Bundesgerichtshof
Nr. 093/2020 vom 23.07.2020
bleibt als Marke geschützt
Beschlüsse vom 23. Juli 2020 – I ZB 42/19 und I ZB 43/19
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute die Anträge auf Löschung von zwei
für Tafelschokolade eingetragenen Marken in Form quadratischer Verpackungen
zurückgewiesen. Damit steht fest, dass diese Verpackungen weiterhin als Marken
geschützt sind.
Sachverhalt:
Formmarken als verkehrsdurchgesetzte Zeichen für die Ware
„Tafelschokolade“ registriert. Sie zeigen in zwei verschiedenen
Größen jeweils die Vorderseite und die Rückseite einer Verpackung mit einer
quadratischen Grundfläche sowie zwei seitlichen Verschlusslaschen und einer
weiteren Verschlusslasche auf der Rückseite. Dabei handelt es sich um die
neutralisierten Verpackungen der Tafelschokoladen „Ritter Sport“ und
„Ritter Sport Minis“.
Bisheriger Verfahrensverlauf:
Die Antragstellerin hat beim Deutschen Patent- und
Markenamt in zwei Verfahren jeweils die Löschung der Marken beantragt. Das
Deutsche Patent- und Markenamt hat die Anträge zurückgewiesen. Auf die
Beschwerden der Markeninhaberin hat das Bundespatentgericht die Löschung der Marken
angeordnet. Es hat angenommen, die Zeichen seien nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
von der Eintragung ausgeschlossen, weil sie ausschließlich aus einer Form
bestünden, die durch die Art der Ware selbst bedingt sei. Auf die
Rechtsbeschwerden der Markeninhaberin hat der Bundesgerichtshof diese
Entscheidungen aufgehoben und die Verfahren an das Bundespatentgericht
zurückverwiesen. Er hat ausgeführt, das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG liege nicht vor; das Bundespatentgericht habe deshalb die von ihm
offengelassene Frage zu prüfen, ob das Eintragungshindernis des § 3 Abs. 2 Nr.
3 MarkenG bestehe. Danach sind Zeichen, die ausschließlich aus einer Form
bestehen, die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht, dem Schutz als Marke
nicht zugänglich. Das Bundespatentgericht hat angenommen, dieses
Schutzhindernis liege nicht vor, und hat die Beschwerden der Antragstellerin
zurückgewiesen. Dagegen hat nun die Antragstellerin Rechtsbeschwerden beim
Bundesgerichtshof eingelegt.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
zurückgewiesen. Die Löschungsanträge sind nicht begründet. Die eingetragenen
Marken bestehen nicht ausschließlich aus einer Form, die der Ware einen
wesentlichen Wert verleiht. Das einzige wesentliche Merkmal der als Marken
eingetragenen Warenverpackungen sind deren quadratische Grundflächen. Diese
verleihen der in den Verpackungen vertriebenen Tafelschokolade keinen
wesentlichen Wert. Maßgeblich für die insoweit erforderliche Beurteilung sind Beurteilungskriterien
wie die Art der in Rede stehenden Warenkategorie, der künstlerische Wert der
fraglichen Form, ihre Andersartigkeit im Vergleich zu anderen auf dem
jeweiligen Markt allgemein genutzten Formen, ein bedeutender Preisunterschied
gegenüber ähnlichen Produkten oder die Ausarbeitung einer
Vermarktungsstrategie, die hauptsächlich die ästhetischen Eigenschaften der
jeweiligen Ware herausstreicht. Das Schutzhindernis liegt vor, wenn aus
objektiven und verlässlichen Gesichtspunkten hervorgeht, dass die Entscheidung
der Verbraucher, die betreffende Ware zu kaufen, in hohem Maß durch dieses
Merkmal bestimmt wird.
Auf der Grundlage der vom Bundespatentgericht getroffenen
Feststellungen kann nicht angenommen werden, dass die Entscheidung der
Verbraucher, die in den quadratischen Verpackungen vertriebene Tafelschokolade
zu kaufen, in hohem Maße dadurch bestimmt wird, dass diese Verpackungsform der
Schokolade einen wesentlichen Wert verleiht. Nach den Feststellungen des
Bundespatentgerichts hat die quadratische Form der Verpackung keinen besonderen
künstlerischen Wert und führt auch nicht zu bedeutenden Preisunterschieden
gegenüber ähnlichen Produkten. Die Markeninhaberin verfolgt zwar eine
Vermarktungsstrategie, in der sie die quadratische Form der Verpackung mit dem
bekannten Werbespruch „Quadratisch. Praktisch. Gut.“ herausstellt.
Dies kann zwar dazu führen, dass die Entscheidung der Verbraucher, die
Schokolade zu erwerben, durch die quadratische Form der Verpackung bestimmt
wird, weil die Verbraucher darin einen Hinweis auf die Herkunft der Schokolade
aus einem bestimmten Unternehmen sehen und damit bestimmte Qualitätserwartungen
verbinden. Darauf kommt es aber nicht an. Vom Markenschutz ausgeschlossen ist
die Form einer Ware oder einer Verpackung nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG nur
dann, wenn sie der Ware einen wesentlichen Wert verleiht. Dafür bestehen im
Fall der hier in Rede stehenden quadratischen Tafelschokolade-Verpackungen
keine Anhaltspunkte.
Vorinstanzen:
BPatG – Beschlüsse vom 4. November 2016 – 25 W (pat)
78/14
BGH – Beschlüsse vom 18. Oktober 2017 – I ZB 105/16, BGHZ
216, 208 – Quadratische Tafelschokoladenverpackung I und I ZB 106/16
BPatG – Beschlüsse vom 13. Dezember 2018 – 25 W (pat)
78/14
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
§ 3 Abs. 2 Nr. 1 und 3 MarkenG (in der bis zum 13. Januar
2019 geltenden Fassung)
Dem Schutz als Marke nicht zugänglich sind Zeichen, die
ausschließlich aus einer Form bestehen, 1. die durch die Art der Ware selbst bedingt
ist, […] 3. die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht.
Karlsruhe, den 23. Juli 2020
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
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Telefax (0721) 159-5501