Urteile vom 6. Juni 2019 I ZR 206/17 und I ZR 60/18
Der unter anderem für Ansprüche aus dem Gesetz gegen den
unlauteren Wettbewerb zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
entschieden, dass es wettbewerbsrechtlich unzulässig ist, wenn Apotheken ihren
Kunden beim Erwerb von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln geringwertige
Werbegaben wie einen Brötchen-Gutschein oder einen Ein-Euro-Gutschein gewähren.
unlauteren Wettbewerb zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
entschieden, dass es wettbewerbsrechtlich unzulässig ist, wenn Apotheken ihren
Kunden beim Erwerb von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln geringwertige
Werbegaben wie einen Brötchen-Gutschein oder einen Ein-Euro-Gutschein gewähren.
Verfahren I ZR 206/17
Sachverhalt:
Die Beklagte betreibt in Darmstadt eine Apotheke. Sie
händigte einem Kunden im September 2014 anlässlich des Erwerbs eines
verschreibungspflichtigen Arzneimittels einen Brötchen-Gutschein über „2
Wasserweck oder 1 Ofenkrusti“ aus. Der Gutschein konnte bei einer in der
Nähe der Apotheke gelegenen Bäckerei eingelöst werden. Die Klägerin, die
Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, hat die Beklagte auf
Unterlassung in Anspruch genommen, den Verkauf rezeptpflichtiger,
preisgebundener Arzneimittel mit der kostenfreien Abgabe eines
Brötchen-Gutscheins zu verknüpfen.
händigte einem Kunden im September 2014 anlässlich des Erwerbs eines
verschreibungspflichtigen Arzneimittels einen Brötchen-Gutschein über „2
Wasserweck oder 1 Ofenkrusti“ aus. Der Gutschein konnte bei einer in der
Nähe der Apotheke gelegenen Bäckerei eingelöst werden. Die Klägerin, die
Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, hat die Beklagte auf
Unterlassung in Anspruch genommen, den Verkauf rezeptpflichtiger,
preisgebundener Arzneimittel mit der kostenfreien Abgabe eines
Brötchen-Gutscheins zu verknüpfen.
Bisheriger Prozessverlauf:
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung
der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
Das Berufungsgericht hat angenommen, die Zugabe eines
Brötchen-Gutscheins beim Erwerb eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels
verstoße gegen die Preisbindungsvorschriften für Arzneimittel (§ 78 Abs. 2 Satz
2 und 3 AMG). Bei diesen Vorschriften handele es sich um
Marktverhaltensregelungen, so dass ein solcher Verstoß zugleich
wettbewerbswidrig sei (§ 3a UWG). Die Rechtsprechung habe zwar im Blick darauf,
dass die Zuwendung geringwertiger Kleinigkeiten beim Erwerb von Arzneimitteln
nach dem Heilmittelwerbegesetz zulässig gewesen sei, die Spürbarkeit eines
Verstoßes gegen das Arzneimittelpreisrecht verneint. Daran könne aber nicht
mehr festgehalten werden, nachdem der Gesetzgeber die entsprechende Bestimmung
des Heilmittelwerbegesetzes mit Wirkung vom 13. August 2013 ausdrücklich um die
Regelung ergänzt habe, dass entgegen den Preisvorschriften des
Arzneimittelgesetzes gewährte Zuwendungen oder Werbegaben unzulässig seien (§ 7
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG). Der Umstand, dass nach der Rechtsprechung des
Gerichtshofs der Europäischen Union die Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes
auf in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ansässige Apotheken keine
Anwendung fänden (EuGH, Urteil vom 19. Oktober 2016, C-148/15, GRUR 2016, 1312
– Deutsche Parkinson Vereinigung/Zentrale), stehe einer Anwendung dieser
Vorschriften auf in Deutschland ansässige Apotheken weder aus Gründen des
Unionsrechts noch aus Gründen des Verfassungsrechts entgegen.
Brötchen-Gutscheins beim Erwerb eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels
verstoße gegen die Preisbindungsvorschriften für Arzneimittel (§ 78 Abs. 2 Satz
2 und 3 AMG). Bei diesen Vorschriften handele es sich um
Marktverhaltensregelungen, so dass ein solcher Verstoß zugleich
wettbewerbswidrig sei (§ 3a UWG). Die Rechtsprechung habe zwar im Blick darauf,
dass die Zuwendung geringwertiger Kleinigkeiten beim Erwerb von Arzneimitteln
nach dem Heilmittelwerbegesetz zulässig gewesen sei, die Spürbarkeit eines
Verstoßes gegen das Arzneimittelpreisrecht verneint. Daran könne aber nicht
mehr festgehalten werden, nachdem der Gesetzgeber die entsprechende Bestimmung
des Heilmittelwerbegesetzes mit Wirkung vom 13. August 2013 ausdrücklich um die
Regelung ergänzt habe, dass entgegen den Preisvorschriften des
Arzneimittelgesetzes gewährte Zuwendungen oder Werbegaben unzulässig seien (§ 7
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG). Der Umstand, dass nach der Rechtsprechung des
Gerichtshofs der Europäischen Union die Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes
auf in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ansässige Apotheken keine
Anwendung fänden (EuGH, Urteil vom 19. Oktober 2016, C-148/15, GRUR 2016, 1312
– Deutsche Parkinson Vereinigung/Zentrale), stehe einer Anwendung dieser
Vorschriften auf in Deutschland ansässige Apotheken weder aus Gründen des
Unionsrechts noch aus Gründen des Verfassungsrechts entgegen.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision hat
die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt.
die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt.
Verfahren I ZR 60/18
Sachverhalt:
Der Beklagte betreibt in Berlin eine Apotheke. Er
gewährte seinen Kunden im Jahr 2014 zeitweise eine Vergünstigung in Form eines
Ein-Euro-Gutscheins. Die Kunden konnten den Gutschein bei einem weiteren
Einkauf in der Apotheke des Beklagten einlösen. Die Klägerin ist die Zentrale
zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Sie hat den Beklagten auf Unterlassung
in Anspruch genommen, Kunden, die ein Rezept für ein rezeptpflichtiges,
preisgebundenes Arzneimittel einlösen, einen Einkaufsgutschein über einen Euro
zu gewähren.
gewährte seinen Kunden im Jahr 2014 zeitweise eine Vergünstigung in Form eines
Ein-Euro-Gutscheins. Die Kunden konnten den Gutschein bei einem weiteren
Einkauf in der Apotheke des Beklagten einlösen. Die Klägerin ist die Zentrale
zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Sie hat den Beklagten auf Unterlassung
in Anspruch genommen, Kunden, die ein Rezept für ein rezeptpflichtiges,
preisgebundenes Arzneimittel einlösen, einen Einkaufsgutschein über einen Euro
zu gewähren.
Bisheriger Prozessverlauf:
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die
Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen.
Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat angenommen, die Gewährung eines
Ein-Euro-Gutscheins durch den Beklagten bei Abgabe rezeptpflichtiger
Arzneimittel an Verbraucher verstoße zwar gegen die Preisbindungsvorschriften
für Arzneimittel (§ 78 Abs. 2 Satz 2 und 3 AMG). Diese
Preisbindungsvorschriften seien mit der Berufsausübungsfreiheit und dem
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar. Der Umstand, dass nach der
Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Preisvorschriften
des Arzneimittelgesetzes auf in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union
ansässige Apotheken keine Anwendung fänden (EuGH, Urteil vom 19. Oktober 2016,
C-148/15, GRUR 2016, 1312 – Deutsche Parkinson Vereinigung/Zentrale), stehe
ihrer Anwendung auf den innerdeutschen Verkauf von Arzneimitteln nicht entgegen
und führe nicht zu einer unzulässigen Benachteiligung in Deutschland ansässiger
Apotheken. Der hier in Rede stehende Verstoß gegen die
Preisbindungsvorschriften durch Zuwendung einer geringwertigen Kleinigkeit sei
aber nicht wettbewerbswidrig. Er sei nicht geeignet, die Interessen von Verbrauchern,
sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen (§ 3a
UWG). Dieser Beurteilung stehe nicht entgegen, dass nach der geltenden Fassung
des Heilmittelwerbegesetzes auch die Zuwendung geringwertiger Kleinigkeiten
entgegen den arzneimittelrechtlichen Preisvorschriften unzulässig sei (§ 7 Abs.
1 Satz Nr. 1 HWG).
Ein-Euro-Gutscheins durch den Beklagten bei Abgabe rezeptpflichtiger
Arzneimittel an Verbraucher verstoße zwar gegen die Preisbindungsvorschriften
für Arzneimittel (§ 78 Abs. 2 Satz 2 und 3 AMG). Diese
Preisbindungsvorschriften seien mit der Berufsausübungsfreiheit und dem
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar. Der Umstand, dass nach der
Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Preisvorschriften
des Arzneimittelgesetzes auf in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union
ansässige Apotheken keine Anwendung fänden (EuGH, Urteil vom 19. Oktober 2016,
C-148/15, GRUR 2016, 1312 – Deutsche Parkinson Vereinigung/Zentrale), stehe
ihrer Anwendung auf den innerdeutschen Verkauf von Arzneimitteln nicht entgegen
und führe nicht zu einer unzulässigen Benachteiligung in Deutschland ansässiger
Apotheken. Der hier in Rede stehende Verstoß gegen die
Preisbindungsvorschriften durch Zuwendung einer geringwertigen Kleinigkeit sei
aber nicht wettbewerbswidrig. Er sei nicht geeignet, die Interessen von Verbrauchern,
sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen (§ 3a
UWG). Dieser Beurteilung stehe nicht entgegen, dass nach der geltenden Fassung
des Heilmittelwerbegesetzes auch die Zuwendung geringwertiger Kleinigkeiten
entgegen den arzneimittelrechtlichen Preisvorschriften unzulässig sei (§ 7 Abs.
1 Satz Nr. 1 HWG).
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision hat
die Klägerin ihren Klageantrag weiterverfolgt.
die Klägerin ihren Klageantrag weiterverfolgt.
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat im Verfahren I ZR 206/17 die
Revision der Beklagten zurückgewiesen. Die Revision der Klägerin im Verfahren I
ZR 60/18 hatte dagegen Erfolg.
Revision der Beklagten zurückgewiesen. Die Revision der Klägerin im Verfahren I
ZR 60/18 hatte dagegen Erfolg.
Nach den Entscheidungen des Senats ist die Zugabe sowohl
eines Brötchen-Gutscheins als auch eines Ein-Euro-Gutscheins beim Erwerb eines
verschreibungspflichtigen Medikaments wettbewerbswidrig, weil beide Werbegaben
gegen die geltenden Preisbindungsvorschriften verstoßen (§§ 3, 3a UWG in
Verbindung mit § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG, § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3
Satz 1 AMG).
eines Brötchen-Gutscheins als auch eines Ein-Euro-Gutscheins beim Erwerb eines
verschreibungspflichtigen Medikaments wettbewerbswidrig, weil beide Werbegaben
gegen die geltenden Preisbindungsvorschriften verstoßen (§§ 3, 3a UWG in
Verbindung mit § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG, § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3
Satz 1 AMG).
Bei einer Werbung für Arzneimittel im Sinne des § 2 AMG
dürfen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren
oder Leistungen) nur angeboten, angekündigt oder gewährt werden, wenn eine der
in den Nummern 1 bis 5 dieser Vorschrift ausdrücklich geregelten Ausnahmen
vorliegt.
dürfen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren
oder Leistungen) nur angeboten, angekündigt oder gewährt werden, wenn eine der
in den Nummern 1 bis 5 dieser Vorschrift ausdrücklich geregelten Ausnahmen
vorliegt.
Bei diesem grundsätzlichen Verbot der Wertreklame handelt
es sich um eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG. Ein Verstoß
gegen dieses Verbot kann Unterlassungsansprüche begründen (§ 8 UWG). Die
Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG soll der abstrakten Gefahr begegnen, dass
Verbraucher bei der Entscheidung, ob und gegebenenfalls welche Heilmittel sie
in Anspruch nehmen, durch die Aussicht auf Werbegaben unsachlich beeinflusst
werden. Soweit § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 HWG entgegen den
Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes gewährte Werbegaben generell
verbietet, soll damit außerdem ein ruinöser Preiswettbewerb zwischen den
Apotheken verhindert und eine flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der
Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt werden.
es sich um eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG. Ein Verstoß
gegen dieses Verbot kann Unterlassungsansprüche begründen (§ 8 UWG). Die
Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG soll der abstrakten Gefahr begegnen, dass
Verbraucher bei der Entscheidung, ob und gegebenenfalls welche Heilmittel sie
in Anspruch nehmen, durch die Aussicht auf Werbegaben unsachlich beeinflusst
werden. Soweit § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 HWG entgegen den
Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes gewährte Werbegaben generell
verbietet, soll damit außerdem ein ruinöser Preiswettbewerb zwischen den
Apotheken verhindert und eine flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der
Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt werden.
Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in der
Sache „Deutsche Parkinson Vereinigung/?Zentrale“ (Urteil vom 24.
November 2016 – C-148/15, GRUR 2016, 1312 = WRP 2017, 36) steht der Anwendung
der in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG in Bezug genommenen Preisvorschriften des
Arzneimittelgesetzes für in Deutschland ansässige Apotheken nicht entgegen.
Nach dieser Entscheidung liegt in den Regelungen über die Preisbindung für
Apotheken, die in anderen Staaten der Europäischen Union ansässig sind, ein
Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit (Art. 34 AEUV). Auf innerstaatliche
Sachverhalte ohne grenzüberschreitenden Bezug wie in den Streitfällen sind die
Regelungen über die Warenverkehrsfreiheit allerdings nicht anwendbar.
Sache „Deutsche Parkinson Vereinigung/?Zentrale“ (Urteil vom 24.
November 2016 – C-148/15, GRUR 2016, 1312 = WRP 2017, 36) steht der Anwendung
der in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG in Bezug genommenen Preisvorschriften des
Arzneimittelgesetzes für in Deutschland ansässige Apotheken nicht entgegen.
Nach dieser Entscheidung liegt in den Regelungen über die Preisbindung für
Apotheken, die in anderen Staaten der Europäischen Union ansässig sind, ein
Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit (Art. 34 AEUV). Auf innerstaatliche
Sachverhalte ohne grenzüberschreitenden Bezug wie in den Streitfällen sind die
Regelungen über die Warenverkehrsfreiheit allerdings nicht anwendbar.
Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union führt
auch nicht zu einer nach nationalem Verfassungsrecht unzulässigen
Inländerdiskriminierung. Aus Art. 3 Abs. 1 GG folgt nicht, dass eine Regelung
für Inländer derjenigen für andere Unionsbürger entsprechen muss, solange die
Ungleichbehandlung auf sachlichen Gründen beruht. Im Blick auf die
Arzneimittelpreisbindung ergibt sich ein gewichtiger sachlicher Grund bereits
aus der Tatsache, dass der nationale Gesetzgeber in seiner Gestaltungsfreiheit
zwar hinsichtlich des grenzüberschreitenden Verkaufs von Arzneimitteln durch
die im Primärrecht der Europäischen Union geregelte Warenverkehrsfreiheit und
die dazu ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union
eingeschränkt ist, für den Vertrieb von Arzneimitteln innerhalb Deutschlands
aber keine entsprechende Einschränkung besteht. Eine unterschiedliche
Behandlung von in Deutschland ansässigen Apotheken einerseits und in anderen
Mitgliedstaaten der Europäischen Union ansässigen Apotheken andererseits ist
zudem gerechtfertigt, weil sich die Arzneimittelpreisbindung im Hinblick auf
die Besonderheiten des deutschen Marktes auf in Deutschland ansässige Apotheken
weniger stark auswirkt als auf in anderen Mitgliedstaaten ansässige Apotheken,
die für einen unmittelbaren Zugang zum deutschen Markt in besonderem Maße auf
den Versandhandel angewiesen sind. Die Fortgeltung der arzneimittelrechtlichen
Preisbindungsvorschriften verstößt für im Inland ansässige Apotheken auch nicht
gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Der mit den Bestimmungen des § 78 Abs. 1 und 2 AMG
einhergehende Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist mit Blick auf ihren
Zweck der Sicherstellung einer im öffentlichen Interesse gebotenen flächendeckenden
und gleichmäßigen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln verhältnismäßig.
Unter Berücksichtigung des weiten gesetzgeberischen Ermessens ist die
Verhältnismäßigkeit der Preisvorschriften erst dann in Frage gestellt, wenn der
Gesetzeszweck infolge des Umfangs des Verkaufs preisgebundener Arzneimittel
durch ausländische Versandapotheken nicht mehr allgemein erreicht werden kann
oder die gesetzliche Regelung für inländische Apotheken angesichts des
Konkurrenzdrucks aus dem europäischen Ausland nicht mehr zumutbar ist. Dass
dies derzeit der Fall ist, haben die Berufungsgerichte nicht festgestellt.
auch nicht zu einer nach nationalem Verfassungsrecht unzulässigen
Inländerdiskriminierung. Aus Art. 3 Abs. 1 GG folgt nicht, dass eine Regelung
für Inländer derjenigen für andere Unionsbürger entsprechen muss, solange die
Ungleichbehandlung auf sachlichen Gründen beruht. Im Blick auf die
Arzneimittelpreisbindung ergibt sich ein gewichtiger sachlicher Grund bereits
aus der Tatsache, dass der nationale Gesetzgeber in seiner Gestaltungsfreiheit
zwar hinsichtlich des grenzüberschreitenden Verkaufs von Arzneimitteln durch
die im Primärrecht der Europäischen Union geregelte Warenverkehrsfreiheit und
die dazu ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union
eingeschränkt ist, für den Vertrieb von Arzneimitteln innerhalb Deutschlands
aber keine entsprechende Einschränkung besteht. Eine unterschiedliche
Behandlung von in Deutschland ansässigen Apotheken einerseits und in anderen
Mitgliedstaaten der Europäischen Union ansässigen Apotheken andererseits ist
zudem gerechtfertigt, weil sich die Arzneimittelpreisbindung im Hinblick auf
die Besonderheiten des deutschen Marktes auf in Deutschland ansässige Apotheken
weniger stark auswirkt als auf in anderen Mitgliedstaaten ansässige Apotheken,
die für einen unmittelbaren Zugang zum deutschen Markt in besonderem Maße auf
den Versandhandel angewiesen sind. Die Fortgeltung der arzneimittelrechtlichen
Preisbindungsvorschriften verstößt für im Inland ansässige Apotheken auch nicht
gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Der mit den Bestimmungen des § 78 Abs. 1 und 2 AMG
einhergehende Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist mit Blick auf ihren
Zweck der Sicherstellung einer im öffentlichen Interesse gebotenen flächendeckenden
und gleichmäßigen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln verhältnismäßig.
Unter Berücksichtigung des weiten gesetzgeberischen Ermessens ist die
Verhältnismäßigkeit der Preisvorschriften erst dann in Frage gestellt, wenn der
Gesetzeszweck infolge des Umfangs des Verkaufs preisgebundener Arzneimittel
durch ausländische Versandapotheken nicht mehr allgemein erreicht werden kann
oder die gesetzliche Regelung für inländische Apotheken angesichts des
Konkurrenzdrucks aus dem europäischen Ausland nicht mehr zumutbar ist. Dass
dies derzeit der Fall ist, haben die Berufungsgerichte nicht festgestellt.
Der Verstoß gegen die Marktverhaltensregelung des § 7
Abs. 1 Satz 1 HWG ist schließlich im Sinne von § 3a UWG geeignet, die
Interessen von Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Der Umstand, dass
es sich sowohl bei einem Brötchen-Gutschein als auch bei einem
Ein-Euro-Gutschein um Werbegaben von geringem Wert handelt, ändert daran
nichts. Der Gesetzgeber ist bei der mit Wirkung vom 13. August 2013 vorgenommenen
Änderung des Heilmittelwerbegesetzes davon ausgegangen, dass jede gesetzlich
verbotene Abweichung vom Apothekenabgabepreis für verschreibungspflichtige
Arzneimittel geeignet ist, einen unerwünschten Preiswettbewerb zwischen den
Apotheken auszulösen. Die eindeutige gesetzliche Regelung, nach der jede
Gewährung einer Zuwendung oder sonstigen Werbegabe im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz
1 Nr. 1 HWG, die gegen die Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes verstößt,
unzulässig ist, darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass ein solcher Verstoß
als nicht spürbar eingestuft und damit als nicht wettbewerbswidrig angesehen
wird. Ein Abstellen auf die finanzielle Geringwertigkeit der Werbegabe ist
ausgeschlossen, nachdem die Preisbindung nach dem Willen des Gesetzgebers
strikt einzuhalten ist.
Abs. 1 Satz 1 HWG ist schließlich im Sinne von § 3a UWG geeignet, die
Interessen von Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Der Umstand, dass
es sich sowohl bei einem Brötchen-Gutschein als auch bei einem
Ein-Euro-Gutschein um Werbegaben von geringem Wert handelt, ändert daran
nichts. Der Gesetzgeber ist bei der mit Wirkung vom 13. August 2013 vorgenommenen
Änderung des Heilmittelwerbegesetzes davon ausgegangen, dass jede gesetzlich
verbotene Abweichung vom Apothekenabgabepreis für verschreibungspflichtige
Arzneimittel geeignet ist, einen unerwünschten Preiswettbewerb zwischen den
Apotheken auszulösen. Die eindeutige gesetzliche Regelung, nach der jede
Gewährung einer Zuwendung oder sonstigen Werbegabe im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz
1 Nr. 1 HWG, die gegen die Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes verstößt,
unzulässig ist, darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass ein solcher Verstoß
als nicht spürbar eingestuft und damit als nicht wettbewerbswidrig angesehen
wird. Ein Abstellen auf die finanzielle Geringwertigkeit der Werbegabe ist
ausgeschlossen, nachdem die Preisbindung nach dem Willen des Gesetzgebers
strikt einzuhalten ist.
Vorinstanzen I ZR 206/17:
LG Darmstadt – Urteil vom 10. Juni 2016 – 14 O 186/15
OLG Frankfurt am Main – Urteil vom 2. November 2017 – 6 U
164/16, GRUR 2018, 208 = WRP 2018, 105
164/16, GRUR 2018, 208 = WRP 2018, 105
Vorinstanzen I ZR 60/18:
LG Berlin – Urteil vom 13. Mai 2015 – 97 O 12/15, PharmR
2015, 414
2015, 414
KG Berlin – Urteil vom 13. März 2018 – 5 U 97/15, GRUR
2018, 839
2018, 839
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
§ 3a UWG
Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift
zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer
das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von
Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu
beeinträchtigen.
zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer
das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von
Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu
beeinträchtigen.
§ 78 Abs. 2 Satz 2 und 3 AMG
Ein einheitlicher Apothekenabgabepreis für Arzneimittel,
die vom Verkehr außerhalb der Apotheken ausgeschlossen sind, ist zu
gewährleisten. Satz 2 gilt nicht für nicht verschreibungspflichtige
Arzneimittel, die nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung
abgegeben werden.
die vom Verkehr außerhalb der Apotheken ausgeschlossen sind, ist zu
gewährleisten. Satz 2 gilt nicht für nicht verschreibungspflichtige
Arzneimittel, die nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung
abgegeben werden.
§ 7 Abs. 1 HWG
Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben
(Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als
Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass
(Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als
Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass
1. es sich bei den Zuwendungen oder Werbegaben um
Gegenstände von geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare
Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet
sind, oder um geringwertige Kleinigkeiten handelt; Zuwendungen oder Werbegaben
sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften
gewährt werden, die auf Grund des Arzneimittelgesetzes gelten;
Gegenstände von geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare
Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet
sind, oder um geringwertige Kleinigkeiten handelt; Zuwendungen oder Werbegaben
sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften
gewährt werden, die auf Grund des Arzneimittelgesetzes gelten;
2. die Zuwendungen oder Werbegaben in
a) einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu
berechnenden Geldbetrag oder
berechnenden Geldbetrag oder
b) einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu
berechnenden Menge gleicher Ware gewährt werden;
berechnenden Menge gleicher Ware gewährt werden;
Zuwendungen oder Werbegaben nach Buchstabe a sind für
Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt
werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten; Buchstabe b gilt nicht
für Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist;
Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt
werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten; Buchstabe b gilt nicht
für Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist;
3. die Zuwendungen oder Werbegaben nur in handelsüblichem
Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen bestehen; als
handelsüblich gilt insbesondere eine im Hinblick auf den Wert der Ware oder
Leistung angemessene teilweise oder vollständige Erstattung oder Übernahme von
Fahrtkosten für Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs, die im
Zusammenhang mit dem Besuch des Geschäftslokals oder des Orts der Erbringung
der Leistung aufgewendet werden darf;
Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen bestehen; als
handelsüblich gilt insbesondere eine im Hinblick auf den Wert der Ware oder
Leistung angemessene teilweise oder vollständige Erstattung oder Übernahme von
Fahrtkosten für Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs, die im
Zusammenhang mit dem Besuch des Geschäftslokals oder des Orts der Erbringung
der Leistung aufgewendet werden darf;
4. die Zuwendungen oder Werbegaben in der Erteilung von
Auskünften oder Ratschlägen bestehen oder
Auskünften oder Ratschlägen bestehen oder
5. es sich um unentgeltlich an Verbraucherinnen und
Verbraucher abzugebende Zeitschriften handelt, die nach ihrer Aufmachung und
Ausgestaltung der Kundenwerbung und den Interessen der verteilenden Person
dienen, durch einen entsprechenden Aufdruck auf der Titelseite diesen Zweck
erkennbar machen und in ihren Herstellungskosten geringwertig sind
(Kundenzeitschriften).
Verbraucher abzugebende Zeitschriften handelt, die nach ihrer Aufmachung und
Ausgestaltung der Kundenwerbung und den Interessen der verteilenden Person
dienen, durch einen entsprechenden Aufdruck auf der Titelseite diesen Zweck
erkennbar machen und in ihren Herstellungskosten geringwertig sind
(Kundenzeitschriften).
Karlsruhe, den 6. Juni 2019
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501