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LG Würzburg zur Zurverfügungstellung von Rohmessdaten

Das LG Würzburg hat mit Beschluss vom 02.01.2018, Az.
1 Qs 222/17
über die Unzulässigkeit eines Antrages auf Zurverfügungstellung
von Rohmessdaten entschieden.
Beantragt eine Verteidigerin beim Amtsgericht die bereits
vom Polizeiverwaltungsamt abgelehnte Zurverfügungstellung von Rohmessdaten, ist
dieser Antrag nach § 62 Abs.
2 Satz 3 OWiG
nicht statthaft und damit unzulässig.

Gründe:
Auf die Gründe des Beschlusses vom 27.11.2017 wird zur
Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. An der rechtlichen Würdigung wird
festgehalten.
Das Polizeiverwaltungsamt lehnte den Antrag der
Verteidigerin aus ihrem Schriftsatz vom 21.06.2017, ihr digitale Falldatensätze
der gesamten Messereihe inklusive unverschlüsselter Rohmessdaten (jeweilige
Einzelmesswerte mit Laufzeiten und Winkelangaben), Token-Dateien, Passwort,
Statistikdatei, Lebensakte bzw. Geräteakte sowie aktuelle Schulungsnachweise
des Mess- und Auswertepersonals zur Verfügung zu stellen, mit Schreiben vom
06:07.2017 ab.
Mit ihrem an das Amtsgericht Würzburg gerichteten Schriftsatz
vom 19.09.2017 beantragte die Verteidigerin ihr die o.g. Daten bzw. Unterlagen
zur Verfügung zu stellen bzw. durch die Verwaltungsbehörden herausgeben zu
lassen.          
Dies stellt zur Überzeugung der Kammer einen Antrag der
Verteidigerin auf eine gerichtliche Entscheidung über die Nichtherausgabe der
angeforderten Daten durch das Polizeiverwaltungsamt dar. Hierbei ist zu sehen,
dass die von der Verteidigung begehrten Daten nicht bei Gericht waren und daher
von diesem selbst nicht herausgegeben werden konnten. Wenn das Gericht nun –
wie von der Verteidigung beantragt – die Verwaltungsbehörde anweisen soll, die
Daten an sie trotz vorheriger Weigerung herauszugeben, stellt dies im Ergebnis
nichts anderes dar als eine gerichtliche Überprüfung der vorangegangenen
verwaltungsbehördlichen Verweigerung der Herausgabe der Daten.
Aus diesem Grunde ist der Beschluss des Amtsgerichts
Würzburg vom 20.09.2012 in dessen Ziffer 2 eine Entscheidung nach § 62 OWiG,
gegen die eine Beschwerde nach § 62 Abs. 2 Satz 3 OWiG nicht statthaft und aus
diesem Gründe unzulässig ist.       
        
Soweit die Verteidigung das sog. Meistbegünstigungsprinzip
mit der Begründung heranzieht, das Amtsgericht habe ihren Antrag vom 19.09.2017
unzutreffend als solchen nach § 62 OWiG aufgefasst, ist auch dies nicht
zielführend. Das Meistbegünstigungsprinzip kommt nur dann zur Anwendung, wenn
für den Rechtsmittelführer eine das einzulegende Rechtsmittel betreffende
Unsicherheit besteht, sofern diese auf einem Fehler oder einer Unklarheit der
anzufechtenden Entscheidung beruht (BGH NJW-RR 2003, 277 ff.). Dies ist
vorliegend nicht der Fall.

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Wenn die Richter beim OVG Lüneburg keine Fans des Dschungelcamps sind, dann ist die Dienstenthebung rechtens

Das OVG Lüneburg hat im Zusammenhang mit der Dienstenthebung
einer Lehrerin wegen Begleitung zu einer Fernsehshow  mit Beschluss vom 09.02.2018, Az.
3 ZD 10/17
entschieden, dass die vorläufige Dienstenthebung einer Lehrerin gerechtfertigt
ist, wenn die Lehrerin unentschuldigt vom Dienst fernbleibt, um ihre Tochter zu
einer Fernsehshow („Dschungelcamp“) ins Ausland zu begleiten.

Gründe:
I.            
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Antragsgegnerin gegen
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 7. Dezember 2017, mit dem
die von der Antragsgegnerin unter dem 10. Januar 2017 verfügte vorläufige
Dienstenthebung der Antragstellerin sowie die unter demselben Datum verfügte
Einbehaltung der Hälfte der Dienstbezüge der Antragstellerin ausgesetzt worden
ist.
Die am … geborene Antragstellerin steht im Statusamt einer
Studienrätin (Besoldungsgruppe A 13) im niedersächsischen Schuldienst. Sie war
im hier streitgegenständlichen Zeitraum in Vollzeit, d. h. mit einer
Regelstundenzahl von 23,5 Wochenstunden, tätig und am Gymnasium A-Stadt
eingesetzt, wo sie die Fächer Mathematik und Physik unterrichtete; in einem
Umfang von 5 Wochenstunden war sie an die Berufsbildenden Schulen A-Stadt
(teil-)abgeordnet. Die Antragstellerin ist die Mutter der am … geborenen C. A.,
die im Jahr … an der Fernsehsendung „Germany‘s Next Topmodel“ teilgenommen
hat.               
Am 29. Oktober 2015 sprach die Antragstellerin in Begleitung
ihrer Tochter C. beim Schulleiter des Gymnasiums A-Stadt vor und erkundigte
sich nach der Möglichkeit, im Januar 2016 für ca. drei Wochen Sonderurlaub zu
erhalten, um ihre Tochter in das sog. „Dschungelcamp“ (RTL-Sendung) nach
Australien zu begleiten. Beide erklärten, es sei für die Karriere von C.
wichtig, dass diese während ihres Australienaufenthaltes gut betreut würde. Der
Schulleiter des Gymnasiums A-Stadt wies die Antragstellerin auf ihre
Dienstverpflichtungen und Unterrichtsverantwortung hin; ein mehrwöchiges Fehlen
der Antragstellerin wäre für die betroffenen Schüler nachteilig und würde –
weil die Antragstellerin in Vollzeit beschäftigt sei – für die vertretenden
Kollegen erhebliche Mehrarbeit bedeuten.          
Mit Schreiben vom 2. November 2011 beantragte die
Antragstellerin bei der Antragsgegnerin ihre Freistellung ohne Bezüge für den
Zeitraum vom 11. Januar 2016 bis zum 27. Januar 2016. Zur Begründung führte sie
aus, ihre Tochter werde an der RTL-Sendung „Ich bin ein Star! Holt mich hier
‚raus!“ teilnehmen, die im genannten Zeitraum in Australien stattfinde. Es
sei vorgesehen, dass ein Familienmitglied während der Dreharbeiten als
Unterstützung fungiere; dies geschehe, weil ihre Tochter dort unter psychischem
und physischem Stress stehen werde und die Antragstellerin daher als emotionale
Stütze mitreisen sollte. Auf Anforderung der Antragsgegnerin füllte die
Antragstellerin einen entsprechenden Formularvordruck aus, auf dem der
Schulleiter des Gymnasiums A-Stadt unter dem 30. November 2015 dahingehend
Stellung nahm, dass dem Antrag dienstliche Belange entgegenstünden, weil der in
Rede stehende Zeitraum in der Schulzeit liege; er habe die Problematik mit der
Antragstellerin ausführlich und multiperspektivisch besprochen. Die
Antragstellerin unterschrieb den Formularvordruck am 1. Dezember 2015, worauf
der Schulleiter des Gymnasiums A-Stadt diesen an die Antragsgegnerin
weiterleitete. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2015 lehnte die Antragsgegnerin
den Sonderurlaubsantrag der Antragstellerin aus dienstlichen Gründen (hoher
Unterrichtsausfall; Zeugniskonferenzen) ab.               
Die Weihnachtsferien 2015/2016 in Niedersachsen begannen am
23. Dezember 2015 (Mittwoch) und endeten am 6. Januar 2016 (Mittwoch). Am 7.
Januar 2016, also dem ersten Schultag nach Ende der Ferien, meldete sich die
Antragstellerin krank und reichte eine von der Fachärztin für Allgemeinmedizin
D. aus E. ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 4. Januar 2016 ein,
die den Zeitraum vom 7. Januar 2016 bis zum 29. Januar 2016 umfasste. Am 7.
Januar 2016 sandte der Schulleiter des Gymnasiums A-Stadt eine E-Mail an die
Antragstellerin, welche diese am selben Tage beantwortete. Auf eine am 10.
Januar 2016, einem Sonntag, durch den Schulleiter des Gymnasiums A-Stadt auf
den Anrufbeantworter der Antragstellerin gesprochene Bitte um Rückruf
antwortete diese nicht, ebenso nicht auf eine E-Mail des Schulleiters vom 11.
Januar 2016 mit der an die Antragstellerin gerichteten Bitte, diese möge
Vertretungsaufgaben übersenden und eine von ihr korrigierte Klassenarbeit
nachkorrigieren.          
Am 12. Januar 2016 teilte der Schulleiter des Gymnasiums
A-Stadt der Antragsgegnerin mit, dass die Schule derzeit über keine
verlässliche Kommunikationsmöglichkeit mit der Antragstellerin verfüge. Eine im
Fernsehen ausgestrahlte Videobotschaft der Antragstellerin und ihrer Tochter in
Australien sei in der Schule bekannt geworden und habe bereits zu erheblicher
Empörung geführt. In der Schule, in der ein umfangreiches Vertretungskonzept
erstellt worden sei, habe man bisher angenommen, dass sich die Antragstellerin
krank zu Hause aufhalte.    
Mit Schreiben vom 20. Januar 2016 – zugestellt per
Postzustellungsurkunde am 22. Januar 2016 – hörte die Antragsgegnerin die
Antragstellerin zu ihrer Absicht an, den Verlust der Bezüge der Antragstellerin
für den Zeitraum festzustellen, in welchem sie schuldhaft dem Dienst
ferngeblieben sei. Zur Begründung wurde ausgeführt, mit der Vorlage des
privatärztlichen Attestes der Frau F. vom 4. Januar 2016 sei kein hinreichender
Nachweis dafür erbracht, dass die Antragstellerin dem Dienst tatsächlich wegen
einer Erkrankung ferngeblieben sei. Nach öffentlich zugänglichen Informationen
des Fernsehsenders RTL habe die Antragstellerin ihre Tochter wie geplant nach
Australien begleitet und sich dort guter Gesundheit erfreut. Es müsse daher
davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin sich das ärztliche Attest
nur habe ausstellen lassen, um so ihren ursprünglichen Plan realisieren zu
können. Unter dem 25. Januar 2016 meldete sich der seinerzeitige
Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin zur Akte und nahm für sie unter
dem 11. Februar 2016 dahingehend Stellung, dass die Antragstellerin am 4.
Januar 2016 noch einen weiteren Arzt, nämlich Herrn G. aus A-Stadt, aufgesucht
habe, der bei der Antragstellerin ebenfalls eine Erkrankung diagnostiziert
habe. Diese Erkrankung stehe weder in Zusammenhang mit dem Antrag auf Gewährung
von Sonderurlaub noch im Zusammenhang mit der Ablehnung desselben. Der Vorwurf,
die Antragstellerin habe die nicht gewährte Dienstbefreiung durch die Vorlage
eines unrichtigen ärztlichen Attestes kompensieren wollen, werde entschieden
zurückgewiesen. Was die Reise nach Australien betreffe, so sei die
Antragstellerin nicht verpflichtet gewesen, für die Dauer ihrer
Dienstunfähigkeit am Wohnort zu verbleiben. Die Reise habe sich auch positiv
auf die Genesung der Antragstellerin ausgewirkt, denn diese sei genesen und
unterrichte seit dem 1. Februar 2016 wieder. Die Überlegung, die Reise
anzutreten, habe sie spontan nach der festgestellten Dienstunfähigkeit
getroffen.      
Unter dem 19. Februar 2016 verbot die Antragsgegnerin der
Antragstellerin mit Verweis auf § 39 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) und
unter Anordnung der sofortigen Vollziehung das Führen der Dienstgeschäfte. Der
Schulfrieden sei bereits nach Bekanntwerden der Reise der Antragstellerin nach
Australien außerordentlich bedroht gewesen. Nach Wiederaufnahme des Dienstes
der Antragstellerin am 1. Februar 2016 habe diese gegenüber dem Schulleiter ein
Schuldbewusstsein nicht gezeigt; die Stimmung in der Schule sei immer noch
aufgewühlt, zumal sich der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin in der
Öffentlichkeit zum Sachstand äußere. Eine weitere Unterrichtstätigkeit der
Antragstellerin könne derzeit nicht länger hingenommen werden; es sei geboten,
ihr bis zur Klärung der Vorwürfe die Führung der Dienstgeschäfte zu verbieten.
Diese Verfügung ist bestandskräftig geworden.               
Ebenfalls unter dem 19. Februar 2016 hatte die
Antragsgegnerin ein Disziplinarverfahren gegen die Antragstellerin eingeleitet
und ihr dies mit Schreiben vom selben Tage mitgeteilt. Zur Begründung hatte sie
ausgeführt, es bestehe der Verdacht, dass die Antragstellerin ungeachtet der
ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeit dem Dienst unentschuldigt
ferngeblieben sei (§ 67 Abs. 1 des Niedersächsischen Beamtengesetzes – NBG -);
jedenfalls aber wäre die Antragstellerin ihrer Pflicht nach § 67 Abs. 2 Satz 3
NBG nicht nachgekommen, im Falle des Wunsches, während einer Krankheit den Wohnort
zu verlassen, dies vorher anzuzeigen und den Aufenthaltsort anzugeben.    
Nach entsprechender Schweigepflichtsentbindungserklärung
durch die Antragstellerin nahm Frau D. mit Schreiben vom 26. Februar 2016 zur
ärztlichen Konsultation durch die Antragstellerin am Nachmittag des 4. Januar
2016 Stellung. Die Antragstellerin habe sie zuvor lediglich einmal, nämlich im
Jahr 2000, aufgesucht. Am Nachmittag des 4. Januar 2016 habe sich die
Antragstellerin mit Thoraxschmerz, subjektiver Luftnot und innerer Unruhe
vorgestellt; weiterhin habe die Antragstellerin über starke Kopf- und
Rückenschmerzen geklagt. Sie habe angegeben, sich vom Schulalltag in den
letzten Wochen, insbesondere vor dem Hintergrund der anstehenden
Halbjahreszeugnisse, völlig überfordert zu fühlen. Über eine geplante Reise
nach Australien habe die Antragstellerin nicht gesprochen. Das EKG und die
körperliche Untersuchung seien ohne pathologischen Befund gewesen. Die
Antragstellerin habe ihre Symptomatik so überzeugend geschildert, dass die
Ärztin bei der gestellten Diagnose eines schweren psychischen
Erschöpfungszustandes von einer mehrwöchigen Arbeitsunfähigkeit ausgegangen
sei. Sie habe eine antidepressive medikamentöse Therapie rezeptiert und eine
wöchentliche Kontrolle sowie eine kurzfristige Vorstellung der Antragstellerin
beim Nervenarzt empfohlen. 
Unter dem 22. April 2016 teilte die Antragsgegnerin der
Antragstellerin mit, dass sie das Disziplinarverfahren gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3
des Niedersächsischen Disziplinargesetzes (NDiszG) bis zum Abschluss des gegen
die Antragstellerin geführten Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltshaft
B-Stadt zum Aktenzeichen … einstweilen aussetze.  
Auf eine Bitte des Niedersächsischen Kultusministeriums
ordnete die Antragsgegnerin die Antragstellerin mit Verfügung vom 19. Oktober
2016 mit sofortiger Wirkung und vorläufig befristet bis zum 31. Januar 2017 vom
Gymnasium A-Stadt an die Oberschule H. ab; gleichzeitig trete das Verbot der
Führung der Dienstgeschäfte vom 19. Februar 2016 für die Dauer der Abordnung
außer Kraft. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, dass die Frage,
wann und mit welcher Zielrichtung das gegen die Antragstellerin geführte
Disziplinarverfahren fortgesetzt werden könne, auch davon abhänge, wann und mit
welchem Ergebnis das strafrechtliche Ermittlungsverfahren zum Abschluss
gebracht werde; dies sei derzeit nicht absehbar. Die Gründe für das
bestandskräftige Verbot der Führung der Dienstgeschäfte lägen zwar weiterhin
vor; vor dem Hintergrund der aktuellen Unterrichtsversorgung an den Oberschulen
sei es aber notwendig, die Antragstellerin, die ein Fach des besonderen Bedarfs
(Physik) vertrete, an dieser Schulform einzusetzen.      
Am 24. Oktober 2016 nahm die Antragstellerin ihren Dienst an
der Oberschule H. auf. Am 14. November 2016 erhob sie bei dem
Verwaltungsgericht Lüneburg Klage gegen die – kraft Gesetzes sofort
vollziehbare – Abordnungsverfügung (8 A 332/16) und suchte dort zudem um die
Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach (8 B 54/16).        
Am 23. November 2016 erließ das Amtsgericht A-Stadt
Strafbefehl gegen die Antragstellerin wegen des Gebrauchs eines unrichtigen
Gesundheitszeugnisses (§ 279 des Strafgesetzbuches – StGB -) und verhängte eine
Geldstrafe in Höhe von 100 Tagessätzen zu je 70,00 EUR. Gegen diese
Entscheidung legte die Antragstellerin Einspruch ein.           
Mit Schreiben vom 2. Dezember 2016 setzte die
Antragsgegnerin das ausgesetzte Disziplinarverfahren gegen die Antragstellerin
fort und hörte diese gleichzeitig zu ihrer Absicht an, sie gemäß § 38 Abs. 1
Nr. 1 NDiszG vorläufig des Dienstes zu entheben und gemäß § 38 Abs. 2 NDiszG
Teile ihrer Dienstbezüge einzubehalten. Die Antragstellerin nahm zu der
Anhörung durch ihren seinerzeitigen Verfahrensbevollmächtigten dahingehend
Stellung, dass der Strafbefehl nicht rechtskräftig sei; darüber hinaus sei
selbst dann, wenn der Tatvorwurf zuträfe, keineswegs auf eine Entfernung der
Antragstellerin aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen. Von einem endgültigen
Vertrauensverlust könne nicht ausgegangen werden, zumal durch die von der
Antragsgegnerin verfügte Abordnung der Antragstellerin an die Oberschule H.
gerade wieder Vertrauen aufgebaut werde.              
Mit streitgegenständlicher Verfügung vom 10. Januar 2017
enthob die Antragsgegnerin die Antragstellerin unter Verweis auf § 38 Abs. 1
Nr. 1 NDiszG vorläufig des Dienstes. Es sei überwiegend wahrscheinlich, dass im
Disziplinarklageverfahren auf Entfernung der Antragstellerin aus dem
Beamtenverhältnis erkannt werde. Im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren
hätten sich hinreichende Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Antragstellerin
die Ausstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 4. Januar 2016 der Ärztin
D. durch wahrheitswidrige Angaben über ihren Gesundheitszustand erwirkt und
sich damit gemäß § 279 StGB wegen des Gebrauchs eines unrichtigen
Gesundheitszeugnisses strafbar gemacht habe. Sie sei damit im Zeitraum vom 7.
Januar 2016 bis zum 29. Januar 2016 dem Dienst schuldhaft ferngeblieben.
Erschwerend komme hinzu, dass die Antragstellerin während dieser Zeit
öffentlichkeitswirksam eine Reise nach Australien unternommen habe, um ihre
Tochter bei der Teilnahme der RTL-Fernsehsendung „Dschungelcamp“ zu unterstützen.
Da der von der Antragstellerin für den Monat Januar 2016 zunächst beantragte
Sonderurlaub aufgrund dienstlicher Belange abgelehnt worden sei, lasse ihr
Verhalten nur den Schluss zu, dass das Erwirken des unrichtigen
Gesundheitszeugnisses allein dem Zweck gedient habe, die Reise nach Australien
dennoch unternehmen zu können. Die Antragstellerin habe durch ihr Verhalten ein
schweres Dienstvergehen begangen und das Vertrauen, das der Dienstherr in die
Zuverlässigkeit und (moralische) Integrität seiner Lehrer setze, von Grund auf
erschüttert. Das Verhalten der Antragstellerin zeuge von einer Persönlichkeit,
die eigene Belange in aller Öffentlichkeit ohne Rücksicht auf die achtungs- und
vertrauensschädigende Wirkung in den Vordergrund stelle. Einer bundes-, wenn
nicht sogar weltweiten, Öffentlichkeit sei vor Augen geführt worden, dass es
möglich sei, während der Unterrichtszeit ohne Genehmigung dem Dienst
fernzubleiben, wodurch dem Ansehen des Dienstherrn sowie der gesamten
Lehrerschaft ein schwerer, nicht hinnehmbarer Schaden entstanden sei. Das
Verhalten der Antragstellerin und die hieraus ersichtlichen
Persönlichkeitsdefizite führten dazu, dass sie derzeit als zur Ausübung des
Erziehungsauftrages im Sinne des Niedersächsischen Schulgesetzes ungeeignet
erscheine. Das individuelle Interesse der Antragstellerin auf Fortsetzung ihrer
Tätigkeit habe demgegenüber zurückzustehen. Entgegen der Auffassung der
Antragstellerin ergebe sich auch aus ihrer zwischenzeitlichen Abordnung an die
Oberschule H. nichts Anderes. Denn diese sei zu einem Zeitpunkt verfügt worden,
als die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft B-Stadt noch nicht abgeschlossen
gewesen seien; umfassende Kenntnis von den Ermittlungsergebnissen habe die
Antragsgegnerin erst durch die Übermittlung des Antrags der Staatsanwaltschaft
B-Stadt auf Erlass eines Strafbefehls am 11. November 2016 erhalten.       
Mit weiterer – ebenfalls streitgegenständlicher – Verfügung
vom 10. Januar 2017 ordnete die Antragstellerin unter Verweis auf § 38 Abs. 2
NDiszG die Einbehaltung von 50 Prozent der Dienstbezüge der Antragstellerin an
und nahm zur Begründung auf ihre Ausführungen zur vorläufigen Dienstenthebung
Bezug.           
Nachdem die Antragstellerin und die Antragsgegnerin das
gegen die Abordnung an die Oberschule H. gerichtete Klageverfahren (8 A 322/16)
sowie das betreffende Eilverfahren (8 B 54/16) übereinstimmend für erledigt
erklärt hatten, wurden diese Verfahren mit Beschlüssen des Verwaltungsgerichts
Lüneburg vom 27. Januar 2017 eingestellt.              
Am 28. Februar 2017 hat die Antragstellerin bei dem
Verwaltungsgericht Lüneburg die Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung
sowie die Aussetzung der Einbehaltung von 50 Prozent ihrer Dienstbezüge
beantragt.         
Mit Urteil vom 30. März 2017 hat das Amtsgericht A-Stadt …
die Antragstellerin wegen des Gebrauchs unrichtiger Gesundheitszeugnisse für
schuldig angesehen und sie zu einer Geldstrafe von 140 Tagessätzen zu jeweils
70,00 EUR verurteilt. Gegen diese Entscheidung hat die Antragstellerin Berufung
eingelegt, über die das Landgericht B-Stadt … noch nicht entschieden hat. Die
am 24. Oktober 2017 beim Verwaltungsgericht Lüneburg erhobene Disziplinarklage
der Antragsgegnerin mit dem Ziel, die Antragstellerin aus dem Beamtenverhältnis
zu entfernen (10 A 6/17) ist ebenfalls noch nicht entschieden; insoweit ist
Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 28. Juni 2018 bestimmt. 
Den streitgegenständlichen Aussetzungsanträgen der
Antragstellerin hat das Verwaltungsgericht Lüneburg mit Beschluss vom 7.
Dezember 2017 stattgegeben und die entsprechenden Verfügungen der
Antragsgegnerin vom 10. Januar 2017 (vorläufige Dienstenthebung der
Antragstellerin sowie Einbehaltung der Hälfte ihrer Dienstbezüge) ausgesetzt.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde,
der die Antragstellerin entgegentritt.     
II.           
Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg. Dies führt zu
einer Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne der Ablehnung der
gestellten Aussetzungsanträge. Die Antragstellerin ist damit vorläufig des
Dienstes enthoben und 50 Prozent ihrer monatlichen Dienstbezüge sind
einzubehalten.
1. Nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 NDiszG kann die für die Erhebung
der Disziplinarklage zuständige Behörde einen Beamten gleichzeitig mit oder
nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes entheben,
wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem
Beamtenverhältnis erkannt werden wird; nach § 38 Abs. 2 NDiszG kann
gleichzeitig mit oder nach der vorläufigen Dienstenthebung gemäß § 38 Abs. 1
Nr. 1 NDiszG – also wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung
aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird – angeordnet werden, dass bis zu
50 Prozent der monatlichen Dienstbezüge des Beamten einbehalten werden. Diese
Anordnungen sind gemäß § 58 Abs. 2 NDiszG auf Antrag des Beamten auszusetzen,
wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen.         
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen
Dienstenthebung im Sinne des § 58 Abs. 2 NDiszG liegen vor, wenn die
Wahrscheinlichkeit, dass die Voraussetzungen der Anordnung nach § 38 Abs. 1 Nr.
1 NDiszG erfüllt sind, (mindestens) ebenso groß ist wie die Wahrscheinlichkeit,
dass die Voraussetzungen nicht erfüllt sind (vgl. zum Bundes- und Landesrecht
auch Nds. OVG, Beschluss vom 13.5.2005 – 3 ZD 1/05 -, juris Rn. 4; Beschluss
vom 17.3.2006 – 19 MD 8/06 -; Beschluss vom 12.2.2008 – 20 ZD 11/07 -;
Beschluss vom 16.6.2016 – 6 ZD 1/16 -; Beschluss vom 13.3.2017 – 6 ZD 1/17 -; Beschluss
vom 10.1.2018 – 3 ZD 7/17 -; Beschluss vom 11.1.2018 – 6 ZD 3/17 -, juris Rn.
4; Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Stand: April 2016, Band 2, §
63 Rn. 11). Demnach sind ernstliche Zweifel im Sinne des § 58 Abs. 2 NDiszG
bereits dann gegeben, wenn offen ist, ob die Anordnung nach § 38 Abs. 1 Nr. 1
NDiszG rechtmäßig oder rechtswidrig ist (zum Bundes- und Landesrecht: Bay. VGH,
Beschluss vom 13.11.2008 – 16b DS 08.704 -, juris Rn. 28; Beschluss vom
11.4.2012 – 16b DC 11.985 -, juris Rn. 24; Nds. OVG, Beschluss vom 10.1.2018 –
3 ZD 7/17 -; Beschluss vom 11.1.2018, a. a. O., Rn. 4; Herrmann/Sandkuhl,
Beamtendisziplinarrecht, Beamtenstrafrecht, 2014, Rn. 981), wobei die Sach- und
Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich ist (zum
Bundes- und Landesrecht: BVerwG, Beschluss vom 22.7.2002 – BVerwG 2 WDB 1.02 -,
juris Rn. 5; Bay. VGH, Beschluss vom 13.11.2008, a. a. O., Rn. 28; Nds. OVG,
Beschluss vom 10.1.2018 – 3 ZD 7/17 -; Beschluss vom 11.1.2018, a. a O., Rn.
4).  
Diesem Maßstab wird der vom Verwaltungsgericht verwendete
Obersatz (Beschlussabdruck -BA -, S. 11) – ernstliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung und der Einbehaltung von Bezügen
lägen (nur dann) vor, wenn die Wahrscheinlichkeit des Nichtvorliegens der
Voraussetzungen dieser Anordnung größer sei als die Wahrscheinlichkeit, dass
die Voraussetzungen erfüllt seien (Hervorhebung durch den Senat) – nicht
(vollständig) gerecht (so auch – zum Bundesrecht – Nds. OVG, Beschluss vom
11.1.2018, a. a. O., Rn. 5). Denn danach wären ernstliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung erst bei einer überwiegenden
Wahrscheinlichkeit (= 51 Prozent) des Verbleibs des Beamten im
Beamtenverhältnis gegeben, nicht aber schon bei offenem Verfahrensausgang (50
Prozent zu 50 Prozent). Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der
vorläufigen Dienstenthebung sind also zu bejahen, wenn der Verfahrensausgang
offen ist oder wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Verbleib des
Betreffenden im Beamtenverhältnis besteht. Oder anders ausgedrückt: nur dann,
wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit (= mindestens 51 Prozent) für den
Ausspruch der Höchstmaßnahme besteht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3.7.2001 –
BVerwG 1 DB 17.01 -, juris Rn. 20; Beschluss vom 24.10.2006 – 1 DB 6.06 -,
juris Rn. 16; Bay. VGH, Beschluss vom 11.4.2012, a. a. O., Rn. 24), sind
ernstliche Richtigkeitszweifel zu verneinen und der Aussetzungsantrag
abzulehnen (so für das Bundesrecht: Nds. OVG, Beschluss vom 11.1.2018, a. a.
O., Rn. 5 bis 8).           
In tatbestandlicher Hinsicht ist für die Rechtmäßigkeit
einer Anordnung nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 NDiszG erforderlich, dass im
Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis
erkannt werden wird. Der Begriff „voraussichtlich“ in § 38 Abs. 1 Nr. 1
NDiszG bedeutet, dass nur eine summarische Prüfung des zurzeit bekannten
Sachverhalts geboten ist. Das Gericht muss nicht die Überzeugung gewinnen, dass
der Beamte nach dem Abschluss des Disziplinarverfahrens mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden wird.
Vielmehr muss aufgrund der gebotenen summarischen Prüfung des dem Beamten
vorgeworfenen Sachverhalts (lediglich) überwiegend wahrscheinlich sein, dass gegen
ihn die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme verhängt wird (Nds. OVG, Beschluss
vom 11.1.2018, a. a. O., Rn. 9; Hummel/Köhler/Mayer, BDG, 5. Auflage 2012, § 38
Rn. 3); die Höchstmaßnahme muss also nach der gebotenen überschlägigen Prüfung
des Sachverhalts wahrscheinlicher sein als eine unterhalb der Höchstmaßnahme
liegende Disziplinierung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.12.1987 – BVerwG 1 DB
27.87 -, juris Rn.14; Beschluss vom 28.2.2000 – BVerwG 1 DB 26.99 -, juris Rn.
6). Hält sich hingegen die Wahrscheinlichkeit der Dienstenthebung mit
derjenigen des Verbleibes im Beamtenverhältnis die Waage, so ist die Anordnung
unzulässig (zum Bundes- und Landesrecht: BVerwG, Beschluss vom 18.12.1987, a.
a. O., Rn. 18; Nds. OVG, Beschluss vom 10.1.2018 – 3 ZD 7/17 -; Beschluss vom
11.1.2018, a. a. O., Rn. 9).            
Ferner ergeht die Entscheidung über die vorläufige
Dienstenthebung gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 1 NDiszG nach pflichtgemäßem Ermessen.
Das entsprechende Ermessen des Dienstherrn ist weit. Ist die von der Norm vorausgesetzte
Prognose sachlich gerechtfertigt, werden weitere Ermessenserwägungen regelmäßig
nicht indiziert sein. Nur ausnahmsweise ist bei Vorliegen der Voraussetzungen
des § 38 Abs. 1 Nr. 1 NDiszG eine intensivere Ermessensprüfung geboten (zum
Bundes- und Landesrecht: Nds. OVG, Beschluss vom 10.1.2018 – 3 ZD 7/17 -;
Beschluss vom 11.1.2018, a. a. O., Rn. 10; Gansen, a. a. O., § 38 BDG Rn. 14).    
2. Der Sache nach in Anwendung dieser Grundsätze hat das
Verwaltungsgericht festgestellt, dass die von der Antragsgegnerin unter dem 10.
Januar 2017 verfügten Anordnungen der vorläufigen Dienstenthebung der
Antragstellerin sowie der Einbehaltung von 50 Prozent ihrer Dienstbezüge
ernstlichen Zweifeln begegneten, weil zwar davon ausgegangen werden könne, dass
der Antragstellerin ein Dienstvergehen vorzuwerfen sei; es könne derzeit aber
nicht davon ausgegangen werden, dass im Disziplinarverfahren die Entfernung der
Antragstellerin aus dem Beamtenverhältnis (§ 11 NDiszG) wahrscheinlicher sei
als eine unterhalb der disziplinarischen Höchstmaßnahme liegende
Disziplinierung.               
Das hiergegen gerichtete Beschwerdevorbringen der
Antragsgegnerin führt zu einer Änderung der angegriffenen Entscheidung im
tenorierten Sinne.      
a) Das Verwaltungsgericht (BA, S. 12 bis 17) hat zunächst
unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Amtsgerichts A-Stadt in dessen Urteil
vom 30. März 2017 festgestellt, dass der Antragstellerin voraussichtlich ein
Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG vorzuwerfen sei, weil die
Antragstellerin jedenfalls im Zeitraum vom 12. bis zum 29. Januar 2016 nicht im
Sinne des § 67 Abs. 1 NBG „wegen Krankheit“ gehindert gewesen sei, ihre
Dienstpflichten zu erfüllen; aufgrund der Kenntnis der Antragstellerin darüber,
dass jedenfalls im Zeitraum vom 12. bis zum 29. Januar 2016 eine Erkrankung im
Sinne einer schweren depressiven Erschöpfung, welche eine Krankschreibung von
drei Wochen gerechtfertigt hätte, entgegen der von ihr – durch wahrheitswidrige
Angaben im Sinne einer übertriebenen Darstellung – erwirkten und dem
Dienstherrn vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Frau D. vom 4.
Januar 2016 tatsächlich nicht vorgelegen habe, sei die Antragstellerin
schuldhaft dem Dienst ferngeblieben. In Bezug auf den Zeitraum vom 7. bis zum 11.
Januar 2016 habe die Antragstellerin zudem – so das Verwaltungsgericht weiter –
durch den Umstand, dass sie am 8. Januar 2016 ihren Wohnort verlassen und nach
Australien geflogen sei, ohne dies dem Dienstherrn vorher anzuzeigen und diesem
ihren Aufenthaltsort anzugeben, auch ihre Pflicht aus § 67 Abs. 2 Satz 3 NBG
verletzt.      
Soweit die Vorinstanz in Auswertung des amtsgerichtlichen
Urteils zugunsten der Antragstellerin davon ausgegangen ist, dass im Zeitraum
vom 7. bis zum 11. Januar 2016 – also während derjenigen Zeitspanne, die von
der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des G. vom 4. Januar 2016 umfasst war (4.
bis 11. Januar 2016) – tatsächlich eine krankheitsbedingte Dienstunfähigkeit
der Antragstellerin vorgelegen habe (BA, S. 16f.), ist die Antragsgegnerin
dieser Einschätzung in ihrer Beschwerde nicht entgegengetreten. Da die
Antragstellerin die unter Ziffer II. 1. des verwaltungsgerichtlichen
Beschlusses getroffenen Feststellungen zum voraussichtlichen Vorliegen eines
Dienstvergehens im Beschwerdeverfahren ebenfalls ausdrücklich nicht angreift
(Beschwerdeerwiderung – BE -, S. 1f. (Bl. 181f./Gerichtsakte – GA -)), geht der
Senat für das vorliegende Beschwerdeverfahren davon aus, dass die
Antragstellerin ein Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG
begangen hat, indem sie (jedenfalls) im Zeitraum vom 12. bis zum 29. Januar
2016 dem Dienst ohne Vorliegen einer Erkrankung ferngeblieben ist, um ihre
Tochter nach Australien zu begleiten. Ungeachtet dessen hält auch der Senat die
Ausführung des Amtsgerichts A-Stadt in dessen Urteil vom 30. März 2017 für
überzeugend und geht deshalb auch nach eigener Würdigung der derzeit bekannten
Umstände davon aus, dass die Antragstellerin dem Dienst unentschuldigt
ferngeblieben ist, weil (jedenfalls) im Zeitraum vom 12. bis zum 29. Januar
2016 eine Erkrankung, die eine Krankschreibung gerechtfertigt hätte, nicht
vorgelegen hat.         
b) Dies zugrunde gelegt halten allerdings die weiteren
Ausführungen der Vorinstanz der beschwerdegerichtlichen Überprüfung nicht
stand. Der Senat sieht es vielmehr – ebenso wie die Antragsgegnerin – nach
derzeitigem Sachstand als überwiegend wahrscheinlich an, dass die
Antragstellerin im Rahmen des Disziplinarklageverfahrens aus dem
Beamtenverhältnis entfernt werden wird.        
aa) Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen ist,
richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens (§ 14 Abs. 1 Satz 2 NDiszG)
unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten (§ 14
Abs. 1 Satz 3 NDiszG) und des Umfangs, in dem der Beamte das Vertrauen des
Dienstherrn oder der Allgemeinheit beschädigt hat (§ 14 Abs. 1 Satz 4 NDiszG).
Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass diese
drei Bemessungskriterien – Schwere des Dienstvergehens, Persönlichkeitsbild,
Vertrauensbeeinträchtigung – mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht
ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Dieses Erfordernis beruht
letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Danach muss die gegen den Beamten
ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller be- und
entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere
des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, Urteil vom
20.10.2005 – BVerwG 2 C 12.04 -, juris Rn. 22).
Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung ist das Kriterium der
Schwere des Dienstvergehens. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des
Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung
abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale
(insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z. B. Kern-
oder Nebenpflichtverletzung, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z. B.
Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive
Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten,
Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens
für den dienstlichen Bereich und für Dritte, z. B. materieller Schaden (vgl.
BVerwG, Urteil vom 20.10.2005, a. a. O., Rn. 24; Urteil vom 11.1.2007 – BVerwG
1 D 16.05 -, juris Rn. 55; Urteil vom 3.5.2007 – BVerwG 2 C 9.06 -, juris Rn.
13; Urteil vom 7.2.2008 – BVerwG 1 D 4.07 -, juris Rn. 14). Die angemessene
Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten (§ 14 Abs. 1 Satz 3
NDiszG) bedeutet, dass es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme auch auf
die persönlichen Verhältnisse und das sonstige dienstliche Verhalten des
Beamten vor, bei und nach dem Dienstvergehen ankommt, insbesondere soweit es
mit seinem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild übereinstimmt oder etwa als
persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen
Ausnahmesituation davon abweicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.10.2005, a. a. O.,
Rn. 25; Urteil vom 3.5.2007 – BVerwG 2 C 9.06 -, juris Rn. 14). Die
prognostische Frage nach dem Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des
Dienstherrn und der Allgemeinheit (§ 14 Abs. 1 Satz 4 NDiszG) schließlich
betrifft die Erwartung, dass sich der Beamte aus Sicht des Dienstherrn und der
Allgemeinheit so verhält, wie es von ihm im Hinblick auf seine Dienstpflichten
als berufserforderlich erwartet wird. Hat ein Beamter durch ein schweres Dienstvergehen
das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren, ist er
aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen (§ 14 Abs. 2 Satz 1 NDiszG).               
bb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze folgt der Senat der
Beschwerde dahingehend, dass nach derzeitigem Sachstand mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme gegen die
Antragstellerin verhängt werden wird.    
(1) Der Senat teilt die Einschätzung der Antragsgegnerin
(Beschwerdebegründung – BB – vom 17.1.2018, S. 1 (Bl. 157/Gerichtsakte – GA
-)), dass das in Rede stehende Dienstvergehen von erheblichem Gewicht ist. 
Dies ergibt sich zwar – wie das Verwaltungsgericht zu Recht
herausgestellt hat (BA, S. 18) – noch nicht unmittelbar aus der Gesamtlänge des
Abwesenheitszeitraums als solcher; der Senat geht jedoch bei derzeitiger
Würdigung gleichwohl aufgrund der besonderen Umstände des Streitfalles vom
Vorliegen eines äußerst schweren Dienstvergehens aus.   
Nach den – den Senat überzeugenden – Feststellungen des
Amtsgerichts A-Stadt kam es der Antragstellerin bei ihrer wahrheitswidrigen,
übertriebenen Darstellung gegenüber Frau D. darauf an, diese zu veranlassen,
ihr eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von mehrwöchiger Dauer auszustellen,
damit die Antragstellerin ihre Tochter schlussendlich, wie von der
Antragstellerin von Anfang an beabsichtigt, nach Australien begleiten konnte.
Damit hat sich die Antragstellerin ohne Rücksicht auf den Umstand, dass ihr
entsprechendes Sonderurlaubsbegehren zuvor wegen entgegenstehender dienstlicher
Gründe abgelehnt worden war, durch Vortäuschung einer schweren – von ihr als im
Zusammenhang mit ihrer Diensttätigkeit stehend geschilderten – Erkrankung
hinweggesetzt, um ihrem vom Dienstherrn nicht als durchgreifend erachteten
Freistellungsgrund doch noch Rechnung tragen zu können. Hinzu kommt, dass die
Antragstellerin am 4. Januar 2016 zeitlich vor der Konsultation von Frau D.
bereits einen anderen Arzt – Herrn G. – aufgesucht hatte, der sie aber
lediglich für eine Woche krankgeschrieben hatte. Das planvolle, berechnende
Verhalten der Antragstellerin in Bezug auf die Erlangung der unrichtigen,
dreiwöchigen Krankschreibung ist zu ihren Lasten zu berücksichtigen.
Erschwerend tritt hinzu, dass es sich, wie das Amtsgericht A-Stadt bei
derzeitiger Würdigung zutreffend festgestellt hat, bei dem Beweggrund der
Antragstellerin für ihr Fernbleiben vom Dienst – nämlich den Wunsch, ihre
volljährige Tochter, die sich zu Karrierezwecken freiwillig in das
„Dschungelcamp“ begeben hatte, nach Australien zu begleiten und diese im
Rahmen der dort gedrehten Unterhaltungssendung (auch) medienöffentlich zu
unterstützen – um ein rein privates Vergnügen gehandelt hatte, für dessen
Berücksichtigung keine ernsthaften und zwingenden Gründe sprachen.          
Erschwerend zu berücksichtigen ist ferner, dass das
Dienstvergehen der Antragstellerin gravierende Folgen für den dienstlichen
Bereich hatte, weil die Abwesenheit der vollzeitbeschäftigten Antragstellerin
im Zeitraum unmittelbar vor der Vergabe der Halbjahreszeugnisse und den damit
einhergehenden Zeugniskonferenzen einen erheblichen Vertretungsaufwand bedeutet
hatte; zudem hat das Amtsgericht A-Stadt nachvollziehbar festgestellt, dass
nicht alle Unterrichtsstunden vertreten werden konnten und Vertretungsstunden
des Abiturjahrganges teilweise auf den Nachmittag gelegt werden mussten.
Darüber hinaus ist zu Lasten der Antragstellerin in die Bewertung einzustellen,
dass sie während ihres Fernbleibens vom Dienst in Fernsehübertragungen aus
Australien mitgewirkt hatte; hierzu hatte sie sich als Begleitung einer
„Dschungelcamp“-Teilnehmerin ja gerade gegenüber der Produktionsfirma
vertraglich verpflichtet und als Begleitperson neben der Übernahme der Reise-
und Hotelkosten durch die Produktionsfirma von dieser auch eine pauschale
Entschädigungszahlung erhalten (vgl. Beiakte 009). Da die Tätigkeit der
Antragstellerin in Australien also gerade auch darin bestand, an
Fernsehinterviews mitzuwirken, liegt es nahe, dass nicht nur Kollegen der
Antragstellerin, ihre Schüler und deren Eltern, sondern auch außerhalb der
Verwaltung stehende Personen erfahren, dass sich die Antragstellerin zwar
außerstande sieht, ihren Dienst zu verrichten, gleichzeitig aber in der Lage
ist, von Australien aus öffentlichkeitswirksam Fernsehinterviews zu geben. Dass
ein solches Verhalten objektiv geeignet ist, den Dienstfrieden zu stören und
dem öffentlichen Ansehen der Schulverwaltung, der Lehrerschaft sowie dem
gesamten öffentlichen Dienst erheblichen Schaden zuzufügen, liegt auf der Hand.    
Soweit die Antragstellerin auch im Beschwerdeverfahren der
Sache nach geltend macht (BE, S. 2 (Bl. 182/GA)), zu ihren Gunsten sei mildernd
ein „Mitverschulden“ der Antragsgegnerin insoweit zu berücksichtigen, als
diese die Antragstellerin nach Bekanntwerden von deren Auslandsaufenthalt nicht
zeitnah nach Deutschland zurückbeordert und sie angewiesen habe, sich
amtsärztlich untersuchen zu lassen, vermag der Senat dieser Argumentation –
ebenso wie das Verwaltungsgericht (BA, S. 20) – schon deshalb nicht zu folgen,
weil der Leiter der Schule, an der die Antragstellerin seinerzeit mit
überwiegendem Stundendeputat beschäftigt war, der Antragsgegnerin unter dem 12.
Januar 2016 mitgeteilt hatte, dass die Schule derzeit über keine verlässliche
Kommunikationsmöglichkeit mit der Antragstellerin verfüge.    
(2) Was das Persönlichkeitsbild der Antragstellerin
betrifft, so kann sie nicht mildernd geltend machen, ihr Dienstvergehen stelle
sich als persönlichkeitsfremde Tat dar. Der von der Rechtsprechung anerkannte
Milderungsgrund der im Grunde persönlichkeitsfremden Augenblicks- bzw.
Gelegenheitstat eines ansonsten tadelsfreien und im Dienst bewährten Beamten
setzt ein unbedachtes und kurzschlussartiges Verhalten voraus (vgl. BVerwG,
Urteil vom 1.3.1977 – BVerwG 1 C 99.76 -, juris Rn. 16; Nds. OVG, Urteil vom
22.6.2010 – 20 LD 7/08 -, juris Rn. 54). Dies wird insbesondere in Betracht
kommen, wenn der Beamte in einer plötzlich auftretenden besonderen
Versuchungssituation gehandelt hat, in der ihm eine echte Motivabwägung nicht
möglich war. Hierzu gehören ein gewisses Maß an Spontaneität, Kopflosigkeit und
Unüberlegtheit des Handelns (Nds. OVG, Urteil vom 22.6.2010, a. a. O., Rn. 54).
Diese Voraussetzungen sind hier ersichtlich nicht erfüllt. Denn die
Antragstellerin hat nicht unbedacht und kurzschlussartig, sondern berechnend
und planvoll gehandelt. Sie hat mehrere Ärzte aufgesucht, denen sie nicht von
der geplanten Australienreise berichtet hat, ihrem Dienstherrn die vom 4.
Januar 2016 datierende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Frau D. am 7.
Januar 2016 übermittelt, mit der Schule noch am 7. Januar 2016 in
E-Mail-Kontakt gestanden und ist erst am 8. Januar 2016 nach Australien
geflogen.     
Der Senat teilt auch die Auffassung der Antragsgegnerin
(Beschwerdebegründung – BB – vom 17.1.2018, S. 1f., 3 (Bl. 157f., 159/GA)),
dass das Verhalten der Antragstellerin gegenüber der Öffentlichkeit im
zeitlichen Nachgang des Dienstvergehens – insbesondere auch im laufenden
Beschwerdeverfahren – erschwerend zu berücksichtigen ist. In der
Abordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 2. Januar 2018 – in dieser ist die
Antragstellerin, weil die streitgegenständliche Beschwerde der Antragsgegnerin
gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 7. Dezember 2017 keine
aufschiebende Wirkung entfaltet (§ 4 NDiszG in Verbindung mit § 149 der
Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -) und die Antragstellerin dementsprechend
nach Ablauf der niedersächsischen Weihnachtsferien wieder als Lehrkraft zu
beschäftigen war, an die Oberschule I. abgeordnet worden – ist der
ausdrückliche Hinweis enthalten, dass angesichts des gerichtlich noch nicht
abgeschlossenen Disziplinarverfahrens erwartet werde, dass die Antragstellerin
ihrer Pflicht als Beamtin zur Loyalität gegenüber ihrem Dienstherrn im Interesse
eines geordneten Ablaufs der öffentlichen Verwaltung und zur Wahrung der
Vertraulichkeit in internen Dienstangelegenheiten uneingeschränkt nachkomme und
sich nicht dem Vorwurf einer „Flucht in die Öffentlichkeit“ aussetze;
eventuelle Presseanfragen zur Rückkehr der Antragstellerin in den Dienst
sollten an die Pressestelle der Antragsgegnerin verwiesen werden (Bl. 167/GA).
Gleichwohl hat die Antragstellerin der …-Zeitung das von der Antragsgegnerin in
Ablichtung zu den Gerichtsakten gereichte, am 12. Januar 2018 erschienene
Interview gegeben, in dem die Antragstellerin u. a. erklärt, in der neuen
Schule „mit offenen Armen empfangen“ worden zu sein und Angaben zu ihrem
Gesundheitszustand macht (Bl. 164/GA). Diese öffentliche Äußerung der Antragstellerin
trotz des laufenden Disziplinarklage- sowie Beschwerdeverfahrens zeigt für den
Senat deutlich, dass die Antragstellerin die Brisanz der Lage und die Schwere
der ihr gegenüber erhobenen Vorwürfe bislang nicht erkannt hat und bestätigt
die im streitgegenständlichen Dienstvergehen zum Ausdruck kommende
Grundhaltung, sich nach Gutdünken über dienstliche Interessen hinwegzusetzen.
Die Antragstellerin hat zwar im Rahmen der Beschwerdeerwiderung durch ihre
Prozessbevollmächtigten erklären lassen, sie bedaure, sich seinerzeit gegenüber
der …-Zeitung geäußert zu haben; die …-Redaktion habe telefonisch Kontakt zu
ihr aufgenommen und angekündigt, ihren derzeitigen Dienstort aufzusuchen und
sie dort zu interviewen; um eine Presseanfrage im Sinne des Hinweises in der Abordnungsverfügung
habe es sich also nicht gehandelt; um zu verhindern, dass ein Redaktionsteam
der …-Zeitung bei ihrer Abordnungsschule erscheine, habe die Antragstellerin
„aus Ohnmacht und aus der Not heraus“ die Redakteurin kurzerhand zu sich
nach Hause eingeladen; rückblickend sei auch der Antragstellerin klargeworden,
dass derartige Interviews in der derzeitigen Verfahrenssituation geeignet
seien, das sensible Gefüge zwischen den Beteiligten empfindlich zu stören; die
Antragstellerin werde in Zukunft unabgesprochenes Presseverhalten unterlassen
und bei Pressekontakten die Antragsgegnerin vorab informieren. Diese
Ausführungen ändern jedoch nichts daran, dass das betreffende Interview vom 12.
Januar 2018 in der …-Zeitung erschienen ist und die Antragstellerin hierin
gerade entgegen den Hinweisen in der Abordnungsverfügung über interne
Dienstangelegenheiten – hier: Aufnahme ihrer dienstlichen Tätigkeit nach
Obsiegen im erstinstanzlichen Verfahren 10 B 2/17 – mit Journalisten einer
bundesweit erscheinenden Zeitung gesprochen hat, ohne die Antragsgegnerin über
die entsprechende Presseanfrage zu informieren und das weitere Vorgehen in
dieser Sache mit ihr abzustimmen. Dass es sich bei der Interview-Anfrage der
…-Zeitung im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme der dienstlichen Tätigkeit der
Antragstellerin gerade um eine „eventuelle Presseanfrage zur Rückkehr der
Antragstellerin in den Dienst“ im Sinne des genannten Hinweises in der
Abordnungsverfügung handelt, ist – entgegen der Auffassung der Antragstellerin
– offenkundig.        
Anders, als das Verwaltungsgericht ausgeführt hat (BA, S.
21), ist auch nicht zugunsten der Antragstellerin zu berücksichtigen, dass sie
bis zu dem in Rede stehenden Dienstvergehen disziplinarrechtlich nicht in
Erscheinung getreten ist und dass sie der – mit Bescheid der Antragsgegnerin
vom 19. Oktober 2016 – verfügten zwischenzeitlichen Abordnung an die Oberschule
H. Folge geleistet und dort bis zum Inkrafttreten der streitgegenständlichen
vorläufigen Dienstenthebung vom 10. Januar 2017 ohne besondere Vorkommnisse
Dienst getan habe. Der Umstand, dass eine disziplinarrechtliche Vorbelastung
nicht vorliegt, fällt nicht mildernd ins Gewicht (Nds. OVG, Urteil vom
23.2.2016 – 6 LD 3/15 -; Urteil vom 8.3.2016 – 20 LD 6/15 -; Urteil vom 31.1.2017
– 3 LD 2/17 -). Die langjährige pflichtgemäße Dienstausübung ist selbst bei
überdurchschnittlichen Leistungen für sich genommen regelmäßig nicht geeignet,
gravierende Pflichtenverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen
(BVerwG, Urteil vom 28.2.2013 – BVerwG 2 C 3.12 -, juris Rn. 43 m. w. N.; Nds.
OVG, Urteil vom 23.2.2016 – 6 LD 3715 -; Urteil vom 8.3.2016 – 20 LD 6/15 -).
Somit stellt auch der Umstand, dass die Unterrichtstätigkeit der
Antragstellerin an der Oberschule H. offenbar ohne Probleme verlaufen ist, eine
Selbstverständlichkeit dar und ist nicht geeignet, das Dienstvergehen in einem
milderen Licht erscheinen zu lassen. 
(3) Die derzeitige Gesamtwürdigung der Umstände ergibt für
den Senat, dass sich die Antragstellerin im Hinblick auf die Erfüllung ihrer
Dienstpflichten in so hohem Maße als unzuverlässig erwiesen hat, dass das
Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in sie endgültig verloren ist.
Das Verhalten der Antragstellerin, die als Lehrkraft
ausschließlich persönliche Interessen verfolgt hat, obwohl ihr der Dienstherr
sogar im Weg des förmlichen Bescheides dargelegt hat, dass dieser Verfolgung
dienstliche Gründe entgegenstehen, und die damit erhebliche Nachteile für die
ihr anvertrauten Schüler sowie ihr Kollegium in Kauf genommen hat, entspricht
nicht ansatzweise dem Bildungsauftrag der Schule, an dessen Erfüllung gerade
die Lehrkräfte – insbesondere auch durch Wahrnehmung einer Vorbildfunktion –
mitzuwirken haben. Gerade im Rahmen der Ausbildung junger Menschen sind an die
berufliche Stellung der Lehrkräfte hohe Anforderungen sowohl an deren
persönliche Integrität als auch an die Loyalität gegenüber den Anordnungen des
Dienstherrn zu stellen, auf die sich insbesondere die Eltern verlassen können
müssen, die ihre Kinder im Rahmen der bestehenden Schulpflicht der Schule bzw.
den in der jeweiligen Einrichtung Tätigen anvertrauen. Es ist nicht
ersichtlich, wie den Schülern vermittelt werden soll, nach ethischen
Grundsätzen zu handeln und ihre Beziehungen zu anderen Menschen nach den
Grundsätzen der Solidarität zu gestalten oder Konflikte vernunftgemäß zu lösen,
aber auch Konflikte zu ertragen (vgl. § 2 des Niedersächsischen Schulgesetzes –
NSchG -), wenn sich Lehrkräfte nach Ablehnung eines Sonderurlaubsantrags durch
Vortäuschung einer nicht vorliegenden schweren Erkrankung dem Dienst entziehen,
um in der sodann „gewonnenen“ dienstfreien Zeit zum Nachteil der von ihnen
betreuten Schüler und ihrer Kollegen Tätigkeiten auszuüben, die während des
Dienstes nicht möglich sind. Die planvolle und berechnende Vorgehensweise der
Antragstellerin zur Erwirkung des unrichtigen Gesundheitszeugnisses und die
fehlende Einsicht in ihr Fehlverhalten lassen nicht darauf schließen, dass sie
in Zukunft die Gewähr dafür bietet, ihren Dienstpflichten als Beamtin trotz
etwaiger entgegenstehender privater Belange nachzukommen. Dies macht sie vor
dem Hintergrund der von ihr als Lehrkraft wahrzunehmenden Vorbildfunktion nach
derzeitiger Würdigung für die Wahrnehmung des schulischen Erziehungsauftrags
untragbar.               
Der Senat teilt insbesondere nicht die Einschätzung des
Verwaltungsgerichts (BA, S. 21), dass von einer überwiegenden
Wahrscheinlichkeit der Entfernung der Antragstellerin aus dem Beamtenverhältnis
deshalb (noch) nicht ausgegangen werden könne, weil ihre Abordnung an die
Oberschule H. im Zeitraum vom 24. Oktober 2016 bis zum Inkrafttreten der
streitgegenständlichen vorläufigen Dienstenthebung vom 10. Januar 2017 offenbar
komplikationslos verlaufen sei. Damit hat die Vorinstanz der Sache nach darauf
abgehoben, dass eventuell deshalb noch ein Restvertrauen des Dienstherrn in die
Dienstausübung der Antragstellerin vorliegen könnte, weil sie während des
laufenden Disziplinarverfahrens (jedenfalls teilweise) weiterbeschäftigt worden
sei. Dieser Argumentation vermag der Senat jedoch nicht beizutreten. 
Die Frage der weiteren Tragbarkeit des Beamten ist unter
Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von den Disziplinargerichten zu
beurteilen; diese haben ohne Bindung an die Auffassung des Dienstherrn zu
bewerten, ob ein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten ist (BVerwG, Urteil
vom 29.3.2012 – BVerwG 2 A 11.10 -, juris Rn. 83; Nds. OVG, Urteil vom
12.1.2015 – 6 D 1/14 -; Urteil vom 22.11.2016 – 6 LD 4/15 -). Die Entscheidung
des Dienstherrn zur Weiterbeschäftigung kann auf Gründen beruhen, die für die
zu bestimmende disziplinarrechtliche Entscheidung nicht von Bedeutung sind,
insbesondere kann sich der Dienstherr aus finanziellen Gründen für eine
Weiterbeschäftigung entschieden haben, weil der Beamte auch während des
laufenden Verfahrens weiter alimentiert wird (BVerwG, Beschluss vom 27.9.2017 –
BVerwG 2 B 6.17 -, juris Rn. 7 m. w. Nw.; Nds. OVG, Urteil vom 12.1.2015 – 6 D
1/14 -), oder die Entscheidung zur Weiterbeschäftigung kann sich aus
personalwirtschaftlichen Gründen ergeben (Nds. OVG, Urteil vom 22.11.2016 – 6
LD 4/15 -).             
Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass sich die
Weiterbeschäftigung eines Beamten nach Aufdeckung eines Dienstvergehens
grundsätzlich nicht maßnahmemildernd auswirkt (BVerwG, Beschluss vom 27.9.2017,
a. a. O., Rn. 7). Zwar kann ausnahmsweise aufgrund besonderer Umstände des
Einzelfalles die Weiterbeschäftigung in derselben Dienststelle als ein Indiz
für einen nicht vollständigen Vertrauensverlust angesehen werden (BVerwG,
Urteil vom 21.6.2000 – BVerwG 1 D 49.99 -, juris Rn. 18). Solche Umstände
liegen hier aber nicht vor.      
Insoweit ist zunächst festzuhalten, dass die
Antragstellerin, die nach ihrer Rückkehr aus Aus-tralien ihren Dienst am
Gymnasium A-Stadt am 1. Februar 2016 wiederaufgenommen hatte, dort nur wenige
Tage Dienst getan hat, ehe ihr mit – bestandskräftiger – Verfügung der
Antragsgegnerin vom 19. Februar 2016 unter Bezugnahme auf § 39 BeamtStG und
unter Sofortvollzugsanordnung die Führung der Dienstgeschäfte verboten worden
ist; seit Mitte Februar 2016 lag eine Weiterbeschäftigung der Antragstellerin
also nicht vor. Soweit die Antragstellerin auf Bitte des Niedersächsischen
Kultusministeriums mit Verfügung der Antragsgegnerin vom 19. Oktober 2016 mit
sofortiger Wirkung und vorläufig befristet bis zum 31. Januar 2017 vom
Gymnasium A-Stadt an die Oberschule H. abgeordnet worden ist, trifft zwar zu,
dass die Antragstellerin – obwohl eine Beschäftigung in derselben Dienststelle
nicht vorlag – durchaus im selben Bereich wie zuvor, nämlich zur Unterrichtung
von Schülern, eingesetzt wurde (so AE, S. 4f. (Bl. 184f./GA)). In der
Begründung der Abordnungsverfügung ist jedoch ausgeführt worden (Bl.
39f./Beiakte 003), dass der Abschluss des strafrechtlichen
Ermittlungsverfahrens gegen die Antragstellerin derzeit nicht absehbar sei; die
Gründe für das bestandskräftige Verbot der Führung der Dienstgeschäfte lägen
zwar weiterhin vor, vor dem Hintergrund der aktuellen Unterrichtsversorgung an
den Oberschulen sei es aber notwendig, die Antragstellerin, die mit dem Fach
Physik ein Fach des besonderen Bedarfs vertrete, an dieser Schulform
einzusetzen. Hieraus wird deutlich, dass es personalwirtschaftliche Gründe –
nämlich in Gestalt fehlender Physiklehrkräfte an den niedersächsischen
Oberschulen – gewesen sind, welche die Antragsgegnerin zu ihrer
Weiterbeschäftigungsentscheidung bewogen haben, und diese Gründe sind für die
disziplinarrechtliche Maßnahmenbemessung irrelevant. Zum anderen lässt sich der
wiedergegebenen Begründung der Abordnungsverfügung entnehmen, dass sich die
Antragsgegnerin vor dem Hintergrund des schwebenden strafrechtlichen
Ermittlungsverfahrens zum damaligen Zeitpunkt ganz bewusst einer Prognose zum
erwarteten Ausgang des Disziplinarverfahrens enthalten hat; auch dies spricht
gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die am 19. Oktober 2016 verfügte
Abordnung der Antragstellerin an die Oberschule H. könne ggf. als ein Indiz für
einen nicht vollständigen Vertrauensverlust des Dienstherrn angesehen werden.           
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 69 NDiszG in
Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO.           
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren,
sofern es die vorläufige Dienstenthebung zum Gegenstand hat, ergibt sich aus §
71 Abs. 1 NDiszG in Verbindung mit §§ 40, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr.
1 des Gerichtskostengesetzes – GKG – in der zum Zeitpunkt der Einleitung des
zweiten Rechtszugs (22. Dezember 2017) gültigen Fassung, wobei von dem im
Zeitpunkt der Einleitung des zweiten Rechtszugs maßgeblichen Endgrundgehalt
auszugehen und der sich sodann ergebende Wert auf ein Viertel des Betrages zu
kürzen ist (ausführlich zur Streitwertberechnung: Nds. OVG, Beschluss vom
10.12.2014 – 20 ZD 5/14 -, juris Rn. 47 bis 49). Dementsprechend errechnet sich
ein Teilstreitwert in Höhe von 15.190,83 EUR (maßgebliches Endgrundgehalt der
Besoldungsgruppe A 13 in Höhe von 4.974,04 EUR + allgemeine Stellenzulage in
Höhe von 89,57 EUR = 5.063,61 EUR; 5.063,61 EUR x 12 : 4 = 15.190,83 EUR).
Hinsichtlich der Einbehaltung von Dienstbezügen ist vom zweifachen Jahresbetrag
des Kürzungsbetrages der aktuellen Dienstbezüge auszugehen, der wegen des
Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren ist (Nds. OVG, Beschluss
vom 10.12.2014 – 20 ZD 5/14 -, juris Rn. 51). Da der Kürzungsbetrag hier
monatlich 2.477,27 EUR beträgt (vgl. Bl. 24/Beiakte 002), ergibt sich insoweit
ein Teilstreitwert in Höhe von 29.727,24 EUR (2.477,27 EUR x 24 = 59.454,48
EUR; 59.454,48 EUR : 2 = 29.727,24 EUR). Hieraus errechnet sich für das
Beschwerdeverfahren gemäß § 39 Abs. 1 GKG ein Gesamtstreitwert in Höhe von
44.918,07 EUR (15.190,83 EUR + 29.727,24 EUR = 44.918,07 EUR).          
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 4 NDiszG in Verbindung
mit § 152 Abs. 1 VwGO, § 71 NDiszG in Verbindung mit §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66
Abs. 3 Satz 3 GKG).

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Anwaltsrecht – LG Frankfurt am Main zur Verjährung beim herausgabeanspruch anwaltlicher Handakten

Das LG Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 01.03.2018, Az. 2-25 O 125/17 entschieden, dass der Anspruch des Auftraggebers auf Herausgabe anwaltlicher
Handakten  unabhängig von einer berufsrechtlichen Aufbewahrungspflicht
nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt .

Leitsatz:
Der Anspruch des Auftraggebers auf Herausgabe anwaltlicher
Handakten verjährt unabhängig von einer berufsrechtlichen Aufbewahrungspflicht
nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Herausgabe anwaltlicher
Handakten.       
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der A SE
(nachfolgend: Insolvenzschuldnerin), die vormals unter B SE firmierte.           
Die Beklagte ist eine Rechtsanwaltssozietät, die auf dem
Gebiet des Wirtschaftsrechts tätig ist.             Abs.
4
Aufgrund Mandatsvereinbarung vom 31.08.2011 (Anlage K 1, Bl.
9 ff. d.A.) wurde die Beklagte für die Insolvenzschuldnerin rechtsberatend
tätig, insbesondere in Fragen betreffend eine mögliche Restrukturierung der
Insolvenzschuldnerin.
In der Mandatsvereinbarung, auf die wegen ihrer Einzelheiten
verwiesen wird, heißt es auszugsweise wie folgt:        
„(…) 13. Aktenaufbewahrung  
Wir führen unsere Akten entweder in elektronischer oder
papiergebundener Form, Unterlagen bewahren wir für einen Zeitraum von 10 Jahren
nach Abschluss des Mandats auf. Danach sind wir berechtigt, Dateien zu löschen
bzw. Akten zu vernichten, soweit wir Ihnen nicht Originaldokumente zur
Aufbewahrung übergeben. (…)“   
Mit Beschluss des Amtsgerichts C vom 01.07.2012, Az. …,
wurde über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren
eröffnet und der Kläger als Insolvenzverwalter bestellt.
Mit E-Mail vom 23.12.2015 verlangte der
Prozessbevollmächtigte des Klägers von der Beklagten Herausgabe der bei der
Beklagten für die Insolvenzschuldnerin geführten Handakte und bat unter
Fristsetzung bis zum 08.01.2016 um einen Termin zur Abholung. Mit E-Mail vom
14.01.2016 lehnte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Herausgabe der
Handakte ab und erhob die Einrede der Verjährung. Wegen der weiteren
Einzelheiten der zwischen den Prozessbevollmächtigten geführten Korrespondenz
wird auf die Anlage K 3 (Bl. 17 ff. d.A.) verwiesen.             
Mit Schreiben vom 02.02.2016 (Anlage B1) erhob der Kläger
vor der Rechtsanwaltskammer D Beschwerde gegen zwei Partner der Beklagten wegen
der Verletzung einer berufsrechtlichen Pflicht zur Herausgabe der Handakten.
Mit Datum vom 18.05.2016 (Anlage B2) teilte die Rechtsanwaltskammer D dem
Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, dass sie die Beschwerde zurückgewiesen
habe und nannte als Begründung insbesondere, dass eine berufsrechtliche
Sanktion nur über den Umweg des § 43 BRAO in Verbindung mit §§ 675, 667 BGB
möglich sei, wobei ein zu fordernder grober Verstoß gegen eine zivilrechtliche
Pflicht angesichts der Erhebung der Einrede der Verjährung durch die Beklagte
nicht gegeben sei.                Abs. 11
Der Kläger behauptet, mit Abschluss der Mandatsvereinbarung
vom 31.08.2011 sei zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten im
Hinblick auf die Akten ein Verwahrungsvertrag im Sinne des § 688 BGB zustande
gekommen. Dies zeige Ziffer 13 der Mandatsvereinbarung. Der Kläger könne daher
aus § 695 Satz 1 BGB in Verbindung mit dem Verwahrungsvertrag Herausgabe der
Handakte verlangen. Sofern Zweifel bei der Auslegung der Mandatsvereinbarung
verblieben, gingen diese jedenfalls nach § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten der
Beklagten.  Abs. 12
Der Kläger ist der Auffassung, ein Herausgabeanspruch ergebe
sich zudem neben §§ 675, 667 BGB auch unmittelbar aus § 50 Abs. 3 BRAO. Dass es
sich bei § 50 Abs. 3 BRAO um eine eigenständige Anspruchsgrundlage handelt,
werde bereits daraus ersichtlich, dass mit dem am 18.04.2017 in Kraft
getretenen Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur
Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe (BGBl. I
2017, S. 1121) in § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO in der seit dem 18.05.2017 geltenden
Fassung (nachfolgend: n.F.) nunmehr klarstellend eine Herausgabepflicht des
Rechtsanwalts gegenüber dem Auftraggeber statuiert worden sei. Überdies habe er
nunmehr auch unmittelbar aus § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. einen Herausgabeanspruch.    
Der Kläger beantragt, wie folgt zu erkennen:   
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die von ihr
anlässlich der Beratung der B SE (heute firmierend unter A SE) auf Grundlage
der Mandatsvereinbarung vom 31. August 2011 geführten Handakten herauszugeben.     
Die Beklagte beantragt,              
die Klage abzuweisen. 
Hilfsweise für den Fall des Unterliegens beantragt die
Beklagte,            
ihr zu gestatten, dass sie die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung, die auch durch die schriftliche, unwiderrufliche,
unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb
befugten Kreditinstituts bewirkt werden kann, ungeachtet einer
Sicherheitsleistung des Klägers abwenden kann.          
Die Beklagte behauptet, die Insolvenzschuldnerin sei
umfangreich in die Korrespondenz mit der Beklagten einbezogen gewesen, sodass
diesbezüglich ein etwaiger Herausgabeanspruch ohnehin erfüllt sei.              
Die Beklagte hat ferner die Einrede der Verjährung erhoben. 
Sie ist der Auffassung, ein Herausgabeanspruch aus §§ 667,
675 Abs. 1 BGB sei nach den allgemeinen Verjährungsvorschriften der §§ 195, 199
Abs. 1 BGB verjährt. Eine berufsrechtliche Herausgabepflicht bestehe allenfalls
zivilrechtsakzessorisch, das heißt die Pflicht bestünde nur dann, wenn ein
korrespondierender zivilrechtlicher Herausgabeanspruch durchsetzbar wäre, was
aufgrund der Verjährung nicht der Fall sei. Im Übrigen ergäbe sich aus einer
berufsrechtlichen Herausgabepflicht, sei es nach § 50 BRAO alter oder neuer
Fassung, kein Anspruch des Klägers im Sinne von § 194 Abs. 1 BGB, also das
„Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen“. Die
Verletzung der Berufspflicht werde lediglich berufsrechtlich sanktioniert. Es
sei strikt zwischen zivilrechtlicher Anspruchsgrundlage und sanktionsfähiger
Berufspflicht zu unterscheiden. § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F., der
berufsrechtlich sanktioniert sei, sei überdies auf den vorliegenden Fall nicht
anwendbar. Dem stehe das Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG entgegen,
das sich auch auf die anwaltliche Ehrengerichtsbarkeit beziehe.             
Die Beklagte ist weiter der Ansicht, selbst wenn (was sie
bestreitet) mit Abschluss der Mandatsvereinbarung eine verwahrungsrechtliche
Abrede getroffen worden sei, so sei aufgrund des Schwerpunktes der
Mandatsvereinbarung im Recht der Geschäftsbesorgung einheitlich das hierfür
geltende Verjährungsrecht anzuwenden und nicht § 695 Satz 2 BGB.               
Der Kläger ist demgegenüber der Auffassung, die Beklagte
könne sich nicht auf die zivilrechtliche Einrede der Verjährung berufen, da sie
einer berufsrechtlichen und nicht einer zivilrechtlichen Herausgabepflicht
unterliege. Es wäre auch mit dem Berufsstand des Rechtsanwalts sowie mit der
Einheit der Rechtsordnung unvereinbar, wenn sich die Beklagte auf die
Verjährung des Herausgabeanspruchs berufen könnte, während sie berufsrechtlich
verpflichtet sei, die Handakten für einen Zeitraum von fünf Jahren nach
Beendigung des Auftrags aufzubewahren (§ 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO in der bis zum
17.05.2017 geltenden Fassung, nachfolgend: a.F.). Jedenfalls sei § 695 Satz 2
BGB entsprechend anzuwenden. Bezüglich eines Herausgabeanspruchs aus einem
Verwahrungsvertrag habe die Verjährungsfrist ohnehin gem. § 695 Satz 2 BGB erst
mit der Rückforderung und damit im Jahr 2015 zu laufen begonnen.    
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes
sowie wegen des weiteren Vorbringens wird auf die zu den Akten gereichten
Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.        
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen durchsetzbaren
Anspruch auf Herausgabe der bei der Beklagten aufgrund des Mandatsverhältnisses
zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten geführten Handakten.  
A.          
Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus §§ 667, 675 Abs.
1 BGB.         
I.            
Zwar ist ein solcher Anspruch entstanden.        
Zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten ist
aufgrund Mandatsvereinbarung vom 31.08.2011, die gemäß Buchstabe A. Ziffer 1.
die umfassende wirtschaftsrechtliche Beratung der Insolvenzschuldnerin zum
Gegenstand hatte (Anlage K1, Bl. 9 d.A.), unstreitig ein
Geschäftsbesorgungsvertrag im Sinne des § 675 Abs. 1 BGB zustande gekommen.
Gemäß § 667 BGB, der über § 675 Abs. 1 BGB Anwendung findet, ist die Beklagte
verpflichtet, dem Kläger alles, was sie zur Ausführung des Auftrags erhält und
was sie aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben. Unter § 667 BGB
fallen auch die von einem Rechtsanwalt geführten Handakten des Rechtsanwalts
(BGH, NJW 1990, 510 f.; LG Mannheim, NJOZ 2013, 287). Der Anspruch wird dabei
spätestens fällig mit Beendigung des Auftragsverhältnisses (BGH, NJW 1990, 510
(BGH 30.11.1989 – III ZR 112/88)), vorliegend mit Insolvenzeröffnung durch
Beschluss des Amtsgerichts C vom 01.07.2012, Az. …, § 115 Abs. 1, 116 Satz 1
InsO.    
II.           
Dieser Anspruch ist jedoch nicht mehr durchsetzbar, weil er
gem. §§ 195, 199 Abs. 1, 214 Abs. 1 BGB verjährt ist.        
1.           
Die Regelverjährung nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB findet auf
den Herausgabeanspruch nach § 667 BGB Anwendung (Sprau, in: Palandt, BGB, 77.
Aufl. 2018, § 667 Rn. 9). Dies gilt auch für den auf §§ 675 Abs. 1, 667 BGB
gestützten Anspruch auf Herausgabe der anwaltlichen Handakten (BGHZ 109, 260,
264 f.; Deckenbrock, NJW 2017, 1425, 1427).              
2.           
Dabei sind die §§ 195, 199 Abs. 1 BGB für den Anspruch eines
Auftraggebers auf Herausgabe der anwaltlichen Handakte nicht dahingehend
teleologisch zu reduzieren, dass Verjährung nicht vor Ablauf der in § 50 Abs. 1
Satz 1 BRAO in der seit dem 18.05.2017 geltenden Fassung (nachfolgend: n.F.)
oder in § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO in der bis zum 17.05.2017 geltenden Fassung
(nachfolgend: a.F.) normierten Aufbewahrungsfrist eintritt. Die allgemeinen
Vorschriften der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB sind nicht um einen Ausnahmetatbestand
im eben genannten Sinne zu ergänzen.            
Eine teleologische Reduktion setzt voraus, dass das Gesetz,
gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht und der ihm immanenten Teleologie
unvollständig ist, mithin eine nach dem Regelungsplan oder dem
Gesamtzusammenhang des Gesetzes zu erwartende Regel fehlt (Larenz/Canaris,
Methodenlehre, 3. Aufl. 1995, 196 f.) und dass die Ergänzung um einen
Ausnahmetatbestand wertungsmäßig geboten ist, was einerseits durch den Sinn und
Zweck der einzuschränkenden Norm selbst oder durch den insoweit vorrangigen
Zweck einer anderen Norm geboten sein kann, wobei jeweils das Gebot der
Gerechtigkeit, Ungleiches ungleich zu behandeln zu beachten ist
(Larenz/Canaris, Methodenlehre, 3. Aufl., 211).               
a)           
Für die vorliegende Fallgestaltung ist dem Gesetz bereits
keine planwidrige verdeckte Regelungslücke zu entnehmen.               
Zwar kann gegen das Bestehen einer Regelungslücke entgegen
der Auffassung der Beklagten nicht angeführt werden, eine Diskrepanz zwischen
Verjährungs- und Aufbewahrungsfrist bestehe bereits seit über 100 Jahren
(Schriftsatz vom 16.02.2018, Seite 5 f., 151 f. d.A.). Angesichts der vormals
geltenden allgemeinen Verjährungsfrist von dreißig Jahren gemäß § 195 BGB in
der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung und der kürzeren Aufbewahrungsfrist
von fünf Jahren gemäß § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO in der Fassung vom 01.10.1959
(BGBl. I 1959, S. 565) bestand keine Veranlassung dahingehend, die
Fallkonstellation einer Verjährung vor Ablauf der Aufbewahrungsfrist gesondert
zu regeln.               Abs. 43
Dagegen, dass das Gesetz in Bezug auf die Verjährung des
Herausgabeanspruchs lückenhaft ist, spricht jedoch, dass das Gesetz in § 51b
BRAO in der bis zum 14.12.2004 geltenden Fassung für Schadensersatzansprüche
des Auftraggebers durchaus eine spezielle Verjährungsregelung vorsah. Diese
Regelung wurde mit Gesetz vom 09.12.2004 (BGBl. I 2004, S. 3214) aufgehoben,
nachdem die kürzere Verjährungsfrist von drei Jahren mit derjenigen der
Regelverjährung zusammengefallen war. Dem ist zu entnehmen, dass der
Gesetzgeber sich mit der Verjährung von Ansprüchen des Auftraggebers gegen den
Rechtsanwalt auseinandergesetzt hat und eine speziell für den Anspruch auf
Herausgabe der Handakten geltende Verjährungsregel nicht eingeführt werden
sollte.              
Gegen eine planwidrige Regelungslücke spricht zudem, dass
der Gesetzgeber mit § 50 Abs. 1 BRAO in der Fassung vom 01.10.1959 (BGBl. I
1959, S. 565) hinsichtlich des Anspruchs auf Herausgabe der Handakte ein
Zurückbehaltungsrecht eingeführt hat. Das Zurückbehaltungsrecht findet sich
nunmehr in § 50 Abs. 3 BRAO in der Fassung vom 03.09.1994 (BGBl. I 1994, S.
2278). Das Gesetz enthält mithin für den Anspruch des Auftraggebers auf
Herausgabe der anwaltlichen Handakten eine Spezialregelung. Es wäre mithin zu
erwarten gewesen, dass das Gesetz auch hinsichtlich der Verjährung des
Herausgabeanspruchs eine eigene Vorschrift vorhält, sofern von den allgemeinen
Verjährungsvorschriften abgewichen werden sollte. 
Zuletzt hat der Gesetzgeber mit dem am 18.04.2017 in Kraft
getretenen Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur
Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe (BGBl. I
2017, S. 1121) den § 50 BRAO einer umfangreichen Novellierung zugeführt und
dabei ebenfalls von einer Regelung der Verjährung des Herausgabeanspruchs
abgesehen.      
Insgesamt besteht daher keine planwidrige verdeckte
Regelungslücke.            
b)          
Überdies ist die Ergänzung um einen wie oben dargestellten
Ausnahmetatbestand nicht wertungsmäßig geboten.   
Dabei ist zunächst der Zweck der Verjährung zu
berücksichtigen. Die Verjährung dient zum einen dazu, dem fälschlich als
Schuldner in Anspruch Genommenen die Abwehr unbegründeter Ansprüche zu
erleichtern. Soweit begründete Ansprüche betroffen sind, dient die Verjährung
zum einen dem Schuldnerschutz, da sich die Beweisposition und die
Regressmöglichkeiten mit dem Zeitablauf verschlechtern, und zum anderen dem
Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit (insgesamt s. Ellenberger, in: Palandt,
BGB, 77. Aufl. 2018, vor § 194 Rn. 7 ff.).
Was den Herausgabeanspruch selbst anbelangt, dient die
Verjährung nur in eingeschränktem Maße dem Schutz des Schuldners vor einer
Verschlechterung seiner Beweisposition. Außer vom Bestehen eines
Geschäftsbesorgungsvertrages wird der Herausgabeanspruch nicht von weiteren
Voraussetzungen – etwa einem berechtigten Interesse (vgl. etwa § 810 BGB) –
abhängig gemacht (s.o.), sodass im Hinblick auf die Abwehr des
Herausgabeanspruches eine Verschlechterung der Beweisposition nicht zu besorgen
ist. Auch ist nicht ersichtlich, dass Regressmöglichkeiten verloren gehen
könnten. Für den Anspruch des Auftraggebers auf Herausgabe der anwaltlichen
Handakte ist jedoch der Zweck der Schaffung und Erhaltung von Rechtsfrieden und
Rechtssicherheit von Bedeutung. Dabei ist zwar zu beachten, dass nach Ablauf
der zivilrechtlichen Verjährungsfrist und bis zum Ablauf der Frist der
Verfolgungsverjährung nach § 115 BRAO (fünf Jahre) noch berufsrechtliche
Sanktionen möglich sind, sodass der Schutz öffentlicher Interessen zurücktritt.
Denn auch mit Ablauf der allgemeinen zivilrechtlichen Verjährungsfrist wird
damit noch kein „Schlussstrich“ gezogen. Im Verhältnis zu seinem
Auftraggeber hat der Rechtsanwalt jedoch ein berechtigtes Interesse daran, nach
Ablauf einer gewissen Zeit davon ausgehen zu dürfen, diesem gegenüber nicht
mehr zur Herausgabe verpflichtet zu sein. Wie der vorliegende Fall zeigt, kann
der Herausgabeanspruch des Auftraggebers dazu dienen, Schadensersatzansprüche
gegen den Rechtsanwalt vorzubereiten. Insofern droht dem Rechtsanwalt als
Schuldner des Herausgabeanspruchs wiederum eine Verschlechterung seiner
Beweisposition, da Ansprüche, die auf Informationen aus der Handakte gestützt
werden, mit dem Zeitablauf möglicherweise – etwa wegen des Erinnerungsverlustes
von Zeugen – nur noch mit verringerten Erfolgsaussichten abgewehrt werden
können. Der Kläger hat vorgetragen, es bestehe die begründete Annahme dafür,
dass im Zusammenhang mit der Beratungsleistung Haftungsansprüche gegen die
Beklagte bestehen könnten (Schriftsatz vom 13.02.2017, Seite 2, Bl. 34 f.
d.A.). Die Beklagte habe es nach Ansicht des Klägers pflichtwidrig unterlassen,
auf eine spätestens am 23.01.2012 eingetretene Insolvenzreife der
Insolvenzschuldnerin und die bestehende Insolvenzantragspflicht hinzuweisen; es
bestünden daher Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte auf Ersatz der
Vertiefung der Überschuldung haften dürfte. Inhaltlich überschneide sich dieser
Anspruch mit einem vor dem Landgericht C geführten Parallelverfahren, in dem
der Kläger Vorstandsmitglieder der Insolvenzschuldnerin in Anspruch nehme. Der
dortige Gegenstandswert betrage … € (Schriftsatz vom 13.02.2017, Seite 3, Bl.
36 d.A.).            
Der soeben dargestellte Zweck der Verjährungsregelung hat
gegenüber dem Zweck der Aufbewahrungspflicht nicht zurückzutreten. Die
berufsrechtliche Pflicht zur Aufbewahrung der Handakte dient in erster Linie
Aufsichtszwecken (Deckenbrock, NJW 2017, 1425, 1427), nicht dem Schutz des
Auftraggebers. Dies folgt zum einen aus der systematischen Stellung des § 50 Abs.
2 Satz 1 BRAO a.F. beziehungsweise § 50 Abs. 1 Satz 2 BRAO n.F. Der erste
Abschnitt des Dritten Teils der Bundesrechtsanwaltsordnung hat primär zum Ziel,
die Achtung und das Vertrauen des Rechtssuchenden in die Integrität des
Berufsstandes zu erhalten. Dies zeigt bereits die in § 43 BRAO normierte
allgemeine Berufspflicht. Gemäß § 43 Satz 1 BRAO hat der Rechtsanwalt seinen
Beruf „gewissenhaft“ auszuüben. Diese Pflicht wird in § 43 Satz 2
BRAO dahingehend konkretisiert, der Anwalt habe sich innerhalb und außerhalb
des Berufes der Achtung und des Vertrauens, welche die Stellung des
Rechtsanwalts erfordert, würdig zu erweisen. Auch die in § 43a BRAO normierten
Grundpflichten werden demnach als berufsrechtliche Pflichten eingeordnet (für §
43a Abs. 4 BRAO s. etwa BGH, NJW 2016, 2561 (BGH 12.05.2016 – IX ZR 241/14)),
konkretisieren mithin die vorgenannte allgemeine berufsrechtliche Pflicht.            
Dass die Aufbewahrungspflicht primär aufsichtsrechtliche
Zwecke verfolgt, wird auch durch § 56 Abs. 1 Satz 1 BRAO belegt, wonach der
Rechtsanwalt verpflichtet ist, dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer oder einem
beauftragten Mitglied die Handakten vorzulegen. Zweck dieser Vorschrift kann
allein die Prüfung sein, ob das Berufsrecht eingehalten wurde und ob ein Antrag
auf Einleitung des anwaltsgerichtliche Verfahrens zu stellen ist (s. § 122 Abs.
1 BRAO).        
Der Gesetzesbegründung zur Novellierung des § 50 BRAO ist
entgegen der Ansicht des Klägers nicht zu entnehmen, dass der Regelungszweck
der Aufbewahrungspflicht vorrangig in dem Erhalt des Herausgabeanspruchs des
Auftraggebers zu sehen ist. Die Passage 
„Mandantinnen und Mandanten, die dem von ihnen
beauftragten Rechtsanwalt Dokumente übergeben haben, müssen sich darauf
verlassen können, diese von ihrem Rechtsanwalt auch wieder zurück zu bekommen,
soweit kein Fall des Absatzes 3 Satz 1 vorliegt.“ (BT-Drucks. 18/9521, S.
116, vorgelegt als Anlage K 4, Bl. 117 d.A.) lässt sich auch aus einer
berufsrechtlichen, auf den Erhalt der Achtung des Vertrauens des Rechtssuchenden
in die Integrität des Berufsstandes gerichteten Perspektive, lesen.              
Der vorgenannten Gesetzesbegründung lässt sich vielmehr
entnehmen, dass der primäre Regelungszweck der Aufbewahrungspflicht
aufsichtsrechtlicher Natur ist. So heißt es in der Gesetzesbegründung
(BT-Drucks. 18/9521, S. 115; Hervorhebungen durch den Verfasser):             
„Mit dem neuen Satz 2 wird erstmals eine
Aufbewahrungsfrist für diejenigen Teile der Handakte festgelegt, die nicht
unter § 50 Absatz 2 und 3 BRAO-E (derzeit § 50 Absatz 2 bis 4 BRAO) fallen.
Eine solche Fristbestimmungerscheint erforderlich, um klarzustellen, für welche
Dauer Handakten zum Zweck der Aufsicht zur Verfügungstehen müssen. Ein
datenschutzrechtlicher Löschungsanspruch der Mandantschaft ist während dieser
Zeit ausgeschlossen. Der Fristbestimmung kommt dabei die wichtige Funktion zu,
für alle Beteiligten auch im Hinblick auf die datenschutzrechtliche Vorgabe,
dass personenbezogene Daten jeweils nur so lange gespeichert werden dürfen, wie
ihre Speicherung erforderlich ist, allgemein und rechtssicher zu bestimmen, für
welche Frist eine Aufbewahrung der Handakte zulässig ist. Die sich derzeit noch
aus § 35 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 BDSG ergebende datenschutzrechtliche
Löschungsverpflichtung wird sich zukünftig voraussichtlich unmittelbar aus der
kurz vor der Verabschiedung stehenden Verordnung des Europäischen Parlaments
und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung
personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutzgrundverordnung)
ergeben. Gerade im Hinblick auf die dort sehr allgemeinen Regelungen zu
Löschungspflichten erscheint es sinnvoll und erforderlich, dass nicht jeder
einzelne Rechtsanwalt im Hinblick auf den Gegenstand jeder einzelnen Handakte
gegenüber der Datenschutzaufsichtsbehörde begründen muss, warum die
Aufbewahrung dieser Handakte zum Zweck der Aufsicht noch erforderlich ist,
sondern für einen bestimmten Zeitraum für alle Beteiligten die Erforderlichkeit
und Zulässigkeit der Aufbewahrung zu diesem Zweck gesetzlich klargestellt ist.
Anschließend sind die Handakten, da sie wohl immer personenbezogene Daten
enthalten werden, aufgrund der datenschutzrechtlichenVorgaben zu vernichten,
soweit sich nicht aus anderen Gründen eine Pflicht oder Befugnis zu ihrer weiteren
Aufbewahrung ergibt.             
Der Rechtsanwalt hat über die aufsichtsrechtlichen Aspekte
hinaus zumeist auch aus anderen Gründen ein Interesse daran, geordnete
Handakten zu führen. So kann er hierdurch den gegenüber seiner Mandantschaft
bestehenden Auskunfts-, Rechenschafts- und Herausgabepflichten nach den §§ 666,
667, 675 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und den §§ 11 und 23 BORA
nachkommen (vgl. Böhnlein in: Feuerich/Weyland, BRAO, 8. Auflage 2012, § 50
BRAO, Rn. 7).“               
Dieser Passage ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber mit
der Aufbewahrungspflicht vorrangig aufsichtsrechtliche Ziele verfolgt und
lediglich nachrangig auch die Erfüllung von zivilrechtlichen
Herausgabeansprüchen im Blick hat.  
Zwar ist dem Kläger insoweit beizupflichten, als vor diesem
Hintergrund die gesetzliche Regelung inkonsistent erscheint. Es erschließt sich
nicht, weshalb § 50 BRAO nicht die Vervollständigung der Handakte bei
Herausgabe an den Auftraggeber fordert, wenn der primäre Zweck
aufsichtsrechtlicher Natur ist (so auch Deckenbrock, NJW 2017, 1425, 1427).
Ebenso wenig ist die Regelung des § 50 Abs. 2 Satz 2 BRAO a.F. beziehungsweise
§ 50 Abs. 2 Satz 3 BRAO n.F., wonach der Rechtsanwalt die Aufbewahrungspflicht
abwenden kann, wenn er den Auftraggeber zur Entgegennahme aufgefordert hat, mit
der aufsichtsrechtlichen Zweckrichtung zu vereinbaren. Zu erwarten wäre auch
insoweit eine Pflicht zur Vervollständigung gewesen (Deckenbrock, NJW 2017,
1425, 1427). Dass das Gesetz seine Regelungsziele nicht konsequent verfolgt,
führt jedoch noch nicht dazu, dass diese – hier aus der systematischen
Stellung, der Regelung des § 56 Abs. 1 Satz 1 BRAO und dem gesetzgeberischen
Willen ableitbare – Regelungsziele obsolet werden.         
3.           
Ebenso wenig ist § 695 Satz 2 BGB auf den vorliegenden Fall
analog anzuwenden. § 695 Satz 2 BGB ist eine Sonderregelung, die den
Besonderheiten der §§ 688 ff. BGB Rechnung trägt. Da der Rückforderungsanspruch
des Hinterlegers bereits mit der Hinterlegung der Sache entsteht und dies dem
Hinterleger bekannt ist, hätte die Anwendbarkeit des § 199 Abs. 1 BGB zur
Folge, dass der Verwahrer nach Ende des vierten Jahres stets die Herausgabe der
Sache verweigern könnte (Sprau, in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, § 695 Rn. 1).
Dies widerspräche dem Wesen des verhaltenen Anspruchs aus § 695 Satz 1 BGB.               
Bei dem auf die Herausgabe der anwaltlichen Handakte
gerichteten Anspruch aus §§ 675 Abs. 1, 667 BGB besteht jedoch eine gegenüber §
695 BGB abweichende Interessenlage. Der Anspruch auf Herausgabe der
anwaltlichen Handakte wird spätestens fällig mit Beendigung des
Auftragsverhältnisses (BGH, NJW 1990, 510 (BGH 30.11.1989 – III ZR 112/88)), es
handelt sich mithin nicht um einen verhaltenen Anspruch (hierzu s. Ellenberger,
in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, § 199 Rn. 8). Wie bereits dargestellt wurde,
greift beim Anspruch auf Herausgabe der anwaltlichen Handakte auch der Zweck
der Verjährungsvorschriften, nämlich der Erhalt von Rechtsfrieden und der
Schutz des Schuldners vor einer Verschlechterung seiner Beweisposition.
4.           
Die Verjährungsfrist hat vorliegend gemäß § 199 Abs. 1 BGB
mit Schluss des Jahres 2012 begonnen. Der Anspruch ist mit Insolvenzeröffnung
fällig geworden. Dass der Kläger ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung von
den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis
hatte oder jedenfalls ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste, wird von dem
Kläger nicht in Abrede gestellt. Verjährung ist mithin mit Schluss des Jahres
2015 eingetreten. Eine Verjährungshemmung im Sinne des § 204 BGB ist nicht
ersichtlich. Nachdem die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben hat, ist
der Anspruch demnach nicht mehr durchsetzbar.               
B.           
Ein Herausgabeanspruch ergibt sich auch nicht aus § 695 Satz
1 BGB.   
Zwischen den Parteien ist kein Verwahrungsvertrag im Sinne
des § 688 BGB zustande gekommen.     
Vorrangig ist dabei die schriftliche und in Kopie als Anlage
K 1 (Bl. 9 ff. d.A.) zur Akte gereichte Mandatsvereinbarung auszulegen. Es
besteht eine Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für alle über ein
Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunden (BGH, NJW 1980, 1680, 1681). Wer eine im
Widerspruch zum Vertragsinhalt stehende für ihn günstige Vereinbarung
behauptet, ist hierfür darlegungs- und beweisbelastet (BGH, NJW 1980, 1680,
1681 (BGH 19.03.1980 – VIII ZR 183/79)). Gleichermaßen hat derjenige, der ein
ihm günstiges Auslegungsergebnis auf Umstände außerhalb der Urkunde stützt,
diese Umstände zu beweisen (BGH, NJW 1999, 1702 (BGH 05.02.1999 – V ZR
353/97)). Ebenso ist es Sache desjenigen, der ein vom Wortlaut und objektiven
Sinn abweichendes Verständnis der Erklärenden geltend macht, den abweichenden
(übereinstimmenden) Willen darzutun und nachzuweisen (BGH, NJW 1995, 3258; NJW
2001, 144, 145 (BGH 11.09.2000 – II ZR 34/99)).           
Ziffer 13 der Mandatsvereinbarung kann aus Sicht eines
objektiven Dritten bei vernünftiger Beurteilung der ihm bekannten oder
erkennbaren Umstände (zu diesem Maßstab s. BGH, NJW 2006, 286 f. (BGH
20.10.2005 – III ZR 37/05); NJW 2005, 3636 f.) nicht dahingehend verstanden
werden, dass die Parteien einen Verwahrungsvertrag geschlossen haben.               
Hiergegen spricht bereits, dass sich Ziffer 13 der
Mandatsvereinbarung auf die Pflicht zur Aufbewahrung von „Akten“
bezieht. Vertragstypische Pflicht des Verwahrungsvertrages ist es jedoch, dass
der Verwahrer verpflichtet wird, eine ihm von dem Hinterleger übergebene
bewegliche Sache aufzubewahren. Dies kann bei „Akten“, die erst im
Laufe des Mandatsverhältnisses nach und nach entstehen, bereits nur bezüglich
derjenigen Unterlagen der Fall sein, die von dem Mandanten an den Rechtsanwalt
übergeben werden. Ziffer 13 der Mandatsvereinbarung betrifft jedoch die
„Akten“ und damit auch solche Aktenbestandteile, die gar nicht
Gegenstand eines Verwahrungsvertrages sein können, etwa die Korrespondenz mit
Dritten oder dem Auftraggeber oder Schriftstücke oder sonstige Unterlagen, die
die Beklagte von Dritten erhalten würde. Darüber hinaus stellen die Handakten
des Rechtsanwalts, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat, dessen
Arbeitsgrundlage dar. Die vorgenannte Vertragsklausel bezieht sich mithin nicht
auf eine Übergabe beweglicher Sachen in die Obhut des Verwahrers zum Zwecke
fremdnütziger Aufbewahrung, wie es für den Verwahrungsvertrag typisch ist (dazu
s. Sprau, in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, § 688 Rn. 1).    
Weiterhin wird aus Satz 2 der vorgenannten Klausel deutlich,
dass die Vereinbarung einer Aufbewahrungsfrist im Hinblick auf die Berechtigung
zur Datenlöschung beziehungsweise Aktenvernichtung erfolgte, nicht jedoch im
Hinblick auf die Gewährung von Raum für eine bewegliche Sache und die Übernahme
der Obhut für sie.        
Nachdem die vorgenannte Vertragsklausel bereits eindeutig
nicht als Verwahrungsvertrag ausgelegt werden kann, verbleiben keine Zweifel
bei der Auslegung im Sinne des § 305c Abs. 2 BGB. Im Übrigen hat der Kläger
nicht dargelegt, dass es sich bei der vorgenannten Vertragsklausel um eine
solche handelt, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert ist und die
die Beklagte gestellt hat, § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern lediglich pauschal
auf § 305c Abs. 2 BGB Bezug genommen (s. Replik vom 17.01.2018, Seite 8, Bl.
111 d.A.).     
Der Kläger hat auch weder behauptet noch dargelegt, dass
eine im Widerspruch zum Vertrag stehende für ihn günstige Vereinbarung
geschlossen wurde noch dass die in seinem Sinne vorgenommene Vertragsauslegung
auf Umstände außerhalb der Urkunde zu stützen ist. Soweit er vorgetragen hat,
die Zeugen E und F hätten bei Vertragsschluss das Verständnis gehabt, dass für
einen Zeitraum von zehn Jahren nach Abschluss des Mandats offeriert worden sei,
die Unterlagen an den Mandanten herauszugeben (Schriftsatz vom 16.02.2018,
Seite 6, Bl. 164 d.A.), so hat er damit nicht ausreichend dargelegt, dass die
Vertragsparteien ein vom Wortlaut und objektiven Sinn der Mandatsvereinbarung
abweichendes übereinstimmendes Verständnis hatten. Der Kläger behauptet bereits
nicht, dass ein gegenüber der Mandatsvereinbarung abweichender
übereinstimmender Wille der Vertragsparteien bestand. Was den Vertreter der
Beklagten G anbelangt, so bestreitet der Kläger lediglich, dass dieser ein
anderes Verständnis gehabt habe als die vorgenannten Zeugen E und F. Sofern der
Kläger hiermit behaupten will, der Vertreter der Beklagten G habe das gleiche
Verständnis gehabt wie die Zeugen E und F, so handelt es sich um eine Behauptung
„aufs Geratewohl“ beziehungsweise „ins Blaue hinein“. Der
Kläger trägt dafür, dass der vorgenannte Vertreter der Beklagten entgegen dem
Inhalt der schriftlichen Mandatsvereinbarung ein solches Verständnis hatte,
keine greifbaren Anhaltspunkte vor, sodass sich diese Behauptung als
willkürlich darstellt. Demgegenüber hat die Beklagte vorgetragen, die Regelung
in Ziffer 13 der Mandatsvereinbarung sei vor dem Hintergrund
datenschutzrechtlicher Bestimmungen erfolgt; es sei darum gegangen,
unberechtigte Ersatzansprüche abwehren zu können (Klageerwiderung vom
13.06.2017, Seite 19, Bl. 80 d.A.). Wie sich aus der vorzitierten
Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 18/9521, S. 115) ergibt, kommen
datenschutzrechtliche Löschungspflichten des Rechtsanwalts durchaus in Betracht,
sodass ein berechtigtes Interesse an einer Verlängerung der
Aufbewahrungspflicht bestehen kann. Vor diesem Hintergrund hätte der Kläger
greifbare Anhaltspunkte dafür liefern müssen, dass der Vertreter der Beklagten
G ein vom Inhalt der Mandatsvereinbarung abweichendes mit demjenigen der Zeugen
E und F übereinstimmendes Verständnis hatte. Dies hat er nicht getan.            
C.           
Ein Herausgabeanspruch folgt auch nicht aus § 50 Abs. 3 Satz
1 BRAO. 
§ 50 Abs. 3 Satz 1 BRAO stellt entgegen der Auffassung des
Klägers bereits keine Grundlage für einen Anspruch auf Herausgabe der
anwaltlichen Handakte dar. Diese Vorschrift normiert lediglich ein
Zurückbehaltungsrecht des Rechtsanwalts bis zur Befriedigung wegen seiner
Gebühren und Auslagen.     
Dabei ist zunächst – worauf die Beklagte zu Recht
hingewiesen hat – streng zwischen zivilrechtlichem Anspruch und
berufsrechtlicher Pflicht zu unterscheiden. Das eine bedingt nicht zwangsläufig
das andere. Besteht ein zivilrechtlicher Anspruch im Verhältnis zwischen
Auftraggeber und Rechtsanwalt, so führt dessen Nichtbefriedigung nicht
zwangsläufig zu einer berufsrechtlichen Sanktion. Umgekehrt geht auch nicht
jede Verletzung einer berufsrechtlichen Pflicht mit einem zivilrechtlichen
Anspruch einher. Die grundsätzliche Unabhängigkeit der jeweiligen
Regelungsbereiche wird durch ihren unterschiedlichen Regelungszweck bedingt.
Während es zivilrechtlich um einen gerechten Ausgleich der Interessen im
Verhältnis zwischen Auftraggeber und Rechtsanwalt geht, verfolgt das
Berufsrecht – wie etwa § 43 Satz 2 BRAO zeigt – vorrangig den Zweck, die
Achtung und das Vertrauen der Rechtssuchenden in die Integrität des
Berufsstandes zu bewahren (s. auch BGH, NJOZ 2015, 501, 502, Rn. 8).    
Das von dem Kläger zitierte Urteil des Bundesgerichtshofes
vom 3.11.2014 (NJOZ 2015, 501) verhält sich nicht zu der Frage, ob § 50 Abs. 3
BRAO eine Anspruchsgrundlage zugunsten des Mandanten darstellt. In dem vom
Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ging es um die Frage, ob ein Rechtsanwalt,
der Handakten nicht herausgibt, berufsrechtlich gemäß §§ 113, 114 BRAO
sanktioniert werden kann, nicht jedoch um einen Herausgabeanspruch des
Mandanten. Der Bundesgerichtshof ist dabei zum Ergebnis gekommen, dass
unmittelbar aus § 50 Abs. 3 BRAO eine berufsrechtliche Herausgabepflicht
gefolgert werden müsse (BGH, NJOZ 2015, 501, 502 f., Rn. 9 ff.).     
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf die
Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie
und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe
(BGBl. I S. 1121) verweist, so folgt aus der Gesetzesbegründung nicht, dass §
50 Abs. 3 BRAO beziehungsweise die Gesamtregelung des § 50 BRAO in der bis zum
17.05.2017 geltenden Fassung (nachfolgend: a.F.) als Anspruchsgrundlage
zugunsten des Mandanten ausgestaltet war. Der Passage       
„Mit dem neuen Absatz 2 Satz 1 wird die derzeit
umstrittene Frage (…), ob neben der zivilrechtlichen Herausgabepflicht nach
den §§ 667, 675 BGB auch eine berufsrechtliche Herausgabepflicht besteht, der
Klärung zugeführt.“ (BT-Drucks. 18/9521, vorgelegt als Anlage K 4, Bl. 117
d.A.) lässt sich vielmehr entnehmen, dass der Gesetzgeber den vormals
herrschenden Streit über das Bestehen einer berufsrechtlich sanktionierbaren
Herausgabepflicht klären wollte. Eine Aussage dazu, ob § 50 Abs. 3 BRAO
beziehungsweise die Gesamtregelung des § 50 BRAO a.F. eine Anspruchsgrundlage
zugunsten des Mandanten darstellen, enthält die Gesetzesbegründung hingegen
nicht.         
Richtigerweise besteht zwar – wie vom Bundesgerichtshof
ausgeurteilt – eine aus § 50 Abs. 3 BRAO abgeleitete eigenständige und nicht
auf einen zivilrechtlichen Anspruch rekurrierende berufsrechtliche Pflicht zur
Herausgabe der anwaltlichen Handakte (BGH, NJOZ 2015, 501, 502 f., Rn. 9 ff.).
Dies hat die Rechtsanwaltskammer in dem hier durch den Kläger angestrengten
Beschwerdeverfahren (s. das Schreiben der Rechtsanwaltskammer D vom 18.05.2016,
Anlage B2) verkannt. Inzwischen wurde diese Herausgabepflicht für einen Teil
der Handakte in § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO ausdrücklich normiert.           
§ 50 Abs. 3 BRAO beziehungsweise die Gesamtregelung des § 50
BRAO a.F. stellen jedoch keine Anspruchsgrundlage zugunsten des Auftraggebers
dar. Bereits der Wortlaut lässt sich nicht in diese Richtung deuten. Ein
Anspruch ist nach der Legaldefinition des § 194 Abs. 1 BGB das „Recht, von
einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen“. § 50 Abs. 3 BRAO
normiert lediglich ein Zurückbehaltungsrecht des Rechtsanwalts und nimmt damit
auf einen anderweitig begründeten Anspruch Bezug. Auch die systematische
Stellung spricht gegen eine Anspruchsgrundlage zugunsten des Auftraggebers. Die
Bundesrechtsanwaltsordnung regelt das Berufsrecht der Rechtsanwälte und
verfolgt vorrangig das Ziel, die Achtung und das Vertrauen der Rechtssuchenden
in die Integrität des Berufsstandes zu bewahren (s.o.). Demgegenüber wird das
zwischen Auftraggeber und Rechtsanwalt bestehende Rechtsverhältnis durch die §§
675 ff. BGB geregelt. Eine in der Bundesrechtsanwaltsordnung normierte
zivilrechtliche Anspruchsgrundlage stellt sich mithin als systemfremd dar.
Letztlich besteht für einen zivilrechtlichen Herausgabeanspruch auch kein
Bedürfnis, weil die §§ 675 Abs. 1, 667 BGB dem Auftraggeber einen solchen
Anspruch gewähren (s.o.).           
D.          
Schließlich ergibt sich ein Herausgabeanspruch auch nicht
aus § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F.       
I.            
Dabei ist zunächst zu beachten, dass § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO
n.F. lediglich einen Teil der Handakte erfasst, nämlich Dokumente, die der
Rechtsanwalt aus Anlass seiner beruflichen Tätigkeit von dem Auftraggeber oder
für ihn erhalten hat.               
II.           
§ 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. stellt zwar eine
zivilrechtliche Anspruchsgrundlage zugunsten des Auftraggebers dar.      
Zwar spricht die Gesetzesbegründung zur Novellierung des §
50 BRAO gegen ein solches Verständnis. Dort heißt es:
„Mit dem neuen Absatz 2 Satz 1 wird die derzeit
umstrittene Frage (…), ob neben der zivilrechtlichen Herausgabepflicht nach
den §§ 667, 675 BGB auch eine berufsrechtliche Herausgabepflicht besteht, der
Klärung zugeführt. Dabei wird mit Offermann-Burckart (…) davon ausgegangen,
dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 50 BRAO auch eine berufsrechtliche
Herausgabepflicht angenommen hat, ohne diese dabei jedoch explizit zum Ausdruck
gebracht zu haben. Eine solche Pflicht erscheint auch inhaltlich sachgerecht:
Mandantinnen und Mandanten, die dem von ihnen beauftragten Rechtsanwalt
Dokumente übergeben haben, müssen sich darauf verlassen können, diese von ihrem
Rechtsanwalt auch wieder zurück zu bekommen, soweit kein Fall des Absatzes 3
Satz 1 vorliegt.“ (BT-Drucks. 18/9521, S. 116)      
Demnach sollte mit dem neuen § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO eine
berufsrechtliche Herausgabepflicht begründet werden, von einer zivilrechtlichen
Anspruchsgrundlage ist keine Rede.         
Allerdings ist der Wortlaut unmissverständlich. Die
Formulierung          
„(2) 1Dokumente, die der Rechtsanwalt aus Anlass seiner
beruflichen Tätigkeit von dem Auftraggeber oder für ihn erhalten hat, hat der
Rechtsanwalt seinem Auftraggeber auf Verlangen herauszugeben.“         
kann nicht anders verstanden werden, als dass dem
Auftraggeber ein Herausgabeanspruch eingeräumt wird. Die Novellierung wurde
entsprechend auch in der Literatur rezipiert (Deckenbrock, NJW 2017, 1425,
1427).           
III.         
§ 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. findet jedoch auf den
vorliegenden Fall keine Anwendung, weil für den Anspruch auf Herausgabe
derjenigen Dokumente, die die Beklagte aus Anlass des streitgegenständlichen
Mandatsverhältnisses von der Insolvenzschuldnerin oder für diese erhalten hat,
das zum Zeitpunkt des Abschlusses der Mandatsvereinbarung geltende Recht
maßgeblich ist.   
Eine Übergangsvorschrift findet sich im Gesetz zur Umsetzung
der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im
Bereich der rechtsberatenden Berufe (BGBl. I 2017, S. 1121) nicht. Es
entspricht jedoch einem allgemeinen Rechtsgedanken, dass ein Schuldverhältnis
in Bezug auf seine Voraussetzungen, seinem Inhalt und seinen Wirkungen dem
Recht untersteht, das zur Zeit der Verwirklichung seines
Entstehungstatbestandes galt (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018,
Einl. v. § 241 Rn. 14). Entsprechende Vorschriften finden sich etwa in Art.
170, 229 § 5 und 232 § 1 EGBGB. Ein Schuldverhältnis ist dabei eine
Sonderverbindung zwischen mindestens zwei Personen, kraft deren die eine von
der anderen eine Leistung zu fordern berechtigt ist, wobei es durch Vertrag,
einseitiges Rechtsgeschäft oder Gesetz entsteht (Grüneberg, in: Palandt, BGB,
77. Aufl. 2018, Einl. v. § 241 Rn. 3).        
Vorliegend ist mit Abschluss der Mandatsvereinbarung am
31.08.2011 zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten ein
Schuldverhältnis im vorgenannten entstanden. Es gilt nach dem eben
dargestellten Rechtsgrundsatz das zum Zeitpunkt der Entstehung dieses
Schuldverhältnisses geltende Recht. Der auf die Herausgabe der bei der
Beklagten geführten Handakte gerichtete Anspruch stützt sich auf §§ 675 Abs. 1,
667 BGB in Verbindung mit der vorgenannten Mandatsvereinbarung und ist mithin
in diesem Schuldverhältnis begründet.   
Die Einführung des § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. hat dabei
nicht die Wirkung, dass zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten ein
neues (gesetzliches) Schuldverhältnis entsteht mit der Wirkung, dass nunmehr §
50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. Anwendung findet und der Herausgabeanspruch in
unverjährter Form neu entsteht. Der Herausgabeanspruch nach § 50 Abs. 2 Satz 1
BRAO hat zur Voraussetzung, dass ein Geschäftsbesorgungsvertrag abgeschlossen
wurde. Der Auftraggeber kann sodann, auch noch vor Beendigung des Auftrags,
Herausgabe derjenigen Dokumente verlangen, die der Rechtsanwalt aus Anlass seiner
beruflichen Tätigkeit von dem Auftraggeber oder für ihn erhalten hat, ohne dass
weitere Voraussetzungen vorliegen müssen. § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. knüpft
mithin – wie auch der Anspruch aus §§ 675 Abs. 1, 667 BGB – an den Abschluss
des Geschäftsbesorgungsvertrages als Entstehungstatbestand an. Der auf §§ 675
Abs. 1, 667 BGB gestützte Herausgabeanspruch umfasst dabei auch solche
Dokumente, die der Rechtsanwalt aus Anlass des Mandatsverhältnisses von dem
Auftraggeber oder für diesen erlangt hat (s. zum Inhalt des Anspruchs aus §§
675 Abs. 1, 667 BGB BGH, NJW 1990, 510 f. (BGH 30.11.1989 – III ZR 112/88)),
sodass der Herausgabeanspruch nach § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. im
Herausgabeanspruch aus §§ 675 Abs. 1, 667 BGB aufgeht. Nach alledem entstand vorliegend
mit Einführung des § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. kein neues – auf die Herausgabe
von Dokumenten gerichtetes – Schuldverhältnis. Es verbleibt mithin bei der
Anwendung des zum Zeitpunkt des Abschlusses der Mandatsvereinbarung geltenden
Rechts unter Ausschluss des am 18.04.2017 in Kraft getretenen § 50 Abs. 2 Satz
1 BRAO n.F.  
IV.         
Der zwischen den Parteien geführte Streit, ob der Anwendung
des § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. das Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG
entgegensteht, ist demgegenüber nicht streiterheblich.            
Dabei hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass
Artikel 103 Abs. 2 GG zwar nicht nur für Kriminalstrafen, sondern auch für
staatliche Maßnahmen, die eine missbilligende hoheitliche Reaktion auf ein schuldhaftes
Verhalten enthalten und damit auch für ehrengerichtliche Strafen gilt (BVerfG
NJW 1969, 2192, 2194 f. (BVerfG 11.06.1969 – 2 BvR 518/66), s. auch BVerfG, NJW
1976, 1883). Vorliegend handelt es sich jedoch um einen Fall der
tatbestandlichen Rückanknüpfung und nicht um einen Fall der Rückbewirkung von
Rechtsfolgen, weil die Herausgabepflicht nach § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F.
lediglich daran anknüpft, dass sich beim Rechtsanwalt noch solche Dokumente
befinden, die aufgrund eines Mandatsverhältnisses aufbewahrt werden. Eine
tatbestandliche Rückanknüpfung liegt dann vor, wenn Tatbestände den späteren
Eintritt ihrer Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung
abhängig machen. Für diese Fälle wird kein genereller Vorrang der Rechtssicherheit
vor dem jeweils verfolgten gesetzgeberischen Anliegen angenommen (BVerfG, NJW
2004, 739, 748 (BVerfG 05.02.2004 – 2 BvR 2029/01) (Sicherungsverwahrung) für
den rechtsstaatlich begründeten Vertrauensschutz).       
Auf diese Streitfrage kommt es jedoch allein im Zusammenhang
mit der Verhängung berufsrechtlicher Sanktionen an. Für die Frage, welches
intertemporale Recht im zivilrechtlichen Verhältnis anzuwenden ist, ist auf die
oben dargestellten Grundsätze zurückzugreifen.   
E.           
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.     

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit
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LG Hagen zur unzulässigen Schleichwerbung auf Instagram

Das LG Hagen hat mit Beschluss
vom 29.11.2017, 23 O 45/17
zum Thema „Schleichwerbung auf Instagram“ zu
entscheiden und urteilte, dass eine unzulässige verschleierte Werbung  auch dann vorliegt, wenn in einem
Instagram-Auftritt Textbestandteile von Unterhaltungen mit den Followern
angelinkt werden und man auf die Homepage des Unternehmens weitergeleitet wird,
was allein durch die Verwendung der Zeichen # oder @ nicht ersichtlich ist.
Das LG Hagen hat damit seine eigene Rechtsprechung bestätigt.

Gründe:
I.
Der Kläger ist ein eingetragener W (AG Charlottenburg Nz
5155), zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung gewerblicher Interessen
seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung darauf gehört, dass die Regeln des
lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Dem Kläger gehören mehrere
Gewerbetreibende an, die Waren oder gewerbliche Leistungen aus der
Nahrungsergänzungsmittelbranche und der Modebranche, in der sich die Beklagte
ebenfalls bewegt, anbieten. Die Beklagte verfügt unter der Domaine www. XXX.com
über eine Homepage und betreibt auf der Plattform Instagram einen sog.
Mode-Blog.
Die Beklagte wies im Rahmen ihres Internetauftritts bei der
Plattform Instagram in der Form auf die Produktnamen „Paul Hewitt“,
„mollerusswiss“ und „detox delight“ hin, dass sie Fotos postete, d. h. ins Netz
stellte, auf dem sie mit einem Produkt der genannten Marken zu sehen war und
auf den jeweiligen Produkten, i. E. eine Uhr, eine Handtasche oder ein Getränk
ein sog. „link“ zu sehen war, der bei Benutzung direkt auf die Homepage des
jeweiligen Unternehmens führte. Gleichzeitig waren rechts neben den jeweiligen
Fotos die Kommentare der sog. „follower“ abgelichtet. Unter dem Chatnamen „XXX“
fand sich dabei beispielsweise der folgende Text:
 „… @paul_hewitt…“, „…
#paulhewitt …“ oder „… @mollerusswiss …“. Auch bei einem Klick auf diese
Textpassagen wurde man auf die Homepage der jeweiligen Unternehmen
weitergeleitet. Zu den Darstellungen und Texten im Einzelnen wird auf die
Anlage K 3 zur Klageschrift, Bl. 61 ff. d. A. Bezug genommen. Ein Hinweis in
der Form, dass in einer Ecke des Textes oder Bildes das Wort „Anzeige“ oder
„Werbung“ erschien, fand sich nicht. Auf der Homepage der Beklagten fand sich
im Impressum jedenfalls bis zum Tag der Entscheidung über die Kosten
ausschließlich die Anschrift „XXX, XXX“.
Der Kläger mahnte die Beklagte erfolglos ab. Die 3. Kammer
des Landgerichts Hagen hat wegen der besonderen Dringlichkeit durch die
Vorsitzende allein ohne mündliche Verhandlung im Beschlusswege am 16.6.2017
eine einstweilige Verfügung erlassen, mit dem die beantragte Unterlassung
ausgesprochen worden ist, siehe im Einzelnen Bl. 68 ff. d. A. Die Beklagte
meldete sich, anwaltlich vertreten, mit Schreiben vom 21. und 31.7.2017, siehe
im Einzelnen Anlage K6 und K7, Bl. 73 und 74 d. A., und kündigte eine
Beantwortung des Schreibens an, was danach jedoch nicht mehr geschah. Erst mit
Schreiben vom 13.9.2017, beim Kläger eingegangen im Original am 14.9.2017, gab
die Beklagte die geforderte Unterlassungserklärung ab.
Nachdem der Kläger ursprünglich mit der bei Gericht am
14.8.2017 eingegangenen und der Beklagten unter der o. g. Adresse am 31.8.2017
durch Niederlegung zugestellten Klage den im Tenor der Beschlussverfügung
genannten Antrag gestellt hat und weiter beantragt hat, die Beklagte zu
verurteilen, an den Kläger 178,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen, hat der Kläger mit
Schriftsatz vom 19.9.2017 und vom 6.11.2017 den Rechtsstreit in der Hauptsache
für erledigt erklärt und beantragt, der Beklagten des Rechtsstreits
aufzuerlegen.
Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung des Klägers
angeschlossen, aber beantragt, die Kosten dem Kläger aufzuerlegen.
Sie meint, die Klage sei nicht rechtshängig gewesen, weil
ihr lediglich eine einfache Abschrift der Klageschrift übermittelt worden sei,
da diese lediglich auf der ersten Seite ein unterzeichneter Vermerk „Beglaubigt
zwecks Zustellung“ enthielt.
II.
Die Parteien haben den Rechtsstreit in der Hauptsache
übereinstimmend für erledigt erklärt.
Gem. § 91a ZPO konnte durch Beschluss, der keiner mündlichen
Verhandlung bedarf, über die Kosten des Rechtsstreits entschieden werden.
Es bestand ein Prozessrechtsverhältnis bis zur Erledigung
des Rechtsstreits durch übereinstimmende Erklärungen. Die Klage ist der
Beklagten wirksam unter der Adresse in Hagen am 31.8.2017 durch Einlegen in den
Briefkasten zugestellt worden. Die Zustellung einer lediglich auf der ersten
Seite den Beglaubigungsvermerk enthaltende Klage ist wirksam gem. §§ 166, 180
ZPO. Dabei kann dahinstehen, ob die Ersatzzustellung an die alte Adresse
wirksam i. S. d. vorgenannten Vorschriften erfolgt ist, da dieser formalen
Mangel jedenfalls durch § 189 ZPO geheilt sind. Schließlich steht der
Rechtshängigkeit der Klage und damit der Annahme eines Prozessrechtsverhältnisses
nicht entgegen, dass der Beglaubigungsvermerk lediglich auf der ersten Seite
der Klageabschrift enthalten war. Für die Beglaubigung ist keine besondere Form
vorgeschrieben. Erforderlich ist jedoch, dass sich die Beglaubigung
unzweideutig auf das gesamte Schriftstück erstreckt und dessen Blätter als
Einheit derart verbunden sind, dass die körperliche Verbindung als dauernd
gewollt erkennbar und nur durch Gewaltanwendung zu lösen ist (vgl. BGH, NJW
1974, 1383; BGH, NJW 2004, 506). Dem genügte die zugestellte beglaubigte
Abschrift. Die Abschrift der Klage war mit einer Heftklammer zusammengeheftet.
Der Beglaubigungsvermerk befindet sich auf dem ersten Blatt und bezieht sich
auf das gesamte zugestellte Schriftstück; die Verbindung mit Heftklammern war als
körperliche Verbindung der einzelnen Blätter der Abschrift ausreichend. Der
Beglaubigungsvermerk auf der ersten Seite wirkt durch die von der Beklagten
nicht bestrittene feste Verbindung mit den weiteren Seiten der Klageschrift die
Beglaubigung der gesamten Klageschrift. Denn es ist nicht erheblich, auf
welcher Seite sich der Beglaubigungsvermerk befindet, sondern ob er sich
ersichtlich auf die vorangegangenen oder aber nachfolgenden Seiten bezieht.
Davon kann aber ausgegangen werden. Im Übrigen wäre ein etwaiger Formmangel
ebenfalls durch den unbestrittenen tatsächlichen Zugang gem. § 189 ZPO
ebenfalls geheilt (BGH, NJW 2016, 1517, zit. nach juris Rn. 15).
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Dies entspricht billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach-
und Streitstandes.
Nach dem bisherigen Vorbringen der Parteien bestehen an der
ursprünglichen Berechtigung der Klageforderung keine Bedenken.
Der Kläger hätte gegen die Beklagte einen Anspruch auf die
beantragte Unterlassung aus §§ 3, 3a, 5a Abs.2, 4, 6, 8, 12 UWG i. V. m. § 6
Abs. 2 TMG, Art. 10 Abs. 1, 2, Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO, Art. 7 LMIV, § 11 Abs.
1 LFGB, § 58 RStV NW gehabt.
Der Kläger ist klagebefugt gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.
Unstreitig gehören dem Kläger mehrere Unternehmen an, die im Bereich der
Modewaren, Schmuckwaren, Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel tätig sind.
Die Beklagte hat eine geschäftliche Handlung i. S. d. § 8
Abs. 1 S. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG vorgenommen. Geschäftliche Handlung ist nach
der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 Nr. 1 UWG jedes Verhalten einer Person zu
Gunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens auch vor einem
Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes von Waren objektiv
zusammenhängt. Soweit in den Bildablichtungen mit dem aufgesetztem Link zu den
Marken Paul Hewitt, mollerusswiss und detox delight verwiesen wird, kann darin
eine geschäftliche Handlung im o. g. Sinne ersehen werden, da der jeweilige
Follower durch diese Verlinkung auf die Webseite der genannten Unternehmen
weiter geleitet wurde und dort entweder Waren erwerben konnte oder jedenfalls
Unternehmen genannt bekam, welche deren Waren veräußerten, was beides objektiv
mit einer Förderung des Absatzes zusammenhängt.
Die Beklagte ist auch vor Einleitung des Prozessverfahrens
i. S. d. § 12 Abs. 1 S. 1 UWG wirksam abgemahnt worden. Soweit die Beklagte
einwendet, sie wohne bereits seit Januar 2017 nicht mehr unter der in ihrem
Impressum genannten Adresse, sondern sei in T-Straße, XXX gemeldet, ist dies
für die Annahme einer wirksamen Abmahnung unerheblich. Dabei kann dahinstehen,
ob der mündliche Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten, dem
insoweit die Prozessbevollmächtigte des Klägers im Termin der mündlichen
Verhandlung nicht mehr entgegengetreten ist, für eine Glaubhaftmachung reicht.
Denn insoweit geht die Kammer davon aus, dass die Beklagte angesichts des Umstands,
dass sie bis zum Termin der mündlichen Verhandlung und auch noch danach – wie
die Kammer überprüft hat – ihr Impressum auf ihrer Homepage www. XXX.com nicht
geändert hat und es sich insoweit um die einzige im öffentlichen Raum
zugängliche Adresse handelt, den Zugang von Postsendungen vereitelt hat, sodass
ihr Verhalten Treu und Glauben, § 242 BGB, widerspricht, sodass vom Zugang der
Postsendung auszugehen ist. Die von dem Kläger veranlasste Zustellung durch
Einschreiben mit Rückschein konnte ausgeführt werden, weil unter der Hagener
Adresse, die im Impressum der Beklagten genannt war, vor Ort, wie die
Prozessbevollmächtigte des Klägers im Termin kundtat, der Name der Beklagten
noch vorhanden war, sodass der Zusteller keinen Anlass hatte, nicht eine
entsprechende Benachrichtigung bei der Wohnung der Beklagten zu hinterlassen,
auf dem der Hinterlegungsort des Schriftstückes genannt war. Die Beklagte
bestreitet auch nicht, dass eine Abmahnung hinterlegt war, sondern vertritt
lediglich die Auffassung, dass dies einer wirksamen Zustellung der Abmahnung
entgegensteht. Insoweit muss sie sich aber behandeln lassen, als wäre sie nach
wie vor unter der XXX Adresse gemeldet. Denn gibt eine Partei eine
Geschäftsanschrift an, dann muss sie eine Zustellung an diesem Ort hinnehmen,
d. h. sie muss sich nach Treu und Glauben so behandeln lassen, als wäre die
Zustellung erfolgt (LG Düsseldorf, Urteil v. 15.12.2016, 14c O 73/16, zit. nach
juris Rn. 44).
Es besteht ein Verfügungsanspruch. Die Beklagte verstößt mit
den ins Netz gestellten Bildern, bei denen Produkte gewerblicher Unternehmen
mit einem Link zu deren Homepage versehen sind und dem danebenstehenden Text
ohne Kenntlichmachung, dass es sich insoweit um Werbung handelt, gegen § 5a
Abs. 6 UWG. Danach handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer
geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht
unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet
ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die
er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine derartige Verschleierung der Werbung
ist bei dem Instagram-blog, den die Beklagte führt, anzunehmen. Ein
Nichtkenntlichmachen des kommerziellen Zwecks liegt vor, wenn das äußere
Erscheinungsbild der geschäftlichen Handlung so gestaltet wird, dass der
Verbraucher ihren kommerziellen Zweck nicht klar und eindeutig erkennen kann
Dabei ist auf den konkreten Fall abzustellen und es sind alle tatsächlichen
Umstände sowie die Beschränkungen des verwendeten Kommunikationsmittels zu
berücksichtigen. Maßgebend ist die Sicht des durchschnittlich informierten,
situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers oder
des durchschnittlichen Mitglieds der angesprochenen Verbrauchergruppe. Geht es
um den Schutz besonders schutzbedürftiger Verbraucher, wie bspw. Kinder, gilt §
3 Abs. 4 S. 2 UWG. Da Kinder im Vergleich zu Erwachsenen weniger aufmerksam und
lesegeübt sind, sind an die Kennzeichnung als Werbung deutlich höhere und
kindgerechte Anforderungen zu stellen (Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 35.
Aufl. 2017, § 5a Rn. 7.24, m. w. N). Da es sich bei den auf Instagram
geposteten Bildern in ihrer Darstellung und mit dem danebenstehenden
Textbalken, auf dem sog. „Follower“ sich äußern können, dem äußeren Anschein
nach lediglich um einen Mode-blog der Beklagten handelt, wo sie sich mit ihren
Followern über ihre „outfits“ unterhält, ist auf dem ersten Blick nicht
ersichtlich, dass vorherrschendes Ziel dieser Bilder ist, für die auf dem Bild
ersichtlichen Produkte Werbung zu machen. Erschwerend kommt hinzu, dass es sich
bei der Verfügungbeklagten um eine Person handelt, die nicht nur Erwachsenen,
sondern nach eigener Kenntnis des Gerichts auch jugendlichen Personen bekannt
ist. Gerade für diesen Teil der Follower wird das Vermischen von werbenden mit
rein textlichen Elementen nicht sofort erkennbar sein. Die hinzugefügten
Zeichen wie @ oder # lassen den werbenden Charakter der Benennung der
Produktnamen nicht als Werbung offensichtlich erscheinen. Insoweit liegt der
Fall anders als etwa bei einer Unternehmens-Homepage, die der durchschnittlich
verständige Nutzer ohne weiteres als kommerzielle Kommunikation erkennt, die
keiner gesonderten Kennzeichnung des Inhalts oder einzelner Abschnitte mit
„Anzeige“ oder „Werbung“ bedarf.
Die Beklagte verstößt mit ihrem Instagram-Auftritt gegen §§
5a Abs. 2, Abs. 4 i. V. m. § 6 Abs. 2 TMG, der als verbraucherschützend
einzustufen ist (Köhler, in: Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 5a Rn. 5.28), soweit
sie in den Blog-Texten die Zeichen #paul_hewitt oder @paul-hewitt verwendet.
Bei dem Weblog (Blog) der Beklagten handelt es sich um eine kommerzielle
Kommunikation per elektronischer Post, da sich die Beklagte lediglich dem
Anschein nach mit ihren Followern über ihre Outfits unterhält, während sie
tatsächlich durch die Verlinkung mit den Produktnamen für diese Unternehmen
wirbt. Durch das Anklicken beider Textbestandteile ihrer Unterhaltung mit den
Followern wird man nach unbestrittenem Vortrag des Klägers auf die Homepage des
Unternehmens weiter geleitet, was allein durch die Verwendung der Zeichen #
oder @ nicht ersichtlich ist. Auf diese Weise verschleiert sie den
kommerziellen Charakter des Blogs.
Durch die Verwendung des Begriffs „detox delight“ verstößt
die Beklagte zudem gegen Art. 10 Abs. 1 HCVO (sog. Health-Claims-Verordnung).
Die speziellen Werbeverbote der HCVO sind Marktverhaltensregelungen i. S. v. §
3a UWG. Der Anwendungsbereich der HCVO ist eröffnet, da es sich bei dem
abgebildeten Gegenstand, den die Beklagte auf einem geposteten Bild in den
Händen hält, siehe Bl. 67 d. A., um eine Getränkeflasche mit Inhalt handelt,
das die Beklagte durch einen Strohhalm zu sich nimmt. Ein Getränk ist ein
Lebensmittel i. S. d. Art. 2 Abs. 1 lit a HCVO. Die Bezeichnung „detox“ für ein
Lebensmittel stellt eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne des Art. 2 Abs. 2
Nr. 5 HCVO dar. Eine Angabe ist gesundheitsbezogen, wenn mit ihr erklärt,
suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein
Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder
einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht.
Der Begriff „Zusammenhang“ ist dabei weit zu verstehen. Der Begriff
„gesundheitsbezogene Angabe“ erfasst jeden Zusammenhang, der eine Verbesserung
des Gesundheitszustandes dank des Verzehrs des Lebensmittels – sei es
unmittelbar oder mittelbar – impliziert. Für die in diesem Zusammenhang
vorzunehmende Beurteilung ist es nach Erwägungsgrund 16 S. 3 HCVO entscheidend,
in welchem Sinne der normal informierte, aufmerksame und verständige
Durchschnittsverbraucher die Angaben über Lebensmittel versteht. Es gilt dabei
kein statistischer, sondern ein normativer Maßstab. Nach ihm sind die
nationalen Gericht und Verwaltungsbehörden gehalten, von ihrer eigenen
Urteilsfähigkeit unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Union auszugehen, Erwägungsgrund 16 S. 5 und 6 HCVO (so OLG
Düsseldorf, Urteil vom 15.3.2016, 20 U 75/15, zitiert nach juris Rn. 18 mit
weiteren Nachweisen). Es kann dahinstehen, ob der Durchschnittsverbraucher, zu
denen auch die entscheidende Richterin gehört, die englischen Worte
„detoxicate“ oder „detoxication“ (“ entgiften“ bzw. „Entgiftung“) kennt und das
Wort „detox“ als deren Abkürzung sieht. Denn unabhängig von speziellen
Fremdsprachenkenntnissen sind dem Durchschnittsverbraucher die vorangestellte
Silbe „de“ im Sinne einer Verneinung oder Aufhebung und „tox“ als Hinweis auf
giftig („toxisch“ oder „toxikologisch“) bekannt, so dass er das Kunstwort
„detox“ ohne weiteres im Sinne von „Entgiftung“ verstehen wird (OLG Düsseldorf,
a. a. O., Rn. 21). Auch wenn es einen gewissen Trend gibt, „Entgiften“ auf alle
möglichen (angeblich) störenden Stoffe zu beziehen und so für eine bestimmte
Lebenseinstellung geprägte Lebensführung zu benutzen, die sich  durch eine Kombination aus ausgewogener
Ernährung, Bewegung und Entspannung definiert, das heißt schlicht eine gesunden
Lebensweise, die frei von „giftigen“ Einflüssen im übertragenen Sinne ist, muss
auch unter Berücksichtigung der aktuellen Marktsituation festgestellt werden,
dass der Durchschnittsverbraucher nach wie vor mit dem für ein Lebensmittel
benutzten Begriff „detox“ – im Sinne der eigentlichen Wortbedeutung – eine
„Entgiftung“ des Körpers und darauf folgende Verbesserung des
Gesundheitszustandes verbindet. Eine solche gesundheitsbezogene Angabe im Sinne
des Art. 10 Abs. 1 HCVO ist verboten, sofern sie nicht den allgemein Angaben in
Kap. II der HCVO und den speziellen Anforderungen in Kap. IV° HCVO entsprechen,
gemäß dieser Verordnung zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben
gemäß Art. 13, 14 HCVO aufgenommen sind. Da unstreitig keine Zulassung für die
gesundheitsbezogene Angabe „detoxisch“ besteht, liegt ein Verstoß gegen Art. 10
Abs. 1 HCVO vor (vgl. OLG Düsseldorf, a. a. O., zit. nach juris Rn. 30).
Weiter verstößt die Abbildung mit dem Link „detox delight“
gegen § 11 Abs. 1 Nr. 1 (Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und
Futtermittelgesetzbuch (LFGB) i. V. m. Art. 7 Abs. 1 lit b) Verordnung zur
Information der Verbraucher über Lebensmittel (LMIV). Danach dürfen
Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein, insbesondere indem dem
Lebensmittel Wirkungen oder Eigenschaften zugeschrieben werden, die es nicht
besitzt. Der Verbraucher wird aber davon ausgehen, dass er mit der Einnahme
dieses Getränkes Gifte aus dem menschlichen Körper entfernen könne. Eine „
Entgiftung“ bzw. „Entschlackung“ des Körpers über die körpereigene Funktion
hinausgehend hat aber keine schulmedizinische Basis.
Die Bilddarstellungen der Beklagten verstoßen außerdem gegen
§ 5a Abs. 4 UWG i. V. m. § 58 RStV NW. Bei dem Weblog der Beklagten handelt es
sich um ein Telemedium i. S. d. § 1 RStV, für das die Regelungen des IV.-VI.
Abschnitts des Staatsvertrags, i. E. § 58 RStV gelten (vgl. VG Münster, Urt. v.
14.6.2010, 1 L 155/10 zur Homepage eines Internetanbieters, zit. nach juris).
Gem. §§ 7 Abs. 3, 58 Abs. 1, 3 RStV muss Werbung als solche klar erkennbar sein
und vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt sein. Das ist aus den
bereits zu § 5a Abs. 6 UWG dargelegten Gründen nicht der Fall.
Ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von
178,50 € hätte die Klägerin aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG gehabt. Die Abmahnung der
Beklagten erfolgte berechtigt. Die Höhe der Kosten wurde von der Beklagten
nicht angegriffen und erscheinen dem Gericht auf der Grundlage des § 287 ZPO
auch angemessen vor dem Hintergrund, dass anwaltliche Abmahnkosten deutlich
höher ausgefallen wären.
Der Zinsanspruch im Hinblick auf die geltend gemachte
Nebenforderung wäre aus § 291 S. 1 BGB gefolgt.
Auch unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 93 ZPO
bestand kein Anlass, von dieser Kostenfolge abzusehen. Dessen Voraussetzungen,
nämlich, dass kein Klageanlass bestanden hätte und sofort anerkannt bzw.
erfüllt worden wäre, lagen hier nicht vor.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der sofortigen
Beschwerde gegeben, wenn der Wert der Hauptsache 600,00 EUR und der Wert des
Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt. Die sofortige Beschwerde ist bei
dem Landgericht Hagen, I-Straße, 58097 Hagen, oder dem  Oberlandesgericht Hamm, I, 59065 Hamm,
schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle
einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle
eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
Die sofortige Beschwerde muss die Bezeichnung des
angefochtenen Beschlusses (Datum des Beschlusses, Geschäftsnummer und Parteien)
sowie die Erklärung enthalten, dass sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss
eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden.
Die sofortige Beschwerde muss spätestens innerhalb einer
Notfrist von zwei Wochen bei dem Landgericht Hagen oder dem  Oberlandesgericht Hamm eingegangen sein. Dies
gilt auch dann, wenn die sofortige Beschwerde zur Niederschrift der
Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichts abgegeben wurde. Die Frist beginnt
mit der Zustellung des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach
Erlass des Beschlusses.

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Brandenburgisches OLG – Container-Signatur

Das Brandenburgisches OLG hat sich in dem Beschluss vom 06.03.2018, 13
WF 45/18
mit der Container-Signatur auseinandergesetzt und entschieden,
dass das Verbot, mehrere elektronische Dokumente mit einer gemeinsamen
qualifizierten elektronischen Signatur zu übermitteln (§ 4 II ERVV), einer auf
sein Regelungsziel bezogenen einschränkenden Auslegung bedarf, um nicht gegen
das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 III GG) zu verstoßen. Um die Integrität und
Authentizität einer qualifizierten elektronischen Signatur uneingeschränkt
sicherzustellen, bedarf es des Verbots der Container- oder Umschlagsignatur
jedenfalls nicht, wenn der Absender mit ihr nur elektronische Dokumente
verbindet, die sämtlich ein Verfahren betreffen und die nach dem Eingang bei
Gericht zusammen mit den bei der Übermittlung angefallenen Informationen und
mit dem Ergebnis der Signaturprüfung auf Papier ausgedruckt und zu den
Gerichtsakten genommen werden.

              

Leitsätze:
Das Verbot, mehrere elektronische Dokumente mit einer
gemeinsamen qualifizierten elektronischen Signatur zu übermitteln (§ 4 II
ERVV), bedarf einer auf sein Regelungsziel bezogenen einschränkenden Auslegung,
um nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 III GG) zu verstoßen.
Um die Integrität und Authentizität einer qualifizierten
elektronischen Signatur uneingeschränkt sicherzustellen, bedarf es des Verbots
der Container- oder Umschlagsignatur jedenfalls nicht, wenn der Absender mit
ihr nur elektronische Dokumente verbindet, die sämtlich ein Verfahren betreffen
und die nach dem Eingang bei Gericht zusammen mit den bei der Übermittlung
angefallenen Informationen und mit dem Ergebnis der Signaturprüfung auf Papier
ausgedruckt und zu den Gerichtsakten genommen werden.
Gründe:
Die Antragstellerin hat Verfahrenskostenhilfe beantragt, um
sodann eine Regelung ihres Umgangs mit dem Kind ihrer Schwester zu erreichen.             
I.            
Nach der Trennung von ihrem Ehemann, dem Antragsgegner,
wohnte die Antragsgegnerin mit dem hier beteiligten und drei weiteren Kindern
von September 2016 bis Februar oder März 2017 im Haushalt der Antragstellerin.          
Die Antragstellerin meint, sie sei zum Umgang mit den
Kindern berechtigt, weil während des Zusammenlebens eine sozial-familiäre
Beziehung zu ihnen entstanden sei. Die entstandene enge Bindung sei nach dem
Auszug durch häufige Besuche aufrechterhalten worden, bis die Antragsgegnerin
weiteren Kontakt zu den Kindern unterbunden habe.       
Die Antragsgegnerin entgegnet, eine enge Bindung zwischen
den Kindern und der Antragstellerin sei nicht entstanden. Das Zusammenleben sei
konfliktbelastet verlaufen. Die Antragstellerin habe sich bei der zeitweise
übernommenen Betreuung der Kinder überfordert gezeigt. Die Kinder seien wegen
der unüberbrückbaren Differenzen zwischen der Antragstellerin und der
Antragsgegnerin in einen Loyalitätskonflikt geraten. Umgang mit der
Antragstellerin diene deshalb dem Kindeswohl nicht.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den
Antrag der Antragstellerin abgelehnt, ihr Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen.
Schon der Vortrag der Antragstellerin rechtfertige ein Umgangsrecht nicht. Eine
sozial-familiäre Beziehung setze ein Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft
für mindestens ein Jahr voraus.      
Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat
der Einzelrichter mit Beschluss vom 5. März 2018 wegen der grundsätzlichen
Bedeutung der Zulässigkeit der Beschwerde dem Senat zur Entscheidung in der
Besetzung mit drei Richtern übertragen (§§ 76 II FamFG, 568 S. 2 Nr. 2 ZPO, 122
I GVG).    
II.            Die
Beschwerde ist zulässig.     
Sie ist in gehöriger Form eingelegt. Dass der
Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin bei der Übermittlung an das
Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach die Dateien, die die
Beschwerdeschrift und die Anlage enthalten, nicht mit qualifizierten
elektronischen Signaturen versehen hat, sondern diese Signatur nur als
Container- oder Umschlagsignatur an die Verbindung der Dateien angebracht war,
verstößt nicht gegen § 4 II ERVV.  
Die sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der
Verfahrenskostenhilfe ist nach den §§ 76 II FamFG, 569 II 1, III ZPO
schriftlich einzulegen, wenn sie nicht zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt
wird. Der Schriftform genügt ein elektronisches Dokument, das an das
Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) übermittelt wird, wenn
es mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist (§§ 76 II
FamFG, 130 a I, III ZPO, 4 I Nr. 2 ERVV). Das Verbot, mehrere elektronische
Dokumente mit einer gemeinsamen qualifizierten elektronischen Signatur zu
übermitteln (§ 4 II ERVV), bedarf einer auf sein Regelungsziel bezogenen
einschränkenden Auslegung, um nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 III
GG) zu verstoßen.          
1. Die aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 III GG)
abzuleitende allgemeine Rechtsschutzgarantie gewährleistet nicht nur, dass
überhaupt ein Rechtsweg zu den Gerichten offensteht. Ebenso wie Art. 19 IV 1
GG, dessen Anwendungsbereich auf die vollziehende Gewalt beschränkt ist,
garantiert sie vielmehr auch die Effektivität des Rechtsschutzes (BVerfGE 122,
248, 270 f.). 
Die Garantie der Effektivität des Rechtsschutzes richtet
sich vor allem an die rechtsanwendenden Gerichte. Das Rechtsstaatsgebot
verbietet es den Gerichten, bei der Auslegung und Anwendung der
verfahrensrechtlichen Vorschriften den Zugang zu den in der Verfahrensordnung
eingeräumten Instanzen von Voraussetzungen abhängig zu machen, die unerfüllbar
oder unzumutbar sind (BVerfGE 122, 248, 271). Der Zugang zu den in den
Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen darf nicht in unzumutbarer, aus
Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (BVerfGE 41,
23, 26; 41, 323, 326 f.; 42, 128, 130; 44, 302, 305; 52, 203, 207; 69, 381,
385; 79, 372, 378; 88, 118, 124; 110, 339, 342; 112, 185, 207; 122, 248, 271;
136, 382, 393).  
Das Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, richtet
sich aber nicht erst an die rechtsanwendenden Gerichte, sondern auch an den
Gesetzgeber, der die Verfahrensordnung gestaltet. Die Rechtsschutzgewährung
durch die Gerichte bedarf einer normativen Ausgestaltung durch eine
Verfahrensordnung. Dabei kann der Gesetzgeber auch Regelungen treffen, die für
ein Rechtsschutzbegehren besondere formelle Voraussetzungen aufstellen und sich
dadurch für den Rechtsuchenden einschränkend auswirken (BVerfGE 10, 264, 268;
60, 253, 268 f.; 77, 275, 284; 88, 118, 123 f.; 112, 185, 207). Es dient sowohl
dem öffentlichen Interesse als auch dem Interesse der am Verfahren beteiligten
Rechtsuchenden, Form- und Fristerfordernisse für Rechtsmittel vorzusehen. Diese
Anforderungen an ein Rechtsmittel stellen sicher, dass alsbald durch eine in
aller Regel einfache, schematisch und mithin rasch durchführbare Überprüfung
deutlich wird, ob eine Entscheidung angefochten ist und eventuell abgeändert
werden wird oder ob sie unanfechtbar und verbindlich geworden ist. Form- und
Fristerfordernisse dienen damit sowohl der Rechtssicherheit als auch der
Verfahrensbeschleunigung (vgl. BVerfGE 88, 118, 124; 93, 99, 108).         
Bei der Gestaltung der Verfahrensordnung mit diesem Ziel hat
der Gesetzgeber, wie ebenfalls aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt, die
betroffenen Belange angemessen zu gewichten und in Bezug auf die Auswirkung der
Regelung auf den einzelnen Rechtsuchenden den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
zu beachten. Beschränkungen des Zugangs zu einer weiteren Instanz müssen mit
den Belangen einer rechtsstaatlichen Verfahrensordnung vereinbar sein und
dürfen den einzelnen Rechtsuchenden nicht unverhältnismäßig belasten. Darin
findet die Ausgestaltungsbefugnis des Gesetzgebers ihre Grenze (BVerfGE 88,
118, 124 f.).    
2. Diese Grenze wird durch § 4 II ERVV nur eingehalten, wenn
er einschränkend ausgelegt wird und die Zulässigkeit eines Rechtsmittels nicht
scheitert, wenn die Container-Signatur die Überprüfung der Authentizität und Integrität
der zur Einlegung des Rechtmittels übermittelten elektronischen Dokumente
zulässt. Diese Überprüfung ist möglich, wenn – wie im hier zu beurteilenden
Fall – das Ergebnis der Integritätsprüfung der Container-Signatur, das
Verzeichnis der gemeinsam übersandten Dateien und die Zuordnung der
Dateibezeichnungen zu den Schriftsätzen auf Papierausdrucken verzeichnet sind,
die ebenso wie die ausgedruckten Schriftsätze zu den Gerichtsakten genommenen
werden.     
a) Bis zum Jahresende 2017 gebot § 130 a I 2 ZPO, das
elektronische Dokument solle mit einer qualifizierten elektronischen Signatur
versehen sein. Dass die Container-Signatur dieser Anforderung genügte, hatte
sich als nahezu einhellige Auffassung durchgesetzt. Nur ein solches Verständnis
des Begriffs der qualifizierten elektronischen Signatur trage dem Anspruch der
Beteiligten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes ausreichend Rechnung,
der es unter anderem verbietet, an die Beachtung formeller Voraussetzungen für
die Geltendmachung eines Rechtsschutzbegehrens überspannte Anforderungen zu
stellen. Bei der Übersendung elektronischer Dokumente an das EGVP werde Sinn
und Zweck der qualifizierten Signatur – die Sicherstellung von Authentizität
und Integrität des Dokuments – erreicht. Die qualifizierte Container-Signatur
sei dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht nur die jeweils übersandte
Einzeldatei, sondern die gesamte elektronische Nachricht umfasse, mit der die
Datei an das Gericht übermittelt werde. Ebenso wie die Einzelsignatur stelle
sie sicher, dass die Nachricht auf dem Weg vom Sender zum Empfänger nicht
manipuliert worden sei. Sie ermögliche die Feststellung, ob der Inhalt der
übersandten Dateien verändert worden sei. Darüber hinaus biete die
qualifizierte Container-Signatur eine der Einzelsignatur vergleichbare Gewähr
für die Urheberschaft und den Willen des Verfassers, die übersandten Dokumente
in den Rechtsverkehr zu bringen (BGHZ 197, 209, Abs. 10 f., m. umfangr. Nachw.;
zuvor: BFHE 215, 47, 52 f.; BVerwGE 138, 102, Abs. 15).
b) Seit dem 1. Januar 2018 muss das elektronische Dokument
mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein (§ 130 a III
ZPO), und die auf § 130 a II 2 ZPO beruhende Verordnung über die geeigneten
technischen Rahmenbedingungen ergänzt dieses Gebot um ein Verbot: „Mehrere
elektronische Dokumente dürfen nicht mit einer gemeinsamen qualifizierten
elektronischen Signatur übermittelt werden“ (§ 4 II ERVV).           
aa) An diesem Verbot müsste, gälte es ohne Beschränkungen
seines kategorischen Wortlauts, die Beschwerde der Antragstellerin scheitern.
Ihr Verfahrensbevollmächtigter hat zur Einlegung der Beschwerde zwei
elektronische Dokumente an das EGVP übersandt. Da die Akten weder bei dem
Amtsgericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, noch beim
Oberlandesgericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, elektronisch
geführt werden, sind der Inhalt der Dateien und die Informationen, die beim
Empfang der Dateien angefallen sind, auf Papier ausgedruckt und zu den
Gerichtsakten genommen worden. Diese Ausdrucke haben folgenden Inhalt: Die
übermittelten Dateien sind mit „Liste zu Fotos_Kontakte.pdf“ und mit
„Original-D1_D373-18.pdf“ bezeichnet (Bl. 47). Keine der beiden Dateien
ist mit einer Einzelsignatur versehen (Bl. 48, 49). Die Verbindung beider
Dateien ist mit einer hier sogenannten Umschlagsignatur versehen, deren
Integrität erfolgreich und mit positivem Ergebnis geprüft worden ist (Bl. 45,
47, 48, 49). Die Datei „Original-D1_D373-18.pdf“ enthält die
Beschwerdeschrift (Bl. 48, 50 – 52), die Datei „Liste zu
Fotos_Kontakte.pdf“ eine in der Beschwerdeschrift bezeichnete (Bl. 51)
Anlage (Bl. 49, 53 – 91).              
bb) Die Container- oder Umschlagsignatur, die der
Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin verwendet hat, erlaubt ohne Einschränkungen
die erforderlichen Prüfungen der Integrität und Authentizität und die
dauerhafte Dokumentation der Prüfungsergebnisse. Die tatsächlichen Verhältnisse
haben sich mit dem Inkrafttreten des § 4 II ERVV am 1. Januar 2018 (§ 10 I
ERVV) nicht verändert. Die positiv verlaufene Prüfung der Container-Signatur
weist aus, dass die gemeinsam übersandten Dateien vom Signaturinhaber, dem
Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin, stammen und auf dem
Übermittlungsweg vom Absender bis zum Empfang im EGVP nicht verändert worden
sind. Die auf diese Weise beim Gericht eingereichten Dateien haben den Inhalt,
der auf Papier ausgedruckt und zu den Akten genommen worden ist. Ob die Dateien
danach verändert worden sind, ist nicht dokumentiert, weil es ohne Belang bleibt:
Gegenstand des weiteren Verfahrens sind allein die Papierausdrucke. Die zur
Entscheidung berufenen Richter erhalten nichts anderes als die Papierakte.
cc) Das in dem Verbot der Container- oder Umschlagsignatur
(§ 4 II ERVV) enthaltene Gebot, die Schriftform (§ 569 II 1 ZPO) könne allein
noch durch Einzelsignaturen aller Dokumente eingehalten werden, die dieser Form
zu genügen haben, bewirkt mithin keinen Fortschritt in der Erfüllung des
Zweckes, die Authentizität und Integrität des übermittelten elektronischen
Dokuments überprüfen zu können. Für einen Beteiligten, dessen
Verfahrensbevollmächtigter die Container-Signatur, nicht aber Einzelsignaturen
verwendet, wirkt sich die gesteigerte Formenstrenge als eine Beschränkung aus,
die zur Unzulässigkeit des eingelegten Rechtsmittels führen kann, ohne dass ein
Zweck erreicht werden könnte, der dem Beteiligten selbst oder einem
Allgemeininteresse zum Vorteil gereichen könnte.     
Mit der Einführung des Verbots der Container-Signatur werden
Regelungsziele verfolgt, die ohne Bezug zu dem unverändert gebliebenen
tatsächlichen Ablauf des Einreichens elektronischer Dokumente bleiben.  
α) Die verordnende Bundesregierung hält das Verbot der
Container-Signatur für geboten, weil andernfalls eine Überprüfung der
Authentizität und Integrität der elektronischen Dokumente im weiteren Verfahren
regelmäßig nicht mehr möglich sei. Nach der Trennung der einzelnen
elektronischen Dokumente könne die Container-Signatur nicht mehr überprüft
werden. Insbesondere könnten die anderen Verfahrensbeteiligten nicht mehr
nachvollziehen, ob die Authentizität und Integrität der elektronischen
Dokumente gewährleistet sei (BR-Drs. 645/17, S. 15).
Diese Bedenken sind unbegründet, weil die Akten nicht
elektronisch geführt werden. Das Ergebnis der Prüfung der Container-Signatur
wird zur gleichen Zeit auf Papier ausgedruckt und zu den Akten genommen wie der
Inhalt der einzelnen Dateien. Es bleibt während des gesamten Verlaufs des
Verfahrens, ja sogar bis zur Vernichtung der Papierakte, überprüfbar, mit
welchem Ergebnis die Container-Signatur geprüft wurde, welche Dateien gemeinsam
übersandt wurden und welchen Inhalt diese Dateien hatten. Die Richter können
all dies zur Kenntnis nehmen, so oft sie es für erforderlich halten, und ebenso
die Verfahrensbeteiligten, denen Abschriften der betreffenden Aktenblätter
übersandt werden können oder die die Akte selbst einsehen können.      
β) Die Bundesregierung meint, unmöglich würde die
nachträgliche Prüfung der Signatur insbesondere bei mehrere Verfahren
betreffenden elektronischen Dokumenten im Zuge der geplanten verbindlichen
Einführung der elektronischen Akte. Da aus datenschutzrechtlichen Gründen hier
nur die das einzelne Verfahren betreffenden elektronischen Dokumente zur Akte genommen
werden dürfen, sei eine Überprüfung der Signatur durch die Richter und
Verfahrensbeteiligten dann stets ausgeschlossen (a.a.O.).       
Dem ist zum einen entgegenzuhalten, dass die elektronische
Akte bislang nicht eingeführt ist. Weder gilt derzeit ein Gebot, die Akten nur
noch elektronisch zu führen, noch wird ohne ein dahingehendes Gebot so
verfahren – jedenfalls nicht bei den Familiengerichten Brandenburgs und deren
Beschwerdegericht, dem Brandenburgischen Oberlandesgericht. Wer sich mittels des
EGVP an diese Gerichte mit mehreren zugleich übersandten elektronischen
Dokumenten wendet, die mit einer gemeinsamen Container-Signatur versehen sind,
muss nicht damit rechnen, dass die Überprüfung dieser Signatur unmöglich wird,
weil das Prüfungsergebnis – wie bereits beschrieben – stets sogleich nach dem
Empfang auf Papier ausgedruckt wird.           
Ob die Aufteilung mehrerer zugleich übersandter
elektronischer Dokumente auf mehrere Verfahren zu Beschränkungen der
Überprüfbarkeit der Container-Signatur führen könnte, braucht nicht näher
erörtert zu werden. Eine Formenstrenge, die diesen Beschränkungen vorbeugen
soll, erfüllt jedenfalls demjenigen Beteiligten gegenüber keinen Zweck, der
elektronische Dokumente nur je für ein Verfahren übersendet. So gehen – nach
dem Überblick des Senats über die wenigen bei ihm anhängigen Verfahren, in
denen überhaupt elektronische Dokumente eingereicht werden – alle Absender vor.
Auch der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hat mit der
Container-Signatur die Verbindung zweier elektronischer Dokumente versehen, die
beide zum selben Verfahren gehören. Die Beschwerdeschrift in einem weiteren
Verfahren, in dem die Antragstellerin Umgang mit den drei weiteren Kindern der
Antragstellerin begehrt (13 WF 46/18), hat der Verfahrensbevollmächtigte in
einer weiteren, gesonderten Mitteilung an das EGVP gesandt (dort Bl. 44 ff.).               
Solange die elektronischen Dokumente auf Papier ausgedruckt
und die Ausdrucke zu den Akten genommen werden, wäre es zudem ohne großen
Mehraufwand möglich, das Ergebnis der Überprüfung der Container-Signatur zu
allen Akten zu nehmen, wenn die zugleich übersandten elektronischen Dokumente
mehrere Verfahren betreffen sollten. Die Blätter, die das Prüfergebnis und das
Verzeichnis der zugleich übersandten Dateien enthalten, müssten dazu mehrmals
ausgedruckt und in jede der Akten geheftet werden.           
§ 4 II ERVV mag somit, wie die Bundesregierung erläutert
hat, einen Zweck erfüllen, der ein angemessenes Gegengewicht zu der
Beschränkung bildet, die mit der Steigerung der Formenstrenge für die
Beteiligten verbunden ist, wenn die elektronische Akte normativ geboten und
auch tatsächlich verwendet wird. Es besteht aber keine Rechtfertigung, die
gesteigerte Formenstrenge schon zu gebieten, solange sie einen Zweck noch nicht
zu erfüllen hat. Es ist unverhältnismäßig, den Beteiligten
Zugangsbeschränkungen zur Beschwerdeinstanz aufzuerlegen, denen nur die
Aussicht auf einen zukünftig eventuell hinzutretenden rechtfertigenden Zweck
gegenübersteht.         
γ) Die Annahme der Bundesregierung, das Verbot der
Container-Signatur führe nicht zu erheblichen Nachteilen für die Absender
(a.a.O.), wird den Anforderungen an die Rechtfertigung einer Verschärfung der
Formenstrenge nicht gerecht. Zum einen kann die Gewichtung des Nachteils als
nicht erheblich in Frage gestellt werden. Es mag ohne großen Aufwand möglich
sein, die übersandten Dateien mit Einzelsignaturen zu versehen. Dieser Aufwand
ist nicht erheblich. Aber der Nachteil, der mit der Verwendung nur der Container-Signatur
verbunden ist, muss als erheblich angesehen werden, denn bei Gültigkeit des
Verbots folgte hieraus die Unzulässigkeit des so eingelegten Rechtsmittels. Zum
anderen bedarf auch eine nicht erhebliche, sondern nur leichte weitere
Beschränkung des Zugangs zur Rechtsmittelinstanz der Rechtfertigung durch eine
ihr gegenüberstehende bessere Zweckerfüllung in Bezug auf die Rechtssicherheit
oder die Verfahrensbeschleunigung. Diese Rechtfertigung ist nicht zu begründen.        
δ) Dass die qualifizierte elektronische Signatur und damit
die weitere Beschränkung durch § 4 II ERVV an Bedeutung verliere, weil zugleich
mit deren Inkrafttreten weitere sichere Übermittlungswege (§§ 130 a IV ZPO, 4 I
Nr. 1 ERVV) eröffnet würden, für die eine Signatur nicht erforderlich sei
(a.a.O.), hat sich als zu günstige Prognose erwiesen. Das gerade für
Rechtsanwälte vorgesehene besondere elektronische Anwaltspostfach funktioniert
noch immer nicht, und es ist nicht abzusehen, wann es in Betrieb genommen
werden wird (vgl. die Antwort der Bundesregierung vom 23. Februar 2018 auf eine
Kleine Anfrage, BT-Drs. 19/898, S. 2; Mitteilung der Bundesrechtsanwaltskammer:
http://bea.brak.de/fragen-und-antworten/e-bea-muss-vorerst-offline-bleiben-fragen-und-antworten/,
abgerufen am 5. März 2018). Die qualifizierte elektronische Signatur hat
jedenfalls bislang nicht an Bedeutung verloren, wenn ein Rechtsanwalt
elektronische Dokumente bei Gericht einreichen möchte.          
c) Der Senat braucht zur Beurteilung der Zulässigkeit der
hier eingelegten Beschwerde nicht zu entscheiden, ob das Verbot der
Container-Signatur (§ 4 II ERVV) in keinem denkbaren Anwendungsfall einen Zweck
erfüllen könnte, der der zusätzlichen Beschränkung als rechtfertigendes
Gegengewicht gegenüberstehen könnte. Eine etwaige Verfassungswidrigkeit wegen
Verstoßes gegen die auf dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 III GG) beruhende
allgemeine Rechtsschutzgarantie, die den gesamten Regelungsumfang der Norm
erfasste, braucht nicht erwogen zu werden, weil jedenfalls eine einschränkende,
auf den Zweck des Verbots beschränkte und damit verfassungskonforme Auslegung
möglich ist. Dazu können abgrenzbare, abstrakt beschriebene Fallkonstellationen
von der Geltung des § 4 II ERVV ausgenommen werden. Es kann offenbleiben, ob
das Verbot in Verfahren einen rechtfertigenden Zweck erfüllt, die vollständig
elektronisch geführt werden, so dass die eingereichten elektronischen Dokumente
nicht auf Papier ausgedruckt, sondern stets nur als flüchtige Abbildung der
Datei gelesen und in Form einer kopierten Datei oder als Zugriff auf einen
Datenspeicher den Beteiligten zur Kenntnis gegeben werden.          
Um die Integrität und Authentizität einer qualifizierten
elektronischen Signatur uneingeschränkt sicherzustellen, bedarf es des Verbots
der Container- oder Umschlagsignatur jedenfalls nicht, wenn der Absender mit
ihr nur elektronische Dokumente verbindet, die sämtlich ein Verfahren betreffen
und die nach dem Eingang bei Gericht zusammen mit den bei der Übermittlung
angefallenen Informationen und mit dem Ergebnis der Signaturprüfung auf Papier
ausgedruckt und zu den Gerichtsakten genommen werden.            
Es ist nicht zu verkennen, dass den Absender bei dieser
Beschränkung des Verbots ein Übermittlungsrisiko trifft. Wenn der Absender
nicht weiß, auf welche Weise das von ihm adressierte Gericht die Akten führt
und wie es mit eingegangenen elektronischen Dokumenten verfährt, riskiert er
bei Verwendung einer Container-Signatur einen Verstoß gegen § 4 II ERVV und
damit die Unzulässigkeit eines Rechtsmittels, wenn das Verbot einen sachlich
abgrenzbaren, gültigen Anwendungsbereich haben sollte, dem das eingereichte elektronische
Dokument unterfällt. Damit ist das Ausmaß des Übermittlungsrisikos, das der
Absender nach allgemeinen Grundsätzen zu tragen hat, nicht gesteigert. Er hat
sich vor dem Absenden eines an bestimmte Form und Frist gebundenen
Schriftsatzes zu vergewissern, welche Empfangsmöglichkeiten beim Gericht
bestehen und wie sie rechtzeitig wahrgenommen werden können.        
III.         
Die Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen
Beschlusses, damit das Amtsgericht in eigener Verantwortung und unter Wahrung
des Instanzenzuges über die Hilfsbedürftigkeit der Antragstellerin entscheiden
kann.     
Auf fehlende Erfolgsaussicht (§§ 76 I FamFG, 114 I 1 ZPO)
kann die Ablehnung der Verfahrenskostenhilfe derzeit nicht gestützt werden.           
Der Vortrag allein der Antragstellerin spricht nicht gegen
die Kindeswohldienlichkeit des Umgangs und gegen eine entstandene
sozial-familiäre Beziehung (§ 1685 II BGB). Zum einen führt die Dauer des
Zusammenlebens bereits ab ungefähr einem halben Jahr zu Erörterungsbedarf
(MüKo-BGB-Hennemann, 7. Aufl. 2017, § 1685 Rdnr. 9). Zum anderen können die
besonderen Verhältnisse gerade der hier beteiligten Kinder und Erwachsenen zu
einer von der Dauer des Zusammenlebens unabhängigen Annahme oder Ablehnung
einer sozial-familiären Beziehung führen. Das längere Zusammenleben in
häuslicher Gemeinschaft eignet sich nur als ein Beispiel für die Begründung
einer engen Vertrauen- und Verantwortungsbeziehung zwischen dem
Umgangsbegehrenden und dem Kind (a.a.O., Rdnr. 8).             
Nachdem die Antragsgegnerin die maßgeblichen tatsächlichen
Schilderungen der Antragstellerin bestritten hat, werden die Verhältnisse,
Neigungen und Befindlichkeiten der Beteiligten näher aufzuklären sein. Dazu
sind jedenfalls die Kinder und ihre Eltern persönlich anzuhören (§§ 159 II, 160
I 1 FamFG). Dient eine persönliche Anhörung nicht nur dem rechtlichen Gehör,
sondern wird sie voraussichtlich dazu dienen, einem Aufklärungsbedarf
nachzukommen (§§ 26, 27 FamFG), kann Verfahrenskostenhilfe nicht mit der
Begründung abgelehnt werden, die Rechtsverfolgung werde voraussichtlich
erfolglos bleiben (vgl. zur Beweisbedürftigkeit: Zöller-Geimer, ZPO, 32. Aufl.
2018, § 114 Rdnr. 26). Eine in diesem Sinne ungünstige Prognose des
Anhörungsergebnisses kommt nur in Betracht, wenn der Erfolg des Antragstellers
davon abhinge, den übereinstimmenden schriftlichen Vortrag aller Beteiligten
durch Anhörungen zu widerlegen, wenn er also selbst zu den maßgeblichen
tatsächlichen Verhältnissen nichts oder in Bezug auf den maßgeblichen gesetzlichen
Tatbestand Unschlüssiges vorgetragen hätte. Unter diesen Mängeln leidet der
Vortrag der Antragstellerin nicht.
IV.         
Trotz der grundsätzlichen Bedeutung der Anwendbarkeit des §
4 II ERVV kann die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen werden (§§ 76 II FamFG,
574 I 2 Nr. 2, II Nr. 1, III ZPO). Zugelassen werden kann nur die statthafte
Rechtsbeschwerde. Eine Rechtsbeschwerde, die aus anderen Gründen nicht eröffnet
ist, kann nicht zugelassen werden (Musielak/Voit-Fischer, ZPO, 14. Aufl. 2017,
§ 127 Rdnr. 10, 16, 25; MüKo-ZPO-Wache, 5. Aufl. 2016, § 127 Rdnr. 25). Für die
Antragsgegner bleibt die der Antragstellerin günstige Entscheidung unanfechtbar
(§§ 76 II FamFG, 127 II 1, III ZPO). Der Staatskasse steht ein Rechtsmittel nur
zur Verfügung, um Zahlungspflichten des von der Verfahrenskostenhilfe
Begünstigten durchzusetzen (§§ 76 II FamFG, 127 III 1 ZPO). Über die
Hilfsbedürftigkeit und deren Ausmaß ist durch diesen Beschluss indes nicht
entschieden worden.  

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VG Freiburg – Widerspruchserhebung durch E-Mail unter bestimmten Voraussetzungen möglich

Das VG Freiburg hat mit Urteil vom 30.01.2018, Az. 13
K 881/16
entschieden, dass  eine Widerspruchserhebung
durch E-Mail  möglich ist, wenn in einem
Bescheid, in dessen Rechtsbehelfsbelehrung (nur) auf die Möglichkeit
hingewiesen wird, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift Widerspruch
einzulegen, neben weiteren Kontaktdaten die persönliche E-Mail-Adresse der
Sachbearbeiterin und die E-Mail-Adresse der Behörde genannt sind, da dies
allein nicht den Schluss zulässt, dass damit nicht nur die Möglichkeit zu
allgemeiner Kommunikation zwischen Bürger und Behörde eröffnet werden sollte,
sondern auch der Zugang i. S. v. § 3a Abs. 1 LVwVfG (juris:
VwVfG BW) für den Empfang von Dokumenten in elektronischer Form (§ 3a Abs. 2 LVwVfG (juris:
VwVfG BW)) bzw. für die Einlegung von Widersprüchen durch elektronisches
Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist


Leitsatz:
Wenn in einem Bescheid, in dessen Rechtsbehelfsbelehrung
(nur) auf die Möglichkeit hingewiesen wird, schriftlich oder mündlich zur
Niederschrift Widerspruch einzulegen, neben weiteren Kontaktdaten die
persönliche E-Mail-Adresse der Sachbearbeiterin und die E-Mail-Adresse der
Behörde genannt sind, lässt dies allein nicht den Schluss zu, dass damit nicht
nur die Möglichkeit zu allgemeiner Kommunikation zwischen Bürger und Behörde
eröffnet werden sollte, sondern auch der Zugang i. S. v. § 3a Abs. 1 LVwVfG (juris:
VwVfG BW) für den Empfang von Dokumenten in elektronischer Form (§ 3a Abs. 2 LVwVfG (juris:
VwVfG BW)) bzw. für die Einlegung von Widersprüchen durch elektronisches
Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen Gebührenbescheid.          
Mit Schreiben vom 09.11.2015 teilte das Landratsamt Waldshut
dem Kläger mit, am 27.10.2015 sei dessen Fahrschule durch den Treuhandverein
für Verkehrserziehung und Verkehrssicherheit e. V. überprüft worden. Hierbei
seien keine Beanstandungen festgestellt worden. Es könne ein ordnungsgemäßer
Fahrschulbetrieb bestätigt werden. Für die Überprüfung der Fahrschule werde
eine Gebühr i.H.v. 35,- € festgesetzt. Die Kosten für die Überprüfung durch den
Treuhandverein beliefen sich auf 964,50 €. Diese Auslagen würden mit dem
angefügten Gebührenbescheid ebenfalls erhoben werden.          
Mit Gebührenbescheid vom 10.11.2015 setzte das Landratsamt
Waldshut eine Gebühr i.H.v. 999,50 € (Auslagen für Treuhandverein: 964,50 €;
Fahrschulüberwachung: 35,00 €) fest. Dem Bescheid war eine
Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt, wonach innerhalb eines Monats nach Zustellung
schriftlich oder mündlich zur Niederschrift beim Landratsamt Waldshut
Widerspruch eingelegt werden könne und die Frist auch gewahrt sei, wenn der
Widerspruch rechtzeitig beim Regierungspräsidium Freiburg eingelegt werde.            
Mit E-Mail vom 19.11.2015 erhob der Kläger Widerspruch gegen
den Gebührenbescheid und machte im Wesentlichen geltend, ihm sei bereits zum
zweiten Mal eine überhöhte Abrechnung des Treuhandvereins in Rechnung gestellt
worden, weil nur seine Fahrschule am Überprüfungstag angefahren und damit die
Vorgabe des Treuhandvereins nicht eingehalten worden sei, wonach bei den
Regelüberwachungen zwei Fahrschulen angefahren bzw. geprüft werden sollten, um
die Kosten im Rahmen zu halten.  
Mit Schreiben vom 24.11.2015 bestätigte das Landratsamt
Waldshut den Eingang des Widerspruchs. Gleichzeitig teilte es mit, der
Treuhandverein sei um eine Stellungnahme über das Zustandekommen der Rechnung
gebeten worden. Nachdem der Einspruch lediglich als E-Mail-Nachricht
eingegangen sei und nicht in der verbindlichen und rechtssicheren Form der
DE-Mail, werde der Kläger gebeten, den Einspruch noch schriftlich und von ihm
unterzeichnet auf dem Postweg nachzureichen.               
Mit Schreiben vom 09.12.2015 teilte das Landratsamt Waldshut
dem Kläger unter anderem mit, der Treuhandverein habe inzwischen eine
Stellungnahme abgegeben und ausgeführt, die Zusammenlegung von Terminen sei
beim Kläger nicht mehr möglich gewesen. In Einzelfällen könnten trotz
sorgfältiger Planung der Termine höhere Kosten für einzelne Fahrschulen
entstehen. Es werde deshalb um Mitteilung bis 31.12.2015 gebeten, ob der Kläger
seinen Einspruch zurücknehme. Nachdem sich der Kläger nicht geäußert hatte,
legte das Landratsamt Waldshut den Widerspruch dem Regierungspräsidium Freiburg
vor. Dieses teilte dem Kläger mit Schreiben vom 11.01.2016 mit, sein
Widerspruch sei nicht form- und fristgerecht eingelegt worden und damit
unzulässig. Der Widerspruch sei, wie sich aus der dem Gebührenbescheid
beigefügten Rechtsmittelbelehrung ergebe, schriftlich oder zur Niederschrift zu
erheben. Er könne auch mittels eines elektronischen Dokuments, das mit einer
qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz (SiG) versehen
sei, eingereicht werden. Dies sei beim Kläger jedoch nicht der Fall, da der
Widerspruch nur mittels einer einfachen E-Mail erhoben worden sei. Da der
Widerspruch unzulässig sei, sei keine materiell-rechtliche Prüfung des Gebührenbescheids
vorzunehmen.           
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom
15.02.2016 erhob der Kläger „vorsorglich“ erneut Widerspruch gegen den
Gebührenbescheid vom 10.11.2015. Die Rechtsmittelbelehrung des Landratsamts
Waldshut sei unrichtig erteilt worden, da nicht auf die Möglichkeit der
Einlegung des Widerspruchs auf elektronischem Wege hingewiesen worden sei. Mit
dem Argument, dass der per E-Mail eingelegte Widerspruch nicht formgerecht sei,
setze sich das Landratsamt Waldshut in Widerspruch zu seinem eigenen
Verwaltungshandeln. Auf dem angefochtenen Bescheid seien die allgemeine
E-Mail-Adresse des Landratsamts und die E-Mail-Adresse der Sachbearbeiterin
angegeben. Damit sei der Weg zur elektronischen Kommunikation eröffnet worden.
I.V.m. der unvollständigen Rechtsbehelfsbelehrung sei beim Kläger der Eindruck
erweckt worden, dass eine Kommunikation auch mit einfacher E-Mail möglich sei.
Denn landläufig werde mit „schriftlich“ ein geschriebener und nicht ein
mit Unterschrift versehener Text verstanden. Insbesondere habe das Landratsamt
innerhalb der Widerspruchsfrist inhaltlich auf den Widerspruch geantwortet. Im
Schreiben vom 09.12.2015 habe es allein Ausführungen zur Sache gemacht und
damit zum Ausdruck gebracht, dass eine Entscheidung in der Sache getroffen
werde. Eine etwaige Nichteinhaltung der Form des Widerspruchs sei damit
geheilt. Darüber hinaus machte der Kläger Ausführungen zur Höhe der Gebühren
i.H.v. 964,50 € für die Auslagen des Treuhandvereins. I.H.v. 259,78 € seien
diese Auslagen nicht gerechtfertigt. Den verbleibenden Betrag von 704,72 €
akzeptiere er.     
Mit Bescheid vom 25.02.2016 wies das Regierungspräsidium
Freiburg den Widerspruch als unzulässig zurück. Zur Begründung führte es im
Wesentlichen aus, es sei nicht zulässig, einen Widerspruch mit einfacher E-Mail
zu erheben, weil nicht mit der gebotenen Sicherheit festgestellt werden könne,
ob sie vollständig und richtig sei und ob sie tatsächlich von dem in ihr
angegebenen Urheber stamme. Das Schriftformerfordernis sei nur bei einer E-Mail
mit qualifizierter elektronischer Signatur im Sinne von § 2 Nr. 3 SigG erfüllt,
sofern die Behörde hierfür den Zugang eröffnet habe, was vorliegend aber nicht
der Fall gewesen sei, wie aus der beigefügten Stellungnahme des Landratsamts
Waldshut hervorgehe. Der durch den Rechtsanwalt erhobene Widerspruch sei zwar
formgerecht erhoben worden, allerdings erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist.
Die dem Gebührenbescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung sei ordnungsgemäß
gewesen.          
Der Kläger hat am 23.03.2016 Klage erhoben. Zur Begründung
führt er ergänzend aus, der per E-Mail eingelegte Einspruch vom 19.11.2015
könne zuverlässig und zweifelsfrei dem Kläger zugeordnet werden, denn schon
fünf Tage nach Eingang des Einspruchs habe der Kläger eine Bestätigung des
Eingangs erhalten und noch innerhalb der Einspruchsfrist eine
materiell-rechtliche Stellungnahme. Dieser Auffassung sei auch der
Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 13.05.2005 – III.R 26/14 -. Auch die
Einführung von § 3 a VwVfG, der § 87 AO entspreche, stehe dem nicht entgegen.
Denn in § 70 VwGO werde nur verlangt, dass der Einspruch schriftlich oder zur
Niederschrift erklärt werde. Genau dies gehe auch aus der
Rechtsbehelfsbelehrung hervor. Die festgesetzten Gebühren seien nicht
gerechtfertigt. Es ergebe sich ein ungerechtfertigter Betrag i.H.v. 259,78 €.
Der Bescheid sei aber auch in voller Höhe rechtswidrig. Während die
Lebensmittelkontrolle durch Behördenmitarbeiter erfolge, würden die Fahrschulen
extern durch den Treuhandverein kontrolliert. Dadurch entstünden im Verhältnis
zu einer Kontrolle durch behördeninterne Mitarbeiter unverhältnismäßig hohe
Kosten, da Wirtschaftsunternehmen nun einmal auf Gewinn angewiesen seien. Dies
zeige auch die Vergütung der Kontrollperson nach dem JVEG und insbesondere die
Erhebung von Umsatzsteuer durch den Treuhandverein. Es liege eine
Ungleichbehandlung von Fahrschulen einerseits und Unternehmen in der
Lebensmittelbranche andererseits vor, für die keine Notwendigkeit bestehe.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung seine Klage auf
die im Gebührenbescheid festgesetzten Auslagen beschränkt. Er beantragt nun, 
den Bescheid des Landratsamts Waldshut vom 10.11.2015 in
Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom
25.02.2016 aufzuheben, soweit Auslagen für Treuhandverein i.H.v. 964,50 €
erhoben werden. 
Der Beklagte beantragt,             
die Klage abzuweisen. 
Zur Begründung führt er aus, die Klage sei unzulässig, da
das Widerspruchsverfahren nicht fristgemäß durchgeführt worden sei. Die
Rechtsbehelfsbelehrung sei ordnungsgemäß erfolgt. Das Landratsamt habe keine
Möglichkeit der elektronischen Kommunikation nach § 3 a VwVfG eröffnet. Es sei
innerhalb der Widerspruchsfrist lediglich per E-Mail Einspruch eingelegt
worden. Dem Kläger sei mit Schreiben vom 24.11.2015 mitgeteilt worden, dass er
den Widerspruch nicht formgerecht erhoben habe und dieser noch schriftlich vom
Kläger zu unterzeichnen sei. Er habe dies jedoch unterlassen. Daran ändere auch
nichts die Tatsache, dass das Landratsamt Waldshut mit Schreiben vom 09.12.2015
mitgeteilt habe, den Bedenken des Klägers könne auch inhaltlich nicht Rechnung
getragen werden. Der Hinweis des Klägers auf das Urteil des Bundesfinanzhofs
vom 13.05.2005 passe nicht, da die Rechtslage im dortigen Einspruchsverfahren
unter Berücksichtigung der speziellen Norm des § 357 Abs. 1 S. 2 AO nicht mit
der Rechtslage nach der VwGO und dem VwVfG vergleichbar sei. Der Kläger könne
auch nicht damit gehört werden, dass es in seinem Fall nicht auf das Fehlen der
Unterschrift ankomme. Er habe sich auf die Schreiben des Landratsamts vom
24.11.2015 und 09.12.2015 nicht gemeldet. In früheren Verfahren seien
Rechtsbehelfe vom Kläger per Fax und mit Unterschrift eingereicht worden. Im
aktuellen Fall sei dies nicht geschehen. Damit sei nicht sichergestellt
gewesen, dass der Rechtsbehelf tatsächlich vom Kläger herrühre. Der Kläger sei
bewusst das Risiko eingegangen, dem Schriftformerfordernis nicht zu
entsprechen. Daher bestehe kein Vertrauensschutz. Ein Wiedereinsetzungsantrag
könne damit wegen fehlenden Verschuldens auch keinen Erfolg haben. Die
Anfechtungsklage sei auch nicht begründet, da der Gebührenbescheid rechtmäßig
sei.       
Dem Gericht liegen die einschlägige Akte des Landratsamts
Waldshut (zwei Hefte) und die Widerspruchsakte des Regierungspräsidiums Freiburg
vor.      
Entscheidungsgründe:
Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung seine
Anfechtungsklage auf die mit dem ursprünglich in voller Höhe angefochtenen
Gebührenbescheid vom 10.11.2015 auf die erhobenen Auslagen i.H.v. 964,50 €
beschränkt und damit die Klage hinsichtlich der festgesetzten Gebühr i.H.v.
35,- € zurückgenommen hat, war das Verfahren nach § 92 Abs. 3 S. 1 VwGO
einzustellen.
Die Klage ist mangels Durchführung eines ordnungsgemäßen
Vorverfahrens im Sinne der §§ 68 ff. VwGO unzulässig.               
Der vom Kläger per E-Mail vom 19.11.2015 erhobene Widerspruch
gegen den Gebührenbescheid vom 10.11.2015 war nicht formgerecht.   
Nach § 70 Abs. 1 VwGO ist der Widerspruch innerhalb eines
Monats schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den
Verwaltungsakt zu erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der
Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt. Dem
Schriftformerfordernis wird bei bestimmenden Schriftsätzen in der Regel nur
durch eine eigenhändige Unterschrift genügt. Doch gilt ausnahmsweise etwas anderes,
wenn sich aus dem Schriftsatz allein oder in Verbindung mit beigefügten
Unterlagen die Urheberschaft und der Wille, das Schreiben in den Rechtsverkehr
zu bringen, hinreichend sicher ergeben, ohne dass darüber Beweis erhoben werden
müsste (BVerwG, Urteil vom 18.12.1992 – 7 C 16.92 -, BVerwGE 91, 334).
Diese Anforderungen erfüllt die E-Mail vom 19.11.2015 nicht.
Bei einer einfachen E-Mail kann nicht mit der durch § 70 Abs. 1 VwGO gebotenen
Sicherheit festgestellt werden, ob sie vollständig und richtig ist und ob sie
tatsächlich von dem in ihr angegebenen Urheber stammt (vgl. Hessischer VGH,
Beschluss vom 03.11.2005 – 1 TG 1668/05 -, NVwZ RR 2006, 377; OVG
Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 02.05.2016 – 1 O 42/16 -, NVwZ 2016, 1032;
Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 33. EL Juni 2017, § 70 Rn. 6b; Kopp/Schenke, 23.
Aufl. 2017, § 70 Rn. 2). Nur wenn der Widerspruch mittels eines elektronischen
Dokuments eingelegt wird, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur
im Sinne von § 2 Nr. 3 SigG versehen ist, kann ein elektronisches Dokument in
gleicher Weise wie die Unterschrift unter einem Widerspruchsschreiben Gewähr
dafür bieten, dass es von dem Widerspruchsführer herrührt und mit dessen Willen
in den Verkehr gebracht worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.12.2016 – 6 C 12.15
-, juris, Rn. 21).            
Sonstige schriftliche Unterlagen, die zweifelsfrei den
Schluss zuließen, dass – mit der E-Mail vom 19.11.2015 – vom Kläger Widerspruch
erhoben werden sollte, sind innerhalb der Widerspruchsfrist nicht eingegangen.
Soweit der Beklagte auf die E-Mail mit Schreiben vom 24.11.2015 und 09.12.2015
geantwortet hat, handelt es sich nicht um Umstände, die geeignet wären, das
Schriftformerfordernis zu erfüllen. Denn die Unterlagen wurden nicht vom Kläger
selbst eingereicht. Dass der Kläger seinen Angaben in der mündlichen
Verhandlung zufolge während der Widerspruchsfrist mehrfach mit der
Sachbearbeiterin telefoniert und diese nicht beanstandet hat, dass er nicht
schriftlich Widerspruch erhoben habe, genügt ebenfalls nicht. Denn aus diesen
Umständen ergibt sich nicht hinreichend sicher die Urheberschaft und der Wille,
das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen, ohne dass darüber Beweis erhoben
werden müsste.       
Entgegen der Auffassung des Klägers folgt auch nicht aus dem
Urteil des Bundesfinanzhofs vom 13.05.2015 – III R 26/14 – (juris), dass
Widerspruch nach § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO auch mittels einer einfachen E-Mail
erhoben werden kann. Nach dieser Entscheidung kann, sofern die Finanzbehörde
einen Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente eröffnet hat, auch
nach der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung des § 357 Abs. 1 S. 1 AO ein
Einspruch mit einfacher E-Mail eingelegt werden, ohne dass diese mit einer
qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden muss. Diese
Rechtsprechung ist jedoch auf § 70 Abs. 1 VwGO nicht übertragbar. Der
Bundesfinanzhof begründet seine Entscheidung unter anderem damit, dass die in §
357 Abs. 1 S. 1 AO für den Einspruch geforderte Schriftlichkeit – anders als
dies bei § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO der Fall ist – nicht das Erfordernis einer
eigenhändigen Unterschrift des Einspruchsführers umfasse. Dies folge vor allem
aus § 357 Abs. 1 S. 2 AO, wonach es ausreicht, wenn aus dem Schriftstück
hervorgeht, wer den Einspruch eingelegt hat. Dies bedeute, dass der
schriftliche Einspruch auch ohne Unterschrift des Einspruchsführers wirksam
sei, sofern das Schriftstück aus seinem sonstigen Inhalt den Einspruchsführer
und den Gegenstand des Anspruchs erkennen lasse. Das Schriftformerfordernis in
§ 357 Abs. 1 S. 1 AO habe keine der Funktionen (Abschluss-, Perpetuierungs-,
Identitäts-, Echtheits-, Verifikations-, Beweis- und Warnfunktion), die der
Unterschrift zugeordnet würden. Darüber hinaus begründet der Bundesfinanzhof
seine Auffassung mit der Gesetzgebungsgeschichte und der Begründung zum Entwurf
der Bundesregierung, wonach die Ergänzung des § 357 Abs. 1 S. 1 AO um die Worte
„oder elektronisch“ lediglich der Klarstellung dienen und keine
Rechtsänderung bewirken sollte (vgl. BT-Drucks. 17/11473, S. 52, zu Nr. 4a).
Insoweit grenzt der Bundesfinanzhof die Auslegung des § 357 Abs. 1 S. 1 AO
gerade gegenüber der Auslegung der §§ 3a Abs. 2 LVwVfG, 87a AO ab, wonach eine
mit einer qualifizierten elektronischen Signatur verbundene elektronische Form
vorgeschrieben ist.       
Die Voraussetzungen für eine Einlegung des Widerspruchs
mittels eines elektronischen Dokuments nach § 3a LVwVfG lagen hier im Übrigen
nicht vor. Die Ersetzung der durch Rechtsvorschrift angeordneten Schriftform
durch ein elektronisches Dokument erfordert, dass der Empfänger hierfür einen
Zugang eröffnet hat (§ 3a Abs. 1 LVwVfG), nicht durch Rechtsvorschrift etwas
anderes bestimmt ist und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten
elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen ist (§ 3a Abs. 2 S. 1
und 2 LVwVfG). Die Zugangseröffnung setzt nach § 3a Abs. 1 LVwVfG voraus, dass
in objektiver Hinsicht bei dem Empfänger der Übermittlung eine vorhandene
technische Kommunikationseinrichtung – ein Zugang – gegeben ist und subjektiv
der Empfänger diesen Zugang durch entsprechende Widmung ausdrücklich oder
konkludent für die Übermittlung elektronischer bzw. elektronischer
schriftformersetzender Dokumente eröffnet. Die Widmung ist unter
Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zu ermitteln (vgl. BVerwG, Urteil vom
07.12.2016, a.a.O., Rn. 19, juris).    
Offen bleiben kann, ob im November 2015 in objektiver
Hinsicht beim Landratsamt Waldshut eine technische Kommunikationseinrichtung
vorhanden war, mit der mit einer qualifizierten elektronischen Signatur
versehene elektronische Dokumente empfangen bzw. gelesen werden konnten.
Jedenfalls ist auch unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung nicht
festzustellen, dass das Landratsamt subjektiv auch den Zugang für die
Übermittlung elektronischer schriftformersetzender Dokumente eröffnen wollte.
Für elektronische Dokumente an Behörden, die verschlüsselt oder signiert sind
oder sonstige besondere technische Merkmale aufweisen, ist ein Zugang nur
eröffnet, soweit dies ausdrücklich von der Behörde festgelegt oder im
Einzelfall zwischen Behörde und Absender vereinbart wurde (§ 3 Abs. 1 S. 2
LVwVfG). Eine entsprechende ausdrückliche Festlegung hat das Landratsamt
Waldshut jedoch, wie es ausgeführt hat, nicht getroffen. Aber auch für eine konkludente
Widmung fehlen hinreichende Anhaltspunkte. Zum einen hat die Verkehrsanschauung
bei der Beurteilung der Frage, ob der Zugang auch für den Empfang von
Dokumenten in elektronischer Form (§ 3 a Abs. 2 LVwVfG) eröffnet ist, auch die
Verbreitung der hierfür erforderlichen Signaturtechnik zu berücksichtigen (vgl.
BT-Drucksache 14/9000, S. 31). Deren Verbreitung ist jedoch bislang sehr gering
ausgeprägt. Zum anderen lässt allein der Umstand, dass im angefochtenen
Gebührenbescheid sowohl die persönliche E-Mail-Adresse der Sachbearbeiterin als
auch die E-Mail-Adresse des Landratsamts genannt sind, nicht den Schluss zu,
dass damit nicht nur die Möglichkeit zu allgemeiner Kommunikation mit dem
Bürger, sondern darüber hinaus (konkludent) der Zugang auch für den Empfang von
Dokumenten in elektronischer Form (§ 3 a Abs. 2 LVwVfG) eröffnet werden sollte
(zur Differenzierung zwischen allgemeiner Kommunikation und Einlegung von
Widersprüchen mittels elektronischer Dokumente vgl. BVerwG, Urteil vom
07.12.2016, a.a.O., Rn. 19). Die E-Mail-Adressen sind im angefochtenen Bescheid
– wie auch die Angabe der Telefonnummern, der Hausanschrift sowie der
Öffnungszeiten – lediglich mitgeteilt worden, um den Adressaten über die
Möglichkeiten zur allgemeinen Kontaktaufnahme zu informieren. Zudem enthält die
Rechtsbehelfsbelehrung des angefochtenen Bescheids gerade keinen Hinweis auf
die Möglichkeit der Einlegung des Widerspruchs mittels elektronischen
Dokuments, so dass der Kläger nicht davon ausgehen konnte, dass auch insoweit durch
die Nennung der E-Mail-Adressen ein Zugang im Sinne von § 3a Abs. 1 LVwVfG
eröffnet werden sollte (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.12.2016, a.a.O., Rn. 19, zur
Bedeutung einer entsprechenden Rechtsbehelfsbelehrung bei der Frage, ob eine
ausdrückliche oder konkludente Zugangseröffnung nach § 3a Abs. 1 LVwVfG erfolgt
ist). 
Abgesehen davon war der per E-Mail am 19.11.2015 erhobene
Widerspruch nicht mit einer qualifizierten Signatur im Sinne von § 2 Nr. 3 SigG
versehen. Die Ersetzung der durch § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO angeordneten
Schriftform durch ein elektronisches Dokument erfordert aber neben der
Eröffnung eines Zugangs nach § 3a Abs. 1 LVwVfG auch, dass das elektronische
Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz
versehen ist (§ 3a Abs. 2 S. 2 LVwVfG; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 07.12.2016,
a.a.O., Rn. 18).               
Der mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers
vom 15.02.2016 erhobene Widerspruch gegen den Gebührenbescheid vom 10.11.2015,
der dem Kläger – wie seiner E-Mail vom 19.11.2015 entnommen werden kann –
spätestens am 19.11.2015 zugegangen ist, war verfristet, da er nicht innerhalb
eines Monats eingegangen ist. Es gilt auch nicht die Jahresfrist des § 58 Abs.
2 VwGO. Den dem Gebührenbescheid war eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung
beigefügt. Entgegen der Auffassung des Klägers musste nicht auf die Möglichkeit
der Einlegung des Widerspruchs auf elektronischem Wege hingewiesen werden.
Dabei muss der Einzelrichter nicht abschließend beurteilen, ob ein fehlender
Hinweis, dass der Widerspruch auch im Wege der elektronischen Kommunikation
gemäß § 3a LVwVfG eingelegt werden kann, zur Unrichtigkeit der
Rechtsbehelfsbelehrung im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO führt (bejahend etwa: OVG
Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08.03.2012 – 1 A 11258/11 -, juris; verneinend
etwa: OVG Bremen, Beschluss vom 25.08.2015 – 2 LB 283/14 -, juris). Denn das
Landratsamt Waldshut hat – wie bereits dargelegt – bislang keinen Zugang für
die elektronische Übermittlung von Widersprüchen eröffnet, so dass ein Hinweis
auf die elektronische Kommunikation in der Rechtsbehelfsbelehrung weder möglich
noch erforderlich war (vgl. Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.12.2016 – 6 S
346/16 -, VBlBW 2017, 203, Rn. 15).             
Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch nicht deshalb unrichtig,
weil nicht erläutert wird, was unter „schriftlich“ zu verstehen ist. Eine
Belehrung, die den Gesetzeswortlaut wiedergibt, ist ausreichend (vgl. BFH,
Beschluss vom 12.12.2017 – I B 127/12 -; Bayer VGH, Beschluss vom 18.04.2011 –
20 ZB 11.349 -; jeweils zitiert nach juris).           
Da der Kläger keinen Antrag nach § 60 VwGO auf
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt hat, kommt es auf die Frage, ob
er ohne Verschulden verhindert war, die Widerspruchsfrist einzuhalten, nicht
an. Davon ist im Übrigen aber auch nicht auszugehen. Allein der Umstand, dass
das Landratsamt Waldshut die vom Kläger erhobenen Einwände gegen den
Gebührenbescheid mit Schreiben vom 24.11.2015 und 09.12.2015 in der Sache
geprüft hat, hinderte ihn nicht an der formgerechten Einlegung des
Widerspruchs. Denn im Schreiben vom 24.11.2015 wurde ihm mitgeteilt, dass sein
Widerspruch lediglich als E-Mail-Nachricht und nicht in der verbindlichen und
rechtssicheren Form der DE-Mail eingegangen sei, weshalb er gebeten werde, den
Widerspruch noch schriftlich und von ihm unterzeichnet auf dem Postweg
nachzureichen. Damit konnte er nicht darauf vertrauen, dass sein Widerspruch
nicht (nur) als sachlich unbegründet, sondern (auch) als unzulässig
zurückgewiesen werden würde. Abgesehen davon wäre eine Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand schon deshalb zu versagen, da der Kläger innerhalb der
zweiwöchigen Antragsfrist (§ 60 Abs. 2 S. 1 VwGO) weder einen
Wiedereinsetzungsantrag gestellt noch Wiedereinsetzungsgründe geltend gemacht
hat (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 60 Rn. 27, wonach die Frist auch für die
Geltendmachung der Wiedereinsetzungsgründe gilt).             
Damit kann offen bleiben, ob die Klage begründet ist.
Allerdings spricht viel dafür, dass der Kläger durch die im
Widerspruchsverfahren abgegebene Erklärung, er akzeptiere die mit dem
Gebührenbescheid erhobenen Auslagen i.H.v. 704,72 €, auf seinen vermeintlichen
Anspruch auf Aufhebung des Gebührenbescheids wirksam verzichtet hat, so dass
ohnehin nur i.H.v. 259,78 € die Rechtmäßigkeit des Bescheids zu prüfen wäre.               
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2
VwGO. Ein Grund, die Berufung zuzulassen (§ 124a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs.
2 Nr. 3 oder 4 VwGO), liegt nicht vor.

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FG Köln – Keine Klageerhebung per E-Mail

Das FG Köln hat
mit Urteil vom 25.01.2018, Az. 10 K 2732/17 entschieden, dass eine Klageerhebung
durch E-Mail
 nicht möglich
ist.

Die Richter des Finazgerichts Köln entschieden, dass eine Klage nicht wirksam mit einfacher E-Mail
erhoben werden kann, selbst wenn der E-Mail eine unterschriebene Klageschrift
als Anhang beigefügt wird.

Tenor:
Die
Klage wird abgewiesen.
Der
Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die
Beteiligten streiten über die Frage, ob ein Kindergeldbezug des Klägers den
Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt und vorab über die Zulässigkeit der
Klage.
Der
Kläger ist Volljurist und war bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand im Jahr
2003 als Botschafter in Afrika tätig. Er ist verheiratet mit der ebenfalls
unter der Anschrift B-Straße …, … C wohnhaften A1. Er ist außerdem Vater
des im Februar 2001 in Afrika geborenen Kindes A (Rufname: A), dessen
Vaterschaft von ihm anerkannt wurde (Kindesmutter: D, Kindergeld-Akte, Bl. 14).
Der
Kläger hatte laufend auch das Kindergeld für A aufgrund einer
Kindergeldfestsetzung durch die seinerzeit zuständige Familienkasse des
auswärtigen Amtes bezogen. Mit seiner Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf
des Monats Juni 2003 wechselte die Zuständigkeit zur Bundesfamilienkasse. In
der Folgezeit bezog der Kläger Ruhegehalt (berechnet nach Besoldungsgruppe B3)
und weiter auch das Kindergeld für A.
Bei
Übernahme der Kindergeldakte erklärte der Kläger mit Schreiben vom 1.12.2003
gegenüber der Beklagten ausdrücklich, dass A in seinem Haushalt lebe
(Kindergeld-Akte, Bl. 17). Die Beklagte setzte darauf die Kindergeldzahlung ab
Juli 2003 fort, verbunden mit dem Hinweis auf die Verpflichtung, alle für die
Festsetzung des Kindergeldes bedeutsamen Änderungen umgehend mitzuteilen
(Kindergeld-Akte, Bl. 22).
Anlässlich
einer Überprüfung der Haushaltszugehörigkeit im Jahr 2007, die die Beklagte an
den Haushalt des Klägers in C gerichtet hatte, erklärte der Kläger am 28.6.2007
erneut, dass A in seinem Haushalt in C lebe (Kindergeld-Akte, Bl. 36).
Im
Kalenderjahr 2012 erhielt die Beklagte einen Hinweis vom FA E, nach dem A
eventuell in Afrika lebe. Auf die anschließende Bitte der Beklagten um eine
aktuelle Haushaltsbescheinigung erklärte der Kläger am 12.2.2012 erneut, dass A
in seinem Haushalt in C lebe (Kindergeld-Akte, Bl. 40). Darauf ging die
Beklagte zunächst weiter von einem Wohnsitz des Kindes in Deutschland aus. Auch
bei einer im Kalenderjahr 2013 durchgeführten Überprüfung der
Haushaltszugehörigkeit erklärte der Kläger am 31.7.2013 erneut die
Zugehörigkeit von A zu seinem Haushalt in C (Kindergeld-Akte, Bl. 41).
Anlässlich
der Änderung des § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG zum 1.1.2016, durch die die
Identifizierung des Kindes durch eine Identifikationsnummer zur Voraussetzung
für die Kindergeldgewährung wurde, erfolgte ein Datenabgleich zwischen dem BZSt
und der Beklagten, bei dem festgestellt wurde, dass für den Sohn A des Klägers
keine steuerliche ldendifikationsnummer vorlag. Darauf wurde der Kläger mit
Schreiben vom 19.7.2016 gebeten, diese vorzulegen. Dies geschah allerdings
trotz nochmaliger Erinnerung nicht. Der Kläger hatte mit Schreiben vom
22.8.2016 lediglich mitgeteilt, sich der Sache annehmen zu wollen
(Kindergeld-Akte, Bl. 42). Eine Meldeanfrage ergab dann schließlich, dass der
Sohn des Klägers keinen Wohnsitz in Deutschland hatte und hier auch zu keiner
Zeit gemeldet war.
Darauf
hob die Beklagte mit Bescheid vom 3.5.2017 zunächst die Kindergeldfestsetzung
für die Monate seit Januar 2016 unter Hinweis auf § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG
auf. Gleichzeitig fordert die Beklagte den Kläger zur Rückzahlung des für die
Monate Januar 2016 bis einschließlich Mai 2017 überzahlten Kindergeldes i.H.v.
3.240 € auf. Außerdem forderte sie den Kläger mit Schreiben vom 9.5.2017 zur
Überprüfung der Anspruchsberechtigung für die Zeit vor 2016 auf,
Schulbescheinigungen oder andere Nachweise für A vorzulegen (Kindergeld-Akte, Bl.
46, 48). Überdies erging unter dem 14.6.2017 der zunächst ebenfalls
streitgegenständliche Abrechnungsbescheid über einen vom Kläger insgesamt zu
erstattenden Betrag von 3.272 € (3.240 € zzgl. 32 € Säumniszuschlag,
Kindergeld-Akte, Bl. 50). Mit dem vorliegend noch streitgegenständlichen
Bescheid vom 20.6.2017, zugestellt am 21.6.2017, hob die Beklagte die
Kindergeldfestsetzung für den Sohn A für die Monate Januar 2007 bis
einschließlich Dezember 2015 auf der Grundlage von § 173 Abs.1 Nr.1 AO auf und
forderte gleichzeitig das nach ihrer Auffassung für diesen Zeitraum überzahlte
Kindergeld i.H.v. 19.060 € zurück. Zur Begründung verwies die Beklagte auf die
nicht vorliegenden Anspruchsvoraussetzungen nach § 63 Abs.1 Satz 6 EStG
(fehlender inländischer Wohnsitz des Kindes) i.V.m. § 169 Abs. 2 AO. Zur
Festsetzungsfrist führte die Beklagte aus, dass sie den Tatbestand der
Steuerhinterziehung als erfüllt ansehe, da der Kläger in den Erklärungen zur
Haushaltszugehörigkeit wiederholt falsche Angaben gemacht habe (Kindergeld-Akte,
Bl. 53, 57R).
Mit
seinem Einspruch gegen den Abrechnungsbescheid vom 14.6.2017 trug der Kläger
vor, den Bescheid vom 3.5.2017 nicht erhalten zu haben. Er bat um Übersendung
einer Bescheidkopie und kündigte das Nachreichen einer weiteren Einspruchsbegründung
an. Mit seinem weiteren Einspruch vom 19.7.2017 gegen den Aufhebungs- und
Rückforderungsbescheid vom 20.6.2017 (Kindergeld-Akte, Bl. 59, 61, 67) machte
der Kläger geltend, in seinen Unterlagen keine Erklärungen zur
Haushaltsangehörigkeit von A finden zu können, die er gegenüber der Beklagten
abgegeben habe. In den Einkommensteuererklärungen habe er immer korrekt
angegeben, dass A bei seiner Mutter in Afrika lebe und dort auch zur Schule
gehe (E-Mail vom 23.7.2017); A habe zu keinem Zeitpunkt im Haushalt des Klägers
in C gelebt. Den deutschen Finanzbehörden sei danach seit Jahren bekannt, dass
das Kind nicht in Deutschland lebe. Die Beklagte müsse sich den Kenntnisstand
der anderen Finanzbehörden „anrechnen“ lassen. Daher sei der Schluss
auf eine vorsätzliche Steuerhinterziehung unberechtigt; die Beklagte habe
vielmehr viel früher in die Materie einsteigen müssen.
Bei
der Geburt von A in Afrika sei der Kläger noch deutscher Botschafter in Afrika
gewesen. A sei nach kurzem Aufenthalt im Geburtshospital in die
Botschafterresidenz mit eingezogen, eines im Eigentum der BRD stehenden
Gebäudes. Zu dieser Zeit sei er, der Kläger, schon unter
Gleichheitsgesichtspunkten berechtigt gewesen, das Kindergeld für A zu
beantragen. Nach seiner Pensionierung am … sei der Kläger nicht sofort in die
BRD zurückgekehrt. Er habe vielmehr die Botschafterresidenz für den Nachfolger
freigezogen und ein Haus in Afrika angemietet, wo er mit der Kindesmutter und
seinem Sohn zusammengelebt habe. Im November 2004 sei die Kindesmutter dann mit
A in ihr Heimatland nach Kamerun zurückgekehrt, um ihre Promotion
abzuschließen. Er habe dann später in F während eines Urlaubs in Deutschland
die Vaterschaft für A auch förmlich anerkannt, mit der Folge, dass A durch ihn,
den Kläger, deutscher Staatsbürger sei (Kindergeld-Akte, Bl. 67).
Im
weiteren Verlauf des Verfahrens übermittelte die Beklagte dem Kläger unter
Hinweis auf die Rechtslage Kopien der von ihm abgegebenen Haushaltserklärungen.
Außerdem wurden dem Kläger mit E-Mail vom 24.7.2017 auch die
Aufhebungsbescheide vom 3.5.2017 für die Monate Januar 2016 bis einschließlich
Mai 2017 übermittelt, die der Kläger nach seinen Angaben zunächst nicht
erhalten hatte, und außerdem nochmals der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid
vom 20.6.2017 (GA. Bl. 26 ff.)
Mit
Einspruchsentscheidung vom 6.9.2017, lt. PZU zugestellt am 16.9.2017 in C, B‑Straße
…, wurde der Einspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 20.6.2017
betreffend die Aufhebung und Rückforderung von Kindergeld für die Monate Januar
2007 bis einschließlich Dezember 2015 als unbegründet zurückgewiesen. Die
Rechtsbehelfsbelehrung enthält u.a. den Hinweis, dass gegen die
Verwaltungsentscheidung Klage „beim Finanzgericht Köln, Appelhofplatz in
50667 Köln schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der
Geschaftsstelle“ erhoben werden kann (Kindergeld-Akte, Bl. 79 ff.). In der
Begründung führte die Beklagte zunächst aus, dass der Kläger bei Geburt seines
Sohnes im Jahr 2001 noch im aktiven Dienst als Botschafter tätig gewesen sei,
so dass zu dieser Zeit noch die Vorschrift des § 63 Abs. 1 Satz 6 EStG für
ein Kind ohne inländischen Wohnsitz gegriffen habe, wenn es im Haushalt eines
Berechtigten i.S. § 62 Abs. 1 Nr. 2a EStG lebe. Insofern sei rechtlich
unerheblich, ob das betreffende Kind die deutsche Staatsangehörigkeit habe.
Seit Juli 2003 habe der Kläger diese Anspruchsvoraussetzungen mangels
inländischen Wohnsitzes des Kindes nicht mehr erfüllt. A habe keinen Wohnsitz
in Deutschland und besuche eine Schule in Kamerun. Der Kläger habe auch den
Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt, weil er pflichtwidrig unrichtige
Angaben gemacht und die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche
Tatsachen in Unkenntnis gelassen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf
die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
Am
Montag, 16.10.2017, dem Tag des Ablaufs der Klagefrist, ging unter der E-Mail
Anschrift „Poststelle – FGK“ eine E-Mail ein, die ausweislich des
Headers und der maschinenschriftlichen Zeichnung durch den Kläger vom „M
Hotels Afrika“ an das FG Köln gesandt worden war. Diese E-Mail hatte der
Kläger außerdem an die Beklagte und zusätzlich an „…@…“ gesandt.
Angehängt war eine eingescannte E-Mail vom gleichen Tage, die von der E-Mail-Adresse
„…@…“ an „Poststelle – FGK“ gesandt worden war. Darin
erhob der Kläger u.a. Klage gegen die Einspruchsentscheidung vom 6.9.2017 wegen
Aufhebung und Rückforderung von Kindergeld vom 20.6.2017 für den Zeitraum vom
Januar 2007 bis einschließlich Dezember 2015. Der Kläger hatte diese E-Mail
ausgedruckt, sie anschließend mit einer Unterschrift versehen, dann eingescannt
und die daraus entstandene PDF-Datei mit eingescannter Unterschrift an eine
erneute E-Mail an „Poststelle – FGK“ angehängt. Im FG Köln wurde
diese E-Mail am Mittwoch, 18.10.2017 ausgedruckt und in den Geschäftsgang
gegeben. Die zunächst ebenfalls erhobene Klage gegen den Abrechnungsbescheid
vom 14.6.2017 und den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 3.5.2017
betreffend die Monate Januar 2016 bis einschließlich Mai 2017 hat der Kläger in
der mündlichen Verhandlung vom 25.1.2018 zurückgenommen. Streitig geblieben ist
danach nur die Klage gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom
20.6.2017, mit der der Kläger vortrug dass sein Fehlverhalten allenfalls als
leichtfertige Steuerverkürzung einzustufen sei. Er werde die E-Mail mit der in
ihr enthaltenen Klageschrift ausdrucken, unterschreiben und die so
unterschriebene Fassung erneut per E-Mail zusenden, damit dem Gericht seine
Unterschrift wenigstens als „Faksimile“ vorliege.
Mit
Hinweisschreiben des Gerichts vom 23.10.2017 (GA. Bl. 9), welches dem Kläger
per einfachem Brief und außerdem per E-Mail am gleichen Tag an die von ihm
verwendete E-Mail-Anschrift übermittelt wurde, wurde der Kläger auf Bedenken
gegen die Zulässigkeit der Klage im Hinblick auf das Erfordernis einer
eigenhändig unterschriebenen Klageschrift hingewiesenen und darauf, dass die
Klageerhebung per E-Mail mangels qualifizierter elektronischer Signatur unwirksam
sein könnte. Gleichzeitig regte das Gericht an, die Klageerhebung unter
Beantragung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand schriftlich oder per
Telefax vorzunehmen. In der Folgezeit ging am 2.11.2017 ein vom Kläger
unterschriebenes Schreiben vom 24.10.2017 nebst handschriftlich
unterschriebener Klageschrift-E-Mail vom 16.10.2017 ein, verbunden mit dem
Hinweis, dass damit die vom FG Köln erhobenen Zulässigkeitsbedenken ausgeräumt
sein sollten und gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt
werde. Angaben zum Vorliegen von Entschuldigungsgründen für die etwaige
Versäumung der Klagefrist enthielt das Schreiben des Klägers vom 24.10.2017
nicht.
Unter
dem 28.11.2017 wies das Gericht die zwischenzeitlich für den Kläger auftretende
Rechtsanwaltskanzlei „Q“ auf erhebliche Bedenken gegen die
Zulässigkeit der Klage hin, da innerhalb der Klagefrist keine unterschriebene
Klageschrift vorgelegen habe und die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand zweifelhaft sei. Unter dem 6.12.2017 ergänzte das Gericht seinen
Hinweis auf Anfrage des Klägers dahin, dass die Anregung des Berichterstatters,
im Hinblick auf die zunächst nur mit eingescannter Unterschrift vorgenommene
und deshalb nicht ordnungsgemäß erfolgte Klageerhebung einen Wiedereinsetzungsantrag
zu stellen, in keiner Weise eine Entscheidung des Senates dahin präjudiziere,
dass das Gericht dem Wiedereinsetzungsantrag folgen und von einer zulässigen
Klageerhebung ausgehen werde. Das Gericht werde seine Entscheidung dem Prüfungsmaßstab
des § 56 FGO gemäß vornehmen, nach dem nach wie vor erhebliche Bedenken gegen
die Zulässigkeit der Klage bestünden.
Mit
Schreiben vom 5.12.2017 erklärte die Bevollmächtigte, das Mandat niedergelegt
zu haben und den Kläger nicht mehr zu vertreten.
Am
24.1.2018, dem Tag vor der mündlichen Verhandlung, wurden dem Gericht zur
weiteren Klagebegründung mehrere E-Mails übergeben, die bereits Bestandteil der
Kindergeld-Akte sind, u.a. die E-Mail vom 24.8.2017, mit der der Kläger auf
seinen ruinierten Lebensabend verwies und darauf, durch den Kindergeldbezug
nicht bereichert zu sein. Ohne sein etwa 4.000 qm großes, mit einem kleinen
Ferienhaus bebautes Grundstück auf einer afrikanischen Insel im … würde dem
Kläger nichts mehr bleiben. Zur Rückzahlung der Beträge wäre der Kläger nicht
in der Lage, und er wolle der Familienkasse einen Vorschlag zur Güte
unterbreiten. Er habe zwar einen Fehler gemacht und hätte die
Haushaltserklärungen so nicht unterschreiben dürfen, dies rechtfertige aber
keine Rückforderung in der vorgenommenen Größenordnung. Er sei zur Rücknahme
seines Einspruchs bereit, wenn die Beklagte sich schriftlich damit
einverstanden erkläre, sein Verhalten als leichtfertige Steuerverkürzung
einzustufen.
Der
Kläger beantragt, den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 20.6.2017 und
die Einspruchsentscheidung vom 6.9.2017 insoweit aufzuheben, als die Aufhebung
und Rückforderung über die Zeit hinausgeht, für die das Kindergeld bei Annahme
einer leichtfertigen Steuerverkürzung zurückgefordert werden könnte.
Der
Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die
Klage ist unzulässig.
I.
Innerhalb der Klagefrist lag keine wirksame Klageerhebung durch den Kläger vor;
die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand waren nicht
gegeben.
1.
Nach § 64 Abs. 1 FGO ist die Klage bei dem Gericht schriftlich oder zur
Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben. Die
Schriftform soll gewährleisten, dass der Inhalt der Erklärung und die
erklärende Person hinreichend zuverlässig entnommen werden können. Außerdem
soll gewährleistet werden, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen
Entwurf handelt, sondern es mit Wissen und Wollen des Berechtigten dem Gericht
zugeleitet worden ist (vgl. Herbert in Gräber, FGO, 8. Aufl., § 64 Rn. 7;
BFH-Urteil vom 26.6.2014 – X B 215/13, BFH/NV 2014, 1568). § 64 FGO normiert
damit ein besonderes Formerfordernis, welches über die bloße Textform
hinausgeht. Für eine wirksame Klage muss die Unterschrift bis zum Ablauf der
Klagefrist vorliegen (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 10.7.2002 – VII B 6/02,
BFH/NV 2002, 1597).
2.
Bei Klagen per (konventionellem) Telefax lässt es die ständige Rechtsprechung
des BFH und anderer Bundesgerichte genügen, dass die (beim Versender
verbleibende) Urschrift, d.h. die Faxvorlage, eine Unterschrift trägt und diese
— insoweit „technisch vervielfältigt“ — an das Gericht übermittelt
wird (vgl. nur BFH-Beschluss vom 12.4.1996 – V S 6/96, BFH/NV 1996, 824
m.w.N.). Diese Rechtsprechung ist für das sog. „Computerfax“ durch
einen Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom
5.4.2000 (GmS-OGB 1/98, NJW 2000, 2340) fortgeführt worden. Zur Gewährleistung
der mit der Schriftlichkeit verfolgten Zwecke (Inhalt und Urheber sollen
hinreichend zuverlässig entnommen werden; es muss feststehen, dass es sich
nicht um einen Entwurf handelt, sondern das Schriftstück mit Wissen und Wollen
des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist) genügt bei einem
„Computerfax“ auch eine eingescannte Unterschrift oder der Hinweis,
dass der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht
unterzeichnen kann. Das „Computerfax“ wird insoweit als schriftliches Dokument
und nicht als elektronisches Dokument angesehen (vgl. etwa BGH-Beschluss vom
14.10.2014 – XI ZB 13/13, NJW-RR 2015, 624 m.w.N.).
3.
Für Verfahren vor den Finanzgerichten in Nordrhein-Westfalen bestimmt § 52a FGO
i.V.m. § 2 Abs. 3 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den
Verwaltungsgerichten und den Finanzgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen
(ERVVO VG/FG) vom 7.11.2012 (GV NRW 2012, 548) mit Wirkung ab dem 1.1.2013:
„Sofern
für Einreichungen die Schriftform oder die elektronische Form vorgeschrieben ist,
sind die elektronischen Dokumente mit einer qualifizierten elektronischen
Signatur nach § 2 Nummer 3 des Signaturgesetzes vom 16. Mai 2001 (BGBl. I S.
876) in der jeweils geltenden Fassung zu versehen. Die qualifizierte
elektronische Signatur und das ihr zugrunde liegende Zertifikat müssen durch
das adressierte Gericht oder durch eine andere von der Landesjustizverwaltung
mit der automatisierten Überprüfung beauftragte Stelle prüfbar sein.“
a)
Aus diesem Grunde wurde bis einschließlich dem Jahr 2017 auf der Homepage des
FG Köln für die Kontaktaufnahme per E-Mail der folgende Hinweis angezeigt:
„Klagen und Schriftsätze, die Prozesserklärungen enthalten, können Sie
beim Finanzgericht Köln nicht mit einfacher E-Mail einreichen. Klagen und
Prozesserklärungen per E-Mail müssen mit einer sogenannten „qualifizierten
elektronischen Signatur“ versehen sein (vgl. § 52 a FGO Absatz 1 in
Verbindung mit § 2 Absatz 3 ERVVO VG/FG). Dasselbe gilt bei einer Übermittlung
über das Elektronische Verwaltungspostfach (EGVP)“.
b)
Bezogen auf eine inhaltlich gleichlautende Regelung im hamburgischen Recht,
welche ebenso eine qualifizierte elektronische Signatur (qeS) vorsah (vgl. im
Einzelnen § 2 Abs. 3 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in
Hamburg vom 28.1. 2008, HmbGVBl. 2008, 51) hat der BFH mit Beschluss vom
26.7.2011 – VII R 30/10 (BStBl II 2011, 925) entschieden, dass bei Fehlen einer
qeS eine formunwirksame Klage vorliegt und dies nicht gegen Bundesrecht
verstößt. Nach der BFH-Rechtsprechung reicht es bei Fehlen einer qeS nicht aus,
dass sich aus der E-Mail oder begleitenden Umständen die Urheberschaft und der
Wille, das Schreiben in den Verkehr zu bringen, hinreichend sicher ergeben. Die
Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes
(Beschluss v. 5.5.2000 – GmS-OGB 1/98 – DStR 2000, 1362) zum Computerfax ist
auf solche Fälle nicht entsprechend anzuwenden. Denn diese Auffassung gründet
sich darauf, dass beim Computerfax — wie schon bei der von der Rechtsprechung
gebilligten und zum Gewohnheitsrecht erstarkten Übung der telefonischen
Telegrammaufgabe — eine eigenhändige Unterzeichnung nicht möglich ist. Es
handelt sich beim Computerfax danach ausdrücklich um ein schriftliches Dokument
in Form einer Telekopie, nicht aber um ein elektronisches Dokument
(BGH-Beschluss vom 11.10.2014 – XI ZB 13/13, FamRZ 2014, 253). Demgegenüber ist
für den Rechtsverkehr per E-Mail aber gerade eine die Schriftform ersetzende
elektronische Signatur eingeführt worden. Für eine erweiternde Anwendung der
o.g. Rechtsprechungsgrundsätze auf die Übermittlung bestimmender Schriftsätze
per E-Mail besteht deshalb nach Auffassung des BFH ausdrücklich keine
Veranlassung.
Mit
der Entscheidung vom 26.7.2011 grenzt sich der BFH von der (großzügigeren)
Rechtsprechung des BGH und BAG ab (vgl. BGH-Beschluss vom 18.3.2015 – XII ZB
424/14, MDR 2015, 533; ebenso BAG v. 11.7.2013 – 2 AZB 6/13 – Rz. 12, NZA 2013,
983), die es genügen lässt, dass z.B. aus einer eingescannten unterschriebenen
PDF-Datei der Inhalt, Urheber und Wille zum In-Verkehr-Bringen erkennbar ist,
und die so deutlich weitergehend als der BFH zu dem Ergebnis gelangt, dass ein
„schriftliches Einreichen“ angenommen wird, sobald bei dem Gericht
ein Ausdruck einer als E-Mail-Anhang übermittelten PDF-Datei vorliegt, die die
vollständige Klageschrift enthält.
4.
Der erkennende Senat folgt der (restriktiveren) Rechtsprechung des BFH, da das
gesetzliche Erfordernis der Verwendung einer qeS für elektronische Dokumente es
gerade nicht erlaubt, entgegen dem Wortlaut Erleichterungen zuzulassen. E-Mails
und EGVP-Nachrichten unterscheiden sich in ihrer Übermittlungs- und
Speicherform deutlich von „Computerfax“-Nachrichten, da bei
elektronischer Datenübertragung ein höherer Integritäts- und Authentizitätsschutz
notwendig ist, der einer erweiternden Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze
zum Computerfax auf die Übermittlung bestimmender Schriftsätze per E-Mail
entgegensteht (wie der BFH auch Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss
vom 19.10.2015 – 5 D 55/14, NVwZ-RR 2016, 404). Gestützt wird dieses Ergebnis
zudem durch die Erwägung, dass die Zulässigkeit einer Klageerhebung
sinnvollerweise nicht der Beliebigkeit im Geschäftsgang unterworfen sein kann,
ob und wann der E-Mail-Anhang vom Gericht ausgedruckt wird oder nicht.
Dementsprechend
erfolgte im Streitfall eine ordnungsgemäße Klageerhebung erst durch den am
2.11.2017 eingegangenen, vom Kläger unterschriebenen Schriftsatz vom 24.10.2017
nebst handschriftlich unterschriebener Klageschrift-E-Mail vom 16.10.2017, und
damit nach Ablauf der am Montag, dem 16.10.2017 endenden Klagefrist. Die am
Montag, 16.10.2017 eingegangenen E-Mail-Nachrichten des Klägers wahrten die
Klagefrist ebenso wenig wie der Ausdruck der mit Unterschrift eingescannten
PDF-Datei am 18.10.2017.
5.
Die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind im
Streitfall ebenfalls nicht gegeben. Zwar hat der Kläger die unwirksame
Verfahrenshandlung mit dem am 2.11.2017 beim Gericht eingegangenen Schreiben
vom 24.10.2017 und damit innerhalb von zwei Wochen nach Ergehen des
gerichtlichen Hinweisschreibens vom 23.10.2017 nachgeholt, er hat aber
innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 FGO in keiner Weise
Entschuldigungsgründe für sein Fristversäumnis vorgetragen.
a)
Gemäß § 56 Abs. 1 FGO ist auf Antrag –nach § 56 Abs. 2 Satz 4 FGO auch ohne
Antrag– Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne
Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Ein Verschulden
des Prozessbevollmächtigten steht dem Verschulden des Beteiligten gleich (§ 85
Abs. 2 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 FGO).
b)
Zwar kann ein Prozessbeteiligter erwarten, dass offenkundige Versehen, wie das
Fehlen einer zur Fristwahrung erforderlichen Unterschrift, von dem angerufenen
Gericht in angemessener Zeit bemerkt und als Folge der prozessualen
Fürsorgepflicht innerhalb eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs die notwendigen
Maßnahmen getroffen werden, um eine drohende Fristversäumung zu vermeiden.
Allerdings muss dem Gericht ein rechtzeitiger Hinweis zumindest möglich sein
(BVerfG-Beschluss in NJW 2005, 814, unter II.2.b bb; dort war der maßgebende
Schriftsatz — anders als im vorliegenden Fall — acht Tage vor Fristablauf
beim zuständigen Gericht eingereicht worden). Ist dies wie im Streitfall wegen
Klageeinreichung am letzten Tag der Frist nicht der Fall, kommt eine
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur unter der weiteren Voraussetzung des
§ 56 Abs. 2 Satz 2 FGO in Betracht, nach dem die Tatsachen zur Begründung des
Antrags glaubhaft zu machen sind. Dabei sind alle entscheidungserheblichen
Tatsachen wenigstens ihrem wesentlichen Inhalt nach bereits innerhalb der
zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist (unbeschadet einer späteren
Glaubhaftmachung) schlüssig darzulegen (BFH-Beschluss vom 12.7.2017 – X B
16/17, BFHE 257, 523 m.w.N.: Eindeutige Tatsachenschilderung erforderlich). Dem
hat der Kläger im Streitfall mangels Angabe von Entschuldigungsgründen nicht
entsprochen.
II.
Überdies wäre eine zulässige Klage nach Auffassung des Gerichts auch
unbegründet gewesen, da das Gericht keine Zweifel daran hat, die Handlungsweise
des Klägers als Steuerhinterziehung zu werten. Nach der Pensionierung des
Klägers hing sein Kindergeldanspruch vom Bestehen eines Inlandswohnsitzes des
Kindes ab. Dies konnte dem Kläger auch in der Laiensphäre nach den wiederholten
Anfragen der Beklagten nicht verborgen geblieben sein. Seine dem
entgegenstehende Behauptung kann das Gericht nach Aktenlage insbesondere
aufgrund der wiederholten Falschbeantwortung der ihm gestellten Fragen nach dem
Inlandswohnsitz des Kindes (Erklärungen des Klägers vom 28.6.2007,
Kindergeld-Akte, Bl. 36; vom 12.2.2012, Kindergeld-Akte, Bl. 40; vom 31.7.2013,
Kindergeld-Akte, Bl. 41; vom 22.8.2016, Kindergeld-Akte, Bl. 42) nur als
Schutzbehauptung werten. Vor diesem Hintergrund hat der Kläger hinsichtlich des
Inlandswohnsitzes von A absichtlich die Unwahrheit gesagt und den
Verkürzungserfolg dadurch zumindest billigend in Kauf genommen, was für die
Erfüllung des Tatbestands gemäß § 370 AO genügt. Etwas anderes ergibt sich auch
nicht aus der möglicherweise vorhandenen Kenntnis des FA E über den Wohnsitz
des Kindes. Denn nach ständiger Rechtsprechung kommt es auf die Kenntnis der
für die Steuerfestsetzung zuständigen Stelle, im Streitfall also auf die
Kenntnis der Beklagten an.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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Filesharing – Die Filmbiografie „No Way Out – Gegen die Flammen“ begeistert auch im Netz, nur nicht Waldorf Frommer

Die Kanzlei Waldorf Frommer mahnt aktuell für die Studiocanal GmbH  angebliche widerrechtliche Uploads, sog.
Filesharing, an dem amerikanischen Film
No Way Out – Gegen die Flammen “ ab.
No Way Out – Gegen die Flammen
(Originaltitel Only the Brave)
ist eine Filmbiografie von Joseph Kosinski, die am 20. Oktober 2017 in
die US-amerikanischen Kinos kam und am 3. Mai 2018 in die deutschen Kinos
kommen soll. Der Film schildert die wahren Ereignisse, bei denen im Jahr 2013
bei der Bekämpfung eines Waldbrandes 19 Mitglieder der Granite Mountain
Interagency Hotshot Crew ums Leben kamen. Das Drehbuch von Ken Nolan und Eric
Warren Singer basiert auf einem Artikel in der Zeitschrift GQ mit dem Titel No
Exit von Sean Flynn.

Die
Eliteeinheit der Feuerwehr von Prescott in Arizona trainiert unter Eric Marsh
jeden Tag für den Ernstfall. Im Juni 2013 tritt dieser ein, und sie kämpfen
gemeinsam in der Wildnis von Yarnell gegen die Flammen, wobei 19 der
Feuerwehrleute ihr Leben verlieren. Zu den Feuerwehrmännern gehört Brendan
McDonough, der das Unglück als Einziger überlebt.

Dementsprechend
wundert es wenig, dass
das der Film No Way Out – Gegen die Flammen relativ schnell illegal im Internet verbreitet
wurde. Heutzutage dienen dazu Download- oder Streaming-Plattformen und Foren,
in denen Filesharing betrieben wird. Eine Nutzung oder Bereitstellung solcher
Dienste stellt eine Urheberrechtsverletzung dar.

Die Kanzlei Waldorf
Frommer
 fordert  915,00 € für
die illegale Verbreitung des urheberrechtlich geschützten
No Way Out – Gegen die Flammen“        in Filesharing-Netzwerken.

Die Waldorf
Frommer
Rechtsanwälte machen dabei einen Schadensersatz in Höhe von 700,00
und einen Aufwendungsersatz, dahinter verbergen sich die
Rechtsverfolgungskosten,  in Höhe von 215,00 € geltend.



Die abgemahnten
Anschlussinhaber sollen den Film
No Way Out – Gegen die Flammen „  innerhalb eines peer-to-peer-Netzwerks (p2p) anderen Nutzern zur Verfügung
gestellt und so öffentlich zugänglich gemacht haben.
Die öffentliche Zugänglichmachung erfolgte illegal, da die Rechteinhaberin Studiocanal GmbH   des
Films „No Way Out – Gegen die Flammen „ 
die hierfür notwendige Einwilligung nicht gegeben haben.

Aber wie bisher gelten auch für die neuen Abmahnungen der Kanzlei Waldorf Frommer Rechtsanwälte:

  • Setzen Sie sich nicht selbst
    mit der Waldorf Frommer
    Rechtsanwälte
    in Verbindung! Jede noch so unbedachte Äußerung würde zu
    rechtlich nachteiligen Folgen führen.
  • Unterschreiben Sie die
    vorgefertigte Unterlassungserklärung auf keinen Fall, da Sie sich dann
    auch zur Zahlung der geforderten Summe verpflichten und ein
    Schuldeingeständnis abgeben.
  • Aufgrund der gravierenden
    Rechtsfolgen und der technischen Fehlerbelastung der Ermittlung der
    IP-Adresse sollte die Abmahnung
    fachanwaltlich überprüft werden.
  • Trotz der zweifelhaften
    Rechtslage und der oft fehlerbehafteten Feststellung der Downloads
    empfiehlt sich in einigen bestimmten 
    Fällen die Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung.
  • Prüfen Sie, ob der
    abgemahnte Verstoß tatsächlich über Ihren Anschluss begangen worden ist –
    ganz gleich ob von Ihnen selbst oder einer anderen Person, die Ihren
    Anschluss benutzte (Ehepartner, Lebenspartner, Kinder, Enkel, Patienten,
    Mieter, Kunden, Besucher).
  • Der BGH hat entschieden, dass der Anschlussinhaber nicht für
    volljährige Familienmitglieder und Mitbewohner haftet, die ohne seine
    Kenntnis Rechtsverletzungen begehen (
    BGH, Urteil vom 8. Januar
    2014 – I ZR 169/12 – BearShare
    ). In diesem Fall haftet dieses
    Familienmitglied selbst.
  • Haben Minderjährige die
    Urheberrechtsverletzungen begangen, so hängt die Haftung der Eltern
    hierfür davon ab, ob sie ihre Kinder über die verbotene Teilnahme an
    Internettauschbörsen im Vorfeld aufgeklärt haben und zu keiner Zeit davon
    ausgehen konnten, dass ihr Kind sich nicht an das Verbot hält (
    BGH, Urteil vom 15.11.2012 – I ZR 74/12 – Morpheus ).
  • Der BGH hat mit Urteil vom 12. Mai 2010, Az.
    I ZR 121/08 – „Sommer unseres Lebens
    entschieden, dass für einen
    Anschlussinhaber keine Haftung bei ausreichend gesichertem WLAN besteht.
  • Die IT-Kanzlei Gerth hat Erfahrung mit mehr als 6.000 Abmahnungen wegen Filesharing und
    über 200 Gerichtsverfahren mit Abmahnkanzleien auf der Gegenseite
    und prüft, ob die Vorwürfe
    in der Abmahnung gerechtfertigt sind und der Anschlussinhaber überhaupt
    haftet. Gerne helfe ich Ihnen bundesweit und zu einem fairen Pauschalpreis
    mit dem Ziel, bei einem entsprechenden Sachverhalt die geforderte Summe zu
    drücken oder aber die Forderung komplett abzuweisen.
  • Abmahnungen wegen
    Filesharing der Kanzlei Waldorf
    Frommer Rechtsanwälte
    werden in der IT-Kanzlei Gerth nahezu täglich
    bearbeitet.
  • Für den Fall, dass der
    abgemahnte Anschlussinhaber weder als Täter, noch als Störer haften muss,
    sieht meine optimale Verteidigung so aus, dass keine
    Unterlassungserklärung und auch keine modifizierte Unterlassungserklärung
    abgegeben wird und dass keine Zahlung an die Abmahnkanzlei erfolgt.
  • Die drei BGH-Entscheidungen
    vom 11. Juni 2015, welche der BGH ganz originell 
    Tauschbörse
    I, Tauschbörse II
    und
    Tauschbörse III
     benannt hat, haben Auswirkungen auf die Verteidigung gegen Abmahnungen
    wegen Filesharing, haben diese Entscheidungen die Verteidigung gegen eine
    Abmahnung nicht erleichtert. Daher ist auch oder gerade zukünftig die
    einzelfallbezogene Verteidigung gegen Filesharing-Abmahnungen wichtig.
  • Die BGH-Entscheidungen vom
    12. Mai 2016
    I ZR 272/14, I ZR 1/15 – Tannöd , I ZR 43/15, I ZR 44/15, I ZR 48/15 – Everytime we
    touch
    und I ZR 86/15 – Everytime we
    touch
    haben
    massive Auswirkungen auf die Verteidigung gegen Abmahnungen wegen
    Filesharing da sie die Darlegungslast der Abgemahnten drastisch verstärt
    und ausgedehnt haben. Ebenso wurde wegen der Verjährungsfrist die bisherige
    Rechtsprechung gekippt. Forderungen aus Filesharing verjähren nicht nach
    3, sondern erst nach 10 Jahren.
  • Der BGH hat mit dem  Urteil vom  06.10.2016, Az. I ZR 154/15-Afterlife in einen Grundsatzentscheidung zur Reichweite der sekundären Darlegungslast
    entschieden, dass ein abgemahnter Anschlussinhaber im Rahmen seiner
    zumutbaren Nachforschungspflicht eben gerade nicht dazu verpflichtet
    werden kann, Computer seiner Familienangehörigen zu untersuchen. Er sei,
    so der BGH, auch nicht verpflichtet den wahren Täter preiszugeben, sondern
    der beklagte Anschlussinhaber genüge seiner sekundären Darlegungslast
    bereits dadurch  dass  er die Zugriffsberechtigten benennt, die
    aus seiner Sicht als Täter in Betracht kommen. Und selbst unklare Aussagen
    von Zeugen gehen dem BGH nach zu Lasten der Abmahner, da diese ja auch die
    Beweislast trage.
  • Der BGH hat ganz aktuell mit
    dem
    Urteil vom 30. März 2017 – I
    ZR 19/16 – Loud
    nochmals zwei Sachen klargestellt und entschieden: Der
    Anschlussinhaber ist nicht verpflichtet, die Internetnutzung seines
    Ehegatten zu dokumentieren und dessen Computer auf die Existenz von
    Filesharing-Software zu untersuchen. Hat der Anschlussinhaber jedoch im
    Rahmen der ihm obliegenden Nachforschungen den Namen des Familienmitglieds
    erfahren, das die Rechtsverletzung begangen hat, muss er dessen Namen offenbaren,
    wenn er eine eigene Verurteilung abwenden will.
Ich biete Ihnen an, dass  Sie sich
bei mir unverbindlich telefonisch informieren können, in welcher Form, mit
welchem Risiko und mit welchen Erfolgsaussichten in Ihrem Fall vorgegangen
werden kann.
Zu dem Zweck senden Sie mir bitte eine kurze Sachverhaltsschilderung mit
Ihren Kontaktdaten per Email oder per Fax.
Besser und unkomplizierter wäre es noch, wenn Sie mir, selbstverständlich
ebenfalls kostenfrei, die Abmahnung bereits vorab eingescannt per Email,  per Fax oder per Post zukommen lassen können.
Sollten Sie eine Abmahnung erhalten haben, können Sie sich gerne mit mir
telefonisch
:05202 / 7 31 32
oder kostenfrei
unter 0800 88 7 31 32 ,
per Fax :05202 /
7 38 09 oder
per email :info (at) ra-gerth.de
in Verbindung setzen.

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Filesharing – Rechtsanwalt Daniel Sebastian mahnt im Gewand der IPPC LAW Rechtsanwaltsgesellschaft mbH für MG Premium Ltd. Pornofilmchen ab

Der bekannte
Berliner Rechtsanwalt Daniel Sebastian,  Kurfürstendamm 103/104, 10711 Berlin, mahnt
jetzt auch als IPPC LAW
Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Storkower Str. 158, 10407 Berlin
angebliche
Urheberrechtsverletzungen an Pornofilmen für die MG Premium Ltd., 195-197 Old Nicosia-Limassol Road, Block 1 Dali
Industrial Zone, Cyprus 2540, Zypern,
ab.
Gegenstand der
aktuellen Abmahnungen sind Filme aus dem Bereich der Erwachsenenunterhaltung

„Queen
vs. Pawn“,
„The
Perfect Applicant“
„Shy
Mom’s First Squirt“
„Mommy
needs a MANicure“.
Die aktuellen
Abmahnungen der Kanzlei IPPC LAW
Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
unterscheiden sich nicht vom Gros der
urheberrechtlichen Abmahnungen des Rechtsanwalts Daniel Sebastian. Auch in den Abmahnungen für die MG Premium Ltd. des Rechtsanwalts IPPC LAW Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
wird ein Schadenersatzbetrag in Höhe von 1347,60
gefordert.
Der
Schadensersatz setzt sich nach Rechtsanwalt
IPPC LAW Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
wie folgt zusammen:
·      Lizenzschadensersatz
·      Gerichts- und
Auskunftskosten
·      Rechtsanwaltskosten
Aber wie bisher gelten auch für
die neuen Abmahnungen
der Kanzlei IPPC
LAW Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
:
  • Setzen Sie sich nicht selbst
    mit der Kanzlei
    IPPC LAW
    Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
    in Verbindung! Jede noch so unbedachte Äußerung würde zu rechtlich
    nachteiligen Folgen führen.
  • Unterschreiben Sie die
    vorgefertigte Unterlassungserklärung auf keinen Fall, da Sie sich dann
    auch zur Zahlung der geforderten 1347,60
      
    verpflichten und ein
    Schuldeingeständnis abgeben.
  • Unterschreiben Sie die
    vorformulierte Unterlassungserklärung nicht ohne vorherige fachkundige
    Prüfung des Sachverhaltes durch einen Fachanwalt.
  • Den von der Kanzlei IPPC LAW Rechtsanwaltsgesellschaft mbH geltend gemachten Ansprüchen
    lässt sich angesichts der jüngsten Rechtsprechung zum Filesharing,
    insbesondere für Pornofilmchen, eine Menge entgegenhalten:
  • So hat etwa das LG München
    I
    mit
    Beschluss vom 29. Mai 2013, Az. 7 O
    22293/12
    einem Pornofilm die zur Bejahung des Urheberrechtsschutzes
    erforderliche Gestaltungshöhe als Ergebnis eines individuellen geistigen
    Schaffens abgesprochen.
  • Damit scheiden dann von
    vornherein sämtliche mit der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche aus.
  • Die Ansprüche auf
    Schadensersatz und Kostenerstattung entfallen zudem, wenn der abgemahnte
    Anschlussinhaber zum einen Umstände darlegen kann, aus denen sich die
    ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs, nämlich die
    Alleintäterschaft eines anderen Nutzers, ergibt und er zum anderen seinen
    Hinweis- und Kontrollpflichten hinsichtlich der Nutzung seines
    Internetanschlusses durch Dritte nachgekommen ist.
  • Selbst wenn trotz der guten
    Argumente gegen eine Verantwortung des Anschlussinhabers  der Kostenerstattungsanspruch dem Grunde
    nach gegeben sein sollte, wird dieser sich der Höhe nach nicht auf die von
    der Gegenseite angesetzten 1347,60   belaufen.
  • Aufgrund der gravierenden
    Rechtsfolgen und der technischen Fehlerbelastung der Ermittlung der
    IP-Adresse sollte die Abmahnung
    fachanwaltlich überprüft werden.
  • Trotz der zweifelhaften
    Rechtslage und der oft fehlerbehafteten Feststellung der Downloads
    empfiehlt es sich in einigen Fällen die Abgabe einer modifizierten
    Unterlassungserklärung.
  • Prüfen Sie, ob der
    abgemahnte Verstoß tatsächlich über Ihren Anschluss begangen worden ist –
    ganz gleich ob von Ihnen selbst oder einer anderen Person, die Ihren
    Anschluss benutzte (Ehepartner, Lebenspartner, Kinder, Enkel, Patienten,
    Mieter, Kunden, Besucher).
  • Der BGH hat entschieden, dass der Anschlussinhaber nicht für volljährige
    Familienmitglieder und Mitbewohner haftet, die ohne seine Kenntnis
    Rechtsverletzungen begehen (
    BGH, Urteil vom 8. Januar 2014
    – I ZR 169/12 – BearShare
    ). In diesem Fall haftet dieses Familienmitglied selbst.
  • Haben Minderjährige die
    Urheberrechtsverletzungen begangen, so hängt die Haftung der Eltern
    hierfür davon ab, ob sie ihre Kinder über die verbotene Teilnahme an
    Internettauschbörsen im Vorfeld aufgeklärt haben und zu keiner Zeit davon
    ausgehen konnten, dass ihr Kind sich nicht an das Verbot hält (
    BGH, Urteil vom 15.11.2012 – I ZR 74/12 – Morpheus ).
  • Der BGH hat mit Urteil vom 12. Mai 2010, Az.
    I ZR 121/08 – „Sommer unseres Lebens
    entschieden, dass für einen
    Anschlussinhaber keine Haftung bei ausreichend gesichertem WLAN besteht.
  • Die IT-Kanzlei Gerth hat Erfahrung mit mehr als 5.000 Abmahnungen wegen Filesharing und
    über 100
    Gerichtsverfahren mit Abmahnkanzleien auf der Gegenseite
    und prüft, ob die Vorwürfe
    in der Abmahnung gerechtfertigt sind und der Anschlussinhaber überhaupt
    haftet. Gerne helfe ich Ihnen bundesweit und zu einem fairen Pauschalpreis
    mit dem Ziel, bei einem entsprechenden Sachverhalt die geforderte Summe zu
    drücken oder aber die Forderung komplett abzuweisen
  • Für den Fall, dass der
    abgemahnte Anschlussinhaber weder als Täter, noch als Störer haften muss, sieht
    meine optimale Verteidigung so aus, dass keine Unterlassungserklärung und
    auch keine modifizierte Unterlassungserklärung abgegeben wird und dass
    keine Zahlung an die Abmahnkanzlei erfolgt.
  • Die drei BGH-Entscheidungen
    vom 11. Juni 2015, welche der BGH ganz originell 
    Tauschbörse
    I, Tauschbörse II
    und
    Tauschbörse III
     benannt hat, haben Auswirkungen auf die Verteidigung gegen Abmahnungen
    wegen Filesharing, haben diese Entscheidungen die Verteidigung gegen eine
    Abmahnung nicht erleichtert. Daher ist auch oder gerade zukünftig die
    einzelfallbezogene Verteidigung gegen Filesharing-Abmahnungen wichtig.
  • Die BGH-Entscheidungen vom
    12. Mai 2016
    I ZR 272/14, I ZR 1/15 – Tannöd , I ZR 43/15, I ZR 44/15, I ZR 48/15 – Everytime we
    touch
    und I ZR 86/15 – Everytime we
    touch
    haben
    massive Auswirkungen auf die Verteidigung gegen Abmahnungen wegen
    Filesharing da sie die Darlegungslast der Abgemahnten drastisch verstärt
    und ausgedehnt haben. Ebenso wurde wegen der Verjährungsfrist die
    bisherige Rechtsprechung gekippt. Forderungen aus Filesharing verjähren
    nicht nach 3, sondern erst nach 10 Jahren.
  • Der BGH hat ganz aktuell mit
    Urteil vom  06.10.2016, Az. I ZR 154/15-Afterlife in einen Grundsatzentscheidung zur Reichweite der sekundären Darlegungslast
    entschieden, dass ein abgemahnter Anschlussinhaber im Rahmen seiner
    zumutbaren Nachforschungspflicht eben gerade nicht dazu verpflichtet
    werden kann, Computer seiner Familienangehörigen zu untersuchen. Er sei,
    so der BGH, auch nicht verpflichtet den wahren Täter preiszugeben, sondern
    der beklagte Anschlussinhaber genüge seiner sekundären Darlegungslast
    bereits dadurch  dass  er die Zugriffsberechtigten benennt, die
    aus seiner Sicht als Täter in Betracht kommen. Und selbst unklare Aussagen
    von Zeugen gehen dem BGH nach zu Lasten der Abmahner, da diese ja auch die
    Beweislast trage.
  • Der BGH hat ganz aktuell mit
    dem
    Urteil vom 30. März 2017 – I
    ZR 19/16 – Loud
    nochmals zwei Sachen klargestellt und entschieden: Der
    Anschlussinhaber ist nicht verpflichtet, die Internetnutzung seines
    Ehegatten zu dokumentieren und dessen Computer auf die Existenz von
    Filesharing-Software zu untersuchen. Hat der Anschlussinhaber jedoch im
    Rahmen der ihm obliegenden Nachforschungen den Namen des Familienmitglieds
    erfahren, das die Rechtsverletzung begangen hat, muss er dessen Namen
    offenbaren, wenn er eine eigene Verurteilung abwenden will.
Ich biete Ihnen an, dass  Sie sich bei mir unverbindlich telefonisch
informieren können, in welcher Form, mit welchem Risiko und mit welchen
Erfolgsaussichten in Ihrem Fall vorgegangen werden kann.
Zu dem Zweck senden Sie mir bitte
eine kurze Sachverhaltsschilderung mit Ihren Kontaktdaten per Email oder per
Fax.
Besser und unkomplizierter wäre
es noch, wenn Sie mir, selbstverständlich ebenfalls kostenfrei, die Abmahnung
bereits vorab eingescannt per Email,  per
Fax oder per Post zukommen lassen können.
Sollten Sie eine Abmahnung erhalten haben, können Sie
sich gerne mit mir
telefonisch :
0800 88 7 31 32
(kostenfrei)
oder 05202 / 7  31 32,
per Fax :05202 / 7 38 09 oder
per
email :info (at)
ra-gerth.de
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BGH: Klageänderung nach Schluss der mündlichen Verhandlung

Die Erhebung
einer neuen Klageforderung oder einer Klageerweiterung durch einen nach Schluss
der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz ist unzulässig.
Sachanträge müssen spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung gestellt
werden. Dies gilt auch dann, wenn ein Schriftsatznachlass gewährt worden ist.
(Leitsatz des Verfassers)
Sachverhalt
Kläger K erhebt
eine Klage auf Rückzahlung einer an die Beklagte B geleisteten
„Vorfälligkeitsentschädigung“ iHv 8.221,15 EUR nebst Zinsen aus abgetretenem
Recht. Am 9.11.2016 findet die mündliche Verhandlung vor dem LG statt. In
dieser Verhandlung wird K nach § 283 S.
1 ZPO ein Schriftsatzrecht zur Erwiderung auf einen Schriftsatz der B
eingeräumt. Innerhalb dieser Frist reicht K einen Schriftsatz zur Akte, in dem
er die Klage auf 60.194,81 EUR nebst Zinsen erweitert. Dieser Schriftsatz wird
B zusammen mit dem LG-Urteil zugestellt. Das LG weist die Klageerweiterung in
den Entscheidungsgründen als unzulässig zurück. K legt gegen dieses Urteil
Berufung ein mit dem Antrag, das erstinstanzliche Urteil abzuändern und B zur
Zahlung von 60.194,81 EUR nebst Zinsen zu verurteilen. Das OLG weist diese
Berufung nach § 522 II 1
ZPO zurück. Das LG habe die Klageerweiterung zu Recht als unzulässig
zurückgewiesen; sie sei auch nicht in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen.
Die mit den Berufungsanträgen angekündigte Klageerweiterung verliere mit
Zurückweisung der Berufung nach § 522 II 1
ZPO ihre Wirkung und sei daher nicht rechtshängig geworden. Gegen diese
Entscheidung erhebt K Nichtzulassungsbeschwerde. Noch vor ihrer Begründung legt
ihr beim BGH zugelassener Prozessbevollmächtigter sein Mandat nieder und
beantragt die Festsetzung des Streitwertes.
Entscheidung
Der BGH setzt den
Wert der mit der beabsichtigten Revision geltend zu machenden Beschwer auf
8.221,15 EUR fest. Gegenstand der Berufungsentscheidung sei nur der
ursprüngliche Antrag. K sei danach nur in dieser Höhe durch die Entscheidung
des Berufungsgerichts beschwert. Dieser Betrag bilde außerdem den
Beschwerdegegenstand des beabsichtigten Revisionsverfahrens, da K die
OLG-Entscheidung in Gänze angegriffen habe (Hinweis auf BGH NJW 2002, 2720).
Wie sich aus
§§ 256 II261 II297 ZPO
ergebe, sei die Erhebung einer neuen Klageforderung oder einer Klageerweiterung
durch einen nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz
unzulässig. Sachanträge müssten spätestens in der letzten mündlichen
Verhandlung gestellt werden (Hinweis ua auf BGH NJW-RR 2009, 853 Rn. 8).
Daran ändere ein Schriftsatznachlass nichts. Dieser sei nur im Rahmen des
§ 296a S.
2 ZPO für Angriffs- und Verteidigungsmittel beachtlich. Mangels einer
Antragstellung in mündlicher Verhandlung dürfe daher über eine nach Schluss der
mündlichen Verhandlung eingereichte Klageerweiterung nicht entschieden werden.
In Einklang damit habe das LG von einer Entscheidung über die Klageerweiterung
abgesehen. Da die Klageerweiterung nicht rechtshängig und damit nicht
Gegenstand der Ausgangsentscheidung geworden sei, sei sie auch nicht in der
Berufungsinstanz angefallen. Daran ändere die erfolgte Zustellung der
Klageerweiterung an B nichts. Diese sei zusammen mit dem erstinstanzlichen
Urteil erfolgt und habe erkennbar nicht den Zweck verfolgt, die unzulässige
Klageerweiterung rechtshängig zu machen (Hinweis auf BGH NJW-RR 1997, 1486).
Die unzulässige
Klageerweiterung sei auch nicht dadurch rechtshängig und Gegenstand der
Entscheidung des Berufungsgerichts geworden, dass K diese im Rahmen ihrer
Berufungsanträge wiederholt habe. Denn die in dieser Antragstellung zu
erblickende zweitinstanzliche Klageerweiterung sei durch die Entscheidung des
Berufungsgerichts wirkungslos geworden. Eine zweitinstanzliche Klageerweiterung
hindere das Berufungsgericht nicht, bei Vorliegen der gesetzlichen
Voraussetzungen einen Beschluss nach § 522 II 1
ZPO zu erlassen (Hinweis auf BGH NJW-RR 2017, 56 Rn. 14 mAnm
Toussaint FD-ZVR 2016, 384219).
Werde die den erstinstanzlichen Streitgegenstand betreffende Berufung durch
einen einstimmigen Beschluss nach § 522 II 1
ZPO zurückgewiesen, verliere die Klageerweiterung entsprechend § 524 IV ZPO
vielmehr ihre Wirkung.
Praxishinweis
Gem. § 296a ZPO
können nach Schluss der mündlichen Verhandlung neue Angriffs- und
Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. Da die Vorschrift lediglich
Angriffsmittel, aber nicht den Angriff und damit die Klage selbst betrifft,
werden neue Sachanträge von ihrem Regelungsbereich nicht erfasst. Nach ganz hM
ist die Erhebung einer neuen Klageforderung oder einer Klageerweiterung durch
einen nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz dennoch
aus allgemeinen Erwägungen heraus unzulässig, weil – wie der BGH erneut
klarstellt – Sachanträge spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung
gestellt werden müssen.

Quelle: