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BGH: zur Laufzeit von Fitnessstudioverträgen und zu den Voraussetzungen einer vorzeitigen Kündigung

Der BGH hat mit Urteil
vom 08.02.2012, Az. XII ZR 42/10
entschieden, dass die Festlegung einer
Vertragslaufzeit von 24 Monaten in den AGB eines Fitnessstudiovertrags
grundsätzlich zulässig ist. Dies sei insbesondere unproblematisch, wenn der
Vertrag sich lediglich auf das Recht zur Gerätenutzung beschränke (=
Mietvertrag) und weitere Dienstleistungen nicht einschließe.
Auch zu den Voraussetzungen des Rechts zur außerordentlichen
Kündigung des Vertrags im Krankheitsfall hat der BGH in der Entscheidung
grundsätzliches geurteilt, so liegt ein wichtiger Grund zur Kündigung eines
Dauerschuldverhältnisses vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung
aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen
Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden
kann (vgl. § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dies ist in der Regel der Fall, wenn einem
der Vertragspartner aus Gründen, die nicht in seinem Verantwortungsbereich
liegen, eine weitere Nutzung der Leistungen des anderen Vertragspartners nicht
mehr zumutbar sind (vgl. BGH Urteil vom 26. Mai 1986 – VIII ZR 218/85 – NJW1986, 3134, 3135 mwN).

Damit hat der BGH klargestellt, dass eine Erkrankung grds. zur fristlosen
Kündigung eines Fitnessvertrages berechtigt, insbesondere als wichtiger
Kündigungsgrund i. S. v. § 314 Abs. 1 BGB anzuerkennen ist.

Tenor

  1.  Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
    der 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 4. März 2010
    aufgehoben.
  2.  Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung
    und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das
    Berufungsgericht zurückverwiesen.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung von Nutzungsentgelt für
das von der Klägerin betriebene Fitness-Studio.
Sie schlossen am 17. April 2007 einen Vertrag zur Nutzung
der Einrichtungen in dem von der Klägerin betriebenen Fitness-Center. Der
Vertrag sah eine Vertragsdauer von 24 Monaten vor und sollte sich immer wieder
um 12 Monate verlängern, wenn er nicht jeweils drei Monate vor Ablauf schriftlich
gekündigt wird. Als Vertragsbeginn vereinbarten die Parteien den 1. Mai 2007.
Das monatliche Nutzungsentgelt betrug 44,90 €.
Ziff. 7 der Vertragsbedingungen der Klägerin sah folgende
Regelung vor:
„Der Nutzer kann den Vertrag mit Wirkung des Eingangs bei
dem B…-Center kündigen, wenn er krankheitsbedingt für die restliche
Vertragslaufzeit die Einrichtung des Centers nicht nutzen kann. Zur Wirksamkeit
der Kündigung ist erforderlich, dass sie unverzüglich, spätestens binnen zwei
Wochen nach Kenntnis des die Kündigung rechtfertigenden Umstandes erfolgt und
der Kündigungserklärung ein ärztliches Attest eingefügt wird, aus dem sich
nachvollziehbar die Erkrankung/gesundheitliche Beeinträchtigung ergibt, die
einer Nutzung entgegenstehen soll.“
Mit Schreiben vom 24. Juli 2008 kündigte der Beklagte das
Vertragsverhältnis aufgrund gesundheitlicher Probleme, die in einem beigefügten
ärztlichen Attest bescheinigt waren. Die Klägerin akzeptierte die Kündigung
nicht und teilte dem Beklagten mit, dass die Kündigung erst zum nächstmöglichen
Termin, dem 30. April 2009 angenommen werde. Da der Beklagte ab Oktober 2008
kein Nutzungsentgelt mehr bezahlte, machte die Klägerin die bis zum 30. April
2009 angefallenen Nutzungsentgelte klageweise geltend.
Das Amtsgericht hat die Klage im Wesentlichen abgewiesen.
Die Berufung der Klägerin hatte Erfolg und führte zur Verurteilung des
Beklagten. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision möchte der
Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen.
Entscheidungsgründe
Da die Klägerin in der mündlichen Verhandlung trotz
rechtzeitiger Bekanntgabe des Termins nicht vertreten war, ist über die
Revision des Beklagten durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Dieses beruht
jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern berücksichtigt den gesamten
Sach- und Streitstand (BGHZ
37, 79
, 81 ff.).
Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des
angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das
Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, die Laufzeit des Vertrages
betrage zwar mehr als zwei Jahre, weil die vertragliche Bindung des Beklagten
schon mit Abschluss des Vertrages am 17. April 2007 und nicht erst mit dem ab
1. Mai 2007 vereinbarten Beginn der Leistungserbringung eingetreten sei. Dies
habe jedoch nicht zur Folge, dass die Laufzeitklausel gemäß §§ 307 ff. BGB unwirksam sei.
Eine Überprüfung der Klausel anhand § 309 Nr. 9
lit. a BGB komme nicht in Betracht. Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen
Vertrag zur Nutzung der Einrichtungen in dem von der Klägerin betriebenen
Fitness-Studio handele es sich überwiegend um einen Mietvertrag und nicht um
einen Vertrag, der auch ins Gewicht fallende dienstvertragliche Elemente
enthalte. Da § 309 Nr. 9
lit. a BGB aber auf Gebrauchsüberlassungsverträge keine Anwendung finde, könne
die beanstandete Vertragslaufzeit lediglich anhand des § 307 BGB überprüft werden.
Bei der Prüfung, ob durch die vereinbarte Laufzeit eine
unangemessene Benachteiligung des Beklagten im Sinne des § 307 BGB vorliege, dürften die
Wertungen des § 309 Nr. 9
lit. a BGB nicht herangezogen werden. Zwar sei es nicht ausgeschlossen, dass
eine Klausel, die nach ihrem Regelungsgehalt in den Anwendungsbereich der
Klauselverbote falle, mit den in Betracht kommenden Einzelverboten aber nicht
kollidiere, dennoch aus besonderen, von der Verbotsnorm nicht erfassten Gründen
nach der Generalklausel des § 307 BGB unwirksam sein könne.
Unzulässig sei es aber, aufgrund allgemeiner Überlegungen, die sich nicht aus
den Besonderheiten gerade des zu beurteilenden Vertrages ergeben, über die
Generalklausel die gesetzgeberische Regelungsabsicht geradezu „auf den Kopf zu
stellen“. Da der Gesetzgeber bewusst alle Mietverträge aus der Regelung des
§ 309 Nr. 9
BGB habe herausnehmen wollen, bedeute dies, dass er für Mietverträge eine
Laufzeit von mehr als zwei Jahren nicht generell verbieten wollte. Daraus
ergebe sich, dass die hier bestimmte Laufzeit von zwei Jahren und 13 Tagen
nicht allein deshalb unwirksam sein könne, weil der Vertragspartner des
Verwenders länger als zwei Jahre an den Vertrag gebunden sei.
Eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten ergebe sich
auch nicht aus anderen Erwägungen. Bei Gebrauchsüberlassungsverträgen sei eine
längere Vertragsdauer durchaus typisch, da die langfristige Bindung des Kunden
eine sichere Kalkulationsgrundlage für den Vermieter schaffen solle. Ein
derartiges Interesse sei auch bei der Klägerin als Betreiberin eines
Fitness-Studios gegeben.
Bei der Abwägung dieses Interesses der Klägerin gegen das
Interesse des Beklagten, sich aufgrund eines möglichen Wandels seiner
persönlichen Freizeitgestaltung im Laufe der Zeit nicht zu lang binden zu
müssen und nicht in der Disposition über seine Vermögenswerte beschränkt zu
sein, könne im vorliegenden Fall nicht außer Acht gelassen werden, dass die
Klägerin dem Beklagten bei Vertragsschluss die Möglichkeit eingeräumt habe,
zwischen einem Vertrag mit einer 6-, 12- oder 18monatigen Laufzeit zu wählen,
wobei der monatliche Nutzungsbeitrag bei einer länger gewählten Laufzeit
entsprechend niedriger gewesen sei. Der Beklagte habe sich in Kenntnis dieser
Möglichkeiten für einen Vertrag mit einer Laufzeit von zwei Jahren und 13 Tagen
entschieden, um in den Genuss eines niedrigeren Monatsentgelts zu kommen. Dies
mache deutlich, dass er bewusst das Risiko eingehen wollte, nach einer gewissen
Zeit das Fitness-Studio nicht mehr nutzen zu wollen bzw. zu können und dennoch
weiter das Entgelt zahlen zu müssen.
Eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten im Sinne
des § 307 BGB liege daher nicht vor. Der
Beklagte sei somit aufgrund der bis zum 30. April 2009 wirksam vereinbarten
Laufzeit nicht zur ordentlichen Kündigung des Vertrages berechtigt gewesen, so
dass die Klägerin für die Zeit ab dem 1. Oktober 2008 bis zum 30. April 2009
das klageweise geltend gemachte Nutzungsentgelt verlangen könne.
II.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision in einem entscheidenden
Punkt nicht stand.
1.
Zutreffend ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegangen, dass es sich
bei der zwischen den Parteien vereinbarten Vertragsdauer von 24 Monaten um eine
vorformulierte Vertragsbedingung iSv § 305 Abs.
1 Satz 1 BGB handelt, die einer Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB unterliegt.
Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht zudem die Inhaltskontrolle anhand des
§ 307 BGB vorgenommen.
a)
Zwar sieht § 309 Ziff. 9
BGB eine spezielle Regelung für die Wirksamkeit von Klauseln über die
Vertragslaufzeit bei Dauerschuldverhältnissen, die in allgemeinen
Geschäftsbedingungen enthalten sind, vor. § 309 Nr. 9
BGB erfasst jedoch lediglich Vertragsverhältnisse, die die regelmäßige
Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder
Werkleistungen durch den Verwender zum Gegenstand haben und findet deshalb auf
Gebrauchsüberlassungsverträge grundsätzlich keine Anwendung (Christensen in
Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 309 Nr. 9
BGB Rn. 6 mwN; vgl. auch Senatsurteil vom 4. Dezember 1996 – XII
ZR 193/95
 – NJW
1997, 739
, 740 zu § 11 Nr. 12 b
AGBG).
b)
Der zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag über die Nutzung des von der
Klägerin betriebenen Fitness-Studios ist als ein Gebrauchsüberlassungsvertrag
zu qualifizieren, der nicht vom Anwendungsbereich des § 309 Nr. 9
BGB erfasst wird. Zwar wird teilweise die Auffassung vertreten, der Vertrag
über die Nutzung eines Fitness-Studios sei als typengemischter Vertrag zu
qualifizieren, der neben mietvertraglichen auch dienstvertragliche Elemente
enthalte, weil der Betreiber des Studios nicht nur die Nutzung der
Räumlichkeiten und der bereitgestellten Sportgeräte schulde, sondern sich auch
zur Erbringung weiterer Leistungen wie etwa die Einweisung des Kunden in den
Gebrauch der Geräte, ihn zu beraten und zu beaufsichtigen, verpflichte (vgl.
Graf von Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke [Stand: 2011] Fitness-
und Sportstudiovertrag Rn. 1; Christensen in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht
11. Aufl. Teil 2 [Sportstudioverträge] Rn. 1; Damman in Wolf/Lindacher/Pfeiffer
AGB-Recht 5. Aufl. Klauseln [Fitnessstudiovertrag] F 21; OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 55; OLG Celle NJW-RR 1995, 370, 371; OLG
Hamm NJW-RR 1992, 242).
c)
Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht jedoch besondere Verpflichtungen
der Klägerin mit dienstvertraglichem Charakter nicht festgestellt. Nach dem
Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages ist der Beklagte
lediglich zur Nutzung der Geräte und der Räumlichkeiten der Klägerin
berechtigt. Weitere Verpflichtungen der Klägerin, etwa zu Unterrichts- oder
anderen Dienstleistungen, sieht der Vertrag nicht vor. Soweit für die Nutzung
der Geräte im Einzelfall eine Einweisung durch die Klägerin oder ihre
Mitarbeiter erforderlich sein sollte, schuldet sie diese als bloße vertragliche
Nebenleistungen (vgl. OLG Frankfurt OLGR 1995, 38, 39 mwN;
aA OLG Hamm NJW-RR 1992, 242, 243).
Wesentlicher Inhalt des Vertrages ist daher das Zurverfügungstellen der
Fitnessgeräte und die Nutzung der Räumlichkeiten des Fitness-Studios, so dass
jedenfalls im hier zu entscheidenden Fall der Vertrag über die Nutzung des
Fitness-Studios der Klägerin als reiner Mietvertrag einzustufen ist.
2.
Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts,
dass in einem Fitness-Studiovertrag eine vorformulierte Vertragsbestimmung, die
eine Erstlaufzeit des Vertrages von 24 Monaten vorsieht, grundsätzlich der
Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB stand hält.
a)
Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind
Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den
Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben
unangemessen benachteiligen. Eine Klausel ist unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn der
Verwender die Vertragsgestaltung einseitig für sich in Anspruch nimmt und
eigene Interessen missbräuchlich auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen
versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu
berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (Senatsurteil
vom 19. Dezember 2007 – XII
ZR 61/05
 – NJW-RR
2008, 818
 Rn. 17; vgl. auch Senatsurteil vom 10. Februar 1993 – XII
ZR 74/91
 – NJW
1993, 1133
, 1134; BGHZ
147, 279
, 282; 143,
103
, 113; 120,
108
, 118; 90,
280
, 284 jeweils zu § 9 Abs. 1 AGBG).
Ob eine die Laufzeit eines Vertrages betreffende Klausel den
Vertragspartner des Verwenders gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegen den
Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, ist mit Hilfe einer
umfassenden Abwägung der schützenswerten Interessen beider Parteien im
Einzelfall festzustellen (vgl. Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11.
Aufl. § 307 BGB Rn. 187). Bei dieser
Abwägung sind nicht nur die auf Seiten des Verwenders getätigten Investitionen,
sondern es ist der gesamte Vertragsinhalt zu berücksichtigen; notwendig ist
eine Gegenüberstellung der insgesamt begründeten gegenseitigen Rechte und
Pflichten (BGH Urteil vom 17. Dezember 2002 – X ZR 220/01 – NJW
2003, 886
, 887 mwN; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl.
§ 307BGB Rn. 187).
b)
In der Rechtsprechung und im Schrifttum werden unterschiedliche Auffassungen
dazu vertreten, welche Erstlaufzeiten durch vorformulierte Vertragsbestimmungen
in Sport- und Fitness-Studioverträgen der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand
halten. Eine Erstlaufzeit von bis zu sechs Monaten wird regelmäßig für zulässig
erachtet (vgl. OLG Celle NJW-RR 1995, 370, 371; OLG
Hamm NJW-RR 1992, 243; LG
Saarbrücken NJW-RR 1990, 890; AG
Brandenburg NJ
2004, 38
; AG Langen NJW-RR 1995, 823;
Graf von Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke [Stand: 2011] Fitness-
und Sportstudiovertrag Rn. 17; Damman in Wolf/Lindacher/Pfeiffer AGB-Recht 5.
Aufl. Klauseln [Fitnessstudiovertrag] F 25; MünchKommBGB/Kieninger 5. Aufl. §
309 Nr. 9 Rn. 16). Teilweise wird auch die Möglichkeit bejaht, Erstlaufzeiten
von bis zu 12 Monaten und mehr durch eine vorformulierte Vertragsklausel zu
vereinbaren (vgl. LG Mönchengladbach NJW-RR
2004, 416
; AG Leipzig Urteil vom 7. März 2003 – 15 C 4619/02 – juris, AG
Brandenburg NJOZ
2003, 3374
, 3375; Christensen in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl.
Teil 2 [Sportstudioverträge] Rn. 4). Erstlaufzeiten von 24 Monaten wurden
bislang in der Rechtsprechung nur vereinzelt für zulässig erachtet (LG Aachen
Ur-teil vom 20. Dezember 2007 – 6
S 199/07
 – juris; LG Kiel Urteil vom 28. Oktober 2004 – juris; aA
Coester in Staudinger BGB [2006] § 307 BGB Rn. 602).
c)
Soweit in formularvertraglich vereinbarten Erstlaufzeiten von mehr als sechs
Monaten in Fitness-Studioverträgen eine unangemessene Benachteiligung des
Kunden iSv § 307 Abs. 1 BGB gesehen wird, wird
zur Begründung im Wesentlichen darauf abgestellt, dass der Kunde durch die
langfristige Vertragsbindung nicht nur in seiner wirtschaftlichen
Betätigungsfreiheit, sondern auch in seiner persönlichen Entscheidung über die
Art seiner Freizeitgestaltung erheblich eingeschränkt werde (vgl. Christensen
in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 309 Nr. 9
BGB Rn. 14; LG Aachen Urteil vom 20. Dezember 2007 – 6
S 199/07
 – juris; LG Kiel Urteil vom 28. Oktober 2004 1 S 141/04 – juris).
Ein durchschnittlicher Kunde könne regelmäßig nicht voraussehen, ob er auf
Dauer genügend Freizeit aufbringe und körperlich in der Lage sei, die
Leistungen des Studiobetreibers über einen Zeitraum von sechs Monaten hinaus in
Anspruch nehmen zu können (vgl. Damman in Wolf/Lindacher/Pfeiffer AGB-Recht 5.
Aufl. Klauseln [Fitnessstudiovertrag] F 25). Dem stehe zwar das Interesse des
Studiobetreibers an einer verlässlichen Grundlage für seine Kalkulation
gegenüber. Daraus lasse sich jedoch kein anerkennenswertes Interesse ableiten,
Kunden übermäßig langfristig an sich zu binden, insbesondere da seine
Investitionen nicht auf besondere Personen zugeschnitten seien (Damman in
Wolf/Lindacher/Pfeiffer AGB-Recht 5. Aufl. Klauseln [Fitnessstudiovertrag] F
25; ähnlich auch Graf von Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke [Stand:
2011] Fitness- und Sportstudiovertrag Rn. 16; Christensen in
Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 309 Nr. 9
BGB Rn. 14).
d)
Ob diese Gesichtspunkte einer in einem Fitness-Studiovertrag vorformulierten
Erstlaufzeit von zwei Jahren oder mehr entgegenstehen, erscheint zweifelhaft.
Der Gesetzgeber hat in § 309 Nr. 9
lit. a BGB angeordnet, dass eine Klausel unwirksam ist, die bei einem
Vertragsverhältnis über die regelmäßige Lieferung von Waren oder die
regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen eine den anderen
Vertragsteil länger als zwei Jahre bindende Laufzeit des Vertrages vorsieht.
Durch diese Regelung sollte die Entscheidungs- und wirtschaftliche
Dispositionsfreiheit des Kunden geschützt werden, die bei einer langfristigen
Bindung an einen Vertrag besonders beeinträchtigt sein kann, ohne dass die
Notwendigkeit einer langen Vertragslaufzeit durch die Natur des Vertrages
vorgegeben ist (BT-Drucks.
7/3919 S. 37
; Christensen in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl.
§ 309 Nr. 9
BGB Rn. 1). Obwohl die Dispositionsfreiheit eines Vertragspartners des Verwenders
bei jeglicher Art von langfristiger Vertragsbindung eine erhebliche
Einschränkung erfährt, hat der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 309 Nr. 9
BGB jedoch nicht auf alle Dauerschuldverhältnisse, sondern nur auf
Vertragsverhältnisse über die regelmäßige Lieferung von Waren oder die
regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen erstreckt. Insbesondere
Gebrauchsüberlassungsverträge wurden dabei bewusst vom Anwendungsbereich dieses
Klauselverbots ausgenommen (vgl. BT-Drucks.
7/3919 S. 37
).
Diese in § 309 Nr. 9
lit. a BGB zum Ausdruck gekommene Regelungsabsicht des Gesetzgebers ist auch
bei der nach § 307 Abs. 1 BGB vorzunehmenden
Abwägung zu berücksichtigen, ob durch eine vorformulierte Laufzeitklausel eine
unangemessene Benachteiligung des Kunden gegeben ist. Das schließt zwar nicht
aus, dass eine Klausel, die nach ihrem Regelungsgehalt in den Anwendungsbereich
der Klauselverbote fällt, mit den in Betracht kommenden Einzelverboten aber
nicht kollidiert, nach der Generalklausel des § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sein kann
(vgl. Senatsurteil vom 4. Dezember 1996 XII
ZR 193/95
 – NJW
1997, 739
, 740). Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass sich die
unangemessene Benachteiligung des Kunden nicht allein aus den Nachteilen einer
langfristigen Vertragsbindung ergibt, die der Gesetzgeber bei der Schaffung des
§ 309 Ziff. 9
BGB im Blick hatte. Da es unzulässig ist, aufgrund allgemeiner Überlegungen,
die sich nicht aus den Besonderheiten gerade des zu beurteilenden Vertrages
ergeben, über die Generalklausel die gesetzgeberische Regelungsabsicht geradezu
„auf den Kopf zu stellen“ (Senatsurteil vom 4. Dezember 1996 – XII
ZR 193/95
 – NJW
1997, 739
, 740), muss sich die Unangemessenheit einer Laufzeitklausel aus
besonderen, von der Verbotsnorm nicht erfassten Gründen ergeben.
3.
Das Berufungsurteil hält jedoch deshalb der revisionsrechtlichen Überprüfung
nicht stand, weil das Berufungsgericht nicht geprüft hat, ob die vom Beklagten
erklärte Kündigung als außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund zu einer
Beendigung des Vertrages geführt hat.
a)
Unabhängig von der rechtlichen Einordnung eines Fitness-Studiovertrags als
Miet-, Dienst- oder typengemischter Vertrag, handelt es sich dabei um ein
Dauerschuldverhältnis, bei dem dem Kunden ein Recht zur außerordentlichen
Kündigung aus wichtigem Grund zusteht. In den Vorschriften der §§ 626 Abs.
1, 543 Abs.
1 BGB und § 314 Abs.
1 BGB kommt der von Rechtsprechung und Lehre entwickelte allgemeine Grundsatz
zum Ausdruck, dass den Vertragsparteien eines Dauerschuldverhältnisses stets
ein Recht zur außerordentlichen Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes
zusteht (MünchKommBGB/Gaier 5. Aufl. § 314 Rn. 1; Palandt/Grüneberg BGB 71.
Aufl. § 314 Rn. 1). Dieses Recht kann durch eine Bestimmung in allgemeinen
Geschäftsbedingungen nicht ausgeschlossen werden (BGH Urteil vom 26. Mai 1986
– VIII
ZR 218/85
 – NJW 1986, 3134;
MünchKommBGB/Gaier 5. Aufl. § 314 Rn. 4 mwN; vgl. auch Christensen in
Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. Teil 2 [Sportstudioverträge] Rn. 2).
Schließt eine Regelung in allgemeinen Geschäftsbedingungen das Recht zur
außerordentlichen Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses zwar nicht gänzlich
aus, knüpft dieses aber an zusätzliche Voraussetzungen, die geeignet sein
können, den Vertragspartner des Verwenders von der Ausübung des
außerordentlichen Kündigungsrechts abzuhalten, führt dies ebenfalls zu einer
unangemessenen Benachteiligung des Kunden und damit zur Unwirksamkeit einer
solchen Klausel nach § 307 Abs. 1 BGB (BGH Urteil vom 3.
Juli 2000 – II
ZR 282/98
 – NJW
2000, 2983
, 2984; MünchKommBGB/Gaier 5. Aufl. § 314 Rn. 4 mwN). Allgemeine
Geschäftsbe-dingungen dürfen dem Vertragspartner nicht solche Rechte entziehen
oder einschränken, die ihm der Vertrag nach seinem Inhalt und Zweck zu gewähren
hat (BGH Urteil vom 23. April 2010 – LwZR
15/08
 – NJW-RR
2010, 1497
 Rn. 26; BGHZ
89, 363
, 367; 103,
316
, 324).
b)
Danach hält die Kündigungsklausel in Ziff. 7 des verfahrensgegenständlichen
Vertrages einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht stand.
aa)
Nach Ziff. 7 Satz 1 der Klausel ist der Kunde der Klägerin zwar zur
außerordentlichen Kündigung des Nutzungsvertrages berechtigt, wenn er
krankheitsbedingt für die restliche Vertragslaufzeit die Einrichtungen des
Centers nicht nutzen kann. Ziff. 7 Satz 2 der Klausel knüpft die Wirksamkeit
der Kündigung jedoch an die zusätzlichen Voraussetzungen, dass die Kündigung
unverzüglich, spätestens binnen zwei Wochen nach Kenntnis des die Kündigung
rechtfertigenden Umstands erfolgt und der Kündigungserklärung ein ärztliches
Attest beigefügt wird, aus dem sich nachvollziehbar die
Erkrankung/gesundheitliche Beeinträchtigung ergibt, die einer Nutzung
entgegenstehen soll.
Durch die Beschränkung des außerordentlichen
Kündigungsrechts auf eine Erkrankung des Kunden sowie die zusätzlichen
Anforderungen an die Wirksamkeit der Kündigungserklärung wird das dem Kunden
zustehende außerordentliche Kündigungsrecht erheblich eingeschränkt.
bb)
Ein wichtiger Grund zur Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses liegt vor,
wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls
und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des
Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer
Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann (vgl. § 314 Abs.
1 Satz 1 BGB). Dies ist in der Regel der Fall, wenn einem der Vertragspartner
aus Gründen, die nicht in seinem Verantwortungsbereich liegen, eine weitere
Nutzung der Leistungen des anderen Vertragspartners nicht mehr zumutbar ist
(vgl. BGH Urteil vom 26. Mai 1986 – VIII
ZR 218/85
 – NJW 1986, 3134, 3135
mwN).
cc)
Bei einem Vertrag über die Nutzung eines Fitness-Studios kann ein solcher
Umstand nicht nur in einer Erkrankung des Kunden liegen. Ihm kann auch aus
anderen Gründen, die nicht in seinem Verantwortungsbereich liegen, die weitere
Nutzung der Leistungen des Studiobetreibers bis zum Ende der vereinbarten
Vertragslaufzeit unzumutbar sein. So kann beispielsweise das Vorliegen einer Schwangerschaft
ein Grund zur außerordentlichen Kündigung des Vertrages sein (vgl. Graf von
Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke [Stand: 2011] Fitness- und
Sportstudiovertrag Rn. 23; Christensen in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11.
Aufl. Teil 2 [Sportstudioverträge] Rn. 4). Im Übrigen hat der Senat bereits in
der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass Klauseln, die einen Kunden auch dann
zur Weiterzahlung der monatlichen Beiträge verpflichten, wenn er aufgrund von
Umständen, die er nicht beeinflussen kann, auf Dauer die Einrichtungen des
Fitness-Studios nicht nutzen kann, den Kunden unangemessen benachteiligen (vgl.
Senatsurteil vom 23. Ok-tober 1996 – XII
ZR 55/95
 – NJW
1997, 193
, 194; vgl. auch Damman in Wolf/Lindacher/Pfeiffer AGB-Recht 5.
Aufl. Klauseln [Fitnessstudiovertrag] F 28).
Im vorliegenden Fall schränkt die Kündigungsklausel das
Recht des Kunden zur außerordentlichen Kündigung unangemessen ein. Denn die
Klausel kann in der für die Inhaltskontrolle maßgeblichen kundenfeindlichsten
Auslegung (vgl. hierzu BGH Urteil vom 20. Dezember 2007 – III
ZR 144/07
 – NJW
2008, 987
 Rn. 9 mwN) dahingehend verstanden werden, dass der Kunde nur
bei Vorliegen einer Erkrankung, die ihm für die restliche Vertragslaufzeit die
Nutzung der Einrichtungen des Centers nicht ermöglicht, zur außerordentlichen
Kündigung berechtigt und im Übrigen ein Recht zur außerordentlichen Kündigung
ausgeschlossen ist.
Hinzu kommt, dass die Klägerin durch die Klausel die
Kündigung von der Vorlage eines ärztlichen Attestes abhängig macht, aus dem
sich Art und Umfang der Erkrankung ergeben soll. Zwar ist ein berechtigtes
Interesse des Betreibers eines Fitness-Studios an der Vorlage eines ärztlichen
Attestes bei einer mit einer Erkrankung begründeten Kündigung ihres Kunden
grundsätzlich anzuerkennen, um einen Missbrauch des eingeräumten
Kündigungsrechts zu verhindern (vgl. Graf von Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke
[Stand: 2011] Fitness- und Sportstudiovertrag Rn. 23). Die Revision weist
jedoch zu Recht darauf hin, dass diesem Interesse der Klägerin bereits durch
die Vorlage eines ärztlichen Attestes gedient ist, aus dem sich ergibt, dass
eine sportliche Tätigkeit des Kunden nicht mehr möglich ist. Das Interesse der
Klägerin, sich vor unberechtigten Kündigungen zu schützen, rechtfertigt es
nicht, von ihren Kunden Angaben über die konkrete Art der Erkrankung zu
verlangen. Denn grundsätzlich kann den Angaben eines Arztes in einem Attest
Glauben geschenkt werden (vgl. zum Beweiswert einer von einem Arzt
ausgestellten Bescheidung über eine Arbeitsunfähigkeit BAG NJW
1993, 809
, 810 mwN). Außerdem ist es der Klägerin unbenommen, bei Zweifeln
die Berechtigung der außerordentlichen Kündigung in Frage zu stellen und in
einem gerichtlichen Verfahren die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung
prüfen zu lassen, in dem dann der Kunde die Darlegungs- und Beweislast für das
Vorliegen eines wichtigen Grundes trägt (MünchKommBGB/Gaier 5. Aufl. § 314 Rn.
27).
Im vorliegenden Fall muss der Kunde nach dem Wortlaut der
Ziff. 7 Satz 2 des Vertrags der Kündigung ein ärztliches Attest beifügen, aus
dem sich nachvollziehbar die Erkrankung/gesundheitliche Beeinträchtigung
ergibt, die einer weiteren Nutzung des Fitness-Studios entgegensteht. Dieser
Anforderung würde ein ärztliches Attest, das nur eine auf Dauer anhaltende
Sportunfähigkeit des Kunden bescheinigt, nicht genügen. Um für die Klägerin
nachvollziehbar darzulegen, warum er auf Dauer das Fitness-Studio nicht mehr
nutzen kann, müsste der Kunde die Art seiner Erkrankung gegenüber der Klägerin
offenbaren. Er steht daher vor dem Ausspruch einer Kündigung vor der
Entscheidung, ob er bereit ist, gegenüber der Klägerin entsprechende Angaben zu
machen oder auf die Ausübung seines Kündigungsrechts zu verzichten. Dadurch
besteht die Gefahr, dass der Kunde davon abgehalten wird, von seinem Recht zur
außerordentlichen Kündigung Gebrauch zu machen, zumal die Klägerin ihrerseits
nicht gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet ist und der Kunde sich daher
nicht darauf verlassen kann, dass seine Angaben vertraulich behandelt und nicht
an andere weitergegeben werden.
Eine weitere Einschränkung seines Kündigungsrechts erfährt
der Kunde schließlich auch dadurch, dass Ziff. 7 Satz 2 der Vertragsbedingungen
der Klägerin eine Kündigungsfrist von zwei Wochen nach Kenntniserlangung von
der Erkrankung vorsieht. Aufgrund der kurzen Frist könnte der Kunde gezwungen
sein, den Vertrag voreilig zu kündigen, um sein Kündigungsrecht nicht zu verlieren.
Ihm würde dadurch die Möglichkeit genommen, nach der Feststellung einer
Erkrankung zunächst deren weiteren Verlauf abzuwarten, um dann entscheiden zu
können, ob er tatsächlich nicht mehr in der Lage ist, die Angebote des
Fitness-Studios zu nutzen.
c)
Durch diese Einschränkungen des Kündigungsrechts wird der Beklagte unangemessen
benachteiligt. Die Kündigungsklausel ist daher wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Das
Recht des Beklagten zur außerordentlichen Kündigung des Fitness-Studiovertrages
bestand daher unabhängig von den Voraussetzungen, die Ziff. 7 des Vertrages für
eine krankheitsbedingte Kündigung vorsah.
4.
Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1
ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst nicht abschließend entscheiden, weil
noch erforderliche Feststellungen fehlen. Das Berufungsgericht wird zu prüfen
haben, ob der Beklagte aufgrund der von ihm behaupteten Erkrankung zur
außerordentlichen Kündigung des Vertrages berechtigt war.
Vorinstanzen:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 09.10.2009, Az. 383 C 1635/09 (43)
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 04.03.2010, Az. 2-24 S 204/09

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