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Fotoklau: Sprachliche Höchstleistung und 20.00 € Schadensersatz – Das Urteil des AG Köln vom 01.12.2014, Az. 125 C 466/14

Das AG Köln hat mit Urteil
vom 01.12.2014, Az. 125 C 466/14
entschieden, dass die MFM-Honorartabelle
nur die Honorarvorstellungen von Fotografen abbildet und für die Nutzung von
Fotos von Laien nicht einschlägig ist. Die Richter entschieden, dass der
Streitwert für einen urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch bei einer
unerlaubten gewerblichen Foto-Übernahme bei eBay ist mit lediglich  2.000,00 € zu bemessen sei. Für die
entsprechende Übernahme eines Laienfotos billigte das AG Köln einen
Schadensersatz in Höhe von satten 20,00 € zu.
Amtsgericht Köln
Das Urteil:
Versäumnisurteil und unechtes Versäumnisurteil
In dem Rechtsstreit

hat das Amtsgericht Köln, Abt. 125, auf die mündliche Verhandlung vom
17.11.2014 durch … für Recht erkannt:
1.
Dem Beklagten wird es unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung
festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten,
jedoch insgesamt aufgrund dieses Urteils Ordnungshaft von höchstens zwei
Jahren, untersagt, das in der Anlage zum Urteil wiedergegebene Lichtbild im
Intemet öffentlich zugänglich zu machen, wie am 02.06.2014 im Rahmen der
Anzeige Nr. … auf der Handelsptattform eBay-Kleinanzeigen und aus der Anlage …
1 ersichtlich geschehen.
2.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 275,85 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2014 zu zahlen.
3.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4.
Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 15 % der Klägerin und zu 85 % dem
Beklagten auferlegt.
5.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die gegen sie
gerichtete Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung
in gleicher Höhe Sicherheit leistet
6.
Die Berufung gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin züchtet als Hobby Geflügel und veröffentlicht
selbstgefertigte Fotos ihrer Zuchterfolge über ihre Homepage. Eines dieser
Fotos zeigt zehn Junggänse auf einem Rasenstück.
Der Beklagte betreibt einen landwirtschaftlichen
Erwerbsbetrieb. Er verkauft über die Kleinanzeigenseite des Internetportals
eBay u.a. Junggänse. Um seine Angebote zu illustrieren verwandte er das Foto
der Klägerin in zwei Kleinanzeigen.
Die Klägerin beantragt,
1.) dem Beklagten wird es unter Androhung eines für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR,
ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs
Monaten, jedoch insgesamt aufgrund dieses Urteils Ordnungshaft von höchstens
zwei Jahren, untersagt, das nachfolgend wiedergegebene Lichtbild im Internet
öffentlich zugänglich zu machen, wie am 2. Juni 2014 im Rahmen der Anzeige Nr.
auf der Handelsplattform eBay-Kleinanzeigen und aus der Anlage … 1 ersichtlich
geschehen;
2.) der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 613,64 EUR nebst Zinsen
i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat keine Verteidigungsanzeige gegeben, sich zu
der Klage nicht geäußert und ist zum Verhandlungstermin nicht erschienen.
Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes
wird auf die Klageschrift nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Der Klageantrag zu 1.) ist durch Versäumnisurteil
zuzusprechen. Die Klägerin kann von dem Beklagten nach § 97 Abs. 1
UrhG
 die Unterlassung der Bildnutzung verlangen. Sie ist Urheberin des
streitgegenständlichen Bildwerks; der Beklagte hat es ohne ihre Genehmigung
veröffentlicht, indem er es in zwei seiner Kleinanzeigen bei eBay übernahm.
Der Zahlungsanspruch ist lediglich teilweise i. H. v.
insgesamt 275,86 EUR begründet Die Klägerin kann 20,00 EUR Lizenzschaden gemäß § 97 Abs. 2
Satz 3 UrhG
 von dem Beklagten fordern. Nach Absatz 2 Satz 1 der
Vorschrift berechtigt die Urheberrechtsverletzung, wenn sie vorsätzlich oder
fahrlässig vorgenommen wird, zum Schadensersatz. Davon ist hier auszugehen: Für
den Beklagten war erkennbar, dass ein fremdes Urheberrecht an dem übernommenen
Foto bestehen musste, sodass die unerlaubte Übernahme zumindest fahrlässig
geschah.
Die Höhe des Schadensersatzanspruches kann auf der Grundlage
des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung
hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten
Rechts eingeholt hätte. Das Gericht hält insofern einen Betrag von 20,00 EUR
für angemessen. Höhere Beträge werden zumeist unter Verweis auf die
Honorartabelle der MFM (Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing) begründet, die
eine Interessenvertretung beruflich tätiger Fotografen ist. Dementsprechend
bildet die Honorartabelle nur die Honorarvorstellungen von Fotografen ab und
ist für die Nutzung von Fotos von Laien nicht einschlägig. Für die Fotos von
Laien gibt es im Allgemeinen keinen Markt; lediglich ausnahmsweise werden in
der Regel dann niedrigere Beträge gezahlt. Das zeigt die allgemeine
Lebenserfahrung; sie wird aber auch durch den Umstand bestätigt, dass
Stockagenturen, also Onlinemarktplätze, für Fotos, wie beispielsweise
Fotolia.de Lizenzen für Fotos von Hobbyfotografen entweder gratis oder für
wenige Euro, nur selten für mehr als 20,00 EUR, anbieten. Bei dieser Sachlage
erscheint das Zubilligen wesentlich höherer Beträge auf der Grundlage der
MFM-TabeHen als bewusste Überkompensation des recht geringfügigen Schadens.
Der Betrag ist – entgegen einer verbreiteten Meinung – nicht
wegen der fehlenden Benennung des Urhebers zu verdoppeln. Von der Klägerin in
der Klageschrift hierfür angeführte § 13 UrhG postuliert
das Benennungsrecht, aber keinen Zahlungsanspruch. Dieser ist in § 97 Abs. 2
Satz 4 UrhG
 geregelt; er nimmt erkennbar Bezug auf die Schmerzensgeld-
und Schadensersatzansprüche im Falle der Verletzung allgemeiner
Persönlichkeitsrechte (zu dem das Urheberrecht auch gehört). Demgemäß ist für
einen Zahlungsanspruch eine erhebliche, nachwirkende Beeinträchtigung zu
fordern. Diese ist im vorliegenden Fall ersichtlich nicht gegeben.
Auch Schadensersatzansprüche nach §§ 249255 BGB wegen des
Entgangs von Gewinn durch die fehlende Urheberbenennung scheidet ersichtlich
aus, weil die Klägerin mit ihren Fotos nicht handelt.
Die Klägerin kann von dem Beklagten weiter die Zahlung von
255,85 EUR Abmahnkosten gemäß § 97 Abs. 3
UrhG
 verlangen. Der Betrag von 255,85 EUR entspricht den Kosten einer
Abmahnung bei Zugrundelegung eines Streitwertes von 2.000,00 EUR zuzüglich
Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer. Ein höherer Streitwertansatz erscheint
nicht als gerechtfertigt. Das Interesse der Klägerin an der exklusiven Nutzung
ihres Fotos erscheint als überschaubar. Es übersteigt das Interesse an der
Unterbindung einer privaten Urheberechtsverletzung – das nach § 97 Abs. 3
UrhG
 regelmäßig auf 1.000,00 EUR zu veranschlagen ist – kaum. Es ist
nicht erkennbar, dass die illegale Nutzung ihres Fotos durch den Beklagten die
Klägerin ernsthaft tangiert; daher erscheint ein höherer Streitwertansatz als
nicht gerechtfertigt. Das Zuerkennen von Fantasiestreitwerten durch manche
Gerichte ist auch deswegen abzulehnen, weil nach aller Lebenserfahrung der
Urheberrechtsinhaber und Anwalt die „erbeuteten“ Beträge nach vereinbarten
Quoten unter sich aufteilen, so dass eine Praxis gefördert wird, die mit
Schadensersatzrecht sehr wenig zu tun hat. Nicht von ungefähr hat der
Gesetzgeber bei der neuerlichen Deckelung der Abmahngebühren durch § 97 a Abs. 3 UrhG n. F. von unseriösen
Geschäftspraktiken gesprochen und es spricht rein gar nichts dafür, dass sich
diese Wertung einzig und allein auf die privaten Urheberrechtsverletzungen
beziehen sollte.
Die Zinsansprüche ergeben sich aus §§ 288291 BGB. Die Rechtshängigkeit ist mit der
Zustellung der Klageschrift an den Beklagten am 1. August 2014 eingetreten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO; die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708
Nr. 11
711 ZPO.
Die Berufung war nach § 511 Abs. 4 Nr. 2 ZPO zuzulassen.
Streitwert: 2.613,64.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen das Versäumnisurteil ist der Einspruch statthaft.
Dieser muss innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Amtsgericht Köln,
Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingehen. Die Frist beginnt mit der
Zustellung dieses Urteils. Diese Frist kann nicht verlängert werden.
Der Einspruch ist schriftlich in deutscher Sprache oder zur
Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts einzulegen.
Der Einspruch muss die Bezeichnung des angefochtenen
Urteils, sowie die Erklärung enthalten, dass Einspruch eingelegt wird. Er ist
zu unterzeichnen und zu begründen, insbesondere sind Angriffs- und
Verteidigungsmittel vorzutragen. Nur die Frist zur Begründung des Einspruchs
kann auf Antrag verlängert werden, wenn dadurch der Rechtsstreit nicht
verzögert wird oder wichtige Gründe für die Verlängerung vorgetragen werden.
Dieser Antrag muss ebenfalls innerhalb der Einspruchsfrist bei Gericht
eingehen. Wenn der Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig begründet wird, kann
allein deshalb der Prozess verloren werden.

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