhaltung hinsichtlich der Gesprächsinhalte hergeleitet werden.
Denn sowohl ihrem Wortlaut als auch ihrem Sinn und Zweck nach bezieht sich die
dort geregelte Geheimhaltungsverpflichtung darauf, dass und mit welchem Inhalt
zwischen den dortigen Parteien ein Verlagsvertrag geschlossen wurde. Es sollte
erkennbar verhindert werden, dass das geplante Buchprojekt, zu dessen
Erstellung sich der Beklagte zu 2) verpflichtet hatte, frühzeitig der
Öffentlichkeit bekannt wird bzw. dass bekannt wird, zu welchem Modalitäten sich
der Beklagten zu 2) als Ghostwriter verpflichtet hatte. Die Informationen, die
der Beklagte zu 2) im Rahmen seiner Tätigkeit vom Kläger erhalten würde, um auf
dieser Grundlage das Manuskript für die Memoiren zu erstellen, sind aber weder
„Vertragsabschluss“ noch „Bestimmung des Vertrages“ im
Sinne von § 8 des Verlagsvertrages des Beklagten zu 2).
Auch
den weiteren Regelungen des Verlagsvertrages des Beklagten zu 2) ist ein
unmittelbarer Anspruch des Klägers gegen den Beklagten zu 2) auf Geheimhaltung
nicht mit hinreichender Bestimmtheit zu entnehmen: Nach § 1 Abs. 5 darf die
Fertigstellung des Werkes zwar nur nach Zustimmung durch den Kläger erklärt
werden und dieser ist nach § 1 Abs. 6 zu jeglichen Änderungen ohne Angabe von
Gründen berechtigt. Weiter steht nach § 4 Abs. 2 das Manuskript im Eigentum des
Klägers. Diese Regelungen, die nach § 1 Abs. 7 auch bei Kündigung oder
sonstiger Beendigung des Vertrages fortbestehen, räumen zwar dem Kläger das
alleinige Bestimmungsrecht über den Inhalt der Veröffentlichung zu. Es ist
jedoch im Rahmen einer Auslegung nicht hinreichend sicher festzustellen, dass
die Parteien damit einen Vertrag zugunsten Dritter im Sinne von § 328 Abs. 1
BGB abschließen wollten. Denn die entsprechenden Rechte des Klägers sind
ebenfalls in § 4 Abs. 3 seines eigenen Verlagsvertrages als entsprechende
Zusicherung des E-Verlages aufgeführt. Eine solche ausdrückliche Regelung
eigener Ansprüche spricht dagegen, dass nach dem Willen der Parteien bereits im
Verlagsvertrag des Beklagten zu 2) unmittelbare Rechte des Klägers gegen diesen
begründet werden sollten.
b.
Letztlich kann diese Frage jedoch im Ergebnis dahinstehen. Denn der Kläger hat
gegen den Beklagten zu 2) einen vertraglichen Unterlassungsanspruch (§ 241 BGB)
aus einer konkludent geschlossenen Geheimhaltungsabrede, weil er die durch
Unterschrift des Beklagten zu 2) unter den Verlagsvertrag geäußerte
Bereitschaft, zu den dort geregelten Konditionen als Ghostwriter an der
Erstellung der Memoiren mitzuwirken, als Angebot hinsichtlich einer
Geheimhaltungsabrede verstehen durfte und sie seinerseits durch die im Beginn
der Stoffsammlung liegende Aufnahme der Zusammenarbeit im Keller des
klägerischen Hauses angenommen hat. Ob und in welchem Umfang dem tatsächlichen
Verhalten einer Person der Wille zur Abgabe einer rechtsverbindlichen Erklärung
bzw. zu deren Annahme zukommt, ist durch Auslegung des objektiv erkennbaren
Willens sowie der erkennbaren äußeren Umstände zu ermitteln. Im vorliegenden
Fall ergibt sich bei Würdigung der Gesamtumstände der Zusammenarbeit zwischen
den Parteien, namentlich der Regelungen in den jeweiligen Verlagsverträgen
sowie der Zweckbindung der in Form von Tonbandaufnahmen erfolgten Stoffsammlung
ein erkennbarer Wille des Beklagten zu 2), sich gegenüber dem Kläger zu
verpflichten, die im Rahmen der Tonbandaufnahmen gemachten Äußerungen nicht
ohne Einwilligung des Klägers zu veröffentlichen sowie eine Annahme dieses
Angebotes durch den Kläger.
Im
Einzelnen:
aa.
Dass der Beklagte zu 2) sich gegenüber dem Kläger vertraglich verpflichten
wollte, den Inhalt der Stoffsammlung für die Memoiren gegenüber der Öffentlichkeit
geheim zu halten, ergibt sich zunächst aus seiner Rolle im dreiseitigen
Verhältnis zwischen ihm, dem Kläger und dem E-Verlag. Der Beklagte zu 2) hat
sich durch seine Unterschrift unter den Verlagsvertrag zu einer Zusammenarbeit
mit dem Kläger bereit erklärt, in der er weitgehend die Rolle eines anonym
bleibenden Zuarbeiters einnahm. Er hatte keinen Anspruch darauf, mit dem Kläger
tatsächlich bis zur endgültigen Fertigstellung des Manuskripts
zusammenzuarbeiten (§ 1 Abs. 1 S. 3), er hatte die schriftliche Abfassung des
Werkes nach den Vorgaben und Angaben des Klägers vorzunehmen (§ 1 Abs. 2), dem
Kläger stand ein jederzeitiges Einsichtsrecht in das Manuskript zu (§ 1 Abs.
3), welches in seinem Eigentum stand (§ 4 Abs. 2), er hatte ein Recht zu jeglichen
Änderungen und zur Erklärung der Fertigstellung (§ 2 Abs. 5 und 6) und
schließlich hatte der Beklagte zu 2) in § 2 soweit zulässig auf eventuelle
Urheberrechte verzichtet. Diese Regelungen machen in einer Gesamtschau
deutlich, dass dem Kläger sämtliche Entscheidungsbefugnisse sowohl im Hinblick
auf die Erstellung als auch auf die abschließende Fertigstellung des Werkes
zustanden. Musste der Beklagte zu 2) damit jeglichen Änderungswünschen des
Klägers sowohl im Hinblick auf den Inhalt des Manuskriptes als auch im Hinblick
auf seine eigene Person nachkommen und konnte eine Fertigstellung des Werkes
nur durch den Kläger erklärt werden, so folgt daraus, dass der Beklagte zu 2)
durch seine Akzeptanz dieser vertraglichen Regelungen auch dem Kläger gegenüber
die konkludente Erklärung abgab, nicht eigenmächtig mit dem Inhalt der Memoiren
bzw. der Stoffsammlung zu verfahren. Angesichts der ihm in den Verträgen
zugedachten „dienenden“ Stellung im Rahmen des Memoiren-Projektes
konnte er auch nicht davon ausgehen, vom Kläger als Journalist wahrgenommen zu
werden, der im Rahmen einer Interviewsituation Informationen zu einem
bestimmten Themengebiet sammelt und mit diesen dann nach eigenem Gutdünken
verfahren darf. Vielmehr war ihm aufgrund der Kenntnis der jeweiligen vertraglichen
Regelungen klar, dass der Kläger ihn als einen letztlich austauschbaren
Mitarbeiter ansehen musste, der Hilfestellung bei der Stoffsammlung und
Formulierung erbringen sollte, jedoch keine eigenen Entscheidungen im Hinblick
auf Art und Inhalt der Veröffentlichung treffen durfte.
Das
Zustandekommen einer konkludenten Geheimhaltungsabrede zwischen dem Kläger und
dem Beklagten zu 2) wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die jeweiligen
Verlagsverträge in § 4 Abs. 2 S. 3 (Kläger) bzw. § 1 Abs. 4 S. 2 (Beklagter zu
2)) eine bewusste Lücke enthielten, die nur durch eine ausdrückliche
Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) hätte geschlossen
werden können. Denn die entsprechende Regelung, wonach die „Einzelheiten
der Zusammenarbeit“ zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2)
„direkt besprochen“ werden sollten, bezieht sich sowohl ihrem
Wortlaut als auch ihrem Sinn und Zweck nach auf die in der praktischen
Zusammenarbeit auftretenden Fragen, wann, wo und wie konkret die Gespräche ablaufen
oder wann welche Unterlagen übergeben bzw. zur Einsicht zur Verfügung gestellte
werden sollten. Dagegen lässt sich den betreffenden Regelungen nicht entnehmen,
dass eine Geheimhaltungsverpflichtung des Beklagten zu 2) nur dann bestehen
sollte, wenn sie Gegenstand einer ausdrücklichen Regelung zwischen ihm und dem
Kläger geworden war.
bb.
Für eine konkludent geäußerte Bereitschaft des Beklagten zu 2) zum Abschluss
einer Geheimhaltungsabrede mit dem Kläger spricht des Weiteren auch die
Zweckbindung der Tonbandaufnahmen. Diese Aufnahmen hatten keinen eigenständigen
Zweck, insbesondere waren sie als solche nicht zur Veröffentlichung vorgesehen,
sondern dienten vielmehr als Stoffsammlung für die zu erstellenden Memoiren des
Klägers. Schon aus dieser Zweckbindung ergibt sich die objektiv erkennbare
Pflicht des Beklagten zu 2), mit den betreffenden Äußerungen und Informationen
vertraulich zu verfahren. Denn zum einen ist eine Stoffsammlung etwas
Vorläufiges, bei der per definitionem noch nicht feststeht, ob und in welchem
Umfang die einzelnen Teile jemals Eingang in das spätere Werk finden werden.
Zum anderen bezog sich die Tätigkeit des Beklagten zu 2) auf eine Stoffsammlung
für ein ganz bestimmtes Werk: Die Zusammenarbeit des Beklagten zu 2) mit dem
Kläger war nicht etwa darauf gerichtet, ein kritisches Sachbuch zu schreiben
oder geschichtliche Zusammenhänge aus historischer bzw. politischer Sicht zu
beleuchten. Vielmehr war Ziel des Projektes, dass der Kläger seine
(notwendigerweise subjektiv geprägten) Lebenserinnerungen zu Papier bringen
sollte, womit ihm – unabhängig von den ausdrücklichen Regelungen in den
Verlagsverträgen – schon der Natur der Sache nach das Letztbestimmungsrecht
über den konkreten Inhalt der Veröffentlichung zustand. Auch der Beklagte zu 2)
hat nicht in Abrede gestellt, dass dies in der Zusammenarbeit mit dem Kläger
auch so gehandhabt wurde (vgl. Seite 49: „Hatte ich hundert Seiten
beisammen, fuhr ich mit meinem Manuskript zur Begutachtung nach Oggersheim.
Vorab lesen wollte Kohl nichts. Ihm war es wichtig, Zeile um Zeile gemeinsam
durchzusehen. Um sicherzugehen, hatte der ewig Mißtrauische stets auch noch
einen seiner persönlichen Referenten einbestellt. Schließlich galt es, für die
Ewigkeit zu formulieren.“). Die sich damit aus der Zweckbindung der
Stoffsammlung ergebende Geheimhaltungspflicht des Beklagten zu 2) bestand nicht
nur gegenüber dem E-Verlag, dessen Memoiren-Projekt durch die (Vorab-)
Veröffentlichung von Äußerungen des Klägers möglicherweise gefährdet worden
wäre. Vielmehr bestand eine solche Pflicht auch gegenüber dem Kläger. Denn
unabhängig von der Frage, ob der Kläger gegebenenfalls durch die
Veröffentlichung einzelner – insbesondere der in ihrer Wortwahl mitunter
drastischen – Äußerungen in Schwierigkeiten hätte geraten können, widersprach
bereits aufgrund der Eigenschaft als Stoffsammlung und damit einer nur
vorläufiger Zusammenstellung der Erinnerungen des Klägers jede Veröffentlichung
dem gemeinsamen Vertragszweck „Erstellung der Memoiren“, zu dem der
Beklagte zu 2) Hilfestellung zu leisten hatte.
Soweit
sich der Beklagte zu 2) in diesem Zusammenhang darauf beruft, die Gespräche mit
dem Kläger seien thematisch gerade nicht auf die Memoiren beschränkt gewesen,
sondern ihr Zweck sei weitergehend auch gewesen, die Erinnerungen des Klägers
für die Nachwelt aufzubewahren, zumal auch andere, teilweise tagesaktuelle
Themen besprochen worden seien, zwingt dies nicht zu einer abweichenden
Bewertung. Denn zum einen ist zu berücksichtigen, dass die Memoiren des Klägers
ausweislich § 1 Abs. 1 seines auch dem Beklagten zu 2) bekannten
Verlagsvertrages wie folgt definiert sind: „Das Werk hat den Charakter der
Autobiographie von Helmut Kohl. Es umfasst den Zeitraum von der Geburt bis zur
Gegenwart und soll dem Leser einen nachhaltigen Eindruck von dem Menschen
Helmut Kohl und seiner Zeit sowie dem „homo politicus“ Helmut Kohl
und den politischen Ereignissen, die er wesentlich mitprägte, vermitteln“.
Insofern enthält die Werkbeschreibung schon dem Wortlaut nach keine Einschränkung
dahingehend, dass die Memoiren nicht auch gegebenenfalls Themen von im
Zeitpunkt der Tonbandaufnahmen tagesaktueller Bedeutung mit umfassen können
bzw. dass nicht auch durch die zu solchen Themen getätigten Äußerungen des
Klägers dem Leser ein Eindruck von ihm als Mensch und Politiker vermittelt
wird. Selbst die Bejahung einer zeitlichen und/oder inhaltlichen Beschränkung
des Gegenstands der Memoiren und damit des Vertragszwecks stützt aber nicht die
von den Beklagten gezogene Schlussfolgerung. Denn jedenfalls war im Zeitpunkt
der Tonbandaufnahmen überhaupt nicht absehbar, welche der Äußerungen des
Klägers in welchem Umfang in den späteren Memoiren Verwendung finden würden, so
dass zu diesem Zeitpunkt auch kein Teil der Tonbandaufnahmen identifiziert
werden konnte, für die die Geheimhaltungsverpflichtung des Beklagten zu 2)
keine Geltung hätte beanspruchen sollen. Dass der Umfang des gemeinsamen
Projektes sich gegenüber der ursprünglich in den Verlagsverträgen enthaltenen
Annahmen erheblich ausgeweitet hat, ist schon daran zu erkennen, dass die
Verlagsverträge von ca. 200 Stunden Gesprächen zwischen dem Kläger und dem
Beklagten zu 2) sowie einem Manuskript von ca. 500 Seiten ausgingen, während
die gemeinsamen Gespräche tatsächlich über 600 Stunden dauerten und die bisher
erschienenen drei Bände der Memoiren ca. 2.300 Seiten umfassen, ohne dass das
Projekt damit sein beabsichtigtes Ende gefunden hätte.
Soweit
der Beklagte zu 2) im Berufungsverfahren geltend macht (Bl. 949 d.A.), die
Tonbandprotokolle seien auch im Zusammenhang mit dem Projekt „Mein
Tagebuch“ gefertigt worden, so dass eine Zweckbindung an die Memoiren und
eine eventuell diesbezüglich bestehende Geheimhaltungspflicht entfalle, greift
auch dies nicht durch: Dabei kann dahinstehen, ob eine solche Schlussfolgerung
angesichts der historischen Abläufe überhaupt gerechtfertigt ist. Denn im
Vorwort des streitgegenständlichen Buches (vgl. Seite 29) führt der Beklagte zu
2) selbst aus, dass man gerade dabei war, die Gespräche hinsichtlich der
Memoiren zu beginnen, als am XX.XX.1999 X M L2 zur Fahndung ausgeschrieben
wurde und die sog. Spendenaffäre begann. Im Februar 2000 habe er dann mit dem
Kläger vereinbart, rückwirkend ein Tagebuch für die Jahre 1998 bis 2000 zu
schreiben (vgl. Seite 31). Dieses bestand jedoch zum einen nur teilweise aus
Äußerungen des Klägers und wurde zum anderen im Spätsommer/Herbst 2000 auf den
Markt gebracht, so dass im Anschluss daran die Gespräche für die Memoiren
weitergingen (Seite 39: „Der Erfolgsautor will unbedingt weitermachen.
„Den Menschen draußen im Lande“, wie er einst gerne sagte, gibt es
noch viel zu erklären. Also auf ans Werk, zurück zu den Memoiren! Jetzt saß ich
in der Kohl-Falle fest“). Nach den eigenen Schilderungen des Beklagten zu
2) ist damit allenfalls ein Teil der Stoffsammlung für das Projekt „Mein
Tagebuch“ verwendet worden, denn ein nicht unerheblicher Teil der
Gespräche fand erst nach Erscheinen dieses Werkes statt (vgl. Seite 40:
„Allein 2001 haben wir uns einundsiebzigmal getroffen“). Im Übrigen
behauptet der Beklagte zu 2) auch in diesem Zusammenhang nicht, dass die
entsprechenden Veröffentlichungen in dem Werk „Mein Tagebuch“ ohne
Einwilligung des Klägers erfolgt sind und damit als Rechtfertigung dafür dienen
könnten, nunmehr im streitgegenständlichen Buch ebenfalls Äußerungen des
Klägers ohne dessen Einwilligung zu veröffentlichen.
Das
damit aus den Gesamtumständen folgende Angebot des Beklagten zu 2) zum
Abschluss einer Geheimhaltungsverpflichtung hat der Kläger durch Aufnahme der
Zusammenarbeit auch angenommen.
cc.
Die damit vom Landgericht zutreffend angenommene konkludente Abrede des Klägers
mit dem Beklagten zu 2) über eine Geheimhaltungsverpflichtung kann auch von den
Berufungsangriffen nicht in Frage gestellt werden.
(1)
Der Einwand des Beklagten zu 2), sein Verzicht auf die Rechte aus § 13 UrhG,
nämlich die Anerkennung der Urheberschaft bzw. Anbringung einer
Urheberbezeichnung sei kündbar, so dass der Kläger sich auf die Geheimhaltung
der Urheberschaft des Beklagten zu 2) nicht habe verlassen können (Bl. 832
d.A.), steht der Annahme einer konkludent vereinbarten Geheimhaltungspflicht
nicht entgegen. Denn selbst wenn der Beklagte zu 2) den Vertrag mit dem Verlag
gekündigt haben sollte, ist in der von ihm vorgelegten Aufhebungsvereinbarung
vom 9.10./9.10.2009 (Anlage AG 11) unter Ziffer 4.2 geregelt: „Der Autor
verzichtet ausdrücklich und unwiderruflich auf sein Nennungsrecht im
Zusammenhang mit den Werken“. Darüber hinaus steht die Kündbarkeit eines
Verzichts auf die Rechte nach § 13 UrhG nicht der Annahme entgegen, dass der
Kläger das Verhalten des Beklagten zu 2) als konkludentes Angebot zum Abschluss
einer Geheimhaltungsabrede verstehen durfte. Denn eine Kündigung des Verzichts
auf die Rechte des § 13 UrhG hätte lediglich zur Folge, dass der Beklagte zu 2)
Forderungen dahingehend stellen könnte, bei Veröffentlichung der Memoiren als
Miturheber genannt zu werden. Dagegen ist mit dieser Kündigungsmöglichkeit aus
Sicht eines objektiven Dritten in der Person des Klägers nicht die Erwartung
verbunden, dass der als Ghostwirter engagierte Mitarbeiter eigenmächtig über
die Stoffsammlung verfügen wird.
(2)
Unerheblich ist des Weiteren der Einwand des Beklagten zu 2), die
Geheimhaltungsverpflichtung gemäß § 8 seines Verlagsvertrages enthalte keine
Fortgeltungsklausel (Bl. 833 d.A.). Denn nicht diese Regelung, sondern die
konkludente Geheimhaltungsabrede zwischen ihm und dem Kläger ist Grundlage des
vertraglichen Unterlassungsanspruchs. Diese gilt auch nach Beendigung des
Verlagsvertrages weiter, da unstreitig das gemeinsame Projekt, nämlich die
Erstellung der klägerischen Memoiren, noch nicht abgeschlossen ist und es der
Entscheidung des Klägers bzw. des E-Verlages obliegt, ob und gegebenenfalls mit
welchem (neuen) Mitarbeiter der Kläger das Projekt fortsetzen wird. Auch der
Umstand, dass der Verlagsvertrag des Beklagten zu 2) zwischenzeitlich mit einer
entsprechenden Abgeltungsklausel aufgehoben wurde (vgl. Anlage AG 11), steht
der Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs durch den Kläger nicht
entgegen. Denn dieser Aufhebungsvertrag kann lediglich die Rechte und Pflichten
zwischen dem Beklagten zu 2) und dem Verlag betreffen; eine Abgeltung von
eventuellen Ansprüchen des Klägers ist – unabhängig von bestehenden rechtlichen
Bedenken – in diesem Vertrag ersichtlich nicht beabsichtigt.
(3)
Entgegen der Ansicht des Beklagten zu 2) (Bl. 838 d.A.) unterliegt das
Landgericht auch keinem unzulässigen Zirkelschluss, wenn es den dem Beklagten
zu 2) gewährten Zugang zu Verschlußsachen des Bundeskanzleramtes bzw. zur
Stasiakte des Klägers als weiteren Beleg für den konkludent geäußerten Willen
nach einer Geheimhaltungspflicht ansieht. Unstreitig sind der Beklagte zu 2)
und sein Umfeld einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen worden (Seite 48). Der
einzige Sinn einer solchen Überprüfung besteht darin, von zuständiger Seite
abschätzen zu können, ob die betreffende Person der von ihr erwarteten
Geheimhaltungspflicht nachkommen wird. Der Beklagte zu 2) führt in seinem
Vorwort selbst die Umstände aus, die in eindeutiger Weise für seine als
selbstverständlich vorausgesetzte Verpflichtung zur Geheimhaltung sprechen und
die er als solche auch erkannt und zutreffend eingeschätzt hat (Seite 48:
„Als erster Journalist und Historiker überhaupt konnte ich Quellen
einsehen, die noch Jahrzehnte kein Kollege zu Gesicht bekommen wird“).
Soweit der Beklagte zu 2) in diesem Zusammenhang darauf abstellt, weder aus den
geheimen Akten des Bundeskanzleramtes noch aus den Stasiakten des Klägers
zitiert zu haben (Bl. 949, 951 d.A.), ist dies unerheblich. Denn vorliegend
steht nicht das Verbot gerade solcher Zitate im Streit, sondern es ist der
Umstand, dass der Beklagte zu 2) Zugang zu solch geheimen Unterlagen erhalten
hat, als Anhaltspunkt für das Vorliegen einer konkludenten
Geheimhaltungsvereinbarung zu werten.
(4)
Der Umstand, dass der Kläger während der Gespräche mit dem Beklagten zu 2)
nicht ausdrücklich geäußert hat, keine „ungefilterte“
Veröffentlichung seiner Äußerungen zu wünschen, steht dem Abschluss einer konkludenten
Geheimhaltungsverpflichtung ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass er im
Zuge der Gespräche teilweise das Tonband hat abstellen lassen oder im Anschluss
an Schilderungen erklärt hat „das schreiben wir aber nicht“ (vgl. Bl.
839 d.A.). Das Fehlen einer ausdrücklichen Erklärung ist schon deshalb
unschädlich, weil es vorliegend gerade um den Abschluss einer Vereinbarung
durch konkludentes Verhalten geht, welche keine ausdrückliche Willenserklärung
erfordert. Auch wenn der Kläger im Einzelfall seine Äußerungen bereits im
Moment der Tonbandaufnahme von einer Veröffentlichung ausnahm, kann daraus
nicht im Umkehrschluss ein Einverständnis abgeleitet werden, dass alle anderen
Äußerungen „so wie gesprochen“ veröffentlicht werden sollen. Die
Bemerkung lässt sich zwangslos dahin denken, dass schon eine Aufnahme der
entsprechenden Äußerung in den Memoiren-Entwurf auf keinen Fall die Billigung
des Klägers finden würde. Erst recht tragen die Beklagten keine Anhaltspunkte
dafür vor, dass der Kläger – zumal vor endgültiger Fertigstellung des
Gesamtprojektes „Memoiren“ – eine eigenmächtige Veröffentlichung
durch den Beklagten zu 2) genehmigen wollte. Der Beklagte zu 2) hat das
Procedere selbst so geschildert, dass er mit den fertigen Manuskriptteilen zum
Kläger fuhr und man diese gemeinsam durchgearbeitet habe, wobei
„notgedrungen so manches mit staatsmännischem Gestus zu glätten war“
(Seite 9). Selbst bei denjenigen Äußerungen, die der Kläger also nicht mit
einem „Das schreiben wir aber nicht“ kommentiert hat, war demnach
eine Veröffentlichung im Wortlaut bzw. ohne Freigabeentscheidung des Klägers
objektiv erkennbar nicht vorgesehen.
2.
Abweichend von der Entscheidung des Landgerichts ist dem Beklagten zu 2) auf
die Berufung des Klägers die Veröffentlichung der Äußerung Nr. 43 auch
hinsichtlich des Textteils „XXX“ zu untersagen.
Zutreffend
hat das Landgericht zwar die vertragliche Geheimhaltungspflicht des Beklagten
zu 2) auf sämtliche vom Kläger im Rahmen der Gespräche mitgeteilte oder zur
Verfügung gestellte Informationen bezogen soweit sie nicht vorbekannt waren
oder der Kläger den Beklagten zu 2) von seiner Verpflichtung zur
Verschwiegenheit entbunden hatte. Jedoch ist unter Berücksichtigung der
Reichweite der Geheimhaltungsverpflichtung des Beklagten zu 2) auch die
vorstehend aufgeführte Äußerung zu untersagen. Denn die vom Beklagten zu 2)
verwendete Formulierung „XXX“ nimmt die Wertung des Klägers auf, die
dieser im Rahmen der geheimhaltungspflichtigen Gespräche geäußert hat. Die
Formulierungen „XXX“ könnten zwar auch als eigene Wertung des
Beklagten zu 2) angesehen werden, sie stehen jedoch im engen Kontext mit der
Formulierung „XXX“ und lassen damit beim Leser der Eindruck
entstehen, dass eine im Gespräch geäußerte Wertung des Klägers vom Beklagten zu
2) lediglich wiederholt wird. Gerade im vorliegenden Fall drängt sich dieser
Eindruck deshalb auf, weil auch das wörtliche Zitat des Klägers am Beginn der
Textstelle die betreffende Formulierung ebenfalls enthält („XXX“).
Der Umstand, dass Christian Wulff im Jahre 2003 Ministerpräsident geworden ist,
ist zwar eine allgemein bekannte Tatsache, ihre Veröffentlichung wird dem
Beklagten zu 2) jedoch nicht generell, sondern lediglich im Kontext der hier
streitgegenständlichen Textstelle untersagt.
3.
Gegenüber dem Unterlassungsanspruch des Klägers kann sich der Beklagte zu 2)
nicht auf seine Rechte aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen. Denn auch das dem
Beklagten zu 2) zustehende Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ändert nichts
daran, dass die von ihm vorgenommene Veröffentlichung der Äußerungen des
Klägers rechtswidrig ist. Zwar unterfällt auch die Mitteilung fremder Meinungen
dem Schutzbereich dieser Regelung. Jedoch hat der Beklagte zu 2) aufgrund der
im Verhältnis zum Kläger vertraglich übernommenen Verschwiegenheitsverpflichtung
auf sein Recht zur freien Meinungsäußerung in zulässiger Weise verzichtet. Eine
entsprechende vertragliche Verpflichtung eines Ghostwirters wäre sinnlos, wenn
sie nachträglich durch ein Berufen auf Art. 5 Abs. 1 GG umgangen werden könnte.
Insofern verletzt die fehlende Interessenabwägung den Beklagten zu 2) auch
nicht in seinen Grundrechten.
Soweit
die Beklagten anführen, dass der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom
10.3.1987 (VI ZR 244/85) trotz einer ausdrücklich getroffenen Geheimhaltungsvereinbarung
zwischen dem dortigen Kläger und seinem Co-Autor gerade keine vertraglichen
Unterlassungsansprüche geprüft habe, sondern lediglich deliktische Ansprüche
wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit Durchführung einer
entsprechenden Interessenabwägung im Einzelfall, führt dies im vorliegenden
Fall zu keiner abweichenden Beurteilung. Der BGH hatte schon deshalb keinen
Anlass mehr, sich mit Bestand oder Reichweite eines vertraglichen
Unterlassungsanspruchs zu beschäftigen, weil die im dortigen Verfahren
angefochtene landgerichtliche Entscheidung gegen den Co-Autor – nur zwischen
diesem und dem Kläger bestand eine vertragliche Bindung – bereits rechtskräftig
war und das Revisionsverfahren nur noch von der Verlagsgesellschaft sowie zwei
Redakteuren betrieben wurde, denen der Co-Autor das (Tonband-)Material zur
Verfügung gestellt hatte.
Der
Beklagte zu 2) kann auch nicht geltend machen, dass das Landgericht im Rahmen
der bereits erstinstanzlich tenorierten Unterlassungsverpflichtungen
unzulässigerweise eigene Werturteile des Beklagten zu 2) erfasst habe, so dass
schon aus diesem Grunde die angefochtene Entscheidung abzuändern sei. Soweit
die veröffentlichten Äußerungen aus eigenen Werturteilen des Beklagten zu 2)
bestehen, kann in deren Veröffentlichung zwar grundsätzlich keine
Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers liegen. Jedoch ist im vorliegenden
Fall nicht eine etwaige Persönlichkeitsrechtsverletzung entscheidend, sondern
vielmehr der Umstand, dass der Beklagte zu 2) aufgrund seiner Bindung an die
vertragliche Geheimhaltungspflicht überhaupt keine Inhalte der Gespräche mit
dem Kläger veröffentlichen darf. Werden die in diesen Gesprächen gewonnenen
Informationen jedoch zum Gegenstand von Werturteilen gemacht, dann liegt darin
gleichzeitig eine mittelbare Bekanntmachung des Gesprächsinhalts, die
unzulässig ist. Wenn die Autoren beispielsweise ausführen: „Kurz: Helmut
Kohl XXX. Er XXX“ (Seite 61), dann ist dies keine eigenständige Wertung
ihrerseits, sondern eine wertende Wiedergabe der Mitteilung des Klägers, dass
er zum damaligen Zeitpunkt eine XX.XXX DM-Spende von E2 wegen Geringfügigkeit
zurückgewiesen hat. Entsprechendes gilt, wenn die wörtlichen Zitate des Klägers
über Richard von Weizäcker mit dem Ausspruch kommentiert werden: „Mag
XXX“, denn dadurch wird mittelbar die durch den Beklagten zu 2) eigentlich
geheim zu haltende Tatsache wiedergegeben, dass der Kläger sich im Rahmen der
Gespräche G über Herrn von Weizäcker geäußert hat. Insgesamt zeichnen sich die
betreffenden Textstellen dadurch aus, dass die jeweiligen Wertungen der Autoren
derart eng mit den entsprechenden Äußerungen des Klägers verbunden sind, dass
eine Wiedergabe der Wertung ohne einen Bruch der vertraglichen
Geheimhaltungspflicht nicht möglich ist.
4.
Der Kläger hat ebenso einen Anspruch gegen die Beklagten zu 1) und 3) auf
Unterlassung der in seinem Antrag aufgeführten Äußerungen aus §§ 823, 830, 1004
BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, da die Veröffentlichung des
vertraulich gesprochenen Wortes des Klägers sein allgemeines
Persönlichkeitsrecht verletzt. Da dieser deliktische Anspruch gegenüber den
Beklagten zu 1) und 3) in demselben Umfang besteht wie der vertragliche
Unterlassungsanspruch gegenüber dem Beklagten zu 2), war die landgerichtliche Entscheidung
auf die Berufung des Klägers entsprechend abzuändern und zu ergänzen.
Im
Einzelnen:
a.
Die Beklagten zu 1) und 3) sind zwar, anders als der Beklagte zu 2), nicht
aufgrund einer vertraglichen Abrede mit dem Kläger zur Verschwiegenheit über
die Äußerungen des Klägers verpflichtet. Ihre Unterlassungsverpflichtung
resultiert vielmehr aus einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
des Klägers in Form der Vertraulichkeitssphäre sowie des Rechtes am
gesprochenen Wort. Jedoch ist auch ihnen die Veröffentlichung der beanstandeten
Äußerungen umfassend zu untersagen, weil aufgrund der besonderen Umstände des
Einzelfalls – namentlich der Art der Informationsgewinnung sowie ihres Beitrags
bei der Erstellung des streitgegenständlichen Buches – eine Abwägung der
Persönlichkeitsrechte des Klägers mit dem entgegenstehenden Grundrecht aus Art.
5 Abs. 1 GG im Hinblick auf ein überwiegendes öffentliches
Informationsinteresse nicht zu erfolgen hat bzw. eine Abwägung unterstellt,
diese zu Gunsten des Klägers ausfallen würde.
b.
Die Privatsphäre des Klägers ist vorliegend ungeachtet der Tatsache betroffen,
dass er sich in den Gesprächen mit dem Beklagten zu 2) überwiegend zu seiner
beruflichen Laufbahn geäußert hat. Denn vorliegend steht nicht die Preisgabe
von Begebenheiten aus dem privaten oder beruflichen Leben des Klägers im
Vordergrund, sondern die Privatheit seiner Gespräche mit dem Beklagten zu 2),
die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sind, sondern nur als
Grundlage für das zu erstellende Manuskript dienen sollten. Abzustellen ist
daher nicht auf die Verbreitung der in diesen Gesprächen gewonnenen
Informationen, sondern auf den Umstand, dass die betreffenden Informationen als
Äußerungen des Klägers weitergegeben wurden, obwohl er sie nicht für die
Öffentlichkeit, sondern nur für den Beklagten zu 2) als seiner Hilfskraft im
Rahmen der Erstellung der Memoiren zu dessen Unterrichtung gemacht hat.
c.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 19.12.1978 – VI ZR
137/77, juris Rn. 14; Urt. v. 10.3.1987 – VI ZR 244/85, juris Rn. 14 f.; Urt.
v. 30.9.2014 – VI ZR 490/12, juris Rn. 15) dürfen Aufzeichnungen mit
vertraulichem Charakter im Hinblick auf das Recht am eigenen Wort grundsätzlich
nur mit Zustimmung des Verfassers und nur in der von ihm gebilligten Weise
veröffentlicht werden. Während sich der Umstand der Vertraulichkeit in den
Entscheidungen vom 19.12.1978 (VI ZR 137/77) und vom 30.9.2014 (VI ZR 490/12)
daraus ergab, dass ein Telefongespräch zwischen dem Kläger und seinem
Parteikollegen abgehört und transskribiert worden war bzw. dass private Emails
eines Politikers von seinem abhanden gekommenen Laptop veröffentlicht worden
waren, handelt es sich bei der Entscheidung vom 10.3.1987 (VI ZR 244/85) um
einen dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbaren Fall, in welchem ein Co-Autor
unter Verstoß gegen eine vertragliche Geheimhaltungsabrede die Inhalte von den
zur Stoffsammlung dienenden Gesprächen an die Presse weitergegeben hatte. Ein
absolutes Verwertungsverbot für die Presse wird zwar aufgrund der für sie
bestehenden Verfassungsgarantie auch dann nicht bejaht, wenn ihr Informant sich
die Aufzeichnung in strafbarer Weise verschafft hat (vgl. BGH, Urt. v.
19.12.1978 – VI ZR 137/77, juris Rn. 18). Jedoch sind zwei Ausnahmefälle
anerkannt:
aa.
Ein Veröffentlichungsverbot wird zum einen dann angenommen, wenn es um die
ungenehmigte Weitergabe von Tonbandaufzeichnungen in wörtlicher Rede geht, weil
das Recht zur Selbstbestimmung über das gesprochene Wort verletzt wird. Soweit
deshalb der Beklagte zu 2) Tonbandaufzeichnungen von den Äußerungen des Klägers
ohne dessen Einwilligung an die Beklagten zu 1) und 3) weitergegeben hat und
diese in wörtlicher Rede veröffentlicht wurden, hat er schon aus diesem Grund
das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt. Dasselbe hat auch für die
Beklagten zu 1) und 3) zu gelten, denen bei Publikation unstreitig bekannt war,
dass der Kläger eine Veröffentlichung seiner wörtlichen Rede von den
Tonbandaufzeichnungen nicht wünschte (vgl. BGH, Urt. v. 10.3.1987 – VI ZR
244/85, juris Rn. 17 und 24). Daraus ergibt sich, dass die Wiedergabe
wörtlicher Zitate des Klägers auch den Beklagten zu 1) und 3) unabhängig vom
Grad eines eventuell bestehenden öffentlichen Informationsinteresses nicht
gestattet ist.
bb.
Ein Veröffentlichungsverbot wird aber auch dann bejaht, wenn sich die Presse
rücksichtslos über die schützenswerten Belange des Betroffenen hinwegsetzt. Ein
solches rücksichtsloses Hinwegsetzen wird dann angenommen, wenn sich das
Presseorgan am Rechtsbruch des Informanten beteiligt, ihm das Ausmaß der
Bloßstellung des Klägers bewusst ist bzw. eine Veröffentlichung in dem
Bewusstsein geschieht, dass die fraglichen Äußerungen ins Unreine gemacht
wurden und nur als Stoffsammlung dienen sollten (vgl. BGH, Urt. v. 10.3.1987 –
VI ZR 244/85, juris Rn. 23 f.). Diese Voraussetzungen sind auch im vorliegenden
Fall gegeben, so dass den Beklagten zu 1) und 3) über die wörtlichen Zitate
hinaus auch die Veröffentlichung aller sonstigen Äußerungen zu untersagen ist.
Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
(1)
Bei der Beurteilung der Frage eines rücksichtslosen Hinwegsetzens über die
schützenswerten Belange des Klägers ist zunächst zu berücksichtigen, dass den
Beklagten zu 1) und 3) die konkreten Umstände bekannt waren, unter denen der
Beklagte zu 2) die Äußerungen des Klägers auf Tonband aufgenommen hat. Sie
wussten, dass er für den Kläger als Ghostwriter tätig geworden und dass im Rahmen
dieser Tätigkeit eine Stoffsammlung erstellt worden war, die nicht
veröffentlicht werden, sondern lediglich als Grundlage der später zu
verfassenden Bände der Memoiren dienen sollte. Sie wussten weiter, dass
aufgrund eines Zerwürfnisses zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) deren
gemeinsame Zusammenarbeit im Jahre 2009 beendet worden war und die ausstehenden
Teile der Memoiren wenn überhaupt dann jedenfalls nicht unter Mithilfe des
Beklagten zu 2) erstellt werden würden. Eine solche Kenntnis der Gesamtumstände
kann zwar im Hinblick auf die Erlangung des Inhalts der Tonbänder nicht als
vorsätzlicher Rechtsbruch eingestuft werden, weil die Beklagten zu 1) und 3)
gegenüber dem Kläger eben keiner vertraglichen Geheimhaltungspflicht
unterlagen. Der betreffende Sachverhalt geht jedoch auf der anderen Seite über
das Szenario des bloßen Zuspielens von geheimen Informationen an
„unbeteiligte“ Presseorgane qualitativ hinaus.
(2)
Für eine solche Bewertung der Rolle der Beklagten zu 1) und 3) spricht weiter auch
ihre Beteiligung an der Erstellung des streitgegenständlichen Buches. Die
Beklagten zu 1) und 3) haben vom Beklagten zu 2) nicht lediglich die
Tonbandprotokolle „zugespielt“ bekommen, wie dies in der Entscheidung
des BGH vom 30.9.2014 (VI ZR 490/12) der Fall war, sondern haben nach
gemeinschaftlichem Abhören der gesamten Aufnahmen untereinander abgestimmt,
welche Äußerungen der Protokolle auf welche Art und Weise in dem betreffenden
Buch dargestellt werden sollten (vgl. S. 10: „Deshalb die hier vorgelegte
Dokumentation, die im Teamwork entstanden ist. Wir – I2 T, der Hüter des
Schatzes, der Ghostwriter der Kanzlermemoiren, der L 2001 und 2002 in schier
endlosen Sitzungen befragte und der Journalist und Buchautor U K – haben uns
noch einmal durch sein monumentales Vermächtnis gekämpft: die
Kohl-Protokolle.“). Die den Beklagten zu 2) bindende
Vertraulichkeitsabrede kann zwar – darauf hat bereits das Landgericht
zutreffend hingewiesen – keine eigene vertragliche Verpflichtung der Beklagten
zu 1) und 3) gegenüber dem Kläger begründen. Sie ist jedoch auch im Rahmen der
Frage, in welchem Umfang das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt wurde,
zu berücksichtigen. Den Beklagten zu 1) und 3) war bekannt und bei der
Veröffentlichung auch bewusst, dass der Kläger mit einer Veröffentlichung
seiner Äußerungen nicht einverstanden war und der Beklagte zu 2) die mit ihm
bestehende vertragliche Abrede sowie das in ihn gesetzte Vertrauen bei Einsicht
in die einer Sperrfrist unterliegenden Unterlagen verletzt bzw. missbraucht
hat. Im Hinblick auf die auch von den Beklagten zu 1) und 3) erkannte
rechtliche Problematik wurden, wie der Justitiar der Beklagten zu 1) in der
mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erklärt hat, in gemeinschaftlicher
Arbeit gerade diejenigen Zitate ausgesucht und in einer Art und Weise im
streitgegenständlichen Buch „verarbeitet“, wie sie aus Sicht der
Beklagten noch zulässig sein würden.
(3)
Des weiteren war den Beklagten zu 1) und 3) auch bekannt, in welchem Ausmaß die
Wiedergabe der Äußerungen den Kläger bloßstellen würde. Denn wie der Beklagte
zu 2) im Vorwort des streitgegenständlichen Buches selbst ausführt (Seite 10:
„(Den) Protokollen, deren Qualität nicht zuletzt in ihrer direkten
Wörtlichkeit liegt …“; Seite 58: „Nun aber wird nichts mehr
gefiltert.“), beruhte das journalistische Interesse der Beklagten an den
Äußerungen des Klägers unter anderem darauf, dass diese in ungewöhnlicher
Offenheit und ohne die im politischen Bereich oftmals übliche sprachliche und
inhaltliche Glättung gemacht wurden. Insofern ist die Motivation für eine
Veröffentlichung den Beweggründen vergleichbar, die die Redakteure des
„T2“ im Jahre 1978 veranlasst haben, den Wortlaut eines Telefonats
zwischen dem Kläger und L3 C zu veröffentlichen, nämlich „um zu zeigen,
welcher Sprache sich der Erstkläger als Kanzlerkandidat bedient, wenn er nicht
vor dem Mikrofon steht“ (vgl. BGH, Urt. v. 19.12.1978 – VI ZR 137/77,
juris Rn. 25). Gerade solche Gründe hat der BGH in seiner Entscheidung vom
19.12.1978 als nicht ausreichend eingestuft, um eine Aufdeckung der Eigensphäre
zu rechtfertigenden. Auch wenn die Motive der Beklagten zu 1) und 3) im
vorliegenden Fall vielschichtiger gewesen sein mögen, ist bei der Bewertung des
Eingriffes in die Vertraulichkeitssphäre des Klägers auch zu berücksichtigen,
dass hinsichtlich eines Großteils der Äußerungen die erfolgte Veröffentlichung
nicht dazu geeignet ist, politisches Zeitgeschehen sowie dessen Bewertung durch
den Kläger zu schildern, sondern eher geschieht, um den Kläger in seiner
„direkten Wörtlichkeit“ darzustellen. Dies wird insbesondere aus dem
Umstand deutlich, dass die Mehrzahl der verwendeten Zitate keinem konkreten
politischen oder historischen Ereignis zuzuordnen ist, sondern (teilweise
despektierliche) Charakterisierungen oder auch Beschimpfungen des Klägers
gegenüber seinen politischen Gegnern bzw. Weggefährten beinhalten.
Ein
weiteres Motiv der Beklagten bezüglich der Veröffentlichung ist darin zu sehen,
dass es ihren Zielen widerspricht, die Familie des Klägers über die Art und
Weise der Veröffentlichung bestimmen zu lassen (vgl. Seite 10: „Seine
Frau, N L-S, will sich augenscheinlich die alleinige Deutungshoheit sichern und
die Gesprächsprotokolle möglicherweise für Jahrzehnte wegschließen.“;
Seite 56: „Die neue Frau an seiner Seite hat offenbar kein Interesse an
einer Auseinandersetzung mit den Jahren 1995 bis 2002, die wir uns für den
vierten Band vorgenommen hatte. … Und sie verlangt, darauf deutet alles für
mich hin, nach der alleinigen Deutungshoheit über Helmut Kohls Leben.“).
Auch dies zeigt, dass nicht die Aufdeckung politischer oder sonstiger Mißstände
im Vordergrund der Veröffentlichung stand, sondern vielmehr der Umstand, dass
die Beklagten zu 1) und 3) in Unterstützung des Beklagten zu 2) die von diesem
reklamierte Position der Deutungshoheit in Anspruch nehmen wollten. Dafür
sprechen auch die gegebenen zeitlichen Abläufe: Dem Beklagten zu 2) waren die
betreffenden Äußerungen des Klägers sei dem Jahre 2001 bekannt und er hat zu
diesem Zeitpunkt keinen Anlass gesehen, sie eigenmächtig an die Öffentlichkeit
zu bringen. Vielmehr hatte er sich damit abgefunden, dass sie im Rahmen der
ersten Bände der Memoiren „staatsmännisch geglättet“ wurden. Auch
nach Aufkündigung der Zusammenarbeit des Klägers mit dem Beklagten zu 2) im
Jahre 2009 haben die Beklagten keinen Anlass für eine Veröffentlichung gesehen,
sondern es hat noch weitere fünf Jahre bis zur Geltendmachung des
Herausgabeanspruchs hinsichtlich der Tonbänder durch den Kläger gedauert. Damit
zeigen die Beklagten, dass sie sich rücksichtslos über die Interessen des
Klägers hinwegsetzen, der kein Einverständnis mit einer solchen
Veröffentlichung erklärt hat, indem sie für sich in Anspruch nehmen, die der
Öffentlichkeit preiszugebenden Äußerungen des Klägers nach ihrem Ermessen
auswählen zu können.
In
diesem Zusammenhang können sich die Beklagten zu 1) und 3) auch nicht auf die
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 14.1.2014
(Ruusunen v. Finland – 73579/10) berufen. Denn der dieser Entscheidung zugrunde
liegende Sachverhalt ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar: Die
Beschwerdeführerin hatte sich dagegen gewandt, wegen Verbreitung von die
Persönlichkeitsrechte verletzenden Informationen zu einer Geldstrafe verurteilt
worden zu sein, weil sie ein Buch über ihre 9 Monate dauernde Liebesbeziehung
zum ehemaligen finnischen Ministerpräsidenten veröffentlicht hatte. Diese
Verurteilung zu einer Geldstrafe war von den finnischen Gerichten darauf
gestützt worden, dass das Buch Passagen enthielt, welche Einzelheiten der
intimen Treffen der Beschwerdeführerin mit dem Premierminister schilderten und
damit unzulässigerweise den Kernbereich seines Privatlebens verletzten. Der
Umstand, dass der Premierminister zuvor selbst Teile seines Privatlebens veröffentlicht
habe, würde nicht bedeuten, dass er überhaupt keinen Schutz in Anspruch nehmen
könne. Diese Verurteilung zu einer Geldstrafe hat der Europäische Gerichtshof
für Menschenrechte auch im Hinblick auf das Recht aus Art. 10 EMRK gebilligt.
Daraus
kann jedoch nicht der von Beklagten vertretene Schluss gezogen werden, dass die
Veröffentlichung von Informationen, die Bereiche außerhalb des Sexuallebens der
Betroffenen betreffen, im Lichte von Art. 10 EMRK von den nationalen Gerichten
nicht untersagt werden darf. Der Vergleich des vorliegenden Sachverhalts mit
Entscheidung des EMRK vom 14.1.2014 krankt schon daran, dass sich der ehemalige
finnische Ministerpräsident und die Beschwerdeführerin nicht mit dem
gemeinsamen Ziel getroffen haben, eine Stoffsammlung zu erstellen und auf Basis
dieser Stoffsammlung ein Buch zu verfassen, bezüglich dessen Inhalts dem
ehemaligen Ministerpräsidenten ein Letztentscheidungsrecht über Art und Umfang
der enthaltenen Äußerungen zusteht.
d.
Der damit in der Art der Informationsgewinnung und -verarbeitung liegende
rücksichtslose Verstoß der Beklagten zu 1) und 3) gegen die Privatsphäre des
Klägers führt aber auch dann zur Unzulässigkeit der Veröffentlichung im
tenorierten Umfang, wenn eine Güterabwägung mit der verfassungsrechtlich
gleichfalls geschützten Meinungs- und Pressefreiheit vorgenommen wird. Denn an
den betreffenden Äußerungen besteht kein derartig überragendes öffentliches
Informationsinteresse, dass die von den Beklagten zu 1) und 3) vorgenommene Art
der Informationsgewinnung und der darin liegende Eingriff in die Privatsphäre
des Klägers gerechtfertigt wäre.
Im
Einzelnen:
aa.
Betroffen ist vorliegend die Privatsphäre des Klägers in Form der
Vertraulichkeitssphäre und des Rechtes am gesprochenen Wort, die als besonders
zu schützende Bereiche der persönlichen Selbstbestimmung und -verwirklichung
anerkannt sind. Einem Eingriff in die Privatsphäre des Klägers steht nicht
entgegen, dass dieser sich in den Gesprächen mit dem Beklagten zu 2)
überwiegend zu seiner beruflichen Laufbahn geäußert hat. Denn vorliegend steht
nicht die Preisgabe von Begebenheiten aus dem privaten oder beruflichen Leben
des Klägers im Vordergrund, sondern die Privatheit seiner Gespräche mit dem
Beklagten zu 2), deren Inhalt nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war,
sondern „ins Unreine“ gesprochen wurde, um als Grundlage für das zu
erstellende Manuskript zu dienen. Primär abzustellen ist daher nicht auf die
Verbreitung der in diesen Gesprächen gewonnenen Informationen, sondern auf den
Umstand, dass die betreffenden Informationen als Äußerungen des Klägers
weitergegeben wurden, obwohl er sie nicht für die Öffentlichkeit, sondern nur
für den Beklagten zu 2) als seiner Hilfskraft im Rahmen der Erstellung der
Memoiren zu dessen Unterrichtung gemacht hat.
bb.
Hinsichtlich der Beklagten zu 1) und 3) ist das Recht auf Meinungs- und
Medienfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK und das
Informationsinteresse der Öffentlichkeit zu berücksichtigen. Im Rahmen der
Abwägung reicht jedoch zur Berufung auf die Kontroll- und Überwachungsfunktion
der Medien nicht das Vorliegen eines Mißstandes von erheblichem Gewicht (vgl.
BGH, Urt. v. 30.9.2014 – VI ZR 490/12) aus, um eine Veröffentlichung der
entsprechenden Äußerung des Klägers zu rechtfertigen. Vielmehr muss vor dem
Hintergrund der den Beklagten zu 2) treffenden Geheimhaltungspflicht und der
Art und Weise der Informationsgewinnung der Beklagten zu 1) und 3) die
jeweilige Information einen Inhalt aufweisen, dessen öffentliche Mitteilung zur
Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen im Sinne von § 201 Abs. 2 S. 3
StGB geboten ist. Diesem Maßstab wird jedoch keine der vom Kläger mit seinem
Verfügungsantrag angegriffenen Äußerungen gerecht, so dass sie bei Stattgabe
der Berufung des Klägers sowie Zurückweisung der Berufung der Beklagten zu 1)
und 3) sämtlich zu untersagen sind.
Im
Einzelnen:
(1)
Soweit bereits in der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts die
Veröffentlichung einer Vielzahl von Äußerungen verboten wurde, bleibt die
Berufung der Beklagten zu 1) und 3) ohne Erfolg.
Die
Äußerungen Nr. 1 – 6, 8, 11 – 16, 18 – 22, 24 – 26, 28 – 32, 36, 37, 40, 42,
45, 47, 48, 55 – 60, 62 – 66, 68, 71, 79, 82 – 84, 88 – 91, 95 – 98, 102, 103,
105, 107 – 111 und 115 enthalten wörtliche Zitate des Klägers, teilweise
verbunden mit persönlichen Einschätzungen seinerseits, die jedoch schon keinen
Mißstand von erheblichem Gewicht offenbaren und deren Veröffentlichung erst
Recht nicht zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen erforderlich
ist. Auch die Äußerungen Nr. 17, 23, 27, 33 – 35, 38, 39, 41, 43, 44, 46, 49,
50, 52 – 54, 67, 69, 73, 74 – 78, 80, 85, 86, 92, 99, 106 und 114 geben
persönliche Einschätzungen des Klägers wieder, die jeweils mit der Schilderung
eines Tatsachenkern verbunden sind. Auch sie offenbaren schon keinen Mißstand
von erheblichem Gewicht und erst Recht ist ihre Veröffentlichung nicht zur
Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen erforderlich. Schließlich
enthalten auch die Äußerungen Nr. 70, 93, 94 und 112 die Schilderung
tatsächlicher Geschehnisse durch den Kläger, an deren Offenbarung kein
überragendes öffentliches Interesse besteht und bei denen daher der
Vertraulichkeitssphäre des Klägers der Vorrang einzuräumen ist. Die Äußerung
Nr. 70 befasst sich mit einem Streit des Klägers mit seinen Söhnen anlässlich
der Beerdigung seiner Frau. Auch wenn der Kläger in seiner politischen Laufbahn
sein Familienleben gegenüber der Presse geöffnet hat, besteht doch ein
erheblicher Unterschied zwischen der willentlichen Veröffentlichung von
Familienfotos der Kanzlerfamilie einerseits und der Mitteilung von Einzelheiten
eines familieninternen Streits über die Gästeliste der Beerdigung andererseits.
Eine Selbstöffnung des Klägers durch Veröffentlichung der Urlaubsfotos
berechtigt keine Veröffentlichung dieser sehr persönlichen Äußerungen. Dass N2
U2 auf den G7-Gipfeln gerne einnickte, wenn es spät wurde und dabei beinah vom
Stuhl kippte (Äußerung Nr. 93) bzw. die Minister X2 und H „immer ins
Bett“ wollten (Äußerung Nr. 94), dient ausschließlich der Befriedigung der
Neugier der Leser. Gleiches gilt für Äußerung Nr. 112, wonach Q C2 nach
Einschätzung des Klägers „nicht einmal die Herausgeber der FAZ
gekannt“ habe.
(2)
Soweit der Kläger mit seiner Berufung die Untersagung weiterer Äußerungen
verlangt, die von der angefochtenen Entscheidung des Landgericht als zulässig
erachtet wurden, hat sein Rechtsmittel unter Berücksichtigung der oben
dargestellten Grundsätze Erfolg.
(a)
Äußerung Nr. 9 (Seite 49):
Soweit
der Beklagte zu 2) aus den Verschlusssachen des Bundeskanzleramtes berichtet,
denen sich ein Telefonat zwischen K2 B und dem Kläger entnehmen lässt, in
welchem ersterer um finanzielle Unterstützung der Palästinenser bittet, handelt
es sich um eine wahre Tatsachenbehauptung, die einer Wertung durch den
Beklagten zu 2) („XXX“) unterzogen wird. Der entsprechende Passus
betrifft zwar keine Äußerung des Klägers. Seine Privatsphäre in Form der
Vertraulichkeitssphäre ist aber dennoch betroffen, weil der Beklagte zu 2) aus
Telefonaten des Klägers berichtet, die nach dessen Willen sowie aufgrund
gesetzlicher Sperrfristen geheim bleiben sollten und der Öffentlichkeit nicht
zugänglich gemacht werden durften. Den Beklagten zu 1) und 3) waren diese
Umstände bekannt und dennoch haben sie die fraglichen Angaben veröffentlicht,
wobei sie sich nicht auf die Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen
im oben dargelegten Sinne berufen können. Denn ob und in welcher Form die
Führung der Palästinenser im damaligen Zeitpunkt den Kläger um finanzielle
Unterstützung gebeten hat, ist für die öffentliche Diskussion schon deshalb
ohne Belang, weil die Antwort des Klägers auf diese Bitte nicht mitgeteilt
wird, seine Haltung zu der Finanzierungsbitte also offen bleibt. Erst recht
ergibt sich aus diesem Telefonat keine Information, die zur Wahrung eines
überragenden öffentlichen Interesses hätte mitgeteilt werden müssen.
(b)
Äußerung Nr. 10 (Seite 61):
Soweit
mit diesem Passus ein wörtliches Zitat des Klägers bzw. eine durch die
Beklagten durchgeführte Zusammenfassung seiner Äußerungen mitgeteilt wird, ist
die Veröffentlichung ebenfalls unzulässig. Zwar werden damit, worauf bereits
das Landgericht zutreffend hingewiesen hat, Mißstände von erheblichem Ausmaß
geschildert, nämlich das Einwerben von Parteispenden durch den Kläger, die er
in einer bestimmten Höhe erwartete. Entsprechend der obigen Ausführungen reicht
allein dies jedoch nicht aus, um im vorliegenden Fall den Eingriff in die
Vertraulichkeitssphäre des Klägers zu rechtfertigen. Durch sie werden
überragende öffentliche Interessen nicht wahrgenommen.
(c)
Äußerung Nr. 43 (Seite 96 f.):
Es
handelt sich bei dieser Äußerung – wie bereits oben ausgeführt – der Sache nach
um eine zusammenfassende Wiedergabe der in den Tonbandaufnahmen zutage
getretenen Einstellung des Klägers zum ehemaligen Bundespräsidenten Christian
Wulff und damit um ein wörtliches Zitat, welches schon keine besonderen
Mißstände offenbart und deren Veröffentlichung erst recht nicht zur Wahrnehmung
überragender öffentlicher Interessen erforderlich ist. Der emotional geprägte
Groll des Klägers bzw seine Abneigung gegen Herrn Wulff mögen in dem geäußerten
Ausmaß bisher der Öffentlichkeit unbekannt gewesen sein. Es ist jedoch nicht
ersichtlich, welches überragende öffentliche Interesse mit der Veröffentlichung
der entsprechenden Bemerkungen des Klägers gewahrt werden soll.
(d)
Gleiches gilt für Äußerung Nr. 51 (Seite 102 f.), einem wörtliche Zitat zu
einem Zwischenfall hinsichtlich der Parteifinanzierung der saarländischen CDU
sowie für die Äußerung Nr. 61 (Seite 110), einem wörtlichen Zitat zur
angeblichen Stasi-Belastung von Manfred Stolpe. Zwar wird – worauf das
Landgericht zutreffend hingewiesen hat – jeweils ein erheblicher Mißstand
thematisiert, jedoch sind keine überragenden öffentlichen Interessen erkennbar,
zu deren Wahrnehmung das Zitat hätte veröffentlicht werden müssen.
(e)
Äußerung Nr. 72 (Seite 143):
Es
handelt sich bei dieser Äußerung um ein wörtliches Zitat, welche schon keine
besonderen Mißstände offenbart und deren Veröffentlichung erst recht nicht zur
Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen erforderlich ist. Mit welchem
Ergebnis der Kläger aus seiner subjektiven Sicht die Haltung des verstorbenen
CSU-Vorsitzenden Franz-Josef Strauß zu politisch Verfolgten und den Vereinten
Nationen bewertete, ist aufgrund der rein persönlichen Prägung dieser
Charakterisierung nicht geeignet, überragende öffentliche Interessen
wahrzunehmen.
(f)
Äußerungen Nr. 81 (Seite 164 f.) und Nr. 87 (Seite 169 f.):
Es
handelt sich um wörtliche Zitat, welches das Ziel Richard von Weizäckers
offenbart, zum damaligen Zeitpunkt Bundespräsident werden zu wollen. Daneben
wird die Einschätzung des Klägers wiedergegeben, dass er die Äußerung eines
solchen Wunsches vor dem Hintergrund der anstehenden Nachrüstungsdebatte für
unangemessen hielt. Weder diese Äußerung noch die Äußerung Nr. 87, die sich mit
der Einschätzung des Klägers zur Qualität seines Verhältnisses mit Richard von
Weizäcker beschäftigt, ist geeignet, überragende öffentliche Interessen
wahrzunehmen. Soweit das Landgericht darauf abstellt, dass das Verhältnis der
beiden Politiker aufgrund der von diesen bekleideten höchsten Staatsämtern von
öffentlichem Interesse sei, reicht dies angesichts der völlig allgemein
gehaltenen Formulierungen nicht aus, um den Eingriff in die Vertraulichkeitssphäre
des Klägers zu rechtfertigen.
(g)
Äußerung Nr. 100 (Seite 192):
Entsprechend
den Ausführungen des Landgerichts zur Äußerung Nr. 61 besteht an der
Veröffentlichung dieses Zitates zwar durchaus ein erhebliches öffentliches
Interesse, weil es die Haltung des Klägers zu den Mitgliedern der Waffen-SS
verrät und die Formulierung „XXX“ – insbesondere in Verbindung mit
der Charakterisierung „XXX“ – in tatsächlicher Hinsicht eine
pauschale Verharmlosung dieses paramilitärischen Verbandes darstellt, der die
bei einem ehemaligen Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland auch in
vertraulicher Atmosphäre zu erwartende Sensibilität für dieses Thema
ersichtlich fehlen dürfte. Jedoch gilt auch hier, dass die Veröffentlichung der
Äußerung zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen nicht
erforderlich ist. Gleiches gilt für die weiteren Äußerung Nr. 101 (Seite 193),
Nr. 104 (Seite 198) und Nr. 113 (Seite 212 f.).
5.
Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Kosten für das
Berufungsverfahren auf § 91 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der Kosten des
Rechtsstreits in erster Instanz auf § 92 Abs. 2 ZPO. Der Kläger hat zwar die
(teilweise) Abweisung seines Antrags hinsichtlich der Äußerungen Nr. 7, 39, 49,
86, 102 durch das angefochtene Urteil nicht mit der Berufung angegriffen, was
zur Folge hat, dass er insoweit mit seinem Unterlassungsantrag unterlegen ist.
Dies führt jedoch unter Anwendung der Grundsätze des § 92 Abs. 2 ZPO nicht zu
einer Kostentragungspflicht des Klägers. Im Hinblick darauf, dass die teilweise
Abweisung des Antrages in erster Instanz, die mit der Berufung des Klägers
nicht angegriffen wurde, sich nur auf insgesamt fünf von 115 Äußerungen bezog
und bei diesen überwiegend (Äußerungen Nr. 39, 49, 102) nicht die
Veröffentlichung der Äußerung des Klägers, sondern nur die der erklärende
Zusätze der Beklagten zu 2) und 3) vom Landgericht für zulässig erachtet
wurden, handelt es sich um eine im Sinne von § 92 Abs. 2 ZPO verhältnismäßig
geringfügige Zuvielforderung, die keine höheren Kosten veranlasst hat.

Streitwert:
50.000 €

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