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Bundeskartellamt untersagt Facebook die Zusammenführung von Nutzerdaten aus verschiedenen Quellen

Das Bundeskartellamt hat dem Unternehmen Facebook
weitreichende Beschränkungen bei der Verarbeitung von Nutzerdaten auferlegt.
Nach den Geschäftsbedingungen von Facebook können Nutzer das
soziale Netzwerk bislang nur unter der Voraussetzung nutzen, dass Facebook auch
außerhalb der Facebook-Seite Daten über den Nutzer im Internet oder auf
Smartphone-Apps sammelt und dem Facebook-Nutzerkonto zuordnet. Alle auf
Facebook selbst, den konzerneigenen Diensten wie z.B. WhatsApp und Instagram
sowie den auf Drittwebseiten gesammelten Daten können mit dem
Facebook-Nutzerkonto zusammengeführt werden.
Die Entscheidung des
Amtes erfasst verschiedene Datenquellen:
(i)     Künftig dürfen die zum
Facebook-Konzern gehörenden Dienste wie WhatsApp und Instagram die Daten zwar
weiterhin sammeln. Eine Zuordnung der Daten zum Nutzerkonto bei Facebook ist
aber nur noch mit freiwilliger Einwilligung des Nutzers möglich. Wenn die
Einwilligung nicht erteilt wird, müssen die Daten bei den anderen Diensten
verbleiben und dürfen nicht kombiniert mit den Facebook-Daten verarbeitet
werden.
(ii)    Eine Sammlung und Zuordnung von Daten
von Drittwebseiten zum Facebook-Nutzerkonto ist in der Zukunft ebenfalls nur
noch dann möglich, wenn der Nutzer freiwillig in die Zuordnung zum
Facebook-Nutzerkonto einwilligt.
Fehlt es bei den Daten von den konzerneigenen Diensten und
Drittwebsites an der Einwilligung, kann Facebook die Daten nur noch sehr stark
eingeschränkt sammeln und dem Nutzerkonto zuordnen. Enstsprechende
Lösungsvorschläge hierfür muss Facebook erarbeiten und dem Amt vorlegen.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Wir nehmen bei Facebook für die Zukunft
eine Art innere Entflechtung bei den Daten vor. Facebook darf seine Nutzer
künftig nicht mehr zwingen, einer faktisch grenzenlosen Sammlung und Zuordnung
von Nicht-Facebook-Daten zu ihrem Nutzerkonto zuzustimmen.Die Kombination von
Datenquellen hat ganz maßgeblich dazu beigetragen, dass Facebook einen so
einzigartigen Gesamtdatenbestand über jeden einzelnen Nutzer erstellen und
seine Marktmacht erreichen konnte. Der Verbraucher kann in Zukunft verhindern,
dass Facebook seine Daten ohne Beschränkung sammelt und verwertet.Die bisherige
Zusammenführung aller Daten unter dem Facebook-Nutzerkonto in faktisch
schrankenlosem Ausmaß hängt für die Zukunft von der freiwilligen Einwilligung
der Nutzer ab. Und Freiwilligkeit heißt, dass die Nutzung der Facebook-Dienste
nicht von der Einwilligung des Nutzers in diese Art der Datensammlung und
-zusammenführung abhängig gemacht werden darf. Wenn der Nutzer die Einwilligung
nicht erteilt, darf Facebook ihn nicht von seinen Diensten ausschließen und
muss auf eine Datensammlung und -zusammenführung aus den verschiedenen Quellen
verzichten.“  
Facebook ist auf dem
Markt für soziale Netzwerke marktbeherrschend
Im Dezember 2018 hatte Facebook weltweit 1,52 Mrd. täglich
und 2,32 Mrd. monatlich aktive Nutzer. Auf dem deutschen Markt für soziale
Netzwerke ist Facebook marktbeherrschend. Hier hat Facebook mit 23 Mio.
täglichen und 32 Mio. monatlichen Nutzern einen Marktanteil von über 95 Prozent
bei den täglich aktiven Nutzern und von über 80 Prozent bei den monatlich
aktiven Nutzern. Der Wettbewerber Google+ hat unlängst angekündigt, sein
soziales Netzwerk bis April 2019 einzustellen. Dienste wie Snapchat, YouTube
oder Twitter, aber auch berufliche Netzwerke wie LinkedIn und Xing bieten
jeweils nur einen Ausschnitt der Leistungen eines sozialen Netzwerkes an und
sind deshalb nicht in den relevanten Markt einzubeziehen. Aber auch unter
Einbeziehung dieser Dienste würde der Facebook-Konzern inklusive seiner
Tochterunternehmen Instagram und WhatsApp auf so hohe Marktanteile kommen, die
die Annahme eines Monopolisierungsprozesses nahelegen.
Andreas Mundt: „Als
marktbeherrschendes Unternehmen unterliegt Facebook besonderen
kartellrechtlichen Pflichten und muss bei dem Betrieb seines Geschäftsmodells
berücksichtigen, dass die Facebook-Nutzer praktisch nicht auf andere soziale
Netzwerke ausweichen können. Ein obligatorisches Häkchen bei der Zustimmung in
die Nutzungsbedingungen des Unternehmens stellt angesichts der überragenden
Marktmacht des Unternehmens keine ausreichende Grundlage für eine derartig
intensive Datenverarbeitung dar. Der Nutzer hat ja nur die Wahl, entweder eine
umfassende Datenzusammenführung zu akzeptieren oder aber auf die Nutzung des
sozialen Netzwerkes zu verzichten. Von einer freiwilligen Einwilligung in die
Datenverarbeitungsbedingungen kann in einer solchen Zwangssituation des Nutzers
keine Rede sein.“
Missbrauch der
Marktmacht durch Umfang der Sammlung, Verwertung und Zuführung der Daten auf
dem Nutzerkonto
Der Umfang, in dem Facebook Daten ohne Einwilligung der
Nutzer sammelt, dem Nutzerkonto zuführt und verwertet ist missbräuchlich.
Das Bundeskartellamt hat keine Entscheidung getroffen, wie
die Verarbeitung von Daten, die bei der Nutzung der originären Facebook-Website
selbst anfallen, kartellrechtlich zu bewerten ist. Aufgrund der direkten
Zuordnung zu dem konkreten Dienst wissen Nutzer, dass ihre Daten dort in einem
bestimmten Umfang erhoben und genutzt werden. Dies ist auch wesentlicher
Bestandteil eines sozialen Netzwerkes und dessen datenbasiertem
Geschäftsmodell.
Was vielen jedoch nicht bewusst ist: Die private Nutzung des
Netzwerks ist u.a. auch davon abhängig, dass Facebook nahezu unbegrenzt
jegliche Art von Nutzerdaten aus Drittquellen sammelt, den Facebook-Konten der
Nutzer zuordnet und zu zahlreichen Datenverarbeitungsvorgängen verwendet.
Drittquellen sind dabei die konzerneigenen Dienste wie z.B. Instagram oder
WhatsApp aber auch Drittseiten, die mit Schnittstellen, wie z.B. dem „Like-“
oder „Share-Button“, versehen sind. Wenn Webseiten und Apps derartige sichtbare
Schnittstellen eingebunden haben, fließen schon mit deren Aufruf bzw.
Installation Daten an Facebook. Es ist also beispielsweise nicht notwendig,
einen „Like-Button“ zu berühren oder gar zu betätigen. Schon der Aufruf einer
Seite, in der ein „Like-Button“ eingebunden ist, löst den Datenfluss zu Facebook
aus. Solche Schnittstellen sind millionenfach auf deutschen Webseiten und in
Apps verbreitet.
Aber auch wenn für den Internetnutzer gar kein
Facebook-Symbol auf einer Website sichtbar ist, fließen vielfach Daten des
Nutzers von einer Internetseite zu Facebook. Dies ist etwa dann der Fall, wenn
ein Homepage-Betreiber im Hintergrund den Analysedienst „Facebook Analytics“
einsetzt, um damit Auswertungen über die Nutzer seiner Homepage durchzuführen.
Andreas Mundt: „Durch
die Kombination von Daten aus der eigenen Website, konzerneigenen Diensten und
der Analyse von Drittwebseiten erhält Facebook ein sehr genaues Profil seiner
Nutzer und weiß, was sie im Internet machen.“
Europäische
Datenschutzvorschriften als Maßstab für den Ausbeutungsmissbrauch
Die Nutzungsbedingungen und die Art und der Umfang der
Sammlung und Verwertung der Daten durch Facebook verstoßen zu Lasten der Nutzer
gegen europäische Datenschutzvorschriften. Das Bundeskartellamt hat
hinsichtlich der datenschutzrechtlichen Fragestellungen eng mit führenden
Datenschutzbehörden zusammengearbeitet.
Das Bundeskartellamt bewertet das Verhalten von Facebook vor
allem als einen sogenannten Ausbeutungsmissbrauch. Marktbeherrschende
Unternehmen dürfen die Marktgegenseite – hier also die Verbraucher als
Facebook-Nutzer – nicht ausbeuten. Das gilt vor allem dann, wenn durch die
Ausbeutung gleichzeitig auch Wettbewerber behindert werden, die keinen solchen
Datenschatz anhäufen können. Diese kartellrechtliche Herangehensweise ist nicht
neu, sondern entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wonach
nicht nur überhöhte Preise, sondern auch die Unangemessenheit von vertraglichen
Regelungen und Konditionen eine missbräuchliche Ausbeutung darstellen (sog.
Konditionenmissbrauch).
Andreas Mundt: „Daten
sind heute ein entscheidender Faktor im Wettbewerb. Gerade für Facebook sind
sie sogar der wesentliche Faktor für die Dominanz des Unternehmens. Auf der
einen Seite steht eine kostenlose Dienstleistung für die Nutzer. Auf der
anderen Seite steigt die Attraktivität und der Wert der Werbeplätze mit der
Menge und der Tiefe der Daten über die Nutzer. Gerade bei der Datensammlung und
Verwertung muss sich Facebook deshalb als marktbeherrschendes Unternehmen an
die in Deutschland und Europa geltenden Regeln und Gesetze halten.“
Die Entscheidung des Bundeskartellamtes ist noch nicht
rechtskräftig. Facebook hat die Möglichkeit innerhalb eines Monats Beschwerde
gegen die Entscheidung einzulegen, über die dann das Oberlandesgericht
Düsseldorf entscheiden würde.
Weitere Informationen zu dem Verfahren haben wir in
einem Hintergrundpapier zusammengestellt.

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