Urteil vom 18. Oktober 2017 – VIII ZR 32/16
Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer
Entscheidung mit Fragen der Sachmängelgewährleistung beim Kauf eines
hochpreisigen Dressurpferdes sowie der Unternehmereigenschaft eines ein solches
Pferd verkaufenden Reitlehrers und Pferdeausbilders befasst.
Entscheidung mit Fragen der Sachmängelgewährleistung beim Kauf eines
hochpreisigen Dressurpferdes sowie der Unternehmereigenschaft eines ein solches
Pferd verkaufenden Reitlehrers und Pferdeausbilders befasst.
Sachverhalt:
Der Kläger kaufte Ende des Jahres 2010 aufgrund eines
mündlich abgeschlossenen Vertrages vom Beklagten einen damals 10-jährigen
Hannoveraner Wallach zum Preis von 500.000 €, um ihn als Dressurpferd bei
Grand-Prix-Prüfungen einzusetzen. Der Beklagte, der selbständig als Reitlehrer
und Pferdetrainer tätig ist, hatte das Pferd zuvor für eigene Zwecke erworben
und zum Dressurpferd ausgebildet. Nachdem es zweimal probegeritten und auf
Veranlassung des Klägers eine Ankaufsuntersuchung in einer Pferdeklinik
durchgeführt worden war, wurde das Pferd an den Kläger im Januar 2011
übergeben.
mündlich abgeschlossenen Vertrages vom Beklagten einen damals 10-jährigen
Hannoveraner Wallach zum Preis von 500.000 €, um ihn als Dressurpferd bei
Grand-Prix-Prüfungen einzusetzen. Der Beklagte, der selbständig als Reitlehrer
und Pferdetrainer tätig ist, hatte das Pferd zuvor für eigene Zwecke erworben
und zum Dressurpferd ausgebildet. Nachdem es zweimal probegeritten und auf
Veranlassung des Klägers eine Ankaufsuntersuchung in einer Pferdeklinik
durchgeführt worden war, wurde das Pferd an den Kläger im Januar 2011
übergeben.
Im Rahmen einer tierärztlichen Untersuchung im Juni 2011
wurde am rechten Facettengelenk des Pferdes zwischen dem vierten und dem
fünften Halswirbel ein Röntgenbefund festgestellt. Hieraufhin erklärte der
Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag und machte geltend, der Röntgenbefund sei
die Ursache für schwerwiegende Rittigkeitsprobleme, die der Wallach unmittelbar
nach der Übergabe gezeigt habe – das Pferd lahme, habe offensichtliche
Schmerzen und widersetze sich gegen die reiterliche Einwirkung. Der Beklagte
ist demgegenüber der Auffassung, diese Probleme seien nach Übergabe durch eine
falsche reiterliche Behandlung auf Seiten des Klägers verursacht worden.
wurde am rechten Facettengelenk des Pferdes zwischen dem vierten und dem
fünften Halswirbel ein Röntgenbefund festgestellt. Hieraufhin erklärte der
Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag und machte geltend, der Röntgenbefund sei
die Ursache für schwerwiegende Rittigkeitsprobleme, die der Wallach unmittelbar
nach der Übergabe gezeigt habe – das Pferd lahme, habe offensichtliche
Schmerzen und widersetze sich gegen die reiterliche Einwirkung. Der Beklagte
ist demgegenüber der Auffassung, diese Probleme seien nach Übergabe durch eine
falsche reiterliche Behandlung auf Seiten des Klägers verursacht worden.
Bisheriger Prozessverlauf:
Dessen auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gerichtete
Klage hatte in beiden Instanzen Erfolg. Mit seiner vom Senat zugelassenen
Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Klage hatte in beiden Instanzen Erfolg. Mit seiner vom Senat zugelassenen
Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein Reitlehrer und
Pferdetrainer, der ein zuvor ausschließlich für private Zwecke erworbenes und
ausgebildetes Dressurpferd verkauft, insoweit ohne Hinzutreten besonderer
Umstände nicht als Unternehmer anzusehen ist und der Käufer sich ihm gegenüber
deshalb nicht auf die Beweislastumkehr des § 476 BGB berufen kann. Überdies hat
der Senat seine bisherige Rechtsprechung bestätigt und dahingehend
fortentwickelt, dass auch bei einem hochpreisigen Dressurpferd Abweichungen von
der physiologischen (Ideal-)Norm
ohne nachweisbare klinische Auswirkungen grundsätzlich keinen Sachmangel (§ 434
Abs. 1 BGB) begründen, solange die Vertragsparteien keine anderslautende
Beschaffenheitsvereinbarung getroffen haben.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein Reitlehrer und
Pferdetrainer, der ein zuvor ausschließlich für private Zwecke erworbenes und
ausgebildetes Dressurpferd verkauft, insoweit ohne Hinzutreten besonderer
Umstände nicht als Unternehmer anzusehen ist und der Käufer sich ihm gegenüber
deshalb nicht auf die Beweislastumkehr des § 476 BGB berufen kann. Überdies hat
der Senat seine bisherige Rechtsprechung bestätigt und dahingehend
fortentwickelt, dass auch bei einem hochpreisigen Dressurpferd Abweichungen von
der physiologischen (Ideal-)Norm
ohne nachweisbare klinische Auswirkungen grundsätzlich keinen Sachmangel (§ 434
Abs. 1 BGB) begründen, solange die Vertragsparteien keine anderslautende
Beschaffenheitsvereinbarung getroffen haben.
Wie der Senat bereits in der Vergangenheit entschieden
hat (vgl. Senatsurteil vom 7. Februar 2007 – VIII ZR 266/06, NJW 2007, 1351),
wird die Eignung eines klinisch unauffälligen Pferdes für die vertraglich
vorausgesetzte Verwendung (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB) als Reitpferd nicht
schon dadurch beeinträchtigt, dass aufgrund von Abweichungen von der
„physiologischen Norm“ eine lediglich geringe Wahrscheinlichkeit
dafür besteht, dass das Tier zukünftig klinische Symptome entwickeln könnte,
die seiner Verwendung als Reitpferd entgegenstehen. Ebenso wenig gehört es zur
üblichen Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB) eines Tieres, dass es
in jeder Hinsicht einer biologischen oder physiologischen „Idealnorm“
entspricht. Ein Käufer kann redlicherweise nicht erwarten, ein Tier mit
„idealen“ Anlagen zu erhalten, sondern muss vielmehr im Regelfall
damit rechnen, dass das von ihm erworbene Tier in der einen oder anderen Hinsicht
physiologische Abweichungen vom Idealzustand aufweist, wie sie für Lebewesen
nicht ungewöhnlich sind.
hat (vgl. Senatsurteil vom 7. Februar 2007 – VIII ZR 266/06, NJW 2007, 1351),
wird die Eignung eines klinisch unauffälligen Pferdes für die vertraglich
vorausgesetzte Verwendung (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB) als Reitpferd nicht
schon dadurch beeinträchtigt, dass aufgrund von Abweichungen von der
„physiologischen Norm“ eine lediglich geringe Wahrscheinlichkeit
dafür besteht, dass das Tier zukünftig klinische Symptome entwickeln könnte,
die seiner Verwendung als Reitpferd entgegenstehen. Ebenso wenig gehört es zur
üblichen Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB) eines Tieres, dass es
in jeder Hinsicht einer biologischen oder physiologischen „Idealnorm“
entspricht. Ein Käufer kann redlicherweise nicht erwarten, ein Tier mit
„idealen“ Anlagen zu erhalten, sondern muss vielmehr im Regelfall
damit rechnen, dass das von ihm erworbene Tier in der einen oder anderen Hinsicht
physiologische Abweichungen vom Idealzustand aufweist, wie sie für Lebewesen
nicht ungewöhnlich sind.
Diese Grundsätze gelten – wie der Senat nunmehr
entschieden hat – gleichermaßen für (hochpreisige) Dressurpferde und unabhängig
davon, ob es sich um einen vergleichsweise häufig oder (wie hier) selten
auftretenden Röntgenbefund handelt. Auch vorliegend vermochte der
streitgegenständliche Röntgenbefund deshalb keinen Sachmangel im Sinne von §
434 Abs. 1 Satz 2 BGB zu begründen. Denn der gerichtliche Sachverständige hat klinische
Auswirkungen dieses Befunds weder für den Übergabezeitpunkt feststellen können,
noch es für wahrscheinlich erachtet, dass solche zukünftig auftreten werden.
Soweit ein Käufer beim Tierkauf derartige Abweichungen von der physiologischen
Norm vermeiden will, bleibt es ihm unbenommen, mit dem Verkäufer eine
entsprechende Beschaffenheitsvereinbarung gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB
abzuschließen. Ohne eine derartige – vom Berufungsgericht im vorliegenden Fall
zu Unrecht bejahte – Vereinbarung hat der Verkäufer allerdings nur dafür
einzustehen, dass das Tier bei Gefahrübergang nicht krank ist und sich nicht in
einem Zustand befindet, aufgrund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest
die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es alsbald erkranken wird.
entschieden hat – gleichermaßen für (hochpreisige) Dressurpferde und unabhängig
davon, ob es sich um einen vergleichsweise häufig oder (wie hier) selten
auftretenden Röntgenbefund handelt. Auch vorliegend vermochte der
streitgegenständliche Röntgenbefund deshalb keinen Sachmangel im Sinne von §
434 Abs. 1 Satz 2 BGB zu begründen. Denn der gerichtliche Sachverständige hat klinische
Auswirkungen dieses Befunds weder für den Übergabezeitpunkt feststellen können,
noch es für wahrscheinlich erachtet, dass solche zukünftig auftreten werden.
Soweit ein Käufer beim Tierkauf derartige Abweichungen von der physiologischen
Norm vermeiden will, bleibt es ihm unbenommen, mit dem Verkäufer eine
entsprechende Beschaffenheitsvereinbarung gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB
abzuschließen. Ohne eine derartige – vom Berufungsgericht im vorliegenden Fall
zu Unrecht bejahte – Vereinbarung hat der Verkäufer allerdings nur dafür
einzustehen, dass das Tier bei Gefahrübergang nicht krank ist und sich nicht in
einem Zustand befindet, aufgrund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest
die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es alsbald erkranken wird.
Da nach alledem ein Mangel des Dressurpferdes aufgrund
des Röntgenbefundes nicht in Betracht kommt, könnten allenfalls die vom Kläger
behaupteten diversen „Rittigkeitsprobleme“ (Lahmheit, Schmerzen,
Widersetzlichkeit) einen solchen begründen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn
sie bereits bei Übergabe des Pferdes vorhanden waren und nicht erst danach
auftraten, hervorgerufen etwa (so die Behauptung des Beklagten) durch eine
falsche reiterliche Behandlung auf Seiten des Käufers. Hierzu bedarf es
weiterer Feststellungen des Berufungsgerichts.
des Röntgenbefundes nicht in Betracht kommt, könnten allenfalls die vom Kläger
behaupteten diversen „Rittigkeitsprobleme“ (Lahmheit, Schmerzen,
Widersetzlichkeit) einen solchen begründen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn
sie bereits bei Übergabe des Pferdes vorhanden waren und nicht erst danach
auftraten, hervorgerufen etwa (so die Behauptung des Beklagten) durch eine
falsche reiterliche Behandlung auf Seiten des Käufers. Hierzu bedarf es
weiterer Feststellungen des Berufungsgerichts.
In diesem Zusammenhang kann dem Kläger – entgegen der
Auffassung des Berufungsgerichts – die Beweislastumkehr des § 476 BGB nicht
zugutekommen. Denn diese Vorschrift gilt nur für Verträge, durch die ein
Verbraucher von einem Unternehmer bewegliche Sachen kauft (sog.
Verbrauchsgüterkäufe). An einer Unternehmereigenschaft des Beklagten fehlte es
vorliegend jedoch, denn er handelte bei diesem Verkauf des Dressurpferdes nicht
„in Ausübung“ seiner selbständigen beruflichen Tätigkeit als
Reitlehrer und Pferdeausbilder. Vielmehr hatte er das Pferd zuvor
ausschließlich zu privaten Zwecken ausgebildet und trainiert, so dass ein
Zusammenhang zu seiner beruflichen Tätigkeit allenfalls äußerlicher Natur war.
Auffassung des Berufungsgerichts – die Beweislastumkehr des § 476 BGB nicht
zugutekommen. Denn diese Vorschrift gilt nur für Verträge, durch die ein
Verbraucher von einem Unternehmer bewegliche Sachen kauft (sog.
Verbrauchsgüterkäufe). An einer Unternehmereigenschaft des Beklagten fehlte es
vorliegend jedoch, denn er handelte bei diesem Verkauf des Dressurpferdes nicht
„in Ausübung“ seiner selbständigen beruflichen Tätigkeit als
Reitlehrer und Pferdeausbilder. Vielmehr hatte er das Pferd zuvor
ausschließlich zu privaten Zwecken ausgebildet und trainiert, so dass ein
Zusammenhang zu seiner beruflichen Tätigkeit allenfalls äußerlicher Natur war.
Vorinstanzen:
Landgericht München II – Urteil vom 28. März 2014 – 10 O
3932/11
3932/11
Oberlandesgericht München – Urteil vom 11. Januar 2016 –
17 U 1682/14
17 U 1682/14
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
§ 434 BGB Sachmangel
(1) 1Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang
die vereinbarte Beschaffenheit hat. 2Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart
ist, ist die Sache frei von Sachmängeln,
die vereinbarte Beschaffenheit hat. 2Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart
ist, ist die Sache frei von Sachmängeln,
1. wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte
Verwendung eignet, sonst
Verwendung eignet, sonst
2. wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet
und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist
und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.
und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist
und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.
[…]
§ 476 BGB Beweislastumkehr
Zeigt sich innerhalb von sechs Monaten seit
Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei
Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der
Sache oder des Mangels unvereinbar.
Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei
Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der
Sache oder des Mangels unvereinbar.
Karlsruhe, den 18. Oktober 2017
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501