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EuGH-Generalanwalt verneint Urheberrechtsverletzung durch Setzung für Hyper­links

Luxemburg, den 7. April 2016
Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache
C-160/15
GS Media BV / Playboy Enterprises International Inc., Sanoma
Media Netherlands BV und Britt Geertruida Dekker
Nach Auffassung von Generalanwalt Melchior Wathelet stellt
das Setzen eines Hyperlinks zu einer Website, auf der ohne Zustimmung des
Urheberrechtsinhabers Fotos veröffentlicht worden sind, an sich keine
Urheberrechtsverletzung dar.
Ein Link auf eine Website, deren Inhalte gegen das
Urheberrecht verstoßen, stellt selbst keine Urheberrechtsverletzung dar.
Auf die Beweggründe der Person, die den Hyperlink setzt, und
darauf, dass sie wusste oder hätte wissen müssen, dass die ursprüngliche
Wiedergabe der Fotos auf anderen Websites ohne Zustimmung des
Urheberrechtsinhabers erfolgt ist, kommt es nicht an.
Nach einer Unionsrichtlinie bedarf jede Handlung der
öffentlichen Wiedergabe eines Werkes der Zustimmung des Urheberrechtsinhabers.
Sanoma, die Verlegerin der monatlich erscheinenden
Zeitschrift Playboy, hatte eine Fotoreportage über Frau Britt Dekker in Auftrag
gegeben. Frau Dekker tritt in den Niederlanden regelmäßig im Fernsehen auf. GS
Media, die Betreiberin der Website GeenStijl, veröffentlichte Anzeigen und
einen Hyperlink zu einer australischen Website, auf der die Fotos ohne
Genehmigung von Sanoma zugänglich gemacht worden waren. Trotz entsprechender
Aufforderungen durch Sanoma weigerte sich GS Media, den Hyperlink zu entfernen.
Als die Fotos auf der australischen Website auf Verlangen von Sanoma entfernt
wurden, wurde auf der Website GeenStijl eine neue Anzeige veröffentlicht, die
wieder einen Hyperlink enthielt, und zwar zu einer anderen Website, auf der die
Fotos zu sehen waren. Auch dort wurden die Fotos schließlich auf Verlangen von
Sanoma entfernt. Die Internetnutzer, die das Forum von GeenStijl besuchten,
setzten daraufhin neue Hyperlinks zu anderen Websites mit den Fotos.
Sanoma wirft GS Media eine Urheberrechtsverletzung vor. In
einem Kassationsverfahren hat der Hoge Raad der Nederlanden (Kassationshof,
Niederlande) dem Gerichtshof eine Frage hierzu vorgelegt. Er weist insbesondere
darauf hin, dass die Fotos, bevor GS Media den Hyperlink gesetzt habe, zwar
nicht überhaupt nicht, aber auch nicht leicht zu finden gewesen seien, so dass
das Auffinden durch das Setzen des Hyperlinks enorm vereinfacht worden sei.
In seinen heutigen Schlussanträgen stellt Generalanwalt
Melchior Wathelet zunächst klar, dass sich das Vorabentscheidungsersuchen nur
auf die Hyperlinks auf der Website GeenStijl bezieht. Die
Urheberrechtsverletzungen durch Zugänglichmachung der Fotos auf anderen
Websites sind nicht Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens.
Der Generalanwalt führt aus, dass Hyperlinks auf einer
Website das Entdecken anderer Websites und der geschützten Werke, die dort
zugänglich sind, zwar erheblich erleichtern und den Besuchern der Website damit
einen schnelleren und direkteren Zugang zu den geschützten Werken bieten. Durch
die entsprechenden Hyperlinks werden die geschützten Werke, sofern sie bereits
auf einer anderen Website frei zugänglich sind, aber nicht der Öffentlichkeit
„zugänglich gemacht“, auch nicht wenn es sich um direkte Hyperlinks handelt.
Mit den Hyperlinks wird lediglich die Entdeckung der geschützten Werke erleichtert.
Die eigentliche „Zugänglichmachung“ ist durch die ursprüngliche Wiedergabe
erfolgt.
Hyperlinks auf einer Website zu geschützten Werken, die auf
einer anderen Website frei zugänglich sind, können daher nicht als „Handlung
der öffentlichen Wiedergabe“ im Sinne der Richtlinie eingestuft werden. Das
Tätigwerden des Betreibers der Website, der den Hyperlink setzt, hier der GS
Media, ist für die Zugänglichmachung der Fotos für die Internetnutzer, auch die
Internetnutzer der Website GeenStijl, nicht unerlässlich.
Insoweit kommt es auf die Beweggründe von GS Media und
darauf, dass GS Media wusste oder hätte wissen müssen, dass die Fotos auf den
anderen Websites ursprünglich ohne die Zustimmung von Sanoma wiedergegeben und
auch nicht vorher mit Zustimmung von Sanoma für die Öffentlichkeit zugänglich
gemacht worden waren, nicht an.
Der Generalanwalt weist jedoch darauf hin, dass diese
Schlussfolgerungen auf der Prämisse beruhen, dass die Fotos auf den
Drittwebsites für sämtliche Internetnutzer frei zugänglich waren. Es ist Sache
des Hoge Raad, die Tatsachenfrage zu klären, ob ein Tätigwerden von GS Media
unerlässlich war, um den Besuchern der Website GeenStijl die Fotos zugänglich
zu machen.
Der Generalanwalt ist der Auffassung, dass jede andere
Auslegung des Begriffs „Zugänglichmachung für die Öffentlichkeit“ das
Funktionieren des Internets erheblich beeinträchtigen und die Verwirklichung
eines Hauptziels der Richtlinie, nämlich die Förderung der Entwicklung der
Informationsgesellschaft in Europa, gefährden würde.
Er führt insoweit aus, dass, auch wenn die Umstände im
vorliegenden Fall besonders offenkundig sind, die Internetnutzer normalerweise
nicht wissen, ob ein geschütztes Werk, das im Internet frei zugänglich ist,
ursprünglich mit oder ohne Zustimmung des Urheberrechtsinhabers für die
Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist, und auch nicht in der Lage sind,
dies herauszufinden. Liefen die Internetnutzer, wenn sie einen Hyperlink zu
Werken setzen, die auf einer anderen Website frei zugänglich sind, Gefahr,
gerichtlich wegen Verletzung von Urheberrechten belangt zu werden, würden sie
noch mehr davor zurückscheuen, solche Links zu setzen, was dem guten
Funktionieren des Internets, dessen Architektur als solcher und letztlich der
Entwicklung der Informationsgesellschaft abträglich wäre.
HINWEIS: Die Schlussanträge des Generalanwalts sind für den
Gerichtshof nicht bindend. Aufgabe des Generalanwalts ist es, dem Gerichtshof
in völliger Unabhängigkeit einen Entscheidungsvorschlag für die betreffende
Rechtssache zu unterbreiten. Die Richter des Gerichtshofs treten nunmehr in die
Beratung ein. Das Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt verkündet.

HINWEIS: Im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens können
die Gerichte der Mitgliedstaaten in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem
Gerichtshof Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts oder nach der Gültigkeit
einer Handlung der Union vorlegen. Der Gerichtshof entscheidet nicht über den
nationalen Rechtsstreit. Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die
Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu entscheiden.
Diese Entscheidung des Gerichtshofs bindet in gleicher Weise andere nationale
Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.

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