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Folgen für den Handball aus dem Urteil des OLG Frankfurt

Das Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 14.11.2019 – Az. 22 U 50/17 nach welchem   bei Körperverletzungen im Handball nur dann der Gegenspieler haftet, wenn gegen diese eine Rote Karte mit Bericht (also aktuell die blaue Karte) verhängt worden ist., wirft einige Fragen für die Zukunft im Handball auf.

Nach dem Urteil wird nun der das Spiel leitende Schiedsrichter nicht nur zum Hüter über die Einhaltung der Regeln im Spiel. Vielmehr wird er nach der Entscheidung der Richter aus Frankfurt, sofern das Urteil nicht vom BGH aufgehoben wird, auch zum 1. Richter über Schmerzensgeldansprüche von verletzten Spielerinnen und Spielern.


Denn der und die Schiedsrichter entscheiden jetzt auch darüber ob ein Spieler Ansprüche geltend machen kann oder nicht. Er ist quasi Vorinstanz für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen.


Fraglich ist ob er das kann oder auch nur will.
Und was ist, wenn er durch Videoaufzeichnungen dargelegt bekommt, dass er falsch entschieden hat. 
Bisher wohl  um eine Tatsachenfeststellung der Schiedsrichter, die gem. §
55 Abs. 1 RO DHB unanfechtbar ist.

Nun könnte man auf die Idee kommen, dass sich ein Schiedsrichter selbst Schadensersatzpflichtig gemacht haben kann, weil er zumindest fahrlässig die Situation falsch eingeschätzt hat.

Im Falle eines Regelverstoßes gem. § 55 Abs. 2 RO DHB liegt die Schadensersatzpflicht der Schiedsrichter quasi auf der Hand.

Wo liegt nun der Unterschied?
Die Unterscheidung lässt sich dem Urteil des Bundesportgerichts des DHB vom 05.02.2019 enAz. BSpG 1 K 07/2018 entnehmen.

Mag
auch die Abgrenzung zwischen Tatsachenfeststellung und Regelverstoß mitunter schwierig zu treffen sein und
demgemäß von der Gerichtsbarkeit einiger Verbände, wie etwa der FIFA überhaupt nicht (mehr) getroffen
werden (vgl. Ludwig, causa sport 2010, 212, 213), liegt richtigerweise jedenfalls ein (gerichtlich überprüfbarer)
Regelverstoß dann vor, wenn die Schiedsrichter das Geschehen auf dem Spielfeld tatbestandlich richtig
erfasst haben, dann aber unter Verkennung der Handball-Regeln eine regeltechnisch unzutreffende
Entscheidung fällen. Umgekehrt ist eine unanfechtbare Tatsachenentscheidung anzunehmen, wenn die
Schiedsrichter das Geschehen auf dem Spielfeld schon nicht richtig erfassen, also jedenfalls subjektiv falsch
wahrnehmen, dann aber auf dieser unzutreffenden Grundlage die nach Maßgabe der IHF-Regeln folgerichtige
Entscheidung treffen (vgl. zum Ganzen auch BSpG 2 K 01/2015). 



Der Stress auf die pfeifende Zunft wird auf keinen Fall geringer. Denn bei jedem Foul muss nun der Schiedsrichter entscheiden, ob er nicht bereits aus Selbstschutz bei der roten Karte auch noch die blaue Karte hinterherzieht.

Zumindest wird nun jeder durch ein Foul verletzte Sportler versuchen oder gar versuchen müssen den Schiedsrichter von rot/blau zu überzeugen um sich nicht seiner möglichen Schadensersatzansprüche vorzeitig zu berauben.

Denn das Hinnehmen einer roten Karte ohne die zusätzliche blaue Karte könnte nun wieder zivilrechtlich aus Sorgfaltspflichtverletzung oder Verletzung der Mitwirkungspflicht ausgelegt werden.

Eine Folge könnte aber auch sein, dass nun jeder Verein darauf drängt auch in den untersten Klassen alle Spiele zu filmen. Denn Zivilgerichte lassen neben der Bestrafung durch den Schiedsrichter als Nachweis oder Beweis für die nicht mehr vom Regelwerk gedeckte Verletzung auch Videos zu.

Die Diskussion wird durch die Entscheidung des OLG Frankfurt nicht weniger, eher mehr. Der BGH könnte es noch richten.


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OLG Frankfurt am Main – Keine Ersatzansprüche gegen Torfrau im Hallenhandball ohne rote Karte mit Bericht

Das OLG Frankfurt am Main hat Urteil vom 14.11.2019 – Az. 22
U 50/17 entschieden, dass bei Körperverletzungen im Handball nur dann der
Gegenspieler haftet, wenn gegen diese eine Rote Karte mit Bericht (also die
blaue Karte) verhängt worden ist.
Stoßen beim Handball die Torfrau und eine Angreiferin beim
Sprungwurf im Sechsmetertorraum zusammen, kommt eine Haftung der Torfrau für
Verletzungen der Angreiferin nur in Betracht, wenn gegen die Torfrau eine rote
Karte mit Bericht verhängt wurde. Dies hat das Oberlandesgericht Frankfurt am
Main mit Urteil vom 14.11.2019 entschieden. Das OLG hat die Revision zugelassen
(Az.: 22 U 50/17).
Rote Karte ohne Bericht erteilt
Die Parteien waren Spielerinnen gegnerischer
Jugendmannschaften bei einem Hallenhandballspiel. Kurz vor Schluss machte die
Klägerin im Rahmen eines Tempo-Gegenstoßes einen Sprungwurf. Die Beklagte,
Torfrau der Gegnerinnen, versuchte den Wurf abzuwehren. Beide trafen im
Sechsmetertorraum zusammen. Die Klägerin stürzte und erlitt einen Kreuzbandriss
im linken Knie. Der Schiedsrichter erteilte der Beklagten eine rote Karte ohne
Bericht. Sie war für das fragliche Spiel, nicht aber darüber hinaus gesperrt.
Die Klägerin begehrte Schmerzensgeld und Schadensersatz. Das Landgericht gab
der Klage weitgehend statt. Dagegen legte die Beklagte Berufung ein.
OLG: Bei Mannschafts-Sportarten keine Haftung bei
Einhaltung der Spielregeln
Die Berufung hatte Erfolg. Das OLG wies die Klage ab. Die
Beklagte habe vorliegend nicht dermaßen grob regelwidrig gehandelt, dass ein
deliktischer Schadensersatzanspruch in Betracht käme. Die Herbeiführung einer
Verletzung des Kontrahenten (Gegenspielers) könne bei Einhaltung der
Spielregeln regelmäßig keine Haftung des Schädigers aus Delikt begründen, so
das OLG insbesondere im Hinblick auf Mannschafts-Kampfsportarten. Welche
Gefahren im Einzelnen hingenommen werden müssten, richte sich nach den
jeweiligen Sportarten. Basketball, Fußball oder Hallenhandball stellten hohe
Anforderungen an die physische und psychische Kraft, Schnelligkeit,
Geschicklichkeit und körperlichen Einsatz der Mitspieler.
Nur grobe Verletzungen von spielerschützenden Regeln
haftungsbegründend
Laut OLG sind gewisse Kampfhandlungen dabei auch von einem
sorgfältigen Spieler nicht zu vermeiden, wenn dieses nicht sein Charakter als
lebendiges Kampfspiel verlieren solle – auch wenn es nach den Spielregeln
bereits als Foulspiel gewertet werde. Folglich sei nicht jede geringfügige
Verletzung einer dem Schutz der Spieler dienenden Regel fahrlässig und damit
haftungsbegründend. Für eine deliktische Haftung komme es vielmehr darauf an,
ob die Verletzung eines Spielers auf einem Regelverstoß eines Gegenspielers
beruhe, der über einen geringfügigen und häufigen Regelverstoß deutlich
hinausgehe und auch einen Grenzbereich zwischen gebotener kampfbedingter Härte
und unzulässiger Unfairness klar überschreite. Voraussetzung für ein
haftungsbegründendes Verhalten sei mithin das Vorliegen einer groben Verletzung
einer zum Schutz von Spielern bestimmten Wettkampfregel (etwa nach Ziff. 8.5
der Wettkampfregeln), so das OLG.
Haftung nur nach roter Karte mit Bericht
Hier habe der Sachverständige das Verhalten der Beklagten
überzeugend nicht als besonders unsportlich, sondern lediglich als unnötige
Härte aus jugendlichem Übereifer eingeordnet, fährt das OLG fort. Dabei sei
auch zu berücksichtigen, dass sich der Vorfall im Sechsmeterbereich der Torfrau
ereignet habe. Springe ein Spieler dort hinein, sei ein Zusammenstoß sein
Risiko. Bedeutung erlange zudem, dass der Schiedsrichter zwar eine rote Karte,
jedoch ohne Bericht erteilt habe. Erst ein Bericht im Sinn von Ziffer 8.6 der
Wettkampfregeln liefere die Basis für die spielleitende Stelle, um später über
Sanktionen zu entscheiden. Nach dem Regelwerk sei bei schwerwiegenden
Regelverstößen eine rote Karte mit Bericht vorgesehen. Der Bericht ermögliche
eine eindeutige Tatsachenfeststellung. Fehle der Bericht wie hier, sei davon
auszugehen, dass die Regelwidrigkeiten sich im Rahmen des körperbetonten
Spielbetriebs halten und deshalb dadurch bedingte Verletzungen von der
Einwilligung des Verletzten umfasst seien.

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OLG Köln – Premiumfunktionen des Bewertungsportals Jameda teilweise unzulässig ausgestaltet

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat mit zwei
Urteilen vom 14.11.2019 Az.15
U 89/19
–  und Az.
15 U 126/19
entschieden, dass mehrere frühere bzw. aktuelle
Ausgestaltungen der Plattform unzulässig sind. Mit ihnen verlasse Jameda die
zulässige Rolle des „neutralen Informationsmittlers“ und gewähre den
an die Plattform zahlenden Ärzten auf unzulässige Weise „verdeckte
Vorteile“. Zwei Ärzte haben erfolgreich das Online-Bewertungsportal Jameda
auf Löschung des ohne ihr Einverständnis angelegten Profils verklagt.  Andere von den Ärzten gerügte Funktionen seien
dagegen zulässig.
Der Senat beanstandete insbesondere, dass auf dem ohne
Einwilligung eingerichteten Profil des Klägers bzw. der Klägerin (sog. „Basiskunden“)
auf eine Liste mit weiteren Ärzten verwiesen wurde, während auf den Profilen
der Ärzte, die Beiträge an die Plattform bezahlen (sog. „Premium­­­‑“
oder „Platinkunden“), ein solcher Hinweis unterblieben ist.
Unzulässig sei ebenfalls, dass die zahlenden Ärzte in Auflistungen mit Bild
dargestellt wurden, während bei den anderen Ärzten nur ein grauer Schattenriss
zu sehen ist. Dasselbe gelte für den Verweis auf Fachartikel von zahlenden
Ärzten, während auf den Profilen von sog. Platinkunden ein solcher
Verweis unterbleibt. Schließlich sei auch der Hinweis auf eine Liste mit Ärzten
für spezielle Behandlungsgebiete unzulässig, der ebenfalls auf den Profilen
zahlender Ärzte nicht zu sehen ist.

Anders als das Landgericht, das in erster Instanz die gesamte
Ausgestaltung der Plattform für unzulässig gehalten hatte, hat der Senat die
verschiedenen Funktionen einer Einzelfallbetrachtung unterzogen. Nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sei entscheidend, ob die Plattform ihre
grundsätzlich geschützte Position als „neutrale
Informationsmittlerin“ dadurch verlassen habe, dass sie den zahlenden
Kunden „verdeckte Vorteile“ zukommen lasse. Das sei der Fall, wenn
die ohne ihre Einwilligung aufgenommenen Basiskunden auf dem Portal als
„Werbeplattform“ für Premiumkunden benutzt würden und letzteren durch
die Darstellung ein Vorteil gewährt werde, der für die Nutzer nicht erkennbar
sei. Dann diene das Portal nicht mehr allein dem Informationsaustausch zwischen
(potentiellen) Patienten. In diesem Fall müssten Ärzte nicht hinnehmen, ohne
ihre Einwilligung als Basiskunden aufgeführt zu werden.
Mit den vorbeschriebenen Funktionen verlasse das Portal die
Funktion als „neutraler Informationsmittler“. 
Im Einzelnen:
Der mittlerweile abgeschaffte Button, mit dem auf dem Profil
der Basiskunden, „weitere“ Ärzte in der näheren Umgebung angezeigt
worden seien, bei Premiumkunden dagegen nicht, habe den unzutreffenden Eindruck
erweckt, die Premiumkunden hätten keine örtliche Konkurrenz. Der bei
Basiskunden eingeblendete Button sei als „Absprungplattform“ auf die
Profile anderer Ärzte anzusehen. Für die Nutzer sei nicht deutlich gewesen, aus
welchem Grund bei einem Basisprofil ein Verweis auf örtliche Konkurrenz
eingeblendet worden sei, nicht jedoch bei einem Premiumprofil. Auch wenn die
Plattform den Button zwischenzeitlich abgeschafft habe, könne sie zur
Unterlassung verurteilt werden, da Wiederholungsgefahr bestehe.
Auch die unterschiedliche bildliche Darstellung zwischen
Basis- und Premiumkunden in Auflistungen stelle – anders als bei der bildlichen
Darstellung auf den einzelnen Profilen – einen verdeckten Vorteil dar. Dadurch
werde ein erhebliches „optisches Gefälle“ zwischen Basiskunden und
Premiumkunden erzeugt, womit die Plattform im Vorfeld der endgültigen Arztwahl
lenkend in den Wettbewerb zwischen den örtlichen Konkurrenten eingreife.
Ebenfalls sei ein unzulässiger verdeckter Vorteil, dass die
Nutzer auf dem Profil von Basiskunden auf Fachbeiträge von anderen Ärzten
hingewiesen würden, was bei Platin-Kunden unterbleibe. Dies erwecke bei den
Nutzern den unzutreffenden Eindruck, Basiskunden wollten oder könnten keine
entsprechenden Fachartikel veröffentlichen. Tatsächlich könne diese Funktion
aber nur bei Buchung eines Premiumpakets durch den Arzt genutzt werden. Jedenfalls
wenn die eingeblendeten Artikel von zahlenden Ärzten stammten, die in einer
Entfernung von bis zu 100 km zu nicht zahlenden Ärzten praktizierten, ergebe
sich eine mögliche Konkurrenzsituation.
Schließlich sei auch der Hinweis auf dem Profil der
Basiskunden auf Ärzte mit speziellen Behandlungsgebieten auf demselben
Fachgebiet ein unzulässiger verdeckter Vorteil. Durch den Hyperlink könne beim
Nutzer der Eindruck entstehen, dass der Arzt möglicherweise nicht ausreichend
qualifiziert sei, weil auf seinem Profil auf weitere Kollegen für das
„spezielle“ medizinische Fachgebiet verwiesen werde, wohingegen bei
Premiumkunden kein Verweis die Patienten dazu animieren könnte, die Suche nach
einem möglichst qualifizierten Arzt fortzusetzen.
Rechtlich hat der Senat den Anspruch der Kläger auf Löschung
des ohne Einwilligung eingerichteten Profils bzw. auf Unterlassung
der konkreten Verletzungsformen jeweils auf §§ 823 Abs. 2,
1004 BGB analog in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1
f) DSGVO gestützt. Er hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass
die Bewertungsplattform sich nicht auf das sog. Medienprivileg der
Datenschutzgrundverordnung (Art. 85 Abs. 2 DSGVO) stützen
kann. Das Geschäftsmodell der Plattform könne nicht als eigene meinungsbildende
Tätigkeit aufgefasst werden, sondern allenfalls als ein Hilfsdienst zur
besseren Verbreitung von (Dritt-)Informationen.
Andere Funktionen des Portals, wie etwa die Möglichkeit von
Premiumkunden, auf dem Profil in größerem Umfang die angebotenen ärztlichen
Leistungen anzugeben als bei Basiskunden, hat der Senat dagegen nicht
beanstandet. Insoweit hat der Senat auf die erfolgreiche Berufung der
Bewertungsplattform die Klagen der beiden Kläger abgewiesen.
Der Senat hat die Revision für beide Seiten in beiden
Verfahren zugelassen, da die Frage, in welchen Fällen eine Bewertungsplattform
die Rolle als „neutrale Informationsmittlerin“ verlässt, in der
höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher nicht vollständig geklärt sei und für
eine Vielzahl künftiger Verfahren Bedeutung haben werde. Die Entscheidung des
Bundesgerichtshofs vom 20.02.2019 (VI ZR 301/17) habe sich lediglich auf einen
Einzelfall der Gestaltung der Bewertungsplattform bezogen.

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OLG Braunschweig zur Zuständigkeit bei Streitigkeiten aus dem Recht am eigenen Bild

Das OLG Braunschweig hat mit Beschluss
vom 21.08.2019, 1 W 57/19
für Klagen auf das Recht am eigenen Bild entschieden,
dass dies keine Klagen aus dem Bereich des Urheberrechts im Sinne der §§ 104,
105 UrhG sind.
Damit widerspricht das OLG Braunschweig dem OLG
Brandenburg
, welches diese Frage anders entschieden hat.
Leitsätze:
1. Streitigkeiten über Ansprüche aus dem Recht am eigenen
Bild im Sinne der §§ 22 ff. KunstUrhG sind keine Urheberrechtsstreitigkeiten im
Sinne der §§ 104, 105 UrhG; für Ansprüche nach dem Kunsturhebergesetz besteht
keine gesetzliche Konzentrationsregelung (Abgrenzung zu OLG Brandenburg,
Beschluss vom 7. November 2017 – 1 AR 35/17 (SA Z) -).
2. Im Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts
kommt eine Divergenzvorlage nur dann in Betracht, wenn das Oberlandesgericht
im Sinne von § 36 Abs. 2 ZPO an Stelle des Bundesgerichtshofs entscheidet,
nicht jedoch im Falle seiner originären Zuständigkeit als das im Rechtszug
nächst höhere gemeinschaftliche Gericht gemäß § 36 Abs. 1 ZPO.
3. Bei der Frage, ob eine Sonderzuständigkeit gemäß § 105
UrhG vorliegt, handelt es sich um eine Frage der funktionellen Zuständigkeit;
diesbezüglich entfaltet ein Verweisungsbeschluss keine Bindungswirkung im Sinne
des § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO.

Gründe:
I.            
Die Klägerin ist Fotomodell und macht Ansprüche aus dem
Recht am eigenen Bild geltend, weil die Beklagte auf der Homepage ihres
Friseursalons ein Bild der Klägerin verwendet hat. Die Klägerin hat zuvor vor
dem Landgericht Göttingen das Versäumnisurteil vom 9. November 2018 (– 9 O 6/18
–, Anlage K 3, Bl. 24 f. d.A.) erwirkt, in dem die Beklagte zur Unterlassung
und Auskunft über die Dauer der Nutzung verurteilt worden ist; ferner wurde in
dem Versäumnisurteil festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der
Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Nutzung des Bildes
entstanden ist und künftig noch entsteht.   
Das in der hiesigen Sache zunächst angerufene Amtsgericht
Northeim hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 20. Juni 2019 (– 3 C 62/19 –,
Bl. 99 f. d.A.) an das Amtsgericht Braunschweig verwiesen, weil es sich um eine
Urheberrechtssache im Sinne des § 105 UrhG handele und damit die Zuständigkeit
des Amtsgerichts Braunschweig gemäß § 6 Abs. 2 der niedersächsischen Verordnung
zur Regelung von Zuständigkeiten in der Gerichtsbarkeit und der
Justizverwaltung (ZustVO-Justiz) bestehe. Es handele sich um ein Lichtbild im
Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG. 
Das Amtsgericht Braunschweig hat sich mit Beschluss vom 2.
Juli 2019 (Bl. 102 f. d.A.) für örtlich unzuständig erklärt und die Sache gemäß
§ 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO dem Oberlandesgericht zur Bestimmung des zuständigen
Gerichts vorgelegt. Der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Northeim sei
nicht bindend im Sinne des § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO; das Amtsgericht Northeim
habe sich hartnäckig den von der Klägerin sorgfältig und überzeugend
dargelegten Gründen für seine örtliche Zuständigkeit verschlossen; die
Begründung seiner Entscheidung wirke konstruiert; es handele sich eindeutig um
einen Streit nach § 22 KunstUrhG; die vom Amtsgericht Northeim angeführte
Entscheidung des Bundesgerichtshofs betreffe gerade die Rechte eines Fotografen
und nicht – wie hier – die Rechte der abgebildeten Person.
II.           
Das Amtsgericht Northeim ist gemäß §§ 12 ff. ZPO das
zuständige Gericht. Eine Sonderzuständigkeit des Amtsgerichts Braunschweig
besteht nicht.     
1. Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsbestimmung
gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Das Amtsgericht Northeim hat den
Rechtsstreit mit Beschluss vom 20. Juni 2019 an das Amtsgericht Braunschweig
verwiesen. Dieses hat die Sache mit Beschluss vom 2. Juli 2019 dem
Oberlandesgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.          
2. Die Ansprüche, die die Klägerin geltend macht, sind keine
solchen aus einer Urheberrechtsverletzung, sondern solche aus dem Recht am
eigenen Bild; deshalb besteht keine Sonderzuständigkeit des Amtsgerichts
Braunschweig gemäß § 105 UrhG i.V.m. § 6 Abs. 2 ZustVO-Justiz.         
a) Die Klägerin hat ihre Klage ausdrücklich nicht auf
Urheberrechte gestützt; sie hat vielfach deutlich gemacht, dass sie nicht
Urheberin der von der Beklagten genutzten Fotografie ist. Aus der Klageschrift
und den weiteren Schriftsätzen geht eindeutig hervor, dass die Klägerin die abgebildete
Person ist und Schadensersatz aus Verletzung des Rechts am eigenen Bild geltend
macht. Auf den Hinweis mit Beschluss des Amtsgerichts Northeim vom 7. Mai 2019
(Bl. 87 d.A.), dass es sich offenbar um eine Urheberrechtssache handele, führte
die Klägerin mit Schriftsatz vom 13. Mai 2019 unter anderem aus (Bl. 90 d.A.,
Hervorhebungen im Original):              
Die Klägerin macht ausschließlich Ansprüche aus Ihrem Recht
am eigenen Bild geltend. … Solche Streitigkeiten sind jedoch … keine
Urheberrechtsstreitigkeiten im Sinne des § 105 UrhG (vgl. Bayerisches Oberstes
Landesgericht, Beschluss vom 18.03.2004, Az. 1Z AR 020/04, m.w.N.).
Auf den Hinweis mit Beschluss des Amtsgerichts Northeim vom
21. Mai 2019 (Bl. 92 d.A.), dass es fraglich sei, ob es sich hier um einen
Anspruch aus dem Persönlichkeitsrecht handele, da es um ein Lichtbildwerk im
Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG gehe, führte die Klägerin mit Schriftsatz vom
3. Juni 2019 (Bl. 96 f. d.A.) unter anderem aus:
Die Klägerin ist weder Fotografin noch Lichtbildnerin des
Bildes und macht dementsprechend keinerlei Ansprüche aus dem Urheberrecht
geltend. … Die Klägerin beruft sich dabei allein auf ihr Recht am eigenen Bild
gemäß § 22 Kunsturhebergesetz. Dabei handelt es sich ausschließlich um einen
persönlichkeitsrechtlichen Anspruch, da das im Kunsturhebergesetz geregelte
Recht am eigenen Bild lediglich eine spezialgesetzliche Ausformung des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist (vgl. BGH, Urt. v. 28.09.2004, Az.: VI ZR
303/03).            
b) Der Anspruch, den die Klägerin geltend macht, kann sich
gegebenenfalls aus § 22 KunstUrhG ergeben; Streitigkeiten über Ansprüche aus §§
22 ff. KunstUrhG sind aber keine Urheberrechtsstreitigkeiten im Sinne der §§
104, 105 UrhG; für Ansprüche nach dem Kunsturhebergesetz besteht keine
gesetzliche Konzentrationsregelung (BayObLG, Beschluss vom 18. März 2004 – 1Z
AR 20/04 –, juris, Rn. 14 m.w.N.; so schon LG Mannheim, Beschluss vom 21.
Dezember 1984 – 7 0 151/84 –, GRUR 1984, S. 291 m.w.N.; so auch Kröner, in: Paschke/Berlit/Meyer,
Hamburger Kommentar Gesamtes Medienrecht, 3. Auflage 2016, 4. Teil, 1. Kapitel,
32. Abschnitt, Rn. 4 m.w.N.; Schulze, in: Dreier/Schulze, 6. Auflage 2018, §
104 UrhG, Rn. 8; Kefferpütz, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 5. Auflage
2019, § 104 UrhG, Rn. 2).
Soweit sich aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts
Brandenburg vom 7. November 2017 (– 1 AR 35/17 (SA Z) –, juris, in ZUM-RD 2018,
S. 71 fälschlich als „LG Brandenburg“ bezeichnet) etwas anderes ergeben sollte,
überzeugt dies nicht. Dort ging es um die „unberechtigte Nutzung eines
Bildnisses der Antragstellerin“ in sozialen Netzwerken und einer der Ansprüche
stützte sich auch auf § 22 Satz 1 KunstUrhG; ob das Oberlandesgericht
Brandenburg § 105 UrhG als einschlägig ansah, weil die Antragstellerin auch
Urheberin der sie zeigenden Fotografie war, oder ob es der Ansicht ist,
Ansprüche aus § 22 KunstUrhG fielen grundsätzlich unter § 105 UrhG, lässt sich
der Entscheidung nicht eindeutig entnehmen. Der letztgenannten Ansicht ist jedenfalls
nicht zuzustimmen: Nach der Legaldefinition des § 104 Satz 1 UrhG gehören zu
den Urheberstreitigkeiten alle Ansprüche, die sich aus einem im
Urheberrechtsgesetz geregelten Rechtsverhältnis ergeben. Ziel der Vorschrift
ist eine Konzentration der Urheberstreitsachen auf den ordentlichen Rechtsweg,
um divergierende Entscheidungen unterschiedlicher Rechtszüge zu vermeiden.
Zudem sollen Richter mit Urheberstreitsachen betraut werden, die häufig über
urheberrechtliche Fragen zu entscheiden haben und auf diese Weise entsprechende
Erfahrungen sammeln. Um diesen Zweck zu erreichen, ist der Begriff der
Urheberrechtsstreitsache zwar weit auszulegen. Der Begriff der
Urheberrechtsstreitsachen umfasst danach alle Ansprüche aus dem Urheberrecht
und alle aus diesem Recht hergeleiteten Ansprüche. Dabei genügt es, wenn die
Entscheidung des Rechtsstreits auch von im Urheberrechtsgesetz geregelten
Rechtsverhältnissen abhängt. Diese weite Auslegung der §§ 104, 105 UrhG darf
aber nicht dazu führen, dass ein Urheberrechtsstreit bereits dann vorliegt,
wenn die Normen des Urheberrechtsstreits auf die Entscheidung der Streitsache
ausschließlich mittelbar einwirken. Ansonsten käme es zu einer sachlich nicht
gerechtfertigten Ausdehnung der Zuständigkeit des für Urheberrechtssachen
zuständigen Gerichts, die sich nicht in Übereinstimmung mit denjenigen
Grundsätzen befände, die im Bereich anderer Spezialzuständigkeiten maßgebend
sind (OLG Hamm, Beschluss vom 27. April 2012 – I-32 SA 29/12 –, juris, Rn. 5 f.
m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben handelt es sich nicht um eine
Urheberrechtsstreitigkeit im Sinne der §§ 104, 105 UrhG, wenn – wie hier
ausschließlich – Ansprüche aus §§ 22 ff. KunstUrhG geltend gemacht werden: Das
über § 22 KunstUrhG geschützte Recht am eigenen Bild ist kein Urheberrecht,
sondern stellt eine besondere Ausprägung des aus Art. 1 und Art. 2 GG
entwickelten allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar (BVerfG, Urteil vom 5. Juni
1973 – 1 BvR 536/72 –, NJW 1973, S. 1226 (1229); BGH, Urteil vom 14. April 1992
– VI ZR 285/91 –, NJW 1992, S. 2084 (Ziff. II.1 lit. a); Herrmann, in: BeckOK
InfoMedienR, 24. Edition, Stand 1. Mai 2019, § 22 KunstUrhG, Rn. 3; Dreyer, in:
Dreyer/Kotthoff/Meckel/Hentsch, Urheberrecht, 4. Auflage 2018, Einf. KunstUrhG,
Rn. 1). Trotz seiner historisch bedingten Verankerung in einem der Vorläufer
des heutigen Urheberrechtsgesetzes – dem Kunsturhebergesetz – ist der
persönlichkeitsrechtliche Bildnisschutz vom urheberrechtlichen Bildnisschutz (§
60 UrhG) zu unterscheiden. Während die §§ 22 ff. KunstUrhG den Abgebildeten
gegen die unerlaubte Verwertung durch jedermann – Dritte oder den Fotografen –
schützen, regelt § 60 UrhG die Frage, ob der Abgebildete oder aber der
Besteller ein Bild ohne Zustimmung des Urhebers – also des Fotografen –
verwerten darf, welcher ebenfalls (durch das Urheberrechtsgesetz begründete)
Rechte an dem Bild besitzen kann. Ansprüche aus den §§ 22 ff. KunstUrhG sind
mangels urheberrechtlicher Qualität daher keine Urheberrechtsstreitigkeiten im
Sinne von § 105 UrhG (Kröner, in: Paschke/Berlit/Meyer, Hamburger Kommentar
Gesamtes Medienrecht, 3. Auflage 2016, 4. Teil, 1. Kapitel, 32. Abschnitt, Rn.
4 m.w.N.).            
Einer Divergenzvorlage an den Bundesgerichtshof nach § 36
Abs. 3 ZPO bedürfte es selbst dann nicht, wenn das Oberlandesgericht
Brandenburg eine andere Ansicht verträte: Im Verfahren zur Bestimmung des
zuständigen Gerichts kommt eine Divergenzvorlage nur dann in Betracht, wenn das
Oberlandesgericht im Sinne von § 36 Abs. 2 ZPO an Stelle des Bundesgerichtshofs
entscheidet, nicht jedoch im Falle seiner originären Zuständigkeit als das im
Rechtszug nächst höhere gemeinschaftliche Gericht gemäß § 36 Abs. 1 ZPO (Senat,
Beschluss vom 21. Dezember 2011 – 1 W 47/11 –, NJW-RR 2012, S. 586 (587)
m.w.N.), wie sie hier vorliegt.          
3. Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Braunschweig folgt
auch nicht aus § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO. Bei der Frage, ob eine
Sonderzuständigkeit gemäß § 105 UrhG vorliegt, handelt es sich um eine Frage
der funktionellen Zuständigkeit (BGH, Beschluss vom 7. Juni 2018 – I ZB 48/17
–, NJW 2018, S. 3720 (Rn.12) m.w.N.); in einer solchen Konstellation entfaltet
ein Verweisungsbeschluss keine Bindungswirkung (OLG Brandenburg, Beschluss vom
7. November 2017 – 1 AR 35/17 (SA Z) –, juris, Rn. 10; OLG Hamm, Beschluss vom
27. April 2012 – I-32 SA 29/12 –, juris, Rn. 21 m.w.N.; vgl. BayObLG, Beschluss
vom 18. März 2004 – 1Z AR 20/04 –, juris, Rn. 11; Greger, in: Zöller, 32.
Auflage 2018, § 281 ZPO, Rn. 4), so dass es auf die Frage der Willkür nicht
ankommt.        
III.         
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Verfahren
ist gerichtsgebührenfrei und ein Zuständigkeitsbestimmungsverfahren gehört
gemäß § 16 Nr. 3a RVG kostenrechtlich zum Hauptsacheverfahren (OLG Frankfurt,
Beschluss vom 21. August 2014 – 11 SV 74/14 –, NJOZ 2015, S. 499 (Rn. 8)). 

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OLG Brandenburg – zur Zuständigkeit bei Klagen nach § 22 KUG

Das OLG Brandenburg hat mit Beschluss
vom  07.11.2017 – Az.: 1 AR 35/17 (SA Z)

darüber entschieden, vor welchem Gericht eine Person klagen muss, wenn es um
Persönlichkeitsverletzungen im Online-Bereich geht. Das OLG Brandenburg bejahte
eine Zuständigkeit auf Basis einer urheberrechtlichen Streitigkeit als gegeben
an, da die Klägerin eine Verletzung ihres Bildnisses nach § 22 KUG rüge.
Tenor
Zuständig ist das Amtsgericht Potsdam.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt unter Bezugnahme auf einen beim
Amtsgericht Zossen eingereichten Klageentwurf Prozesskostenhilfe für die
Geltendmachung eines Anspruchs auf Unterlassung verschiedener Äußerungen, die
die Antragsgegnerin teilweise unter Verwendung einer die Antragstellerin
zeigenden Fotografie in sozialen Netzwerken verbreitet haben soll, sowie für
die Verfolgung eines Schmerzensgeldanspruchs. Den Gegenstandswert der
beabsichtigen Klage gibt sie mit einem Betrag in Höhe von 5.000,00 € an.
Nachdem das Gericht auf Bedenken hinsichtlich seiner
örtlichen Zuständigkeit hingewiesen hatte, beantragte die Antragstellerin
hilfsweise die Verweisung des Verfahrens an das Amtsgericht Oranienburg.
Daraufhin hat sich das Amtsgericht Zossen durch Beschluss
vom 8. Mai 2017 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das
Amtsgericht Oranienburg verwiesen.
Das Amtsgericht Oranienburg wies die Antragstellerin unter
Bezugnahme auf § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 GerZV erneut auf Bedenken gegen die örtliche
Zuständigkeit hin, woraufhin diese die Verweisung des
Prozesskostenhilfeverfahrens an das Amtsgericht Potsdam beantragte.
Das Amtsgericht Oranienburg hat sich daraufhin mit Beschluss
vom 13. Juni 2017 für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das
Amtsgericht Potsdam verwiesen, das sich durch Beschluss vom 14. August 2017
ebenfalls für unzuständig erklärt und die Sache mit Beschluss vom 11. September
2017 dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Bestimmung des zuständigen
Gerichts vorgelegt hat.
II.
Auf den Vorlagebeschluss des Amtsgerichts Potsdam ist dessen
Zuständigkeit für das vorliegende Prozesskostenhilfeverfahren auszusprechen.
1. Der Zuständigkeitsstreit ist gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO,
der auch auf das Prozesskostenhilfeverfahren Anwendung findet (BGH, NJW-RR
2010, 209 Rdnr. 7), durch das Brandenburgische Oberlandesgericht zu
entscheiden, da sich die am Gerichtsstandsbestimmungsverfahren beteiligten
Gerichte in seinem Bezirk befinden.
2. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung
nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor, nachdem sich sowohl das Amtsgericht
Zossen durch Beschluss vom 8. Mai 2017 als auch die Amtsgerichte Oranienburg
und Potsdam durch die Beschlüsse vom 13. Juni 2017 und 14. August 2017 im Sinne
von §36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO rechtskräftig für unzuständig erklärt haben. Sämtliche
Beschlüsse genügen den Anforderungen, die an das Merkmal „rechtskräftig“ im
Sinne des §36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu stellen sind, weil es insoweit allein darauf
ankommt, dass eine den Parteien bekannt gemachte ausdrückliche
Kompetenzleugnung vorliegt (vgl. Senat, NJW 2004, 780 m. w. N.;
Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Auflage, § 36 Rdnr. 24).
3. Der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Zossen vom 8.
Mai 2017 ist jedoch unter Außerachtlassung der funktionellen Zuständigkeit des
Amtsgerichts Potsdam nach § 105 Abs. 2 UrhG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 2,
Abs. 2 der Verordnung über gerichtliche Zuständigkeiten und
Zuständigkeitskonzentrationen (GerZV) ergangen und unterliegt daher der Aufhebung.
Zwar kommt einem Verweisungsbeschluss – auch für das
Prozesskostenhilfeverfahren (BGH, NJW-RR 1994, 706) – grundsätzlich
Bindungswirkung nach § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO zu. Diese Regelung ist jedoch auf
die hier maßgebliche Frage der funktionellen Zuständigkeit nicht anwendbar
(Senat, NJW-RR 2001, 645).

In Ausfüllung der Verordnungsermächtigung in § 105
Abs. 2 UrhG ist in § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 GerZV bestimmt, dass das
Amtsgericht Potsdam für alle Gerichtsbezirke des Landes Brandenburg für
Streitigkeiten nach dem Urheberrechtsgesetz einschließlich der Rechtsstreitigkeiten
nach dem Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und
der Photographie zuständig ist, soweit diese in die Zuständigkeit der
Amtsgerichte fallen. Nach ganz herrschender Auffassung handelt es sich dabei
nicht um eine Regelung der örtlichen oder sachlichen, sondern der funktionellen
Zuständigkeit (Senat, Beschluss vom 28. September 2016, Az.: 1 (Z) Sa 29/16;
Senat, NJW-RR 2001, 645; OLG Karlsruhe, CR 1999, 488; BayObLG, ZUM 2004, 672,
673; Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 10. Auflage, § 105 UrhG Rdnr. 2;
Wandtke/Bullinger/ Kefferpütz, Urheberrecht, 3. Auflage, § 105 UrhG Rdnr. 1;
Schricker/Loewenheim/Wimmers, Urheberrecht, 5. Auflage, § 105 UrhG Rdnr. 6; a.
A. Büscher/Dittmer/Schiwy/Haberstumpf, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht,
Medienrecht, 3. Auflage, § 105 UrhG Rdnr. 6). Dabei ist der Begriff der
Urheberrechtsstreitigkeit weit auszulegen. Nach der Definition des § 104 Satz 1
UrhG gehören zu den Urheberrechtsstreitigkeiten alle Ansprüche, die sich aus
einem im Urheberrechtsgesetz geregelten Rechtsverhältnis ergeben. Ziel der
Vorschrift ist eine Konzentration der Urheberstreitsachen auf den ordentlichen
Rechtsweg, um divergierende Entscheidungen unterschiedlicher Rechtszüge zu 

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AG Köln: Schadensersatz bei mangelhafter Verpackung beim Versendungskauf

Das Amtsgericht Köln hat mit Urteil
vom 09.09.2019 – 112 C 365/19
entschieden, dass der Verkäufer auf
Schadensersatz haftet, wenn er beim Versendungskauf die verkaufte Sache nicht
ordnungsgemäß verpackt.
Der Kläger hat im Internet einen gebrauchten Banknotenzähler
gekauft. Der Beklagte hat diesen bei der Versendung nicht ausreichend verpackt.
Aufgrund der Schwere des Geräts (14 kg) kam das Gerät mit einem Totalschaden
bei dem Kläger an.
Zwar gilt beim Versendungskauf die Regelung zur
Gefahrtragung nach § 447 Abs. 1 BGB. Danach trägt grundsätzlich der Käufer
das Transportrisiko. Sobald die Ware an das Beförderungsunternehmen übergeben
wurde, geht die Gefahr des zufälligen Untergangs auf den Käufer über.
Wenn der Verkäufer die Ware aber nicht ordnungsgemäß
verpackt, haftet er auf Schadensersatz. Deshalb musste der Verkäufer in dem
vorliegenden Fall den Kaufpreis an den Kläger zurückerstatten.

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Der BGH folgt dem EuGH und das ist gut für Onlinekäufer von Matratzen

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom 03.07.2019 – Az. VIII ZR 194/18 entschieden, dass es sich bei einem
Kaufvertrag, den ein Verbraucher mit einem Online-Händler über eine Matratze
schließt, die ihm mit einer Schutzfolie versiegelt geliefert wird, nicht um
einen Vertrag zur Lieferung versiegelter Waren handelt, die aus Gründen des
Gesundheitsschutzes oder der Hygiene zur Rückgabe ungeeignet sind, wenn die
Versiegelung nach der Lieferung entfernt wird (§ 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB). Dem
Verbraucher steht daher auch dann das Recht zu, seine auf den Vertragsschluss
gerichtete Willenserklärung gemäß § 312g Abs. 1 BGB zu widerrufen, wenn er die
Schutzfolie entfernt hat.
Diese Rechtsprechung folgt im Ergebnis und in der Begründung
den Maßstäben, die der Gerichtshof auf den Vorlagebeschluss des Senats vom 15.
November 2017 hin im Urteil vom 27. März 2019 (C-681/17) vorgegeben hat. Denn
die deutsche Ausnahmevorschrift des § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB geht auf die
gleichlautende europarechtliche Vorschrift des Art. 16 Buchst. e der
Verbraucherrechterichtlinie zurück, die der deutsche Gesetzgeber vollständig in
deutsches Recht umsetzen wollte.
Leitsatz:
Schließt ein Verbraucher mit einem Online-Händler einen
Kaufvertrag über eine neue Matratze, die ihm mit einer Schutzfolie versiegelt
geliefert wird, handelt es sich hierbei nicht um einen Vertrag zur Lieferung
versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene
nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung
entfernt wird (§ 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB). Dem Verbraucher steht daher auch dann
das Recht zu, seine auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung gemäß §
312g Abs. 1 BGB zu widerrufen, wenn er die Schutzfolie entfernt hat.

Tatbestand:
Die Beklagte ist eine Onlinehändlerin, die unter anderem
Matratzen vertreibt. Der Kläger bestellte zu privaten Zwecken am 25. November
2014 über die Website der Beklagten eine Matratze „D. N. B.“ zu einem
Kaufpreis von 1.094,52 €. In der Rechnung der Beklagten vom 26. November 2014
wurde auf dort abgedruckte Allgemeine Geschäftsbedingungen hingewiesen, in
denen auch eine „Widerrufsbelehrung für Verbraucher“ enthalten ist.
Darin heißt es auszugsweise:
„(…)      
Wir tragen die Kosten der Rücksendung der Waren.      
(…)        
Ihr Widerrufsrecht erlischt in folgenden Fällen vorzeitig:
Bei Verträgen zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes
oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach
der Lieferung entfernt wurde.“
Die Matratze war bei Lieferung an den Kläger mit einer
Schutzfolie versehen, die der Kläger in der Folgezeit entfernte. Mit E-Mail vom
9. Dezember 2014 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten:
„Sehr geehrte Damen und Herren,         
ich muss die Matratze (…) leider an Sie zurücksenden.
Aufgrund des hohen Gewichts muss die Rücksendung wohl durch eine Spedition
durchgeführt werden. Können Sie dieses bitte veranlassen? Vorzugsweise an einem
Termin noch diese Woche.   
Mit freundlichen Grüßen            
(…)“      
Da die Beklagte den erbetenen Rücktransport nicht
veranlasste, gab der Kläger den Transport selbst zu Kosten von 95,59 € in
Auftrag.         
Die auf Erstattung des Kaufpreises und der Transportkosten,
insgesamt 1.190,11 €, nebst Zinsen sowie auf Freistellung von vorgerichtlichen
Anwaltskosten gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt. Das
Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass es sich bei einer Matratze nicht
um einen Hygieneartikel im Sinne des § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB handele, so dass
der Widerruf auch nach dem Entfernen der Schutzfolie durch den Kläger nicht
ausgeschlossen gewesen sei. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision
verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Der Senat hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (im
Folgenden: Gerichtshof) unter anderem die Frage zur Vorabentscheidung gemäß
Art. 267 Abs. 3 AEUV vorgelegt, ob Art. 16 Buchst. e der
Verbraucherrechterichtlinie dahin auszulegen ist, dass zu den dort genannten
Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen nicht
zur Rückgabe geeignet sind, auch Waren (wie etwa Matratzen) gehören, die zwar
bei bestimmungsgemäßem Gebrauch direkt mit dem menschlichen Körper in Kontakt
kommen, aber durch geeignete (Reinigungs-)Maßnahmen des Unternehmers wieder
verkehrsfähig gemacht werden können (Senatsbeschluss vom 15. November 2017 –
VIII ZR 194/16, NJW 2018, 453). Zugleich hat der Senat das Verfahren gemäß §
148 ZPO analog bis zur Entscheidung des Gerichtshofs ausgesetzt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg. 
I.            
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung
im Wesentlichen ausgeführt:    
Das Amtsgericht habe der Klage zu Recht stattgegeben, da der
Kläger seine auf den Kauf der Matratze gerichtete Willenserklärung gegenüber
der Beklagten wirksam widerrufen habe (§ 312g Abs. 1, § 355 Abs. 1 BGB).              
Aus der E-Mail des Klägers vom 9. Dezember 2014 gehe dessen
Wille zum Widerruf mit hinreichender Deutlichkeit im Sinne des § 355 Abs. 1
Satz 3 BGB hervor; denn aus seiner Äußerung ergebe sich, dass er den Vertrag
nicht mehr gelten lassen wolle.       
Bei der Matratze handele es sich auch nicht um einen
Hygieneartikel im Sinne des § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB, so dass der Widerruf auch
nach Entfernen der Schutzfolie durch den Kläger nicht ausgeschlossen gewesen
sei.       
Soweit der Leitfaden der Generaldirektion Justiz der
Europäischen Kommission zur Auslegung der Verbraucherrechterichtlinie in Bezug
auf deren Art. 16 Buchst. e ausführe, dass die Ausnahme vom Widerrufsrecht auch
für „Auflegematratzen“ gelten könnte, sei dies als beispielhafte
Nennung, nicht jedoch als verbindliche Regelung zu verstehen.   
Entscheidend sei, ob hygienische Gründe einer
Wiederveräußerung des Kaufgegenstands durch den Unternehmer entgegenstünden.
Dies sei jedenfalls bei Artikeln der Fall, die bei bestimmungsgemäßer Nutzung
durch den Käufer intensiv mit dem Körper in Kontakt kämen, wie etwa Zahnbürsten
oder sogenannte Earphones. Darüber hinaus sei der Begriff „aus
hygienischen Gründen“ auslegungsbedürftig. Da es sich bei § 312g Abs. 2
BGB um eine Ausnahmevorschrift zu einem grundsätzlich gegebenen Widerrufsrecht
handele, verbiete sich eine weite Auslegung. Bei Waren, die sich, wenn auch mit
einigem Aufwand, wieder verkehrsfähig machen ließen, komme ein Ausschluss des Widerrufsrechts
nicht in Betracht. So verhalte es sich zum Beispiel bei auf dem Körper
getragener Badewäsche oder Unterwäsche, aber auch bei Matratzen. Bei einem Kauf
im Geschäft sei die Anprobe von Badewäsche auf der Haut üblich, ohne dass die
Wäsche danach für einen neuen Kaufinteressenten gereinigt werde. Badewäsche
werde, ebenso wie Unterwäsche, vor dem erstmaligen Tragen nach dem Kauf von dem
Käufer gewaschen oder gereinigt. Nichts anderes geschehe, wenn der
Online-Verkäufer Kleidungsstücke, Schuhe oder auch Matratzen zurückerhalte, die
getragen oder benutzt worden seien. Er werde diese Gegenstände vor einem
Weiterverkauf mit einigem Aufwand reinigen und in einen hygienisch
einwandfreien Zustand versetzen müssen. Ob danach ein Weiterverkauf als neu,
neuwertig oder gebraucht möglich sei oder ob die Ware einen Wertverlust
erlitten habe, bedürfe im Streitfall keiner Entscheidung.  
II.           
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so
dass die Revision zurückzuweisen ist.
Bei dem von den Parteien im Wege des Onlinehandels
geschlossenen Kaufvertrag handelt es sich um einen Fernabsatzvertrag im Sinne
des § 312c BGB, der nach § 312g Abs. 1 BGB von dem Verbraucher ohne Angabe von
Gründen (vgl. Senatsurteil vom 16. März 2016 – VIII ZR 146/15, NJW 2016, 1951
Rn. 20) widerrufen werden kann. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen,
dass der Kläger seine auf den Kaufvertragsschluss gerichtete Willenserklärung
mit der E-Mail vom 9. Dezember 2014 wirksam nach § 312g Abs. 1, § 355 Abs. 1
BGB widerrufen hat mit der Folge, dass die empfangenen Leistungen nach § 357
Abs. 1 BGB zurückzugewähren sind.            
1. Das Widerrufsrecht des Klägers ist – entgegen der
Auffassung der Revision – im Streitfall nicht nach § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB
ausgeschlossen, weil es sich – wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat
– bei der an den Kläger gelieferten Matratze nicht um eine Ware handelt, die
aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe
geeignet ist, wenn ihre Versiegelung – wie hier durch die Entfernung der
Schutzfolie geschehen – nach der Lieferung entfernt wird.      
a) Der Wortlaut des § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB geht zurück auf
die nahezu wortgleiche Formulierung des Art. 16 Buchst. e der Richtlinie
2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über
die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates
und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie
zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG
des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden:
Verbraucherrechterichtlinie), die nach dem Willen des deutschen Gesetzgebers
vollständig umgesetzt werden sollte. Dort heißt es:     
„Die Mitgliedstaaten sehen bei Fernabsatzverträgen und
außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen kein Widerrufsrecht nach
den Art. 9 bis 15 vor, wenn versiegelte Waren geliefert werden, die aus Gründen
des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen nicht zur Rückgabe geeignet
sind und deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.“
b) Der damit zur verbindlichen Auslegung von Unionsrecht
allein berufene Gerichtshof hat die ihm vom Senat mit Beschluss vom 15.
November 2017 vorgelegte Frage, ob versiegelt gelieferte Matratzen unter den
oben zitierten Ausnahmetatbestand fallen, mit Urteil vom 27. März 2019
(C-681/17, NJW 2019, 1507) wie folgt im Leitsatz seiner Entscheidung
beantwortet:       
„Art. 16 Buchst. e der Richtlinie 2011/83/EU des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der
Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der
Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur
Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates ist dahin auszulegen, dass eine Ware wie
eine Matratze, deren Schutzfolie vom Verbraucher nach der Lieferung entfernt
wurde, nicht unter den Begriff „versiegelte Waren …, die aus Gründen des
Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen nicht zur Rückgabe geeignet sind
und deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde“ im Sinne dieser
Vorschrift fällt.“          
Zu dieser Auffassung ist der Gerichtshof vor allem mit Blick
auf den Sinn und Zweck des dem Verbraucher bei Fernabsatzverträgen eingeräumten
Widerrufsrechts gelangt. Das Widerrufsrecht solle den Verbraucher in der
besonderen Situation eines Vertragsabschlusses im Fernabsatzhandel schützen, in
der er keine konkrete Möglichkeit habe, das Erzeugnis vor Abschluss des
Vertrages zu sehen oder die Eigenschaften der Dienstleistung zur Kenntnis zu
nehmen. Dieser Nachteil solle mit dem Widerrufsrecht ausgeglichen werden, das
dem Verbraucher eine angemessene Bedenkzeit einräume, in der er die Möglichkeit
habe, die gekaufte Ware zu prüfen und auszuprobieren. Insoweit sei Art. 16
Buchst. e der Verbraucherrechterichtlinie als Ausnahmevorschrift eng auszulegen
(EuGH, Urteil vom 27. März 2017 – C-681/17, aaO Rn. 33 f.).
Im Lichte dieser Erwägungen greife die genannte
Ausnahmeregelung nur dann ein, wenn nach der Entfernung der Versiegelung der
Verpackung die darin enthaltene Ware aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder
der Hygiene endgültig nicht mehr verkehrsfähig sei, weil es für den Unternehmer
wegen ihrer Beschaffenheit unmöglich oder übermäßig schwierig sei, Maßnahmen zu
ergreifen, die sie wieder verkaufsfähig machten, ohne dass einem dieser
Erfordernisse nicht genügt würde (EuGH, Urteil vom 27. März 2017 – C-681/17,
aaO Rn. 40).      
Daraus folge für den Streitfall, dass eine Matratze, deren
Schutzfolie der Verbraucher entfernt habe, nicht unter den Ausnahmetatbestand
fallen könne. Dies ergebe sich bereits aus dem Umstand, dass ein und dieselbe
Matratze aufeinanderfolgenden Hotelgästen diene; auch bestehe ein Markt für
gereinigte, gebrauchte Matratzen (EuGH, Urteil vom 27. März 2017 – C-681/17,
aaO Rn. 42). Auch könne – im Hinblick auf das Widerrufsrecht – eine Matratze
mit einem Kleidungsstück, das ebenfalls in direkten Kontakt mit dem
menschlichen Körper kommen könne, gleichgesetzt werden. Denn es könne davon
ausgegangen werden, dass der Unternehmer hinsichtlich beider Waren in der Lage
sei, diese nach Rücksendung durch den Verbraucher mittels einer Behandlung wie
einer Reinigung oder einer Desinfektion für eine Wiederverwendung durch einen
Dritten und damit für ein erneutes Inverkehrbringen geeignet zu machen, wodurch
den Erfordernissen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene genügt werde (EuGH,
Urteil vom 27. März 2017 – C-681/17, aaO Rn. 43 ff.).             
c) An dieses Auslegungsergebnis, das wohl überwiegend auch
im Schrifttum vertreten wird (vgl. Becker/Föhlisch, NJW 2008, 3751, 3755;
Spindler/Schuster/Schirmbacher, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl., §
312g BGB Rn. 25; aA MünchKommBGB/Wendehorst, 8. Aufl., § 312g Rn. 26), sind die
nationalen Gerichte gebunden.            
2. Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht im
Streitfall die weiteren Voraussetzungen eines wirksamen Widerrufs der
Vertragserklärung als gegeben angesehen.           
Die Widerrufserklärung muss nach § 355 Abs. 1 Satz 4 BGB
nicht mit Gründen versehen sein; ihr muss allerdings nach § 355 Abs. 1 Satz 3
BGB der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf seiner auf den Vertragsschluss
gerichteten Willenserklärung eindeutig entnommen werden können. Dies hat das
Berufungsgericht – entgegen der Auffassung der Revision – in Bezug auf die
E-Mail des Klägers vom 9. Dezember 2014 ohne Rechtsfehler bejaht.              
a) Die Auslegung einer Individualerklärung, wie sie das
E-Mail-Schreiben des Klägers vom 9. Dezember 2014 darstellt, ist grundsätzlich
dem Tatrichter vorbehalten und darf revisionsrechtlich nur beschränkt darauf
überprüft werden, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln,
Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt worden sind, wesentlicher
Auslegungsstoff unbeachtet geblieben ist oder die Auslegung auf von der
Revision gerügten Verfahrensfehlern beruht (st. Rspr.; Senatsurteile vom 12.
Oktober 2016 – VIII ZR 55/15, NJW 2017, 878 Rn. 35; vom 10. Juni 2015 – VIII ZR
99/14, NJW 2015, 2324 Rn. 13; jeweils mwN).     
b) Solche Rechtsfehler sind dem Berufungsgericht nicht
unterlaufen. Die E-Mail vom 9. Dezember 2014 ist als empfangsbedürftige
Willenserklärung aus der Sicht des Empfängers (§§ 133, 157 BGB) auszulegen. Die
an diesem Maßstab ausgerichtete Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte
habe die Erklärung so verstehen müssen, dass der Kläger nicht habe an dem
Vertrag festhalten wollen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. 
Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht
habe verkannt, dass sich der Erklärungstatbestand vorliegend in der Ankündigung
der Rücksendung der Ware erschöpfe. Denn die Rücksendung der Ware hätte nach
Auffassung der Revision auch den Grund einer erbetenen Mangelüberprüfung haben
können, so dass der Erklärungsinhalt nicht eindeutig im Sinne eines Widerrufs
zu verstehen sei. Damit setzt sie indes – revisionsrechtlich unbehelflich – nur
die von ihr erstrebte Auslegung der Erklärung an die Stelle derjenigen, die das
Berufungsgericht in vertretbarer tatrichterlicher Würdigung vorgenommen hat.
Abgesehen davon bietet die E-Mail für ein auf eine Mängelrüge hindeutendes
Verständnis der Erklärung keinen Anlass. Von einem Mangel ist dort ebenso wenig
die Rede wie von einer fehlenden Gebrauchstauglichkeit. Auch ist nicht
festgestellt, dass der Kläger gegenüber der Beklagten Mängelrügen erhoben
hätte, auf die die E-Mail dann – gegebenenfalls stillschweigend – hätte Bezug
nehmen können. Übergangenen Sachvortrag, der ihr Verständnis des Inhalts der
E-Mail stützen könnte, zeigt die Revision nicht auf.       
Da ein weiterer Anlass, die Matratze zurückzusenden, nicht
ersichtlich ist, liegt es vielmehr nahe, die Wendung „…ich muss die
Matratze aus der Bestellung 1. leider an Sie zurücksenden“ als Widerruf
der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärung zu verstehen, zumal für die
Annahme eines Widerrufswillens keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden
dürfen. Die Regelung des § 355 Abs. 1 Satz 3 BGB, nach der aus der Erklärung
des Verbrauchers sein Entschluss zum Widerruf eindeutig hervorgehen muss,
bedeutet nicht, dass der Widerruf ausdrücklich als solcher bezeichnet werden
muss (vgl. BGH, Urteile vom 2. Mai 2007 – XII ZR 109/04, NJW 2007, 2110 Rn. 28;
vom 21. Oktober 1992 – VIII ZR 143/91, NJW 1993, 128 unter II 2 b; jeweils
mwN). Auch die Beklagte selbst hat, worauf das Berufungsgericht zu Recht
hinweist, die E-Mail des Klägers als Widerruf aufgefasst. Ein Verstoß gegen
Denkgesetze, wie ihn die Revision dem Berufungsgericht in diesem
Begründungskontext unterstellt, liegt in der Wertung nicht. Denn die in der
Antwortmail vom 10. Dezember 2014 aufgeworfenen Fragen nach dem neuwertigen
Zustand und nach der noch vorhandenen Verpackung der Matratze lassen sich nur
dadurch erklären, dass die Beklagte die Erklärung des Klägers als Widerruf und
nicht als Mangelrüge verstanden hat.

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Der BGH, die Plattform eBay und die Abbruchjäger

Der BGH hat mit Urteil
vom 22.05.2019, Az.  VIII ZR 182/17 – Abbruchjäger

entschieden, dass sich die Beurteilung, ob ein Bieter bei eBay als Abbruchjäger
einzuordnen ist und rechtsmissbräuchlich handelt, nach allen Umständen des
konkreten Einzelfalls und nicht nach verallgemeinerungsfähigen Kriterien
richtet. Sogenannte Abbruchjäger auf Ebay wollen keine Vertragserfüllung,
sondern hoffen auf Schadensersatz.

Leitsatz:
Bei der Beurteilung, ob das Verhalten eines Bieters auf der
Internet-Plattform eBay, der an einer Vielzahl von Auktionen teilgenommen hat,
als rechtsmissbräuchlich einzustufen ist, können abstrakte,
verallgemeinerungsfähige Kriterien, die den zwingenden Schluss auf ein Vorgehen
als „Abbruchjäger“ zulassen, nicht aufgestellt werden. Es hängt
vielmehr von einer dem Tatrichter obliegenden Gesamtwürdigung der konkreten
Einzelfallumstände ab, ob die jeweils vorliegenden Indizien einen solchen
Schluss tragen.
Tatbestand:
Der Beklagte bot Ende März/Anfang April 2012 einen
Pirelli-Radsatz für einen Audi A6 mit einem Startpreis von 1 € auf der
Internet-Plattform eBay zum Verkauf an. Er beendete die Auktion vorzeitig. Zu
diesem Zeitpunkt war der Kläger Höchstbietender mit einem Gebot von 201 €. Nach
den seinerzeit geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay kam ein
Kaufvertrag mit dem Höchstbietenden auch bei vorzeitiger Beendigung der Auktion
zustande, es sei denn, der Anbieter war zur Rücknahme des Angebots
„gesetzlich“ berechtigt.  
Der Beklagte hat geltend gemacht, der Radsatz sei aus der
Garage des Zeugen R. entwendet worden, wovon er, der Beklagte, erst unmittelbar
vor dem Abbruch der Auktion erfahren habe.             
Der Kläger hatte seit dem Jahr 2009 in großem Umfang Gebote
bei eBay-Auktionen abgegeben. Mit E-Mail vom 4. April 2012 forderte der Kläger
den Beklagten vergeblich auf, den angebotenen Radsatz, dem er zuletzt einen
Wert von mindestens 1.701 € zugemessen hatte, gegen Zahlung von 201 €
herauszugeben. Mit Schreiben vom 24. Januar 2013 trat der Kläger vom
Kaufvertrag zurück und forderte Schadensersatz.   
Die auf Zahlung von 1.500 € nebst Zinsen gerichtete Klage
hat vor dem Amtsgericht dem Grunde nach Erfolg gehabt. Das Berufungsgericht hat
die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag
weiter.   


Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg. 
I.            
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung
im Wesentlichen ausgeführt:    
Dem Kläger stehe dem Grunde nach ein Anspruch auf
Schadensersatz statt der Leistung gegen den Beklagten aus § 280 Abs. 1, 3, §
281 Abs. 1 Satz 1 BGB zu.            
Die Parteien hätten nach den seinerzeit maßgeblichen
Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay einen wirksamen Kaufvertrag gemäß §
433 Abs. 1 BGB über den Pirelli-Radsatz abgeschlossen, denn der Kläger sei zum
Zeitpunkt des Abbruchs der Auktion Höchstbietender mit dem Betrag von 201 €
gewesen.     
Der Beklagte habe nicht nachweisen können, zum vorzeitigen
Abbruch der Auktion berechtigt gewesen zu sein. Zwar könne auch ein Diebstahl
des Auktionsgutes nach höchstrichterlicher Rechtsprechung einen Abbruch der
Auktion rechtfertigen. Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen
eines solchen berechtigten Auktionsabbruchs trage nach allgemeinen Grundsätzen
der Verkäufer. Dem Beklagten sei jedoch der Nachweis nicht gelungen, dass
gerade der Radsatz, auf den der Kläger geboten habe, gestohlen worden sei. Der
Kläger habe durch Überreichung eines zweiten Auktionsangebotes des Beklagten
für einen Pirelli-Radsatz, beendet am 23. März 2012, dargelegt, dass es
zumindest zwei Auktionsangebote des Beklagten im fraglichen Zeitraum gegeben
habe. Dass der streitgegenständliche Radsatz aus der Garage des Zeugen R.
entwendet worden sei, lasse sich dessen Aussage aber nicht entnehmen.          
Der Beklagte könne dem Anspruch des Klägers nicht gemäß §
242 BGB den Einwand des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens entgegenhalten. Die
Annahme eines Rechtsmissbrauchs müsse nach der Rechtsprechung auf besondere
Ausnahmefälle beschränkt bleiben.       
Es könne nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden,
wenn jemand bei einer Internetauktion gezielt auf solche Waren biete, die mit
einem weit unter dem Marktwert liegenden Mindestgebot angeboten würden, und er
zugleich sein Höchstgebot auf einen Betrag limitiere, der immer noch deutlich
unter dem Marktpreis liege. Denn der Verkäufer einer solchen Onlineauktion
begründe das Risiko eines ungünstigen Auktionsverlaufs selbst, indem er einen
niedrigen Startpreis unterhalb des Marktpreises ohne Mindestgebot festsetze.    
Es sei auch nicht zu missbilligen, wenn sich ein Käufer in
einer Vielzahl von Fällen solche für den Verkäufer riskanten Auktionsangebote
zunutze mache und auf diese Gebote weit unterhalb des Marktpreises abgebe, um
bei einem für ihn günstigen und für den Verkäufer ungünstigen Auktionsverlauf
ein „Schnäppchen“ zu machen. Allein die Quantität führe dann nicht
zur Missbilligung. Dass ein sogenannter Schnäppchenjäger besonders günstige
Kaufabschlüsse anstrebe, verstoße auch dann nicht gegen das Anstandsgefühl, wenn
der Käufer in einer großen Anzahl von Fällen so vorgehe. Nicht zu beanstanden
sei dann auch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen durch einen
solchen „Schnäppchenjäger“, wenn der Anbieter die Auktion ohne
zureichenden Grund vorzeitig abbreche und damit den Erwerb zum
„Schnäppchenpreis“ zu vereiteln suche.            
Die Grenze zu einem missbilligenswerten Verhalten sei erst
dann überschritten, wenn der Bieter nicht den Ankauf der angebotenen Ware
anstrebe, sondern in Wahrheit den Abbruch der Auktion, um danach
Schadensersatzansprüche geltend machen zu können. Lasse sich feststellen, dass
ein Bieter im Falle des Erfolges seines Gebotes den Kaufgegenstand regelmäßig
nicht abnehme, sei dem Verkäufer der Einwand des Rechtsmissbrauchs
zuzubilligen.          
Es könne hier indes nicht festgestellt werden, dass es sich
bei dem Kläger um einen solchen „Abbruchjäger“ handele.  
Dies ergebe sich zunächst nicht aus der Anzahl der vom
Kläger im Vertragszeitraum abgegebenen Gebote oder der Gesamtsumme der gebotenen
Geldbeträge, da dies auch auf den als „Schnäppchenjäger“ auftretenden
Bieter zuträfe, ohne dass dessen Verhalten zu missbilligen sei. Die Gesamtsumme
der gebotenen Geldbeträge sei schon deswegen unerheblich, weil auch der
„Schnäppchenjäger“ bei der Abgabe von weit unter dem Marktwert
liegenden Höchstgeboten regelmäßig überboten werde, bei der Auktion dann nicht
zum Zuge komme und auch den Angebotspreis nicht zu entrichten habe. Keine
rechtliche Bedeutung habe ferner die Anzahl der vom Kläger verwendeten
Pseudonyme. Gleiches gelte für die Kündigung der Mitgliedschaft des Klägers
durch eBay nach dem Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung.         
Es lägen hinsichtlich der Ernsthaftigkeit seiner
Erwerbsabsichten im Jahr 2012 auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor,
dass es dem Kläger vorrangig um die Geltendmachung eines
Schadensersatzanspruchs nach einem Abbruch der Auktion gegangen sei und er den
Radsatz tatsächlich nicht habe erwerben wollen. Der Kläger habe erklärt, alle
von ihm ersteigerten Waren auch abgenommen zu haben und in einigen Fällen sogar
beim Abbruch von Auktionen im Vergleichswege einen höheren als den von ihm
zunächst gebotenen Preis gezahlt zu haben. In einer größeren Anzahl von Fällen,
vom Kläger entsprechend seiner Angabe in einem früheren Verfahren mit
seinerzeit ca. 100 beziffert, habe er nach dem Abbruch einer Auktion
Schadensersatzansprüche geltend gemacht. Da vom Kläger hiernach alle Waren, auf
die er geboten habe, auch abgenommen worden seien, habe bei ihm eine Erwerbsabsicht
bestanden.       
Allein der Zeitablauf zwischen der Beendigung der Auktion
und der gerichtlichen Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs sei hier
kein beweiskräftiges Indiz für eine mangelnde eigene Erwerbsabsicht des
Klägers. Vorliegend habe der Kläger seinen Primäranspruch bereits am 4. April
2012 geltend gemacht. Dass er seinen Schadensersatzanspruch sodann erst Anfang
des Jahres 2013 geltend und erst im Jahr 2015 bei Gericht anhängig gemacht
habe, spreche nicht gegen seine Erwerbsabsicht im April 2012.              
Nach allem lasse sich dem Kläger nicht widerlegen, dass er
sich in erster Linie als „Schnäppchenjäger“ betätigt habe, dem es
vorrangig um den Erwerb von Waren deutlich unter dem Marktwert gegangen sei und
allenfalls nachrangig um die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im
Falle eines unberechtigten Auktionsabbruchs. Dieses Verhalten sei jedoch nicht
rechtsmissbräuchlich.            
II.           
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so
dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat dem Kläger
rechtsfehlerfrei einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß §
280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 BGB dem Grunde nach zuerkannt.             Abs. 21
1. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen,
dass der Kläger nach den seinerzeit für die Parteien maßgeblichen Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der Internet-Plattform eBay einen wirksamen Kaufvertrag
mit dem Beklagten gemäß § 433 BGB über den angebotenen Radsatz abgeschlossen
hat. Insbesondere hat es rechtsfehlerfrei – und insoweit von der Revision auch
nicht angegriffen – festgestellt, der Beklagte habe den Nachweis nicht
erbracht, dass ihm gerade der Radsatz, auf den der Kläger geboten hatte,
gestohlen worden war und er deshalb die Internetauktion etwa aus berechtigtem
Grund vorzeitig abgebrochen hätte.
2. Der Beklagte kann dem Schadensersatzanspruch des Klägers,
wie das Berufungsgericht ebenfalls frei von Rechtsfehlern entschieden hat, auch
nicht den Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) entgegenhalten.  
a) Die Annahme eines Rechtsmissbrauchs erfordert eine
sorgfältige und umfassende Prüfung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls
und muss auf besondere Ausnahmefälle beschränkt bleiben (BGH, Urteile vom 12.
November 2014 – VIII ZR 42/14, NJW 2015, 548 Rn. 11; vom 27. April 1977 – IV ZR
143/76, BGHZ 68, 299, 304). Die Beurteilung, ob das Verhalten eines Bieters auf
der Internet-Plattform eBay, der an einer Vielzahl von Auktionen teilgenommen
hat, als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist, ist in erster Linie dem
Tatrichter vorbehalten. Sie kann vom Revisionsgericht nur darauf überprüft
werden, ob das Berufungsgericht den Sachverhalt rechtsfehlerfrei festgestellt,
alle maßgeblichen Gesichtspunkte berücksichtigt sowie den zutreffenden
rechtlichen Maßstab angewandt hat und ob seine Wertung gegen Denk- und
Erfahrungssätze verstößt (Senatsurteile vom 15. März 2017 – VIII ZR 270/15, NJW
2017, 1474 Rn. 20; vom 4. Februar 2015 – VIII ZR 154/14, BGHZ 204, 145 Rn. 16
mwN). Ein solcher Rechtsfehler ist dem Berufungsgericht indes nicht
unterlaufen.
b) Wie auch die Revision nicht verkennt, ist es für sich
genommen nicht zu beanstanden, dass ein Bieter sich als sogenannter
Schnäppchenjäger betätigt, der bei Internetauktionen gezielt auf Waren bietet,
die zu einem weit unter Marktwert liegenden Mindestgebot angeboten werden.
Ebensowenig ist es missbilligenswert, wenn ein solcher Bieter sein Höchstgebot
auf einen deutlich unter dem Marktwert der Ware liegenden Betrag begrenzt. Denn
es macht gerade den Reiz einer solchen Internetauktion aus, dass der Bieter die
Chance hat, den Auktionsgegenstand zu einem Schnäppchenpreis zu erwerben,
während umgekehrt der Veräußerer die Chance wahrnimmt, durch den Mechanismus
des Überbietens einen für ihn vorteilhaften Preis zu erzielen (vgl.
Senatsurteile vom 28. März 2012 – VIII ZR 244/10, NJW 2012, 2723 Rn. 20 f.; vom
12. November 2014 – VIII ZR 42/14, aaO Rn. 10). Im Übrigen ist es der
Verkäufer, der in solchen Fällen von sich aus durch die Wahl eines niedrigen
Startpreises unterhalb des Marktwerts ohne Einrichtung eines Mindestpreises das
Risiko eines für ihn ungünstigen Auktionsverlaufs eingegangen ist (Senatsurteil
vom 12. November 2014 – VIII ZR 42/14, aaO Rn. 12 mwN). An der Beurteilung
dieser Ausgangslage ändert sich auch dann nichts, wenn ein Bieter sich in einer
Vielzahl von Fällen solche für den Verkäufer riskanten Auktionsangebote zunutze
macht, um ein für ihn günstiges „Schnäppchen“ zu erzielen, weil
allein die Quantität eines von der Rechtsordnung im Einzelfall gebilligten Vorgehens
in der Regel nicht zu dessen Missbilligung führt.              
c) Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten eines Bieters bei
Internetauktionen kommt dagegen, wovon das Berufungsgericht zutreffend
ausgegangen ist, dann in Betracht, wenn seine Absicht von vornherein nicht auf
den Erfolg des Vertrages, sondern auf dessen Scheitern gerichtet ist, er also
den angebotenen Gegenstand gar nicht erwerben will, sondern auf den Abbruch der
Auktion abzielt, um daraufhin Schadensersatzansprüche geltend machen zu können (sogenannter
Abbruchjäger).
Allerdings lassen sich abstrakte, verallgemeinerungsfähige
Kriterien, die den zwingenden Schluss auf ein Vorgehen als
„Abbruchjäger“ in diesem Sinne zuließen, nicht aufstellen. Es hängt
vielmehr von der dem Tatrichter obliegenden Gesamtwürdigung der konkreten
Einzelfallumstände ab, ob die jeweils vorliegenden Indizien einen solchen
Schluss tragen.
Auch insofern ist die Beurteilung des Berufungsgerichts aus
Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat sich nicht die
Überzeugung davon verschaffen können, dass eine entsprechende, nicht auf
Vertragsdurchführung, sondern auf den Abbruch und somit das Scheitern des
Vertrages gerichtete Absicht beim Kläger vorhanden gewesen ist. Das
Berufungsgericht hat die Angaben des Zeugen S. sowie die des Klägers bei seiner
Anhörung sowie ersichtlich alle wesentlichen Umstände des Einzelfalls
gewürdigt.         
Soweit die Revision geltend macht, verschiedene – vom
Berufungsgericht ausdrücklich gewürdigte – Umstände (Gesamtsumme der gebotenen
Geldbeträge, Anzahl der Gegenstände, auf die ein Gebot abgegeben worden sei,
Zeitablauf bis zur gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs im vorliegenden
Fall) ließen zumindest insgesamt den Schluss darauf zu, dass es dem Kläger nur
um das Scheitern des Vertrags und daraus resultierende Schadensersatzansprüche
gegangen und er in diesem Sinne ein „Abbruchjäger“ gewesen sei, setzt
sie lediglich ihre eigene Wertung an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung
des Berufungsgerichts, zeigt aber einen Rechtsfehler nicht auf. Das Gleiche
gilt für weitere von der Revision herangezogene, vom Berufungsgericht nicht
ausdrücklich erörterte Einzelumstände (Gebote vornehmlich auf hochpreisige
Gegenstände, regelmäßige Benennung derselben Zeugen in verschiedenen
Gerichtsverfahren, an denen der Kläger als Partei beteiligt gewesen sei).        
aa) Ohne Erfolg macht die Revision (unter Bezugnahme auf ein
vom Landgericht Darmstadt (Urteil vom 21. November 2014, 24 S 53/14)
aufgehobenes Urteil des Amtsgerichts Groß-Gerau vom 16. Juli 2014, 62 C 26/14)
geltend, ein Rückschluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Beklagten
sei bereits aus der Vielzahl seiner Gebote zu ziehen, weil bei normalem Verlauf
der Auktionen nicht damit gerechnet werden könne, dass er die Gesamtsumme
seiner Gebote tatsächlich werde aufbringen können.   
Insoweit hat das Berufungsgericht bei seiner Würdigung –
rechtsfehlerfrei – darauf abgestellt, dass die Gesamtsumme der gebotenen
Geldbeträge schon deswegen unerheblich ist, weil ein Bieter bei der Abgabe von
weit unter dem Marktwert liegenden Höchstgeboten regelmäßig überboten wird, bei
der Auktion dann nicht zum Zuge kommt und demzufolge auch den angebotenen Preis
nicht zu entrichten hat. Er muss bei einem normalen Verlauf der Auktionen daher
gerade nicht damit rechnen, die Gesamtsumme seiner Angebote auch aufbringen zu
müssen. Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, zielt seine
Vorgehensweise stattdessen in einer den Internetauktionen immanenten und nicht
zu missbilligenden Weise darauf ab, bei einer geringen Anzahl von Auktionen,
dann aber zu einem für ihn aufbringbaren „Schnäppchenpreis“, zum Zuge
zu kommen.           
Aus demselben Grund kann – entgegen der Auffassung der
Revision – insoweit auch nicht von einem Vortäuschen einer tatsächlich nicht
vorhandenen Leistungsfähigkeit des Klägers als Bieter ausgegangen werden. Das
Berufungsgericht hat im Gegenteil vielmehr festgestellt, dass der Kläger die
Artikel, auf die er – erfolgreich – geboten hat, auch jeweils abgenommen hat.
Zudem hat er nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen in
einigen Fällen – nach einem vorzeitigen Abbruch der Auktion – sogar im
Vergleichswege einen höheren als den von ihm gebotenen Preis dafür gezahlt.
Die von der Revision in diesem Zusammenhang erhobene
Verfahrensrüge, das Berufungsgericht habe die Beiziehung anderer Prozessakten
versäumt, in denen der Kläger als Anspruchsteller aufgetreten sei, hat der
Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet; von einer Begründung wird
gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.         
bb) Ebenso geht der Einwand der Revision fehl, es sei zu
Lasten des Klägers zu berücksichtigen, dass er für die Gegenstände, auf die er
geboten habe, in ihrer Vielzahl keine tatsächliche Verwendung und daher kein
erkennbares Interesse an ihrem Erwerb gehabt habe. Rechtsfehlerfrei hat das
Berufungsgericht insoweit festgestellt, dass es unerheblich ist, wofür der
Kläger die angebotenen Waren, die er für einen weit unter dem Marktpreis
liegenden Preis erwerben wollte, zu verwenden beabsichtigte. Ob der Kläger den
Radsatz für sich selbst oder einen Dritten erwerben, weiter verschenken oder –
mit Gewinn – weiterveräußern wollte, lässt als bloßes Kaufmotiv keine
tragfähigen Rückschlüsse auf eine fehlende Erwerbsabsicht des Klägers zu.
cc) Schließlich bleibt auch der Verweis der Revision auf den
in einem obiter dictum des Senats (Senatsurteil vom 24. August 2016 – VIII ZR
182/15, WM 2016, 2145 Rn. 13) bejahten Rechtsmissbrauch in einem Fall, in welchem
das dortige Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch eines
„Abbruchjägers“ wegen rechtsmissbräuchlichen Bieterverhaltens
verneint hatte (LG Görlitz, Urteil vom 8. Juli 2015 – 2 S 213/14, juris), ohne
Erfolg. Jenes Berufungsgericht hat insoweit zu Recht darauf abgestellt, dass
seinerzeit neben dem Mitbieten bei einer Vielzahl von Auktionen zusätzliche
besonders zu missbilligende Umstände im Verhalten des damaligen Bieters
hinzutraten. So hat dieser Bieter bei einer nachfolgenden, ihm bekannt gewordenen
Auktion über denselben Gegenstand nicht mitgeboten, seine (vermeintlichen)
Ansprüche an einen Zeugen abgetreten und dieser seinen Schadensersatzanspruch
anschließend erst sehr spät gerichtlich geltend gemacht, als er davon ausgehen
konnte, dass der Gegenstand bereits an einen Dritten veräußert worden war.
Diese Besonderheiten liegen im vorliegenden Fall jedoch nicht vor. Denn anders
als in dem dem vorgenannten Senatsurteil zugrundeliegenden Fall, in dem der
dortige Käufer davon ausgehen konnte, dass der Verkäufer lange Zeit nach der
Auktion den angebotenen Gegenstand anderweitig veräußert hatte und er deshalb
Schadensersatz statt der Leistung geltend machen konnte, schied hier eine
zwischenzeitliche anderweitige Veräußerung des angebotenen Radsatzes bereits
deshalb aus, weil der Beklagte einen Diebstahl des Radsatzes geltend gemacht
hatte. Damit war auch eine anderweitige, etwa schutzwürdige Disposition des
Beklagten im Vertrauen auf das Ausbleiben (weiterer) Forderungen im hier
vorliegenden Fall zwischen erstmaliger Geltendmachung des
Schadensersatzanspruchs und einer gerichtlichen Durchsetzung in einem Zeitraum
von über zwei Jahren nicht berührt.      
dd) Die Revision sieht zwar ein maßgebliches Indiz für ein
Vorgehen des Klägers als „Abbruchjäger“ darin, dass er in den Jahren
2013/2014 – also in einem deutlich nach der Internet-Auktion vom März/April des
Jahres 2012 liegenden Zeitraum – in einer sehr großen Anzahl von Auktionen mit
einem außergewöhnlich hohen Gesamtbetrag der insgesamt abgegebenen Gebote (etwa
14.000 Auktionen mit einem Gesamtbetrag von mehr als 52 Millionen Euro)
teilgenommen und nach seinen im Jahr 2014 selbst gemachten Angaben in etwa 100
Fällen Schadensersatzansprüche geltend gemacht hat. Dies hat das
Berufungsgericht hier jedoch rechtsfehlerfrei – auch im Hinblick auf die
sonstigen Indizien in der Gesamtschau aller Umstände – nicht für
ausschlaggebend erachtet, weil das spätere Verhalten des Klägers keine
Rückschlüsse auf eine etwa fehlende Erwerbsabsicht im Zeitpunkt der Internet-Auktion
im vorliegenden Fall zulässt, zumal der Kläger die von ihm ersteigerten
Gegenstände jeweils abgenommen hat.
ee) Die von der Prozessbevollmächtigten des Beklagten in der
Revisionsverhandlung pauschal geäußerte Auffassung, von einem rechtsmissbräuchlichen
Verhalten des Klägers sei schon deshalb auszugehen, weil er seiner
„sekundären Darlegungslast“ nicht nachgekommen sei, geht fehl. Sie
verkennt, dass sich der Kläger zu den Umständen (Indizien), aus denen der
Beklagte ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers herleiten will, sehr
wohl in seiner mündlichen Anhörung vor dem Berufungsgericht im Termin zur
mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 2017 geäußert hat. Hier hat er unter
anderem Angaben zur Anzahl der von ihm im Jahr 2012 abgegebenen Gebote, zur
Anzahl der Verfahren, in denen er Schadensersatz geltend gemacht hat und zur
Art der Artikel, auf die er geboten hat, gemacht.  
Soweit die Prozessbevollmächtigte des Beklagten in der
Revisionsverhandlung (erstmals) beanstandet hat, dass das Berufungsgericht den
Zeugen S. zur Anzahl der vom Kläger im Jahr 2012 abgegebenen Gebote nicht
vernommen habe, ist diese Verfahrensrüge schon deshalb unbeachtlich, weil sie
nicht innerhalb der Revisionsbegründungsfrist erhoben worden ist (§ 557 Abs. 3
Satz 2, § 551 ZPO).       
ff) Entgegen der Ansicht der Revision wird ein
Internet-Verkäufer durch die Würdigung des Berufungsgerichts auch nicht
rechtlos gestellt. Der Verkäufer hat es vielmehr selbst in der Hand, den von
ihm angebotenen Artikel nicht zu einem für ihn ungünstigen Preis zu verkaufen,
indem er einen Mindestpreis festsetzt und er es unterlässt, die Internetauktion
unberechtigt vorzeitig abzubrechen

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OVG NRW – Polizei darf keine Fotos von Versammlungen auf Twitter und Facebook veröffentlichen

Das OVG Nordrhein-Westfalen hat mit Urteil vom 17.09.2019,15 A 4753/18 bezüglich der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit via Twitter  entschieden, dass Polizeibeamte des
Polizeipräsidiums Essen nicht berechtigt waren, Fotos von einer Versammlung in
Essen-Steele zu machen und diese auf dem Facebook-Profil der Polizei sowie auf
Twitter zu veröffentlichen.
In dem entschiedenen Fall waren die beiden Kläger auf den
veröffentlichten Fotos als Teilnehmer der Versammlung zu sehen. Mit ihrer Klage
begehren sie die Feststellung, dass das Vorgehen der Polizei rechtswidrig war.
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat der Klage stattgegeben. Die dagegen
gerichtete Berufung des beklagten Landes hat keinen Erfolg.
In der mündlichen Urteilsbegründung hat der Vorsitzende des
15. Senats im Wesentlichen ausgeführt: Das Anfertigen der Fotos, um diese im
Rahmen der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit auf Twitter und Facebook zu
publizieren, habe in das Versammlungsgrundrecht aus Art. 8 Abs. 1 GG
eingegriffen. Polizeiliche Foto- und Videoaufnahmen von Versammlungen seien
grundsätzlich geeignet, einschüchternd, abschreckend oder in sonstiger Weise
verhaltenslenkend auf die Teilnehmer einer Versammlung zu wirken. Das gelte
auch für Aufnahmen, die erklärtermaßen für die Öffentlichkeitsarbeit der
Polizei Verwendung finden sollen. Eine zur Rechtfertigung des
Grundrechtseingriffs erforderliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage bestehe
nicht. Das Versammlungsgesetz erlaube Film- und Tonaufnahmen nur zum Zwecke der
Gefahrenabwehr. Darüber hinaus könne das beklagte Land sich auch nicht
erfolgreich auf das Kunsturhebergesetz oder auf die allgemeine Befugnis zu
staatlichem Informationshandeln berufen. Eine effektive und zeitgemäße
polizeiliche Öffentlichkeitsarbeit werde dadurch nicht unmöglich gemacht. Die
Polizei könne über ein Versammlungsgeschehen auch ohne die in Rede stehenden
Bilder informieren, ohne gänzlich auf eine Bebilderung zu verzichten. So könnte
sie etwa ausschließlich ihre eigenen Einsatzkräfte und -mittel abbilden oder
auf Archivfotomaterial zurückgreifen, auf dem der Versammlungsort zu sehen sei.
Der Senat hat die Revision an das Bundesverwaltungsgericht
wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Leitsätze:
Die Anfertigung von Übersichtsaufzeichnungen von einer
Versammlung durch Polizeibeamte mit Foto- und/oder Videotechnik ist nach dem
heutigen Stand der Technik für die Aufgezeichneten immer ein Eingriff in Art. 8
Abs. 1 GG, weil die Einzelpersonen auch in Übersichtsaufzeichnungen in der
Regel individualisierbar mit erfasst sind. Dies gilt auch dann, wen die
Fotoaufnahmen zum Zweck der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit gemacht werden.
Für das Anfertigen von Fotoaufnahmen von
Versammlungsteilnehmern zum Zweck der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit fehlt
es an der erforderlichen versammlungsgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage.
Insbesondere kann sich die Polizei insoweit nicht auf § 23 Abs. 1 Nr. 3
KunstUrhG stützen.

Tatbestand:
Der Kläger zu 1) meldete beim Beklagten für den 6. Mai 2018
eine Versammlung für das Bündnis „F. stellt sich quer“ unter dem
Motto „T. ist kunterbunt! – Gegen Rassismus! Gegen Gewalt!“ an. Die Versammlung
sollte als Gegendemonstration gegen den Aufzug einer Gruppe, die sich
„Eltern gegen Gewalt“ nannte, auf dem E. in F.-T. stattfinden.
Die Kläger nahmen an der Versammlung des Bündnisses „F.
stellt sich quer“ teil.
Beide Versammlungen wurden von Polizeikräften begleitet.
Zwei uniformierte Beamte machten mit einer Digitalkamera Bilder von der
Versammlung des Klägers zu 1). Noch während die Versammlung andauerte,
veröffentlichte der Beklagte auf dem Facebook-Profil „Polizei NRW F.“ und auf Twitter
unter der Überschrift „Demonstrationen in T.“ Mitteilungen über den Verlauf des
Einsatzes und Bilder von diesem. Auf diesen Bildern sind Polizeikräfte
und-fahrzeuge ebenso zu sehen wie Teilnehmer der Versammlungen, darunter die
Kläger.
Der Prozessbevollmächtigte der Kläger, der ebenfalls an der
Versammlung des Bündnisses „F. stellt sich quer“ teilnahm, sprach die
fotografierenden Polizeibeamten auf die Fertigung der Lichtbilder an, nachdem
verschiedene Versammlungsteilnehmer die Beamten bemerkt hatten. Dabei stellte
er die Frage nach der Rechtsgrundlage und verband diese mit dem Hinweis, dass
es sich um einen Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung der
aufgenommenen Personen sowie um einen Eingriff in die Versammlungsfreiheit
handele.
In seiner E-Mail an den Beklagten vom 16. Mai 2018 stellte
der Prozessbevollmächtigte der Kläger erneut die Frage nach der Rechtsgrundlage
für die Anfertigung der Fotos und deren Veröffentlichung sowie danach, was mit
dem Bildmaterial geschehen sei. Auf den Fotos seien die Versammlungsteilnehmer
klar erkennbar. Der Beklagte antwortete hierauf nicht.
Die Kläger haben am 4. Juli 2018 Klage erhoben, zu deren
Begründung sie im Wesentlichen vorgetragen haben:
Die Klage sei als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO
statthaft. Die Kläger seien analog § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Das ohne
Einwilligung erfolgte Fertigen von Lichtbildern durch Polizeibeamte von der
Versammlung am 6. Mai 2018, auf denen die Kläger in identifizierbarer Weise zu
sehen seien, und die anschließende Veröffentlichung dieser Bilder auf Facebook
und Twitter stellten einen Eingriff in das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG dar.
Darüber hinaus seien beide Kläger in ihrer Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs.
1 GG betroffen. Ein Eingriff in dieses Grundrecht liege vor, wenn Bürger aus
Sorge vor staatlicher Überwachung von der Teilnahme an der Versammlung
abgeschreckt werden könnten. Das nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche
berechtigte Feststellungsinteresse bestehe unter dem Gesichtspunkt der
Wiederholungsgefahr. Darüber hinaus sei das Feststellungsinteresse im Hinblick
auf die Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses, das Rehabilitationsinteresse
und mit Blick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG
anzuerkennen. Gegen einen sich typischerweise kurzfristig erledigenden schweren
Eingriff in Art. 8 Abs. 1 GG und in Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG müsse
Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren eröffnet sein. Die Schwere des Eingriffs
ergebe sich daraus, dass aufgrund der heutzutage üblichen hohen Auflösung auch
bei weitwinkligen Aufnahmen unproblematisch ohne nennenswerte technische
Kenntnisse ein Heranzoomen bis ins Detail möglich sei. Ihr
Prozessbevollmächtigter habe die Kläger auf den im Internet verbreiteten
Fotografien ohne Probleme erkennen können. Erschwerend komme hinzu, dass der
Eingriff nicht nur flüchtig gewesen sei. Die Fotoaufnahmen seien durch den
Beklagten gespeichert worden. Im Fall von Versammlungen, bei denen die
Bürgerinnen und Bürger sicher sein sollten, dass ihre Teilnahme nicht staatlich
registriert werde, sei ein Fotografieren durch Polizeibeamte ohne jeden Anlass
geeignet, ein Gefühl des Überwachtwerdens hervorzurufen. Dabei komme es nicht
darauf an, ob die Beamten am Rand der Versammlung oder mitten in ihr stünden.
Insbesondere sei für Versammlungsteilnehmer nicht ohne Weiteres zu erkennen,
was letztlich auf den Aufnahmen zu sehen sei. Damit liege auch ein
schwerwiegender Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht vor. Die
Betroffenen wüssten bis heute nicht, was mit den Daten geschehen sei,
insbesondere nicht, wann sie gelöscht und ob sie ggf. anderweitig zur
Identifizierung einzelner Versammlungsteilnehmer (z. B. anlässlich von
Ermittlungsverfahren) verwendet werden sollten.
Die Klage sei auch begründet. Die Anfertigung der Lichtbilder
und deren anschließende Veröffentlichung auf Facebook und Twitter entbehrten
einer Ermächtigungsgrundlage. Die Regelungen der § 19a, § 12a Abs. 1 Satz 1
VersG erlaubten die Anfertigung von Bildaufnahmen von Teilnehmern einer
Versammlung oder im Zusammenhang mit öffentlichen Versammlungen nur, wenn
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigten, dass von ihnen
erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgingen. Auf
die allgemeine Befugnis zur Öffentlichkeitsarbeit könne die Maßnahme nicht
gestützt werden, weil es jedenfalls an der Verhältnismäßigkeit fehle. Die
Lichtbilder dienten lediglich der Bebilderung von Beiträgen des Beklagten ohne
größeren inhaltlichen Mehrwert. Mit dem Bewusstsein, dass die Teilnahme an
einer Versammlung festgehalten werde bzw. die Möglichkeit hierzu bestehe, sei
eine Einschüchterungswirkung verbunden, die zugleich auf die Grundlagen der
demokratischen Auseinandersetzung zurückwirke.
§ 4 PresseG NRW enthalte keine Befugnis zur Datenerhebung, sondern
statuiere ein Informationsrecht der Presse. Mit Blick auf den
verfassungsrechtlichen Vorbehalt des Gesetzes bei Eingriffen in Grundrechte sei
auch der vom Beklagten angeführte Runderlass des Ministeriums für Inneres und
Kommunales NRW vom 15. November 2011 – 401 – 58.02.05 „Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit der Polizei Nordrhein-Westfalen“ keine taugliche
Rechtsgrundlage.
Aus der Rechtswidrigkeit der Erhebung folge zugleich, dass
die Veröffentlichung – erst recht in sozialen Netzwerken – rechtswidrig sei.
Der Beklagte könne die Veröffentlichung nicht auf § 23 Abs. 1 Nr. 3 KunstUrhG
stützen. Die Norm ermächtige zu einer Veröffentlichung, nicht aber zu einer
ungezügelten Weitergabe personenbezogener Daten an private Unternehmen in
Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union. Art. 85 DSGVO erlaube nationale
Gesetze mit Abweichungen von der DSGVO nur zugunsten der Verarbeitung zu
journalistischen Zwecken. Er stelle auf die freie Meinungsäußerung und die
Informationsfreiheit ab, auf die sich der Beklagte nicht berufen könne, weil er
nicht Grundrechtsträger sei. Im Übrigen bestehe mit § 24 KunstUrhG eine
Sondervorschrift für Behörden, die lediglich für die Rechtspflege und die
öffentliche Sicherheit die Möglichkeit eröffne, Bildnisse ohne Einwilligung des
Berechtigten sowie des Abgebildeten zu vervielfältigen, verbreiten oder
öffentlich zur Schau zu stellen. Die Abwägungsentscheidung des Gesetzgebers im
Hinblick auf Versammlungen nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 KunstUrhG sei ersichtlich
nicht von dem Willen getragen gewesen, dem Staat eine Eingriffsbefugnis zu
vermitteln. Der Gesetzgeber habe vielmehr das allgemeine Persönlichkeitsrecht
zu anderen Grundrechten, insbesondere der Presse und der Medien, abgewogen.
Die Kläger haben beantragt,
festzustellen, dass die Anfertigung von Lichtbildern der
Versammlung vom 6. Mai 2018 in F.-T. rechtswidrig war,
und festzustellen, dass die Veröffentlichung von
Lichtbildern der Versammlung vom 6. Mai 2018 in F.-T. im Internet unter
www.twitter.com und www.facebook.com rechtswidrig war.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen:
Die Klage sei unzulässig, weil es am Rechtsschutzinteresse
fehle. Es liege kein schwerer Eingriff in die Versammlungsfreiheit vor. Die
Versammlung sei weder unterbunden noch aufgelöst worden. Die Anfertigung und
Veröffentlichung der Bildaufnahmen könnten keine schwere Beeinträchtigung der
Versammlungsfreiheit darstellen, weil der Ablauf der Versammlung durch diese
Maßnahmen in keiner Weise berührt worden sei. Es bestehe keine
Wiederholungsgefahr. Selbst wenn der Kläger zu 1) in Zukunft erneut eine
vergleichbare Versammlung anmelden und an dieser teilnehmen würde, könne nicht
davon ausgegangen werden, dass auf künftigen Fotos wieder der Kläger zu 1) oder
der Kläger zu 2) zu sehen sein würden und ein Bild dieses Inhalts
veröffentlicht werde. Die Feststellung sei zur Rehabilitation der Kläger nicht
erforderlich. Einer gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der
angegriffenen Maßnahmen bedürfe es nach alledem auch unter Berücksichtigung von
Art. 19 Abs. 4 GG nicht.
Die Klage sei zudem unbegründet. Die Anfertigung und
Veröffentlichung der Bilder auf Twitter und Facebook seien rechtmäßig gewesen.
Sowohl die Bildaufnahmen an sich als auch deren Veröffentlichung erfolgten als
Teil der einsatzbegleitenden, standardisierten Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
der Polizei F.     . Die Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit der Polizei diene gleichermaßen der
Informationsverpflichtung nach § 4 PresseG NRW wie der anlassbezogenen
Information der Öffentlichkeit. Konkret zeigten die Bildaufnahmen vordergründig
Vollzugsbeamtinnen und -beamte, Fahrzeuge oder Absperrungen der Polizei und
damit insgesamt sog. Einsatzmittel der Polizei. Die Bilder seien darüber hinaus
weitwinklig angefertigt, so dass die jeweils im Hintergrund abgebildete
Menschenmenge bewusst nicht im Fokus des Geschehens stehe. Mit den Bildern
solle ausschließlich das Vertrauen der Bevölkerung in die professionelle
Aufgabenerledigung der F. Polizei sowie das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung
gestärkt werden. Beides seien per Runderlass des Ministeriums für Inneres und
Kommunales NRW vom 15. November 2011 – 401 – 58.02.05 „Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit der Polizei Nordrhein-Westfalen“ deklarierte Ziele.
Darüber hinaus sei die Polizei F. durch den Runderlass des Ministeriums für
Inneres und Kommunales NRW vom 30. September 2016 – 4/LRed 11.04.06
„Nutzung sozialer Netzwerke im Internet durch die Polizeibehörden des
Landes NRW“ dazu verpflichtet, Facebook und Twitter im Rahmen der
einsatzbegleitenden Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zu nutzen. Dies gelte insbesondere
für Versammlungslagen. Dazu gehörten auch Bilder von der Einsatzörtlichkeit,
die einen Eindruck von der Situation vor Ort besser vermittelten als Texte. Die
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit werde bei der Polizei F. von geschulten
Spezialkräften in einer eigens hierzu eingerichteten Organisationseinheit
„PÖA“ geleistet. Dieser Organisationseinheit gehörten auch die
Beamten an, die vorliegend die Bildaufnahmen gefertigt und veröffentlicht
hätten.
Gleichwohl bedürfe die Verarbeitung personenbezogener Daten
stets einer Ermächtigungsgrundlage. Diese sei mit § 23 Abs. 1 Nr. 3 KunstUrhG
gegeben. Gemäß § 5 Abs. 7 DSG NRW n. F. blieben die §§ 22 bis 24 KunstUrhG für
öffentliche Stellen unberührt. Die Veröffentlichung der Bilder sei auch
verhältnismäßig gewesen. Die Veröffentlichung in den sozialen Netzwerken
Twitter und Facebook „in Echtzeit“ erfolge am Puls der Zeit.
Hierdurch werde gerade in der heutigen Zeit ein großer Teil der Bevölkerung
erreicht. Deshalb sei insbesondere die Veröffentlichung auf diesem Weg
geeignet, den legitimen Zweck transparenter Polizeiarbeit zu erreichen. Es sei
kein gleich geeignetes milderes Mittel ersichtlich. Für die Kläger sei die
Veröffentlichung der Bilder in der konkreten Situation zumutbar. Auf keiner der
Aufnahmen seien sie als Einzelpersonen dargestellt oder überhaupt erkennbar.
Keines der veröffentlichten Bilder fokussiere die Kläger oder sonst einen
Versammlungsteilnehmer. Am 6. Mai 2018 seien ausschließlich weitwinklige
Übersichtsaufnahmen gepostet worden, bei denen einzelne Gesichter aus einer
Vielzahl von abgebildeten Personen allenfalls technisch aufwendig nachträglich
identifizierbar gemacht werden könnten. Sowohl beim Datentransfer als auch
durch die Veröffentlichung auf den sozialen Plattformen werde die Bildqualität
technisch deutlich reduziert, so dass die Herstellung eines Portraits nicht
oder nur mit hochwertigen technischen Mitteln und Kenntnissen möglich sei. Um
besonders behutsam auf die Interessen der Versammlungsteilnehmer Rücksicht zu
nehmen, hätten sich die fotografierenden Beamten ausschließlich am Rand der
Versammlung aufgehalten und nur wenige Bilder für die Verwendung in den
sozialen Netzwerken gefertigt. Sie hätten dabei stets genügend Abstand zu den
Teilnehmern der Versammlung gehalten, um lediglich Übersichtsaufnahmen zu
machen. Zu keinem Zeitpunkt sei der Eindruck staatlicher Überwachung oder von
Abschreckung entstanden. Als Teilnehmer einer öffentlichen Versammlung, die auf
einem für jedermann frei zugänglichen Platz stattfinde, liege es in der Natur
der Sache, dass Bildaufnahmen der Versammlung gefertigt und veröffentlicht
würden. Dies gehöre als Teil einer Berichterstattung über Zeitgeschehnisse zum
allgemeinen Lebensrisiko, dem sich jeder mit der Teilnahme an der Versammlung
freiwillig aussetze. Auch ein Verstoß gegen Nr. 2 des „Erlasses zur
Nutzung sozialer Netzwerke im Internet durch die Polizeibehörden des Landes
NRW“ vom 30. September 2016 liege nicht vor, da gegen die abgebildeten
Personen keine polizeilichen Maßnahmen getroffen worden seien. Aus demselben
Grund sei auch nicht etwa das Versammlungsgesetz einschlägig. Aufgaben der
Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung habe der Beklagte weder wahrgenommen noch
wahrnehmen wollen.
Der Beklagte achte das Recht einer betroffenen Person auf Vergessenwerden
(Art. 17 Abs. 1 DSGVO). Dementsprechend habe er alle zum Zweck der Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit am Tag der Versammlung „F. stellt sich quer“
gefertigten Fotodateien umgehend nach deren Veröffentlichungen bei Facebook und
Twitter wieder gelöscht. Der Beklagte sei der Zweckbindung im Sinne des § 9
Abs. 1 DSG NRW n. F. (§ 13 DSG NRW a. F.) unterworfen. Das bedeute, die zum
Zweck der Öffentlichkeitsarbeit erhobenen Daten, hier die
streitgegenständlichen Fotos im Dateiformat, würden unmittelbar und
ausschließlich für den Zweck der Öffentlichkeitsarbeit verarbeitet. Die von den
Klägern vorgetragene Besorgnis der ausufernden Weitergabe personenbezogener
Daten an Dritte könne nicht nachvollzogen werden. Facebook und Twitter
unterlägen beide als Unternehmen dem sachlichen und räumlichen
Anwendungsbereich der DSGVO und damit dem europäischen Datenschutzreglement.
Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Verarbeitung von personenbezogenen
Daten verhalte es sich nach alter wie neuer datenschutzrechtlicher Rechtslage
gleich. Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit öffentlicher Stellen bedürfe es im
Regelfall keiner Einwilligung der betroffenen Personen. Rechtsgrundlage für die
Erhebung der personenbezogenen Daten der Kläger durch den Beklagten, also das Fotografieren,
sei § 3 DSG NRW n. F. Dass gerade die Öffentlichkeitsarbeit eine im Interesse
der Öffentlichkeit liegende Aufgabe sei, zeige die in Bezug genommene
Erlasslage zur Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Polizeibehörden in NRW.
Das gesteigerte Informationsinteresse der Gesellschaft gerade im
Social-Media-Bereich zu bedienen, sei durch eine ausschließlich textliche
Beschreibung von Sachverhalten bzw. Einsatzlagen nicht umzusetzen. Von den
öffentlichen Stellen werde verlangt, eine objektive Berichterstattung in
Echtzeit zu leisten.
Mit Urteil vom 23. Oktober 2018 hat das Verwaltungsgericht
der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die
Feststellungsklage sei zulässig und begründet. Das Fotografieren der
Versammlung – auch zu dem vom Beklagten allein verfolgten Zweck der
Öffentlichkeitsarbeit in sozialen Medien – stelle einen Eingriff in das
Grundrecht der Kläger auf Versammlungsfreiheit dar. Der Einsatz der Beamten der
Presse- und Öffentlichkeitsabteilung sei geeignet gewesen, bei den
Versammlungsteilnehmern das Gefühl des Überwachtwerdens mit den damit
verbundenen Unsicherheiten und Einschüchterungseffekten zu erzeugen. Mit Blick
auf den grundrechtlich geschützten staatsfreien Charakter von Versammlungen sei
der Kameraeinsatz auch für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit allenfalls auf der
Grundlage einer auf das notwendige Maß beschränkten gesetzlichen Ermächtigung
zulässig gewesen. Eine solche fehle jedoch. Unabhängig davon, dass er sich
aufgrund des Grundsatzes der Polizeifestigkeit der Versammlung und der
abschließenden Regelung der Zulässigkeit von Bildaufnahmen in § 12a, § 19a
VersG nicht auf Ermächtigungsgrundlagen außerhalb des Versammlungsgesetzes
stützen könne, trügen die vom Beklagten herangezogenen Rechtsgrundlagen das
streitgegenständliche Fotografieren während der Versammlung auch inhaltlich
nicht. Der Beklagte könne sich nicht auf § 23 Abs. 1 Nr. 3 KunstUrhG berufen. §
4 PresseG NRW sei ebenso keine taugliche Ermächtigungsgrundlage wie § 4 DSG NRW
a. F. und die vom Beklagten angeführten ministeriellen Erlasse.
Mit Beschluss vom 6. März 2019 hat der Senat die Berufung
des Beklagten wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Zu deren Begründung wiederholt und vertieft der Beklagte
sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt er vor:
Die Anfertigung von Lichtbildaufnahmen am 6. Mai 2018 zu
Zwecken der reinen polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit stelle keinen Eingriff
in das Grundrecht aus Art. 8 Abs. 1 GG dar. Betroffen sei – wenn überhaupt –
allein das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG.
Dies habe zur Konsequenz, dass die Anfertigung und Veröffentlichung der
Lichtbildaufnahmen auf die Regelungen des Kunsturhebergesetzes gestützt werden
könnten. Rechtliche Folge der ausschließlichen Betroffenheit des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts sei, dass die Legitimation für die
verfahrensgegenständlichen Lichtbilder auch außerhalb der Regelungen des
Versammlungsrechts verankert sein könne. Die sog. Polizeifestigkeit der
Versammlungsfreiheit stehe dem nicht entgegen. Dessen ungeachtet sei anerkannt,
dass das Versammlungsrecht lückenhaft sei. Der Rückgriff auf allgemeine
Rechtsgrundlagen sei etwa eröffnet, soweit diese „Minusmaßnahmen“
enthielten, die im Versammlungsgesetz selbst nicht vorhanden seien. Dieses
gelte darüber hinaus nur für die Abwehr versammlungsspezifischer Gefahren. Gehe
es hingegen um ein staatliches Handeln, das mit der Ausübung des
Versammlungsrechts in keinem inneren Zusammenhang stehe und sich nur faktisch
auf die Versammlung auswirke, sei der Rückgriff auf allgemeine Rechtsgrundlagen
zulässig. Die polizeiliche Öffentlichkeitsarbeit, die zugleich Bestandteil des
Demokratieprinzips sei, weise keinerlei Versammlungsspezifik auf. Berichte die
Polizei als Versammlungsbehörde anlässlich eines Versammlungsgeschehens von
ihrem Einsatz, handele es sich um eine reflexhafte Berührung einer Versammlung.
Ein inhaltlicher Bezug sei damit nicht verbunden und werde auch nicht
hergestellt. Im rechtswissenschaftlichen Schrifttum werde daher ausdrücklich
festgestellt, dass die Polizeifestigkeit des Versammlungsrechts nicht bedeuten
könne, dass in die Versammlungsfreiheit nur auf der Grundlage des
Versammlungsgesetzes eingegriffen werden könne.
Entscheidend sei, dass ein Fall des § 23 Abs. 1 Nr. 3
KunstUrhG vorliege, bei dem eine Einwilligung der Betroffenen ausnahmsweise
nicht erforderlich sei. Wie § 24 KunstUrhG zeige, gälten die Verbots- und
Ausnahmetatbestände dieses Gesetzes in vollem Umfang auch für staatliche
Stellen. § 23 Abs. 1 Nr. 3 KunstUrhG stehe im unmittelbaren Zusammenhang mit
dem berechtigten Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Wer in der
Öffentlichkeit an Veranstaltungen und ähnlichen Vorgängen teilnehme, müsse
damit rechnen, dass er im Zuge des Geschehens abgebildet werde und seine
persönlichkeitsrechtlichen Belange insoweit hintanstellen. Zwar betreffe die
Vorschrift ihrem Wortlaut nach nur die Veröffentlichung von Aufnahmen. Hiervon
werde indes erst recht die Anfertigung der Bilder mitumfasst. Die Erkennbarkeit
eines Einzelnen oder einzelner Abgebildeter schließe die Rechtfertigung nicht
aus. Die Rückausnahme des § 23 Abs. 2 KunstUrhG habe am 6. Mai 2018
offensichtlich nicht vorgelegen. Die Anfertigung und Nutzung der Lichtbildaufnahmen
habe für keine der teilnehmenden Personen eine irgendwie geartete
persönlichkeitsrechtsrelevante Gefahrenlage mit sich gebracht.
Der Beklagte habe hiermit das Ziel einer sachlichen und
zutreffenden Information der Öffentlichkeit verfolgt. Es liege keine
„exzessive“ staatliche Observation vor. Nach allgemeinen Grundsätzen
dürfe jede Behörde, auch die Polizei, die Öffentlichkeit informieren. Insoweit
müssten Behörden die Möglichkeit haben, neue Medien und Wege der
Informationsvermittlung nutzen zu können.
Selbst wenn man annähme, der Schutzbereich des Art. 8 Abs.1
GG sei betroffen, habe der Beklagte in diesen nicht in
rechtfertigungsbedürftiger Weise eingegriffen. Andernfalls drohe eine
vollständige Subjektivierung des Eingriffsbegriffs im Versammlungsrecht. Die
innere Unbefangenheit – das Gefühl der unbegrenzten Möglichkeiten (die sog.
innere Versammlungsfreiheit) – sei kein zuverlässig bestimmbares
grundrechtliches Schutzgut. Auch von einem Überraschungs- oder
Überrumpelungseffekt bei den Teilnehmern könne nicht ausgegangen werden. Der
Fall sei von der Besonderheit geprägt, dass es dem Beklagten am 6. Mai 2018 in
keiner Weise auf eine Observation oder Identifizierung der Versammlung oder
ihrer Teilnehmerinnen und Teilnehmer angekommen sei.
Der Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Dazu tragen sie
vor:
Der Einsatz der Beamten des Beklagten sei geeignet gewesen,
bei den Versammlungsteilnehmern das Gefühl des Überwachtwerdens mit den damit
verbundenen Unsicherheiten und Einschüchterungseffekten zu erzeugen. Dies laufe
nicht auf eine vollständige Subjektivierung des Eingriffsbegriffs hinaus. Das
Verwaltungsgericht habe anhand der äußeren Umstände des Einsatzes eine
Überschreitung der Eingriffsschwelle festgestellt. Für den Eingriff fehle es an
einer Ermächtigungsgrundlage. Darüber hinaus sei der Eingriff jedenfalls
unverhältnismäßig. Zum einen habe der Beklagte nicht nur einige wenige Bilder
angefertigt, sondern eine Vielzahl zu unterschiedlichen Zeiten. In der Folge
sei die Versammlungsfreiheit der Teilnehmer über einen längeren Zeitraum
beeinträchtigt worden, ohne dass dies für die Aufgabenwahrnehmung notwendig
gewesen wäre. Ferner wäre die Eingriffsintensität herabgesetzt worden, hätten
die Beamten den Zweck der Maßnahme unaufgefordert zumindest dem
Versammlungsleiter mitgeteilt. Dies sei nicht geschehen. Stattdessen habe der
Beklagte eine Beeinträchtigung der inneren Versammlungsfreiheit sehenden Auges
in Kauf genommen. Schließlich hätte eine Kennzeichnung der Beamten den
Versammlungsteilnehmern den Zweck der Maßnahme vor Augen führen können. Nach
eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht
verfahre der Beklagte mittlerweile so, dass die Beamten durch Westen mit einer
Aufschrift besonders gekennzeichnet seien.
Gemäß § 23 Abs. 2 KunstUrhG sei eine Befugnis, Lichtbilder
einer Person ohne die erforderliche Einwilligung zu verbreiten oder zur Schau
zu stellen, nicht gegeben, wenn ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten
verletzt werde. Ein solches berechtigtes Interesse liege vor. Bei den
Lichtbildern handele es sich um besondere Kategorien personenbezogener Daten
(vgl. § 3 Abs. 9 BDSG a. F., Art. 9 Abs. 1 DSGVO), weil durch sie die
politische Meinung der Abgebildeten erkennbar werde. Es habe keine
Erforderlichkeit für die Anfertigung und Veröffentlichung der Lichtbilder
bestanden. Der Beklagte hätte auch ohne Lichtbilder der Kläger und der übrigen
Versammlungsteilnehmer im Internet informieren können. Er hätte, was bei
Accounts von Behörden allgemein üblich sei, Symbolbilder verwenden können. Zu
berücksichtigen sei ferner, dass mit der Veröffentlichung im Internet eine
potentiell unbegrenzte Verbreitung der Lichtbilder verbunden ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands
wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des Verwaltungsvorgangs des
Beklagten Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.
Die Klage ist zulässig (dazu I.) und begründet (dazu II.).
I. Die Klage ist zulässig.
1. Sie ist als Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO
statthaft. Bei der streitgegenständlichen Frage, ob die Anfertigung von
Lichtbildern der Versammlung vom 6. Mai 2018 in F.-T. durch Beamte des
Beklagten und deren Veröffentlichung im Internet unter www.twitter.com und
www.facebook.com auf dem Account der Polizei F. rechtswidrig war, handelt es
sich um ein nach dieser Bestimmung feststellungsfähiges – vergangenes –
Rechtsverhältnis.
Vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen an die
Statthaftigkeit zuletzt etwa BVerwG, Urteile vom 25. Oktober 2017 – 6 C 46.16
-, juris Rn. 12, vom 13. September 2017 – 10 C 6.16 -, jurisRn. 11, und vom 16.
Juni 2015 – 10 C 14.14 -, juris Rn. 18 f.
Die Feststellungsklage ist nicht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1
VwGO subsidiär. Denn die Kläger können ihre Rechte nicht durch Gestaltungs-
oder Leistungsklage verfolgen.
2. Die Kläger haben ein berechtigtes Feststellungsinteresse
im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO und sind analog § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt.
Vgl. zu dem letztgenannten Erfordernis im Rahmen der
Feststellungsklage beispielsweise BVerwG, Urteile vom 13. September 2017 – 10 C
6.16 -, juris Rn. 14, vom 27. Mai 2009- 8 C 10.08 -, juris Rn. 24, und vom 28.
Juni 2000 – 11 C 13.99 -, juris Rn. 32.
Das berechtigte Interesse des § 43 Abs. 1 VwGO schließt
jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher
oder auch ideeller Art ein. Entscheidend ist, dass die gerichtliche
Feststellung geeignet erscheint, die Rechtsposition der Kläger in den genannten
Bereichen zu verbessern.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Oktober 2017- 6 C 46.16 -,
juris Rn. 20, vom 13. September 2017 – 10 C 6.16 -, juris Rn. 13, vom 2.
Dezember 2015 – 10 C 18.14 -, juris Rn. 15, vom 28. Januar 2010 – 8 C 38.09 -,
juris Rn. 54, und vom 26. Januar 1996 – 8 C 19.94 -, juris Rn. 20.
Geht es – wie hier – um ein vergangenes, erledigtes
Rechtsverhältnis, kommt ein Feststellungsinteresse insbesondere in Fällen
gewichtiger, allerdings in tatsächlicher Hinsicht überholter
Grundrechtseingriffe in Betracht. Insoweit gebietet das Grundrecht auf
effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, die Möglichkeit einer
gerichtlichen Klärung zu eröffnen, wenn die direkte Belastung durch den
angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine
Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung
kaum erlangen kann. Solche Eingriffe können auch durch Beeinträchtigungen des
Grundrechts auf Versammlungsfreiheit nach Art. 8 Abs. 1 GG bewirkt werden,
gegen die Rechtsschutz in dem dafür verfügbaren Zeitraum typischerweise nur im
Eilverfahren erreichbar ist. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährt nach Maßgabe der
Sachentscheidungsvoraussetzungen aber einen Anspruch auf Rechtsschutz in der
Hauptsache und nicht nur auf Rechtsschutz in einem Eilverfahren.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Juli 2016 – 1 BvR 1705/15 -,
juris Rn. 11, Urteil vom 27. Februar 2007 – 1 BvR 538/06, 1 BvR 2045/06 -,
jurisRn. 69, Beschlüsse vom 3. März 2004 – 1 BvR 461/03 -, juris Rn. 28 f., und
vom 5. Dezember 2001 – 2 BvR 527/99, 2 BvR 1337/00, 2 BvR 1777/00 -, juris Rn.
36; BVerwG, Urteile vom25. Oktober 2017 – 6 C 46.16 -, juris Rn. 20, vom 13.
September 2017 – 10 C 6.16 -, juris Rn. 13, vom 20. Juni 2013 – 8 C 39.12 -,
juris Rn. 26 ff., und vom 16. Mai 2013 – 8 C 14.12 -, juris, Rn. 29 ff.
Gemessen an diesen Maßstäben kommt den Klägern zur Gewährung
effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ein berechtigtes
Interesse an der begehrten Feststellung zu. Das streitbefangene Anfertigen von
Fotos der Versammlung vom 6. Mai 2018 durch Polizeibeamte und deren
Veröffentlichung im Internet auf Twitter und Facebook war auf die Dauer der
Versammlung beschränkt und hat sich mit deren Beendigung bzw. mit dem Löschen
der Einträge durch den Beklagten erledigt. Aufgrund dieses Zeitablaufs war es
den Klägern nicht möglich, rechtzeitig Rechtsschutz gegen diese Maßnahmen zu
erreichen. Dieser Rechtsschutz ist ihnen nunmehr in Gestalt der
Feststellungsklage zu eröffnen. Nach dem Vorbringen der Kläger erscheint es,
was für die Bejahung der Zulässigkeit ausreichend ist, zumindest als möglich,
dass die in Rede stehenden Maßnahmen als gewichtiger Eingriff in ihr Grundrecht
auf Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 GG zu qualifizieren sind, weil sie
Anmelder bzw. Teilnehmer der Versammlung waren. Entsprechendes gilt wegen der
Abbildung der Kläger auf den im Internet geposteten Fotografien für einen
Eingriff das allgemeines Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung
mit Art. 1 Abs. 1 GG.
Aufgrund der von ihnen schlüssig vorgetragenen
Grundrechtseingriffe sind die Kläger zugleich auch analog § 42 Abs. 2 VwGO
klagebefugt.
II. Die Klage ist auch begründet.
1. Die Kläger haben einen Anspruch auf die mit dem
Klageantrag zu 1) begehrte Feststellung, dass die Anfertigung von Lichtbildern
von der Versammlung vom 6. Mai 2018 in F.-T. durch Beamte des Beklagten
rechtswidrig war.
Das Fotografieren der Versammlung am 6. Mai 2018 ist als
Eingriff in den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG zu qualifizieren (dazu a).
Für diesen Eingriff fehlte es an der erforderlichen gesetzlichen
Ermächtigungsgrundlage (dazu b). Dies gilt auch dann, wenn man jenseits des
Grundsatzes der sog. Polizeifestigkeit des Versammlungsrechts Rechtsgrundlagen
außerhalb des Versammlungsgesetzes in den Blick nimmt (dazu c).
a) Versammlungen sind durch Art. 8 Abs. 1 GG als Ausdruck
gemeinschaftlicher, auf Kommunikation angelegter Entfaltung geschützt und
stellen eine für die Demokratie unentbehrliche Form der Meinungsäußerung und
Meinungsbildung dar. Art. 8 Abs. 1 GG schützt den gesamten Vorgang des
Sich-Versammelns. Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit kann auch durch
faktische Maßnahmen beeinträchtigt werden, wenn diese in ihrer Intensität
imperativen Maßnahmen gleichstehen und eine abschreckende oder einschüchternde
Wirkung entfalten bzw. geeignet sind, die freie Willensbildung und die
Entschließungsfreiheit derjenigen Personen zu beeinflussen, die an
Versammlungen teilnehmen (wollen).
Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 7. November 2015 – 2 BvQ 39/15
-, juris Rn. 11, und vom 11. Juni 1991 – 1 BvR 772/90 -, juris Rn. 16 ff.;
BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2017 – 6 C 46.16 -, juris Rn. 28 und 31 f.
Ob dies der Fall ist, kann nur aufgrund einer Würdigung der
Umstände des jeweiligen Einzelfalls anhand eines objektiven
Beurteilungsmaßstabs festgestellt werden.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2017 – 6 C 46.16 -,
juris Rn. 31 und 33.
Dabei ist die Anfertigung von Übersichtsaufzeichnungen von
einer Versammlung mit Foto- und/oder Videotechnik nach dem heutigen Stand der
Technik für die Aufgezeichneten immer ein Grundrechtseingriff, weil die
Einzelpersonen auch in Übersichtsaufzeichnungen in der Regel individualisierbar
mit erfasst sind. Sie können, ohne dass technisch weitere Bearbeitungsschritte
erforderlich sind, durch schlichte Fokussierung erkennbar gemacht werden, so
dass einzelne Personen identifizierbar sind. Ein prinzipieller Unterschied
zwischen Übersichtsaufzeichnungen und personenbezogenen Aufzeichnungen besteht
diesbezüglich, jedenfalls nach dem Stand der heutigen Technik, nicht.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 2009 – 1 BvR 2492/08
-, juris Rn. 130; ebenso VerfGH Berlin, Urteil vom 11. April 2014 – 129/13 -,
juris Rn. 48.
Die polizeiliche Erstellung von Übersichtsaufzeichnungen
führt daher zu gewichtigen Nachteilen. Sie begründet für Teilnehmer an einer
Versammlung das Bewusstsein, dass ihre Teilnahme und die Form ihrer Beiträge
unabhängig von einem zu verantwortenden Anlass festgehalten werden können und
die so gewonnenen Daten über die konkrete Versammlung hinaus verfügbar bleiben.
Dabei handelt es sich überdies um sensible Daten. In Frage stehen
Aufzeichnungen, welche die gesamte – möglicherweise emotionsbehaftete –
Interaktion der Teilnehmer optisch fixieren und geeignet sind, Aufschluss über
politische Auffassungen sowie weltanschauliche Haltungen zu geben. Das
Bewusstsein, dass die Teilnahme an einer Versammlung in dieser Weise
festgehalten wird, kann Einschüchterungswirkungen haben, die zugleich auf die
Grundlagen der demokratischen Auseinandersetzung zurückwirken. Wer damit
rechnet, dass die Teilnahme an einer Versammlung behördlich registriert wird
und dass ihm dadurch persönliche Risiken entstehen können, wird möglicherweise
auf die Ausübung seines Grundrechts verzichten. Dies würde nicht nur die
individuellen Entfaltungschancen des Einzelnen beeinträchtigen, sondern auch
das Gemeinwohl, weil die kollektive öffentliche Meinungskundgabe eine
elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungs- und Mitwirkungsfähigkeit
seiner Bürger gegründeten demokratischen und freiheitlichen Gemeinwesens ist.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 2009 – 1 BvR 2492/08
-, juris Rn. 131.
Dies gilt auch für „flüchtige“, d. h. nicht
gespeicherte Aufnahmen bzw. Bildübertragungen.
Vgl. zu solchen Nds. OVG, Urteil vom 24. September 2015 – 11
LC 215/14 -, juris Rn. 22; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 5. Februar 2015 – 7 A
10683/14 -, juris Rn. 31; VG Berlin, Urteile vom 26. April 2012 – 1 K 818.09 -,
juris Rn. 23 ff., und vom 5. Juli 2010 – 1 K 905.09 -, juris Rn. 15 f.; VG
Münster, Urteil vom 21. August 2009 – 1 K 1403/08 -, juris Rn. 15; Kniesel, in:
Dietel/Gintzel/Kniesel, VersG, 18. Aufl. 2019, § 12a Rn. 9; anderer Ansicht
Enders, in: Dürig-Friedl/Enders, VersG, 2016, § 12a Rn. 6.
Ohne Eingriffsqualität können demgegenüber unter Umständen
bloße Übersichtsaufnahmen sein, die erkennbar der Lenkung eines
Polizeieinsatzes namentlich von Großdemonstrationen dienen und hierfür
erforderlich sind, oder die reine Beobachtung durch begleitende Beamte oder
sonstige Dritte.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. November 2010 – 5 A 2288/09
-, juris Rn. 4, unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985 – 1 BvR
233/81, 1 BvR 341/81 -, juris Rn. 70 – Brokdorf -, wonach der staatsfreie
unreglementierte Charakter einer Demonstration nicht durch „exzessive
Oberservationen und Registrierungen“ verändert werden darf; siehe aber
auch Bay. VGH, Urteil vom 15. Juli 2008 – 10 BV 07.2143 -, juris Rn. 23 ff.,
zur Eingriffsqualität der anlasslosen Anwesenheit von Polizeibeamten bei
Versammlungen in geschlossenen Räumen; kritisch zu Übersichtsaufnahmen auch
Koranyi/Singelnstein, NJW 2011, 124, 126.
Hiervon ausgehend war das Anfertigen von Fotos der
Versammlung vom6. Mai 2018, um diese anschließend auf dem Account der Polizei
F. auf Twitter und Facebook zu publizieren, ein Eingriff in Art. 8 Abs. 1 GG.
Das Fotografieren der Versammlungsteilnehmer durch
Polizeibeamte entfaltete eine Abschreckungs- und Einschüchterungswirkung, die
geeignet war, Personen von der Versammlungsteilnahme – und damit von der
Grundrechtswahrnehmung – abzuhalten oder zumindest in ihrem Verhalten während
der Versammlungsteilnahme zu beeinflussen. Dieser Effekt wird noch dadurch
intensiviert, dass für die Versammlungsteilnehmer nicht klar war, zu welchem
Zweck die Aufnahmen gemacht und in welchem – vom Anlass der Versammlung
möglicherweise völlig unabhängigen – Kontext sie ggf. gespeichert und später
verwertet werden.
Vgl. zur Intensivierung des Grundrechtseingriffs durch
derartige Folgewirkungen BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 – 1 BvR 2074/05, 1
BvR 1253/07 -, juris Rn. 80.
Insbesondere hatten die Versammlungsteilnehmer, darunter die
Kläger, keinen Grund zu der Annahme, dass die technischen Möglichkeiten der
eingesetzten Digitalkamera nicht ausreichen würden, um einzelne
Versammlungsteilnehmer individualisierbar abzulichten, sei es im Foto-, sei es
im Videoformat. Schon dieser Umstand war nach dem Gesagten geeignet, die
Versammlungsteilnehmer zu verunsichern und in ihrem Verhalten zu beeinflussen.
Diese Einschätzung wird durch die Angaben des Klägers zu 1) in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat bestätigt, wonach sich mehrere Teilnehmer der
Versammlung vom 6. Mai 2018 bei ihm in seiner Eigenschaft als
Versammlungsleiter nach dem Hintergrund und Zweck der von ihnen wahrgenommenen
polizeilichen Fotografiertätigkeit erkundigt hätten.
Dass die Fotos am 6. Mai 2018 allein zum Zweck der
polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit gemacht wurden, ändert daran nichts. Dies
gilt unabhängig von der Frage, ob Versammlungsteilnehmer auf entsprechende
Auskünfte der Polizei zur spezifischen Zweckbindung solcher Fotos vertrauen
(dürfen) oder ob nicht auch im Fall dieser Zweckbindung die Möglichkeit
besteht, dass diese Bilder unter Umständen unterstützend zur Gefahrenabwehr
oder auch zur Strafverfolgung herangezogen werden, sollte sich im Verlauf einer
Versammlung oder im Nachhinein eine solche Notwendigkeit herausstellen. Im
Gegenteil wird der Abschreckungs- und Einschüchterungseffekt bei lebensnaher
Betrachtung potentiell noch verstärkt, wenn Versammlungsteilnehmern – etwa
durch eine Kennzeichnung der fotografierenden Beamten als Angehörige der
Öffentlichkeitsarbeitsabteilung „PÖA“ – bewusst ist, dass die Fotos
auf dem Twitter- bzw. Facebookaccount der Polizei veröffentlicht werden sollen.
Denn die Versammlungsteilnehmer müssen dann mit einem erheblich gesteigerten
Verbreitungsgrad dieser Lichtbilder und einem entsprechenden breiten –
potentiell weltweiten – Bekanntwerden ihrer Versammlungsteilnahme rechnen.
Abgesehen davon würde auch die Offenlegung des Zwecks der Öffentlichkeitsarbeit
die Versammlungsteilnehmer für sich genommen noch nicht darüber informieren,
welcher Art der Öffentlichkeitsarbeit das Fotografieren dienen soll. Die
Transparenz der Aufgabenwahrnehmung im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit lässt
das Unsicherheitserzeugungspotential des Fotografierens in Bezug auf die
Versammlungsteilnehmer daher nicht per se entfallen.
Dass der Beklagte die Fotos im zu entscheidenden Fall später
gelöscht hat, vermochte im Weiteren nicht zu verhindern, dass diese in der
Zwischenzeit von Teilen der Öffentlichkeit – und zwar über den Augenblick
hinaus – angesehen und auch weitergespeichert werden konnten. Aufgrund dessen
hat der Beklagte die Möglichkeit geschaffen, dass die Versammlungsteilnehmer zu
irgendeinem Zeitpunkt in der Zukunft auch von dritter (privater) Seite mit
ihrer Versammlungsteilnahme konfrontiert werden.
Jedenfalls mit Hilfe digitaler Techniken war es auch
möglich, die fotografierten Teilnehmer der Versammlung vom 6. Mai 2018 zu
individualisieren, mögen auf den Fotos daneben auch die Einsatzkräfte und
-mittel zu sehen gewesen sein. Da an der Kundgebung lediglich ca. 150 Personen
teilnahmen, kann auch von vornherein nicht davon gesprochen werden, dass die
Fotoaufnahmen bloßen Übersichtsaufnahmen gleichstanden, die lediglich der
Lenkung einer Großveranstaltung durch die Polizei dienen und die wegen ihrer
offenkundigen versammlungs- und personenbezogenen Unspezifik die Schwelle eines
Eingriffs in Art. 8 Abs. 1 GG möglicherweise nicht überschreiten.
Darauf, dass sich die Kläger selbst durch die polizeiliche
Kamerapräsenz womöglich nicht haben beeindrucken lassen, kommt es nicht an.
Entscheidend ist, dass das Fotografieren nach objektiven Maßstäben zur
Beeinträchtigung ihrer Versammlungsfreiheit geeignet war.
Nachdem der Eingriff in Art. 8 Abs. 1 GG – wie gezeigt – an
objektiven Kriterien festgemacht werden kann, ist dem Beklagten nicht darin zu
folgen, dass diese Betrachtungsweise einer übermäßigen Subjektivierung des
Eingriffsbegriffs Vorschub leisten würde. Die Bejahung des Eingriffs gründet
nicht auf einem fiktiven, nicht plausibilisierbaren „Gefühl des
Überwachtwerdens“,
so aber wohl Enders, in: Dürig-Friedl/Enders, VersG, 2016, §
12a Rn. 14 ff.,
sondern in dem nach außen tretenden Handeln der Polizei und
dessen absehbaren, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmenden negativen
Folgen für das grundrechtsausübende Verhalten der Versammlungsteilnehmer.
b) Für den somit vorliegenden Eingriff in die
Versammlungsfreiheit bedurfte der Beklagte einer gesetzlichen
Ermächtigungsgrundlage, an der es jedoch fehlt.
Art. 8 GG erlaubt Beschränkungen von Versammlungen unter
freiem Himmel nur nach Maßgabe des Absatzes 2. Danach kann das
Versammlungsgrundrecht für Versammlungen unter freiem Himmel (nur) durch Gesetz
oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden. Soweit das Versammlungsgesetz
abschließende Regelungen hinsichtlich der versammlungsbehördlichen
Eingriffsbefugnisse enthält, geht es als Spezialgesetz dem allgemeinen
Polizeirecht – und anderen Rechtsvorschriften – vor. Seine im Vergleich zum
allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht besonderen Voraussetzungen für
beschränkende Maßnahmen sind Ausprägungen des Grundrechts der
Versammlungsfreiheit.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2004 – 1 BvR 1726/01
-, juris Rn. 18; BVerwG, Beschluss vom 3. Mai 2019 – 6 B 149.18 -, juris Rn. 8,
Urteil vom 25. Oktober 2017 – 6 C 46.16 -, juris Rn. 16, Beschluss vom 16.
November 2010 – 6 B 58.10 -, juris Rn. 6, Urteil vom 25. Juli 2007 – 6 C 39.06
-, juris Rn. 30.
Diese sog. Polizeifestigkeit der Versammlungsfreiheit
bedeutet zwar nicht ausnahmslos, dass in die Versammlungsfreiheit nur auf der
Grundlage des Versammlungsgesetzes eingegriffen werden könnte. Denn das
Versammlungsgesetz enthält keine abschließende Regelung für die Abwehr aller
Gefahren, die im Zusammenhang mit Versammlungen auftreten können. Auf das
Polizei- und Ordnungsrecht darf zurückgegriffen werden, wenn es um die
Verhütung von- nicht versammlungsspezifischen – Gefahren geht.
Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 3. Mai 2019 – 6 B 149.18 -,
juris Rn. 8, und vom 16. November 2010 – 6 B 58.10 -, juris Rn. 6, Urteil vom
25. Juli 2007 – 6 C 39.06 -, juris Rn. 30.
Ausgehend davon konnte sich der Beklagte für das Anfertigen
von Fotos von der Versammlung am 6. Mai 2018, um sie im Rahmen der
Öffentlichkeitsarbeit auf Twitter und Facebook einzustellen, allein auf eine
Ermächtigungsgrundlage aus dem Versammlungsgesetz stützen. Denn Bild- und
Tonaufnahmen von Versammlungen durch die Polizei sind in § 12a VersG – der
über§ 19a VersG auch für Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge gilt –
speziell und abschließend geregelt.
Gemäß § 12a Abs. 1 Satz 1 VersG darf die Polizei Bild- und
Tonaufnahmen von Teilnehmern bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen
Versammlungen nur anfertigen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme
rechtfertigen, dass von ihnen erhebliche Gefahren für die öffentliche
Sicherheit oder Ordnung ausgehen. Nach § 12a Abs. 2 Satz 1 VersG sind die
Unterlagen nach Beendigung der öffentlichen Versammlung oder zeitlich und
sachlich damit unmittelbar im Zusammenhang stehender Ereignisse unverzüglich zu
vernichten, soweit sie nicht für die Verfolgung von Straftaten von Teilnehmern
(Nr. 1) oder im Einzelfall zur Gefahrenabwehr benötigt werden, weil die
betroffene Person verdächtigt ist, Straftaten bei oder im Zusammenhang mit der
öffentlichen Versammlung vorbereitet oder begangen zu haben, und deshalb zu besorgen
ist, dass von ihr erhebliche Gefahren für künftige öffentliche Versammlungen
oder Aufzüge ausgehen (Nr. 2). Unterlagen, die aus den in Satz 1 Nr. 2
aufgeführten Gründen nicht vernichtet wurden, sind in jedem Fall spätestens
nach Ablauf von drei Jahren seit ihrer Entstehung zu vernichten, es sei denn,
sie würden inzwischen zu dem in Satz 1 Nr. 1 aufgeführten Zweck benötigt (§ 12a
Abs. 2 Satz 2 VersG). Die Befugnisse zur Erhebung personenbezogener
Informationen nach Maßgabe der Strafprozessordnung und des Gesetzes über
Ordnungswidrigkeiten bleiben unberührt(§ 12a Abs. 3 VersG).
Dieses anhand der Eingriffsvoraussetzungen, der Vorgaben für
die Aufbewahrung und im Hinblick auf explizit unberührt bleibende weitere
Befugnisse zur Erhebung personenbezogener Informationen ausdifferenzierte
Regelungsprogramm,
vgl. zu diesem im Einzelnen Enders, in: Dürig-Friedl/Enders,
VersG, 2016, § 12a Rn. 3 ff.; Kniesel, in: Dietel/Gintzel/Kniesel, VersG,18.
Aufl. 2019, § 12a Rn. 19 ff.,
verdeutlicht, dass das Versammlungsgesetz polizeiliche
Bildaufnahmen von Versammlungen und deren zweckgebundene Weiterverwendung
umfassend und abschließend normiert. Dafür spricht auch die Gesetzesbegründung
zu § 12a VersG, ausweislich derer der Gesetzgeber nach dem damaligen Stand der
Technik davon ausging, Übersichtsaufnahmen von Versammlungen bedürften mangels
Identifizierbarkeit einzelner Teilnehmer keiner gesetzlichen Grundlage, und
wohl nur deshalb auf eine weitergehende Normierung verzichtete.
Vgl. BT-Drs. 11/4359, S. 17.
Folglich muss sich jegliche mit einer Versammlung im
Zusammenhang stehende, grundrechtsrelevante technische Bildaufnahme durch die
Polizei ausschließlich an dieser Regelung messen lassen.
So auch VG Berlin, Urteil vom 26. April 2012 – 1 K 818/09 -,
juris Rn. 30; Koranyi/Singelnstein, NJW 2011, 124, 125.
§ 19a, § 12a Abs. 1 VersG decken die streitgegenständlichen
Maßnahmen indes nicht. Beweggrund für die Anfertigung der Lichtbilder war die
polizeiliche Öffentlichkeitsarbeit, nicht die Abwehr von Gefahren oder die
Strafverfolgung. Dies macht der Beklagte auch nicht geltend. Er verweist auf
den Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales NRW vom 15. November
2011 – 401 – 58.02.05 „Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Polizei Nordrhein-Westfalen“
und den Runderlass desselben Ministeriums vom 30. September 2016 – 4/LRed
11.04.06 „Nutzung sozialer Netzwerke im Internet durch die Polizeibehörden
des Landes NRW“. Diese Erlasse können das Fehlen einer gesetzlichen
Ermächtigung jedoch nicht kompensieren.
c) Aber auch wenn man nicht von der Einschlägigkeit der sog.
Polizeifestigkeit des Versammlungsrechts ausginge, sondern für den hier
vorliegenden Eingriff in Art. 8 Abs. 1 GG nicht nur das Versammlungsgesetz in
den Blick nimmt, mangelt es an einer tragfähigen Ermächtigungsgrundlage.
aa) Diese ergibt sich nicht aus § 23 Abs. 1 Nr. 3 KunstUrhG.
Das gilt losgelöst davon, ob man die Bestimmung von ihrem
Rechtfertigungspotential her terminologisch als Ermächtigungsgrundlage oder –
wie der Beklagte – als sonstigen Rechtfertigungsgrund bezeichnet.
Nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 KunstUrhG dürfen ohne die nach § 22
KunstUrhG grundsätzlich erforderliche Einwilligung der Betroffenen Bilder von
Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten
Personen teilgenommen haben, verbreitet und zur Schau gestellt werden.
§ 23 Abs. 1 KunstUrhG enthält zugunsten der Informations-,
Abbildungs-, Meinungs- und Kunstfreiheit die wichtigsten Ausnahmen vom
allgemeinen Bildnisschutz nach § 22 KunstUrhG. Die Vorschrift konkretisiert die
grundgesetzlich gebotene Abwägung widerstreitender, gleichermaßen
verfassungsrechtlich geschützter Freiheitsinteressen des Abgebildeten an
Geheimhaltung auf der einen Seite (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) und der
Presse wie auch der Allgemeinheit an Information auf der anderen Seite (Art. 5
Abs. 1 Satz 2 GG).
Vgl. Specht, in: Dreier/Schulze, UrhG, 6. Aufl. 2018, § 23
KunstUrhG Rn. 1; Fricke, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 5. Aufl. 2019, §
23 KunstUrhG Rn. 1; Engels, in: Ahlberg/Götting, BeckOK Urheberrecht, 25.
Edition, Stand: 15. Juli 2019, § 23 KunstUrhG Rn. 1.
Schon aus diesem Grund kann § 23 Abs. 1 Nr. 3 KunstUrhG den
Kameraeinsatz nicht rechtfertigen. Diese Vorschrift ist ersichtlich nicht auf
hoheitliche Maßnahmen zugeschnitten, bei denen ein grundrechtlicher Schutz des
staatlichen Akteurs von vornherein nicht in Betracht kommt. Dies wird auch
dadurch verdeutlicht, dass § 24 KunstUrhG, der explizit an Behörden adressiert
ist, nur die Zulässigkeit der Veröffentlichung von Bildnissen regelt, während
es für die Anordnung der Maßnahme – also das Anfertigen der Bildnisse – einer
eigenständigen rechtlichen Grundlage bedarf. Diese folgt zumeist aus
strafprozessualen Regelungen und kann daher durchaus an engere Voraussetzungen
gebunden sein als die nach § 24 KunstUrhG zulässige Beschränkung des
Bildrechts.
Vgl. Specht, in: Dreier/Schulze, UrhG, 6. Aufl. 2018, § 24
KunstUrhG Rn. 2; Engels, in: Ahlberg/Götting, BeckOK Urheberrecht, 25. Edition,
Stand: 15. Juli 2019, § 24 KunstUrhG Rn. 2.
Im Übrigen führte aber auch eine Interessenabwägung nach§ 23
Abs. 2 KunstUrhG unter Berücksichtigung von Inhalt und Reichweite des Art. 8
Abs. 1 GG angesichts des oben bereits dargelegten heutigen Stands der Technik
mit den stets gegebenen Möglichkeiten zur Individualisierung und
Identifizierung einzelner Versammlungsteilnehmer zu einem Überwiegen der
Interessen der Kläger.
bb) Der beklagtenseits weiter ins Feld geführte § 5 Abs. 7
DSG NRW in der am 25. Mai 2018 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Anpassung
des allgemeinen Datenschutzrechts an die Verordnung (EU)2016/679 und zur
Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Nordrhein-Westfälisches
Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz EU – NRWDSAnpUG-EU) vom 17. Mai
2018 (GV. NRW. S. 244) führt nicht zu einem anderen Verständnis von § 23 Abs. 1
Nr. 3 KunstUrhG.
102
Gemäß § 5 Abs. 7 DSG NRW n. F. bleiben für die nach § 5
unter dieses Gesetz fallenden (öffentlichen) Stellen die Vorschriften der §§ 22
bis 24 und 33 KunstUrhG in seiner jeweils geltenden Fassung unberührt. Die
Regelung dient lediglich der Klarstellung, dass das Kunsturhebergesetz dem
Datenschutzgesetz NRW weiterhin als spezielleres Recht vorgeht.
Mit der Verweisung des § 5 Abs. 7 DSG NRW n. F. geht – schon
aus kompetenzrechtlichen Gründen – indessen keine inhaltliche Erweiterung von §
23 Abs. 1 Nr. 3, § 24 KunstUrhG einher. Hinsichtlich der aus diesen
Bestimmungen ableitbaren Befugnisse des Beklagten bleibt es infolgedessen bei
den obigen Ausführungen.
Nichts anderes ergibt sich im Übrigen aus dem im Zeitpunkt
der Durchführung der Versammlung am 6. Mai 2018 noch geltenden § 4 Abs. 1 Satz
1 DSG NRW a. F., wonach die Verarbeitung personenbezogener Daten nur zulässig
ist, wenn dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt (a) oder
die betroffene Person eingewilligt hat (b). Auch danach hängt die
Rechtmäßigkeit der streitigen Maßnahmen von dem speziellen Rechtsregime der §
19a, § 12a Abs. 1 VersG ab. Das Datenschutzrecht verleiht dem Beklagten keine
weiterreichenden Befugnisse als das Versammlungsrecht; es hat nicht das
Potential und auch nicht die Zielrichtung, Eingriffe in Art. 8 Abs. 1 GG zu
rechtfertigen. Genauso verhält es sich nach § 3 Abs. 1 DSG NRW n. F., wonach
die Verarbeitung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen zulässig
ist, wenn sie für die Wahrnehmung einer im öffentlichen Interesse liegenden
Aufgabe der verarbeitenden Stellen erforderlich ist oder wenn sie in Ausübung
öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde, soweit
spezialgesetzliche Regelungen nicht vorgehen. Deren – sich hier mit Rücksicht
auf Art. 8 Abs. 1 GG ergebender – Vorrang ist bei der Erhebung und
Weiterverarbeitung personenbezogener Daten stets zu beachten.
Diesen Befund bestätigt der – gleichfalls ab dem 25. Mai
2018 anwendbare – Art. 85 Abs. 2 DSGVO.
Für die Datenverarbeitung, die zu journalistischen Zwecken
oder zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken erfolgt,
sehen die Mitgliedstaaten nach dieser Regelung Abweichungen oder Ausnahmen von
Kapitel II (Grundsätze), Kapitel III (Rechte der betroffenen Person), Kapitel
IV (Verantwortlicher und Auftragsverarbeiter), Kapitel V (Übermittlung
personenbezogener Daten an Drittländer oder an internationale Organisationen),
Kapitel VI (Unabhängige Aufsichtsbehörden), Kapitel VII (Zusammenarbeit und
Kohärenz) und Kapitel IX (Vorschriften für besondere Verarbeitungssituationen)
vor, wenn dies erforderlich ist, um das Recht auf Schutz der personenbezogenen
Daten mit der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit in
Einklang zu bringen.
Art. 85 DSGVO erlaubt nationale Gesetze mit Abweichungen von
der DSGVO insbesondere zugunsten der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken.
Er enthält eine Öffnungsklausel, die nicht nur neue Gesetze erlaubt, sondern
auch bestehende Regelungen – soweit sie sich einfügen – erfassen kann.
Vgl. OLG Köln, Beschluss vom 18. Juni 2018 – 15 W 27/18 -,
juris Rn. 5; Lauber-Rönsberg/Hartlaub, NJW 2017, 1057, 1060.
Dies unterstreicht ein Verständnis von § 23 KunstUrhG, das
diesen als Ausnahmebestimmung gerade für den journalistischen Bereich
interpretiert.
Vgl. zur auch europarechtlich erforderlichen praktischen
Konkordanz des Datenschutzes mit der Meinungs- und Medienfreiheit auch OLG
Köln, Beschluss vom 18. Juni 2018 – 15 W 27/18 -, juris Rn. 7; siehe insofern
außerdem Lauber-Rönsberg/Hartlaub, NJW 2017, 1057, 1060.
Eine Polizeibehörde wird aber nicht journalistisch tätig,
auch wenn sie Öffentlichkeitsarbeit betreibt.
cc) Im Anschluss daran rechtfertigt auch der Verweis des
Beklagten auf die grundsätzliche Zulässigkeit staatlichen Informationshandelns
als im öffentlichen Interesse liegender Aufgabe den in Rede stehenden
Grundrechtseingriff in Art. 8 Abs. 1 GG nicht.
Können Aufgaben der Regierung oder der Verwaltung mittels
öffentlicher Informationen wahrgenommen werden, liegt in der Aufgabenzuweisung
grundsätzlich auch eine Ermächtigung zum Informationshandeln. Staatliche
Öffentlichkeitsarbeit ist nicht nur zulässig, sondern auch notwendig, um den
Grundkonsens im demokratischen Gemeinwesen lebendig zu erhalten. Hierbei
handelt es sich um eine Aufgabe der Staatsleitung als Bestandteil der
Staatsaufgaben, die, ohne dass es dazu einer besonderen gesetzlichen
Eingriffsermächtigung bedürfte, hoheitliches Informationshandeln legitimieren
kann. Unter dieses fällt namentlich die Darlegung und Erläuterung der Politik
hinsichtlich getroffener Maßnahmen und künftiger Vorhaben angesichts
bestehender oder sich abzeichnender Probleme sowie die sachgerechte, objektiv
gehaltene Information über den Bürger unmittelbar betreffende Fragen und
wichtige Vorgänge auch außerhalb oder weit im Vorfeld der eigenen gestaltenden
politischen Tätigkeit.
Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 670/91 -,
juris Rn. 73 ff., und vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 558/91, 1 BvR 1428/91 -, juris
Rn. 51 ff.
Die Zulässigkeit staatlichen Informationshandelns ohne
besondere gesetzliche Eingriffsermächtigung ist aber nur dann gegeben, wenn es
nicht zu gezielten Grundrechtseingriffen bzw. funktionalen Äquivalenten solcher
Eingriffe, sondern lediglich zu faktisch-mittelbaren
Grundrechtsbeeinträchtigungen führt und der betroffene Bereich einer
staatlichen Normierung nicht zugänglich ist. Letzteres ist etwa dann der Fall,
wenn die Beeinträchtigung aus einem komplexen Geschehensablauf entsteht, bei
dem Folgen grundrechtserheblich werden, die indirekt mit dem verwirklichten
Zweck zusammenhängen. So liegt es etwa bei einer staatlichen
Informationstätigkeit, die erst aufgrund der Reaktion der Bürger zu
mittelbar-faktischen Grundrechtsbeeinträchtigungen führt. Gegenstand und
Modalitäten staatlichen Informationshandelns sind so vielgestaltig, dass sie
angesichts der eingeschränkten Erkenntnis- und Handlungsmöglichkeiten des
Gesetzgebers allenfalls in allgemein gehaltenen formellen Generalklauseln
gefasst werden können.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 670/91 -,
juris Rn. 76 ff.
Gemessen daran ist eine spezialgesetzliche
Ermächtigungsgrundlage für die Veröffentlichung von Fotos von Versammlungen,
auf denen einzelne Personen identifizierbar sind, nicht entbehrlich. Dabei
handelt es sich nach den obigen Ausführungen schon nicht um bloße mittelbare
Grundrechtsbeeinträchtigungen, sondern um unmittelbare Grundrechtseingriffe.
Ferner ist die Standardsituation des Fotografierens bei Versammlungen zu
Zwecken der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit nicht durch eine komplexe
Gemengelage geprägt, sondern ohne Weiteres einer abstrakt-generellen Regelung zugänglich.
Unbeschadet dessen ist das Fotografieren von
Versammlungsteilnehmern nebst dem Veröffentlichen dieser Lichtbilder im
Internet aber auch unter Verhältnismäßigkeitsaspekten nicht erforderlich, um
eine effektive polizeiliche Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Die Polizei
könnte über einen Versammlungsverlauf auch ohne diese Bilder informieren, ohne
gänzlich auf eine Bebilderung zu verzichten. So könnte die Polizei etwa
ausschließlich ihre eigenen Einsatzkräfte und -mittel abbilden oder auf Archivfotomaterial
zurückgreifen, auf dem die Versammlungsörtlichkeit zu sehen ist.
dd) Schließlich scheidet § 4 PresseG NRW als
Ermächtigungsgrundlage aus. Gemäß § 4 Abs. 1 PresseG NRW sind die Behörden
verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen
Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Der daraus folgende presserechtliche
Auskunftsanspruch beinhaltet im Ansatz keine Befugnisnorm für die polizeiliche
Öffentlichkeitsarbeit, die mit Eingriffen in die Grundrechte Dritter verbunden
ist.
2. Da die Anfertigung von Lichtbildern von der Versammlung
vom 6. Mai 2018 in F.-T., auf denen auch die Kläger zu sehen waren, durch
Beamte des Beklagten rechtswidrig war, war auch deren Veröffentlichung im
Internet unter www.twitter.com und www.facebook.com auf dem Account der Polizei
F. rechtswidrig. Die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahmen verhält sich
spiegelbildlich zueinander. Eine besondere gesetzliche Rechtsgrundlage für die
Publikation der Fotos, die von deren Herstellensvorgang abgekoppelt wäre,
existiert gleichfalls nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, Nr. 11, 711 ZPO.
Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen,
weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die grundsätzliche Bedeutung
besteht im Hinblick auf die Frage der Zulässigkeit des Anfertigens von Fotos
von Versammlungen durch Polizeibeamte, um diese zum Zweck der
Öffentlichkeitsarbeit auf dem Account der Polizei bei Twitter und Facebook
einstellen zu können.

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LG Stuttgart zur Sekundären Darlegungslast bei Filesharing-Fällen

Das LG Stuttgart hat mit Urteil vom 14.08.2019, Az. 24 O
256/18 zum ewigen Streitthema der Sekundären Darlegungslast in
Filesharing-Fällen  entschieden, dass der
Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast dann genügt, wenn er bis zum
Schluss der mündlichen Verhandlung vorträgt, dass andere Personen und ggf.
welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten
und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Nur im Rahmen des
Zumutbaren ist er dabei auch zu Nachforschungen verpflichtet. Hierbei ist
abzuwägen, wie schwierig weitere Informationen zu beschaffen sind, andererseits
welches schutzwürdigen Interessen der Rechteinhaber an diesen hat, d.h.
inwieweit diese Informationen dem Rechteinhaber seine Rechtsverfolgung
erleichtern. Grundsätzlich möglich ist es dem Rechteinhaber, einen
Negativbeweis dahingehend zu führen, dass die vom Anschlussinhaber als mögliche
Täter benannten Personen tatsächlich nicht als Täter in Betracht kommen und als
Verdächtige ausgeschlossen werden können (vorliegend verneint).