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BGH: Nicht vorhersehbare Störungen der EDV-Anlage des Prozessbevollmächtigten

Für die Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten
Schriftsatzes kommt es darauf an, ob die gesendeten Signale noch vor Ablauf des
letzten Tags der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen
(gespeichert) worden sind (BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 – I ZR 198/15, WM
2017, 1120 Rn. 13; Beschluss vom 25. April 2006 – IV ZB 20/05, BGHZ 167, 214
Rn. 18; Beschluss vom 7. Juli 2011 – I ZB 62/10 Rn. 3). 

Der Ausdruck durch das
Gerät ist nicht maßgeblich (BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 – I ZR 198/15, aaO
m.w.N.). Da ein Außenstehender in der Regel keinen Einblick in Funktionsweise
und Betrieb des gerichtlichen Telefaxgeräts – insbesondere in Bezug auf die
Sicherstellung der Einstellung der richtigen Uhrzeit – und damit keinen
Anhaltspunkt für etwaige Fehlerquellen hat, ist es zunächst Sache des Gerichts,
die insoweit zur Aufklärung nötigen Maßnahmen zu ergreifen (vgl. BGH, Urteil
vom 31. Mai 2017 – VIII ZR 224/16, NJW 2017, 2285 Rn. 20; Beschluss vom 8.
Oktober 2013 – VIII ZB 13/13, NJW-RR 2014, 179 Rn. 14, jeweils m.w.N).


Gründe:
I.            
Die Klägerin nimmt den Beklagten aus abgetretenem Recht auf
Schadensersatz in Höhe von 559.713 € wegen mangelhafter Architektenleistung in
Anspruch.           
Mit Urteil vom 23. März 2015 hat das Landgericht die Klage
abgewiesen. Die Klägerin hat gegen das ihr am 30. März 2015 zugestellte Urteil
fristgerecht Berufung eingelegt. Mit Verfügungen des Vorsitzenden wurde die
Frist zur Begründung der Berufung antragsgemäß mehrfach verlängert, zuletzt bis
zum 30. Juli 2015. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin übermittelte die
fünf-seitige Berufungsbegründung vom 30. Juli 2015 per Telefax an das
Berufungsgericht. Die Übertragung begann ausweislich des Empfangsjournals des
Telefaxgeräts des Berufungsgerichts am 30. Juli 2015 um 23:58 Uhr bzw. nach dem
Abdruck des Empfangsgeräts auf dem Schriftsatz um 23:58:30 Uhr und endete 202
Sekunden später, mithin am 31. Juli 2015 kurz nach Mitternacht.
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat die Klägerin
unter Bezugnahme auf die anwaltliche Versicherung ihres Prozessbevollmächtigten
im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin
sei mit der Überarbeitung der Berufungsbegründung befasst gewesen, als kurz vor
23:00 Uhr sein Laptop mit der geöffneten Word-Datei abgestürzt sei. Nach verschiedenen
Versuchen habe sich herausgestellt, dass die Störung durch den Defekt des Akkus
verursacht worden sei. Es habe sich dabei um die erste Störung des 2012 neu
erworbenen Laptops gehandelt. Nachdem es dem Prozessbevollmächtigten der
Klägerin gelungen sei, den Laptop wieder einzuschalten, habe er ab ca. 23:25
Uhr eine unvollständige Version der Berufungsbegründung mittels einer
automatisch generierten Sicherungsdatei wiederhergestellt und bearbeitet. Diese
Arbeit habe er um 23:55 Uhr mit dem Ausdruck der Datei beendet und sodann mit
der Übertragung des unterzeichneten Schriftsatzes per Telefax begonnen. Die
Übertragung habe um 23:57 Uhr begonnen und nach Angaben seines Telefaxgeräts
zwei Minuten gedauert. Die interne Zeitanzeige seines Telefaxgeräts gehe 04:40
Minuten vor, so dass der Abdruck auf der Telefaxkopie, nach der die
Übermittlung erst am 31. Juli 2015 um 00:01 Uhr begonnen und bis 00:03 Uhr
gedauert habe, in die Irre führe. Im Deutschlandfunk sei noch die Europahymne
gelaufen, als das Faxgerät mit dem Ausdruck des Sendeberichts die erfolgreiche
Übermittlung der Berufungsbegründung bestätigt habe. Auch die Geschäftsstelle
des Berufungsgerichts habe eine Auskunft dahin erteilt, dass die
Berufungsbegründung ausweislich des Empfangsgeräts des Berufungsgerichts am 30.
Juli 2015 empfangen worden sei. Jedenfalls habe der Prozessbevollmächtigte der
Klägerin auch darauf vertrauen dürfen, dass eine erst um 23:58:30 Uhr begonnene
Übertragung des fünfseitigen Schriftsatzes rechtzeitig innerhalb von 90 Sekunden
beendet sein würde. Nach seinen Erfahrungen, die sowohl durch zwei
Telefaxprotokolle als auch durch die weiteren Daten des Empfangsjournals vom
30. Juli 2015 belegt seien, benötige das Telefaxgerät des Berufungsgerichts
normalerweise maximal 10 bis 15 Sekunden pro Seite. Mit einer Übertragungsdauer
von mehr als 90 Sekunden für den fünfseitigen Schriftsatz habe er nicht rechnen
müssen, zumal das Empfangsgerät nicht anderweitig belegt gewesen sei.        
Mit Beschluss vom 17. November 2015 hat das Berufungsgericht
das Gesuch der Klägerin auf Wiedereinsetzung in die versäumte
Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen und die Berufung der Klägerin als
unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes
ausgeführt:    
Die Klägerin habe ausweislich des Empfangsjournals des
Telefaxgeräts des Berufungsgerichts die Berufungsbegründungsfrist versäumt.
Soweit sie behaupte, dass die Übermittlung noch rechtzeitig vor Mitternacht
beendet worden sei, bestehe ein non liquet, das zu ihren Lasten gehe, da sie
für die Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist die Beweislast treffe und sie
keinen weiteren Beweis für ihre Behauptung angetreten habe.
Das Wiedereinsetzungsgesuch der Klägerin sei unbegründet, da
ihren Prozessbevollmächtigten ein ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes
Verschulden an der Fristversäumung treffe. Das von ihr vorgetragene und
glaubhaft gemachte Auftreten einer Computerstörung räume den
Verschuldensvorwurf nicht aus. Eine unvorhersehbare technische Störung
rechtfertige eine Wiedereinsetzung nur, wenn der Rechtsanwalt unter
Berücksichtigung aller Umstände im Interesse der Mandantschaft den sichersten
Weg gewählt habe, um die Fristwahrung sicherzustellen. Das sei hier nicht der
Fall. Einem pflichtbewussten Rechtsanwalt, der eine Berufungsbegründung noch
ca. eine Stunde vor Fristablauf überarbeite, obliege es, bereits einen Ausdruck
vorzunehmen, um „etwas in der Hand zu haben“, das übermittelt werden
könne. Jedenfalls müsse er aber ordnungsgemäße Sicherungsdateien erstellen, da
allgemein bekannt sei, dass technische Probleme immer auftreten könnten. Das
habe der Prozessbevollmächtigte der Klägerin offenbar nicht getan, da er um
23:25 Uhr nur eine unvollständige Sicherungsdatei gehabt habe. Dass die nicht
überarbeitete Fassung, auf die er bei sachgerechter Erstellung einer
Sicherungsdatei habe zurückgreifen können, den Anforderungen an eine
Berufungsbegründung nicht genügt hätte, sei nicht vorgetragen.  
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Rechtsbeschwerde.               
II.           
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin führt zur Aufhebung des
Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.          
1. Die gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1,
§ 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Die
angefochtene Entscheidung verletzt das Verfahrensgrundrecht der Klägerin auf
Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem
Rechtsstaatsprinzip). Dieses verbietet es den Gerichten, den Parteien den
Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer,
aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfG, NJW
2005, 814, 815; BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2013 – VIII ZB 13/13, NJW-RR
2014, 179 Rn. 8, jeweils m.w.N.). Indem das Berufungsgericht ohne eine
ausreichende Prüfung der Rechtzeitigkeit des Eingangs der Berufungsbegründung
die Berufung als unzulässig verworfen hat, hat es der Klägerin den Zugang zur
Berufungsinstanz unzulässig verwehrt.             
2. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann
die Versäumung der Frist für die Berufungsbegründung (§ 520 Abs. 2 ZPO) nicht
angenommen werden. Das Berufungsgericht hat fehlerhaft den Nachweis des
rechtzeitigen Eingangs der Berufungsbegründung als nicht geführt angesehen,
ohne zuvor die gebotenen Maßnahmen zur Aufklärung ergriffen zu haben.          
a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht
allerdings angenommen, dass die Klägerin als Berufungsführerin den
rechtzeitigen Eingang der Berufungsbegründung zu beweisen hat (st. Rspr., vgl.
z.B. BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 – I ZR 198/15, WM 2017, 1120 Rn. 13 m.w.N.).        
Gemäß § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat das Berufungsgericht von
Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung in der gesetzlichen Frist begründet
worden ist. Die hierfür erforderlichen Feststellungen trifft das
Berufungsgericht im Wege des Freibeweises, für den neben den üblichen
Beweismitteln, insbesondere dem Ergebnis von Zeugenvernehmungen, auch
eidesstattliche Versicherungen zu berücksichtigen sind. Allerdings bleibt es
auch im Rahmen des Freibeweises dabei, dass der dem Berufungsführer obliegende
Beweis für den rechtzeitigen Eingang der Berufungsbegründung zur vollen, den
Anforderungen des § 286 ZPO genügenden Überzeugung des Gerichts geführt sein
muss (BGH, Beschluss vom 22. Dezember 2011 – VII ZB 35/11, BauR 2012, 677 Rn. 9
m.w.N.). Die diesbezüglichen Anforderungen dürfen allerdings im Hinblick auf
die Beweisnot des Berufungsführers hinsichtlich gerichtsinterner Vorgänge nicht
überspannt werden (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2017 – VIII ZR 224/16, NJW
2017, 2285 Rn. 19 f.; Beschluss vom 8. Oktober 2013 – VIII ZB 13/13, NJW-RR
2014, 179 Rn. 10, jeweils m.w.N.).   
Für die Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax
übersandten Schriftsatzes kommt es darauf an, ob die gesendeten Signale noch
vor Ablauf des letzten Tags der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig
empfangen (gespeichert) worden sind (BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 – I ZR
198/15, WM 2017, 1120 Rn. 13; Beschluss vom 25. April 2006 – IV ZB 20/05, BGHZ
167, 214 Rn. 18; Beschluss vom 7. Juli 2011 – I ZB 62/10 Rn. 3). Der Ausdruck durch
das Gerät ist nicht maßgeblich (BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 – I ZR 198/15,
aaO m.w.N.).          
b) Nach diesen Maßstäben hätte das Berufungsgericht ohne
weitere Aufklärung nicht von einer Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung
ausgehen dürfen.          
aa) Das Berufungsgericht hat sich darauf gestützt, dass
sowohl nach dem Empfangsjournal des Telefaxgeräts des Berufungsgerichts als
auch nach dem Abdruck des Empfangsgeräts auf dem Schriftsatz der Eingang der
Berufungsbegründung erst am 31. Juli 2015 kurz nach Mitternacht und damit nach
Ablauf der am 30. Juli 2015 endenden Berufungsbegründungsfrist erfolgte.   
Da ein Außenstehender in der Regel keinen Einblick in
Funktionsweise und Betrieb des gerichtlichen Telefaxgeräts – insbesondere in Bezug
auf die Sicherstellung der Einstellung der richtigen Uhrzeit – und damit keinen
Anhaltspunkt für etwaige Fehlerquellen hat, ist es zunächst Sache des Gerichts,
die insoweit zur Aufklärung nötigen Maßnahmen zu ergreifen (vgl. BGH, Urteil
vom 31. Mai 2017 – VIII ZR 224/16, NJW 2017, 2285 Rn. 20; Beschluss vom 8.
Oktober 2013 – VIII ZB 13/13, NJW-RR 2014, 179 Rn. 14, jeweils m.w.N).           
Davon ausgehend hätte sich das Berufungsgericht nicht damit
begnügen dürfen, lediglich das Empfangsjournal des Telefaxgeräts heranzuziehen,
sondern weitere Maßnahmen zur Aufklärung veranlassen müssen. Hierzu hätte
angesichts der anwaltlichen Versicherung des Prozessbevollmächtigten der
Klägerin Anlass bestanden. Dieser hat mehrere Indizien benannt, die dafür
sprachen, dass die vollständige Übertragung der Berufungsbegründung bereits am
30. Juli 2015 abgeschlossen und die auf dem Empfangsjournal des Telefaxgeräts
des Berufungsgerichts sowie auf dem Abdruck des Empfangsgeräts auf dem
Schriftsatz beruhende Annahme der Fristversäumung mithin unzutreffend war. Es
wäre daher erforderlich gewesen, eine dienstliche Erklärung des zuständigen
Mitarbeiters zu Funktionsweise und Betrieb des Telefaxgeräts des
Berufungsgerichts einzuholen, insbesondere zu der Frage, wie sichergestellt wird,
dass im Gerät eine zutreffende Uhrzeit eingestellt ist und der
Eingangszeitpunkt eines per Telefax übermittelten Schriftsatzes zuverlässig
belegt werden kann. In diesem Zusammenhang wäre auch zu erläutern gewesen,
warum die in dem Empfangsjournal und in dem Abdruck des Empfangsgeräts auf dem
Schriftsatz ausgewiesenen Uhrzeiten differieren und welche Uhrzeit für die
vollständige Übermittlung des Schriftsatzes maßgebend ist. Darüber hinaus hätte
Anlass bestanden, zu klären, aus welchem Grund die Geschäftsstelle des
Berufungsgerichts dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine Auskunft dahin
erteilt hat, dass ausweislich des Empfangsgeräts des Berufungsgerichts die
Berufungsbegründung am 30. Juli 2015 empfangen worden sei.             
bb) Soweit das Berufungsgericht einen Beweisantritt der
Klägerin zu der Behauptung des rechtzeitigen Eingangs der Berufungsbegründung
vermisst hat, hat es ferner übersehen, dass es nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs gehalten war, in der anwaltlichen Versicherung an Eides
statt regelmäßig auch ein Beweisangebot auf Vernehmung des
Prozessbevollmächtigten der Klägerin als Zeugen zu den darin genannten
Tatsachen zu sehen. Die Annahme, der Nachweis des rechtzeitigen Eingangs der
Berufungsbegründung sei nicht geführt, ohne vorherige Vernehmung des Zeugen
läuft auf eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung hinaus (BGH,
Beschlüsse vom 17. November 2015 – VI ZB 38/13, WM 2016, 895 Rn. 9 und vom 22.
Dezember 2011 – VII ZB 35/11, BauR 2012, 677 Rn. 12, jeweils m.w.N).             
c) Da danach nicht in der erforderlichen Weise festgestellt
ist, ob die Berufungsbegründung rechtzeitig bei Gericht eingegangen ist, kann
die Verwerfung der Berufung keinen Bestand haben und die Sache ist zur weiteren
Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.        
3. Sofern das Berufungsgericht auch nach weiterer Aufklärung
die Rechtzeitigkeit des Eingangs der Berufungsbegründung nicht für erwiesen
erachten sollte, weist der Senat darauf hin, dass der Klägerin Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung zu
gewähren sein wird.   
Gemäß § 233 ZPO ist einer Partei auf Antrag Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand zu gewähren, wenn sie ohne ihr Verschulden verhindert war,
die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Der Anspruch auf Gewährung
wirkungsvollen Rechtsschutzes gebietet es, die Sorgfaltsanforderungen an das,
was der Betroffene zur Fristwahrung veranlasst haben muss, nicht zu überspannen
(vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2004 – VII ZR 320/03, NJW 2005, 678, 679,
juris Rn. 20).     
Nach diesen Maßstäben liegt kein der Klägerin gemäß § 85
Abs. 2 ZPO zurechenbares Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten an der
Versäumung der Frist vor.      
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen nicht
vorhersehbare und nicht vermeidbare technische Störungen einer EDV-Anlage einen
Wiedereinsetzungsgrund dar, wenn sie das rechtzeitige Erstellen oder Absenden
eines Schriftsatzes verhindern (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Februar 2015 – V ZB
75/13, NJW-RR 2015, 1196 Rn. 10; Beschluss vom 9. Mai 2006 – XI ZB 45/04, NJW
2006, 2637 Rn. 9; vgl. auch OLG Celle, NJW-RR 2003, 1439, 1440, juris Rn. 10).
Die Klägerin hat glaubhaft gemacht, dass der Laptop ihres
Prozessbevollmächtigten um kurz vor 23:00 Uhr während der Bearbeitung der
Berufungsbegründung wegen eines Defekts des Akkus abgestürzt ist, wobei die
Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des Laptops und einer automatisch
erstellten Sicherungsdatei ca. 30 Minuten erforderte. Diese erstmals
aufgetretene Störung seines Computers ca. eine Stunde vor Fristablauf war für
den Prozessbevollmächtigten der Klägerin weder vorhersehbar noch vermeidbar und
damit unverschuldet. Die Klägerin hat weiter glaubhaft gemacht, dass ihr
Prozessbevollmächtigter aufgrund der Störung des Computers die mittels einer
automatisch erstellten Sicherungsdatei nur unvollständig wiederhergestellte
Berufungsbegründung nicht früher fertigstellen und per Telefax an das
Berufungsgericht übermitteln konnte.     
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann ein für
die Fristversäumung kausales Verschulden des Prozessbevollmächtigten der
Klägerin nicht auf das Unterlassen des manuellen Abspeicherns der
Berufungsbegründung vor Beginn der Überarbeitung gestützt werden. Allerdings
hat ein Prozessbevollmächtigter, der eine Frist bis zum Ablauf des letzten
Tages ausnutzt, erhöhte Sorgfalt aufzuwenden, um die Einhaltung der Frist
sicherzustellen (vgl. BGH, Beschluss vom 16. November 2016 – VII ZB 35/14, ZfBR
2017, 144 Rn. 12). In einem solchen Fall erfordert es die anwaltliche Sorgfalt,
zur Vermeidung des Verlusts wesentlicher Textteile bei etwaigen technischen
Störungen in regelmäßigen Abständen – zumindest in automatisierter Form –
Sicherungsdateien erstellen zu lassen, wobei Abstände von etwa 15 Minuten noch
angemessen erscheinen (vgl. hierzu, im Ergebnis offen lassend, BGH, Beschluss
vom 13. November 2007 – VI ZB 19/07 Rn. 6). Ob das Textverarbeitungsprogramm
des Prozessbevollmächtigten der Klägerin so eingestellt war, dass automatisch
Sicherungsdateien in angemessenen Abständen erstellt wurden, kann indes offen
bleiben. Denn es ist angesichts der Kürze der bis zum Fristablauf verbleibenden
Zeit nach Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des Computers, der erforderlichen
Überprüfung des wiederhergestellten Textes auf Vollständigkeit sowie der nach
der anwaltlichen Versicherung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin noch
ausstehenden Überarbeitung der Berufungsbegründung auszuschließen, dass sich
ein solcher etwaiger Sorgfaltsverstoß kausal auf die Fristversäumung ausgewirkt
hat.           
Ein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden liegt
entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts schließlich auch nicht darin,
dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vor Beginn der Überarbeitung der
Berufungsbegründung keinen Ausdruck des Entwurfs gefertigt hatte. Werden
anwaltliche Schriftsätze mittels eines Computers erstellt und bearbeitet,
erfordert es die anwaltliche Sorgfalt nicht, Zwischenausdrucke von unfertigen
Entwürfen zu erstellen. Dies gilt auch bei Ausschöpfung der
Berufungsbegründungsfrist bis zum letzten Tag. Der Beschluss des
Bundesgerichtshofs vom 9. Mai 2006 (XI ZB 45/04, NJW 2006, 2637 Rn. 12) steht
dem nicht entgegen. Denn in dem jener Entscheidung zugrunde liegenden
Sachverhalt lag vor Auftreten der technischen Störung eine ausgedruckte
vollständige, wenn auch noch nicht überarbeitete Fassung der
Berufungsbegründung vor.

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