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OLG Frankfurt am Main – WhatsApp: Im engsten Familienkreis darf beleidigt werden

Innerhalb des engsten Familienkreises besteht ein
ehrschutzfreier Raum, der es ermöglicht, sich frei auszusprechen, ohne
gerichtliche Verfolgung befürchten zu müssen. Dabei spiele es keine Rolle, dass
sich die Aussagen in einem elektronischen Dokument als Anlage zu
einer WhatsApp Nachricht befunden hätten und nicht bloß (fern)mündlich
kommuniziert worden seien.

Misshandlungsvorwurf
in WhatsApp-Nachrichten an engste Familienmitglieder unterfällt
„beleidigungsfreier Sphäre“
Innerhalb des engsten Familienkreises besteht ein
ehrschutzfreier Raum, der es ermöglicht, sich frei auszusprechen, ohne
gerichtliche Verfolgung befürchten zu müssen. Behauptet die Schwiegermutter
gegenüber ihrer Schwester und ihrer Tochter, dass ihr Schwiegersohn seine
Familienmitglieder misshandle, habe dieser keinen Unterlassungsanspruch
urteilte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit heute
veröffentlichtem Urteil.
Der Kläger ist der Schwiegersohn der Beklagten. Er verlangt
von seiner Schiegermutter, dass sie zahlreiche Äußerungen über ihn nicht mehr
behauptet bzw. verbreitet. Der Kläger und die Tochter der Beklagten haben zwei
gemeinsame Kinder und sind weiterhin verheiratet. Anfang 2016 kam es zu einem
heftigen Ehestreit. Nach Darstellung des Klägers hat er in diesem Zusammenhang
seinen Sohn, der nicht von alleine das Zimmer verlassen wollte, am
Nacken/Halsbereich gefasst und ihn von hinten „geschubst“, damit er ein wenig
schneller laufe. Die Ehefrau des Klägers fertigte ein Video des weinenden und
sich am Hals fassenden Sohnes an. Dieses gab sie der Beklagten zur
Aufbewahrung.
Die beklagte Schwiegermutter verfasste daraufhin ein so
genanntes „Protokoll über Misshandlungen“, in welchem sie zahlreiche
Verhaltensweisen des Klägers auflistete. Dieses „Protokoll“ sowie das Video
versandte die Beklagte als WhatsApp-Anlagen an ihre Schwester mit der Bitte,
dieses an ihre gemeinsame Mutter weiterzuleiten. Darüber hinaus stellte sie
Strafanzeige gegen den Kläger wegen Kindesmisshandlung und legte dem Jugendamt
und der Kriminalpolizei ebenfalls das „Protokoll“ und das Video bei.
Der Kläger begehrt von der Beklagten, dass sie zahlreiche in
diesem „Protokoll“ enthaltene Aussagen nicht weiter behauptet und verbreitet.
Das Landgericht hat seinen Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete
Beschwerde hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Die streitgegenständlichen
Äußerungen seien als „privilegierte Äußerungen“ einzustufen. Sie seien in einem
„ehrschutzfreien Raum“ gefallen und deshalb nicht rechtswidrig. Nach
höchstrichterlicher Rechtsprechung gebe „es einen Bereich vertraulicher
Kommunikation innerhalb besonders ausgestalteter Vertrauensbeziehungen (…),
wozu insbesondere der engste Familienkreis gehören, (der) dem Ehrenschutz
vorgeht („beleidigungsfreie Sphäre“)“. Damit solle ein persönlicher Freiraum
gewährt werden, in dem man sich mit seinen engsten Verwandten frei aussprechen
könne, ohne eine gerichtliche Verfolgung befürchten zu müssen. „Äußerungen, die
gegenüber Außenstehenden oder der Öffentlichkeit wegen ihres ehrverletzenden
Gehalts eigentlich nicht schutzwürdig wären, genießen in solchen privaten
Vertraulichkeitsbeziehungen verfassungsrechtlichen Schutz, welcher dem Schutz
der Ehre des durch die Äußerung Betroffenen vorgeht“, resümiert das OLG.
Hier seien die streitgegenständlichen Äußerungen in diesem
Freiraum erfolgt. Die Beklagte unterhalte zu den Adressaten der Mitteilungen
einen sehr engen und guten Kontakt, der das Bedürfnis rechtfertige, „sich über
den Kläger frei auszusprechen“. Dabei spiele es keine Rolle, dass sich die
Aussagen in einem elektronischen Dokument als Anlage zu einer WhatsApp
Nachricht befunden hätten und nicht bloß (fern)mündlich kommuniziert worden
seien.
Soweit die beanstandeten Äußerungen und das „Protokoll“ auch
an die Kriminalpolizei und das Jugendamt weitergeleitet worden seien, könne
darauf ohnehin kein Unterlassungsanspruch gestützt werden. Es sei „mit dem
Recht auf wirkungsvollen gerichtlichen Rechtsschutz sowie auf rechtliches Gehör
unvereinbar, wenn rechtliche Äußerungen in einem Prozess oder die Wahrnehmung
staatsbürgerlicher Rechte und Pflichten in einem Strafverfahren aus Gründen des
Ehrenschutzes zu straf-, oder zivilrechtlichen Nachteilen führten, weil sich
eine Behauptung später im Prozess oder nach behördlicher Prüfung als unrichtig
oder unaufklärbar erweist“, betont das OLG.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 17.01.2019,
Az. 16 W 54/18
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LG Berlin: 15.000,- EUR Schmerzensgeld für ehrverletzenden Twitter-Kommentar

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier wurde vom LG Berlin
aufgrund eines Tweets mit Urteil vom 15.01.2019, Az.
27 O 265/18
 verurteilt, an Noah Becker 15.000 € nebst Zinsen sowie außergerichtliche
Anwaltskosten in Höhe von 526,58 € wegen eines schwerwiegenden Eingriffs in
sein allgemeines Persönlichkeitsrecht zu zahlen.


Die für Pressesachen zuständige Zivilkammer 27 des Landgerichts Berlin hat dem Kläger in ihrem am 15. Januar 2019 verkündeten Urteil wegen eines schwerwiegenden Eingriffs in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht einen Anspruch auf Zahlung von 15.000 € nebst Zinsen sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 526,58 € zuerkannt.

Bei dem Kläger handelt es sich um den Sohn eines ehemaligen deutschen Profitennisspielers. Der Beklagte ist Mitglied des Deutschen Bundestages und betreibt bei dem sozialen Netzwerk „Twitter“ einen Account.
Der Kläger gab zu Anfang des Jahres 2018 ein Interview, in dem er sich u.a. zu rassistischen Attacken wegen seiner Hautfarbe äußerte. Im Zusammenhang mit diesen Äußerungen des Klägers erschien im Januar 2018 im Rahmen einer Konversation (“Thread“) auf dem Twitter-Account eines Dritten folgender Tweet
„Dem kleinen Halbneger scheint einfach zu wenig Beachtung geschenkt worden zu sein, anders lässt sich sein Verhalten nicht erklären.“
Dieser Tweet wies als Absender den Twitter-Account des Beklagten aus.
In den nun vorliegenden schriftlichen Urteilsgründen ließ die Zivilkammer 27 des Landgerichts Berlin keinen Zweifel daran, dass es sich bei diesem Tweet um einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers handelt. Dieser Eingriff begründe aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls einen Anspruch auf Geldentschädigung, da die vom Kläger erlittene Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden könne. Hier sei u.a. die enorme Außenwirkung zu berücksichtigen, die die ehrverletzende Äußerung erzielt habe.
Die zwischen den Parteien streitige Behauptung des Beklagten, der Twitter-Kommentar sei nicht von ihm, sondern von seinem Mitarbeiter verfasst worden, änderte an der Entscheidung des Landgerichts Berlin nichts.
Die Richter der Zivilkammer 27 des Landgerichts Berlin führten insoweit aus, dass sich der Beklagte – selbst wenn er den Tweet nicht selbst verfasst habe – in diesem Fall das Handeln seines Mitarbeiters zurechnen lassen müsse, weil er diesen als Verrichtungsgehilfen im Sinne von § 831 BGB zur Absetzung von Twitter-Nachrichten bestellt habe.
Entscheidend sei insoweit, dass der Beklagte nach seinem eigenen Vortrag seinen Mitarbeiter damit beauftragt habe, eigenverantwortlich unter Verwendung des Accounts des Beklagten Tweets abzusetzen, ohne dass der Beklagte diese vorher einer inhaltlichen Kontrolle unterzogen habe.
Nach den vom Bundesgerichtshof für die Haftung eines Verlegers und Herausgebers für Beiträge mit schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen entwickelten und auf den vorliegenden Fall entsprechend anwendbaren Grundsätzen hafte auch der Beklagte in diesem Fall für das Verschulden seines Mitarbeiters ohne eine Entlastungsmöglichkeit, also auch dann, wenn sich sein Mitarbeiter weisungswidrig an der Diskussion auf einem anderen Twitter-Account beteiligt und dort unter Verwendung des Twitter-Accounts des Beklagten einen Kommentar abgegeben habe.
Das am 15. Januar 2019 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin ist nicht rechtskräftig; der Beklagte hat die Möglichkeit, dagegen Berufung beim Kammergericht innerhalb von einem Monat nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe einzulegen.
Landgericht Berlin, Aktenzeichen 27 O 265/18, Urteil vom 15. Januar 2018
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Kunstrecht – Leitfaden Kunst und Recht – Prof. Dr. Thomas Hoeren

Neben seinen Steckenpferden – dem IT-Recht und dem
Internetrecht – hat Prof. Dr. Thomas Hoeren zusammen mit seiner Mitarbeiterin
Julia Werner  für Künstler jedweder Art,
also Maler, Musiker, Fotografen, Videografen, Bildhauer etc. den umfassenden
Leitfaden „Kunst
und Recht
“ erstellt.

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BGH – Keine Ausgleichsansprüche bei verzögerter Abfertigung wegen eines mehrstündigen Systemausfalls in einem Flughafenterminal

Keine Ausgleichsansprüche bei verzögerter
Abfertigung  wegen eines mehrstündigen
Systemausfalls  in einem
Flughafenterminal
Urteil vom 15. Januar 2018 – X ZR 15/18 und X ZR
85/18 
In beiden Fällen beanspruchen die Klägerinnen
Ausgleichszahlungen in Höhe von jeweils 600 € wegen verspäteter Flüge nach Art.
7 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr.
261/2004). 
 Sachverhalt: 
Die Klägerinnen buchten bei dem beklagten
Luftverkehrsunternehmen Flüge von New York nach London mit Anschlussflügen nach
Stuttgart. Die Flüge von New York nach London starteten verspätet und landeten
mehr als zwei Stunden nach der vorgesehenen Ankunftszeit. Infolgedessen
erreichten die Reisenden den ursprünglich vorgesehenen Weiterflug in London
nicht und kamen mit einer Verspätung von mehr als neun Stunden in Stuttgart an.
Die Beklagte beruft sich auf außergewöhnliche Umstände.
 Bisheriger
Prozessverlauf: 
Das Berufungsgericht hat in beiden Fällen die Klage
abgewiesen. Nach seinen Feststellungen wurde die Verspätung der Flüge durch
einen Ausfall aller Computersysteme an den Abfertigungsschaltern des Terminals
7 am John-F.-Kennedy-Flughafen New York verursacht. Aufgrund eines Streiks bei
dem für die Telekommunikationsleitungen gegenüber dem Flughafenbetreiber
verantwortlichen Unternehmen konnte der Systemausfall erst nach 13 Stunden
behoben werden. 
 Entscheidung des Bundesgerichtshofs: 
Der Bundesgerichtshof hat in beiden Fällen die Revision
der Klägerinnen zurückgewiesen.
Nach den Urteilen des für das Personenbeförderungsrecht
zuständigen X. Zivilsenats ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen,
dass ein mehrstündiger Ausfall aller Computersysteme an den
Abfertigungsschaltern eines Terminals außergewöhnliche Umstände im Sinne des
Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung begründen kann. Der Betrieb der
technischen Einrichtungen eines Flughafens, zu denen auch die
Telekommunikationsleitungen gehören, obliegt dem Flughafenbetreiber. Ein
Systemausfall, der darauf beruht, dass die Funktionsfähigkeit derartiger
Einrichtungen durch einen technischen Defekt über einen längeren Zeitraum
beeinträchtigt oder aufgehoben wird, stellt ein Ereignis dar, das von außen auf
den Flugbetrieb des Luftverkehrsunternehmens einwirkt und dessen Ablauf
beeinflusst. Ein derartiges Vorkommnis ist von diesem Unternehmen jedenfalls
nicht zu beherrschen, da die Überwachung, Wartung und Reparatur derartiger
Einrichtungen nicht in seinen Verantwortungs- und Zuständigkeitsbereich fällt.
Auch die Würdigung des Berufungsgerichts, die Beklagte
habe mit der manuell und über Mitarbeiter in Washington telefonisch
durchgeführten Abfertigung der Fluggäste alle ihr zumutbaren Maßnahmen
ergriffen, um den durch den Systemausfall bedingten Beeinträchtigungen
entgegenzuwirken, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Dass die Beklagte, wie
die Revisionen rügen, durch ein Ausweichen auf die technischen Einrichtungen
eines anderen Terminals die Verspätung hätte verhindern können, ist weder
festgestellt noch vorgetragen. 
Unerheblich ist, ob die Beklagte, wie die Revisionen
ferner meinen, den Start des gebuchten Flugs von London nach Stuttgart
verschieben, die Klägerinnen auf einen anderen Flug von London nach Stuttgart
umbuchen oder einen zusätzlichen Flug nach Stuttgart hätte durchführen können.
Selbst wenn darin der Beklagten zumutbare Maßnahmen gesehen würden, kommt es
hierauf nicht an, weil damit die für Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung
allein erhebliche Verspätung des Fluges von New York nach London nicht hätte
verhindert werden können.
 Vorinstanzen: 
AG Nürtingen – Urteil vom 27. April 2017 – 12 C 2028/16
LG Stuttgart – Urteil vom 21. Dezember 2017 – 5 S 142/17
und 
AG Nürtingen – Urteil vom 25. April 2017 – 16 C 2592/16
LG Stuttgart – Urteil vom 28. Februar 2018 – 5 S 125/17
 Die maßgeblichen
Vorschriften lauten: 
 Art. 7 Abs. 1 Satz
1 Fluggastrechteverordnung  
Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die
Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe: 
[…] 
c)600 € bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b)
fallenden Flügen.
 Art. 5 Abs. 3 Fluggastrechteverordnung 
Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht
verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Art. 7 zu leisten, wenn es nachweisen
kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich
auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen
ergriffen worden wären. 

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Bundesgerichtshof entscheidet über die Zulässigkeit presserechtlicher Informationsschreiben

Urteil vom 15. Januar 2019 – VI ZR 506/17
Der Verlag der Klägerin gibt eine Zeitung heraus, in der
unter der Rubrik „Herzblatt-Geschichten“ Veröffentlichungen der
Boulevardpresse über Prominente aufgegriffen werden. Der Beklagte zu 2, ein
bekannter Musiker, war wiederholt Gegenstand einer solchen Berichterstattung
durch die Klägerin. Die Beklagte zu 1 betreibt eine presserechtlich tätige
Rechtsanwaltskanzlei. Sie versendet an von ihr ausgewählte Verlage sogenannte
presserechtliche Informationsschreiben, in denen ein rechtliches Vorgehen gegen
eine etwaige Berichterstattung über gewisse Ereignisse oder Umstände in
Aussicht gestellt wird. Die Klägerin forderte die Beklagte zu 1 auf, sie aus
dem Verteiler für den Versand derartiger Schreiben zu nehmen. 
Die Beklagten übermittelten der Klägerin am 11. Mai 2016
gleichwohl ein weiteres presserechtliches Informationsschreiben, mit dem sie
darum baten, von einer Übernahme der angeblich
persönlichkeitsrechtsverletzenden Berichterstattung über den Beklagten zu 2 in
einer anderen Zeitung Abstand zu nehmen. Die Klägerin verlangt von den
Beklagten, es zu unterlassen, ihr presserechtliche Informationsschreiben per
Telefax zuzusenden, wenn dies geschieht wie mit dem Schreiben vom 11. Mai 2016.
Das Landgericht hat die Beklagten zur Unterlassung
verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage
abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die
Klägerin ihren Unterlassungsantrag weiter.
Der unter anderem für Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche
aus unerlaubten Handlungen zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und das Urteil des Landgerichts
wiederhergestellt.
Die Übermittlung eines presserechtlichen
Informationsschreibens greift in der Regel nicht rechtswidrig in das Recht am
eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb eines Presseunternehmens ein.
Derartige Schreiben zielen auf einen effektiven – möglichst bereits vor einer
Verletzung wirksam werdenden – Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
Sie dienen dazu, dem von einer befürchteten Rechtsverletzung Betroffenen
bereits im Vorfeld Gehör zu gewähren und dadurch
persönlichkeitsrechtsverletzende Rechtsverstöße von vorneherein zu verhindern
oder jedenfalls ihre Weiterverbreitung einzuschränken. Hinter diesen
schutzwürdigen Interessen hat das Interesse eines Presseunternehmens,
presserechtliche Informationsschreiben nicht zu erhalten, in der Regel
zurückzutreten. Eine andere Beurteilung ist allerdings dann geboten, wenn das
übersandte Informationsschreiben von vorneherein ungeeignet ist, präventiven
Rechtsschutz zu bewirken. Hiervon ist auszugehen, wenn es keine Informationen
enthält, die dem Presseunternehmen die Beurteilung erlauben, ob
Persönlichkeitsrechte durch eine etwaige Berichterstattung verletzt werden. So
verhielt es sich im Streitfall.
Vorinstanzen:
Oberlandesgericht Frankfurt am Main – Urteil vom 14.
Dezember 2017 – 16 U 60/17
Landgericht Frankfurt am Main – Urteil vom 2. März 2017 –
2-03 O 219/16
Karlsruhe, den 16. Januar 2019
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

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Fotorecht – Rechtsanwalt Lutz Schröder mahnt auch 2019 für den Fotografen Christoph Scholz ab

Der Kieler Rechtsanwalt Lutz Schroeder verschickt
auch im Jahr 2019 wieder urheberrechtliche Abmahnungen für den Hamburger Fotografen
Christoph Scholz, Grindelallee 114, 20146 Hamburg
 wegen Nutzung eines
Flickr – Fotos ohne korrekten Lizenzvermerk.
Flickr.com- Abmahnungen sind an sich nichts
Besonderes, sie landen nahezu täglich auf meinem Schreibtisch, die unter
der Creative Commons License Deed stehen.
Die Abgemahnten sollen Lichtbilder des Fotografen
Christoph Scholz 
verwendet haben. Der Urheber der Lichtbilder
sei Christoph Scholz. Durch die unberechtigte Verwendung
Lichtbilder hätten die Abgemahnten gegen das Urheberrecht verstoßen. Gegenstand
der Abmahnung ist nicht wie sonst eine unterbliebende oder fehlerhafte Nennung
des Urhebers, sondern das Fehlen eines Links auf Flickr.com.
In der Verlinkung auf die Website von Flickr
sieht Rechtsanwalt Lutz Schroeder eine zwingende Bedingung für
den Erwerb eines Nutzungsrechts.
Ohne Verlinkung wird der Abgemahnte behandelt, als
habe er das Foto gar nicht gekennzeichnet.
Dieser Rechtsauffassung ist zunächst einmal nicht viel
entgegen zu halten, denn in den  Flickr Community-Richtlinien heißt es
wörtlich:
Wenn du deine Flickr-Inhalte auf anderen Plattformen
postest, füge einen Link hinzu, der zum ursprünglichen Inhalt auf Flickr
zurückführt.
Flickr ermöglicht es, auf Flickr gehostete Inhalte auf
anderen Websites zu posten. Seiten anderer Websites, die auf flickr.com
gehostete Inhalte anzeigen, müssen für jedes Foto oder Video einen Link zu der
entsprechenden Seite bei Flickr angeben. So sind mehr Informationen über den
Inhalt und den Urheber erhältlich.
Dies bedeutet, dass ein Foto von Flickr.com im
Internet (z.B. Website, Blog, Social Media, Shop, PDF) nur verwendet werden
darf, wenn nach den Lizenzbedingungen der Fotoplattform tatsächlich neben der
Angabe des Urhebers (Vor- und Nachname bzw. Pseudonym) auf die Webseite
 Flickr.com verlinkt worden ist.
Rechtsanwalt Lutz Schroeder legt
dem Abmahn-Schreiben den Entwurf einer vorgefertigten Unterlassungserklärung
bei.
Daneben fordert Rechtsanwalt Lutz
Schroeder
 für den  Fotografen Christoph Scholz 400,00
 Schadensersatz nach Maßgabe der marktüblichen Vergütungen für
Bildnutzungsrechte der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing (MFM), sowie
Rechtsanwaltsgebühren für ihn selbst in Höhe von 413,64 € aus
einem Gegenstandswert in Höhe von 3.200,00 €.
Meiner Ansicht sind die Abmahnungen von Rechtsanwalt
Lutz Schroeder
 im Auftrag des Fotografen Christoph Scholz unbegründet,
und zwar aus den nachfolgenden Gründen:
1.   Das Kammergericht
Berlin
 hat im Jahr 2015 entschieden, dass die Pflicht zur
Urheberbenennung von Pixelio keine Bedingung im Rechtssinne darstellt und
stufte den Copyright-Hinweis als bloße Vertragspflicht der
Pixelio Nutzers ein (KG Berlin, Hinweisbeschluss vom 26.10.2015, Az. 24 U
111/15
). Gleiches gilt für Bilder von der Plattform Flickr.com.
Damit hängt das Recht zur Nutzung eines Fotos von der Plattform Flickr.com
eben nicht davon ab, ob der Urheber korrekt angegeben wurde oder
nicht.
2.   Auf
Grundlage dieser Rechtsprechung ist die Behauptung von Rechtsanwalt
Lutz Schroeder
 falsch, der Abgemahnte sei bei fehlendem Link auf
Flickr.com wie ein Nichtberechtigter zu behandeln, d.h. gleich einem
Bilderdieb. Das Gegenteil ist der Fall. Wer nicht auf Flickr.com
verlinkt, bleibt trotzdem berechtigter Nutzer des Fotos, wenn er
denn das Foto als registrierter User bei Flickr bezogen hat.
3.   Die reine
Vertragsverletzung des Nutzers gegenüber Flickr oder dem Betreiber
Yahoo kann dann zwar von der Fotoplattform selbst verfolgt werden, aber
wer will schon seine Nutzer verlieren?. Flickr wird sich trotz der wohl
häufigen Verstößen gegen die AGB davor hüten. Der Fotograf Christoph
Scholz wiederum ist für die Verfolgung der fehlenden Verlinkung auf
pixelio.de meiner Ansicht nach nicht aktivlegitimiert, weil
die Vertragsverletzung seine Interessen nicht berührt. Zumindest ist
auf Seiten des Fotografen kein Rechtsschutzbedürfnis erkennbar, wenn
die Aufnahme ansonsten korrekt mit seinem Namen gekennzeichnet wurde.
4.   Ich
kann daher keinen Unterlassungsanspruch des Fotografen Christoph
Scholz
 erkennen, was zur Folge hat, dass abgemahnte
Webseitenbetreiber keine strafbewehrte
Unterlassungserklärung abgegeben müssen.
5.   Der abmahnende
Fotograf darf nach dem Beschluss des KG Berlin wehen der fehlenden
Urheberbenennung keinen Schadensersatz in Gestalt von fiktiven
Lizenzgebühren nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie verlangen, da der
Bildverwender berechtigter Nutzer bleibt. Erst recht darf er natürlich keine
fiktiven Lizenzgebühren verlangen für den Fall einer fehlenden Verlinkung
auf Flickr.
6.   Im
Gegensatz zu Fällen, in denen der Urheber nicht korrekt benannt wurde, kann der
Fotograf bei fehlender Verlinkung auf Flickr auch keine
Entschädigung vom Nutzer verlangen. Die von den Gerichten zugesprochenen
Entschädigungszahlungen basieren alle auf einer Verletzung von §
13 UrhG
, der das Recht auf Urheberbenennung festschreibt. Für eine
Berechtigung zur Verfolgung von unterbliebenen Verlinkungen auf pixelio.de
fehlt dagegen aus Sicht von Fotografen eine passende Rechtsgrundlage.
7.   Fraglich
ist bei diesen Abmahnungen, ob die sog. „MFM-Tabelle“ oder
die Honorarempfehlung der VG Bild und Kunst zur Berechnung
des Lizenzschadensersatzes zur Anwendung kommt.

Zur Unterscheidung der
Anwendungsbereiche  hat das AG Düsseldorf (57 C 4889/10)
entschieden: Wenn “es sich bei dem Foto um ein Lichtbild im Sinne
von § 72 UrhG und nicht um ein Lichtbildwerk
gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG handelt, können bei
der Bemessung des Schadens nicht die Honorarempfehlung der VG Bild und Kunst
herangezogen werden“.

Das OLG Hamm, ich
habe hier dazu berichtet, hatte sich in dem
Urteil vom 13.02.2014, Az. 22 U 98/13      mit
der Anwendbarkeit der Honorarempfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft
Fotomarketing (MFM) im Rahmen der gerichtlichen Schätzung der angemessenen und
üblichen Lizenzgebühr bei einfachen, qualitativ nicht mit professionell
angefertigten Lichtbildern vergleichbaren Produktfotos befasst.
8.   Rechtsanwalt Lutz
Schroeder
 hat daher auch keinen Anspruch auf Ersatz der
Rechtsanwaltsgebühren für ihn selbst in Höhe von 413,64 € aus einem
Gegenstandswert in Höhe von 3.200,00 €.
9.   Abgemahnte
Internetnutzer haben daher, meiner Rechtsauffassung nach, einen einklagbaren
Anspruch auf Erstattung ihrer Anwaltskosten gegen Christoph Scholz, § 97a Abs.
4 UrhG.
10. Es gibt noch einen weiteren Punkt in der
Abmahnung des Kollegen Lutz Schroeder, welcher in meinen Augen, sogar zu einer
Gegenabmahnung berechtigt, in jedem Fall aber die Zahlungsverpflichtung und
wohl auch die Pflicht zur Abgabe der Unterlassungserklärung entfallen lässt.
Diesen erläutere ich gerne im Rahmen der Beratung.
Diese Punkte, aber auch die Reichweite der
Unterlassungserklärung und auch die Bedeutung der „Löschung“ und was zu einer
richtigen und umfassenden Löschung notwendig ist, bedarf einer rechtlichen
Prüfung durch einen im Fotorecht bzw. im Bereich der Abmahnungen für Bilderklau versierten
Fachanwalt.
Abgemahnte sollten die gesetzte Frist nutzen sich
fachanwaltlich beraten zu lassen.
Der wichtigste Rat:
Handeln Sie nicht überstürzt:
Bevor Sie also voreilig die Unterlassungserklärung ungeprüft unterzeichnen
sollten Sie sich vorher mit einem Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht welcher
sich schwerpunktmäßig mit dem Urheberrecht  (UrhG)
befasst oder einem Fachanwalt für Informationstechnologierecht,
welcher sich schwerpunktmäßig mit den Erfordernissen des Onlinerechtes
beschäftigt,  beraten lassen.





Rechtsanwalt Jan Gerth,
Inhaber der  IT-Kanzlei Gerth verfügt über alle beide
hier relevanten Fachanwaltstitel. Er ist berechtigt die Titel Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und Fachanwalt für IT-Recht zu führen;
daneben auch noch den Titel des   Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz,
 Ich biete Ihnen an, dass  Sie sich bei mir unverbindlich telefonisch
informieren können, in welcher Form, mit welchem Risiko und mit welchen
Erfolgsaussichten in Ihrem Fall vorgegangen werden kann.
Zu dem Zweck der Überprüfung der Abmahnung senden Sie
mir bitte eine kurze Sachverhaltsschilderung mit Ihren Kontaktdaten per Email
oder per Fax.
Besser und unkomplizierter wäre es noch, wenn Sie mir,
selbstverständlich ebenfalls kostenfrei, die Abmahnung bereits vorab
eingescannt per Email,  per Fax oder per Post zukommen lassen können.
Sollten Sie eine Abmahnung erhalten haben, können Sie
sich gerne mit mir
telefonisch : 0800 88 7 31 32 (kostenfrei)
oder 05202 / 7  31 32,
per Fax :05202 / 7 38 09 oder
per email :info (at) ra-gerth.de
in Verbindung setzen

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LG Wiesbaden: DSGVO-Verstöße sind nach UWG nicht von Wettbewerbern abmahnbar

Das Landgericht Wiesbaden mit Urteil
vom 05.11.2018, Az. 5 O 214/18
für sich die Frage entschieden, ob ein
Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) als Verstoß gegen eine
Marktverhaltensregelung mit Hilfe des Wettbewerbsrechts verfolgt werden kann.
Im Ergebnis vertrat das Gericht die Auffassung, dass die
Datenschutzgrundverordnung abschließend und daneben für eine Anwendbarkeit des
UWG kein Raum sei. Mithin resultiere aus einer Verletzung von Regelungen der
DSGVO auch kein Anspruch aus §§ 3 Abs. 1, 3a i.V.m. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG. In
seiner Begründung schließt sich das Landgericht Wiesbaden unter anderem
ausdrücklich der Auffassung des Landgerichts Bochum aus dem Urteil
vom 07.08.2018, Az. I-12 O 85/18
  an.
Orientierungssatz:
Ein Mitbewerber ist nach den §§ 3 Abs.1, 3a i.V.m.
§ 8 Abs.3 Nr.1 UWG weder anspruchsberechtigt noch klagebefugt. Die
Datenschutzgrundverordnung enthält in den Artikeln 77-84 eine die Ansprüche von
Mitbewerbern abschließende und ausschließliche Regelung.
Leitsatz:
Zu den Voraussetzungen einer von einem Verstoß
„betroffenen Person“ i.S.d. Datenschutzgrundverordnung

Tenor:
1.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Verfügung wird zurückgewiesen.
2.
Die Kosten des einstweiligen
Verfügungsrechtsstreites trägt die Verfügungsklägerin.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die
Verfügungsklägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120
% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung
die Verfügungsbeklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Verfügungsklägerin ist ein im Jahr 2012
gegründetes Unternehmen, welches unter der Internetadresse ein
Informationsportal betreibt. Auf diesem Informationsportal stellt die
Verfügungsklägerin Verbrauchern Informationen zu unterschiedlichsten
Auskunfteien in Deutschland bereit. Zu diesen Informationen gehört auch eine
Aufklärung darüber, dass Betroffene auf Grundlage von § 34 BDSG bzw. Art. 15
DSGVO einen gesetzlichen Auskunftsanspruch gegen die Auskunfteien haben,
Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten personenbezogenen Daten zu
erhalten. Zum Angebot der Verfügungsklägerin gehört es, dass der Nutzer der
Internetseite einen entsprechenden Antrag auf Auskunft nach Art. 15 DSG VO
selbst ausfüllen und generieren kann. Diesen ausgefüllten Antrag kann der
Nutzer anschließend herunterladen und ausdrucken und an die entsprechende
Auskunftei bzw. an die Verfügungsbeklagte übersenden, um eine kostenfreie
Auskunft nach Art. 15 DSG VO zu erhalten. Daneben bietet die Verfügungsklägerin
den Nutzer aber auch einen Versandservice an. Nehmen die Nutzer diesen in
Anspruch, müssen sie den Antrag nach Art. 15 DSG VO nicht selbst an die
Auskunftei bzw. die Verfügungsbeklagte übersenden, sondern die
Verfügungsklägerin übernimmt dies für sie und berechnete hierfür eine
Servicepauschale von einmalig 9,95 € oder 14,90 € im Jahresabo.
Die Verfügungsbeklagte ist eine
privatwirtschaftliche Wirtschaftsauskunftei in der Rechtsform einer
Aktiengesellschaft. Ihr Geschäftszweck ist es, ihre Vertragspartner mit Informationen
zur Bonität (Kreditwürdigkeit) Dritter zu versorgen. Die Verfügungsbeklagte
erteilt ihren Kunden kostenpflichtig auf Basis unterschiedliche
Geschäftsmodelle Auskunft. Ein Score bringt die Wahrscheinlichkeitseinschätzung
des Beklagten zum Ausdruck. Die Verfügungsbeklagte ermittelt für jede
betroffene Person standardmäßig verschiedene Scores zu verschiedenen
Lebenssachverhalten und Branchen. Daher errechnet die Verfügungsbeklagte
unterschiedliche Branchenscores, wie den Basisscore, den tagesaktuellen SCHUFA
Branchenscore und den historisch übermittelten SCHUFA Score, insoweit wird
wegen der näheren Einzelheiten auf Seite 3 und 4 der Schutzschrift der
Verfügungsbeklagten vom 7. September 2018 (Bl. 22 der Akte) Bezug genommen.
Vor dem Inkrafttreten der
Datenschutzgrundverordnung (DSG VO) war die Verfügungsbeklagte nach § 34 BDSG
(BDSG) verpflichtet den Betroffenen einmal pro Jahr auf Aufforderung Auskunft
über die zu seiner Person gespeicherten Daten zu erteilen
(„Selbstauskunft“). Unter der Geltung des §§ 34 BDSG hat die
Verfügungsbeklagte umfassend Auskunft erteilt über die vorhandenen Daten,
insbesondere sämtliche „Branchenscores“, inklusive der jeweiligen
Scorewerte, Ratingstufe, Erfüllungswahrscheinlichkeit und Risikobewertungen.
Der Basisscore, der nicht an Dritte übermittelt wird gibt die allgemeine
Bonitätseinschätzung der Verfügungsbeklagten über die betroffene Person wieder.
Der tagesaktuelle SCHUFA Branchensscore wird von der Verfügungsbeklagten nur
auf eine konkrete Anfrage der betroffenen Person-tagesaktuell unabhängig davon,
ob es eine konkrete Kreditwürdigkeitsprüfung gegeben hat,-im Rahmen von
Selbstauskunftsersuchen der betroffenen Person errechnet. Es handelt sich quasi
um einen hypothetischen Wert, der nur im Rahmen von Selbstauskunftsersuchen
errechnet wurde. Der historische übermittelte SCHUFA Score bezeichnet die
anlassbezogenen im Rahmen einer Kreditwürdigkeitsprüfung an potenzielle
Kreditgeber übermittelten Scores, die von der Verfügungsbeklagten gespeichert
worden sind. Gespeicherte Informationen sind nicht tagesaktuell, sondern
bleiben als historische Informationen der betroffenen Person verfügbar. Nach
der alten Rechtslage unter dem Bundesdatenschutzgesetz enthielt die kostenlose
Selbstauskunft nach § 34 BDSG alle 3 genannten Scorearten, da dies den
Anforderungen des §§ 34 Abs. 4 BDSG entsprach.
Seit Geltung der DSG VO vom 25. Mai 2018 wird der
tagesaktuelle SCHUFA Branchenscore nicht mehr im Rahmen des gesetzlichen
Selbstauskunftsanspruch beauskunftet . Der Basisscore sowie die vorhandenen
historisch übermittelten SCHUFA Scores sind noch Bestandteil der Auskunft. Die
kostenlose Datenkopie nach Art. 15 DSG VO wird von der Verfügungsbeklagten
grundsätzlich schriftlich erteilt.
Die Verfügungsklägerin hat mit anwaltlichem
Schreiben vom 3.9. 2018 die Verfügungsbeklagte aufgefordert, es ab sofort zu
unterlassen unvollständige Auskünfte nach Art. 15 Buchst. DSGVO zu erteilen und
die Auskünfte lediglich in Papierform anzubieten. Die Verfügungsbeklagte ließ
mit anwaltlichem Schreiben vom 7.9.2018 mitteilen, dass sie keine
Unterlassungsverpflichtungserklärung in dieser Sache abgeben wird und wies die
Ansprüche der Verfügungsklägerin zurück.
Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, dass durch
die Datenschutzgrundverordnung der Auskunftsanspruch des Betroffenen in Art. 15
DSGVO neu gefasst worden ist und die Verfügungsbeklagte als datenverarbeitende
Stelle verpflichtet ist, sowohl den Betroffenen die Möglichkeit zu geben ihren
Antrag auf Auskunft elektronisch zu stellen, als auch auf elektronischem Wege
eine Auskunft zu erteilen. Zudem müsse die Auskunft unverzüglich erfolgen.
Schließlich könne ein Betroffener den Anspruch jederzeit geltend machen und
nicht nur einmal jährlich.
Nunmehr erteile die Verfügungsbeklagte die
Auskünfte nur noch teilweise, nämlich lediglich unter Angabe eines
„Basisscores“. Die einzelnen Branchenssores würden nicht mehr
beauskunftet werden. Die Branchenscores halte die Verfügungsbeklagte weiterhin
zum Abruf bereit, jedoch nur im Rahmen einer kostenpflichtigen Anfrage.
Im Übrigen halte die Verfügungsbeklagte die
Auskünfte nach Art. 15 DSG VO nur auf Papier bereit. Sie stelle die Information
auch nicht in einem gängigen elektronischen Format zur Verfügung, wenn eine
betroffene Person den Antrag elektronisch gestellt hat. Eine Identifizierung
könnte anhand des Personalausweises erfolgen oder dadurch, dass die
Verfügungsbeklagte einen Zugangscode per Post dem Verfügungskläger schickt und
dass anhand dieses Verifizierungscodes er dann auf die Daten zugreifen könne.
Der Gesetzestext sei eindeutig, so dass kein Spielraum für eine Auslegung
eröffnet sei. Art. 15 DSG VO sei zu Art. 12 DSG VO lex specialis und gehe
deshalb vor und beziehe sich nicht nur auf die Entgeltpflicht. Es sei eindeutig
geregelt, dass eine elektronische Auskunft zu erfolgen habe. Art. 12 Abs. 6 DSG
VO sei eine Ausnahmeregelung für den Fall, dass nur bei berechtigten Zweifeln
eine Identitätsprüfung vorzunehmen sei. Es bestünden keine unwägbare Risiken
für die Verfügungsbeklagte, wenn ein Zivilgericht im Rahmen der Prüfung eines
Unterlassungsanspruches eine andere Auffassung zu der Übermittlung der Daten
auf elektronischem Weg gewinne als die Datenschutzkonferenz. Dies sei dem
Prinzip der Gewaltenteilung schuldet. Es sei das Interesse der
Verfügungsklägerin, dass die Auskunft ohne Medienbruch erfolge, da die
elektronische Übermittlung der Daten die Verarbeitung und Abarbeitung durch die
Verfügungsklägerin vereinfachen würde.
Die Verfügungsklägerin habe gegen die
Verfügungsbeklagte einen Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3 Abs. 1, 3a UWG
i.V.m. Art. 15 DSG VO. Sie habe ein Recht auf eine umfassende Kopie der
personenbezogenen Daten. Es komme nicht darauf an ob die Scorewerte bereits
errechnet und gespeichert vorliegen oder aufgrund des Algorithmus und der
gespeicherten personenbezogenen Daten jederzeit errechnet werden können. Die
Art der Vorhaltung der Daten (Scores auf Anfrage) dürfe nicht zu einer Umgehung
des Auskunftsrechtes führen. Der Betroffene muss auf seinen Antrag nach Art. 15
DSG VO hin Auskunft erhalten, welche Daten die
Verfügungsbeklagte-gegebenenfalls auf Anfrage hinvorhält, denn diese sind
Gegenstand der Verarbeitung. Die Verfügungsbeklagte habe über alle
personenbezogenen Daten, die zum Zeitpunkt der Anfrage vorhanden sind, Auskunft
zu erteilen. Durch die DSGVO sei keine Absenkung des Schutzniveaus
einhergegangen. In § 34 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 und 2 BDSG sei ausdrücklich geregelt
gewesen; dass Daten, deren Personenbezug erst bei der Berechnung hergestellt
werden, ebenfalls zu beauskunften seien. Auch nach der neuen Rechtslage müsse
eine Auskunft auf Basis von Art. 15 DSG VO so ausgelegt werden. Aus den
Erwägungsgründen zu 6,9 und 10 der DSG VO sei ersichtlich, dass ein hohes
Schutzniveau von der Verordnung angestrebt werde. Einer besonderen Regelung hinsichtlich
errechenbarer Scorewerte bedürfe es daher nicht. Es seien nicht nur die bei
einer Stelle gespeicherten, sondern sämtliche von ihr irgendwie verarbeiteten
Daten zu beauskunften, insoweit wird auf den Begriff der Verarbeitung gemäß
Art. 4 Nr. 2 DSG VO Bezug genommen.
Mit Art. 8 Abs. 1 Grundrechtscharta, Art. 16 Abs.
1 Buchst. a EU V, Art. 1 Abs. 2 DSG VO wäre es nicht vereinbar, das
Auskunftsrecht dahin auszulegen, dass bei der datenverarbeitenden Stelle
bereits zum Abruf bereitgehaltene und damit vorhandene Daten nicht beauskunftet
werden müssen.
Art. 15 Abs. 3 S. 3 Buchst. DSG VO bestimme nach
seinem eindeutigen Wortlaut, dass die Informationen in einem elektronischen
Format zur Verfügung zu stellen sind.
Die Wiederholungsgefahr sei gegeben, da sich die
Verfügungsbeklagte geweigert habe eine Unterlassungsverpflichtungserklärung
abzugeben.
Er habe keine Leistungsverfügung beantragt,
sondern eine Unterlassungsverfügung und demzufolge komme es nicht auf die Frage
eines existenziellen Gläubigerinteresses an.
Der Verfügungsgrund ergebe sich aus § 12 Abs. 2
UWG. Der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin hole eine Auskunft zu seiner
eigenen Person auf seinen eigenen Namen regelmäßig bei der Verfügungsbeklagten
ein. Als er dann die Auskunft bekommen habe hätte er festgestellt, dass
ja“ “ die Hälfte“ fehle und habe daraufhin recherchiert. Erst in
diesem Zusammenhang habe er sich die Webseite der Verfügungsbeklagten
angeschaut. In diesem Zusammenhang habe er auch gesehen, dass die Auskunft auf
Papier erteilt werde und nicht wie vom Gesetz vorgesehen auf elektronischem
Weg.
Die Verfügungsklägerin beantragt
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen
Verfügung bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung
festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR und für den Fall, dass
dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollziehen an ihren gesetzlichen
Vertretern.
Untersagt, im geschäftlichen Verkehr
Auskünfte nach Art 15 DSGVO zu erteilen, ohne über
sämtliche Scores der jeweils betroffenen Person zu informieren, welche durch
die Antragsgegnerin jederzeit auf Grundlage vorhandener Datensätze und eines
vorhandenen Algorithmus generiert werden können, insbesondere wenn diese von
ihr zur entgeltlichen Abfrage bereitgehalten werden;
Auskünfte nach Art 15 DSGVO lediglich in
Papierform zu erteilen, soweit die betroffene Person den Antrag elektronisch
stellt und nichts anderes angibt.
Die Verfügungsbeklagte beantragt:
Den Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Verfügung zurückzuweisen.
Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, dass die
Erteilung der Datenkopie nach Art. 15 DSGVO in Schriftform zu erfolgen habe, da
die Identität einer eine Datenkopie beantragenden Person nicht zweifelsfrei
festgestellt werden könne. Durch den postalischen Versand stelle die
Verfügungsbeklagte sicher, dass die sensiblen personenbezogenen Daten nur der
betroffenen Person zur Verfügung gestellt werden, zu der sie in ihrem
Datenbestand einen passenden Datensatz gefunden hat. Damit erhalte immer die
betroffene Person die Selbstauskunft, deren Daten angegeben waren-auch in den
Fällen, in denen dieses missbräuchlich durch einen Dritten geschehen sei. Die
von der Verfügungsklägerin vorgelegte Anl. A8 belege, dass der Absender frei
wählbar eingetragen werden könne, und damit eine verlässliche Identifizierung
des Antragstellenden nicht möglich sei. Die Verfügungsbeklagte stünde in engem
Kontakt zu der Datenschutzaufsichtsbehörde und mit dem hessischen
Datenschutzbeauftragten und der Datenschutzkonferenz, insbesondere auch der
Arbeitsgruppe Auskunfteien. Man habe sich bereits im Jahr 2016 über die
Thematik der Sicherstellung einer sicheren Identifizierung des Betroffenen
ausgetauscht und sei übereingekommen, dass in jedem Fall die sichere
Identifizierung Vorrang haben müsse. Demzufolge sei die Übermittlung auf
postalischem Wege die derzeit praktizierte Übermittlungsart, um
sicherzustellen, dass nur die betroffene Person den Inhalt der so genannten
Selbstauskunft erhält. Es bestehe keine Pflicht zur Erteilung einer Auskunft in
einem elektronischen Format. Art. 12 Abs. 3 S. 4 DSG VO formuliere selbst
„nach Möglichkeit“ auf elektronischem Weg. Eine Ausnahme von diesem
Grundsatz sei dann möglich, wenn eine besondere Gefährdungslage eine
postalische Zusendung erfordere. Eine ausschließlich elektronische
Kommunikation sei unsicher, weil eine zweifelsfreie Identifizierung über den
elektronischem Weg nicht möglich sei.. Diese Ausnahme gelte insbesondere bei
Wirtschaftsauskunftsgesellschaften, wie der Verfügungsbeklagten. Diese hätten
in der Regel keinen unmittelbaren Kontakt zu der betroffenen Person, sondern
erhielten ihre Daten über Dritte. Im Sinn der Sicherung der Vertraulichkeit sei
es daher angemessen, Selbstauskünfte nach Art. 15 DSGVO ausschließlich an
postalische geprüfte Adressen zu versenden.
Im Rahmen der aktuellen Diskussion mit den
beteiligten Datenschutzaufsichtsbehörden sei die Überlegung angestellt worden
dass man zukünftig eine „Postschleife“ einbindet d.h. dass man den
postalischen Versand beibehält aber die Selbstauskunft mit einen Zugangscode
versieht, der es dem Betroffenen ermöglicht, nachdem er die postalische
Selbstauskunft erhalten hat, nochmals auf elektronischem Weg in den
Datenbestand, der seine Person betreffe, Einsicht zu nehmen.
Die einstweilige Verfügung sei grundsätzlich
ausgeschlossen, da die Verfügungsklägerin konkrete Handlungen im Wege der
Leistungsverfügung von der Verfügungsbeklagten verlange, die eine Vorwegnahme
der Hauptsache zur Folge hätten. Beide Anträge seien auf ein aktives Handeln
der Verfügungsbeklagten gerichtet und nicht auf ein Unterlassen. Ein
Handlungsanspruch als Verfügungsanspruch komme nicht in Betracht, wenn damit
nicht wieder gut zu machende Verhältnisse geschaffen werden und damit die
Hauptsache vorweggenommen wird. Im Übrigen sei anerkannt, dass eine
einstweilige Verfügung auf Erteilung von Auskunftsansprüchen ausgeschlossen sei
(OLG Köln GRUR-RR 2003,296).
Im Rahmen der Interessenabwägung müsse
berücksichtigt werden, dass die Schutzinteressen der Betroffenen bei der
Abwägung einzustellen seien und nicht das Interesse der Verfügungsklägerin an
einem reibungslosen, ohne Medienbruch Abarbeiten der ihr vorliegenden Anfragen.
Auch sei zu berücksichtigen, dass man der Verfügungsbeklagten im Falle des
Erlasses der begehrten Leistungsverfügung ein Risiko aufbürden würde sich
gegenüber den Betroffenen schadenersatzpflichtig zu machen, wenn die
verlässliche Identifizierung des Antragstellers entfiele. Der Erlass einer
Leistungsverfügung würde die Verfügungsbeklagte in Widerspruch zu dem mit den
maßgeblichen Aufsichtsbehörden vereinbarte Vorgehensweise bei der
Selbstauskunft setzen, da sie bei Befolgung einer etwaigen Leistungsverfügung
sich in Widerspruch zu den in den einschlägigen Arbeitsgruppen vereinbarten
Vorgehensweise setzen müsste.
Im Übrigen ergebe sich aus der Anlage A8 dass der
Geschäftsführer der Verfügungsklägerin vom Inhalt der Webseite bereits zum
Zeitpunkt der Antragstellung am 23. 8. 2018 Kenntnis hatte. Der Antrag auf
Erlass der einstweiligen Verfügung beziehe sich auf die Auskunft, die auf der
Webseite erteilt wird und nicht die Auskunft, die als Folge der E-Mail vom
21.7.2018 von der Verfügungsbeklagten erteilt worden sei, insoweit wird wegen
der näheren Einzelheiten auf Seite 10 der Antragsschrift Bezug genommen. Die
Verfügungsbeklagte rügt die fehlende Glaubhaftmachung des Vortrages der
Verfügungsklägerin, dass erstmals der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin
Kenntnis davon erlangt habe, dass die Auskunft auf Papier erteilt werde und
nicht auf elektronischem Wege.
Es fehle an einem Wettbewerbsverstoß, da die von
der Klägerin behaupteten Verstöße gegen Art. 15 DSG VO nicht vorlägen. Streitig
sei schon, ob Verstöße gegen die DSG VO überhaupt den Rechtsbruchtatbestand des
§ 3 Buchst. a UWG erfüllen könnten.
Es fehle aber auch an einem Verstoß gegen die
Vorschriften der DSGVO. Die Auskunftsverpflichtung nach Art. 5 DSGVO
unterscheide sich von der ehemaligen Vorschrift des §§ 34 BDSG im Wesentlichen.
Die Vorschrift des §§ 34 Abs. 4 BDSG sei durch die DSGVO ersatzlos entfallen.
Dementsprechend bedürfe es zur Erfüllung der gesetzlichen Auskunftsansprüche
keiner Berechnung des tagesaktuellen SCHUFA Branchenscores. Dieser sei ein
solcher tagesaktueller Score, der nach der Neuregelung der DSGVO gerade nicht
mehr bei der Auskunftserteilung extra berechnet werden müsse.
Die Auslegung der Datenschutzgrundverordnung dürfe
sich nicht an der überholten deutschen Rechtslage zu § 34 BDSG orientieren, da
mit der Datenschutzgrundverordnung ein einheitliches Datenschutzrecht für die
gesamte EU geschaffen werden sollte. Dann könne sich aber eine Auslegung dieser
Datenschutzgrundverordnung nicht an den Datenschutzniveau der Bundesrat
Deutschland orientieren, sondern an den Maßstäben die in sämtlichen EU-Ländern
vorgelegen habe. Bereits die Schaffung des § 34 Abs. 4 BDSG sei als
nachträgliche Regelung umstritten gewesen, da sie teilweise als
europarechtswidrig angesehen wurde. Die mit § 34 Abs. 4 BDSG vorgesehene
Auskunft auf eine Berechnung sei als Fremdkörper im Datenschutzrecht angesehen
worden. Diese Regelung habe auch nur für Auskunfteien gegolten. Demgegenüber
habe Art. 15 DGSVO den Anspruch für alle Bereiche zu gelten, bis hin in die
öffentliche Verwaltung. Daraus folge, dass der europäische Verordnungsgeber
sich von der nationalen Besonderheit des §§ 34 Abs. 4 BDSG gelöst habe. Nicht
jede denkbare Konstellation könne für einen Branchenscore berechnet werden, da
sich die Auskunftssituation je nach der Branche ändere.
Die Verfügungsbeklagte betreibt gegen die
Verfügungsklägerin ein Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz sowie ein
Hauptsacheverfahren wegen marken- und wettbewerbsrechtlicher Verstöße auf der
Internetseite, die jeweils vor dem Landgericht München I anhängig bzw.
rechtshängig sind.
Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und
Streitstandes wird auf die zwischen Parteien gewechselten Schriftsätze nebst
Anlagen, die zur Gerichtsakte gereicht wurden, Bezug genommen.
Gründe
Der Antrag auf Erlass einer Unterlassungsverfügung
gerichtet darauf, dass der Verfügungsbeklagten untersagt wird im geschäftlichen
Verkehr,
1. Auskunft nach Art. 15 DSGVO zu erteilen, ohne
über sämtliche Scores der jeweils betroffenen Person zu informieren, welche
durch die Verfügungsbeklagte jederzeit auf Grundlage vorhandener Datensätze
oder eines vorhandenen Algorithmus generiert werden können, insbesondere wenn
diese ihr zu entgeltlichen Abfrage bereitgehalten werden;
2. Auskünfte nach Art. 15 Buchst. i SGB lediglich
zu erteilen, soweit die betroffene Person den Antrag Elektronik stellt und
nichts anderes angibt,
ist unbegründet.
Es kann offenbleiben, ob die von der
Verfügungsklägerin beantragte einstweilige Verfügung als Leistungsverfügung
oder als Unterlassungsverfügung zu qualifizieren ist und ob und inwieweit die
besonderen Voraussetzungen einer Leistungsverfügung vorliegen müssen oder
nicht, insbesondere ob für den Erlass einer Leistungsverfügung Voraussetzung
ist, dass nach strenger Prüfung des Verfügungsanspruches und des
Verfügungsgrundes nach Maßgabe der §§ 935, 940 ZPO ein „dringendes Bedürfnis“
für die Eilmaßnahme besteht oder nicht. Es wird teilweise die Ansicht
vertreten, dass als besondere Voraussetzung einer Leistungsverfügung der
Gläubiger darzulegen und glaubhaft zu machen hat, dass er auf die sofortige
Erfüllung dringend angewiesen ist. Anerkannt ist eine Leistungsverfügung
insbesondere bei Not- und Zwangslagen oder Existenzgefährdung außer auf Zahlung
auch bei sonstigen Handlungen und in den Fällen zulässig, in denen die
geschuldete Handlung so kurzfristig zu erbringen ist, dass die Erwirkung eines
Titels im ordentlichen Verfahren nicht möglich ist und die Verweisung auf das
Hauptsacheverfahren praktisch einer Rechtsverweigerung gleichkäme. Da es einem
begehrten Unterlassungsanspruch immanent ist, dass mit dem Erlass einer
entsprechenden einstweiligen Verfügung die Hauptsache vorweggenommen wird,
begrenzt die Rechtsprechung die Unterlassungsverfügung zeitlich oder ordnet von
Amts wegen entweder eine Sicherheitsleistung an oder setzt eine Frist zu
Erhebung der Hauptsacheklage. Demzufolge können die von der Verfügungsklägerin
geltend gemachten Unterlassungsansprüche gemäß § 3a, 8 UWG grundsätzlich im
Rahmen einer Unterlassungsverfügung durchgesetzt werden. Es kann offenbleiben,
ob bereits wegen der Schwere des Eingriffs eine Güterabwägung zwischen den
Rechtsgütern der Verfügungsklägerin und der Verfügungsbeklagten zu erfolgen
hat, oder um dem besonderen Umstand Rechnung zu tragen, dass mit dem
Unterlassungsanspruch letztlich Auskunftsansprüche verfolgt werden. Es wird die
Ansicht vertreten, dass ein auf Auskunftserteilung gerichtete Antrag auf Erlass
einer einstweilen Verfügung als Vorwegnahme der Hauptsache grundsätzlich
unzulässig sei, da die Erfüllung des Auskunftsanspruches durch eine
gegebenenfalls abändernde Entscheidung im Hauptsacheverfahren zumindest für den
Zeitraum bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht mehr rückgängig zu
machen sei. Deshalb gebiete es der Schutz der Interessen des
Auskunftsverpflichteten, die Durchsetzung eines Auskunftsanspruches auf das
unbedingt erforderliche Maß zu beschränken. Dies werde beispielsweise dadurch
erreicht, dass eine gesetzliche Dringlichkeitsvermutung ausgeschlossen sei und
unter Zugrundelegung der allgemeinen zivilprozessualen Grundsätze die
Verfügungsklägerin den Verfügungsgrund glaubhaft zu machen habe (Vergleiche OLG
Köln GRUR-RR 2003,296; Köhler/Bornkamm § 12 UWG Randnummer3.10) oder
existenzielle Gläubigerinteressen auf dem Spiel stehen.
Die aufgeworfenen Fragen können deshalb
offenbleiben, weil der Verfügungsklägerin als Mitbewerberin nach den §§ 3 Abs.
1,3 a i.V.m. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG weder anspruchsberechtigt noch klagebefugt
ist..
Der Gesetzgeber hat in Kap. 8 (Rechtsbehelfe,
Haftung und Sanktionen) der Datenschutzgrundverordnung eingehend geregelt, wie
die Datenschutzbestimmungen durchzusetzen sind. Im Mittelpunkt steht dabei die
von einem Verstoß „betroffene Person“. Sie kann sich mit einer
Beschwerde an die zuständige Aufsichtsbehörde wenden (Art. 74, 78 DSG VO), die
dann ihrerseits tätig wird. Die betroffene Person hat aber auch nach Art. 79
DSG VO selbst das „Recht auf einen wirksamen gerichtlichen
Rechtsbehelf“, wenn sie der Ansicht ist, dass ihre Rechte aus der
Datenschutzgrundverordnung verletzt worden sind. Die betroffene Person kann
nach Art. 82 DGSVO Ersatz ihres materiellen und immateriellen Schadens
verlangen. Nach Art. 80 Abs. 1 DSG VO ist die betroffene Person ferner
berechtigt, „Organisationen“ und „ähnlichen Einrichtungen, die
bestimmte Anforderungen erfüllen“ zu beauftragen, in ihrem Namen ihre
Rechte unter anderem aus Art. 79 DSG VO wahrzunehmen. Art. 80 Abs. 2 DSG VO
enthält eine so genannte Öffnungsklausel zu Gunsten der Mitgliedstaaten. Sie
können vorsehen, dass jede der in Art. 80 Abs. 1 DSG VO genannten
„Organisationen“ unabhängig von einem Auftrag der betroffenen Person
das Recht hat, deren Rechte aus Art. 77-79 DSG VO in Anspruch zu nehmen, wenn
nach ihrer Ansicht deren Rechte verletzt worden sind. Diese Regelung ist nicht
unumstritten, weil damit letztlich Dritte über das Persönlichkeitsrecht der
betroffenen Personen verfügen. Von einer entsprechenden Befugnis der
Mitbewerbers des Verletzers, die Rechte der betroffenen Person ohne deren
Zustimmung wahrzunehmen, ist in Art. 80 Abs. 2 DSG VO nicht die Rede.
Es wird die Frage diskutiert, ob die
Durchsetzungsregelungen der DSG VO eine abschließende unionsrechtliche Regelung
darstellen oder ob im jeweils nationalen Recht Erweiterungen zulässig sind. Es
geht darum, ob der nationale Gesetzgeber über die Öffnungsklausel des Art. 80
Abs. 2 DSG VO hinaus zusätzliche Durchsetzungsregelungen aufstellen darf. Vor
allem wird diskutiert, ob die Gerichte wegen eines Vorrangs des Unionsrechts
daran gehindert sind, bestehende Regelungen des deutschen Rechtes anzuwenden,
die zusätzliche Rechtsbehelfe gewähren könnten. Im Rahmen der Anwendung des §§
3 Buchst. a UWG wird die Ansicht vertreten, die Vorschriften der
Datenschutzgrundverordnung seien Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3
Buchst. a UWG und dementsprechend seien auch Mitbewerber des Verletzers nach §
8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 UWG berechtigt, gegen Verstöße vorzugehen (vergleiche
Wolff ZD 2018,248). Diese Ansicht verkennt, dass § 3 Buchst. a UWG dann nicht
anwendbar ist, wenn die betreffende Regelung in der Datenschutzgrundverordnung
die Rechtsfolgen eines Verstoßes abschließend regelt, was wiederum durch
Auslegung festzustellen ist (vergleiche im Einzelnen Köhler ZD 2018,337 ff.).
Eine solche abschließende Regelung gegenüber § 3 Buchst. a UWG stellen, so
Köhler und Barth (Köhler ZD 2018,337 ff., Barth WRP 2018,790) die Art. 70 ff.
Datenschutz Grundverordnung dar. Diese Ansicht beruft sich auf den allgemeinen
Grundsatz des Unionsrechts, dass Ausnahmeregelungen, wie hier Art. 80 Abs. 2
DSG VO, eng auszulegen sind (ständige Rechtsprechung: EuGH WRP 2015, 1206, Rn.
54) und dementsprechend nicht über den Wortlaut hinaus erweitert werden dürfen.
Die Autoren schließen aus dem Umstand, dass der Unionsgesetzgeber nicht schon
jedem Verband ein Recht zur Wahrnehmung der Rechte einer betroffenen Person
ohne deren Auftrag einräumt hat, sondern dafür ganz konkrete Anforderungen
aufstellt, dass der Unionsgesetzgeber keine Erstreckung dieser Befugnis auf
Mitbewerber des Verletzers zulassen wollte. Hätte der Unionsgesetzgeber, so die
Autoren, dies gewollt, so hätte es nahegelegen, dass er eine dem Art. 11 Abs. 1
RL 2005/29/EG („einschließlich Mitbewerbern“) entsprechende
Durchsetzungsregelungen eingeführt hätte. Köhler unterstreicht diese
Argumentation durch die Herausarbeitung der unterschiedlichen
Schutzzweckbestimmung der DSGVO auf der einen Seite und dem UWG auf der anderen
Seite. Die Datenschutzgrundverordnung schützt „die Grundrechte und
Grundfreiheiten natürlicher Personen insbesondere deren Recht auf Schutz
personenbezogener Daten“, insoweit wird auf Art. 1 Abs. 2 DSG VO Bezug genommen.
Damit bringe die Datenschutzgrundverordnung klar zum Ausdruck, dass es um den
Individualschutz der Betroffenen geht, vergleichbar dem Schutz des allgemeinen
Persönlichkeitsrechtes nach den §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB analog.
Demgegenüber stehe die Konzeption des UWG. Dieses Gesetz dient „dem Schutz
der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der sonstigen
Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen“, insoweit wird
auf § 1 S. 1 UWG Bezug genommen. Die gesetzliche Konzeption der
Datenschutzgrundverordnung hat mit der dargestellten Regelung in Kap. VIII
primär die Rechtsdurchsetzung bei den Aufsichtsbehörden angesiedelt, während §
8-10 UWG die Durchsetzung des Lauterkeitsrecht vollständig der privaten
Initiative überlässt. Daraus folgt, dass einem Mitbewerber nach den §§ 3 Abs.
1,3 a UWG in Verbindung mit § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG die Klagebefugnis fehlt. Diese
vornehmlich in der Literatur vertretene Ansicht findet ihre Bestätigung in der
Entscheidung des Landgerichtes Bochum (Landgericht Bochum (12. Zivilkammer),
Teil Versäumnis- und Schlussurteil vom 7.8.2018-I-12 O 85 / 18 zitiert nach
Beck RS 2018,25219). Das Landgericht Bochum hat ausgeführt, dass dem
Verfügungskläger eine Klagebefugnis nicht zusteht, weil die Datenschutzgrundverordnung
in den Artikeln 77-84 eine die Ansprüche von Mitbewerbern abschließende und
ausschließende Regelung enthält. Das Landgericht Bochum hat sich der Ansicht
von Köhler mit dem Argument angeschlossen, dass die Datenschutzgrundverordnung
eine detaillierte Regelung des anspruchsberechtigten Personenkreises enthält.
Danach steht nicht jedem Verband ein Recht zur Wahrnehmung der Rechte einer
betroffenen Person zu, sondern nur bestimmten Einrichtungen, Organisationen und
Vereinigungen ohne Gewinnerzielungsabsicht unter weiteren Voraussetzungen.
Hieraus sei zu schließen, dass der Uniongesetzgeber eine Erstreckung auf
Mitbewerber des Verletzers nicht zulassen wollte. Diese Ansicht überzeugt, da
es keine Rechtsschutzlücke besteht. Vor dem Hintergrund, dass keine
Rechtsschutzlücke im Bereich der Datenschutzgrundverordnung besteht, muss sie
auch nicht durch eine Anwendung des §§ 3 Buchst. a UWG geschlossen werden. An
diese Überlegungen knüpft die Bundesratsinitiative des Freistaats Bayern an,
wonach zur Anpassung zivilrechtlicher Vorschriften an die
Datenschutzgrundverordnung ein Gesetzesantrag in den Bundesrat eingebracht
worden ist (Bundesratsdrucksache 304 18 vom 6. 20.6.2018) woraus sich ableiten
lässt, dass eine Klagebefugnis eines angeblichen Mitbewerbers ausscheiden soll,
da ihm bereits eine Abmahnungsmöglichkeit verwehrt wird.
Es ist streitig, ob die fehlende
Anspruchsberechtigung und fehlende Klagebefugnis zur Abweisung der Klage als
unzulässig oder als unbegründet führt, doch handelt es sich bei der Anspruchsberechtigung
um eine Frage der Aktivlegitimation und damit um eine Prüfung im Rahmen der
Begründetheit der Klage, so dass die Klage auf Erlass einer einstweiligen
Verfügung als unbegründet abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 ZPO,
wonach die Verfügungsklägerin als die unterlegene Partei die Kosten des
einstweiligen Verfügungsrechtsstreites zu tragen hat.
Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 6 ZPO in Verbindung § 711 ZPO.

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Auch für den ersten Post im Jahr 2019 gilt – „the same procedure as every year!“

So schnell geht das. Gestern noch die letzten Worte des Jahres 2018 und schon folgen die ersten Worte im Jahr 2019.

Gleich verbunden mit den besten Wünschen für das neue Jahr.


Ich wünsche allen Lesern, Mandanten, Kollegen und allen, die sich angesprochen fühlen:

Ein gesundes, frohes und glückliches neues Jahr 2019.