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OLG München – Störerhaftung des Access-Providers bei konkret bezeichnetem Urheberrechtsverstoß

Das OLG München hat mit Urteil
vom 14.06.2018,  AZ. 29 U 732/18
über
die Berufung von Vodafone gegen die von Constantin Film erstrittene
Sperrverfügung gegen kinox.to entschieden. Constantin hat in diesem
Musterverfahren schon erstinstanzlich gegen Vodafone die Sperrung der Website
kinox.to für einen Teil von Vodafons Kunden durchgesetzt. Dabei wird es auch
bleiben.
Das OLG urteilte, dass nach § 7 Abs. Abs. 3 S. 1 TMG
Verpflichtungen zur Entfernung von Informationen auch nach den allgemeinen
Gesetzen, also auch gegen den Access Provider, möglich bleiben müssen. Daran
ändere auch die Novellierung des TMG durch das 3. TMGÄndG nichts. Es bleibe
also auch nach der Änderung des TMG durch den Gesetzgeber bei den vom BGH in
den beiden Entscheidungen zur Haftung des Access Providers herausgearbeiteten
Grundsätzen zur Störerhaftung. Der BGH begrenzt diese ja nach dem
Zumutbarkeitskriterium.
Leitsätze:
1. Ein Unterlassungsantrag ist nur insoweit hinreichend
bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 S. 2 ZPO, soweit er sich auf die konkret
benannten Domains und die benannte IP-Adresse bezieht. Ihm muss aber nicht
unmittelbar zu entnehmen sein, welche konkreten Handlungs- und Prüfpflichten
der Antragsgegnerin abverlangt werden sollen. Es reicht aus, wenn sich die zu
befolgenden Sorgfalts- und Prüfpflichten aus der Antragsbegründung und den
Entscheidungsgründen ergeben. (Rn. 20 – 21) (red. LS Götz Schulze)
2. § 8 Abs. 1 S. 2 TMG ist unionsrechtskonform teleologisch
dahin zu reduzieren, dass er nur WLAN-Betreiber, nicht aber andere
Access-Provider von der Störerhaftung ausnimmt. (Rn. 40) (red. LS Götz Schulze)
3. Die Vermittlung des Zugangs zum Internet ist ein von der
Rechtsordnung gebilligtes und gesellschaftlich erwünschtes Geschäftsmodell, das
als solches nicht in besonderer Weise die Gefahr von Urheberrechtsverletzungen
schafft. Ihr dürfen deshalb keine Kontrollmaßnahmen auferlegt werden, die ihr
Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig
erschweren. Die Auferlegung einer anlasslosen, allgemeinen Überwachungs- oder
Nachforschungspflicht des Access-Providers kommt daher nicht in Betracht. Eine
Prüfpflicht entsteht erst, wenn dieser auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug
auf die konkreten Rechtsverletzungen hingewiesen wird. (Rn. 47) (red. LS Götz
Schulze)
4. Im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit von Überwachungs-
und Sperrmaßnahmen durch den Access-Provider ist es angemessen, eine vorrangige
Rechtsverfolgung gegenüber denjenigen Beteiligten zu verlangen, die – wie die
Betreiber beanstandeter Webseiten – entweder die Rechtsverletzung selbst
begangen oder zu der Rechtsverletzung – wie der Host-Provider der beanstandeten
Webseiten – durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben. Der
Vorrang entfällt aber, wenn der Inanspruchnahme des Betreibers der Webseite
jede Erfolgsaussicht fehlt und deshalb andernfalls eine Rechtsschutzlücke
entstünde. (Rn. 51) (red. LS Götz Schulze)
Vorinstanz:
LG München I, Urteil vom 01.02.2018 – 7 O 17752/17
Tenor
1. Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des
Landgerichts München I vom 1. Februar 2018 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen,
dass dieses wie folgt lautet:
Der Antragsgegnerin wird es bei Meidung eines für jeden Fall
der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000, €, ersatzweise
Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall
Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft oder Ersatzordnungshaft
an dem Vorstand der Antragsgegnerin zu vollziehen ist, untersagt,
ihren Kunden über das Internet Zugang zum Film Fack Ju Göhte
3 zu vermitteln, soweit dieser Film über den gegenwärtig KINOX.TO genannten
Internetdienst abrufbar ist, wie dies über die Domains kinox.to, kinox.am,
kinox.me, kinox.nu, kinox.tv, kinox.sg, kinox.sx oder kinos.to geschieht,
welche sich der IP-Adresse 185.200.190.136 bedienen, wie nachfolgend
eingeblendet:
II. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die
Antragstellerin 1/9 und die Antragsgegnerin 8/9 zu tragen.
Entscheidungsgründe


A.
Die Antragsgegnerin versorgt 3,34 Millionen Kunden mit
Internetanschlüssen.
Die Antragstellerin ist Inhaberin urheberrechtlicher
Nutzungsrechte – insbesondere des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung für
Deutschland – an dem Film Fack Ju Göhte 3, der am 26. Oktober 2017 in den
deutschen Kinos anlief und bis zum 3. Dezember 2017 bereits 5,7 Millionen
Kinozuschauer hatte.
Dieser Film war ab dem 7. November 2017 auf dem
Internetauftritt von KINOX.TO durchgehend verfügbar. Mit diesem
Internetauftritt werden audiovisuelle Inhalte wie Filme angeboten. Der Auftritt
ist in deutscher Sprache gestaltet, alle wesentlichen Hinweise sind auf
Deutsch. Das Angebot ist so aufgebaut, dass auf der Seite – geordnet nach
bestimmten Ordnungskriterien – Links zu Sharehostern gefunden werden können,
die es ermöglichen, die jeweiligen Inhalte im Wege des Streamings anzusehen.
Die Inhalte sind auf den Servern der Sharchostcr so abgespeichert, dass der
Stream von Nutzern kostenlos zu Zeiten und von Orten ihrer Wahl abgerufen werden
kann. Die Seite KINOX.TO hat kein Impressum.
Die Antragstellerin erfuhr von der Abrufbarkeit des Films
über KINOX.TO am 7. November 2017. Nachdem sie – erfolglos – die Betreiber von
KINOX.TO am 20. November 2017 über das mit dem Internetauftritt zur Verfügung
gestellte Kontaktformular abgemahnt (vgl. Anl. AST 7) und die damaligen
Host-Provider der Betreiber von KINOX.TO notifiziert und abgemahnt hatte,
wandte sich die Antragstellerin mit einem „anwaltlichen Informationsschreiben“
vom 28. November 2017 (vgl. Anl. AST 21) an die Antragsgegnerin und teilte
dieser mit, dass sie die urheberrechtlichen Nutzungsrechte an dem Film
innehabe, dieser illegal im Internet über den Dienst KINOX.TO verfügbar und
auch über die von der Antragsgegnerin angebotenen Internetzugänge abrufbar sei.
Die Antragsgegnerin sei daher verpflichtet, zumutbare Maßnahmen zu ergreifen,
um ihren Kunden den Zugang zum Film zu verwehren, soweit dieser über KINOX.TO
verfügbar sei, Denkbar seien insbesondere die Sperrung der von KINOX.TO benutzten
Domains kinox.to, kinox.am, kinox.me, kinox.nu, kinox.tv, kinox.sg, kinox.sx
und kinos.to oder die Sperrung der von KINOX.TO genutzten IP-Adresse
185.200.190.136.
Die Antragsgegnerin leitete daraufhin keine Sperrmaßnahmen
ein. Der Film war am 6. Dezember 2017 immer noch über Internetzugänge der
Antragsgegnerin abrufbar.
Mit Antrag vom 6. Dezember 2017, eingegangen am 7. Dezember
2017, hat die Antragstellerin ein Verfügungsverfahren gegen die Antragsgegnerin
eingeleitet. Sie hat zuletzt beantragt,
der Antragsgegnerin bei Meidung von Ordnungsmitteln zu
verbieten, ihren Kunden über das Internet Zugang zum Film Fack Ju Göthe 3 zu
vermitteln, soweit dieser Film über den gegenwärtig KINOX.TO genannten
Internetdienst abrufbar ist, wie nachfolgend eingeblendet:
hilfsweise:
die Antragsgegnerin zu verpflichten, gegenüber ihren Kunden
die Vermittlung des Zugangs über das Internet zum Film Fack Ju Göhte 3 zu
sperren, soweit dieser Film über den gegenwärtig KINOX.TO genannten
Internetdienst abrufbar ist, wie nachfolgend eingebendet:
[es folgen dieselben Einblendungen wie zum Hauptantrag]
Mit Schriftsatz vom 11. Januar 2018 hat die Antragstellerin
mitgeteilt, dass der Internetdienst KINOX.TO auch über die Domain kinox.si
erreichbar war.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat die
Antragstellerin klargestellt, dass die Bezeichnung KINOX.TO in den Anträgen als
Firma und nicht als Top-Level-Domain zu verstehen sei; deswegen werde vom
Antrag zum Beispiel auch die URL beginnend mit kinox.tv … erfasst. Insoweit
hat die Antragstellerin eine Liste mit den weiteren von ihr als streitgegenständlich
bezeichneten URLs
https://kinox.to/Stream/Fack_ju_goethe_3.html,
https://kinox.sg/Stream/Fack_ju_goethe_3.html,
https://kinox.tv/Stream/Fack_ju_goethe_3.html,
https://kinox.sx/Stream/Fack_ju_goethe 3.html,
https://kinox.am/Stream/Fack_ju_goethe_3.html,
https://kinox.xi/Stream/Fack_ju_goethe_3.html und
https://kinox.nu/Stream/Fack_ju_goethe_3.html,
https://kinos.to/Stream/Fack_ju/goethe_3.html
übergeben.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
zurückzuweisen.
Mit Urteil vom 1. Februar 2018 (MMR 2018, 322), auf dessen
tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht
die Antragsgegnerin nach dem Hauptantrag verurteilt, wobei es bei der
Wiedergabe der Screenshots von deren Reihung im Antrag abgewichen ist. In den
Urteilsgründen hat das Landgericht unter anderem ausgeführt, dass sich das
Verbot auf das Gesamtangebot Kinox.to beziehe, das unter dieser Firma angeboten
werde, unabhängig von der jeweiligen Domain.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Antragsgegnerin mit
ihrer Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem ersten
Rechtszug und beantragt,
die einstweilige Verfügung des Landgerichts aufzuheben und
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung vor
dem Senat den Verfügungsantrag hinsichtlich der Domain kinox.si zurückgenommen
und im Übrigen beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass sich das
Verbot, wie bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht
dargestellt nur auf die bis zur damaligen mündlichen Verhandlung notifizierten
Domains, wie auf Seite 16 des Schriftsatzes vom 11. Januar 2018 angegeben, und
die entsprechende IP-Adresse, wie auf Seite 29 der Antragsschrift angegeben,
bezieht und der weiteren Maßgabe, dass die Screenshots im Verbotsausspruch die
im Verfügungsantrag aufgezeigte Reihenfolge haben.
Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom
14. Juni 2018 Bezug genommen.
B.
Die zulässige Berufung ist in dem zum Schluss der mündlichen
Verhandlung noch anhängigen Umfang nicht begründet.
I. Der Verfügungshauptantrag ist zulässig.
1. Fehl geht die Auffassung der Antragsgegnerin, dem Erlass
einer einstweiligen Verfügung stehe entgegen, dass der Streitfall schwierige
rechtliche Fragen aufwerfe. Das sich für zivilrechtliche Streitigkeiten aus dem
Rechtsstaatsprinzip ergebende Gebot der Gewährleistung effizienten
Rechtsschutzes (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16. Juni 2016 – 1 BvR 873/15, juris,
Tz. 20 m.w.N.) wäre verletzt, wenn sich die Gerichte in Verfügungsverfahren
weigerten, komplexe rechtliche Fragen zu klären (vgl. Voß in: Cepl/Voß,
Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2. Aufl. 2018, § 940 Rz. 40;
Vollkommer in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 935 Rz. 7; Jestaedt in: Ahrens,
Der Wettbewerbsprozess, 8. Aufl. 2017, Kap. 47 Rz. 9; Retzer in:
Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 4. Aufl. 2016, § 12 Rz. 343; Drescher in:
Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2016, § 935 Rn. 12: jeweils m.w.N., z.T.
auch zur Gegenmeinung).
2. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist der
Verfügungshauptantrag nicht wegen Unbestimmtheit gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO
unzulässig.
a) Nach dieser Vorschrift darf ein Verbotsantrag nicht
derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der
Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar
abgegrenzt sind, sich der Beklagte oder Antragsgegner deshalb nicht erschöpfend
verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was ihm verboten ist,
dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2018, 203
– Betriebspsychologe Tz. 10 m.w.N.)
b) Diesen Anforderungen genügt der Hauptantrag.
aa) Die Antragstellerin hat bereits auf Seite 29 der
Antragsschrift ausschließlich die Domains kinox.to, kinox.am, kinox.me,
kinox.nu, kinox.tv, kinox.sg, kinox.sx oder kinos.to (sowie die IP-Adresse
185.200.190.136) als relevant bezeichnet und auch in dem als Anlage AST 21
beigefügten Anwaltsschreiben vom 28. November 2017 erklärt, die Antragsgegnerin
könne ihrer Verhinderungspflicht durch die Sperrung dieser Domains oder der
genannten IP-Adresse nachkommen. Diese Konkretisierungen hat die
Antragstellerin dann in ihrem Schriftsatz vom 11. Januar 2018 wiederholt und um
die zusätzliche – nach Antragsrücknahme im Berufungsverfahren nicht mehr
streiterhebliche – Domain kinox.si erweitert. Zudem hat die Antragstellern in
der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht zum Hauptantrag ausdrücklich
erklärt, dass es der Antragsgegnerin zwar freistehe, wie sie dem beantragten
Verbot nachkomme, es aber klar sei, dass die Antragsgegnerin unter den zur
Verfügung stehenden Möglichkeiten wie DNS-Sperre, IP-Adressen-Sperre und
URL-Blocking (Zwangs-Proxy) den Zugang zu den von ihr – der Antragstellerin –
benannten URLs zu sperren habe, aber nicht verpflichtet sei, andere,
insbesondere neu auftretende URLs oder Domains proaktiv zu recherchieren und
abzuschalten. Die Einblendung der Screenshots solle nicht bedeuten, dass sie
ihr Rechtsschutzbegehren auf die dort ersichtlichen Internetadressen
beschränke; vielmehr begehre sie auch Rechtsschutz im Hinblick auf die im
Schriftsatz vom 11. Januar 2018 aufgezählten Top-Level-Domains: bezüglich
anderer Top-Level-Domains begehre sie von der Antragsgegnerin derzeit nichts
(vgl. S. 3 d. Prot. v. 17. Januar 2018 = Bl. 95 d.A.).
Angesichts dieses Vorbringens der Antragstellerin ist der
Hauptantrag dahin auszulegen, dass er sich nur auf die Domains und die
IP-Adresse bezieht, welche die Antragstellerin konkret benannt hat. Mit diesem
Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt (vgl. BGH GRUR 2016, 268 –
Störerhaftung des Access-Providers Tz. 13).
bb) Der Hauptantrag ist auch in Anbetracht des Umstands
hinreichend bestimmt, dass ihm nicht unmittelbar zu entnehmen ist, welche
konkreten Handlungs- und Prüfpflichten der Antragsgegnerin abverlangt werden
sollen. Es reicht aus, wenn sich die zu befolgenden Sorgfalts- und Prüfpflichten
aus der Antragsbegründung und den Entscheidungsgründen ergeben. Im Übrigen
lassen sich die Grenzen des der Antragsgegnerin zumutbaren Verhaltens im
Erkenntnisverfahren nicht präziser bestimmen, weil zukünftige
Verletzungshandlungen nicht konkret abzusehen sind. Die hiermit verbundene
Verlagerung eines Teils des Streits in das Vollstreckungsverfahren ist
hinzunehmen, weil anders effektiver Unterlassungsrechtsschutz nicht
gewährleistet werden könnte (vgl. BGH, a.a.O., – Störerhaftung des Access-Providers
Tz. 14 m.w.N.)
II. Der Antragstellerin steht der begehrte
Unterlassungsanspruch in dem im Berufungsverfahren noch verfolgten Umfang zu.
1. Der landgerichtliche Verbotsausspruch verstößt entgegen
der Auffassung der Antragsgegnerin nicht gegen die Vorschrift des § 308 Abs. 1
Satz 1 ZPO, nach der das Gericht nicht befugt ist, einer Partei etwas
zuzusprechen, was nicht beantragt ist.
Der Inhalt eines Unterlassungstitels ist durch Auslegung
unter Berücksichtigung der Antragsschrift und der ihr beigefügten Anlagen zu
ermitteln (vgl. BGH GRUR 2016, 406 – Piadina-Rückruf Tz. 34 m.w.N.). Im
Streitfall folgt der Titel – bis auf die versehentliche Änderung der
Screenshot-Reihenfolge – dem Antrag und ist deshalb wie dieser dahin
auszulegen, dass er sich nur auf die Domains und die IP-Adresse bezieht welche
die Antragstellerin konkret benannt hat (s.o. I. 2.). Die landgerichtliche
Formulierung unabhängig von der jeweiligen Domain besagt lediglich, dass das
Verbot nicht auf die in den Screenshots wiedergegebene Domain kinox.to
beschränkt ist. Damit geht der landgerichtliche Verbotsausspruch nicht über den
im ersten Rechtszug gestellten Verfügungsantrag hinaus.
2. Der Antragstellerin steht der zuletzt noch geltend
gemachte Unterlassungsanspruch zu.
a) Für die rechtliche Beurteilung ist von folgenden
Maßstäben auszugehen:
aa) Nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zur
Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten
Schutzrechte in der Informationsgesellschaft haben die Mitgliedstaaten
sicherzustellen, dass die Inhaber insbesondere des Rechts der öffentlichen
Wiedergabe von Werken gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen
können, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung eines Urheberrechts oder
verwandter Schutzrechte genutzt werden. Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass
die Vermittler oftmals am besten in der Lage sind, Urheberrechtsverstößen über
das Internet ein Ende zu setzen. Auch Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG
zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums verpflichtet die
Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Rechteinhaber eine Anordnung gegen
Mittelspersonen beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zwecks
Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums in Anspruch genommen werden.
Die Modalitäten dieser Anordnungen sind im Recht der Mitgliedstaaten zu regeln.
Die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr steht dem
nicht entgegen. Sie lässt vielmehr nach ihrem Art. 12 Abs. 3 bezogen auf
Diensteanbieter, die als Vermittler von einem Nutzer eingegebene Informationen
in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder den Zugang zu einem
Kommunikationsnetz vermitteln, die Möglichkeit unberührt, nach den
Rechtssystemen der Mitgliedstaaten vom Diensteanbieter zu verlangen, die
Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern (vgl. BGH, a.a.O., –
Störerhaftung den Access-Providers Tz. 22 m.w.N.).
Die in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG sowie in Art.
11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zum Ausdruck kommende unionsrechtliche
Vorgabe, im Recht der Mitgliedstaaten die Möglichkeit einer Anordnung gegen
solche Vermittler sicherzustellen, deren Dienste für rechtsverletzende
Handlungen genutzt werden, ist zwingend und lässt den Mitgliedstaaten keinen
Umsetzungsspielraum; lediglich hinsichtlich der Modalitäten der unionsrechtlich
vorgesehenen Anordnung verbleibt den Mitgliedstaaten ein Gestaltungsspielraum
(vgl. BGH, a.a.O., – Störerhaftung des Access-Providers Tz. 34 m.w.N.).
bb) Diesen unionsrechtlichen Vorgaben entsprechen die
Regelungen in § 7 und § 8 TMG. Insbesondere ergibt sich aus ihnen, dass andere
Access-Provider als solche, die Nutzern einen Internetzugang über ein
drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen (im Folgenden:
WLAN-Betreiber), als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden
können.
 (1) Zwar sind nach §
8 Abs. 1 Satz 1 TMG Diensteanbieter i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 TMG für fremde
Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen
sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie die
Übermittlung nicht veranlasst, den Adressaten der übermittelten Informationen
nicht ausgewählt und die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder
verändert haben. Nach dem Wortlaut der seit dem 13. Oktober 2017 geltenden
Vorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG können diese Diensteanbieter, soweit sie
nicht verantwortlich sind, insbesondere nicht wegen einer rechtswidrigen
Handlung eines Nutzers auf Schadensersatz oder Beseitigung oder Unterlassung
einer Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden. Insoweit ist indes zu
beachten, dass nach dem allgemeinen Grundsatz des § 7 Abs. 3 Satz 1 TMG Verpflichtungen
zur Entfernung von Informationen oder zur Sperrung der Nutzung von
Informationen nach den allgemeinen Gesetzen aufgrund von gerichtlichen oder
behördlichen Anordnungen auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des
Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 TMG unberührt bleiben. Nur für
WLAN-Betreiber sieht § 7 Abs. 4 TMG besondere Regelungen vor, welche die
Vorgaben aus Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG sowie in Art. 11 Satz 3
der Richtlinie 2004/48/EG abseits der Störerhaftung umsetzen (vgl. BT-Drs.
18/12202, S. 12).
Schon die Schaffung eines besonderen Anspruchsregimes für
WLAN-Betreiber in § 7 Abs. 4 TMG zeigt dass im Übrigen gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1
TMG die im Bereich der Immaterialgüterrechte anwendbaren, aus einer Analogie zu
§ 1004 BGB hergeleiteten (vgl. BGH, a.a.O., – Störerhaftung des
Access-Providers Tz. 74 m.w.N.) und daher auf den allgemeinen, nicht
telemedienbezogenen Gesetzen beruhenden Grundsätze der Störerhaftung von den
Haftungsbeschränkungen der §§ 8 bis 10 TMG unberührt bleiben.
Unzutreffend ist die Auffassung der Antragsgegnerin, § 7
Abs. 3 Satz 1 TMG beziehe sich auf aktives Tun – nämlich Entfernung von
Informationen oder Sperrung der Nutzung von Informationen –, das sich klar von
den auf Unterlassung gerichteten Ansprüchen aus der Störerhaftung unterscheide.
Denn die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein
fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, umfasst regelmäßig nicht nur
die Unterlassung derartiger Handlungen, sondern auch die Vornahme möglicher und
zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands (vgl. BGH GRUR 2017,
208 – Rückruf von RESCUE-Produkten Tz. 24 m.w.N.). Das gilt insbesondere auch
für Diensteanbieter, die wegen der Verletzung von Prüfpflichten als Störer in
Anspruch genommen werden; deren Unterlassungspflicht bezieht sich auf die
erforderlichen und ihnen zumutbaren Maßnahmen zur Beseitigung der
Rechtsverletzung und zur Verhinderung künftiger Rechtsverletzungen (vgl. BGH
GRUR 2013, 1030 – File-Hosting-Dienst Tz. 20), insbesondere auf die Sperrung
der Nutzung von Informationen.
Auch kann entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin den
Ausführungen auf Seite 11 des Gesetzesentwurfs zum Dritten Gesetz zur Änderung
des Telemediengesetzes (BT-Drs. 18/12-202), Verpflichtungen zur Entfernung oder
Sperrung der Nutzung von Informationen seien nach § 7 Abs. 3 Satz 1 TMG nur
zulässig, wenn sie klar gesetzlich geregelt seien, kein Ausschluss der
Störerhaftung entnommen werden. Ist schon der Begriff der Klarheit einer
gesetzlichen Regelung seinerseits gänzlich unklar und damit für eine Abgrenzung
wenig geeignet, so zeigen gerade die Ausführungen in dem Gesetzesentwurf zu § 7
Abs. 4 TMG, dass die Störerhaftung nur hinsichtlich der WLAN-Betreiber
zurückgedrängt werden sollte.
Bleiben demnach die Verpflichtungen anderer Access-Provider
als WLAN-Betreiber nach den allgemeinen Gesetzen von den Regelungen der §§ 8
bis 10 TMG unberührt, fänden die Grundsätze der Störerhaftung auf derartige
Access-Provider entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin selbst dann
Anwendung, wenn § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG auch diese Provider erfasste.
 (2) Allerdings ist
das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG andere
Access-Provider als WLAN-Betreiber nicht erfasst und schon deshalb diese
Provider weiterhin der Störerhaftung unterliegen.
aaa) Bei der Anwendung des innerstaatlichen Rechts ist
dieses so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der
dargestellten unionsrechtlichen Vorgaben auszulegen (vgl. EuGH GRUR 2011, 1025
– L’Orèal/eBay Tz. 137). Danach kommt die ausschließlich am Wortlaut
orientierte Auslegung der Vorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG dahin, dass
dadurch jegliche Inanspruchnahme von Vermittlern, deren Dienste für
rechtsverletzende Handlungen genutzt werden, ausgeschlossen werde, nicht in
Betracht, da sie diese Vorgaben missachtete.
a-1) Die Materialien zum Dritten Gesetzes zur Änderung des
Telemediengesetzes, mit dem die Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG eingeführt
wurde, zeigen, dass der Gesetzgeber ausschließlich die Haftung von
WLAN-Betreibern regeln wollte. So wurde im Gesetzesentwurf bereits eingangs
ausgeführt (BT-Drs. 18/12202, S. 1):
Ziel des vorliegenden Gesetzes ist es, WLAN-Betreibern
dahingehend so weit wie möglich Rechtssicherheit zu verschaffen, damit dem
gestiegenen Bedürfnis nach einem öffentlichen Zugang zum Internet auch unter
Nutzung von WLAN entsprochen werden kann.
Zu § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG führte der Gesetzentwurf aus:
[Diese Vorschrift] soll nach dem Urteil des Gerichtshofes
der Europäischen Union vom 15. September 2016 in der Rechtssache C-484/14 (Mc
Fadden gegen Sony Music) klarstellen, was die Koalitionsfraktionen in der
Begründung ihrer Änderungsanträge zu § 8 TMG im parlamentarischen Verfahren zum
Zweiten Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes beabsichtigt hatten.
Im parlamentarischen Verfahren zum Zweiten Gesetz zur
Änderung des Telemediengesetzes hatte der Bundesrat vorgeschlagen, § 8 Abs. 3
TMG dahin zu fassen, dass der Ausschluss der Verantwortlichkeit gemäß Absatz 1
auch Diensteanbieter von drahtlosen Netzwerken und Funknetzwerken, die sich an
einen nicht im Voraus namentlich bestimmten Nutzerkreis richten (öffentliche
Funknetzwerke), umfasse (vgl. BT-Drs. 18/6745, S. 13). Dem war die
Bundesregierung mit dem Hinweis entgegengetreten, dass sich der Gesetzesentwurf
auf die Haftungsfreistellung von Zugangsanbietern beziehe, die Nutzern einen
Internetzugang über ein drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen, und
die von Bundesrat angeregte Streichung des lokalen Bezugs eine Erweiterung des
Haftungsprivilegs darstellte (vgl. BT-Drs. 18/6745, S. 17).
Das zeigt unzweifelhaft, dass auch das Dritte Gesetz zur
Änderung des Telemediengesetzes lediglich WLAN-Betreiber, nicht aber andere
Access-Provider von der Störerhaftung ausnehmen soll, und der Regelungsgehalt
der dadurch geschaffenen Vorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG ideologisch auf
diesen Personenkreis zu reduzieren ist.
a-2) Zudem weist das Landgericht zutreffend darauf hin, dass
auch die systematische Auslegung diese Auslegung gebietet. Denn wenn § 8 Abs. 1
Satz 2 TMG unterschiedslos für alle Access-Provider gälte, so hätte die
Sonderregelung des § 7 Abs. 4 TMG zur Folge, dass nur noch WLAN-Betreiber,
nicht aber die anderen Access-Provider zur Sperrung von Informationen
verpflichtet wären, ohne dass ein sachlicher Grund für diese Ungleichbehandlung
erkennbar wäre.
bbb) Die im Standpunkt der Antragsgegnerin zu Tage tretende
Auffassung, ein Richter verletze seine verfassungsrechtliche Bindung an Gesetz
und Recht durch jede Auslegung, die nicht im Wortlaut des Gesetzes vorgegeben
ist, umreißt die Aufgabe der Rechtsprechung zu eng. Art. 20 Abs. 3 GG
verpflichtet die Gerichte, „nach Gesetz und Recht“ zu entscheiden. Eine
bestimmte Auslegungsmethode oder gar eine reine Wortinterpretation schreibt die
Verfassung nicht vor. Der Wortlaut des Gesetzes zieht im Regelfall keine starre
Auslegungsgrenze. Zu den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung gehört auch
die teleologische Reduktion (vgl. BVerfG NJW-RR 2016, 1366 Tz. 50 m.w.N.), wie
sie das Landgericht und der Senat im Streitfall vornehmen.
b) Danach steht der Antragstellerin der zuletzt noch geltend
gemachte Unterlassungsanspruch zu. Die Antragsgegnerin hat es zu unterlassen,
ihren Kunden Zugang zum streitbefangenen Film zu vermitteln, soweit dieser über
den gegenwärtig KINOX.TO genannten Internetdienst unter den im anwaltlichen
Informationsschreiben vom 28. November 2017 (Anl. AST 21) aufgeführten Domains
kinox.to, kinox.am, kinox.me, kinox.nu, kinox.tv, kinox.sg, kinox.sx oder
kinos.to und die IP-Adresse 185.200.190.136 abrufbar ist.
aa) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf
Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu
sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des
geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf
Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst
vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von
Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem
als Störer Inanspruchgenommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist.
Einer allgemeinen Prüfungspflicht von Diensteanbietern i.S.d. § 8 bis § 10 TMG
für die von ihnen übermittelten Dateien steht § 7 Abs. 2 TMG entgegen. Danach
sind Diensteanbieter nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder
gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die
auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten. Nach dieser Vorschrift sind
Überwachungspflichten allgemeiner Art ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen sind
dagegen Überwachungspflichten in spezifischen Fällen, die innerstaatliche Behörden
nach innerstaatlichem Recht anordnen (vgl. BGH, a.a.O., – Störerhaftung des
Access-Providers Tz. 21 m.w.N.).
bb) Von diesen Grundsätzen der Störerhaftung ist auch im
vorliegenden Fall auszugehen.
 (1) Die
Antragsgegnerin ist Diensteanbieterin i.S.d. § 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1 Satz 1 TMG.
Sie vermittelt den Zugang zu einem Kommunikationsnetz, weil sie es über die von
ihr bereitgestellten Internetzugänge Dritten ermöglicht, von deren Endgeräten
aus auf das Internet zuzugreifen. Durch die Vermittlung des Zugangs hat die
Antragsgegnerin einen adäquat kausalen Beitrag zu den vom Landgericht
festgestellten Urheberrechtsverletzungen geleistet. Nach dem Erwägungsgrund 59
der RL 2001/29/EG bezieht sich der in der Richtlinie verwendete Begriff des
„Vermittlers“ auf jede Person, die die Rechtsverletzung eines Dritten in Bezug
auf ein geschütztes Werk in einem Netz überträgt. Zur Rechtsverletzung in
diesem Sinne zählt das öffentliche Zugänglichmachen eines Schutzgegenstands. Da
der Anbieter von Internetzugangsdiensten durch die Gewährung des Netzzugangs
die Übertragung einer solchen Rechtsverletzung im Internet zwischen seinem
Kunden und einem Dritten möglich macht, ist der Diensteanbieter an jeder
Übertragung zwingend beteiligt, so dass seine Zugangsdienste zu einer
Urheberrechtsverletzung genutzt werden (vgl. BGH, a.a.O., – Störerhaftung des
Access-Providers Tz. 24 f. m.w.N.).
Die Antragsgegnerin betreibt mit der Vermittlung des Zugangs
zum Internet ein von der Rechtsordnung gebilligtes und gesellschaftlich erwünschtes
Geschäftsmodell, das als solches nicht in besonderer Weise die Gefahr von
Urheberrechtsverletzungen schafft. Ihr dürfen deshalb keine Kontrollmaßnahmen
auferlegt werden, die ihr Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährden oder ihre
Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren. Die Auferlegung einer anlasslosen,
allgemeinen Überwachungs- oder Nachforschungspflicht kommt daher vorliegend
nicht in Betracht. Eine Prüfpflicht der Antragsgegnerin im Hinblick auf die
Vermittlung des Zugangs zu dem für die Antragstellerin geschützten Film, deren
Verletzung die Wiederholungsgefahr begründen kann, konnte daher erst entstehen,
nachdem sie von den Antragstellerin auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug
auf die konkreten Rechtsverletzungen hingewiesen worden war (vgl. BGH, a.a.O.,
– Störerhaftung des Access-Providers Tz. 26 f. m.w.N.).
Einen solchen Hinweis hat die Antragstellerin mit
anwaltlichen Informationsschreiben vom 28. November 2017 (Anl. AST 21)
vorgenommen. Die Antragsgegnerin hat dieser „Abmahnung“ (so BGH, a.a.O., –
Störerhaftung des Access-Providers Tz. 27) keine Folge geleistet und den
unverändert bestehenden Zugang zu dem beanstandeten Internetangebot KINOX.TO
über die in dem Schreiben genannten Wege nicht unterbunden.
 (2) Das hinsichtlich
der im anwaltlichen Informationsschreiben vom 28. November 2017 (Anl. AST 21)
genannten Wege begehrte Verbot ist der Antragsgegnerin auch zumutbar.
aaa) Die Störerhaftung ist zwar gegenüber der
Inanspruchnahme des Täters im Grundsatz nicht subsidiär. Im Falle des Betreibers
einer Internetplattform, in die Nutzer rechtswidrige Angebote eingestellt
haben, bietet die Störerhaftung effektiven Rechtsschutz, weil nicht gegen eine
Vielzahl einzelner Anbieter vorgegangen werden muss. Damit ist der vorliegende
Fall nicht ohne weiteres vergleichbar, in dem einem Access-Provider abverlangt
werden soll den Zugang zu bestimmten Webseiten zu unterbinden. Hier muss nicht
statt des Zugangsvermittlers eine Vielzahl von Anbietern, sondern lediglich der
Betreiber der beanstandeten Webseiten oder dessen Host-Provider in Anspruch
genommen werden, über den die beanstandete Webseite öffentlich zugänglich
gemacht wird. Ob die Auffassung der Antragstellerin zutrifft, auch die Nutzer
von KINOX.TO handelten als Streaming-Empfänger rechtswidrig (vgl. EuGH GRUR
2017, 610 – Stichting Brein/Wullems [Filmspeler] Tz. 59 ff.), kann hier
dahinstehen, da es sich dabei jedenfalls um eine andere Rechtsverletzung,
nämlich eine Verletzung des Vervielfältigungsrechts und nicht des Rechts der
öffentlichen Zugänglichmachung, handelte.
Im Hinblick darauf, dass der Access-Provider ein von der
Rechtsordnung gebilligtes und in Bezug auf Rechtsverletzungen Dritter neutrales
Geschäftsmodell verfolgt, ist es im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit von
Überwachungs- und Sperrmaßnahmen angemessen, eine vorrangige Rechtsverfolgung
gegenüber denjenigen Beteiligten zu verlangen, die – wie die Betreiber
beanstandeter Webseiten – entweder die Rechtsverletzung selbst begangen oder zu
der Rechtsverletzung – wie der Host-Provider der beanstandeten Webseiten –
durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben. Dagegen kommt die
Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Zugangsvermittler unter dem
Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nur in Betracht, wenn der Inanspruchnahme
des Betreibers der Webseite jede Erfolgsaussicht fehlt und deshalb andernfalls
eine Rechtsschutzlücke entstünde. Für dieses Ergebnis spricht auch der Umstand,
dass der Betreiber der Webseite und sein Host-Provider wesentlich näher an der
Rechtsgutsverletzung sind als derjenige, der nur allgemein den Zugang zum
Internet vermittelt (vgl. BGH, a.a.O., – Störerhaftung des Access-Providers Tz.
82 f. m.w.N.).
bbb) Danach ist im Streitfall die Inanspruchnahme der
Antragsgegnerin in dem durch das anwaltliche Informationsschreiben vom 28.
November 2017 (Anl. AST 21) vorgegebenen Umfang zumutbar.
Zutreffend und von der Antragsgegnerin im Beratungsverfahren
nicht in Frage gestellt ist das Landgericht davon ausgegangen, dass ein
Vorgehen gegen die Betreiber von KINOX.TO nicht erfolgversprechend ist. Diese
sind nach der als Anlage AST 10 vorgelegten Auskunft der
Generalstaatsanwaltschaft Dresden, die ein entsprechendes strafrechtliches
Ermittlungsverfahren führt, unbekannt; es sind auch keine Ermittlungsansätze
von den Parteien vorgetragen oder sonst ersichtlich, die es der Antragstellerin
ermöglichen könnten, die Betreiber ausfindig zu machen und gegen sie vorzugehen.
Auch einem Vorgehen gegen Host-Provider dieser Betreiber
fehlt jede Aussicht darauf, dass dadurch die Rechtsverletzung unterbunden oder
zumindest eingeschränkt werden könnte. Denn unstreitig wechselten die Betreiber
immer dann ihren Host-Provider, wenn gegen diesen vorgegangen wurde. So wurde
im August 2017 ein rumänischer Host-Provider gegen einen russischen und einen
schottischen ausgetauscht, als die Motion Picture Association gegen ihn
vorging. Als im Oktober 2017 Rechteinhaber gegen die neuen Host-Provider
vorgingen, wurde der schottische durch einen weiteren russischen Host-Provider
ersetzt. Nachdem die Antragstellerin diese anwaltlich notifiziert und später
abgemahnt hatte, trat an deren Stelle ein ukrainischer Host-Provider. Selbst
wenn es der Antragstellerin gelingen könnte, Ansprüche gegen einen
Host-Provider durchzusetzen, ist bei der dargestellten Vorgehensweise der
Betreiber von KINOX.TO mit Sicherheit zu erwarten, dass diese wiederum zu einem
neuen Host-Provider wechseln würden, so dass die Inanspruchnahme des alten
Host-Providers auf das Andauern der Rechtsverletzung keinen Einfluss hätte.
III. Der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung
erforderliche Verfügungsgrund liegt im Streitfall vor.
1. Zwar findet die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2
UWG im Urheberrecht keine Anwendung (vgl. Senat GRUR-RR 2017, 89 [93] – Kein
Vollgas; WRP 2012, 1297 – Das unlesbare Buch, dort Tz. 59; OLG Düsseldorf WRP
2015, 1541 – Dringlichkeit und Säumnisverfahren, dort Tz. 6; Feddersen in: Teplitzky,
Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Aufl. 2016, Kap. 54, Rz. 19
ff. und 20 b, Köhler in: Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht 36, Aufl. 2018, § 12
UWG Rz. 3.14). Indes ist im Streitfall wegen des Zeitablaufs bis zu einer
Entscheidung in der Hauptsache eine Regelung durch einstweilige Verfügung zur
Abwendung wesentlicher Nachteile für die Antragstellerin nötig (vgl. § 940
ZPO). Ihr kann nicht zugemutet werden, die glaubhaft gemachte laufende
Verletzung ihres Unterlassungsanspruchs durch die Antragsgegnerin und damit
einhergehend die fortdauernde Verletzung ihres urheberrechtlichen
Nutzungsrechts durch die Betreiber des KINOX.TO-Angebots hinzunehmen, zumal ihr
aus diesen Verletzungen nicht einmal Schadensersatzansprüche gegen die
Antragsgegnerin erwachsen können, weil diese als Störerin lediglich auf
Unterlassung haftet (vgl. BGH GRUR 2015, 1223 – Posterlounge Tz. 40 m.w.N.).
2. Der Annahme der Dringlichkeit kann ein Verhalten des
Antragstellers entgegenstehen, dem zu entnehmen ist, dass er die Angelegenheit
selbst nicht als dringend ansieht. Nach ständiger Rechtsprechung der für die
Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts zuständigen
Senate des Oberlandesgerichts München kann nicht mehr von Dringlichkeit
ausgegangen werden, wenn ein Antragsteller länger als einen Monat ab Erlangung
der Kenntnis von der Verletzungshandlung und der Person des Verletzers
zuwartet, bevor er den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt (vgl.
Senat, a.a.O., – Kein Vollgas, S. 94 m.w.N.).
Im Streitfall ist das Vorbringen der Antragsgegnerin nicht
geeignet, die Dringlichkeitsannahme auszuräumen. Insbesondere kann daraus, dass
die Antragstellerin, die unstreitig am 7. November 2017 von dem
rechtsverletzenden Angebot des Films auf KINOX.TO erfahren hatte, – nach
Auffassung der Antragsgegnerin: erst – fast zwei Wochen später am 20. November
2017 an die damaligen Host-Provider herantrat, nicht darauf geschlossen werden,
dass ihr die Anspruchsdurchsetzung nicht dringend gewesen wäre.
IV. Die versehentliche Änderung der Reihung der Screenshots
im landgerichtlichen Tenor macht eine Berichtigung gemäß § 319 Abs. 1 ZPO
erforderlich, zu der der Senat als Berufungsgericht befugt ist (vgl. BGH, Urt
v. 21. Juli 2017 – V ZR 72/16, juris, Tz. 17 m.w.N.). Außerdem erachtet der
Senat nach der – ohne Zustimmung der Antragsgegnerin zulässigen (vgl. OLG Köln
GRUR-RR 2008, 445 – Flyer-Werbung; Voß, a.a.O., § 920 Rz. 10: jeweils m.w.N.) –
Teilrücknahme des Verfügungsantrags eine Klarstellung der Reichweite des danach
verbleibenden gerichtlichen Verbots für angezeigt, die auch dem Streit der
Parteien um die Domains und die IP-Adresse Rechnung trägt die vom Verbot
erfasst werden. Wie in der mündlichen Verhandlung erörtert orientiert sich der
Senat bei der Formulierung an der Antragsfassung, die der Bundesgerichtshof in
seiner Entscheidung Störerhaftung des Access-Providers zu prüfen hatte.
C.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 1 Satz
1, § 269 Abs. 3 ZPO.
Für die Zulassung der Revision ist im Streitfall, dem ein
auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichtetes Verfahren zu Grunde
liegt, kein Raum (vgl. § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

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