Kategorien
Uncategorized

Die „DWD WarnWetter-App“ darf nur für Wetterwarnungen kostenlos und werbefrei angeboten werden

Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
_______________________________________________________________________________________
Nr. 028/2020 vom 12.03.2020
Urteil vom 12. März 2020 – I ZR 126/18 – Warnwetter-App
Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Deutsche
Wetterdienst (DWD) eine App mit zahlreichen über Wetterwarnungen hinausgehenden
Informationen zum Wetter nicht kostenlos und werbefrei anbieten darf.
Die Klägerin bietet meteorologische Dienstleistungen wie
Wetterberichte über das Internet und über eine App für mobile Endgeräte an. Die
App der Klägerin ist in der Standard-Version kostenlos und werbefinanziert und
in einer werbefreien Version gegen Entgelt erhältlich. 
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) ist der nationale
meteorologische Dienst der beklagten Bundesrepublik Deutschland. Seine Aufgaben
sind in § 4 Abs. 1 DWDG geregelt. Dazu gehören etwa die Erbringung
meteorologischer Dienstleistungen für die Allgemeinheit (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 DWDG)
und die Herausgabe amtlicher Warnungen über Wettererscheinungen (§ 4 Abs. 1 Nr.
3 DWDG). Für seine Dienstleistungen verlangt der DWD grundsätzlich eine
Vergütung (§ 6 Abs. 2 Satz 1 DWDG). Die Herausgabe von amtlichen Warnungen über
Wettererscheinungen an die Allgemeinheit ist allerdings entgeltfrei (§ 6 Abs.
2a DWDG). Solche unentgeltlichen Leistungen darf der DWD nach § 4 Abs. 6 DWDG
selbst öffentlich verbreiten. 
Seit Juni 2015 bietet der DWD eine „DWD
WarnWetter-App“ für mobile Endgeräte an. Mit dieser App können nicht nur
Wetterwarnungen, sondern auch zahlreiche allgemeine Informationen zum Wetter
einschließlich detaillierter Wetterberichte abgerufen werden. Diese App war –
in der dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Version – für alle Inhalte
unentgeltlich und werbefrei. 
Die Klägerin hält das unentgeltliche Anbieten und
Verbreiten der Inhalte der DWD WarnWetter-App für wettbewerbswidrig, da der DWD
allenfalls amtliche Wetterwarnungen unentgeltlich verbreiten dürfe. Die DWD
WarnWetter-App benachteilige wegen ihrer Finanzierung durch den Staat
nichtstaatliche Anbieter von Wetter-Anwendungen. Die Klägerin hat die Beklagte
auf Unterlassung in Anspruch genommen. Den Unterlassungsanspruch hat sie in
erster Linie auf wettbewerbsrechtliche Vorschriften, hilfsweise auf das
öffentliche Recht gestützt.
 
Das Landgericht hat die Regelungen in § 6 Abs. 2 Satz 1
und Abs. 2a DWD, die bestimmen, welche Leistungen der DWD nur gegen Vergütung
und welche er entgeltfrei erbringen darf, als Marktverhaltensregelungen im
Sinne von § 3a UWG angesehen. In dem unentgeltlichen Anbieten der
Warnwetter-App hat das Landgericht einen Verstoß gegen diese Vorschriften
gesehen und die Beklagte deshalb zur Unterlassung verurteilt. Auf die Berufung
der Beklagten hat das Berufungsgericht die auf das Wettbewerbsrecht gestützte
Klage durch Teilurteil abgewiesen. Das Berufungsgericht hat angenommen, die
Beklagte habe nicht im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG geschäftlich gehandelt.
Sie sei vielmehr zur Erfüllung der ihr durch § 4 DWDG zugewiesenen öffentlichen
Aufgaben tätig geworden. Soweit sie durch das Nichterheben einer Gegenleistung
möglicherweise ihren Kompetenzbereich überschritten habe und dies gegen das
Gesetz über den Deutschen Wetterdienst verstoße, begründe dies kein Handeln im
geschäftlichen Verkehr. Hinsichtlich des hilfsweise geltend gemachten
öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs hat das Berufungsgericht den
Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht verwiesen.
Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben
und das der Klage stattgebende landgerichtliche Urteil im Wesentlichen
wiederhergestellt. 
Zur Begründung hat der Bundesgerichtshof im Wesentlichen
ausgeführt: 
Das Berufungsurteil musste schon deshalb aufgehoben
werden, weil das Berufungsgericht nicht durch Teilurteil über die
wettbewerbsrechtlichen Ansprüche entscheiden und den Rechtsstreit wegen der
öffentlich-rechtlichen Ansprüche an das Verwaltungsgericht verweisen durfte.
Das Berufungsgericht hätte vielmehr alle in Betracht kommenden
Anspruchsgrundlagen selbst prüfen müssen. Der Bundesgerichtshof musste den
Rechtsstreit gleichwohl nicht zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das
Berufungsgericht zurückverweisen, weil er die Sache auf der Grundlage der vom
Berufungsgericht getroffenen Feststellungen selbst abschließend entscheiden
konnte.
Danach hatte die Klage Erfolg. Der DWD hat mit seinem für
die Nutzer kostenlosen und nicht durch Werbung finanzierten Angebot einer
WarnWetter-App zwar nicht erwerbswirtschaftlich, sondern allein zur Erfüllung
seiner öffentlichen Aufgaben gehandelt. Er hat dabei aber die Grenzen der
Ermächtigungsgrundlage des § 4 Abs. 6 DWDG überschritten, weil sich die Inhalte
der unentgeltlichen WarnWetter-App nicht auf Wetterwarnungen beschränkten,
sondern darüber hinaus zahlreiche allgemeine Wetterinformationen enthielten.
Deshalb ist das Angebot der WarnWetter-App als geschäftliche Handlung anzusehen
und an den Regeln des Wettbewerbsrechts zu messen.  
Bei den Bestimmungen in § 6 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 2a
DWD, welche Leistungen der DWD nur gegen Vergütung und welche er entgeltfrei
erbringen darf, handelt es sich um Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a
UWG, deren Verletzung wettbewerbswidrig ist. Aus diesen Regelungen ergibt sich,
dass der DWD seine Dienstleistungen im Grundsatz nur unter Marktbedingungen
erbringen darf und wie jeder andere Anbieter einer Anwendungssoftware für
meteorologische Dienstleistungen hierfür entweder unmittelbar eine Vergütung
verlangen muss oder – wenn die Anwendungssoftware kostenlos abgegeben wird –
diese Leistungen mittelbar etwa durch Werbeeinnahmen finanzieren muss. Diese
Regelungen haben den Zweck, die Betätigung des DWD auf dem Markt der meteorologischen
Dienstleistungen zum Schutz privatwirtschaftlicher Mitbewerber zu
begrenzen.  
Vorinstanzen:
LG Bonn – Urteil vom 15. November 2017 – 16 O 21/16
OLG Köln – Urteil vom 13. Juli 2018 – 6 U 180/17
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
§ 4 Abs. 1 Nr. 1 und 3 und Abs. 6 DWDG:
(1) Aufgaben des Deutschen Wetterdienstes sind 
1. die Erbringung meteorologischer und klimatologischer
Dienstleistungen für die Allgemeinheit oder einzelne Kunden und Nutzer,
insbesondere auf den Gebieten des Verkehrs, der gewerblichen Wirtschaft, der
Land- und Forstwirtschaft, des Bauwesens, des Gesundheitswesens, der
Wasserwirtschaft einschließlich des vorbeugenden Hochwasserschutzes, des
Umwelt- und Naturschutzes und der Wissenschaft, […]
3. die Herausgabe amtlicher Warnungen über
Wettererscheinungen, 
a) die zu einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und
Ordnung führen können oder
b) die in Bezug zu drohenden Wetter- und
Witterungsereignissen mit hohem Schadenspotenzial stehen, […]
(6) Der Deutsche Wetterdienst darf Leistungen, die im
Sinne des § 6 Absatz 2a unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden, selbst
öffentlich verbreiten, soweit dies zu seinen gesetzlichen Aufgaben gehört.
§ 6 Abs. 2 und 2a Nr. 2 DWDG:
(2) Der Deutsche Wetterdienst verlangt für die Erbringung
seiner Dienstleistungen eine Vergütung. Die Höhe der Vergütung wird vom
Vorstand auf Basis betriebswirtschaftlicher Kalkulationsverfahren,
gegebenenfalls erhöht auf Grund des wirtschaftlichen Wertes oder ermäßigt auf
Grund eines besonderen öffentlichen Interesses, oder auf Grund internationaler
Vereinbarungen in einer Preisliste festgesetzt. Sie enthält die Preise für
Daten, Produkte und Spezialdienstleistungen.
(2a)Sofern nicht auf Grund anderer gesetzlicher
Regelungen eine Pflicht zur Entrichtung von Gebühren besteht, sind folgende
Dienstleistungen des Deutschen Wetterdienstes entgeltfrei: […]
2. jene an die Allgemeinheit nach § 4 Absatz 1 Nummer 3
und 7 zur öffentlichen Verbreitung, […].
§ 3a UWG:
Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift
zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer
das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von
Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu
beeinträchtigen.
§ 2 Abs.1 Nr. 1 UWG:
(1) Im Sinne dieses Gesetzes bedeutet 
1. „geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten
einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei
oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des
Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der
Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv
zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke, als Dienstleistungen auch
Rechte und Verpflichtungen, […]
Karlsruhe, den 12. März 2020
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.