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OVG des Saarlandes – Zulässigkeit einer Überwachungskamera in einer Apotheke

Das OVG
des Saarlandes hat mit Urteil vom 14.12.2017, Az. 2 A 662/17
entschieden,
dass eine Videoüberwachung im Verkaufsraum (Offizin) einer Apotheke ebenso wie
die Videoüberwachung des Betäubungsmittelschrankes datenschutzrechtlich
zulässig sein kann.
Leitsätze
1. Die Videoüberwachung
des Verkaufsraums einer Apotheke kann zur Wahrnehmung des Hausrechts (§ 6b Abs.
1 Nr. 2 BDSG) und zur Wahrnehmung berechtigter Interessen nach § 6b Abs. 1 Nr.
3 BDSG erforderlich sein.
2. Der Grad der
Anforderungen an die Bestimmtheit und Vollständigkeit der
Einwilligungserklärung nach § 4a Abs. 1 BDSG ist im Einzelfall abhängig von der
Sensibilität der erhobenen Daten und der Eingriffstiefe in die Rechte der
Betroffenen.

Tenor
Auf die Berufung des
Klägers wird das auf die mündliche Verhandlung vom 29.1.2016 ergangene Urteil
des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 1 K 1122/14 – teilweise abgeändert und
die Anordnung des Beklagten vom 30.7.2014 auch insoweit aufgehoben, als dem
Kläger darin unter Nr. 1 aufgegeben wurde, die Videoüberwachung im Verkaufsraum
der S. während der Öffnungszeiten einzustellen.
Die Berufung des
Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des
Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist
hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten
streiten um die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Videoüber-wachung von
Räumlichkeiten einer Apotheke in A-Stadt.
Der Kläger ist seit
2007 Eigentümer und Betreiber der S. in A-Stadt und beschäftigt dort derzeit 27
Mitarbeiter. Neben dem Verkaufsraum befinden sich ein Lager mit
Medikamentenschränken und daran anschließend eine Schleuse für
Medikamentenlieferungen, eine Rezeptur, ein Personalraum, ein Büro, ein Labor
sowie eine Treppe zum Keller, wo sich ein Notausgang befindet.
Im Rahmen einer Eingabe
wurde dem Beklagten mitgeteilt, dass in den Verkaufsräumen der S. drei
Videoüberwachungskameras und in den nicht öffentlich zugänglichen Bereichen
mindestens zwei weitere Videoüberwachungskameras installiert seien.
Mit Schreiben vom 13.11.2013
wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass auf Grund der erheblichen
Beeinträchtigungen von Rechten Dritter eine Videoüberwachung öffentlich
zugänglicher Räume datenschutzrechtlich in den Grenzen des § 6b BDSG zu
erfolgen habe. Eine Videoüberwachung im Rahmen eines
Beschäftigungsverhältnisses in nicht öffentlich zugänglichen Räumen sei
lediglich im Rahmen des § 32 BDSG zulässig. Vor diesem Hintergrund wurde der
Kläger gebeten, einen in der Anlage übersandten Fragekatalog zur
Videoüberwachung nach § 6b BDSG schriftlich zu beantworten.
Der Kläger erwiderte,
ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorschriften liege nicht vor. Er habe
im Jahr 2011 einen Verlust von ca. 40.000,– Euro verzeichnet, der nicht
erklärbar gewesen sei, obwohl alle Kontrollinstrumente über die Kasse einen
derartigen Verlust nicht ausgewiesen hätten. Als Entnehmer der Medikamente,
insbesondere verschreibungspflichtiger Medikamente, kämen insoweit nur Kunden
oder Personal in Betracht. Bei den Kunden gebe es offensichtlich einen besonderen
kriminalitätsgefährdeten Personenkreis im Bereich der Fixer. Er habe insgesamt
fünf Videokameras anbringen lassen und zwar drei seit 2008 in den
Verkaufsräumen, die auch für jedermann erkennbar seien und zwei weitere seit
2013 in öffentlich nicht zugänglichen Räumen. Alle Mitarbeiter seien mit der
Aufstellung der Videokameras einverstanden. Der Kläger fügte seinem Schreiben
eine schriftliche Einverständniserklärung sämtlicher Mitarbeiter bei. Des
Weiteren legte er Fotografien der Räume der Apotheke, Planzeichnungen und
Standzeichnungen der Videogeräte vor. Auf die Überwachung werde an beiden
Eingangstüren ausdrücklich hingewiesen.
Der Beklagte teilte dem
Kläger mit, seinen Ausführungen sei zu entnehmen, dass die Videoüberwachung zur
Wahrnehmung berechtigter Interessen zu konkret festgelegten Zwecken gemäß § 6b
Abs. 3 BDSG erfolge. Zum Nachweis des berechtigten Interesses seien konkrete
Sachverhalte und Anhaltspunkte vorzutragen. Vor diesem Hintergrund wurde um die
Beantwortung weiterer Fragen gebeten. Die vorgelegten Einwilligungserklärungen
seien nicht ausreichend.
Der Kläger erwiderte,
der Fehlbestand in Höhe von 44.328,82 Euro habe sich aus der Inventur vom
22.1.2012 bei einer Inventursumme von 478.378,71 Euro ergeben. Ein Warenschwund
von nahezu 10 % sei zu verzeichnen gewesen. Die Videoüberwachung erfolge
ständig. Die Kameras liefen ununterbrochen. Außer den optischen würden keine
akustischen Signale übertragen. Eine Aufzeichnung erfolge digital mit einer
Speicherung von zwei Wochen. Die Videoüberwachung sei nicht als automatisiertes
Verfahren ausgestattet. Auf die Daten hätten nur der Kläger und ein Techniker
der installierenden Firma nach Absprache Zugriff. Die Überwachung werde von
einem Computer aufgezeichnet. Die Zugangsdaten seien durch ein Passwort
geschützt und es gebe im Übrigen die verschlüsselten Daten. Der Kläger legte
seinem Schreiben weitere Fotos bei.
Am 7.2.2014 erfolgte
durch Mitarbeiter des Beklagten eine Vorortkontrolle der Apotheke des Klägers.
Mit Schreiben vom
17.3.2014 teilte der Beklagte dem Kläger mit, auf der Grundlage der bisher
gewonnenen Erkenntnisse sei nunmehr eine datenschutzrechtliche Beurteilung der
Zulässigkeit der Videoüberwachungsmaßnahme möglich. Die Videoüberwachung im
Verkaufsraum/in der Offizin sei als datenschutzrechtlich unzulässig zu werten.
Diese sei ungeeignet zur Erreichung des verfolgten Ziels, weil sie den
„Schwund“ im Jahr 2011 nicht verhindert habe, und darüber hinaus auch
unverhältnismäßig. Auch die Videoüberwachung des Betäubungsmittelschrankes sei
derzeit als unzulässig zu werten. Unabhängig von der Nichterforderlichkeit der
Videoüberwachung stünden schutzwürdige Interessen der Kunden sowie der
Arbeitnehmer/innen entgegen. Die Tatsache, dass die seit nunmehr fast sechs
Jahren im Einsatz befindliche Videoüberwachung zu keiner Täterüberführung
beigetragen habe bzw. auch keine Abschreckungswirkung zu erkennen sei, führe zu
dem Ergebnis, dass das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Kunden und
der Arbeitnehmer/innen als überwiegend zu werten sei. Die
Videoüberwachungsmaßnahme sei weder geeignet, die Betäubungsmittel gemäß
Betäubungsmittelgesetz ordnungsgemäß aufzubewahren noch diese vor Diebstahl zu
schützen. Das Lagern der Betäubungsmittel in einem sicher verschließbaren
Schrank, welcher eine schnelle Entwendung erschwere und zu welchem nur
Berechtigte einen Schlüssel in persönlichen Gewahrsam nehmen dürften, erscheine
als das gebotene Mittel.
Der Kläger trug sodann
mit Schreiben vom 8.4.2014 vor, vor der Übernahme der Apotheke im Jahr 2007/2008
sei ein Gutachten einer Unternehmensberatungsfirma erstellt worden, nachdem
festgestellt worden sei, dass die Apotheke unter einem außerordentlich
schlechten Ertrag leide. Das Gutachten sei zu dem Schluss gekommen, dass in der
Apotheke Entwendungen stattfänden und zwar hauptsächlich von der Belegschaft.
Der festgestellte Schwundbetrag sei gewaltig gewesen. Die Unternehmensberatung
habe damals angeraten, verdeckte Kameras aufzustellen, um die Quellen des
Schwundes festzustellen und dann auch arbeitsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen.
Dies habe zu einem personellen Desaster geführt. Die verdeckten Kameras seien
entfernt und es seien danach offiziell die Kameras aufgestellt worden, zu denen
auch die Mitarbeiter ihre Zustimmung ausdrücklich erklärt hätten. Der
Wareneinsatz habe sich danach erheblich verbessert. Die offiziell aufgestellten
Kameras würden auch den betrieblichen Frieden fördern und als solche nicht mehr
als störendes oder beeinträchtigendes Element angesehen. Insbesondere sei es
auch nicht mehr wie zuvor zu polizeilichen Ermittlungen gekommen. In der
Inventur 2011/2012 sei jedoch wieder eine Lagerdifferenz festgestellt worden.
Diese habe zirka 44.000,– Euro betragen. Die Möglichkeit der Einsichtnahme in
die Inventurlisten sei dem Beklagten eingeräumt worden. Die Differenz bedeute
einen Prozentsatz von 76,6 beim Wareneinkauf, während der Normbereich in
apothekenüblicher Weise bei 72 % liege. Dieser Fehlbetrag habe dazu geführt,
dass das Finanzamt Unterstellungen hinsichtlich eines möglichen „Schwarzverkaufs“
in der Apotheke mit entsprechenden steuerlichen Konsequenzen angestellt habe.
Diese bestünden zum einen darin, dass der Warenbestand wertmäßig verloren sei,
jedoch gleichwohl unter steuerlichen Gesichtspunkten als Verkaufserlös
versteuert werden müsse. Dies habe zur Folge gehabt, dass zwei neue Kameras in
der Lieferschleuse und an dem BTM-Schrank angebracht worden seien. Dass eine
Ungeeignetheit der Videoüberwachungsmaßnahme gegeben sein solle, sei eine nicht
hinzunehmende Interpretation. Dass seit diesem Zeitpunkt kein größerer Schwund
mehr zu verzeichnen sei, wie die aktuellen Inventuren zeigten, sei gerade ein
Beleg dafür, dass die Maßnahme geeignet sei und auch Abschreckungswirkung
zeige.
Nach erneuter Anhörung
gab der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 30.7.2014 gemäß § 38 Abs. 5 Satz 1
BDSG auf, die Videoüberwachung in dem Verkaufsraum (der Offizin) der S. während
der Öffnungszeiten der Apotheke unverzüglich, allerdings spätestens zwei Wochen
nach Eintritt der Bestandskraft, einzustellen und binnen dieser Frist die
ergriffenen Maßnahmen mitzuteilen (Anordnung Nr. 1). Des Weiteren wurde dem
Kläger aufgegeben, die Videoüberwachung an dem Betäubungsmittelschrank der S.
während der Öffnungszeiten der Apotheke unverzüglich, allerdings spätestens
zwei Wochen nach Eintritt der Bestandskraft, einzustellen und binnen dieser
Frist die ergriffenen Maßnahmen mitzuteilen (Anordnung Nr. 2). Für den Fall,
dass der Kläger den Anordnungen nicht innerhalb der genannten Frist nachkommt,
wurde ihm unabhängig voneinander jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,–
Euro angedroht sowie aufschiebend bedingt festgesetzt.
Zur Begründung ist im
Wesentlichen ausgeführt, die Videoüberwachung im Verkaufsraum als öffentlich
zugänglicher Raum könne nicht der Wahrung des Hausrechts nach § 6b Abs. 1 BDSG
dienen, denn eine Besitzstörung solle durch eine solche Überwachung nicht
lediglich nachträglich festgestellt werden, sondern dem Hausrechtsinhaber
ermöglichen, einer solchen Störung in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang
zu begegnen. Auch diene die Videoüberwachung nicht der Wahrnehmung berechtigter
Interessen. Darauf könne sich eine Videoüberwachung nur dann stützen, wenn ihre
Zwecke konkret festgelegt worden seien. Voraussetzung sei eine präzise
Benennung der jeweiligen Zweckbestimmung und schriftliche Fixierung. Soweit
angegeben worden sei, die Videoüberwachungsmaßnahme bezwecke die Verhinderung
weiterer Diebstähle verschreibungspflichtiger Medikamente durch Kunden,
Mitarbeiter oder Dritte sowie die Möglichkeit, derartige Taten später ahnden zu
können, sei zunächst festzustellen, dass das Bestehen einer derartigen
konkreten Gefährdungslage trotz entsprechender Aufforderungen nicht
substantiiert dargelegt worden sei. Die Umstände der im Jahr 2011 entstandenen
Lagerdifferenz im Wert von 40.000,– Euro bzw. ca. 44.000,– Euro blieben
unklar. Von einer abstrakten Gefährdungslage, bei der nach allgemeiner
Lebenserfahrung typischerweise mit Diebstählen in dem dargelegten Umfang zu
rechnen sei, könne in einem verhältnismäßig kleinen Verkaufsraum wie dem
vorliegenden, in dem sich zudem regelmäßig Verkaufspersonal aufhalte, nicht
ausgegangen werden. Trotz der vorhandenen drei Eingänge sei der Verkaufsraum
noch als übersichtlich zu werten. Ungeachtet dessen sei die Videoüberwachungsmaßnahme
für die Erreichung des genannten Zwecks auch nicht erforderlich. Obwohl schon
seit dem Jahr 2008 drei der Kameras in der Apotheke in Betrieb seien, sei
allein im Jahr 2011 ein Warenschwund in Höhe von ca. 40.000,– Euro zu
verzeichnen gewesen. Dies zeige, dass von einer abschreckenden Wirkung gerade
nicht ausgegangen werden könne. Selbst wenn der Umfang des Warenschwundes
mittlerweile zurückgegangen sein möge, sei nicht ansatzweise erkennbar, dass
dieser Rückgang auf dem Einsatz der Überwachungsanlage beruhe. Dies
insbesondere auch deshalb, weil die Überwachungsmaßnahme bislang nicht in einem
einzigen Fall zu einer Täterüberführung beigetragen habe. Milderes Mittel sei
die Verkürzung des Inventurzyklus. Zudem erlaube § 6b Abs. 5 BDSG allenfalls
eine Speicherung der gewonnenen personenbezogenen Daten für 24 bis 48 Stunden,
so dass Bestandsdifferenzen im Rahmen einer vom Kläger üblicherweise nur
stichprobenartig durchgeführten Kontrolle nicht bemerkt werden würden. Des
Weiteren stünden schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer Überwachung
entgegen. Die Kunden, die durch Vorlage von Rezepten sensible Daten preisgäben,
seien ebenso wie die Beschäftigten in ihrem Recht auf informationelle
Selbstbestimmung verletzt. Personenbezogene Daten nach § 3 Abs. 9 BDSG würden
zwar in einer Apotheke zwangsläufig erhoben, aber durch die Videoüberwachung
für eigene Zwecke automatisiert verarbeitet. Die Beschäftigten könnten sich
einer Videoüberwachung nicht entziehen. Ein schutzwürdiges Arbeitgeberinteresse
demgegenüber bestehe nicht, da ein konkreter Verdacht gegen eine Person oder
Personengruppen nicht vorhanden sei. Die Einwilligung der Mitarbeiter erfülle
nicht die Anforderungen des § 4a Abs. 1 BDSG. Insbesondere fehle ein
eindeutiger Bezug auf einen genau umschriebenen Verwendungsvorgang, so dass
nicht von einer informierten Einwilligung auszugehen sei. Die Beschäftigten
könnten sich einer Videoüberwachung nicht entziehen. Von Freiwilligkeit könne
im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses wegen der strukturellen Unterlegenheit der
Beschäftigten und deren wirtschaftlicher Abhängigkeit nicht ausgegangen werden.
Soweit eine weitere Kamera einen Betäubungsmittelschrank in einem nur den
Beschäftigten der Apotheke zugänglichen Raum überwache, handele es sich hierbei
um einen nicht öffentlich zugänglichen Bereich; die Zulässigkeit einer
Videoüberwachung richte sich daher nach § 32 Abs. 1 BDSG. Eine nur präventive
Videoüberwachung ohne konkreten Grund genüge den normierten Anforderungen
nicht. Eine konkrete Gefährdungslage könne auch insoweit nicht angenommen
werden. Mit Blick auf die einem Apothekenleiter obliegenden Pflichten zur
Nachweisführung von Verbleib und Bestand der Betäubungsmittel sowie der
Prüfpflicht bezüglich der Übereinstimmung der Bestände mit den geführten
Nachweisen am Ende eines jeden Kalendermonats, müsse es möglich sein,
Feststellungen über Fehlbestände eindeutig und vor allem zeitnah zu treffen.
Eine konkrete Gefährdungslage könne auch insoweit nicht angenommen werden. Es
könne nicht einmal genau dargelegt werden, inwieweit es sich bei dem
Warenschwund um Betäubungsmittel handele, obwohl eine solche Feststellung nach
den Pflichten eines Apothekers möglich sein müsste. Die Erforderlichkeit ergebe
sich auch nicht aus dem unmittelbar neben dem Betäubungsmittelschrank
befindlichen Notausgang. Dies erfordere eine generelle Überprüfung der
Geeignetheit des Standorts des Betäubungsmittelschranks und gebiete, dass der
Schrank jederzeit verschlossen und nur durch den Befugten geöffnet werden
könne. Die Festsetzung der Zwangsgelder beruhe auf den §§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 14
Abs. 1, 15 Abs. Nr. 1, 20 Abs. 1 SVwVG. Auf Grund der bereits langen
Überwachungszeit und dem bisherigen Verhalten des Klägers im Rahmen des
Verfahrens sei festzustellen, dass er hinsichtlich der zu Grunde liegenden
datenschutzrechtlichen Problemstellung keinerlei Einsicht zeige. Sonstige
Maßnahmen würden daher keine Aussicht auf Erfolg versprechen. Andere
Zwangsmittel schieden aus, da sie nicht geeignet seien, den mit der Anordnung
angestrebten Erfolg zu bewirken. Die Verfügung wurde dem Kläger zu Händen
seines Prozessbevollmächtigten am 31.7.2014 zugestellt.
Hiergegen hat der
Kläger am 1.9.2014 (einem Montag) Klage erhoben. Während des gerichtlichen
Verfahrens änderte er den Erfassungsbereich der (drei) Überwachungskameras im
Verkaufsraum, so dass lediglich der Freiwahlbereich und die Eingangstüren,
nicht aber weiterhin die Medikamentenabgabe am Tresen erfasst werden, und legte
jeweils eine von 18 Mitarbeitern eigenhändig unterschriebene „Einwilligungserklärung
zum Betrieb der vorhandenen Videoanlage“ vom 3.8.2015 folgenden Wortlauts vor:
„Wir, die
Unterzeichner, sind Mitarbeiter der S., Inhaber Ba. e.K., A-Straße, A-Stadt,
und hatten in der Vergangenheit bereits unser Einverständnis zur Aufstellung und
Nutzung der 5 Überwachungskameras erteilt.
Über den Streitstand
mit der Datenschutzbehörde sind wir informiert.
Der gegenwärtige
Standort der Kameras und deren Ausrichtung in Festposition sind uns ebenso
bekannt, wie die von diesen gefertigten Bildschirmbildern und die Gründe für
die Kameraaufstellung.
Wir sind sowohl mit der
Aufstellung der Kameras als auch mit der davon ausgehenden Bildschirmaufnahme
und kurzfristigen Speicherung einverstanden.“
Der Kläger hat die
Ansicht vertreten, die Videoüberwachung sei mit datenschutzrechtlichen
Bestimmungen vereinbar. Seit Aufstellung der Videokameras habe sich der
Warenschwund wesentlich verringert. Der Effekt der Videoüberwachung sei genau
konkretisiert worden, wobei grundsätzlich festzuhalten sei, dass ein
berechtigtes Interesse für den Betrieb einer Videoüberwachungsanlage sowohl
ideeller, wirtschaftlicher als auch rechtlicher Natur sein könne. Eine
tatsächliche Gefahrenlage für Diebstähle sei nachgewiesen worden, so dass
grundsätzlich ein berechtigtes Interesse anzunehmen sei, um vor Einbrüchen,
Diebstählen und Vandalismus zu schützen. Neben einer konkreten Gefahrenlage sei
auch eine abstrakte Gefährdungslage ausreichend, die nach der Lebenserfahrung
typischerweise gefährlich sei, z.B. in Geschäften, in denen wertvolle Ware
verkauft oder die im Hinblick auf Vermögens- und Eigentumsdelikte potentiell
besonders gefährdet seien, wie z.B. Tankstellen und Apotheken. Gerade in einer
Apotheke mit über 20 Mitarbeitern, mehreren Ein- und Ausgängen sei daher neben
dem eigentlichen Verkaufsraum auch in besonderer Weise die Videoüberwachung an
dem Betäubungsmittelschrank in besonderer Weise geboten. Nur die
Videoüberwachung sei geeignet und erforderlich, den festgelegten Zweck zu
gewähren. Bei der Beachtung schutzwürdiger Interessen der Arbeitnehmer sei
darauf hinzuweisen, dass diese sich mit der Videoüberwachung ausdrücklich
einverstanden erklärt hätten und auch deren schutzwürdigen Interessen nicht dem
Bedürfnis des Klägers entgegenstünden. Der Hinweis des Beklagten sei falsch, es
sei bislang nicht zu einer Täterüberführung gekommen. Zur Wahrung des
Hausrechts sei eine Videoüberwachungsmaßnahme geeignet, eine Besitzstörung
festzustellen und angemessen hierauf zu reagieren. Die in einer Apotheke
verkauften Waren und Arzneimittel seien fast ausschließlich von kleinem Volumen
und daher in besonderer Weise geeignet, schnell und ohne großen Aufwand
entwendet zu werden. Eine schriftliche Fixierung der Zweckbestimmung der
Videoüberwachungsanlage sei nicht zwingend geboten. Eine Mitteilungspflicht
genüge. Neu sei das Argument, dass aus schutzwürdigen Interessen der von der
Überwachung betroffenen Kunden bestimmte zum Teil sensible Daten in Form von
Rezepten in der Apotheke vorliegen würden und durch die Überwachung und ihren
Informationen das Selbstbestimmungsrecht verletzt sei. Rezepte, die von den
Videokameras gar nicht gelesen werden könnten, erhielten keine besondere
Schutzwürdigkeit dadurch, dass sie noch zusätzlich der Krankenkasse usw.
zugeleitet würden. Die Beschäftigten des Klägers würden auch nur während der
Ausübung ihrer Verkaufstätigkeit erfasst. Entgegen der Auffassung des Beklagten
hätten sie Ausweichmöglichkeiten im Personalraum usw.. Unabhängig von ihrer
Zustimmung und dem Einsatz der Videokamera würden sie daher auch keine
Überwachung erfahren. Auch hinsichtlich der Videoüberwachung am
Betäubungsmittelschrank liege auf Grund der Lage des Schrankes neben dem
Kellernotausgang eine konkrete Gefährdungslage vor. Bei der Anzahl der
Mitarbeiter sei es nicht möglich, Fehlbestände direkt und zeitnah
festzustellen. Der Schrank könne nicht verschlossen gehalten werden, da einer
Entnahme durch eine beschäftigte Person eine weitere Entnahme durch eine andere
Person oder eine Drittentnahme folgen könne. Von einer fehlenden Freiwilligkeit
im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses könne nicht per se ausgegangen werden.
Der Kläger hat
beantragt,
die Anordnung des
Beklagten vom 30.7.2014 aufzuheben.
Der Beklagte hat
beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Ansicht
vertreten, die Videoüberwachung im Verkaufsraum sei weder zur Wahrnehmung des
Hausrechts (§ 6 b Abs. 1 Nr. 2 BDSG) noch zur Wahrnehmung berechtigter
Interessen gemäß § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG zulässig. Es fehle bereits an der
schriftlichen Zweckbestimmung, die erforderlich sei, um der verantwortlichen
Stelle eine sorgfältige Überprüfung der Videoüberwachung zu ermöglichen und
eine beliebige Veränderung der Zwecke im Nachhinein zu verhindern. Eben so
wenig sei ein berechtigtes Interesse für den Betrieb der
Videoüberwachungsanlage nachgewiesen. Entgegen der Auffassung des Klägers sei
ein konkreter Zweck für die Videoüberwachung bzw. konkrete Tatsachen, die die
Videoüberwachung während der Öffnungszeiten legitimieren könnten, weder
schriftlich fixiert noch in ausreichender Form dargelegt. Die Umstände der
angeführten Lagerdifferenz mit dem damit verbundenen Verlust in Höhe von ca.
44.000,– Euro müssten dahingestellt bleiben. Fehlbeträge in Inventarlisten
könnten grundsätzlich auch andere Ursachen haben und deuteten nicht
zwangsläufig auf Diebstähle durch Mitarbeiter oder Kunden hin. Der Kläger könne
ebenso wenig darlegen, ob derartige Diebstähle in besonders großem Umfang
gerade in dem Verkaufsraum oder am Betäubungsmittelschrank erfolgt seien. Auch
eine abstrakte Gefährdungslage sei nicht zu bejahen. Selbst unter
Berücksichtigung der Tatsache, dass der Verkaufsraum durch drei Ein- bzw.
Ausgänge betreten oder verlassen werden könne, sei dieser noch als
übersichtlich zu bewerten. Insofern bestehe keine Vergleichbarkeit mit einem
großflächigen Einkaufsmarkt. Im Übrigen habe der mit der Überwachungsmaßnahme
verfolgte Zweck, die Verhinderung von Warenschwund und Schutz des Kapitals,
erkennbar nicht erreicht werden können. Es gebe nach wie vor keine Hinweise
darauf, wer für etwaige Diebstähle verantwortlich gewesen sein könnte. Selbst
wenn der Umfang des Warenschwundes mittlerweile zurückgegangen sein mag, könne
dieser Umstand nicht zwangsläufig mit dem Einsatz der Überwachungsmaßnahme in
Verbindung gebracht werden. Darüber hinaus stünden schutzwürdige Interessen der
Betroffenen der Videoüberwachung entgegen. Auf die Lesbarkeit des Rezepts durch
die Videoüberwachung bzw. die Weiterleitung an die Krankenkasse komme es nicht
an. Entscheidend sei, dass mittels der Videoüberwachung aufgezeichnet und
gespeichert werde, welcher Kunde welches Medikament erhalten habe. Mittels der
Umverpackungen könne wohl regelmäßig darauf rückgeschlossen werden, welche
gesundheitlichen Leiden der Apothekenkunde habe. Auch die Beschäftigten könnten
sich einer Videoüberwachung nicht einfach entziehen. Ein solcher
Überwachungsdruck greife in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer
ein. Die Angemessenheit einer Videoüberwachungsmaßnahme sei insbesondere davon
abhängig, ob die Betroffenen einen zurechenbaren Anlass für ihre Beobachtung
gesetzt hätten. Vorliegend bestehe jedoch nicht einmal ansatzweise ein
konkreter Verdacht, wer für den behaupteten Warenschwund verantwortlich sein
könnte. Die Einwilligungserklärungen der Beschäftigten erfüllten nicht die
gesetzlichen Anforderungen nach § 4a Abs. 1 BDSG. Die vom Kläger verwendete
Formulierung weise weder auf die Folgen einer Verweigerung der Einwilligung
noch auf die beabsichtigte Verwendung der Daten oder eine Widerrufsmöglichkeit
der Einwilligung hin. Es fehle zudem auch an der Freiwilligkeit der
Erklärungsabgabe wegen der zwischen den Beteiligten des Arbeitsverhältnisses herrschenden
unterschiedlichen Machtstruktur. Die Videoüberwachung am
Betäubungsmittelschrank sei nicht mit § 32 Abs. 1 BDSG vereinbar. Eine
präventive Überwachung ohne konkreten Grund genüge den gesetzlichen
Anforderungen nicht. Eine Gefährdungslage bestehe nicht, da noch nicht einmal
Angaben darüber gemacht werden könnten, ob und in welchem Umfang es sich bei
dem Warenschwund um Betäubungsmittel handele oder gehandelt habe. Das
Verschließen des Schrankes sowie die Verwahrung des Schlüssels und die Herausgabe
von Betäubungsmitteln durch eine einzige Mitarbeiterin oder einen einzigen
Mitarbeiter stelle eine geeignete und letztlich im Hinblick auf § 13 BtMVV
sogar erforderliche Maßnahme dar, um den Betäubungsmittelbestand vor
unzulässigem Zugriff zu schützen.
Mit Urteil vom
29.1.2016 – 1 K 1122/14 – hat das Verwaltungsgericht des Saarlandes die
Anordnung des Beklagte vom 30.7.2014 insoweit aufgehoben, als sie die
Videoüberwachung an dem Betäubungsmittelschrank betrifft (Anordnung Nr. 2) und
die Klage im Übrigen abgewiesen (bzgl. der Anordnung Nr. 1). Zur Begründung hat
das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Videoüberwachung der
Kundeneingänge und des Freiwahlbereichs des Verkaufsraums sei mit § 6b Abs. 1
BDSG unvereinbar. Die Videoüberwachung im Verkaufsraum diene der Wahrnehmung
des Hausrechts nach § 6b Abs. 1 Nr. 2 BDSG, nicht aber der Wahrnehmung
berechtigter Interessen nach § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG. Zur Wahrnehmung des
Hausrechts sei sie jedoch nicht erforderlich. Die Videoüberwachung der Kundeneingänge
und des Freiwahlbereichs durch die Kameras im Verkaufsraum sei nicht durch die
Wahrnehmung berechtigter Interessen im Sinne des § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG
gerechtfertigt. Es fehle vorliegend an einer konkreten oder zumindest
abstrakten Gefährdungslage. Der Kläger könne nicht aufzeigen, welche
Arzneimittel und ob überhaupt und wenn ja welche nicht apothekenpflichtigen
Waren abhanden gekommen seien. Sein Hinweis auf Entwendungen in der Apotheke
reiche allein nicht aus. Dabei handele es sich um einen generellen Verdacht,
der eine konkrete Gefährdungslage nicht begründen könne. Der Kläger habe auch
keine abstrakte Gefährdungslage dargelegt. Dafür dass die Apotheke in einem
Gebiet liege, das bekanntermaßen eine hohe Kriminalitätsdichte aufweise,
bestünden keine Anhaltspunkte. Auch könne auf Grundlage des eingereichten
Grundrissplans und der zur Akte gereichten Fotos nicht von einer erschwerten
Überschaubarkeit des Verkaufsraums ausgegangen werden. Die Videoüberwachung im
Verkaufsraum könne auch nicht auf das berechtigte Interesse der Verfolgung von
Straftaten, welches von der Gefahrenabwehr unterschieden wird, gestützt werden.
Die Videoüberwachung der Eingänge und des Freiwahlbereichs des Verkaufsraums
sei auch nicht erforderlich zur Wahrnehmung des Hausrechts durch den Kläger.
Der Kläger habe im konkreten Fall keine Tatsachen dargelegt, die es
nachvollziehbar machten, dass das festgelegte Ziel, die Reduzierung des
Fehlbestandes, tatsächlich erreicht werden könne. Es sei nicht nachvollziehbar,
ob und wenn ja in welcher Höhe überhaupt ein Fehlbestand im mit den drei
Kameras im Verkaufsraum überwachten Freiwahlbereich in dem nicht
apothekenpflichtige Waren angeboten werden, aufgetreten sei. Entsprechendes
gelte für die Arzneimittel, die apothekenpflichtig aber nicht
verschreibungspflichtig seien, im Bereich der Sichtwahl des Verkaufsraums, auf
die ein Kunde ggf. Zugriff hätte, während das Personal das rückwärtige Lager
aufsuche. Auf die die Erforderlichkeit voraussetzende, im Rahmen einer am
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierten und umfassenden Abwägung zwischen
der durch die Zwecke der Videoüberwachung bestimmten grundrechtlich geschützten
Position des Verwenders der Videotechnik und dem Recht auf informationelle
Selbstbestimmung der Beobachteten zur Beantwortung der Frage, ob der
Zulässigkeit der Videoüberwachung des Verkaufsraums überwiegende Interessen der
Betroffenen – hier der Kunden – entgegenstehen, komme es demgemäß nicht mehr
an. Das danach im Ermessen des Beklagten stehende Einschreiten gegen den rechtswidrigen
Zustand im Verkaufsraum sei nicht zu beanstanden. Die offene Videoüberwachung
an dem Betäubungsmittelschrank sei nicht auf der Grundlage von § 32 Abs. 1 S. 2
BDSG zulässig, da es im vorliegenden Fall an konkreten Verdachtsmomenten fehle
und die Videoüberwachung auch nicht erforderlich sei. Das Verschließen des
Betäubungsmittelschranks und das Führen von Entnahme- und Kontrolllisten
ermögliche effektiv, den Zugriff auf den Betäubungsmittelschrank zu
kontrollieren, sei aber im Hinblick auf das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung der Arbeitnehmer das weniger einschneidende Mittel. Die
Videoüberwachung sei hingegen datenschutzrechtlich zulässig, weil die
Beschäftigten eingewilligt hätten. Im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses könnten
Arbeitnehmer sich grundsätzlich „frei entscheiden“, wie sie ihr Grundrecht auf
informationelle Selbstbestimmung ausüben wollten. Dem stehe weder die
grundlegende Tatsache, dass Arbeitnehmer abhängige Beschäftigte seien noch das
Weisungsrecht des Arbeitgebers entgegen. Die zu § 4a BDSG formulierte
Gegenauffassung verkenne, dass schon nach § 32 BDSG Datenverarbeitung im
Arbeitsverhältnis möglich sei, unter den Voraussetzungen des § 32 BDSG sogar
einwilligungsfrei. Durch die Videoüberwachung am Betäubungsmittelschrank werde
auch nicht in so schwerwiegender Weise in das allgemeine Persönlichkeitsrecht
der Beschäftigten des Klägers eingegriffen, dass deren Einwilligung mit der
Rechtsordnung unvereinbar wäre. Die während des gerichtlichen Verfahrens
vorgelegten 18 Einwilligungserklärungen der Beschäftigten genügten formal den
Anforderungen des § 4a Abs. 1 BDSG.
Mit den vom Senat mit
Beschluss vom 7.8.2017 zugelassenen Berufungen, der den Beteiligten am
10.8.2017 zugestellt wurde,
beantragt der Kläger,
1. unter teilweiser
Abänderung des auf die mündliche Verhandlung vom 29.1.2016 ergangenen Urteils
des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 1 K 1122/14 – die Anordnung des
Beklagten vom 30.7.2014 auch insoweit aufzuheben, als ihm darin unter Nr. 1
aufgegeben wurde, die Videoüberwachung im Verkaufsraum der S. während der
Öffnungszeiten einzustellen, und
2. die Berufung des
Beklagten zurückzuweisen.
Er trägt vor, nachdem
arbeitsrechtliche Maßnahmen erfolglos geblieben seien, habe er 2008 im
Verkaufsraum der Apotheke drei Videokameras angebracht, die er infolge einer im
Jahr 2011 aufgetretenen Lagerdifferenz in Höhe von ca. 44.000,- EUR um zwei
weitere Kameras im Jahr 2013 erweitert habe, wobei eine in der Schleuse und
eine im Bereich des Betäubungsmittelschrankes angebracht worden seien. Zum
Zeitpunkt der Installation der Kameras seien alle Mitarbeiter informiert worden
und mit der Aufstellung derselben einverstanden gewesen. Diesen sei die
Funktion der Kameras, deren Art der Aufstellung und die Erfassung der Bereiche
bekannt gemacht worden. Das Einverständnis sei in einem Bestätigungsschreiben
festgehalten. Außerdem sei ein deutlicher Hinweis auf die in der Apotheke
stattfindende Videoüberwachung angebracht worden, mit dem die Kunden auf diesen
Sachverhalt hingewiesen würden. Nach dem Aufstellen der Videokameras sei es
auch zu einer Verminderung des Warenbestands gekommen, ohne dass dabei konkrete
Tathandlungen hätten festgestellt werden können. Die Dringlichkeit einer
Überwachung des Arzneimittelschrankes werde dadurch verdeutlicht, dass im
Zeitraum vom 4.4.2017 bis 31.5.2017 der Verlust von 3,246 Gramm
Amphetaminsulfat festgestellt worden sei. Eine entsprechende Strafanzeige gegen
Unbekannt sei erfolgt. Nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft vom 2.8.2017 habe
eine Täterfeststellung bis jetzt nicht stattfinden können. Im Hinblick auf den
Nachweis einer konkreten oder zumindest abstrakten Gefährdungslage im Rahmen
der von § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG für die Zulässigkeit der Überwachung
erforderlichen Wahrnehmung berechtigter Interessen habe das Verwaltungsgericht
von dem Kläger verlangt, dass er seinen gesamten Warenbestand aufschlüssele und
im einzelnen jeden Warenzugang und jeden Warenabgang darlege. Insoweit weiche
das Verwaltungsgericht von der Entscheidung des OVG Lüneburg – 11 LC 114/13 –
vom 29.4.2014 ab. Das Verwaltungsgericht habe den Standpunkt vertreten, dass
eine konkrete oder zumindest abstrakte Gefährdungslage nicht vorliege. Der
Beklagte habe es nicht für notwendig befunden, bei gleichen oder zumindest
ähnlich gelagerten Sachverhalten in anderen Apotheken einzuschreiten. Die
Entscheidung des Verwaltungsgerichts lasse keine klare Trennung und Verknüpfung
zwischen der Wahrnehmung des Hausrechts und der Wahrnehmung berechtigter
Interessen erkennen. Zwar werde die Videoüberwachung als der Wahrnehmung des
Hausrechts dienend angesehen, nicht aber zur Wahrnehmung berechtigter
Interessen. Gleichzeitig werde jedoch die Maßnahme als nicht erforderlich zur
Wahrung des Hausrechts angesehen. Er habe eine konkrete oder zumindest abstrakte
Gefährdungslage nachgewiesen. Auf den Entwendungstatbestand, der zur Erstattung
einer Strafanzeige im Frühjahr 2017 geführt habe, sei er durch Personal
hingewiesen worden. Die Anzeige und die Äußerung des Personals seien mehr als
der von dem Verwaltungsgericht angenommene nur generelle Verdacht einer
Rechtsverletzung. Das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass die S. die größte
Apotheke in A-Stadt sei und in einem Stadtteil mit erheblichen sozialen und
auch kriminellen Schwerpunkten liege. Die Apotheke liege in einer Straßenecke
und verfüge über drei verschiedene Eingänge. Der Inhaber des Hausrechtes sei
berechtigt, zum Schutz des Objektes und der sich darin aufhaltenden Personen
sowie zur Abwehr unbefugten Betretens erforderliche Maßnahmen zu ergreifen. Eine
Beobachtung zur Wahrnehmung des Hausrechts diene sowohl einer präventiven als
auch einem repressiven Zweck, und zwar der Abschreckung und der Strafverfolgung
durch die Auswertung des aufgenommenen Bildmaterials. Bei dem Einsatz von
Videotechnik zum Zweck der Gefahrenabwehr sei regelmäßig von der Wahrnehmung
berechtigter Interessen auszugehen. Insoweit werde auf die erwähnte
Entscheidung des OVG Lüneburg und auf die Kommentierung von Scholz in Simitis
zu § 6b Rdnr. 79 verwiesen. Im vorliegenden Fall seien keine Anhaltspunkte für
ein Überwiegen der schutzwürdigen Interessen der von der Videoüberwachung
betroffenen Personen ersichtlich, da deren Persönlichkeitsrechte nicht
betroffen seien.
Der Beklagte beantragt,
1. unter teilweiser
Abänderung des auf die mündliche Verhandlung vom 29.1.2016 ergangenen Urteils
des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 1 K 1122/14 – die Klage auch insoweit
abzuweisen, als sich diese gegen die in der Anordnung des Beklagten vom 30.7.2014
unter der Nr. 2 enthaltene Aufforderung richtet, die Videoüberwachung an dem
Betäubungsmittelschrank der S. während der Öffnungszeiten einzustellen, und
2. die Berufung des
Klägers zurückzuweisen.
Zur Begründung führte
der Beklagte aus, im Hinblick auf die Videoüberwachung auf der Grundlage des §
6b BDSG könne der Kläger nicht die Notwendigkeit der streitgegenständlichen
Videoüberwachung in der Offizin mit der übersandten Bestätigung über die
Erstattung einer Strafanzeige wegen des Abhandenkommens eines im
Betäubungsmittelschrank aufbewahrten Arzneimittels begründen, da
augenscheinlich mit Hilfe der seit dem Jahr 2008 eingesetzten und ganztägig
betriebenen Kameras weder in der Vergangenheit, noch zum jetzigen Zeitpunkt ein
Täter ermittelt oder überhaupt ein Tathergang habe dokumentiert werden können.
Die im Einsatz befindliche Videoüberwachungsmaßnahme sei offenkundig in keiner
Weise dazu geeignet, präventiv in Schädigungsabsicht handelnde Personen
abzuschrecken oder in repressiver Zielsetzung Schädigungshandlungen zu Lasten
des Klägers zu dokumentieren oder Besitzstörer zu ermitteln. Die im Hinblick
auf die Videoüberwachung auf der Grundlage der Einwilligungserklärungen der
Mitarbeiter des Klägers nachgereichten 18 Einwilligungserklärungen der Arbeitnehmer
könnten weder in materiell- noch in formalrechtlicher Hinsicht eine Wirksamkeit
im Sinne des § 4a Abs. 1 Satz 1 BDSG begründen. Für die Videoüberwachung des
Betäubungsmittelschranks sei daher keine Legitimationsgrundlage ersichtlich. Es
bestehe Konsens, dass eine Einwilligung in die Datenerhebung, -verarbeitung und
-nutzung im Beschäftigungsverhältnis nicht per se als unzulässig zu bezeichnen
sei. Für die Frage nach der Wirksamkeit einer Einwilligung im Sinne des § 4a
Abs. 1 Satz 1 BDSG sei es unumgänglich, die Vorschrift im Sinne der Richtlinie
95/46/EG, insbesondere hier des Art. 2 h, zu beachten.(vgl.
Bundestagsdrucksache 14/4329, Bl. 34) Die Richtlinie verlange eine
Willensbekundung ohne Zwang, also einen Akt der Selbstbestimmung und nicht ein
fremdgeleitetes Tun. Schließlich müsse die Einwilligung in Kenntnis der
Sachlage erfolgen. Eine unrichtige oder unvollständige Information der
Betroffenen durch den Verantwortlichen der Verarbeitung führe zur Unwirksamkeit
der Einwilligung. Das Bundesverfassungsgericht(Beschluss vom 23.11.2006 – 1 BvR
1909/06 -) habe herausgestellt, dass mit dem Beschäftigungsverhältnis
grundsätzlich ein strukturelles Ungleichgewicht verknüpft sei, welches nicht
nur bei der Begründung, sondern auch im bestehenden Arbeitsverhältnis
anzunehmen sei. Gegen die Annahme einer Abgabe der Einwilligungserklärung ohne
jeglichen Zwang sprächen vorliegend der mit der Videoüberwachung verbundene
Zweck und die intendierte Eingriffstiefe in dem Persönlichkeitsrecht der
betroffenen Arbeitnehmer. Die Mitarbeiter des Klägers hätten die Wahl, entweder
in ihre eigene Überwachung einzuwilligen oder sich durch eine Verweigerung oder
einen späteren Widerruf der Einwilligung zwangsläufig dem Vorwurf der
Täterschaft auszusetzen. Der Text der Erklärungen lasse keinen Zweifel daran,
dass mit Hilfe der Einwilligungen die Videoüberwachung in der gesamten Apotheke
legitimiert werden sollte. Weder sei von dem Kläger dargelegt, noch sei im
Gerichtsverfahren erörtert worden, inwieweit gewährleistet werden könne, dass
alle betroffenen Arbeitnehmer eingewilligt hätten. Schließlich scheitere die
Wirksamkeit der nachträglich abgegebenen Erklärungen an formalen Anforderungen.
Da weder der intendierte Zweck, laut Kläger die Überwachung der für
Schadenshandlungen tatverdächtigen Arbeitnehmer als Maßnahme der
Verhaltenskontrolle, noch die konkrete Ausgestaltung der Überwachungsmaßnahme
(Löschfristen, zugriffsberechtigte Personen, Umstände der Auswertung etc.) in
der textlich knappen Erklärung benannt oder gar erläutert würden, könne nicht
von einer hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit ausgegangen werden. Auch sei
ein Verfahrensverzeichnis nach § 4e i.V.m. § 4e Abs. 2/2a BDSG vom Kläger nicht
vorgelegt worden. Darüber hinaus sei in Hinweis auf die Folgen der Verweigerung
der Einwilligung erforderlich.
Das Gericht hat die
Örtlichkeit in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Ortsbesichtigung
wird auf das Protokoll vom 14.12.2017 Bezug genommen.
Wegen der weiteren
Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der
beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand
der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe
I.
Die gegenläufigen
Berufungen der Beteiligten sind zulässig. Das Rechtsmittel des Klägers hat auch
in der Sache Erfolg (1.), wohingegen die Berufung des Beklagten unbegründet ist
(2.).
Für die Beurteilung der
Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung
maßgeblich, da es sich bei der datenschutzrechtlichen Anordnung des Beklagten,
mit der dem Kläger die Unterlassung einer Videoüberwachung aufgegeben wird, um
einen Dauerverwaltungsakt handelt. Maßgeblich ist daher das
Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.1.2003
(BGBl. I S. 66), das zuletzt durch Artikel 10 Absatz 2 des Gesetzes vom
31.10.2017 (BGBl. I S. 3618) geändert worden ist.
Rechtsgrundlage der
streitgegenständlichen Anordnungen des Beklagten vom 30.7.2014 ist § 38 Abs. 5
S. 1 BDSG. Danach kann der Beklagte als die gemäß den §§ 38 Abs. 6 BDSG, 28a
Abs. 1 S. 1 SDSG sowie § 3 Abs. 1 SVwVfG zuständige Aufsichtsbehörde zur
Gewährleistung der Einhaltung des Bundesdatenschutzgesetzes und anderer
Vorschriften über den Datenschutz Maßnahmen zur Beseitigung festgestellter
Verstöße bei der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten
oder technischer oder organisatorischer Mängel anordnen. Dies kann trotz des
unterschiedlichen Wortlautes der Sätze 1 und 2 des § 38 Abs. 5 BDSG auch die
vorliegend in Rede stehende Untersagung von Datenverarbeitungsverfahren
umfassen.
Die Voraussetzungen des
§ 38 Abs. 5 S. 1 BDSG liegen nicht vor. Die Verwendung der im Verkaufsraum
(Offizin) angebrachten Überwachungsgeräte durch den Kläger (Anordnung Nr. 1)
genügt den gesetzlichen Vorgaben zur Verarbeitung personenbezogener Daten. Auch
hinsichtlich der vor dem Betäubungsmittelschrank angebrachten Kamera (Nr. 2 der
Anordnung) liegt eine Verletzung von datenschutzrechtlichen Vorschriften nicht
vor. Die streitgegenständliche Verfügung des Beklagten vom 30.7.2014 ist daher
insgesamt rechtswidrig und aufzuheben.
Der Anwendungsbereich
der aufsichtsbehördlichen Befugnisse ist vorliegend gemäß § 27 Abs. 1 S. 1 Nr.
1 BDSG eröffnet, denn die von den in der Apotheke des Klägers angebrachten
Kameras erfassten Bildaufnahmen enthalten personenbezogene Daten gemäß § 3 Abs.
1 BDSG. Unter den Begriff des Verarbeitens fällt auch das Speichern
personenbezogener Daten (§ 3 Abs. 4 S. 1 BDSG), worunter das Erfassen,
Aufnehmen oder Aufbewahren personenbezogener Daten auf einem Datenträger zum
Zweck ihrer weiteren Verarbeitung oder Nutzung zu verstehen ist (§ 3 Abs. 4 S.
2 Nr. 1 BDSG). Dieser Annahme steht nicht entgegen, dass der Kläger seit
längerem keine Speicherung der Aufzeichnungen mehr vornimmt und gegenwärtig
auch aus technischen Gründen an der Speicherung der Daten gehindert ist, denn
er hat anlässlich der Ortsbesichtigung des Senats am 14.12.2017 erklärt, er
beabsichtige die Anlage im Fall des Erfolges seiner Klage wieder in Betrieb zu
nehmen. Der Kläger bezweckt daher nach Behebung des Zugangsproblems eine
weitere Verarbeitung oder Nutzung (§ 3 Abs. 5 BDSG) der Daten, denn er verfolgt
mit der Videoaufzeichnung den Zweck, Diebstähle abzuwehren bzw. festzustellen.
Die Zulässigkeit einer
Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung richtet sich nach § 4 Abs. 1 BDSG.
Danach sind die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur
zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt
oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat (Verbot mit
Erlaubnisvorbehalt).
1. Die Berufung des
Klägers ist begründet, denn der Einsatz der Verkaufsraumkameras ist durch § 6b
Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 BDSG gerechtfertigt.
Wie die
Ortsbesichtigung gezeigt hat, wird mittels der oberhalb der Verkaufstheken
unter der Decke angebrachten drei Überwachungskameras der Verkaufsraum der von
dem Kläger betriebenen Apotheke als öffentlich zugänglicher Raum(vgl. zur
Definition: Becker in: Plath, BDSG/DSGVO, Kommentar, 2. Aufl. 2016, § 6b BDSG,
Rdnr. 9) beobachtet, denn dieser steht dem Publikumsverkehr zur Verfügung und
kann während der Öffnungszeiten grundsätzlich von jedermann betreten werden.
Nach § 6b Abs. 1 BDSG
ist die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen
Einrichtungen (Videoüberwachung) durch nicht öffentliche Stellen (§ 2 Abs. 4 S.
1 BDSG) nur zulässig, soweit sie zur Wahrnehmung des Hausrechts oder zur
Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich
ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der
Betroffenen überwiegen.
Die Videoüberwachung
des Verkaufsraumes, mit der sich der Kläger davor schützen möchte, dass in
seinem Verkaufsraum Waren gestohlen werden, ist ein Fall der Wahrnehmung des
Hausrechts im Sinne von § 6b Abs. 1 Nr. 2 BDSG und dient zugleich der
Wahrnehmung berechtigter Interessen i.S.v. § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG. Der Begriff
des Hausrechts wird weder in § 6b BDSG noch in den Datenschutzgesetzen der
Bundesländer definiert. Dieser Begriff wird von Rechtsprechung und Literatur
ganz überwiegend in einem umfassenden Sinne verstanden und ist daher weit
auszulegen(vgl. OVG NRW, Urteil vom 8.5.2009 – 16 A 3375/07 –, juris; Becker
in: Plath, BDSG/DSGVO, 2. Aufl. 2016, § 6b BDSG, Rdnr. 16) und nicht lediglich
im Sinne einer Zugangskontrolle oder als Schutz gegen Hausfriedensbruch (§ 123
StGB), sondern als ein umfassendes Bestimmungs-, Abwehr- und Sicherungsrecht in
Bezug auf befriedetes Besitztum oder andere Räume, die der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht werden, zu verstehen. Der Inhaber des Hausrechts ist befugt,
die zum Schutz des Objekts und zur Abwehr unbefugten Betretens erforderlichen
Maßnahmen zu treffen. Dazu zählt auch die Beweissicherung mittels
Videoüberwachung zum Schutz des Eigentums des Klägers.
Allerdings sind von der
Videoüberwachung im Verkaufsraum nicht nur die Kunden, sondern auch die
Beschäftigten des Klägers betroffen. Zwar war anlässlich der Ortsbesichtigung
festzustellen, dass die dort befindlichen Kameras so ausgerichtet sind, dass
sie nur den Raum vor dem Verkaufstresen erfassen, während sich die Angestellten
des Klägers regelmäßig hinter dem Tresen aufhalten. Jedoch ist anzunehmen, dass
diese sich zumindest kurzzeitig auch im eigentlichen Verkaufsraum und damit im
Überwachungsbereich aufhalten, sei es, um die Türen zu Geschäftsbeginn zu
öffnen oder zu Geschäftsende zu verschließen oder sich im Beratungsgespräch mit
Kunden durch die Apotheke zu bewegen. Bei der Videoüberwachung von Mitarbeitern
in öffentlich zugänglichen Räumen wird § 6b BDSG indessen als lex specialis
gegenüber § 32 BDSG, der eine allgemeine Regelung zum Schutz personenbezogener
Daten von Beschäftigten enthält, angesehen.(vgl. Becker in: Plath, BDSG/DSGVO,
2. Aufl. 2016, § 6b BDSG, Rdnr. 47) Da vorliegend sowohl die Wahrnehmung des
Hausrechts als auch der Auffangtatbestand der Wahrnehmung berechtigter
Interessen (§ 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG) – was im folgenden ausgeführt wird – in
Betracht kommt, kann insoweit offen bleiben, ob die – jedenfalls partielle –
Überwachung auch von Arbeitnehmern, die sich berechtigterweise im
Überwachungsbereich aufhalten, überhaupt mit einer Wahrnehmung des Hausrechts
gerechtfertigt werden kann oder ob insoweit auf den Tatbestand der Wahrnehmung
berechtigter Interessen zurückzugreifen ist.(vgl. Becker in: Plath, BDSG/DSGVO,
2. Aufl. 2016, § 6b BDSG, Rdnr. 16)
Der Kläger kann sich
zusätzlich auf den Tatbestand der Wahrnehmung berechtigter Interessen für
konkret festgelegte Zwecke gemäß § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG berufen. Im
Ausgangspunkt genügt grundsätzlich jedes rechtliche, wirtschaftliche oder
ideelle Interesse(OVG Lüneburg, Urteil vom 29.9.2014, 11 LC 114/13, juris;
Becker in: Plath, BDSG/DSGVO, 2. Aufl. 2016, § 6b BDSG, Rdnr. 17; Onstein in
Auernhammer, DSGVO/BDSG, Kommentar, 5. Aufl. 2017, § 6b Rdnr. 33). Allerdings
muss das Interesse objektiv begründbar sein und sich aus einer konkreten
Gefahrenlage heraus ergeben. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger hat
– vom Beklagten insoweit unbestritten – dargelegt, dass bereits beim Erwerb der
Apotheke von einem Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ein außergewöhnlich
hoher Schwund und eine schlechte Ertragslage festgestellt worden ist, was den
Schluss auf Diebstähle zugelassen hat. Im Jahr 2011 war außerdem eine
Lagerdifferenz in Höhe von etwa 44.000 Euro zu verzeichnen, obwohl alle
Kontrollmechanismen einen derartigen Verlust nicht ausgewiesen hatten. Diese
Differenz liegt nach Angaben des Klägers über dem für Apotheken üblichen Normbereich.
Anlässlich der Ortsbesichtigung des Senats war festzustellen, dass sich in dem
im Verkaufsraum befindlichen Selbstbedienungsbereich überwiegend Regale mit
Produkten mit geringem Volumen wie bspw. Kosmetika uä. befinden, die, wie der
Kläger es formulierte, leicht „abgeräumt“ werden können. Vor diesem Hintergrund
teilt der Senat die Bedenken des Verwaltungsgerichts und des Beklagten an dem
Vorliegen einer konkreten Gefährdungslage nicht. Eine objektive Begründbarkeit
des berechtigten Interesses des Klägers i.S.v. § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG liegt
damit vor.
Die vom Kläger
durchgeführte Videoüberwachung ist auch für die Wahrnehmung des Hausrechts und
seiner (sonstigen) berechtigten Interessen erforderlich. Entsprechend dem
allgemeinen Begriffsverständnis der Erforderlichkeit setzt dies voraus, dass
die Videoüberwachung für den jeweiligen Zweck geeignet ist und kein milderes
Mittel zur Verfügung steht, mit dem der Zweck ebenso wirksam erreicht werden
kann. Es ist allerdings nicht notwendig, die am besten geeignete Alternative zu
identifizieren. Von einer Geeignetheit ist bereits dann auszugehen, wenn die
Erreichung des maßgeblichen Zwecks sinnvoll gefördert wird.(OVG NRW, Urteil vom
8.5. 2009 – 16 A 3375/07 –, juris) Hierzu ist eine Videobeobachtung des Verkaufsraums
der Apotheke in der Lage, weil sie potenzielle Täter von der Begehung von
Diebstählen abschreckt. Es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung, dass die
Wahrscheinlichkeit, dass derartige Taten begangen werden, umso geringer ist, je
höher das Risiko ist, entdeckt und zur Verantwortung gezogen zu werden. Dieses
Risiko ist aber nach der Installation von Videokameras aus Sicht von
potentiellen Tätern größer geworden, denn sie können nicht wissen, wann sie von
der Kamera erfasst werden und nicht ausschließen, bei der Begehung eventueller
Verstöße von einem Mitarbeiter des Klägers am Bildschirm beobachtet zu werden.
Nicht ausschlaggebend ist es, dass seit der Installation der Kameras im Jahr
2008 den Angaben des Klägers zufolge weiterhin ein Warenschwund zu verzeichnen
war, der nicht aufgeklärt werden konnte, denn für die Geeignetheit kommt es
nicht darauf an, dass solche Vorfälle auch in Zukunft nicht gänzlich
unterbunden werden können. Dem Kläger zufolge konnte aber seit der
Inventurdifferenz im Jahre 2011 in der Folgezeit immerhin kein größerer
Warenschwund mehr festgestellt werden.
Mildere, gleich
wirksame Mittel zur Zweckerreichung sind nicht erkennbar. Der Einsatz von
Wachpersonal stellt keine Alternative dar, weil die dadurch entstehenden Kosten
für den Kläger wirtschaftlich nicht zumutbar sind. Die Überwachung des
Verkaufsraumes durch eigene Mitarbeiter des Klägers stellt keine gleich
geeignete Maßnahme dar, da diese – wovon sich das Gericht bei der
Ortsbesichtigung überzeugen konnte – überwiegend mit der Beratung und Bedienung
der Kunden beschäftigt und nicht in der Lage sind, den Verkaufsraum und die
sich dort aufhaltenden Personen permanent zu beobachten. Bei der
Ortsbesichtigung, die an einem Vormittag stattfand, bestand im Verkaufsraum
zeitweise ein großer Kundenandrang, bei dem der Verkaufsraum aus der
Perspektive der sich hinter dem Tresen aufhaltenden Angestellten nicht mehr
überblickt werden konnte.
Die Zulässigkeit der
Videoüberwachung für die von dem Kläger geltend gemachten Zwecke scheitert auch
nicht daran, dass gemäß § 6b Abs. 1 BDSG Anhaltspunkte bestehen, dass
schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Diese Frage ist
situations- und kontextbezogen zu untersuchen. Die Intensität des aus der
Überwachung resultierenden Grundrechtseingriffs darf nicht außer Verhältnis zu
dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe stehen. Das Gewicht des Eingriffs
wird maßgeblich durch Art und Umfang der erfassten Informationen, durch Anlass
und Umstände der Erhebung, den betroffenen Personenkreis, das Vorhandensein von
Ausweichmöglichkeiten und die Art und den Umfang der Verwertung der erhobenen
Daten bestimmt(OVG Lüneburg, Urteil vom 29.9. 2014 – 11 LC 114.13 – juris;
Becker in: Plath, BDSG/DSGVO, 2. Aufl. 2016, § 6b BDSG, Rdnr. 20; Onstein in Auernhammer,
aa0., § 6b Rdnr. 42 ff..). Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach der Wertung
des Gesetzgebers die Videoüberwachung und -speicherung auch durch
nicht-öffentliche Stellen im öffentlich zugänglichen Bereich zu den genannten –
hier gegebenen – Zwecken grundsätzlich zulässig ist und „lediglich“ unter dem
genannten Vorbehalt steht. (OVG Lüneburg, Urteil vom 29.9. 2014 – 11 LC 114.13
– juris)
Bei der Abwägung sind
alle in Frage stehenden (Grund-)Rechtspositionen in Betracht zu nehmen und zu
einem möglichst schonenden Ausgleich zu bringen. Dies sind das durch Art. 2
Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG sowie europa- und konventionsrechtlich (Art.
8 Abs. 1 EMRK, Art. 8 Abs. 1, 2 EU-GRCh) geschützte Recht der von den Kameras
erfassten Personen auf informationelle Selbstbestimmung und Schutz ihrer
personenbezogenen Daten, während sich der Kläger in erster Linie auf sein
Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 17 Abs. 1 EU-GRCh sowie Art. 1 Abs.
1 des ersten Zusatzprotokolls zur EMRK berufen kann, welches durch Entwendungen
von Ware beeinträchtigt würde und welches er durch die Überwachungsmaßnahme
präventiv schützen sowie im Diebstahlsfall den Verantwortlichen aufdecken
möchte.
Anhaltspunkte für ein
Überwiegen schutzwürdiger Interessen der Betroffenen liegen nicht vor. Die
Intensität des Eingriffs in die Rechte von erfassten Kunden ist im Einzelfall
nicht als hoch anzusehen. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der
Kläger die Kennzeichnungspflicht gemäß § 6b Abs. 2 BDSG beachtet und an der
Eingangstür seiner Apotheke auf die Videoüberwachung hinweist, diese also nicht
heimlich stattfindet. Die Transparenzpflicht des § 6b Abs. 2 BDSG soll dem
Betroffenen die Möglichkeit eröffnen, die Beobachtung im Voraus zu erkennen, um
sein Verhalten danach auszurichten und der Beobachtung gegebenenfalls
auszuweichen. Mit dem Besuch einer Apotheke ist eine „Ehrenrührigkeit“ oder
sonstige Eingriffstiefe grundsätzlich nicht verbunden. Ein schwerwiegender
Eingriff in ein Persönlichkeitsrecht liegt nicht vor, denn bei Besuchen
öffentlich zugänglicher Geschäfte ist (nur) eine Betroffenheit der Sozialsphäre
gegeben. Gesundheitsdaten, welche gemäß § 3 Abs. 9 BDSG zu den besondere Arten
personenbezogener Daten zählen, unterliegen zwar aufgrund besonderer Gefahren
für die schutzwürdigen Rechte und Interessen der Betroffenen, die durch
Diskriminierung und Bloßstellung drohen, speziellen Verarbeitungsschranken.
Bereits das Aufsuchen einer Apotheke, in der heutzutage außer Medikamenten auch
ein breites Sortiment an Kosmetika und sonstigen „Wellness“- oder
Convenient-Produkten angeboten wird, stellt aber kein Indiz für das Vorliegen
einer Erkrankung dar und bewirkt daher keine Bloßstellung. Lässt ein Kunde sich
ein Medikament übergeben und wird dieser Vorgang auf Video festgehalten, können
– auch wenn die Videoauflösung nicht dazu ausreichen dürfte, den Inhalt eines
Rezeptes oder den Aufdruck einer Medikamentenverpackung zu erkennen – zwar aus
der Videoaufzeichnung in bestimmten Fällen Rückschlüsse auf die Beschwerden
oder die Erkrankung gezogen werden. Insoweit dürfte es für den fachkundigen
Kläger – auf diesen ist insoweit auch abzustellen – möglich sein, bereits aus
der in den Videos festgehaltenen Größe, Form und Farbe einer
Medikamentenverpackung das jeweilige Präparat bzw. dessen Wirkstoff zu
identifizieren. Dies ist aber zwangsläufig Bestandteil seines Berufes; eine
derartige Sachkunde wird von einem Kunden, der eine Apotheke aufsucht, bei dem
Apotheker vorausgesetzt. Davon abgesehen zeigen die Videoaufnahmen zunächst
nur, was ein beliebiger Beobachter, also auch ein anderer Apothekenbesucher
ebenfalls sehen würde. Die nur theoretisch bestehende Möglichkeit,
aufgezeichnete Videos ohne ausreichenden Grund weiterzugeben oder im Internet
zu veröffentlichen, führt für sich genommen nicht zur Unzulässigkeit, da
andernfalls Videoaufzeichnungen, welche § 6b BDSG ausdrücklich erlaubt,
praktisch generell nicht mehr möglich wären. Der Eingriff in die Rechte der
Beschäftigten des Klägers ist allenfalls geringfügig. Diese halten sich zwar möglicherweise
zu einem Großteil ihrer Arbeitszeit im Verkaufsraum auf. Wie bereits
ausgeführt, werden die hinter dem Verkaufstresen Beschäftigten aber nicht von
den Kameras erfasst, sondern erst, wenn sie sich in den Besucherbereich
begeben, was allenfalls kurzzeitig der Fall ist. Insoweit liegt kein
permanenter, flächendeckender Überwachungsdruck vor, dem sich die Mitarbeiter
nicht entziehen könnten.
Nach § 6b Abs. 5 BDSG
sind die Daten unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks
nicht mehr erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen der Betroffenen
einer weiteren Speicherung entgegenstehen. Eine zeitliche Grenze ist im Gesetz
nicht bestimmt, „unverzüglich“ meint hier in entsprechender Anwendung von § 121
BGB ohne schuldhaftes Zögern, was der Kläger bei Inbetriebnahme der Videoanlage
zu beachten hat. In der Rechtsprechung ist eine Frist von bis zu zehn
Wochentagen noch als angemessen erachtet worden(OVG Lüneburg, Urteil vom
29.9.2014 – 11 LC 114/13 –, juris).
Im Ergebnis liegen die
Voraussetzungen des § 6b BDSG vor. Die Videoüberwachung im Verkaufsraum der
Apotheke steht im Einklang mit den datenschutzrechtlichen Bestimmungen. Die
Anordnung des Beklagten in Nr. 1 des Bescheides sowie die darauf bezogene
Zwangsgeldandrohung und -festsetzung (Nr. 3 der Anordnung) sind demnach
aufzuheben und das Urteil des Verwaltungsgerichts ist auf die Berufung des
Klägers entsprechend abzuändern.
2. Die Berufung des
Beklagten ist hingegen unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht
festgestellt, dass die in der angefochtenen Verfügung vom 30.7.2014 angeordnete
Einstellung der Videoüberwachung am Betäubungsmittelschrank während der
Öffnungszeiten der Apotheke (Anordnungsgegenstand Nr. 2) und die darauf
bezogene Zwangsgeldandrohung und -festsetzung (Nr. 3 der Anordnung)
rechtswidrig sind und den Kläger dadurch in seinen Rechten verletzen (§ 113
Abs. 1 S. 1 VwGO).
Der Betrieb der den
Betäubungsmittelschrank erfassenden Kamera und die insoweit vom Kläger
beabsichtigte Anfertigung von Videoaufzeichnungen finden ihre Grundlage in § 32
Abs. 1 S. 1 BDSG. Danach dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten für
Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt
werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses
oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung
oder Beendigung erforderlich ist. Im Falle der beabsichtigten Aufdeckung von
Straftaten bestimmt Satz 2, dass personenbezogene Daten eines Beschäftigten nur
dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden dürfen, wenn zu dokumentierende
tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im
Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung
oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse
des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung
nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht
unverhältnismäßig sind. Dabei regelt Satz 2 ausschließlich die Fälle von
Kontrollmaßnahmen, welche gegen konkret Verdächtigte stattfinden, wobei dies
regelmäßig bei einer heimlichen Beobachtung der Fall sein wird.(BAG, Urteil vom
29.6.2017 – 2 AZR 597/16 –, Rn. 27, juris; Gola/Schomerus/Klug/Körffer/Gola, 12.
Aufl. 2015, BDSG § 32 Rn. 40, 43) Besteht hingegen – wie vorliegend – kein
konkreter Tatverdacht gegen einen oder mehrere bestimmte Beschäftigte, sondern
handelt es sich um eine Präventionsmaßnahme, ist nicht § 32 Abs. 1 S. 2 BDSG,
sondern Satz 1 einschlägig.(vgl. Grimm, Überwachung im Arbeitsverhältnis; von
Befragung bis GPS-Ortung – wie viel Kontrolle ist erlaubt?, in juris-Die
Monatszeitschrift (jM) 2016, 17, 19)
Der von dem Kläger
verfolgte Überwachungszweck ist ein Fall der Durchführung von
Beschäftigungsverhältnissen. Für die Durchführung eines
Beschäftigungsverhältnisses kommen Maßnahmen zur Kontrolle, ob der Arbeitnehmer
den geschuldeten Pflichten nachkommt, in Betracht.(BAG, Urteil vom 29.6.2017 –
2 AZR 597/16 –, Rn. 26, juris; Gola/Schomerus/Körffer/Gola/Klug, 12. Aufl.
2015, BDSG § 32 Rn. 16; Pröpper, JurPC Web-Dok. 69/2011, Abs. 2) Dies umfasst
auch die Videoüberwachung. Der Kläger hält es zumindest für denkbar, dass der
Verlust von Waren auf strafbares Verhalten eines oder mehrerer Beschäftigter
zurückzuführen ist. Dafür besteht nicht nur angesichts der im Jahr 2011 und
damit über einen längeren Zeitraum abhanden gekommenen Waren von beträchtlichem
Wert sondern auch aktuell aufgrund der vom Kläger angezeigten Entwendung(vgl.
Bl. 216 und 247 der Gerichtsakte) von Amphetaminsulfat im Zeitraum vom 4.4.2017
bis zum 31.05.2017 zumindest ein Anfangsverdacht. Ein solches Verhalten eines
seiner Mitarbeiter würde – abgesehen von der Strafbarkeit wegen Diebstahls
gemäß § 242 Abs. 1 StGB – eine schwerwiegende Pflichtverletzung im
Arbeitsverhältnis im Sinne von § 241 Abs. 2 BGB darstellen und regelmäßig ohne
weiteres den Kläger zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen, insbesondere auch zur
Kündigung berechtigen.(BAG, Urteil vom 10.6.2010 – 2 AZR 541/09 –, BAGE 134,
349-367, Rn. 26; MüKoBGB/Henssler, 6. Aufl. 2012, BGB § 626 Rn. 185 ff.)
Die Überwachung des
Betäubungsmittelschranks mittels Videokamera ist auch erforderlich. Ein im
Vergleich zur Videoüberwachung gleich wirksames milderes Mittel ist nicht
ersichtlich und entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtes im
angefochtenen Urteil und des Beklagten insbesondere nicht darin zu sehen, dass
der Betäubungsmittelschrank nach jeder Benutzung verschlossen und der Zugang zu
den Betäubungsmitteln auf wenige Mitarbeiter beschränkt wird. Den Angaben des
Klägers bei der Ortsbesichtigung zufolge dürfen die beiden „Tresore“ inzwischen
ohnehin nur noch von den Apothekerinnen und Apothekern geöffnet werden. Auch
wenn, worauf die Vertreterin des Beklagten hingewiesen hat, über die Entnahme
Aufzeichnungen (Listen) geführt würden, wäre ein Zugriff auf die
Betäubungsmittel durch (ausgewählte) Beschäftigte des Klägers notwendig.
Darüberhinaus könnte nicht sichergestellt werden, dass tatsächlich auch in
jedem Einzelfall einer Entnahme dokumentiert wird, zumal dieser Vorgang einen
gewissen Aufwand erfordert und unter Umständen in der Hektik des
Alltagsgeschäfts vernachlässigt werden könnte.
Die Videoüberwachung
ist auch im Hinblick auf die Interessen der Beschäftigten des Klägers
verhältnismäßig. Diese Prüfung läuft im Anwendungsbereich des
Arbeitnehmerdatenschutzes auf eine Abwägung zwischen dem Interesse des
Arbeitgebers, Gefahren für seinen Betrieb – ggf. auch durch
„Abschreckung“ – zu vermeiden bzw. eventuelle Täter zu erkennen und
dem Persönlichkeitsschutz des Arbeitnehmers, der sich dem Überwachungsdruck
ausgesetzt sieht, hinaus.(Gola, Datenschutz bei der Kontrolle „mobiler“
Arbeitnehmer – Zulässigkeit und Transparenz, NZA 2007, 1139, 1140) Bei der
Abwägung der widerstreitenden Interessen ist auch zu berücksichtigen, dass
außer dem Recht der Beschäftigten des Klägers auf informationelle
Selbstbestimmung und Schutz ihrer personenbezogenen Daten sowie dessen
Eigentumsgarantie ein öffentliches Interesse daran besteht, dass die in dem
Schrank verwahrten und gemäß § 3 Abs. 1 BtMG erlaubnispflichtigen
Betäubungsmittel nicht unkontrolliert in Verkehr geraten oder sonst ein
leichtfertiger Umgang mit ihnen stattfindet.
Hinsichtlich des
Eingriffs in die Rechte der Beschäftigten auf informationelle Selbstbestimmung
ist zunächst zu sehen, dass – wovon sich der Senat bei der Ortsbesichtigung
überzeugen konnte – die hier in Rede stehende Kamera nur einen ganz eng
abgegrenzten Bereich der Apotheke erfasst. Ein dauerhafter Aufenthalt von
Beschäftigten ist dort nicht vorgesehen und wegen der räumlichen Enge auch
nicht möglich. Der Zugriff von den Mitarbeitern auf den Betäubungsmittelschrank
beschränkt sich auf die Fälle, in denen die speziellen, in dem Schrank
aufbewahrten Substanzen für Kunden benötigt werden, die eine entsprechende
ärztliche Verordnung vorweisen. Die Überwachung eines von Beschäftigten nur
gelegentlich betretenen (Sicherheits-) Bereichs stellt daher einen wesentlich
geringeren Eingriff in deren Persönlichkeitsrechte dar als eine
Dauerüberwachung des Arbeitsbereichs oder des gesamten
Betriebes(Gola/Schomerus/Körffer/Gola/Klug, 12. Aufl. 2015, BDSG § 32 Rn. 26;
Gola, NZA 2007, 1139, 1140.), was bereits aus der geringeren Dauer der
jeweiligen Erfassung einer Person folgt. Insoweit sind, auch wenn es sich dabei
nicht um einen öffentlich zugänglichen Bereich handelt, die Beschäftigten des
Klägers lediglich in ihrer Sozialsphäre betroffen. Auch ist zu sehen, dass die
Überwachung dieses Bereichs nicht heimlich und verdeckt erfolgt, sondern
ausweislich der vom Kläger vorgelegten Einwilligungserklärungen seiner
Belegschaft diese jedenfalls über die am Betäubungsmittelschrank befindliche
Kamera informiert ist. Eine Weitergabe der Aufnahmen ist grundsätzlich vom
Kläger nicht vorgesehen; diese sollen nach ihrer Speicherung gelöscht werden.
Zwar ist zu
berücksichtigen, dass dem Vortrag des Klägers zufolge die in der Vergangenheit
vorgekommenen Verluste von Waren nicht ausschließlich auf diejenigen
Medikamente, die im Betäubungsmittelschrank aufbewahrt werden, beschränkt
waren. Dennoch ist im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Vorfälle
ein erhöhtes Überwachungsinteresse des Klägers gerade an dieser Örtlichkeit
anzuerkennen. Angesichts der – im Vergleich zu freiverkäuflichen Waren –
beschränkten Verfügbarkeit und des Marktwertes der in dem Schrank aufbewahrten
Pharmazeutika kann durchaus von einem gesteigerten „Anreiz“ eines Diebstahls
ausgegangen werden, was aktuell die Entwendung von Amphetaminsulfat im Zeitraum
vom 4.4.2017 bis zum 31.05.2017, die der Kläger angezeigt hat, belegt.
Darüberhinaus kommt dem öffentlichen Interesse, dass angesichts ihrer
Gefährlichkeit erlaubnispflichtige Betäubungsmittel nicht in freien Verkehr
geraten(BVerfG, Beschluss vom 9.3.1994 – 2 BvL 43/92 –, BVerfGE 90, 145, Rn.
125 ff., juris), bei der Abwägung ein besonderes Gewicht zu, weswegen der
Kläger nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 BtMG gehalten ist, geeignete Räume, Einrichtungen
und Sicherungen für die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr vorzuhalten, wozu
auch technische Überwachungsmaßnahmen zählen(Körner/Patzak/Volkmer,
Betäubungsmittelgesetz, Kommentar, § 7 Rn. 7).
Dieses erhebliche
öffentliche Interesse überwiegt zusammen mit dem Interesse des Klägers am
Schutz seines Eigentums das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der sich
an dem Betäubungsmittelschrank aufhaltenden Personen, welches angesichts der
nur kurzzeitigen Dauer ihrer dortigen Aufenthalte und bestehenden Ausweichmöglichkeiten
in anderen Räumen der Apotheke vergleichsweise schwach beeinträchtigt ist, da
ein ständiger Überwachungsdruck nicht gegeben ist. Dies gilt nicht zuletzt auch
bei einer Abwägung ihrer Interessen mit den aufgrund der unberechtigten Weitergabe
von Betäubungsmitteln gefährdeten Rechtsgütern anderer.
Unabhängig davon ist
die Maßnahme auch auf der Grundlage der außerhalb von § 32 BDSG erforderlichen
schriftlichen Einwilligungen der Beschäftigten des Klägers nach § 4a BDSG
zulässig(Auch im Bereich des Beschäftigtendatenschutzes ist eine Datenerhebung,
-verarbeitung oder -nutzung auf der Grundlage einer freiwillig erteilten
Einwilligung des Beschäftigten nach § 4a weiterhin zulässig; vgl. Stamer/Kuhnke
in: Plath, BDSG/DSGVO, 2. Aufl. 2016, § 32 BDSG Rdnr. 12). Die von dem
Beklagten geltend gemachten Einwände hinsichtlich der Wirksamkeit der von dem
Kläger im gerichtlichen Verfahren nachgereichten
Einwilligungserklärungen(zuletzt in der mündlichen Verhandlung am 14.12.2017)
seiner Mitarbeiter überzeugen nicht.
Zunächst hat das
Verwaltungsgericht zutreffend und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichtes(Urteil vom 12.2.2015 – 6 AZR 845/13 -, Rdnr. 69 zu § 32
BDSG juris; sowie Urteile vom 11.12.2014 – 8 AZR 1010/13 – Rdnr. 32, und vom
19.2.2015 – 8 AZR 1011/13 – Rdnr. 30 zum Widerruf einer Einwilligung i.S.d. §
22 KunstUrhG, jeweils zitiert nach juris) seiner Entscheidung die rechtliche
Erwägung zu Grunde gelegt, dass eine Einwilligung in die Datenerhebung,
-verarbeitung und -nutzung gemäß § 4 a BDSG im Arbeitsverhältnis grundsätzlich
zulässig ist. Weder kann dem Gesetz selbst ein genereller Ausschluss der
Erteilung einer Einwilligung im Arbeitsverhältnis entnommen werden, noch
impliziert das strukturelle Machtungleichgewicht zwischen Arbeitnehmer und
Arbeitgeber per se, dass jede Einwilligung des Arbeitnehmers unfreiwillig wäre.
Das BAG(Urteil vom 11.12.2014 – 8 AZR 1010/13 – zitiert nach juris) hat
ausdrücklich klargestellt, dass sich ein Arbeitnehmer auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses
grundsätzlich „frei entscheiden“ könne, wie er sein Grundrecht auf
informationelle Selbstbestimmung ausüben wolle. Dieser Annahme stehe weder die
grundlegende Tatsache, dass Arbeitnehmer abhängig Beschäftigte sind, noch das
Weisungsrecht des Arbeitgebers, § 106 GewO, entgegen. Mit der Eingehung eines
Arbeitsverhältnisses und der Eingliederung in einen Betrieb würden sich die
Arbeitnehmer nicht ihrer Grund- und Persönlichkeitsrechte begeben. Die zu § 4a
BDSG formulierte Gegenauffassung(Simitis (Hrsg.), BDSG, 8. Auflage, 2014, § 4 a
Rdnr. 62) verkenne, dass schon nach § 32 BDSG Datenverarbeitung im
Arbeitsverhältnis möglich ist, unter den Voraussetzungen des § 32 BDSG sogar
einwilligungsfrei. Lässt sich demzufolge kein allgemeiner Grundsatz ableiten,
wonach die Freiwilligkeit der Einwilligung im Arbeitsverhältnis grundsätzlich
zu verneinen wäre, bedarf es einer Betrachtung und Abwägung der Umstände im
Einzelfall.
Ausgehend hiervon hat
das Verwaltungsgericht zu Recht keine hinreichenden Anhaltspunkte gesehen, die
die Freiwilligkeit der Abgabe der einzelnen Erklärungen ernsthaft in Frage
stellen. Soweit der Beklagte geltend macht, gegen die freiwillige Abgabe der
Einwilligung spreche das konkrete Interesse des Klägers an der mit der Überwachung
vorrangig bezweckten präventiven und repressiven Verhaltenskontrolle seiner
Angestellten, weswegen diese bei Verweigerung des Einverständnisses mit
arbeitsrechtlichen Nachteilen oder gar der Stigmatisierung als Tatverdächtige
rechnen müssten, überzeugt dies nicht. Dem ist entgegenzuhalten, dass ein mit
der Überwachung verfolgter legitimer Zweck der Verhütung und/oder Ahndung von
Straftaten nicht die Freiwilligkeit der Abgabe der Einwilligung im Hinblick auf
die Motivation des Arbeitnehmers, nicht als Tatverdächtiger verdächtigt zu
werden, in Frage stellen kann. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen,
dass die Videoüberwachung auch dem Sicherheitsinteresse der Mitarbeiter des
Klägers dient, wenn bspw. bei Wochenenddiensten den Kunden bzw. Patienten der
Zutritt in den Verkaufsraum der Apotheke ermöglicht ist. Im Hinblick auf die
von dem Beklagten angeführten arbeitsrechtlichen Benachteiligungen aufgrund
einer Verweigerung einer außerhalb von § 32 BDSG erforderlichen schriftlichen
Einwilligung ist darauf hinzuweisen, dass derartige Maßnahmen einen groben
Verstoß gegen die arbeitgeberseitigen Pflichten aus § 241 Abs. 2 und § 612a BGB
darstellen, der zum Schadensersatz nach den §§ 282, 280 Abs. 1 BGB verpflichten
würde. Eine Nebenpflicht des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis, der
Erhebung, Verarbeitung und Veröffentlichung seiner Daten – soweit erforderlich
– zuzustimmen, besteht nicht.(BAG, Urteil vom 11.12.2014 – 8 AZR 1010/13 -,
juris) Der Arbeitnehmer ist auch regelmäßig nicht dauerhaft an seine Einwilligung
gebunden. Er hat das Recht, diese mit dem Widerruf für die Zukunft rückgängig
zu machen.(Plath, in Plath a.a.O., § 4a Rdnr. 70)
Der Auffassung des
Beklagten, die Tiefe des mit der Überwachungsmaßnahme verbundenen Eingriffs in
das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen spreche gegen die Freiwilligkeit der
abgegebenen Erklärungen, kann anhand des Eindruckes, den das Gericht von den
Gegebenheiten vor Ort erlangt hat, nicht gefolgt werden. Durch die punktuelle
offene Videoüberwachung am Betäubungsmittelschrank wird – was bereits zuvor
dargelegt wurde und worauf Bezug genommen wird – nicht in schwerwiegender Weise
in das Persönlichkeitsrecht der Beschäftigten des Klägers eingegriffen, weil
für sie eine generelle Ausweichmöglichkeit in andere Räume der Apotheke
besteht, die nicht überwacht werden und sie daher keinem ständigen
Überwachungsdruck ausgesetzt sind. Die räumliche Enge im Bereich des
Betäubungsmittelschrankes erlaubt schon kein längeres Verweilen dort. Die
Annahme einer (nur) geringfügigen Eingriffstiefe beansprucht auch vor dem
Hintergrund Geltung, dass sich die Einwilligungserklärungen dem Wortlaut nach
auf die Aufstellung und Nutzung von fünf Kameras, mithin nicht nur auf den
Kameraeinsatz am Betäubungsmittelschrank, sondern auch auf den Verkaufsraum und
die Schleuse beziehen. Da der Erfassungsbereich der Kameras im Verkaufsraum –
wie bereits zuvor dargelegt – ausschließlich den Freiwahlbereich und die
Eingangstüren, nicht aber auch die Medikamentenabgabe am Tresen und die sich
vorrangig in diesem Bereich aufhaltenden Mitarbeiter des Klägers aufzeichnen,
ist die Eingriffsintensität der von der Einwilligung der Mitarbeiter
umfassenden Überwachungsmaßnahme nicht derart schwerwiegend, dass deren
Einwilligung mit der Rechtsordnung nicht vereinbar wäre. Dies gilt nicht
zuletzt bei einer Abwägung ihrer Interessen mit den aufgrund der unberechtigten
Weitergabe von Betäubungsmitteln gefährdeten Rechtsgütern.
Die einzelnen
datenschutzrechtlichen Einwilligungen der Mitarbeiter des Klägers genügen
entgegen der Ansicht der Beklagten zudem unter formellen und inhaltlichen
Gesichtspunkten den Anforderungen des § 4a Abs. 1 Satz 2 und 3 BDSG. Diese
Bestimmung sieht vor, dass der Betroffene in der Regel schriftlich auf den
vorhergesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung hinzuweisen ist.
Der Grad der Anforderungen an die Bestimmtheit und Vollständigkeit der
Erklärung ist dabei im Einzelfall abhängig von der Sensibilität der erhobenen
Daten und der Eingriffstiefe in die Rechte der Betroffenen. Daran gemessen
begegnet der Text der von den Mitarbeitern des Klägers jeweils abgegebenen
schriftlichen Erklärungen(vgl. Bl. 76 bis 93 der Gerichtsakte und die in der
mündlichen Verhandlung vorgelegten Erklärungen vom 1.9.2017) keinen
durchgreifenden Bedenken, denn dabei handelt es sich um eine aus einem
konkreten Anlass im Einzelfall von jedem Mitarbeiter des Klägers eingeholten
Einwilligung, die hinreichend bestimmt ist und erkennen lässt, dass diese über
den Grund, die Art und die Tragweite der Überwachungsmaßnahme informiert sind.
Außerdem wird zum Ausdruck gebracht, dass Standort und Ausrichtung der
Überwachungskameras bekannt ist und Einverständnis mit der kurzfristigen
Speicherung der Bildschirmaufnahme besteht. Die von dem Beklagten geäußerten
Zweifel an der Transparenz dieser Erklärung überzeugen nicht. Dass es sich
dabei lediglich um eine pauschale Erklärung, die von den Angestellten des
Klägers ohne Bezug auf einen konkreten Anlass und in Unkenntnis des Umfangs der
Maßnahme abgegeben worden war oder es sich gar um eine Blankoerklärung handelt,
ist nach Lage der Dinge nicht anzunehmen. Diese Annahme ist zudem angesichts
der tatsächlichen Gegebenheiten fernliegend, denn in der inhabergeführten
Apotheke des Klägers dürfte der überschaubaren Anzahl von Beschäftigten das
Aufstellen der Überwachungskameras und „der Streitstand mit der
Datenschutzbehörde“ in der Tat bekannt sein. Soweit der Beklagte beanstandet,
dass die Einwilligungserklärung keinen Hinweis auf die Folgen der Verweigerung
enthält, ist dem entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber die Belehrung darüber
als Ausnahmefall ansieht (vgl. § 4a Abs. 1 Satz 2 BDSG). Der Hinweis muss nur
erfolgen, wenn er nach den Umständen des Einzelfalls geboten ist oder vom
Einwilligenden verlangt wird.(Kramer in Auernhammer, a.a.O., § 4a Rdnr. 23)
Nach Ansicht von Plath(a.a.O.) ist es im Übrigen grundsätzlich ausreichend,
wenn im Einwilligungstext die Zwecke wie auch die weiteren Informationen
allgemeiner gefasst werden, wenn dies im Ergebnis der Verständlichkeit insgesamt
dient. Auch Simitis(in Simitis (Hrsg.), Bundesdatenschutzgesetz, 8. Aufl.,
2014, § 4a Rdnr. 80) räumt ein, dass der Forderung nach einer Erklärung, die
präzise auf die beabsichtigte Verarbeitung eingeht, sicherlich Grenzen gesetzt
seien. Bei aller Bedeutung, die das BDSG dem Einverständnis der Betroffenen
beimisst, müsse deshalb eine relative Unvollständigkeit in Kauf genommen
werden. Angesichts des Umstandes, dass die von dem Kläger beabsichtigte
Videoüberwachung nur geringfügig in das Persönlichkeitsrecht seiner Mitarbeiter
eingreift, genügen die vorliegenden Einwilligungserklärungen der Beschäftigten
des Klägers zur Überzeugung des Senats den Anforderungen des § 4a Abs. 1 BDSG.
Schließlich bestehen
auch keine Anhaltspunkte dafür, dass nicht alle Mitarbeiter eine
Einwilligungserklärung abgegeben haben. Der Kläger hat in der Ortsbesichtigung
auf Nachfrage der Vertreterin des Beklagten erklärt, die
Einwilligungserklärungen seiner Angestellten würden von einer seiner
Mitarbeiterinnen in einer Liste erfasst und bei Wechseln im Personalbestand von
neu hinzukommenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stets unterzeichnet. Im
Übrigen hat er zum Beleg dessen in der mündlichen Verhandlung zwei weitere
eigenhändig unterschriebene Erklärungen vom 1.9.2017 von neu eingestellten
Mitarbeiterinnen zu den Akten gereicht. Anlass, an diesen Angaben des Klägers
zu zweifeln, besteht zur Überzeugung des Senats nicht, zumal auch der Beklagte
den diesbezüglichen Ausführungen des Klägers nicht entgegengetreten ist.
Die Berufung des
Beklagten ist demnach zurückzuweisen.
II.
Die Entscheidung über
die Kosten beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO; diejenige über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gründe für die
Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Beschluss
Der Streitwert wird
gemäß den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2, 47 GKG auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Dieser Beschluss ist
unanfechtbar.

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