Im Falle einer über den von Eltern unterhaltenen
Internetanschluss begangenen Urheberrechtsverletzung durch Teilnahme an einer
Internettauschbörse umfasst die sekundäre Darlegungslast der Anschlussinhaber
bei Inanspruchnahme durch den Urheber oder den Inhaber eines verwandten
Schutzrechts – hier durch den Tonträgerhersteller – die Angabe des Namens ihres
volljährigen Kindes, das ihnen gegenüber die Begehung der Rechtsverletzung
zugegeben hat.
Tatbestand:
Der Klägerin, einer Tonträgerherstellerin, stehen die
ausschließlichen Verwertungsrechte an den auf dem Musikalbum „Loud“
enthaltenen elf Musiktiteln der Sängerin Rihanna zu. Das am 12. November 2010
veröffentlichte Album war acht Wochen lang unter den Top Ten der Charts
gelistet.
Am 2. Januar 2011 um 23:16 Uhr wurde das Album über einen
Internetanschluss, dessen Inhaber die beklagten Eheleute sind, mittels einer
Filesharing-Software ohne Zustimmung der Klägerin zum Herunterladen angeboten.
Die Beklagten haben auf die Abmahnung der Klägerin vom 16.
März 2011 eine Unterlassungserklärung abgegeben.
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagten hätten die
Rechtsverletzung begangen. Sie verlangt im vorliegenden Verfahren
Schadensersatz in angemessener Höhe, mindestens 2.500 €, sowie Erstattung der
Abmahnkosten nach einem Streitwert von 50.000 € in Höhe von 1.379,80 €.
Die Beklagten haben bestritten, die Rechtsverletzung
begangen zu haben. Sie haben geltend gemacht, ihre im Tatzeitpunkt bei ihnen
wohnenden volljährigen drei Kinder hätten jeweils eigene Rechner besessen und
über einen mit einem individuellen Passwort versehenen WLAN-Router Zugang zum
Internetanschluss gehabt. Sie wüssten, von welchem Kind die Verletzungshandlung
vorgenommen worden sei, wollten dies jedoch nicht mitteilen.
Das Landgericht hat der Klägerin Schadensersatz in Höhe von
2.500 € sowie Abmahnkosten in Höhe von 1.044,40 € zugesprochen und die Klage im
Übrigen abgewiesen (Landgericht München I, ZUM-RD 2016, 308). Die Berufung der
Beklagten hatte – soweit für die Revision von Bedeutung – keinen Erfolg
(Oberlandesgericht München, WRP 2016, 385). Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen
die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin geltend
gemachten Ansprüche im vom Landgericht zuerkannten Umfang für begründet
erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
Die Beklagten hafteten als Täter für die geltend gemachte
Rechtsverletzung. Die Beklagten seien der Behauptung der Klägerin, die
Beklagten hätten allein auf den Internetanschluss Zugriff gehabt, zwar
entgegengetreten. Sie hätten jedoch der ihnen obliegenden sekundären
Darlegungslast nicht genügt. Hierzu wäre es erforderlich gewesen mitzuteilen,
welche Kenntnisse sie über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung
gewonnen hätten, mithin welches ihrer Kinder die Verletzungshandlung begangen
habe. Indem sich die Beklagten weigerten, diese Angaben zu machen, beriefen sie
sich lediglich pauschal auf eine bloß generell bestehende Zugriffsmöglichkeit
ihrer Kinder auf den Internetanschluss. Das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG
stehe der Annahme einer solchen zivilprozessualen Obliegenheit nicht entgegen,
weil dem zugunsten der Klägerin wirkenden Schutz des Art. 14 GG im Streitfall
ein überwiegendes Gewicht zukomme. Die Beklagten hätten die gegen sie
sprechende tatsächliche Vermutung nicht erschüttert, weil sich ihre von ihnen
als Zeugen benannten Kinder auf das ihnen zustehende Zeugnisverweigerungsrecht
berufen hätten. Einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der von den Beklagten
benannten Zeugen, die am Abend des Tattags bei ihnen zu Gast gewesen seien,
habe es nicht bedurft. Die Behauptung, wegen des Besuchs keine Möglichkeit
gehabt zu haben, die Verletzungshandlung zu begehen, sei nicht
entscheidungserheblich, weil der rechtsverletzende Vorgang bereits vor
Eintreffen der Gäste oder durch kurzzeitige Nutzung eines derjenigen Computer,
die sich außerhalb des Wohnzimmers befanden, hätte in Gang gesetzt werden
können. Der Höhe nach sei der Schadensersatz mit 2.500 € angemessen bewertet.
Eine Begrenzung der Abmahnkosten auf 100 € gemäß § 97a Abs. 2 UrhG aF komme
nicht in Betracht, da es sich weder um einen einfach gelagerten Fall noch um
eine nur unerhebliche Rechtsverletzung handele.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat
keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin geltend gemachten
Ansprüche auf Schadensersatz (dazu nachfolgend II 1) und Abmahnkostenerstattung
(dazu nachfolgend II 2) zu Recht zuerkannt.
1. Das Berufungsgericht hat die Beklagten zu Recht als nach
§ 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG zum Schadensersatz verpflichtet angesehen. Nach dieser
Vorschrift ist, wer das Urheberrecht oder ein anderes nach dem
Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht widerrechtlich sowie vorsätzlich oder
fahrlässig verletzt, dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens
verpflichtet.
a) Von der Revision unbeanstandet hat das Berufungsgericht
angenommen, dass die Klägerin Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte
gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG an den Musiktiteln des Albums „Loud“
ist und die Klage deshalb auf ein nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes
Recht gestützt ist. Nach § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG hat der Hersteller eines
Tonträgers das ausschließliche Recht, den Tonträger zu vervielfältigen, zu
verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen.
b) Keine rechtlichen Bedenken bestehen gegen die
Feststellung des Berufungsgerichts, dass die auf dem genannten Album
enthaltenen Musiktitel am 2. Januar 2011 um 23:16 Uhr über einen den Beklagten
zuzuordnenden Internetanschluss mittels einer Filesharing-Software ohne
Zustimmung der Klägerin zum Herunterladen angeboten worden sind. Das
Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Anbieten von
Tonaufnahmen mittels eines Filesharing-Programms in sogenannten
„Peer-to-Peer“-Netzwerken im Internet das Recht auf öffentliche
Zugänglichmachung des Herstellers des Tonträgers verletzt, auf dem die
Tonaufnahme aufgezeichnet ist (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 19/14, GRUR
2016, 176 Rn. 14 = WRP 2016, 57 – Tauschbörse I; Urteil vom 11. Juni 2015 – I
ZR 7/14, GRUR 2016, 184 Rn. 15 = WRP 2016, 66 – Tauschbörse II; Urteil vom 12.
Mai 2016 – I ZR 48/15, GRUR 2016, 1280 Rn. 19 = WRP 2017, 79 – Everytime we
touch). Dagegen erhebt die Revision keine Rügen.
c) Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die
Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagten hafteten als Täter der geltend
gemachten Urheberrechtsverletzungen.
aa) Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als
Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die
Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz erfüllt
sind. Sie hat darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass die
Beklagten für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter
verantwortlich sind (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 – I ZR 74/12, GRUR
2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 – Morpheus; Urteil vom 8. Januar 2014 – I ZR
169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 14 – BearShare; Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 75/14,
GRUR 2016, 191 Rn. 37 = WRP 2016, 73 – Tauschbörse III; BGH, GRUR 2016, 1280 Rn.
32 – Everytime we touch). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für
eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung
keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten (BGHZ 200, 76
Rn. 15 – BearShare; BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 37 – Tauschbörse III). Diese
tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers kommt auch dann in
Betracht, wenn der Internetanschluss – wie bei einem Familienanschluss –
regelmäßig von mehreren Personen genutzt wird (BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 39 –
Tauschbörse III; GRUR 2016, 1280 Rn. 34 – Everytime we touch).
Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende
Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum
Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen
Personen zur Nutzung überlassen wurde. In solchen Fällen trifft den Inhaber des
Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt weder zu
einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht
und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des
Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten
Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast
vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls
welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten
und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der
Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur
Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer
eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß
theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den
Internetanschluss genügt hierbei nicht. Der Inhaber eines Internetanschlusses
hat vielmehr nachvollziehbar vorzutragen, welche Personen mit Rücksicht auf
Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht
Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des
Anschlussinhabers zu begehen. Entspricht der Beklagte seiner sekundären
Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für
eine Haftung der Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden
Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGHZ 200, 76 Rn. 15 ff. – BearShare, mwN;
BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 37 und 42 – Tauschbörse III; GRUR 2016, 1280 Rn. 33 f.
– Everytime we touch; BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 – I ZR 154/15, GRUR 2017,
386 Rn. 15 = WRP 2017, 448 – Afterlife). Mit diesen Grundsätzen steht das
Berufungsurteil im Einklang.
bb) Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die
Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten der ihnen obliegenden
sekundären Darlegungslast nicht genügt.
(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagten seien
der Behauptung der Klägerin, allein die Beklagten hätten Zugriff auf ihren
Internetanschluss gehabt, mit dem Hinweis darauf entgegengetreten, ihre Kinder
hätten ebenfalls auf den Internetanschluss zugreifen können. Dies reiche zur
Erfüllung der den Beklagten obliegenden sekundären Darlegungslast nicht aus,
weil die Beklagten sich zugleich geweigert hätten, ihr Wissen darüber, welches
ihrer Kinder die Rechtsverletzung begangen habe, offenzulegen. Das Grundrecht
aus Art. 6 Abs. 1 GG stehe dieser Beurteilung nicht entgegen, weil es keinen
schrankenlosen Schutz gegen jede Art von Beeinträchtigung familiärer Belange gewähre.
Im Streitfall überwögen die mit Blick auf Art. 14 GG geschützten
Eigentumsinteressen der Klägerin, weil andernfalls Urheberrechtsinhaber bei
Rechtsverletzungen über von Familien genutzten Internetanschlüssen ihre
Ansprüche regelmäßig nicht durchsetzen könnten. Weil die Beklagten ihrer
sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen seien, sei von der tatsächlichen
Vermutung auszugehen, dass die Beklagten als Anschlussinhaber die
Rechtsverletzung als Täter begangen hätten. Diese Beurteilung hält der rechtlichen
Nachprüfung stand.
(2) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen,
dass die Annahme der täterschaftlichen Haftung des Anschlussinhabers erst in
Betracht kommt, wenn der Anschlussinhaber der ihm obliegenden sekundären
Darlegungslast hinsichtlich der Nutzung des Anschlusses durch Dritte nicht
genügt. Hingegen besteht keine generelle Vermutung, dass der Anschlussinhaber
Täter einer Urheberrechtsverletzung ist, die von seinem Anschluss aus begangen
worden ist und die er widerlegen oder erschüttern müsste, nur weil er Inhaber
des Anschlusses ist. Dies kommt nur in Betracht, wenn für die Täterschaft des
Anschlussinhabers der bei typischen Geschehensabläufen eingreifende Beweis des
ersten Anscheins (Anscheinsbeweis) spricht.
Für die Annahme, der Inhaber eines Internetanschlusses sei
ohne das Hinzutreten weiterer Umstände regelmäßig der Täter einer mittels
dieses Anschlusses begangenen Urheberrechtsverletzung, fehlt es an einer
hinreichenden Typizität des Geschehensablaufs. Angesichts der naheliegenden
Möglichkeit, dass der Anschlussinhaber Dritten Zugriff auf seinen Anschluss
einräumt, besteht für die Annahme der Täterschaft des Anschlussinhabers keine
hinreichend große Wahrscheinlichkeit (vgl. BGH, GRUR 2017, 386 Rn. 18 ff. – Afterlife).
Da es sich bei der Nutzung des Anschlusses um Interna des Anschlussinhabers
handelt, von denen der Urheberrechtsberechtigte im Regelfall keine Kenntnis
hat, obliegt dem Anschlussinhaber insoweit allerdings eine sekundäre
Darlegungslast (vgl. BGH, GRUR 2017, 386 Rn. 20 – Afterlife).
(3) Die Bestimmung der Reichweite der dem Anschlussinhaber
obliegenden sekundären Darlegungslast hat mit Blick darauf zu erfolgen, dass
erst die Kenntnis von den Umständen der Anschlussnutzung durch den Anschlussinhaber
dem Verletzten, dessen urheberrechtliche Position unter dem grundrechtlichen
Schutz des Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und des Art. 14 Abs. 1 GG steht
(vgl. EuGH, Urteil vom 27. März 2014 – C-314/12, GRUR 2014, 468 Rn. 47 = WRP
2014, 540 – UPC Telekabel; Wendt in Sachs, Grundgesetz, 7. Aufl., Art. 14 Rn.
20a, 24 mwN), eine Rechtsverfolgung ermöglicht. Nach Art. 8 Abs. 1 der
Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts
und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft und Art. 3 Abs.
2 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums
sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, wirksame, verhältnismäßige und
abschreckende Rechtsbehelfe zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums
vorzusehen. Art. 47 EU-Grundrechtecharta gewährleistet zudem das Recht auf
Einlegung eines wirksamen Rechtsbehelfs.
Auf Seiten des Anschlussinhabers schützen die Grundrechte
gemäß Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG das ungestörte eheliche
und familiäre Zusammenleben vor staatlichen Beeinträchtigungen. Diese
Grundrechte verpflichten den Staat, Eingriffe in die Familie zu unterlassen,
und berechtigten die Familienmitglieder, ihre Gemeinschaft nach innen in
familiärer Verantwortlichkeit und Rücksicht frei zu gestalten (vgl. BVerfGE 66,
84, 94; 80, 81, 92; 81, 1, 6; Jarass, Charta der Grundrechte der EU, 3. Aufl.,
Art. 7 Rn. 19 f.; v. Coelln in Sachs aaO Art. 6 Rn. 22). Der Schutzbereich des
Art. 6 Abs. 1 GG erfasst auch das Verhältnis zwischen Eltern und ihren
volljährigen Kindern (vgl. BVerfG 80, 81, 90). Das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1
GG entfaltet Ausstrahlungswirkung auf die gesamte Rechtsordnung und muss auch
bei der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts zum Tragen kommen (vgl.
BVerfGE 61, 18, 25; Stern/Sachs/Dietlein, Das Staatsrecht der Bundesrepublik
Deutschland, Bd. IV/1, S. 493). Werden dem Anschlussinhaber zur Abwendung
seiner täterschaftlichen Haftung im Rahmen der sekundären Darlegungslast im
Zivilprozess Auskünfte abverlangt, die das Verhalten seines Ehegatten oder
seiner Kinder betreffen und diese dem Risiko einer zivil- oder strafrechtlichen
Inanspruchnahme aussetzen, ist der Schutzbereich dieser Grundrechte berührt
(vgl. BGH, GRUR 2017, 386 Rn. 23 – Afterlife).
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen
Union obliegt es, wenn mehrere unionsrechtlich geschützte Grundrechte einander
widerstreiten, den Behörden oder Gerichten der Mitgliedstaaten, ein
angemessenes Gleichgewicht zwischen diesen Rechten sicherzustellen (vgl. EuGH,
Urteil vom 29. Januar 2008 – C-275/06, Slg. 2008, I-271 = GRUR 2008, 241 Rn. 68
– Promusicae; EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 46 – UPC Telekabel; EuGH, Urteil vom 15.
September 2016 – C-484/14, GRUR 2016, 1146 Rn. 83 = WRP 2016, 1486 – Sony
Music/McFadden). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der
Konflikt zwischen grundrechtlich geschützten Positionen verschiedener
Grundrechtsträger nach dem Grundsatz praktischer Konkordanz zu lösen, der
fordert, dass nicht eine der widerstreitenden Rechtspositionen bevorzugt und
maximal behauptet wird, sondern alle einen möglichst schonenden Ausgleich
erfahren (vgl. BVerfGE 28, 243, 260 f.; 41, 29, 50; 52, 223, 247, 251; 93, 1,
21).
Auch unter Berücksichtigung des für den Urheberrechtsinhaber
sprechenden Eigentumsschutzes (Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14
Abs. 1 GG) steht der zugunsten des Anschlussinhabers wirkende grundrechtliche
Schutz von Ehe und Familie (Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG)
der Annahme von Nachforschungs- und Mitteilungspflichten entgegen, die den
Inhaber eines privaten Internetanschlusses dazu zwingen, zur Abwendung seiner
täterschaftlichen Haftung die Internetnutzung seines Ehegatten einer
Dokumentation zu unterwerfen. Ebenfalls unzumutbar ist es, dem Anschlussinhaber
die Untersuchung des Computers seines Ehegatten im Hinblick auf die Existenz
von Filesharing-Software abzuverlangen (vgl. BGH, GRUR 2017, 386 Rn. 26 –
Afterlife).
(4) Im Streitfall hat das Berufungsgericht zu Recht
angenommen, dass die Beklagten ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt
haben, indem sie nur darauf verwiesen haben, ihre drei volljährigen Kinder
hätten Zugang zum Internetanschluss gehabt. Die Beklagten waren gehalten, im
Rahmen der sekundären Darlegungslast das Kind zu benennen, welches ihnen
gegenüber die Rechtsverletzung zugegeben hatte.
Die Abwägung der im Streitfall auf Seiten der Klägerin
betroffenen Grundrechte des Eigentumsschutzes (Art. 17 Abs. 2
EU-Grundrechtecharta und Art. 14 Abs. 1 GG) und des Rechts auf einen wirksamen
Rechtsbehelf (Art. 47 EU-Grundrechtecharta) mit dem zugunsten der Beklagten
wirkenden Grundrecht auf Schutz der Familie (Art. 7 EU-Grundrechtecharta und
Art. 6 Abs. 1 GG) führt zu einem Vorrang des Informationsinteresses der
Klägerin.
Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Mitteilung des Namens
des für das Filesharing verantwortlichen Kindes durch die Eltern mit Blick auf
die möglichen Folgen – der zivilrechtlichen oder gar strafrechtlichen
Inanspruchnahme des Kindes – eine erhebliche Beeinträchtigung des
Familienfriedens nach sich ziehen kann. Die Eltern unterliegen jedoch keinem
Zwang zur Auskunft. Sie haben vielmehr die Wahl, ob sie die Auskunft erteilen oder
ob sie davon absehen, das Kind anzugeben, das die Rechtsverletzung begangen
hat, und insoweit auf eine Rechtsverteidigung zu verzichten. Dass sie infolge
eines solchen Verteidigungsverzichts selbst für die Rechtsverletzung haften,
weil ohne Erfüllung der sekundären Darlegungslast die tatsächliche Vermutung
ihrer Haftung als Anschlussinhaber eingreift, erlangt im Rahmen der
Grundrechtsabwägung kein entscheidendes Gewicht. Hierbei handelt es sich um
einen aus der gesetzlichen Wertung des § 138 Abs. 3 ZPO folgenden Nachteil, der
jede prozessual ungenügend vortragende Partei trifft.
Das Recht, im Zivilprozess wegen der familiären Beziehung zu
einer Partei Angaben zu verweigern, steht gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 und §
384 Nr. 1 und 2 ZPO allein dem Zeugen, nicht aber einer Prozesspartei zu. Die
Partei eines Zivilprozesses unterliegt der Wahrheitspflicht des § 138 Abs. 1
ZPO, die allenfalls insofern Einschränkungen erfährt, als die Partei sich
selbst oder einen Angehörigen einer Straftat oder Unehrenhaftigkeit bezichtigen
müsste (vgl. MünchKomm.ZPO/Fritsche, 5. Aufl., § 138 Rn. 14; Kern in
Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 138 Rn. 13; Zöller/Greger, ZPO, 16. Aufl., § 138
Rn. 3; Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 138 Rn. 15; Seiler in
Thomas/Putzo, ZPO, 38. Aufl., § 138 Rn. 7; Stadler in Musielak/Voit, ZPO, 14.
Aufl., § 138 Rn. 3). Hat die Partei in dieser Konstellation die Möglichkeit,
von (wahrheitsgemäßen) Angaben abzusehen, so hat sie die mit dem Verzicht auf
den entsprechenden Vortrag verbundenen prozessualen Folgen – etwa das Risiko
einer für sie ungünstigen Tatsachenwürdigung – in Kauf zu nehmen (vgl. BVerfGE
56, 37, 44; MünchKomm.ZPO/Fritsche aaO § 138 Rn. 14; Gerken in
Wieczorek/Schütze aaO § 138 Rn. 15; Zöller/Greger aaO § 138 Rn. 3). So verhält
es sich im Falle der Nichterfüllung der sekundären Darlegungslast; die
betroffene Partei hat die nachteiligen Folgen ihres unzureichenden Vortrags zu
tragen, weil ihr einfaches Bestreiten unwirksam ist und die Geständniswirkung
des § 138 Abs. 3 ZPO eintritt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 19. Februar
2014 – I ZR 230/12, GRUR 2014, 578 Rn. 14 = WRP 2014, 697 – Umweltengel für
Tragetasche; Urteil vom 12. November 2015 – I ZR 167/14, GRUR 2016, 836 Rn. 111
= WRP 2016, 985 – Abschlagspflicht II).
Demgegenüber ist dem Rechtsinhaber im Falle der Weigerung
der Eltern, die Anschlussinhaber sind, Auskunft über den Namen des für das
Filesharing verantwortlichen Kindes zu erteilen, eine effektive Verfolgung des
Rechtsverstoßes regelmäßig praktisch unmöglich, weil die Identität des
Verletzers ungeklärt bleibt. Mithin wird das Eigentumsrecht des
Urheberrechtsinhabers gemäß Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14
Abs. 1 GG und sein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Art. 47 EU-Grundrechtecharta
im Falle der unterbliebenen Auskunft im Regelfall vereitelt, wohingegen die
Eltern durch die Auskunftsverweigerung unter Inkaufnahme prozessualer Nachteile
eine – jedenfalls erhebliche – Beeinträchtigung ihres Grundrechts auf Schutz
der Familie gemäß Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG abwenden
können. In dieser Konstellation überwiegen die auf Seiten des Urhebers oder des
Inhabers eines verwandten Schutzrechts – hier des Tonträgerherstellers – in
Rede stehenden Grundrechte das Grundrecht der Eltern auf Schutz der Familie.
(5) Haben die Beklagten die ihnen im Streitfall obliegende
sekundäre Darlegungslast zur Nutzung ihres Internetanschlusses durch einen
Familienangehörigen im Tatzeitpunkt nicht erfüllt, greift die tatsächliche
Vermutung, sie hafteten als Anschlussinhaber täterschaftlich für die begangene
Rechtsverletzung.
cc) Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das
Berufungsgericht dem von den Beklagten angebotenen Zeugenbeweis zur Frage ihrer
Täterschaft nicht nachgegangen ist. Die Beklagten hatten unter Beweisantritt
durch Zeugenbeweis behauptet, im Tatzeitpunkt sei der im Wohnzimmer befindliche
Computer ausgeschaltet, sie seien mit der Bewirtung der Gäste beschäftigt und
die Kinder seien im Hause gewesen. Dieser Vortrag ist nicht
entscheidungserheblich, weil er eine Rechtsverletzung durch die Beklagten nicht
ausschließt.
Das Berufungsgericht hat angenommen, einer Beweisaufnahme
durch Vernehmung der von den Beklagten benannten Zeugen, die am Abend des
Tattags zu Gast gewesen seien, habe es nicht bedurft. Auf die Behauptung,
während des Besuchs keine Möglichkeit gehabt zu haben, die Verletzungshandlung
zu begehen, komme es nicht an, weil der rechtsverletzende Vorgang bereits vor
Eintreffen der Gäste und durch Nutzung eines der Computer, die sich außerhalb
des Wohnzimmers befanden, hätte in Gang gesetzt werden können.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Selbst wenn der im Wohnzimmer befindliche Computer der Beklagten im
Tatzeitpunkt ausgeschaltet gewesen sein sollte, bestand – wie das Landgericht
und das Berufungsgericht richtig ausgeführt haben – die Möglichkeit, den
beanstandeten Filesharingvorgang von einem der anderen im Haushalt der
Beklagten vorhandenen Computer aus zu starten. Zutreffend ist auch die Annahme
des Berufungsgerichts, die Durchführung der Verletzungshandlung habe keine
dauernde Anwesenheit vor dem Computer erfordert. Eine Beweisaufnahme war danach
mangels Entscheidungserheblichkeit nicht erforderlich.
d) Gegen die Bemessung der Höhe des Schadensersatzes durch
das Berufungsgericht auf 2.500 € erhebt die Revision keine Rügen. Rechtsfehler
sind auch insoweit nicht ersichtlich.
2. Das Berufungsgericht hat der Klägerin nach § 97 Abs. 1
UrhG aF zu Recht einen Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von
1.044,40 € zuerkannt.
a) Auf den mit der Klage geltend gemachten Anspruch auf
Erstattung von Abmahnkosten ist § 97a UrhG in der bis zum 8. Oktober 2013
geltenden Fassung anzuwenden. Die durch das Gesetz gegen unseriöse
Geschäftspraktiken vom 1. Oktober 2013 (BGBl I, S. 3714) mit Wirkung ab dem 9.
Oktober 2013 eingeführten Neuregelungen zur Wirksamkeit der Abmahnung und zur
Begrenzung der erstattungsfähigen Kosten nach § 97a Abs. 2 und 3 Satz 2 und 3
UrhG nF gelten erst für Abmahnungen, die nach Inkrafttreten des Gesetzes gegen
unseriöse Geschäftspraktiken ausgesprochen worden sind. Für den Anspruch auf
Erstattung von Abmahnkosten kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der
Abmahnung an (vgl. zu § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG aF BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 56 –
Tauschbörse III, mwN). Nach § 97a Abs. 1 UrhG aF soll der Verletzte den
Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung
abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer
angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen.
Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann der Ersatz der erforderlichen
Aufwendungen verlangt werden.
Im Streitfall war die Abmahnung berechtigt, weil die
Beklagten zur Unterlassung verpflichtet waren (siehe Rn. 10 ff. [II 1]). Gegen
die Formalitäten der Abmahnung sowie die Bemessung ihres Gegenstandswerts auf
23.000 € erhebt die Revision keine Rügen. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht
ersichtlich (vgl. hierzu BGH, GRUR 2016, 184 Rn. 72 ff. – Tauschbörse II; BGH,
Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR
1/15, GRUR 2016, 1275 Rn. 20 ff., 33 ff. = WRP 2016, 1525 – Tannöd; BGH, GRUR
2016, 1280 Rn. 61 ff. – Everytime we touch).
b) Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das
Berufungsgericht den Ersatz von Abmahnkosten nicht gemäß § 97a Abs. 2 UrhG aF
auf 100 € begrenzt hat.
Nach § 97a Abs. 2 UrhG in der bis zum 8. Oktober 2013
geltenden Fassung beschränkt sich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen
für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen für die erstmalige
Abmahnung in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen
Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100 €. Das Angebot
eines urheberrechtlich geschützten Werkes zum Herunterladen über eine
Internettauschbörse stellt allerdings regelmäßig keine nur unerhebliche
Rechtsverletzung im Sinne dieser Vorschrift dar (vgl. BGH, GRUR 2016, 1275 Rn.
33 ff. – Tannöd). Dass im vorliegenden Fall aufgrund besonderer Umstände von
dieser Regel eine Ausnahme zu machen wäre, hat die Revision nicht aufgezeigt.
III. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der
Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst. Im
Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des
Unionsrechts, die nicht durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Union geklärt oder zweifelsfrei zu beantworten ist (vgl. EuGH,
Urteil vom 6. Oktober 1982 – C-283/81, Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257, 1258 –
C.I.L.F.I.T.; Urteil vom 1. Oktober 2015 – C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 Rn.
43 – AIFA/Doc Generici). Insbesondere ist in der Rechtsprechung des
Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt, dass es Sache der Gerichte der
Mitgliedstaaten ist, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen widerstreitenden
Grundrechten der Parteien sicherzustellen (vgl. EuGH, GRUR 2008, 241 Rn. 68 –
Promusicae; GRUR 2014, 468 Rn. 46 – UPC Telekabel; GRUR 2016, 1146 Rn. 83 –
Sony Music/McFadden).