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BGH bestätigt Unwirksamkeit zweier Preisklauseln eines Onlineanbieters für Veranstaltungstickets

Urteil vom 23. August 2018 – III ZR 192/17
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in einem
gestern verkündeten Urteil die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt, durch
die einem Unternehmen, das Eintrittskarten für künstlerische Veranstaltungen
(z.B. Konzerte, Theater, Shows, Kleinkunst) vertreibt, auf die Klage der Verbraucherzentrale
Nordrhein-Westfalen e.V. die Verwendung zweier Preisklauseln in ihren
Allgemeinen Geschäftsbedingungen untersagt worden ist.
Sachverhalt:
Die Beklagte vertreibt teils als Veranstalterin, teils als
Vermittlerin und teilweise als Kommissionärin (§ 383 HGB) über das
Internet Eintrittskarten. Im Zuge des Bestellvorgangs wird für jede
Eintrittskarte ein sogenannter „Normalpreis“ angegeben mit dem
Hinweis: „Angezeigte Ticketpreise inkl. der gesetzl. MwSt.,
Vorverkaufsgebühr, Buchungsgebühr von max. € 2,00 zzgl. Service- &
Versandkosten“. Nachdem der Kunde das Ticket in den virtuellen Warenkorb
gelegt hat, werden ihm Auswahlmöglichkeiten zu dessen Versand angeboten. Für
die Versandart „Premiumversand“ berechnet die Beklagte zusätzlich zum
Ticketpreis 29,90 € „inkl. Bearbeitungsgebühr“. Wählt der Kunde die
Option „ticketdirect – das Ticket zum Selbstausdrucken“ (sogenannte
print@home-Option), bei der ihm die Beklagte über einen Link die Eintrittskarte
als pdf-Datei zur Verfügung stellt, erhöht sich deren Preis um eine
„Servicegebühr“ von 2,50 €. Die Berechnung dieser Gebühren beruht auf
zwei in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten enthaltenen
Preisklauseln.
Prozessverlauf:
Das Landgericht hat der Beklagten untersagt, folgende
Preisklauseln zu verwenden:
„Premiumversand 29,90 EUR
inkl. Bearbeitungsgebühr“
und
„ticketdirect – das Ticket
zum Selbst-Ausdrucken Drucken Sie sich ihr ticketdirect
einfach und bequem selber aus! 2,50 EUR“
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten
zurückgewiesen.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat die vom Berufungsgericht
zugelassene Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts
Bremen zurückgewiesen. Der Senat hat die von der Beklagten verwendeten beiden
Klauseln als Preisnebenabreden bewertet. Damit unterliegen sie im Gegensatz zu
Vereinbarungen über den Veranstaltungspreis selbst der Inhaltskontrolle nach
dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Die von der Beklagten verwendeten Klauseln weichen,
jedenfalls soweit die Beklagte über die Karten als Kommissionärin im eigenen
Namen mit den Kunden Kaufverträge schließt, von dem Grundgedanken des
§ 448 Abs. 1 BGB ab. Danach hat der Käufer beim Versendungskauf nur die
eigentlichen Versendungskosten (z.B. Porto, Verpackung und ggf. Versicherung)
zu tragen, nicht aber den internen Geschäftsaufwand des Verkäufers für die
Bereitstellung der Ware zur Versendung.
Die streitigen Klauseln benachteiligen die Käufer durch die
Abweichung von der gesetzlichen Bestimmung entgegen den Grundsätzen von Treu
und Glauben in unangemessener Weise (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf der Verwender von Allgemeinen
Geschäftsbedingungen für Tätigkeiten, zu denen er gesetzlich oder – wie beim
Versendungskauf – nebenvertraglich verpflichtet ist oder die er überwiegend im
eigenen Interesse erbringt, grundsätzlich kein gesondertes Entgelt verlangen.
Zwar kann es im Einzelfall zu rechtfertigen sein, den für
verschiedene Versandarten unter Umständen sehr unterschiedlich anfallenden
Geschäftsaufwand nicht in die allgemeine Preiskalkulation einzubeziehen,
sondern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen hierfür jeweils verschiedene
Versandentgelte vorzusehen. Die Beklagte hat jedoch zum Geschäftsaufwand beim
sogenannten Premiumversand vorinstanzlich keine Tatsachen vorgetragen, die die
Annahme eines besonderen Geschäftsaufwands tragen könnte; sie hat vielmehr noch
im Berufungsrechtszug den Standpunkt vertreten, ihre Kalkulation nicht offen
legen zu müssen. Ferner war nicht erkennbar, welche konkreten
erstattungsfähigen Aufwendungen mit der „Servicegebühr“ von 2,50 €
für die „ticketdirect“-Option geltend gemacht werden; der Kunde
druckt bei dieser Versandart die Eintrittskarte nach ihrer elektronischen
Übermittlung selbst aus, so dass weder Porto- noch Verpackungskosten anfallen.
Da nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des
Berufungsgerichts zudem die Übermittlung des Links auf die als Eintrittskarte
ausdruckbare pdf-Datei per Mail an den Kunden in der von der Beklagten zur
Umsetzung ihres Geschäftsmodells vorgehaltenen elektronischen Infrastruktur
automatisiert erfolgt, bleibt unklar, welcher Geschäftsaufwand hierdurch
vergütet werden soll.
Die Klauseln sind auch unwirksam, soweit sie sich auf das
Vermittlungs- und Eigenvertriebsgeschäft der Beklagten beziehen, da die
Reduktion zu beanstandender Klauseln auf einen noch zulässigen Inhalt
ausscheidet, wenn sie – wie hier – nicht sprachlich und inhaltlich teilbar
sind.
Vorinstanzen:
Landgericht Bremen – Urteil vom 31. August 2016 – 1 O 969/15
Oberlandesgericht Bremen – Urteil vom 15. Juni 2017 – 5 U
16/16
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
§ 383 HBG:
(1) Kommissionär ist, wer es gewerbsmäßig übernimmt, Waren
oder Wertpapiere für Rechnung eines anderen (des Kommittenten) in eigenem Namen
zu kaufen oder zu verkaufen.
(2) Die Vorschriften dieses Abschnittes finden auch
Anwendung, wenn das Unternehmen des Kommissionärs nach Art oder Umfang einen in
kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert und die
Firma des Unternehmens nicht nach § 2 in das Handelsregister eingetragen ist.
In diesem Fall finden in Ansehung des Kommissionsgeschäfts auch die
Vorschriften des Ersten Abschnittes des Vierten Buches mit Ausnahme der §§ 348
bis 350 Anwendung.
§ 448 Abs. 1 BGB Kosten der Übergabe und vergleichbare Kosten
(1) Der Verkäufer trägt die Kosten der Übergabe der Sache,
der Käufer die Kosten der Abnahme und der Versendung der Sache nach einem
anderen Ort als dem Erfüllungsort.
§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB Inhaltskontrolle:
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind
unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von
Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene
Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar
und verständlich ist.
Karlsruhe, den 24. August 2018
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

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