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BGH – Urteil zur Freude aller übenden Musiker – Trompetenspiel im Reihenhaus

Der unter anderem für das Nachbarrecht zuständige V.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom 26. Oktober 2018 – V ZR
143/17 – „Trompetenspiel im Reihenhaus“ über einen Rechtsstreit entschieden, in dem die klagenden Bewohner eines
Reihenhauses erreichen wollen, dass sie das als Lärmbelästigung empfundene
Trompetenspiel aus dem benachbarten Reihenhaus nicht mehr hören.
Sachverhalt:
Der Kläger und die Klägerin bewohnen als Nießbraucher ein
Reihenhaus in einem Wohngebiet. Die Beklagten sind Eigentümer und Bewohner des
benachbarten Reihenhauses. Der Beklagte zu 1 ist Berufsmusiker (Trompeter). Er
übt im Erdgeschoss und in einem Probenraum im Dachgeschoss Trompete, nach
eigenen Angaben maximal 180 Minuten am Tag und regelmäßig nicht mehr als an
zwei Tagen pro Woche unter Berücksichtigung der Mittags- und Nachtruhe. Zudem
unterrichtet er zwei Stunden wöchentlich externe Schüler. Die Beklagte zu 2
spielt nicht Trompete. 
Bisheriger
Prozessverlauf:
Die Kläger verlangen von beiden Beklagten das Ergreifen
geeigneter Maßnahmen, damit das Spielen von Musikinstrumenten auf dem Anwesen
der Kläger nicht wahrgenommen werden kann. Diesem Antrag hat das Amtsgericht
stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Urteil
geändert und die Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt,
die Erteilung von Musikunterricht an Dritte insgesamt zu
unterlassen
es zu unterlassen, in dem Anwesen der Beklagten
Instrumentalmusik zu spielen; davon ausgenommen ist nur das Dachgeschoss. Dort
darf für maximal zehn Stunden pro Woche werktags (Montag-Freitag) zwischen 10
und 12 Uhr und 15 und 19 Uhr musiziert werden, und der Beklagte darf an maximal
acht Samstagen oder Sonntagen im Jahr zwischen 15 und 18 Uhr jeweils maximal
eine Stunde Trompete üben.  
Mit der von dem Bundesgerichtshof zugelassenen Revision
wollen die Beklagten erreichen, dass die Klage insgesamt abgewiesen wird; die
Kläger wollen im Wege der Anschlussrevision das Urteil des Amtsgerichts
wiederherstellen lassen.
Die Entscheidung
des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision der Beklagten und
unter Zurückweisung der Anschlussrevision der Kläger die Klage gegen die
Beklagte zu 2 abgewiesen und die Sache im Übrigen an das Landgericht
zurückverwiesen. Dabei hat er sich von folgenden Erwägungen leiten lassen:
Gegen die (nicht musizierende) Beklagte zu 2 besteht von
vornherein kein Unterlassungsanspruch. Ihre Verurteilung käme nur dann in
Betracht, wenn sie als sogenannte mittelbare Handlungsstörerin verpflichtet
wäre, gegen das Musizieren des Beklagten zu 1 einzuschreiten. Das ist nicht der
Fall, weil der Beklagte zu 1 das Haus als Miteigentümer und damit aus eigenem
Recht nutzt. Auch die Verurteilung des (musizierenden) Beklagten zu 1 kann
nicht Bestand haben. Das Landgericht hat bei einem richterlichen Ortstermin
festgestellt, dass das Trompetenspiel des Beklagten im Dachgeschoss im
Wohnzimmer der Kläger (Erdgeschoss) nicht und in deren Schlafzimmer
(Dachgeschoss) nur leise zu hören ist, während das Trompetenspiel im Wohnzimmer
(Erdgeschoss) im angrenzenden Wohnzimmer der Kläger als „schwache
Zimmerlautstärke“ zu vernehmen ist. Im Ausgangspunkt steht den Klägern als
Nießbrauchern eines Hauses gegenüber dem Nachbarn, der sie durch
Geräuschimmissionen stört, grundsätzlich ein Unterlassungsanspruch zu. Der
Abwehranspruch ist jedoch ausgeschlossen, wenn die mit dem Musizieren
verbundenen Beeinträchtigungen nur unwesentlich sind. Das ist anzunehmen, wenn
sie in dem Haus der Kläger nach dem Empfinden eines „verständigen
Durchschnittsmenschen“ nicht als wesentliche Beeinträchtigung einzuordnen
sind; die Grenze der im Einzelfall zumutbaren Lärmbelästigung kann nur auf
Grund wertender Beurteilung festgesetzt werden.
Insoweit hat das Landgericht einen zu strengen Maßstab
zugrunde gelegt. Das häusliche Musizieren einschließlich des dazugehörigen
Übens gehört zu den sozialadäquaten und üblichen Formen der
Freizeitbeschäftigung und ist aus der maßgeblichen Sicht eines „verständigen
Durchschnittsmenschen“ in gewissen Grenzen hinzunehmen, weil es einen
wesentlichen Teil des Lebensinhalts bilden und von erheblicher Bedeutung für
die Lebensfreude und das Gefühlsleben sein kann; es gehört – wie viele andere
übliche Freizeitbeschäftigungen – zu der grundrechtlich geschützten freien
Entfaltung der Persönlichkeit.
 

Andererseits soll auch dem Nachbarn die eigene Wohnung die Möglichkeit
zur Entspannung und Erholung und zu häuslicher Arbeit eröffnen, mithin auch die
dazu jeweils notwendige, von Umweltgeräuschen möglichst ungestörte Ruhe bieten.
Ein Ausgleich der widerstreitenden nachbarlichen Interessen kann im Ergebnis
nur durch eine ausgewogene zeitliche Begrenzung des Musizierens herbeigeführt
werden. Dabei hat ein Berufsmusiker, der sein Instrument im häuslichen Bereich
spielt, nicht mehr, aber auch nicht weniger Rechte als ein Hobbymusiker und
umgekehrt.
Wie die zeitliche Regelung im Einzelnen auszusehen hat,
richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere dem Ausmaß der
Geräuscheinwirkung, der Art des Musizierens und den örtlichen Gegebenheiten;
eine Beschränkung auf zwei bis drei Stunden an Werktagen und ein bis zwei
Stunden an Sonn- und Feiertagen, jeweils unter Einhaltung der üblichen
Ruhezeiten in der Mittags- und Nachtzeit, kann als grober Richtwert dienen. Die
örtlichen Gegebenheiten sind ebenfalls von Bedeutung. Können die
Geräuscheinwirkungen erheblich verringert werden, indem in geeigneten
Nebenräumen musiziert wird, kann es aufgrund nachbarlicher Rücksichtnahme
geboten sein, das Musizieren in den Hauptwohnräumen zeitlich stärker
einzuschränken; das gilt insbesondere dann, wenn auf Seiten des Nachbarn
besondere Umstände wie eine ernsthafte Erkrankung eine gesteigerte
Rücksichtnahme erfordern. Das Musizieren in den Hauptwohnräumen des Hauses kann
aber nicht gänzlich untersagt werden. Auch die zeitlich begrenzte Erteilung von
Musikunterricht kann je nach Ausmaß der Störung noch als sozialadäquat
anzusehen sein. Die Festlegung der einzuhaltenden Ruhezeiten muss sich an den
üblichen Ruhezeiten orientieren; im Einzelnen haben die Gerichte einen gewissen
Gestaltungsspielraum. Ein nahezu vollständiger Ausschluss für die Abendstunden
und das Wochenende, wie ihn das Berufungsgericht vorgesehen hat, kommt jedoch
nicht in Betracht. Dies ließe nämlich außer Acht, dass Berufstätige, aber auch
Schüler häufig gerade abends und am Wochenende Zeit für das Musizieren finden.
Nach alledem wird hier das Trompetenspiel im Dachgeschoss,
das nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ausschließlich im
Schlafzimmer der Kläger leise zu vernehmen ist, zur Mittags- und Nachtzeit als
wesentlich, zu den übrigen Zeiten aber jedenfalls für etwa drei Stunden
werktäglich (und eine entsprechend geringere Zeitspanne an Sonn- und
Feiertagen) als unwesentlich anzusehen sein. Dann stünden dem Beklagten zu 1 im
Dachgeschoss relativ großzügige Zeiträume zur Verfügung; infolgedessen könnte
das Trompetenspiel in den Haupträumen engeren zeitlichen Grenzen unterworfen
werden. Jedenfalls insgesamt sollte das tägliche Musizieren in dem Haus etwa
drei Stunden werktags (und eine entsprechend geringere Zeitspanne an Sonn- und
Feiertagen) nicht überschreiten. Entstehen durch den Musikunterricht lautere
oder lästigere Einwirkungen und damit eine stärkere Beeinträchtigung der
Kläger, muss dieser ggf. auf wenige Stunden wöchentlich beschränkt werden;
sofern sich das Dachgeschoss zu der Unterrichtserteilung eignet, könnte das
Landgericht vorgeben, dass der Unterricht nur dort stattfinden darf. 
Die Sache war hinsichtlich der Berufung des Beklagten zu 1
an das Landgericht zurückzuverweisen, damit es Feststellungen dazu trifft,
welche Störungen durch den Musikunterricht entstehen, und damit es die Zeiten,
zu denen musiziert werden darf, abschließend festlegen kann.
Vorinstanzen:
Die maßgeblichen
Vorschriften lauten:
§ 1065
Beeinträchtigung des Nießbrauchsrechts
Wird das Recht des Nießbrauchers beeinträchtigt, so finden
auf die Ansprüche des Nießbrauchers die für die Ansprüche aus dem Eigentum
geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.
§ 1004 Beseitigungs-
und Unterlassungsanspruch
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung
oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem
Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere
Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur
Duldung verpflichtet ist.
§ 906 BGB Zuführung
unwägbarer Stoffe
(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von
Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und
ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht
verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur
unwesentlich beeinträchtigt. (…)
(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche
Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks
herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die
Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. (…) 
Karlruhe, den 26. Oktober 2018
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

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LG Frankfurt – Facebook-Sperre zulässiger Meinungsäußerungen als Hasskommentar erlaubt

Das Landgericht Frankfurt am Main entschied mit Beschluss vom 10.09.2018, Az. 2-03 O 310/18:, dass der Betreiber eines sozialen Netzwerks
seine Verhaltensregeln durchsetzen kann, indem er rechtswidrigen Inhalt
entfernt oder oder einen Nutzer-Account sperrt. Im Einzelfall dürfen auch
Äußerungen gelöscht werden, die grundsätzlich durch die Meinungsfreiheit gemäß
Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt sind.

Dem  Beschluss lag
folgender Fall  zu Grunde:
Der Antragsteller verfasste auf Facebook als Reaktion auf
einen Online-Artikel der Zeitung „Welt“ mit dem Titel „Eskalation in Dresden –
50 Asylbewerber attackieren Polizisten – Beamte werden getreten und geschlagen“
folgenden Kommentar:
„Wasser marsch,
Knüppel frei und dann eine Einheit Militärpolizisten! Dann ist schnell Ruhe!
Und jeden ermittelten Gast Merkels ab in die Heimat schicken.“
Facebook sperrte den Antragsteller am 21.07.2018 für 30
Tage. Hiergegen beantragte der gesperrte Facebook-Nutzer den Erlass einer
einstweiligen Verfügung gerichtet auf die Unterlassung der Sperre sowie
Entfernung eines „Posts“ bei Facebook wegen einer von ihm verfassten Äußerung.
Das Landgericht wies den Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung als unbegründet zurück. Es fehle an einem
Verfügungsanspruch. Der Antragsteller könne von der Antragsgegnerin nicht, auch
nicht gestützt auf die §§ 241 Abs. 2, 1004 BGB, die Unterlassung der Sperre
(und der Löschung) aufgrund der streitgegenständlichen Äußerung verlangen.
Grundsätzlich könne der Betreiber eines sozialen Netzwerks seine
Verhaltensregeln auch durch Entfernung eines rechtswidrigen Inhalts oder durch
Sperrung eines Nutzeraccounts durchsetzen.
Leitsatz:
1.
Der Betreiber eines sozialen Netzwerks kann seine
Verhaltensregeln grundsätzlich auch durch Entfernung eines rechtswidrigen
Inhalts oder durch Sperrung eines Nutzeraccounts durchsetzen.
2.
Der zwischen dem Nutzer und dem Plattformbetreiber
geschlossene Vertrag beinhaltet jedoch Schutzpflichten des Plattformbetreibers
gemäß § 241 Abs. 2 BGB, in deren Rahmen – im Wege der mittelbaren Drittwirkung
– die Grundrechte der Betroffenen zu berücksichtigen sind. Dies schließt
einerseits das Recht auf Meinungsfreiheit des Antragstellers gemäß Art. 5 Abs.
1 GG, andererseits die Rechte des Plattformbetreibers gemäß Art. 12 GG ein.
3.
Die Abwägung der Interessen der Betroffen führt, dass im
Einzelfall auch Äußerungen gelöscht werden dürfen, die grundsätzlich durch die
Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt sind. Das in den Bedingungen
der Antragsgegnerin niedergelegte Verbot von Hassrede und Gewaltaufrufen ist
daher nicht von vornherein als unzulässig anzusehen. Bei der Abwägung hat die
Kammer auch berücksichtigt, dass nach der Rechtsprechung des EGMR ein Verbot
von Hassrede und Aufruf zur Gewalt zulässig sein kann.

Tenor:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom
18.08.2018 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Eilverfahrens werden dem Antragsteller
auferlegt.
Der Streitwert wird auf 7.500,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt den Erlass einer einstweiligen
Verfügung gerichtet auf die Unterlassung einer Sperre sowie Entfernung eines
„Posts“ bei Facebook wegen einer von ihm verfassten Äußerung.
Die Antragsgegnerin betreibt die Webseite www.facebook.com.
Der Antragsteller ist Nutzer des von der Antragsgegnerin angebotenen Dienstes
und dort angemeldet.
Der Antragsteller verfasste auf der Plattform der
Antragsgegnerin als Reaktion auf einen Online-Artikel der Zeitung
„Welt“ mit dem Titel „Eskalation in Dresden – 50 Asylbewerber
attackieren Polizisten – Beamte werden getreten und geschlagen“ folgenden
Kommentar:
„Wasser marsch, Knüppel frei und dann eine Einheit
Militärpolizisten! Dann ist schnell Ruhe! Und jeden ermittelten Gast Merkels ab
in die Heimat schicken.“
Die Antragsgegnerin sperrte den Antragsteller am 21.07.2018
für 30 Tage.
Zuvor war der Antragsteller bereits im April 2018 wegen des
Kommentars „…“ gesperrt worden, ferner im Mai 2018 wegen einer von
ihm geäußerten Kritik an Asylbewerbern, die versuchen, ihre Abschiebung durch
tätliche Angriffe auf Polizisten zu verhindern.
Der Antragsteller forderte die Antragsgegnerin mit E-Mail
vom 01.08.2018 (Bl. 184 d.A.) u.a. auf, die Sperre aufzuheben und gelöschte
Beiträge unverzüglich wieder frei zu schalten. Die Antragsgegnerin reagierte
nicht.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, der
darauf gerichtet ist, es dem Antragsgegner bei Meidung der gesetzlichen
Ordnungsmittel zu untersagen,
den Antragsteller für das Einstellen des nachfolgend genannten
Textes (wörtlich oder sinngemäß)
„Wasser marsch, Knüppel frei und dann eine Einheit
Militärpolizisten! Dann ist schnell Ruhe! Und jeden ermittelten Gast Merkels ab
in die Heimat schicken.“
auf www.facebook.com zu sperren (inbesondere, ihm die Nutzung
der Funktionen von www.facebook.com wie Posten von Beiträge, Kommentieren
fremder Beiträge und Nutzung des Nachrichtensystems vorzuenthalten) oder den
Beitrag zu löschen,
wenn sich der Beitrag auf Berichte über randalisierende
Asylbewerber bezieht, die Polizeibeamte angreifen,
ist unbegründet.
Es fehlt an einem Verfügungsanspruch.
Der Antragsteller kann von der Antragsgegnerin nicht, auch
nicht gestützt auf die §§ 241 Abs. 2, 1004 BGB, die Unterlassung der Sperre
(und der Löschung) aufgrund der streitgegenständlichen Äußerung verlangen.
Die Parteien haben nach dem glaubhaft gemachten Vortrag des
Antragstellers einen Vertrag über die Nutzung des sozialen Netzwerks der
Antragsgegnerin geschlossen, bei dem es sich um einen schuldrechtlichen Vertrag
mit miet-, werk- und dienstvertraglichen Elementen handelt (vgl. KG Berlin
DNotZ 2018, 286 [KG Berlin 31.05.2017 – 21 U 9/16] Rn. 56 m.w.N.; OLG München,
Beschl. v. 24.08.2018 – 18 W 1294/18: wohl Vertrag sui generis). Gegenstand
dieses Vertrages sind auch die von der Antragsgegnerin gestellten
Verhaltensregeln als AGB.
Grundsätzlich kann der Betreiber eines sozialen Netzwerks
seine Verhaltensregeln auch durch Entfernung eines rechtswidrigen Inhalts oder
durch Sperrung eines Nutzeraccounts durchsetzen (Schwartmann/Ohr in
Schwartmann, Praxishandbuch IT-, Urheber- und Medienrecht, 4. Aufl. 2018, Kap.
11 Rn. 40; Elsaß/Labusga/Tichy, CR 2017, 234, 236 [OLG Köln 30.09.2016 – 20 U
83/16]; Feldmann/Heidrich, CR 2006, 406, 411; vgl. zu einer Facebook-Seite auch
VG München, Urt. v. 27.10.2017 – M 26 K 16.5928; VG Mainz, Urt. v. 13.04.2018 –
4 K 762/17.MZ, BeckRS 2018, 10857).
Eine solche Sperre ist jedoch nicht voraussetzungslos
möglich, z.B. lediglich aufgrund einer ungeprüften Beschwerde eines anderen
Nutzers. Der zwischen dem Nutzer und dem Plattformbetreiber geschlossene
Vertrag beinhaltet Schutzpflichten des Plattformbetreibers gemäß § 241 Abs. 2
BGB. Im Rahmen dieser Schutzpflichten sind – im Wege der mittelbaren
Drittwirkung – die Grundrechte der Betroffenen zu berücksichtigen (vgl. BVerfG
NJW 2018, 1667 [BVerfG 11.04.2018 – 1 BvR 3080/09] – Stadionverbot; LG
Karlsruhe, Beschl. v. 12.06.2018 – 11 O 54/18).
Voraussetzung einer solchen Sperre ist daher zunächst, dass
der Ausschluss sachlich gerechtfertigt und nicht willkürlich ist (LG Frankfurt
a.M., Beschl. v. 14.05.2018 – 2-03 O 182/18; LG Frankfurt a.M., Beschl. v.
19.07.2018 – 2-03 O 265/18; LG Frankfurt a.M., Beschl. v. 23.07.2018 – 2-03 O
238/18; LG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.08.2018 – 2-03 O 285/18; in Bezug auf
ein „virtuelles Hausrecht“ LG Bonn MMR 2000, 109 [LG Bonn 16.11.1999
– 10 O 457/99]; dazu Ladeur, MMR 2001, 787; vgl. insoweit auch VG München, Urt.
v. 27.10.2017 – M 26 K 16.5928 Rn. 17 – juris, für die Facebook-Seite eines
öffentlich-rechtlichen Trägers; zur mittelbaren Wirkung der Grundrechte, insb.
Art. 3 Abs. 1 GG, auf das Verhältnis von Privaten BVerfG a.a.O. –
Stadionverbot).
Danach kann eine Sperre auch unter Berücksichtigung der dem
Äußernden zu Gebote stehenden Meinungsfreiheit einerseits gemäß Art. 5 Abs. 1
GG gerechtfertigt sein, wenn der Äußernde mehrfach den Tatbestand der
Beleidigung erfüllt und damit sowohl die Rechte anderer Nutzer verletzt als
auch den Diskussionsverlauf nachhaltig gestört hat (VG München MMR 2018, 418,
Urt. v. 27.10.2017 – M 26 K 16.5928 Rn. 19 – juris). Hierbei kann auch
Berücksichtigung finden, ob das Verhalten des Äußernden geeignet ist, eine
weitere sachliche Diskussion zu verhindern bzw. andere Nutzer fernzuhalten
(vgl. VG München MMR 2018, 418 Rn. 27). Bei nachhaltigem, beleidigendem
Verhalten soll der Betreiber nicht verpflichtet sein, den Nutzer weiterhin zu
dulden (vgl. VG München MMR 2018, 418 Rn. 30; VG Mainz, Urt. v. 13.04.2018 – 4
K 762/17.MZ, BeckRS 2018, 10857 Rn. 82).
Diesen Einschränkungen der Möglichkeit des
Plattformbetreibers, den Nutzer zu sperren, stehen grundsätzlich auch nicht die
Nutzungsbedingungen der Antragsgegnerin entgegen. Diese können zwar als
Auslegungshilfe dienen, aufgrund der Drittwirkung der Grundrechte können
zulässige Meinungsäußerungen jedoch grundsätzlich nicht untersagt werden (OLG
München, Beschl. v. 24.08.2018 – 18 W 1294/18; LG Frankfurt a.M., Beschl. v.
14.05.2018 – 2-03 O 182/18; vgl. LG Bonn MMR 2000, 109 [LG Bonn 16.11.1999 – 10
O 457/99]; LG Köln Urt. v. 4.5.2005 – 9 S 17/05, BeckRS 2005, 10688; VG
München, Urt. v. 27.10.2017 – M 26 K 16.5928 Rn. 17 – juris).
Unter Berücksichtigung der mittelbaren Wirkung der
Grundrechte in das Verhältnis zwischen den Parteien und der insoweit
einzustellenden gegenseitigen Interessen kann die Löschung einer Äußerung
andererseits aber im Einzelfall selbst dann zulässig sein, wenn die Äußerung selbst
noch von Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt ist.
Gemäß Art. 5 Abs. 2 GG findet das Grundrecht der
Meinungsfreiheit Schranken (allein) in den Vorschriften der allgemeinen
Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht
der persönlichen Ehre, wobei nach der „Lüth“-Rechtsprechung des
BVerfG eine Wechselwirkung zwischen Schutzbereich und Schranken dergestalt
besteht, dass die Schranken zwar dem Wortlaut nach dem Grundrecht Grenzen
setzen, ihrerseits aber aus der Erkenntnis der grundlegenden Bedeutung dieses
Grundrechts im freiheitlich demokratischen Staat ausgelegt und so in ihrer das
Grundrecht begrenzenden Wirkung selbst wieder eingeschränkt werden müssen
(BVerfGE 7, 198, 208 f. [BVerfG 15.01.1958 – 1 BvR 400/51] – Lüth; Maunz/Dürig-Grabenwarter,
GG, 82. EL 2018, Art. 5 Abs. 1 Rn. 139). In diesem Zusammenhang ist zu
beachten, dass die Grundrechte hier mittelbar auf das Verhältnis der Parteien
wirken und dass daher in die verfassungsrechtlich vorgegebene Abwägung auch die
anderen im Einzelfall betroffenen Grundrechte einzubeziehen sind
(Maunz/Dürig-Grabenwarter, a.a.O., Art. 5 Abs. 1 Rn. 145 m.w.N.). Zur Bewertung
des Verhaltens der Antragsgegnerin sind daher vorliegend auch ihre
grundrechtlich geschützten Interessen zu beachten und in die Abwägung
einzustellen. In Bezug auf eine konkrete Äußerung ist daher bei der Beurteilung
der mittelbaren Wirkung der Grundrechte das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte
Interesse der Antragsgegnerin am Betrieb ihrer Plattform einzubeziehen (vgl.
insoweit auch Holznagel, CR 2018, 369 Rn. 21).
Der Kammer ist bekannt, dass durch störendes Verhalten und
Hassrede in den letzten Jahren vermehrt Foren und Diskussionen, teils zu
einzelnen Artikeln geschlossen wurden (s. nur Heise-Online v. 08.10.2017,
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Amazon-schliesst-Diskussionsforen-3852250.html;
Netzpolitik.org v. 04.03.2016,
https://netzpolitik.org/2016/umfrage-zeitungsredaktionen-schraenken-kommentarfunktionen-2015-weiter-ein;
jeweils abgerufen am 10.09.2019). Das Portal „Legal Tribune Online“
(LTO) hat kürzlich die Kommentarfunktion deaktiviert, weil das Forum unter dem
Deckmantel der Meinungsfreiheit zunehmend missbraucht worden sei, um Hass zu
verbreiten (vgl. Lorenz, LTO v. 26.07.2018, https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/in-eigener-sache-lto-keine-kommentare-mehr-meinungsvielfalt-hass-hetze/,
abgerufen am 10.09.2019). Der Kammer ist weiter bekannt, dass Nutzer teilweise
die Beteiligung an Diskussionen bei bestimmten Themen oder aufgrund bestimmter
vorangegangener Äußerungen einschränken und sich einer Meinungsäußerung
enthalten (vgl. insoweit auch VG München MMR 2018, 418; VG Mainz, Urt. v.
13.04.2018 – 4 K 762/17.MZ, BeckRS 2018, 10857 Rn. 82).
Die Kammer verkennt nicht, dass Nutzer von
Internetplattformen grundsätzlich ohne Furcht vor Sperren zulässige
Meinungsäußerungen auf den Plattformen kundtun können sollen und sich insoweit
auch auf die Maßstäbe, die Art. 5 Abs. 1 GG setzt, berufen können. Demgegenüber
bezieht die Kammer jedoch auch ein, dass durch die oben dargestellten
Beeinträchtigungen von Diskussionen die Interessen der Antragsgegnerin nach
Art. 12 Abs. 1 GG betroffen sind (vgl. VG München MMR 2018, 418 Rn. 27;
Holznagel, CR 2018, 369 Rn. 20).
Die Kammer erachtet vor diesem Hintergrund das in ihren Bedingungen
niedergelegte Verbot der Antragsgegnerin von Hassrede und Gewaltaufrufen nicht
von vornherein als unzulässig, auch wenn dadurch im Einzelfall Äußerungen
erfasst werden können, die grundsätzlich noch als zulässige Meinungsäußerung
anzusehen sind (ausdrücklich offengelassen OLG München, Beschl. v. 24.08.2018 –
18 W 1294/18).
Insoweit hat die Kammer auch berücksichtigt, dass ein durch
staatliche Organe verfügtes Verbot von Hassrede zwar nach den Maßstäben von
Art. 5 Abs. 1 GG unzulässig wäre (vgl. BVerfG NJW 2010, 47 [BVerfG 04.11.2009 –
1 BvR 2150/08] – Wunsiedel, auch zur Sonderrechtslehre und dem Verbot nach §
130 Abs. 4 StGB), sich ein solches Verbot aber nach den vom EGMR aufgestellten
Grundsätzen im Einzelfall als zulässig darstellen kann, weil hierdurch die
Grundrechte Dritter ernsthaft beeinträchtigt werden (vgl. EGMR NJW 2017, 2091 –
Magyar Tartalomszolgáltatók Egyesülete u. Index.hu Zrt/Ungarn zu Hassrede in
Kommentaren eines Internetproviders; EGMR NJW 2015, 2863 – Delfi AS/Estland zu
Internet-Nachrichtenportalen; EGMR NJW 2006, 1645 – Pedersen u.
Baadsgaard/Dänemark; EGMR NJW-RR 2011, 981 Rn. 50 – Ruokanen u. a./Finnland;
EGMR, Urt. v. 17.12.2004 – 33348/96 Rn. 115 – Cumpana u. Mazare/Rumänien; vgl.
zur EGMR-Rechtsprechung zu Hassrede im Verhältnis zur Rechtsprechung des BVerfG
auch Hong, ZaöRV 2010, 73).
Der EGMR hat insoweit u.a. ausgeführt (EGMR NJW 2015, 2863 –
Delfi AS/Estland Rn. 110, 136, 140, 157):
„Beleidigende und andere Formen eindeutig
rechtswidriger Äußerungen einschließlich Hassreden und Aufrufe zur
Gewaltanwendung können wie nie zuvor in Sekundenschnelle weltweit verbreitet
werden und bleiben manchmal sehr lange online verfügbar. … Weil die der
Konvention zu Grunde liegenden Werte geschützt werden müssen und die in Art. 10
und 8 EMRK garantierten Rechte gleiche Achtung verdienen, muss ein Ausgleich
hergestellt werden, der den Wesensgehalt beider Rechte bewahrt. Bei der
Ausübung der Meinungsfreiheit kann das Internet von großem Vorteil sein, die
Haftung für beleidigende oder sonst rechtswidrige Äußerungen muss aber
grundsätzlich bestehen bleiben und Geschädigte müssen bei Verletzung von
Persönlichkeitsrechten einen wirksamen Rechtsbehelf einlegen können. …
Außerdem hat der Gerichtshof entschieden, dass Äußerungen,
die mit den von der Konvention proklamierten und garantierten Rechten nicht
vereinbar sind, wegen Art. 17 EMRK (Verbot des Missbrauchs der Rechte) nicht
von Art. 10 EMRK geschützt werden. Das hat er zum Beispiel für Äußerungen
entschieden, die den Holocaust leugneten, eine Nazipolitik rechtfertigten, alle
Muslime mit einer terroristischen Tat in Verbindung bringen oder Juden als
Ursprung allen Übels in Russland bezeichnen …
Die Kommentare der Nutzer … waren eindeutig rechtswidrig.
… Die meisten enthielten Hassreden und Aufrufe zu Gewalt und waren deswegen
nicht von Art. 10 EMRK geschützt (o. Nr. 136). Um die Freiheit der
Meinungsäußerung der Verfasser der Kommentare geht es also nicht, sondern
darum, ob die estnischen Gerichte das in Art. 10 EMRK garantierte Recht der Bf.
verletzt haben, Informationen weiterzugeben, indem sie sie für die von Dritten
abgegebenen Kommentare verantwortlich gemacht haben. …
Wegen der vielen Möglichkeiten, die jeder hat, sich im
Internet Gehör zu verschaffen, kann die Verpflichtung eines großen
Nachrichtenportals, wirksame Maßnahmen zur Einschränkung von Hassreden und
Aufrufen zu Gewalt wie hier zu treffen, in keiner Weise mit einer
„privaten Zensur“ gleichgestellt werden. Die wichtige Rolle des
Internet bei der Verbesserung des Zugangs zu Nachrichten und der Verbreitung
von Informationen im Allgemeinen ist anzuerkennen …, es darf aber auch die
Gefahr nicht verkannt werden, dass andere durch Mitteilungen von Informationen
und ihren Inhalt geschädigt werden …“
Insoweit darf die Rechtsprechung die Bestimmungen der EMRK
und die Rechtsprechung des EGMR auch auf der Ebene des Verfassungsrechts als
Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten
über den Einzelfall hinaus anwenden (BVerfG NJW 2018, 2695 Rn. 130 –
Streikverbot für Beamte; dazu s. auch Haug, NJW 2018, 2674). Insoweit soll die
Rechtsprechung gar die nach der Rechtsprechung des EGMR im Rahmen einer
Verhältnismäßigkeitsprüfung würdigen (BVerfG NJW 2018, 2695 Rn. 190 – Streikverbot
für Beamte).
Unter Berücksichtigung dieser Umstände und unter
Einbeziehung der Grundrechte der Parteien, die im Rahmen der Drittwirkung der
Grundrechte im Vertragsverhältnis der Parteien zu einem Ausgleich gebracht
werden müssen, erachtet die Kammer es daher im Einzelfall und unter
Berücksichtigung der Maßstäbe, die der EGMR aufgestellt hat, als zulässig, wenn
der Betreiber einer Plattform Äußerungen, die als – noch zulässige – Hassrede
zu qualifizieren sind, löscht. Denn durch solche Äußerungen kann das Interesse
des Betreibers einer Plattform, das sich auch auf sachbezogene Diskussionen und
die Ermöglichung der freien Rede für alle Nutzer richtet, in erheblichem Maße
beeinträchtigt werden.
In Anwendung dieser Grundsätze stellt sich die streitgegenständliche
Löschung und Sperre als zulässig dar, da die Äußerung des Antragstellers als
Hassrede anzusehen ist.
aa. Die hier betroffene Äußerung ist zunächst als
Meinungsäußerung zu qualifizieren.
Bei der Frage, ob eine Äußerung ihrem Schwerpunkt nach als Tatsachenbehauptung
oder als Meinungsäußerung anzusehen ist, kommt es entscheidend auf den
Gesamtkontext der fraglichen Äußerung an (vgl. BVerfG AfP 2013, 389 [BVerfG
24.07.2013 – 1 BvR 444/13], juris-Rn. 18). Von einer Tatsachenbehauptung ist
auszugehen, wenn der Gehalt der Äußerung entsprechend dem Verständnis des
Durchschnittsempfängers der objektiven Klärung zugänglich ist und als etwas
Geschehenes grundsätzlich dem Beweis offen steht. Soweit eine
Tatsachenbehauptung mit einem Werturteil verbunden ist bzw. beides ineinander
übergeht, ist darauf abzustellen, was im Vordergrund steht und damit überwiegt.
Wird eine Äußerung in entscheidender Weise durch die Elemente der
Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt oder ist der tatsächliche
Gehalt der Äußerung so substanzarm, dass er gegenüber dem Wertungscharakter in
den Hintergrund tritt, liegt eine Meinungsäußerung vor. Vom Überwiegen des
tatsächlichen Charakters ist auszugehen, wenn die Wertung sich als
zusammenfassender Ausdruck von Tatsachenbehauptungen darstellt (vgl.
Wenzel/Burkhardt, Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003,
Kap. 4 Rn. 43, 50 ff.).
Hierbei sind Äußerungen entsprechend dem Verständnis des
unbefangenen Durchschnittsempfängers zu interpretieren (Wenzel/Burkhardt,
a.a.O., Kap. 4 Rn. 4; Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl. 2013, § 14 Rn. 4a;
jew. m.w.N.).
Die Äußerung des Antragstellers versteht der
Durchschnittsempfänger als eine Reaktion auf den Beitrag, der das Verhalten von
Flüchtlingen in einem Flüchtlingsheim thematisiert und zwar dahingehend, dass
gegen solches Verhalten Gewalt in Form von Wasserwerfern, Knüppel und
Militärpolizei anzuwenden sei, um dem Verhalten der Flüchtlinge entgegen zu
treten. Die Äußerung ist damit wesentlich durch meinende und wertende Teile
geprägt.
Die Äußerung ist auch nicht aus dem Grunde nach dem Maßstab
des Art. 5 Abs. 1 GG als unzulässig anzusehen, dass sie Schmähkritik darstellen
würde.
Meinungsäußerungen sind nur als unzulässig zu behandeln,
wenn sie die Grenze zur Schmähkritik überschreiten. Grundsätzlich liegt
Schmähkritik nur vor, wenn eine Äußerung jeglichen sachlichen Bezug vermissen
lässt, die inhaltliche Auseinandersetzung zurücktritt und eine Diffamierung im
Vordergrund steht, die jenseits polemischer und überspitzter Kritik in erster
Linie herabsetzen soll (OLG Frankfurt NJW 2013, 798, 799; Wenzel/Burkhardt,
a.a.O., Kap. 5 Rn. 97). Dies ist bei einer die Öffentlichkeit wesentlich
berührenden Frage nur ausnahmsweise der Fall und eher auf die Privatfehde
beschränkt (BVerfG NJW 2012, 3712 [BVerfG 17.09.2012 – 1 BvR 2979/10] Rn. 30
m.w.N.). Wegen seines die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts ist der
Begriff der Schmähkritik eng zu verstehen. Auch eine überzogene oder gar
ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur
Schmähung. Eine Äußerung nimmt diesen Charakter erst dann an, wenn nicht mehr
die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im
Vordergrund steht (BVerfG NJW 2016, 2870 Rn. 17 m.w.N.). Nur dann, wenn der abwertende
Vorwurf auch vom Standpunkt des Äußernden aus völlig grundlos, d.h.
willkürlich, nicht sachbezogen und von vornherein außerhalb jedes in einer
Sachauseinandersetzung wurzelnden Verwendungskontextes ist, kann dies auf
dessen Absicht hindeuten, den Betroffenen zu diffamieren (BVerfG NJW 2016, 2870
[BVerfG 29.06.2016 – 1 BvR 2646/15] Rn. 17 f.; OLG Saarbrücken, Urt. v.
04.06.2014 – 5 U 81/13, BeckRS 2015, 07789 Rn. 44). Insoweit sind auch als
Hassrede zu qualifizierende Äußerungen grundsätzlich dem Schutz der
Meinungsfreiheit unterstellt (vgl. Maunz/Dürig-Grabenwarter, a.a.O., Art. 5
Abs. 1 Rn. 73).
Die Voraussetzungen einer unzulässigen Schmähkritik liegen
hier nicht vor. Aus Sicht des Antragstellers bestand durchaus ein Anlass für
seine Äußerung, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die
Diffamierung im Vordergrund stand, während im Übrigen die Äußerung außerhalb
jedes Sachzusammenhangs erfolgt wäre.
Die streitgegenständliche Äußerung verstößt – anders als in
den bisher von der Kammer entschiedenen Fällen – gegen die
Gemeinschaftsstandards der Antragsgegnerin.
Die Antragsgegnerin definiert den Begriff der
„Hassrede“ in ihren Gemeinschaftsbedingungen u.a. wie folgt:
„Wir definieren Hassrede als direkten Angriff auf
Personen aufgrund geschützter Eigenschaften: ethnische Zugehörigkeit, nationale
Herkunft, religiöse Zugehörigkeit, sexuelle Orientierung, Geschlecht,
Geschlechtsidentität, Behinderung oder Krankheit. Auch Einwanderungsstatus ist
in gewissem Umfang eine geschützte Eigenschaft. Wir definieren Angriff als
gewalttätige oder entmenschlichende Sprache, Aussagen über Minderwertigkeit
oder Aufrufe, Personen auszuschließen oder zu isolieren. Wir teilen Angriffe
wie unten beschrieben in drei Schweregrade ein.
Angriffe mit Schweregrad 1 sind Angriffe, die auf eine
Person oder Personengruppe abzielen, auf die eine der oben aufgeführten
Eigenschaften oder der Einwanderungsstatus zutrifft (einschließlich aller
Untergruppen, außer denen, die Gewaltverbrechen oder Sexualstraftaten begangen
haben). Ein Angriff wird hier wie folgt definiert:
• Jedwede gewalttätige Äußerung oder Unterstützung in
schriftlicher oder visueller Form
• Entmenschlichende Sprache oder Bilder. Hierzu gehört unter
anderem Folgendes:
Angriffe mit Schweregrad 2 sind Angriffe, die auf eine
Person oder Personengruppe abzielen, auf die eine der oben aufgeführten
Eigenschaften zutrifft. Ein Angriff wird hier wie folgt definiert:
• Aussagen über Minderwertigkeit oder Bilder, die
implizieren, dass eine Person oder eine Gruppe körperliche, geistige oder
moralische Defizite aufweist
• Körperlich (unter anderem „verunstaltet“,
„unterentwickelt“, „abscheulich“, „hässlich“)
• Geistig (unter anderem „zurückgeblieben“,
„behindert“, „niedriger IQ“, „dumm“,
„Idiot“)
• Moralisch (unter anderem „Schlampe“,
„Betrüger“, „billig“, „Schnorrer“)
• Ausdrücke von Verachtung oder ihre bildliche Entsprechung,
wie u. a.:
Angriffe mit dem Schweregrad 3 sind Angriffe, die zum
Ausschluss oder der Isolation einer Person oder Personengruppe aufgrund der
oben aufgeführten Eigenschaften aufrufen. Wir lassen Kritik an
Einwanderungsgesetzen und Diskussionen über die Einschränkung dieser Gesetze
zu.“
Ferner untersagt die Antragsgegnerin „Gewalt und
kriminelles Verhalten“.
Die Äußerung des Antragstellers fällt unter die
Hassrede-Bedingungen der Antragsgegnerin, da sie zu Gewalt gegen die hier
betroffenen Flüchtlinge aufruft. Denn der Durchschnittsempfänger kann die
Äußerung nur so verstehen, dass Wasserwerfer, Knüppel und ggf. weitere
Maßnahmen gegen Flüchtlinge angewendet werden sollen.
Die Äußerung ist ferner auch nach den oben dargestellten
Maßstäben des EGMR als Hassrede anzusehen.
In der konkreten Abwägung der Interessen der Parteien
überwiegt vorliegend das Interesse der Antragsgegnerin am Betrieb ihrer
Plattform, durch den es auch den übrigen Nutzern ermöglicht werden soll, die
Plattform zu nutzen.
Insoweit hat die Kammer zu Gunsten des Antragstellers
berücksichtigt, dass die Maßnahmen der Antragsgegnerin seine Möglichkeit zur
Äußerung – jedenfalls auf der Plattform der Antragsgegnerin – einschränken. Ihm
wird dadurch die konkrete Äußerung unmöglich gemacht, darüber hinaus kann er
sich für einen gewissen Zeitraum über die Plattform der Antragsgegnerin gar
nicht äußern.
Die Kammer hat ferner berücksichtigt, dass der Antragsteller
in der Vergangenheit bereits mehrfach von der Antragsgegnerin gesperrt wurde,
darunter einmal wegen einer Kritik an Asylbewerbern. Da der Antragsteller
jedoch die konkrete Äußerung nicht mehr vorgetragen hat, konnte die Kammer
nicht prüfen, ob insoweit ebenfalls Hassrede vorlag oder nicht. Dementsprechend
misst die Kammer diesem Umstand in der Abwägung eine geringere Bedeutung bei.
Auf Seiten der Antragsgegnerin hat die Kammer – wie oben
dargestellt – das Interesse der Antragsgegnerin am geregelten Betrieb ihrer
Plattform und der Ermöglichung von freier Rede für alle Nutzer berücksichtigt.
Denn durch die Veröffentlichung von Hassrede kann der Diskussionsverlauf
nachhaltig gestört werden, so dass andere Nutzer von einer weiteren Beteiligung
absehen (vgl. VG München MMR 2018, 418 Rn. 27).
Weiter war einzustellen, dass Löschung und Sperre durch die
Antragsgegnerin mit einem allgemeinen Äußerungsverbot, wie es z.B. § 130 Abs. 4
StGB vorsieht, nicht zu vergleichen sind. Denn durch Äußerungsdelikte wie § 130
Abs. 4 StGB oder die in § 1 Abs. 3 NetzDG genannten Vorschriften werden bestimmte
Äußerungen kriminalisiert und damit in allen Kontexten und allen
Verbreitungswegen strafbewehrt untersagt. Ebenso sind bei äußerungsrechtlichen
Unterlassungsverfügungen einzelne Äußerungen – jedenfalls im Rahmen und unter
den Voraussetzungen der Kerntheorie – generell und unabhängig vom
Verbreitungsweg zu unterlassen.
Demgegenüber geht es vorliegend darum, dass dem
Antragsteller die Wiederholung seiner Äußerung allein auf der Plattform der
Antragsgegnerin untersagt wird. Es geht also gerade nicht darum, dass der
Antragsteller sich überhaupt nicht derart äußern kann, dies steht ihm außerhalb
der Plattform der Antragsgegnerin unabhängig vom hiesigen Antrag frei (LG
Frankfurt a.M., Beschl. v. 20.08.2018 – 2-03 O 306/18; kritisch insoweit im
Rahmen der Prüfung des Verfügungsgrundes OLG München, Beschl. v. 24.08.2018 –
18 W 1294/18). Der Eingriff in die Rechte des Antragstellers ist daher
insgesamt gegenüber einer äußerungsrechtlichen Unterlassungsverfügung oder
durch die genannten Äußerungsdelikte deutlich eingeschränkt. Hierbei verkennt
die Kammer nicht, dass die Antragsgegnerin eine – möglicherweise sogar
marktbeherrschende – Plattform zur Verfügung stellt, damit einen wesentlicher
Marktplatz für Informationen darstellt und ein großes Interesse für den Antragsteller
daran besteht, seine Meinung auf dieser konkreten Plattform äußern zu können.
Der Eingriff in die Rechte des Antragstellers ist hier zweifelsohne erheblich,
er enthält jedoch kein Gesamtverbot und ist damit jedenfalls im Vergleich dazu
weniger schwerwiegend. Auf der anderen Seite ist das Interesse der
Antragsgegnerin an der Sperre solcher Äußerungen wie oben dargestellt ebenfalls
erheblich und jedenfalls unter Zugrundelegung der Maßstäbe des EGMR auch
berechtigt.
Die Löschung und Sperre waren darüber hinaus auch nicht als
willkürlich anzusehen, da sie jedenfalls aufgrund der Einordnung der Äußerung
des Antragstellers als Hassrede den Bedingungen der Antragsgegnerin entsprechen
(vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.06.2018 – 15 W 86/18; OLG Dresden, Beschl.
v. 08.08.2018 – 4 W 477/18, BeckRS 2018, 18249; LG Heidelberg, Beschl. v.
28.08.2018 – 1 O 71/18; offen gelassen OLG München, Beschl. v. 24.08.2018 – 18
W 1294/18).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über den Streitwert ergibt sich aus den §§
3 ZPO, 53 Abs. 1 GKG. Hierbei hat die Kammer die Streitwertangabe in der
Antragsschrift berücksichtigt, der indizielle Bedeutung zukommt. Ferner hat die
Kammer einbezogen, dass der Antragsteller vorliegend nicht nur gegen die Löschung
eines „Posts“ vorgeht (vgl. insoweit LG Frankfurt a.M., Beschl. v.
20.08.2018 – 2-03 O 306/18: Streitwert in der Hauptsache 1.000,- EUR), sondern
auch gegen die ihm gegenüber verhängte Sperre von immerhin 30 Tagen, die ihm in
diesem Zeitraum jedwede Äußerung auf Facebook und nach seinem Vortrag auch die
Verwendung von Facebook zum Einloggen in andere Dienste unmöglich macht (vgl.
auch OLG München, Beschl. v. 02.08.2018 – 18 W 1173/18).

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LG Hamburg – Unterlassungsanspruch nach Veröffentlichung privater Aufnahmen im Internet

Das LG
Hamburg hat mit
Urteil
vom 08.12.2017, Az. 324 O 72/17
entschieden, dass die eigene
Zurschaustellung privater Aufnahmen im Internet einem auf das Recht am eigenen
Bild gestützten Unterlassungsanspruch nicht zwingend entgegensteht.

Leitsatz:
Die eigene Zurschaustellung privater Aufnahmen im Internet
steht einem auf das Recht am eigenen Bild gestützten Unterlassungsanspruch
nicht zwingend entgegen.

Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Verbreitung
verschiedener Fotos und Videoaufnahmen durch die Beklagten, auf denen die
Kläger abgebildet sind. Die Kläger begehren von den Beklagten Unterlassung
sowie die Erstattung von Abmahnkosten.             
Die Kläger sind die minderjährigen Kinder von H. K. und S.
S., die dem Gericht bekannt sind. Der Kläger zu 1) ist mit 13 Jahren der
Älteste der Kläger. 
Die Beklagte zu 1) ist verantwortlich für die Inhalte der
unter www. v….de und www.v1.de abrufbaren Webseiten, die Beklagte zu 2) für
die auf dem Fernsehsender R. ausgestrahlten Inhalte. Die Beklagte zu 3)
produziert für die Beklagten zu 1) und zu 2) Magazin- und Nachrichtensendungen,
unter anderem das Format „R. e.-D. S.“.
So produzierte die Beklagte zu 3) den mit dem Klageantrag zu
Ziff. 1 angegriffenen Videobeitrag aus Anlage K2, gegen den sich die Kläger zu
1), 2) und 4) wenden. Dieser wurde am 30.10.2016 in der Sendung „R. e.“
ausgestrahlt und von der Beklagten zu 1) unter www.v….de veröffentlicht. Auf
der Website heißt es neben dem Video: „Diese Bilder von H. K. läuten eine neue
Ära ein! Sie zeigt ihre Kids bei einem öffentlichen Event.“ In dem
Sprechertext des Videos heißt es unter anderem, dass H. K. ihre Kinder „ganz
bewusst ins Rampenlicht“ mitgebracht habe. Das Video zeigt unverpixelte
Bewegtbilder der Kläger zu 1), 2) und 4), die am Rande einer Charity-Gala der
„E. G.-Stiftung“ (E. G. P. A. F.) in Los Angeles entstanden sind,
namentlich im Backstage-Bereich der Veranstaltung, in dem zeitgleich ein
Kinderfest stattfand. H. K. hatte an der Veranstaltung teilgenommen und war von
ihren Kindern begleitet worden. Die Kläger hielten sich jedoch ausschließlich
in dem Backstage-Bereich auf. In dem Videobeitrag werden auch die Namen und das
jeweilige Alter der Kläger zu 1), 2) und 4) genannt. Wegen der weiteren
Einzelheiten der Berichterstattung wird auf Anlage K2 verwiesen.           
    
Mit anwaltlichem Schreiben vom 31.10.2016 (Anlage K5)
mahnten die Kläger zu 1), 2) und 4) die Beklagten in Bezug auf die
streitgegenständliche Videoberichterstattung ab und forderten sie zur Abgabe
einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung auf. Dies lehnten die
Beklagten unter dem 03.11.2016 ab (vgl. Anlage K6), woraufhin die Kläger zu 1),
2) und 4) am 21.11.2016 eine einstweilige Verfügung der Kammer (Anlage K7)
erwirkten, mit welcher den Beklagten die Verbreitung der streitgegenständlichen
Aufnahmen untersagt wurde. Mit Schreiben vom 27.12.2016 (Anlage K8) forderten
die Kläger zu 1), 2) und 4) die Beklagten zur Abgabe einer Abschlusserklärung
auf und machten gleichzeitig Rechtsanwaltskosten für das Abmahnschreiben
geltend, deren Erstattung sie auch vorliegend begehren, wobei die bis zum
10.01.2017 gesetzte Frist fruchtlos verstrich. Die Abmahnkosten in Höhe von EUR
1.515,11 berechnen die Kläger nach einer 0,65-Geschäftsgebühr auf einen Wert
von EUR 180.000 nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer.             
Die Beklagte zu 1) veröffentlichte des Weiteren den mit dem
Klageantrag zu Ziff. 2 angegriffenen Online-Artikel mit dem Titel „BH
vergessen? H. K.s freizügiger Shopping-Trip mit Ex-Mann S. und den Kids“
vom 25.11.2016 auf www.v1.de und www.v….de. Dieser ist mit einem begleitenden
Video versehen, in dem die inkriminierten fünf Fotos, die die Kläger in
wechselnder Beteiligung mit ihren Eltern in einem Ladengeschäft zeigen,
enthalten sind. Gegenstand der Wortberichterstattung des Beitrags ist ebenfalls
der abgebildete „Shopping-Trip“. Hierin wird unter anderem hervorgehoben,
dass H. K. mit den Klägern und ihrem Vater, und nicht etwa mit ihrem damaligen
Lebensgefährten, einkaufen gewesen sei. Ferner wird betont, dass H. K. bei dem
Shopping-Trip keinen BH getragen habe, sodass sich unter ihrem weißen Top ihre
Brüste abzeichneten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Berichterstattung wird
auf Anlage K10 verwiesen.        
Aufgrund der inkriminierten Fotos mahnten die Kläger die
Beklagte zu 1) mit anwaltlichem Schreiben vom 29.11.2016 (Anlage K11) ab und
forderten sie erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungsverpflichtungserklärung auf. Die Kläger erwirkten am 07.12.2016
eine einstweilige Verfügung der Kammer (Anlage K12), mit welcher der Beklagten
zu 1) die Verbreitung der inkriminierten Fotos untersagt wurde. Insoweit machen
die Kläger nunmehr vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von
insgesamt EUR 1.054,88 geltend (errechnet nach einer 0,65-Geschäftsgebühr auf
einen Wert von EUR 80.000 nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer). 
Die Klageschrift wurde den Beklagten am 05.04.2017
zugestellt.            
Die Kläger sind der Auffassung, die Verbreitung der
streitgegenständlichen Bilder und Videos verletze, soweit sie betroffen sind,
jeweils ihr Recht am eigenen Bild. Jedenfalls im Rahmen einer
Interessenabwägung sei maßgeblich zu berücksichtigen, dass sie selbst keine
Personen des öffentlichen Lebens seien. Zu ihren Gunsten streite ferner der
besondere persönlichkeitsrechtliche Schutz Minderjähriger. Insoweit wirke es
sich zu ihren Gunsten aus, dass ihr äußeres Erscheinungsbild in Deutschland
bisher unbekannt gewesen sei – auch die Beklagten erwähnten in der
Berichterstattung aus Anlage K2, dass sie, die Kläger, von ihren Eltern zuvor
stets gewissenhaft von der medialen Öffentlichkeit ferngehalten worden seien.
Auch wenn H. K. in der Vergangenheit Bilder von ihnen auf ihrem
Instagram-Account gepostet habe, habe sie stets darauf geachtet, dass ihre
Gesichter verdeckt oder zumindest nicht vollständig zu sehen seien. Auch in der
Veröffentlichung des „Selfies“ durch H. K., auf welches sich die Beklagten
beriefen und in dem auf ihrer Handyhülle ein Bild von ihnen, den Klägern, zu
sehen sei, liege keine relevante Selbstöffnung. Es habe sich insoweit
offensichtlich um ein Versehen von H. K. gehandelt, die das Foto anschließend
unverzüglich von ihrem Instagram-Account gelöscht habe. Das von ihrem Vater
veröffentlichte Werbevideo (vgl. Anlage BK7), auf das sich die Beklagten
ebenfalls beriefen und in dem sie, die Kläger, zu sehen seien, könne nicht als
Beleg dafür herhalten, dass ihre Eltern sie der Öffentlichkeit präsentiert
hätten, da H. K., was unstreitig ist, hierin nicht eingewilligt, sondern
umgehend rechtliche Schritte eingeleitet habe, um das Video schnellstmöglich
aus den Medien entfernen zu lassen. Überdies habe dieser Vorgang im Zeitpunkt
der streitgegenständlichen Berichterstattung schon lange zurückgelegen. Die von
den Beklagten als Anlagen BK1-BK4 beigebrachten Verbreitungen von Baby-Fotos
durch ihre Eltern seien unbeachtlich. Aufgrund der schnellen Veränderung des
Erscheinungsbildes seien Fotos in dieser ersten Lebensphase nur äußerst
kurzzeitig aktuell. Ferner seien die Fotos bereits 7-13 Jahre alt. Auch der
Verweis der Beklagten auf ihre, der Kläger, Teilnahme an den „Kids‘ Choice
Awards“ am 11.03.2017 sei vorliegend ohne Bedeutung, da H. K., was
unstreitig ist, auch bei jener Veranstaltung nur ohne sie vor die Kameras
getreten sei. Ferner führten auch die von den Beklagten beigebrachten
ausländischen Presseveröffentlichungen über sie, die Kläger (Anlage BK17),
nicht zu einer Zulässigkeit der streitgegenständlichen Berichterstattungen. Es
sei aufgrund unterschiedlicher Bildnisschutzstandards in den verschiedenen
Rechtsordnungen nicht ersichtlich, ob ein Vorgehen gegen die ausländischen
Berichterstattungen überhaupt Aussicht auf Erfolg hätte.
Mit Blick auf den Videobeitrag aus Anlage K2 tragen die
Kläger zu 1), 2) und 4) vor, H. K. habe sie im Rahmen der Charity-Gala nicht
„präsentiert“, zumal sie, was unstreitig ist, bewusst nur mit anderen
Kindern – nicht jedoch mit ihnen, den Klägern – vor den Kameras posiert habe
und auch bewusst ohne sie, die Kläger, über den roten Teppich gelaufen sei.
Ihnen sei nicht bewusst gewesen, dass sie gefilmt worden seien. Die Kläger zu
1), 2) und 4) sind der Auffassung, die streitgegenständlichen Videoaufnahmen
verletzten ihr Recht am eigenen Bild. Es fehle an der erforderlichen
Einwilligung i.S.d. § 22 S. 1 KUG, die weder ausdrücklich – dies ist unstreitig
– noch konkludent erteilt worden sei. Eine konkludente Einwilligung scheitere
bereits daran, dass S. S. auf der Veranstaltung nicht anwesend gewesen sei, da
die Einwilligung im Grundsatz nur durch beide zur elterlichen Sorge
berechtigten Elternteile erklärt werden könne. Ferner sei auch dem Verhalten H.
K.s keine konkludente Einwilligung zu entnehmen gewesen. Jedenfalls wäre die
konkrete Berichterstattung von einer konkludenten Einwilligung nicht gedeckt,
da sich eine solche allenfalls auf Veröffentlichungen der Aufnahmen im Rahmen
von Berichterstattungen über das Charity-Event als solches beschränken würde;
eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Veranstaltung finde vorliegend
indes nicht statt. Die erforderliche Einwilligung sei auch nicht gem. § 23 Abs.
1 Nr. 1 KUG entbehrlich gewesen, da die in Rede stehenden Aufnahmen kein
zeitgeschichtliches Ereignis wiedergäben. Sie wiesen schon keinen ausreichenden
Bezug zu der Charity-Gala auf. Im Rahmen einer etwaigen Abwägung würden ihre,
der Kläger, geschützten Interessen überwiegen, insbesondere würden sie, die
Kläger, ausschließlich im Rahmen privater Momente gezeigt. 
Zu den inkriminierten Fotos aus Anlage K10 tragen die Kläger
vor, diese seien heimlich von Paparazzi-Fotografen angefertigt oder von einer
in dem Ladengeschäft angebrachten versteckten Kamera geschossen worden,
jedenfalls sei ihnen, den Klägern, nicht bewusst gewesen, fotografiert zu
werden. Die nicht erteilte Einwilligung in die inkriminierte Verbreitung der
Bilder sei nicht entbehrlich gewesen, insbesondere liege kein
zeitgeschichtliches Ereignis vor. Das abgebildete Einkaufen mit ihren Eltern
stelle einen rein privaten Vorgang dar. Der Gegenstand der zugehörigen
Wortberichterstattung beziehe sich ebenfalls nicht auf ein zeitgeschichtlich
relevantes Ereignis. Die Berichterstattung darüber, dass H. K. beim Einkaufen
keinen BH getragen habe, was – unstreitig – schon häufiger der Fall gewesen
sei, aber mit ihrem Ex-Ehemann und ihren Kindern einkaufen gehe, diene allein
der Befriedigung der Neugier der Leser an ihrem, der Kläger, Privatleben.
Jedenfalls wäre es insoweit nicht erforderlich gewesen, sie, die Kläger,
abzubilden.  
Die Kläger beantragen,
1. wie zu Ziff. I. erkannt;             
2. wie zu Ziff. II. erkannt;            
3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die
Kläger zu 1), 2) und 4) EUR 1.515,11 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.01.2017 zu zahlen;      
4. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an die Kläger EUR
1.054,88 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz ab dem Tag nach Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen. 
Sie bestreiten mit Nichtwissen, dass H. K. und S. gemeinsam
das Sorgerecht für die Kläger ausüben. Ferner bestreiten sie mit Nichtwissen,
dass sich die Kläger auch bei anderen öffentlichen Veranstaltungen stets im
Hintergrund gehalten hätten. Beispielsweise habe H. K. die Kläger zu 2) und 4)
im März 2017 mit zu den „Kids‘ Choice Awards“ genommen und mit ihnen
gemeinsam im Publikum gesessen. Den Berichterstattungen hierüber (Anlage BK13)
sei zu entnehmen, dass beispielsweise die Klägerin zu 2) immer wieder in die Kameras
gewunken habe. Die Beklagten sind der Auffassung, dass durch die inkriminierten
Berichterstattungen das jeweilige Recht der Kläger am eigenen Bild nicht
verletzt werde, da das öffentliche Interesse an der Veröffentlichung der
streitgegenständlichen Bilder und Videos überwiege. Maßgeblich sei insoweit zu
berücksichtigen, dass die Kläger in der Vergangenheit wiederholt von ihren
Eltern der Öffentlichkeit gezeigt worden seien. Ihre Eltern hätten schon die
Geburt der Kläger jeweils unter Veröffentlichung entsprechender Fotos auf ihren
Homepages bekannt gegeben oder im Rahmen von Exklusivverträgen Baby-Fotos der
Kläger in Boulevardmagazinen veröffentlichen lassen (vgl. Anlagen BK1-BK4).
Auch nach der Trennung ihrer Eltern hätten diese weiterhin regelmäßig Fotos der
Kläger auf Twitter und Instagram veröffentlicht (vgl. Anlagen BK5 und BK6).
2012 habe S. S. zudem einen Werbespot in seinem Haus gedreht, in dem
unverpixelte Großaufnahmen aller Kläger gezeigt würden (vgl. Anlage BK7). Den
streitgegenständlichen Berichterstattungen sei ferner, dies ist unstreitig, ein
Instagram-Posting von H. K. mit einem „Selfie“ vorausgegangen, bei dem auf
der Hülle ihres Handys die Gesichter der Kläger zu erkennen gewesen seien. Auch
nachdem H. K. auf einer Gala am 27.10.2016 insoweit auf die Erkennbarkeit der
Kläger angesprochen worden sei, sei keine „unverzügliche Löschung“
erfolgt, denn das Selfie sei noch am 30.10.2016 abrufbar gewesen, wobei H. K.
in der Zwischenzeit noch weitere Postings bei Instagram veröffentlicht habe (vgl.
Anlage BK10). Schon bei früheren Selfies H. K.s (vgl. Bl. 41 f. d.A.) seien die
Kläger auf ihrer Handyhülle erkennbar gewesen. Zu ihren, der Beklagten, Gunsten
streite ferner, dass eine Google-Bildersuche mit den Begriffen „H. K.
Kinder“ hunderte Fotos zeige, auf denen die Gesichter der Kläger ohne jede
Einschränkung sichtbar seien (vgl. Anlage BK11). Dass diese Fotos ihren
Ursprung im Ausland hätten, sei insoweit unschädlich, da auch dort ein Schutz
Minderjähriger weitestgehend durchgesetzt werden könne. Zudem hätten die Eltern
der Kläger ihren Lebensmittelpunkt in die USA verlegt und damit die Kläger
bewusst einer erhöhten medialen Aufmerksamkeit ausgesetzt.   

Hinsichtlich des inkriminierten Videobeitrags aus Anlage K2
tragen die Beklagten vor, dass H. K. mit Blick auf die Charity-Gala davon hätte
ausgehen müssen, dass Journalisten anwesend sein würden, die nicht nur am roten
Teppich sondern auch backstage Fotos der anwesenden Personen hätten machen
dürfen. Diesem Umfeld habe sie die Kläger bewusst ausgesetzt. Indem H. K. an
der Veranstaltung in Kenntnis dieses Umstands teilgenommen habe, habe sie
konkludent in die Anfertigung und Ausstrahlung solcher Aufnahmen eingewilligt,
die ihre Kinder bei der Teilnahme zeigten. Sie, die Beklagten, hätten primär
über die Teilnahme der Kläger an dem Event berichtet und im Zusammenhang mit
dem in engem zeitlichen Zusammenhang veröffentlichten Selfie (s.o.) die Frage
aufgeworfen, ob H. K. ihre Kinder nunmehr allmählich an die Öffentlichkeit
heranführe. Die Berichterstattung halte sich daher im Rahmen dessen, was die
Kläger beziehungsweise ihre Eltern billigerweise hätten erwarten können.
Jedenfalls handele es sich vorliegend um Aufnahmen aus dem Bereich der
Zeitgeschichte, sodass eine Einwilligung entbehrlich sei. Die
Charity-Veranstaltung habe unter großer medialer Beobachtung gestanden und
stelle ein zeitgeschichtliches Ereignis dar. Überdies habe H. K. die
Veranstaltung zuvor selbst beworben, ihre Teilnahme sei zudem beruflicher Natur
gewesen. Das zeitgeschichtliche Ereignis beschränke sich nicht auf die bloße
Teilnahme der Kläger an der Veranstaltung, sondern erstrecke sich auch auf die
Frage, ob H. K. sie nunmehr an die Öffentlichkeit heranführe. Anlass hierfür
sei unter anderem eine Vielzahl von Bildern der Kläger gewesen, die H. K. in
den Monaten zuvor selbst veröffentlicht habe (vgl. Anlage BK15). Die Kläger
könnten sich nicht darauf berufen, dass die Aufnahmen in „privaten, familiären
Momenten“ entstanden seien. Auf einer derart in der Öffentlichkeit stattfindenden
Veranstaltung könne per se keine Privatheitserwartung der betroffenen Personen
bestehen. Auch hätten sich die Kläger bei den Aufnahmen nicht an einem
besonders geschützten Ort befunden, sondern im Gartenbereich eines öffentlich
zugänglichen Grundstücks.    
   
Hinsichtlich des Beitrags vom 25.11.2016 (Anlage K10)
bestreitet die Beklagte zu 1) mit Nichtwissen, dass die inkriminierten Fotos
von „Paparazzi“ geschossen worden seien und dass den Klägern weder bewusst
noch bekannt gewesen sei, dass sie fotografiert würden. Schließlich seien von
der Begebenheit weitere Fotos aus unmittelbarer Nähe angefertigt worden, wie
sich aus weiteren Berichterstattungen hierüber (vgl. Anlage BK16) ergebe. Die
Verbreitung der Fotos sei zulässig, da es sich auch insoweit um Bildnisse aus
dem Bereich der Zeitgeschichte handele. Primär werde thematisiert, dass H. K.
auf öffentlicher Straße ohne BH unterwegs sei und sich unter dem T-Shirt die
Rundungen ihrer Brüste abzeichneten – in dieser „Aufmachung“ sei sie unter
anderem mit ihrem Ex-Ehemann und nicht mit ihrem damaligen Lebensgefährten
unterwegs gewesen. Hierbei handele es sich um ein zeitgeschichtliches Ereignis.
H. K. habe die Kläger bewusst in die abgebildete Situation gebracht, in der sie
von einer öffentlichen Aufmerksamkeit habe ausgehen müssen. Zudem seien die
Kläger auf den Bildern umfassend verpixelt oder lediglich von hinten
abgebildet. Die Eingriffsintensität werde ferner dadurch verringert, dass eine
Vielzahl von Fotos eben dieses Shopping-Trips im Internet auffindbar sei, die
die Kläger zum Teil sogar unverpixelt zeigten (vgl. Anlage BK16).               
Die Beklagten sind der Auffassung, dass mangels Verletzung
des Rechts der Kläger am eigenen Bild neben dem Unterlassungsanspruch auch der
von den Klägern geltend gemachte Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher
Rechtsverfolgungskosten schon dem Grunde nach entfalle. Zudem sei der in Ansatz
gebrachte Gegenstandswert für die Abmahnung überhöht.               
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die
zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll
der mündlichen Verhandlung verwiesen.         

Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Den Klägern stehen die
geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung (I.) und Erstattung
vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten (II.) zu.   
I.            
Der von den Klägern geltend gemachte Unterlassungsanspruch
ist nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog in Verbindung mit §§ 22, 23
KUG begründet, denn die Verbreitung der angegriffenen Fotos und Videos verletzt
bei fortbestehender Wiederholungsgefahr das Recht am eigenen Bild der Kläger im
tenorierten Umfang.              
1.           
Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen ist nach dem
abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen. Danach dürfen
Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet
werden, § 22 S. 1 KUG. Die Veröffentlichung des Bildes von einer Person
begründet grundsätzlich eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung ihres
allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Die nicht von der Einwilligung des
Abgebildeten gedeckte Verbreitung seines Bildes ist nur zulässig, wenn dieses
Bild dem Bereich der Zeitgeschichte oder einem der weiteren Ausnahmetatbestände
des § 23 Abs. 1 KUG positiv zuzuordnen ist und berechtigte Interessen des
Abgebildeten nicht verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). Dabei ist schon bei der
Beurteilung, ob ein Bild dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen ist, eine
Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG,
Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 I GG, Art.
10 EMRK andererseits vorzunehmen (vgl. BGH GRUR 2007, 899 Rn. 17 – Grönemeyer,
BGH GRUR 2015, 816 Rn. 14; Pentz, AfP 2013, 20, 23 f.). Maßgebend für die
Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt,
ist der Begriff des Zeitgeschehens. Der Begriff des Zeitgeschehens darf nicht
zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der
Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer
Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von
allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der
Öffentlichkeit bestimmt. Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit
gehört es, dass die Presse innerhalb der gesetzlichen Grenzen einen
ausreichenden Spielraum besitzt, in dem sie nach ihren publizistischen
Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht, und dass
sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von
öffentlichem Interesse ist, wobei sogar unterhaltende Beiträge davon nicht
ausgenommen sind. Ein Informationsinteresse besteht jedoch nicht schrankenlos,
vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt (vgl. BGH, GRUR 2017, 302, 303 –
Wowereit m.w.N.). Es bedarf mithin einer abwägenden Berücksichtigung der
kollidierenden Rechtspositionen. Die Belange der Medien sind dabei in einen möglichst
schonenden Ausgleich zum Persönlichkeitsschutz des von einer Berichterstattung
Betroffenen zu bringen, insbesondere zum Schutz des Kernbereichs der
Privatsphäre. Bei der Gewichtung des Informationsinteresses im Verhältnis zu
dem kollidierenden Persönlichkeitsschutz kommt dem Gegenstand der
Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu. Entscheidend ist insbesondere, ob
die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse
ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des
Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen, oder ob
sie – ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis – lediglich die Neugier
der Leser oder Zuschauer nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen
befriedigen. Der Informationsgehalt einer Bildberichterstattung ist im
Gesamtkontext, in den das Personenbildnis gestellt ist, zu ermitteln,
insbesondere unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung.
Daneben sind für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes der
Anlass der Berichterstattung und die Umstände in die Beurteilung mit
einzubeziehen, unter denen die Aufnahme entstanden ist. Auch ist bedeutsam, in
welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird (vgl. BGH
GRUR 2017, 302, 303 f. – Wowereit). Nach diesen Grundsätzen ergibt sich, dass
die Verbreitung der streitgegenständlichen Videoaufnahmen (2.) und Fotos (3.)
unzulässig war.         
2.           
Die Verbreitung des mit Ziff. 1 des Klageantrags
angegriffenen Videomaterials durch die Beklagten verletzt, soweit diese im
tenorierten Umfang untersagt wurde, das jeweilige Recht der Kläger zu 1), 2)
und 4) am eigenen Bild.        
a)           
Die Verbreitung der streitgegenständlichen Videoaufnahmen
ist nicht von einer wirksamen Einwilligung i.S.d. § 22 S. 1 KUG gedeckt.
Aufgrund der Minderjährigkeit der Kläger wäre gem. § 1629 S. 1 BGB insoweit
eine Einwilligung ihrer Sorgeberechtigten, H. K. und S. S., erforderlich
gewesen.         
Weder ist die Erteilung einer ausdrücklichen Einwilligung in
die Verbreitung des inkriminierten Videomaterials i.S.d. § 22 S. 1 KUG
hinsichtlich H. K. oder S. S. vorgetragen worden, noch bestehen für eine solche
anderweitige Anhaltspunkte.    
Auch eine wirksame konkludente Einwilligung liegt nicht vor.
Es kann insoweit dahinstehen, ob H. K. und S. S. das Sorgerecht für die Kläger
gemeinsam ausüben, was die Beklagten bestritten haben. Auch kommt es vorliegend
nicht darauf an, ob in diesem Falle, wie die Beklagten meinen, von einer
konkludenten pauschalen Einwilligung S. S.s schon deshalb ausgegangen werden
kann, da dieser nach dem Vortrag der Beklagten mit der Anwesenheit der Kläger
bei der in Rede stehenden Veranstaltung einverstanden war. Jedenfalls fehlt es
an einer konkludenten Einwilligung H. K.s, die vorliegend mindestens
erforderlich gewesen wäre, da jedenfalls von deren Sorgerecht auszugehen ist.
Unstreitig haben sich die Kläger während des Charity-Events ausschließlich im
Backstage-Bereich aufgehalten, während H. K. im eigentlichen Bereich der
Veranstaltung und insbesondere auf dem „roten Teppich“ ausschließlich mit
anderen Kindern posierte. Der Backstage-Bereich, in dem das Kinderfest
stattfand, befand sich unter freiem Himmel und ausweislich der in Rede
stehenden Videos offenbar in einem Garten, während die eigentliche Charity-Gala
in geschlossenen Räumen stattfand. Es war mithin eine räumliche Trennung
gegeben. Prozessual ist davon auszugehen, dass sich die Kläger nach dem Willen
von H. K. bewusst nur in dem Backstage-Bereich aufgehalten haben, um sie gerade
nicht den Medienvertretern auf dem Charity-Event auszusetzen. Dies lässt auch
für einen objektiven Betrachter erkennen, dass H. K. gerade darum bemüht war,
die Kläger aus eventuellen Berichterstattungen herauszuhalten, sodass auch nicht
von einer konkludenten Einwilligung H. K.s in die Verbreitung des
streitgegenständlichen Videomaterials von den Klägern ausgegangen werden kann.
Anders als die Beklagten meinen, kann eine konkludente Einwilligung auch nicht
daraus geschlossen werden, dass H. K. auch in dem Backstage-Bereich mit der
Anwesenheit von Fotografen beziehungsweise Medienvertretern hätte rechnen
müssen. Unabhängig davon, ob dies eine Einwilligung auch in die konkrete
vorliegende Berichterstattung begründen könnte, bestehen insoweit bereits keine
hinreichenden Anhaltspunkte, zumal der Vortrag der Beklagten insoweit
unsubstantiiert ist. Zwar ist in dem Video aus Anlage K2 beispielsweise ab
Minute 00:16 sowie ab Minute 01:38 jeweils ein Mann zu sehen, der eine Kamera
bei sich führt und zu Beginn des Videos offenbar im Begriff ist, ein Foto zu
schießen. Nicht ausschließbar handelte es sich bei diesem jedoch um die
Begleitperson eines der anwesenden Kinder, jedenfalls wäre dieser als
Medienvertreter nicht ohne Weiteres erkennbar gewesen. Hinsichtlich einer
tatsächlichen und vor allem auch für H. K. erkennbaren Anwesenheit von
Medienvertretern auf dem Kinderfest bestehen indes auch nach dem Vorbringen der
Beklagten keine hinreichenden Erkenntnisse. Soweit dies aus dem
streitgegenständlichen Video erkennbar ist, waren auf dem Kinderfest
hauptsächlich Kinder und erwachsene Begleitpersonen anwesend. Gegen die
gestattete Anwesenheit von Medienvertretern spricht schließlich die ab Minute
00:02 und Minute 01:40 jeweils erkennbare Anwesenheit eines Polizisten
beziehungsweise Sicherheitsmannes, was jedenfalls gegen eine allgemeine
Zugangserlaubnis mit Blick auf das in Rede stehende Gelände spricht.
b)          
Die Einwilligung war vorliegend auch nicht entbehrlich,
insbesondere handelt es sich bei den inkriminierten Videoaufnahmen nicht um
Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Es
fehlt bereits an einem zeitgeschichtlichen Ereignis, zu dem die
streitgegenständlichen Aufnahmen in Bezug stehen. Ein solches ergibt sich
vorliegend weder aus dem streitgegenständlichen Videomaterial selbst noch aus
dem begleitenden Sprechertext.   
aa)        
Entgegen der Auffassung der Beklagten kann ein
zeitgeschichtliches Ereignis insbesondere nicht darin gesehen werden, dass H.
K. im Rahmen der in Rede stehenden Veranstaltung, wie es im Sprechertext heißt,
die Kläger zum ersten Mal „ganz bewusst ins Rampenlicht“ mitbringe. Denn
nach den vorstehenden Ausführungen (unter a)) kann gerade nicht von einem
bewussten Präsentieren ihrer Kinder ausgegangen werden. Vielmehr ist prozessual
davon auszugehen, dass H. K. die Kläger zu 1), 2) und 4) zwar zu dem
Charity-Event mitgenommen hat, diese jedoch lediglich an dem dortigen
Kinderfest teilnehmen sollten, damit sie gerade nicht der
(Medien-)Öffentlichkeit auf der eigentlichen Veranstaltung, der Gala,
ausgesetzt waren. Dass H. K. auf dem Kinderfest mit der Anwesenheit von
Fotografen beziehungsweise Medienvertretern hätte rechnen müssen, kann
prozessual ebenfalls nicht zugrunde gelegt werden (s.o.).           
bb)        
Zwar stellt das Charity-Event als solches, namentlich der
offizielle Teil, an dem auch H. K. teilgenommen hat, nach dem oben dargelegten
Maßstab unzweifelhaft ein zeitgeschichtliches Ereignis dar. Anders als ihre
Mutter haben die Kläger zu 1), 2) und 4) an diesem jedoch nicht teilgenommen,
sodass insoweit kein ausreichender Bezug besteht, um die streitgegenständlichen
Videoaufnahmen der Kläger dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen. Das
Kinderfest im Backstage-Bereich war zum einen räumlich von dem offiziellen Teil
des Charity-Events getrennt. Zum anderen unterscheidet sich das Kinderfest von
dem eigentlichen Charity-Event thematisch dadurch, dass die Gala naheliegender
Weise dazu diente, die E. G.-Stiftung darzustellen und der Medienöffentlichkeit
zu präsentieren und die Stiftungszwecke zu bewerben und zu fördern. Auf dem
Kinderfest hingegen war, wovon prozessual auszugehen ist, eine vergleichbare
Medienöffentlichkeit nicht gegeben, geschweige denn beabsichtigt.  
cc)         
Selbst wenn man mit dem Kinderfest einen hinreichenden Bezug
zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis bejahen würde, wäre die Ausnahme vom
grundsätzlichen Erfordernis einer Einwilligung in die Verbreitung des
streitgegenständlichen Videos gem. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorliegend nicht
einschlägig. Denn jedenfalls die vorzunehmende Abwägung der widerstreitenden
Interessen – den geschützten Interessen der Kläger aus Art. 2 Abs. 1, Art. 1
Abs. 1 GG einerseits und der nach Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Meinungs- und
Pressefreiheit der Beklagten andererseits – fällt vorliegend zugunsten der
Kläger aus.
(1)         
Zwar streitet zugunsten der Beklagten, dass an den Klägern
als Kinder zweier äußerst bekannter Personen im Grundsatz ein großes
öffentliches Interesse besteht, welches sich von der Bekanntheit ihrer Eltern
ableitet. Darüber hinaus ist zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen, dass
die Eltern der Kläger, insbesondere H. K., über ihren Instagram-Account, in der
Vergangenheit eine Vielzahl von Fotos veröffentlicht haben, auf denen die
Kläger – wenngleich im Grundsatz niemals vollständig erkennbar – abgebildet
sind, was das öffentliche Interesse an ihnen weiter gesteigert haben dürfte.
Die insoweit abgebildeten Begebenheiten stellen zudem in weiten Teilen private
Situationen dar, in denen sich die Kläger im familiären Umfeld und
beispielsweise auf Familienausflügen, im Urlaub oder zu Hause befinden, in
einem Fall sogar im Bett. Insoweit hat die Mutter der Kläger ihre jeweilige
Privatsphäre in nicht unerheblichem Maße geöffnet. 
Indes ist prozessual davon auszugehen, dass H. K. es
grundsätzlich bewusst vermieden hat, die Kläger vollständig erkennbar
abzubilden. So sind auch auf keinem der als Anlagenkonvolut BK5 beigebrachten
und von H. K. verbreiteten Fotos die Kläger vollständig zu erkennen, sondern
stets mit dem Gesicht abgewandt, Teile ihres Gesichts verdeckt – beispielsweise
durch eine Bettdecke oder durch Skibekleidung – oder überhaupt nur einzelne
Körperteile (Hände, Füße) abgebildet. Lediglich auf dem aus Anlagenkonvolut BK8
ersichtlichen Selfie H. K.s sind auf der Hülle ihres Handys die Gesichter der
Kläger vollständig erkennbar. Zwar ist diesbezüglich unstreitig, dass dies H.
K. bei Veröffentlichung des in Rede stehenden Selfies im Rahmen eines
Instagram-Postings nicht bewusst war, es sich also insoweit um ein Versehen
ihrerseits handelte. Jedoch hat sie das betreffende Foto auch nach Erlangung
der Kenntnis hiervon – anders als die Kläger meinen – keineswegs
„unverzüglich“ von ihrem Instagram-Account gelöscht. Vielmehr hat sie
trotz der Möglichkeit einer schnelleren Löschung des betreffenden Postings, die
sich aus dem Umstand ergibt, dass sie in der Zwischenzeit weitere Postings
veröffentlicht hat, jedenfalls drei Tage hiermit zugewartet. Diese einmal
vorgekommene Nachlässigkeit der Mutter der Kläger – hiervon ist prozessual
auszugehen – führt indes nicht dazu, dass die Kläger die umstrittenen
Aufnahmen, die sie bei privaten Beschäftigungen zeigen, hinnehmen müssten. Auf
den von den Beklagten beigebrachten früheren „Selfies“ H. K.s sind die
Kläger auf der Handyhülle aufgrund der gegebenen Auflösung und der
offensichtlich größeren Entfernung zum Spiegel hingegen nicht in vergleichbarer
Weise erkennbar. Die von S. S. im Jahre 2012 veranlasste Veröffentlichung eines
Werbevideos (vgl. Anlage BK7), auf dem die Kläger ebenfalls vollständig zu
sehen waren, ist hingegen ohne die Einwilligung H. K.s geschehen, was sich auch
aus dem Artikel der „B.-Zeitung“ aus Anlage BK7 ergibt. Überdies ist H. K.
umgehend rechtlich hiergegen vorgegangen, um eine Löschung zu erwirken. Dies
geht auch aus der Berichterstattung aus Anlage K14 hervor. Schließlich wirkt
sich auch die Verbreitung der Baby-Fotos der Kläger durch ihre Eltern nicht
entscheidend zugunsten der Beklagten aus. Zwar sind die Kläger auf diesen
bisweilen vollständig zu erkennen, insbesondere sind ihre Gesichter nicht
verpixelt oder verdeckt. Jedoch waren die Kläger hierauf jeweils im
Säuglingsalter kurz nach ihrer Geburt abgebildet. In diesem frühen Stadium sind
insbesondere spätere Gesichtszüge und andere äußere Merkmale noch nicht
ausgeprägt beziehungsweise erkennbar. Gerade in der Phase unmittelbar nach der
Geburt unterliegt das Äußere eines Säuglings erfahrungsgemäß einer schnellen
Veränderung, sodass die Fotos bereits kurz nach ihrer Veröffentlichung nicht
mehr „aktuell“ gewesen sein dürften. Überdies liegt deren Anfertigung, wie
auch ihre Veröffentlichung, mittlerweile vergleichsweise lange, etwa 7-13
Jahre, zurück.    
Entgegen der Auffassung der Beklagten kann den Klägern auch
nicht entgegengehalten werden, dass im Internet – speziell über eine Suche mit
der Suchmaschine „Google“ – eine Vielzahl von Fotos der Kläger zu finden
ist, welche diese unverpixelt und unter anderem unter vollständiger Abbildung
ihrer unverdeckten Gesichter zeigen. Denn unstreitig werden diese sämtlich aus
anderen Staaten heraus verbreitet. Dass die Kläger hiergegen bislang nicht,
oder jedenfalls nicht mit Erfolg, vorgegangen sind, ist vorliegend nicht zu
ihren Lasten zu berücksichtigen, da zum einen unterschiedliche Schutzniveaus
bestehen können und die Durchsetzung bildnisrechtlicher Ansprüche im Ausland
jedenfalls faktisch nicht ausschließbar mit erheblichen Schwierigkeit verbunden
sein kann. Ebenso wenig kann den Klägern die Verlegung ihres Lebensmittelpunktes
– durch ihre Eltern – in die USA entgegengehalten werden. Allein der Umstand,
dass dort, wie die Beklagten meinen, eine größere Medienöffentlichkeit bestehe,
hat keinen Einfluss auf die Zulässigkeit der streitgegenständlichen und
hierzulande erfolgten Verbreitungshandlungen des inkriminierten Videomaterials.
Ohnehin kann die Kammer nicht feststellen, dass der Lebensmittelpunkt der
Kläger in die USA „verlagert“ worden wäre, da diese dort geboren sind und
in den USA aufwachsen.    
(2)         
Vorliegend überwiegen die geschützten Interessen der Kläger
zu 1), 2) und 4). Zu ihren Gunsten streitet im Rahmen der Abwägung, dass sie in
dem inkriminierten Videomaterial unverpixelt und in weiten Teilen erkennbar zu
sehen sind. Hingegen waren ihre Eltern in der Vergangenheit stets darum bemüht,
das vollständige äußere Erscheinungsbild der Kläger nicht öffentlich
preiszugeben, insbesondere nicht im Rahmen eigener Postings auf Instagram oder
in anderen sozialen Netzwerken. Bis auf die o.g. Ausnahmen ist so das äußere
Erscheinungsbild der Kläger in der Vergangenheit konsequent geschützt worden.
Auch ansonsten sind die Kläger von ihren Eltern in der Vergangenheit
grundsätzlich aus der Öffentlichkeit herausgehalten worden. Insbesondere haben
ihre Eltern die Kläger soweit ersichtlich – abgesehen von den oben erwähnten
Ausnahmen – nicht bewusst der Medienöffentlichkeit identifizierbar präsentiert.
Dem steht auch, anders als die Beklagten meinen, nicht entgegen, dass die
Kläger ihre Mutter im März 2017 zu den „Kids‘ Choice Awards“ begleitet
haben. Aus der Berichterstattung aus Anlage BK13 auf www.b…de geht hervor,
dass H. K. bei jener Veranstaltung ohne die Kläger vor die Kameras getreten
ist. Die Kläger haben während der Veranstaltung lediglich im Publikum gesessen.
Es ist auch nicht festzustellen, dass sie besonders prominente Plätze gehabt
hätten, beispielsweise in der ersten Reihe gesessen hätten. Hierin kann daher
ein bewusstes Zuwenden zur Öffentlichkeit nicht gesehen werden. Selbst wenn
jedoch die Kläger bei der Veranstaltung „Kids` Choice Awards“ prominenter
aufgetreten wären, hätte dies nicht zur Folge, dass sie die Veröffentlichung
ihrer Bildnisse, die anlässlich einer anderen Veranstaltung entstanden sind,
hinnehmen müssen, obwohl diese beiden Begebenheiten in keinerlei Zusammenhang
stehen und – wie oben ausgeführt – die Kläger in privaten Situationen gezeigt
werden (vgl. i.ü. auch OLG Köln, NJW 2017, 1114).
Zugunsten der Kläger ist zudem insbesondere der Umstand in
Ansatz zu bringen, dass sie minderjährig sind; als Ältester von ihnen war der
Kläger zu 1) im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Aufnahmen lediglich 13
Jahre alt. Es ist anerkannt, dass Kinder eines besonderen Schutzes bedürfen,
weil sie sich zu eigenverantwortlichen Personen erst entwickeln müssen, und
dass dieses Schutzbedürfnis auch hinsichtlich der Gefahren besteht, die von dem
Interesse der Medien und ihrer Nutzer an Abbildungen von Kindern ausgehen,
deren Persönlichkeitsentfaltung dadurch empfindlicher gestört werden kann als diejenige
von Erwachsenen (BGH NJW 2013, 2890; Kröner in: Hamburger Kommentar, Gesamtes
Medienrecht, 3. Aufl., Kap. 32.57). Der Bereich, in dem Kinder sich frei von
öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten dürfen, muss deswegen umfassender
geschützt sein als derjenige erwachsener Personen (BVerfGE 101, 361, 385;
BVerfGE 119, 1, 24; BVerfGE 120, 180, 199). Grundsätzlich fällt auch die
spezifisch elterliche Hinwendung zu den Kindern in den Schutzbereich von Art. 2
Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Der Schutzgehalt des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts erfährt dann eine Verstärkung durch Art. 6 Abs. 1 und
Abs. 2 und Abs. 2 GG, der den Staat verpflichtet, die Lebensbedingungen des
Kindes zu sichern, die für sein Aufwachsen erforderlich sind und zu denen insbesondere
die elterliche Fürsorge gehört. Das Recht jedes Kindes auf Entwicklung zur
Persönlichkeit umfasst sowohl die Privatsphäre als auch die kindgemäße
Entfaltung in öffentlichen Räumen. Zur Entwicklung der Persönlichkeit gehört
es, sich in der Öffentlichkeit angemessen bewegen zu lernen, ohne dadurch das
Risiko einer Medienberichterstattung über das eigene Verhalten auszulösen. Dies
gilt auch für Kinder, deren Eltern prominente Personen sind (vgl. BVerfGE 101,
361, 386; BVerfG, NJW 2000, 2191, 2192; BGHZ 160, 298, 304 f.). Neben der
Minderjährigkeit der Kläger als solcher wirkt sich nach den dargelegten
Grundsätzen zu Gunsten der Kläger zu 2) und 4) ferner aus, dass sie in dem
inkriminierten Videomaterial jeweils auch in Interaktion mit ihrer Mutter abgebildet
sind. Die Kläger zu 2) und 4) sind zu sehen, wie sie mit ihrer Mutter sprechen.
Die Klägerin zu 2) wird augenscheinlich sogar von ihrer Mutter getröstet (ab
Minute 00:02). Gegen Ende des Beitrags ist schließlich zu sehen, wie H. K. sich
mit den Klägern zu 2) und 4) zu ihrem PKW begibt, wobei die Klägerin zu 2) von
ihrer Mutter auf dem Arm getragen wird. Insoweit ist die besonders geschützte
Eltern-Kind-Beziehung betroffen, da in den genannten Situationen jeweils die
elterliche Zuwendung ihrer Mutter zu sehen ist. Dass dies jeweils im Umfeld des
Kinderfestes, mithin in Gegenwart anderer Personen geschah, ist vorliegend
unschädlich. Der diesbezügliche besondere Schutz greift grundsätzlich auch dann
ein, wenn sich Eltern und Kinder in der Öffentlichkeit bewegen, und entfällt
regelmäßig erst dann, wenn sich Eltern mit ihren Kindern bewusst der
Öffentlichkeit zuwenden (BVerfGE 101, 361, 386; Kröner, a.a.O.). Letzteres kann
vorliegend gerade nicht angenommen werden (s.o.).      
3.           
Auch die Verbreitung der mit Ziff. 2 des Klageantrags
angegriffenen Fotos durch die Beklagte zu 1) verletzt, soweit sie abgebildet
sind, das Recht der Kläger am eigenen Bild.               
a)           
Eine ausdrückliche Einwilligung i.S.d. § 22 S. 1 KUG in die
Verbreitung der in Rede stehenden Fotos ist auch insoweit unstreitig weder
durch den Vater, S. S., noch die Mutter der Kläger, H. K., erteilt worden.       
Auch für eine konkludente Einwilligung bestehen keinerlei
Anhaltspunkte. Insbesondere ergeben sich solche nicht aus den
streitgegenständlichen Fotos selbst, da aus diesen bereits nicht hervorgeht,
dass den Eltern der Kläger bewusst gewesen wäre, dass die Kläger wie geschehen
fotografiert wurden. Dies ist zudem zwischen den Parteien streitig. Der Vortrag
der – insoweit darlegungs- und beweisbelasteten – Beklagten zu 1) dahingehend,
dass die Fotos erkennbar aus unmittelbarer Nähe angefertigt worden seien, ist
unsubstantiiert. Bereits der Begriff der „unmittelbare(n) Nähe“ ist
wertungsgeprägt. Ferner ist eine gewisse Distanz der Kläger zur Kamera schon
aus den Bildern heraus erkennbar. Des Weiteren kann ein heimliches und von den
Eltern der Kläger unbemerktes Anfertigen der streitgegenständlichen Aufnahmen
unabhängig von der konkreten Entfernung der Kamera nicht ausgeschlossen werden.
Schließlich hätte sich eine eventuelle Einwilligung auf die konkrete Art der
Berichterstattung erstrecken müssen, was vorliegend ebenfalls fraglich wäre.    
b)          
Die Einwilligung war auch nicht entbehrlich, insbesondere
handelt es sich bei den inkriminierten Fotos nicht um Bildnisse aus dem Bereich
der Zeitgeschichte i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Es fehlt bereits an einem
zeitgeschichtlichen Ereignis.               
(1)         
Ein solches ergibt sich vorliegend weder aus den
streitgegenständlichen Fotos selbst noch aus der begleitenden
Wortberichterstattung. Die Fotos selbst bilden ausschließlich den auch in der
Wortberichterstattung geschilderten „Shopping-Trip“, den die Kläger
gemeinsam mit ihren Eltern unternommen haben, ab. Hierbei wurden ausweislich
des streitgegenständlichen Beitrags „Winterklamotten“ eingekauft. Das
Einkaufen stellt für sich genommen eine alltägliche Aktivität dar, der die
Kläger und ihre Eltern vorliegend nachgegangen sind. Zwar ist, wenngleich auf
den streitgegenständlichen Fotos keine anderen Personen zu sehen sind,
prozessual davon auszugehen, dass das Einkaufen in einem allgemein zugänglichen
Ladengeschäft stattfand. Das auf den Fotos abgebildete Geschehen unterfällt
jedoch jeweils der geschützten Privatsphäre der Kläger. Sie bewegen sich
vorliegend in einem familiären Umfeld und soweit erkennbar ausschließlich in
Gegenwart ihrer Eltern. Insoweit ist zudem die von der Rechtsprechung besonders
geschützte Eltern-Kind-Beziehung (hierzu s.o.) betroffen. Dies gilt insbesondere
für die Fotos zu Ziff. 2.a), c), d) und e) des Klageantrags, auf denen H. K.
die Kläger zu 1) und 2) an die Hand nimmt (Ziff. 2.a) und e)), ihre Hand auf
die Schulter des Klägers zu 4) legt (Ziff. 2.c)) beziehungsweise sich von der
Klägerin zu 2) augenscheinlich füttern lässt (Ziff. 2.d)). Hierbei manifestiert
sich erkennbar eine Zuwendung H. K.s zu den Klägern.    
(2)         
Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1) vermag auch der
in dem Beitrag erwähnte und aus den Fotos zu Ziff. 2.a) und e) des Klageantrags
erkennbare Umstand, dass H. K. im Rahmen des abgebildeten Shopping-Trips keinen
BH trug, ein zeitgeschichtliches Ereignis nicht zu begründen. Zwar nimmt H. K.
in Mode-Fragen gerade als bekanntes Model und Moderatorin der Show „G. n. T.“
eine Leitbild- und Kontrastfunktion wahr. Jedoch begründet nicht jedes
irgendwie geartete Outfit H. K.s im Rahmen alltäglicher Aktivitäten ein
zeitgeschichtliches Ereignis. Bei dem Nicht-Tragen eines BHs handelte es sich
zudem unstreitig nicht um ein singuläres Ereignis. Die hierin nach der
vorliegenden Wortberichterstattung vermeintlich liegende besondere
„Freizügigkeit“ H. K.s bleibt zudem deutlich hinter derjenigen zurück, die
H. K. schon in der Vergangenheit bei anderen Gelegenheiten gezeigt hat, nicht zuletzt
im Rahmen ihrer von der Beklagten zu 1) beigebrachten Instagram-Postings, auf
denen sie im Bikini, in Unterwäsche oder gar „oben ohne“ zu sehen ist,
sodass auch vor diesem Hintergrund ein zeitgeschichtliches Ereignis insoweit
nicht erkennbar ist. Im Übrigen ist das Fehlen eines BHs bei H. K. nur auf den
Fotos zu Ziff. 2.a) und e) des Klageantrags zu erkennen, nicht jedoch auf den
Fotos zu Ziff. 2.b)-d). Selbst wenn man insoweit ein zeitgeschichtliches
Ereignis bejahen wollte, wären die Kläger durch ihre bloße Anwesenheit
allenfalls peripher von diesem betroffen. Eine Abbildung der Kläger wäre des
Weiteren nicht erforderlich gewesen, um das Ereignis darzustellen. Auch auf den
in Rede stehenden Fotos aus Ziff. 2.a) und e) des Klageantrags wäre eine Dokumentation
des Fehlens eines BHs bei H. K. auch ohne identifizierbare Abbildung der Kläger
möglich gewesen.
Schließlich kann abweichend von der Auffassung der Beklagten
zu 1) ein zeitgeschichtliches Ereignis auch nicht aus dem Umstand gefolgert
werden, dass die Eltern der Kläger, S. S. und H. K., gemeinsam mit ihnen
einkauften. Trotz der Trennung der Eltern der Kläger ist es alles andere als
ungewöhnlich, dass diese gemeinsamen Aktivitäten mit ihnen nachgehen, zumal
solch alltägliche Aktivitäten wie einzukaufen. Es ist insbesondere weder
vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass H. K. und S. S. ansonsten
grundsätzlich zerstritten wären oder kein gutes Verhältnis zueinander pflegten.
Schließlich vermag auch der Umstand, dass H. K. im Zeitpunkt der Aufnahmen
anderweitig liiert war und sie vorliegend nicht mit ihrem damaligen
Lebensgefährten, sondern mit ihrem Ex-Ehemann unterwegs war, ein
zeitgeschichtliches Ereignis nicht zu begründen. Insbesondere da beide vier
gemeinsame Kinder – die Kläger – haben, ist es alles andere als ungewöhnlich,
dass sie auch nach ihrer Trennung und trotz neuer Partnerschaften weiterhin
Kontakt halten und insbesondere mit den Kindern gemeinsame Unternehmungen
machen. Anhaltspunkte für eine Wiederaufnahme der Beziehung zwischen H. K. und
S. S. ergeben sich hieraus nicht und sind auch ansonsten nicht erkennbar.         
 (3)        
Die streitgegenständliche Berichterstattung dient nach allem
in erster Linie der Befriedigung der Neugier der Leser nach privaten
Angelegenheiten der Kläger. 
Zwar besteht ein Informationsinteresse, aber im Rahmen der
vorzunehmenden Abwägung namentlich unter entsprechender Berücksichtigung der
oben (unter Ziff. 2. b) cc)) genannten Erwägungen überwiegen die geschützten
Interessen. Auch der Umstand, dass die Gesichter der Kläger auf den in Rede
stehenden Fotos teilweise verpixelt (indes unstreitig erkennbar) sind, was
freilich die Eingriffsintensität gegenüber unverpixelten Aufnahmen verringert,
rechtfertigt aufgrund der obigen Ausführungen kein anderes Ergebnis.
Insbesondere ist auch mit Blick auf die streitgegenständlichen Fotos die
besonders geschützte Eltern-Kind-Beziehung betroffen, zumal die Kläger
vorliegend im Rahmen einer Tätigkeit mit beiden Elternteilen abgebildet werden.     
4.           
Es besteht auch die für den Unterlassungsanspruch
erforderliche Wiederholungsgefahr. Die Wiederholungsgefahr wird durch die
Erstbegehung indiziert. Es wurde keine strafbewehrte
Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben, die einstweiligen Verfügungen
der Kammer wurden nicht als endgültige Regelungen anerkannt, und auch sonst
sind keine Umstände ersichtlich, die eine Wiederholungsgefahr entfallen lassen
könnten.            
II.           
Auch der von den Klägern geltend gemacht Anspruch auf Ersatz
vorprozessualer Rechtsanwaltskosten ist begründet. Dieser steht den Klägern dem
Grunde nach gem. § 823 Abs. 1 BGB zu. Die oben (unter I.) dargelegten
Verletzungen des Rechts der Kläger am eigenen Bild erfolgten durch die
Beklagten jeweils auch schuldhaft i.S.d. § 276 BGB. Als Schadensposten können
die Kläger vorliegend die Kosten der Rechtsverfolgung und mithin auch die
Gebühren eines mit der Sache befassten Rechtsanwalts, soweit sie zur Wahrnehmung
ihrer Rechte erforderlich und zweckmäßig waren, ersetzt verlangen.         
1.           
Der Höhe nach stehen den Klägern zu 1), 2) und 4) für das
Abmahnschreiben vom 31.10.2016 (Anlage K5) insgesamt die insoweit geltend
gemachten Kosten zu. Bei Behandlung der Abmahnung aller Beklagter als eine
Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne (vgl. § 15 Abs. 2 RVG) begegnet der
zugrunde gelegte Gegenstandswert von insgesamt EUR 180.000 keinen Bedenken.
Dieser entspricht unter Berücksichtigung des Umstands, dass durch die
Berichterstattungen drei der Kläger betroffen waren und insoweit alle drei
Beklagten abgemahnt wurden, dem Streitwertgefüge der in Hamburg mit
Pressesachen befassten Gerichte und ist von der Kammer auch schon im
einstweiligen Verfügungsverfahren als Streitwert festgesetzt worden (vgl.
Anlage K7). Auch der Ansatz einer 0,65-Geschäftsgebühr sowie der
Auslagenpauschale nebst Mehrwertsteuer begegnet keinen Bedenken.   
2.           
Hinsichtlich des Abmahnschreibens vom 29.11.2016 (Anlage
K11) können die Kläger ebenfalls die mit Klageantrag zu Ziff. 4 geltend
gemachten Kosten von der Beklagten zu 1) insgesamt erstattet verlangen. Auch
der insoweit in Ansatz gebrachte Gegenstandswert von EUR 80.000 begegnet bei
Behandlung der Abmahnung durch alle Kläger als eine Angelegenheit im
gebührenrechtlichen Sinne keinen Bedenken. Diesen hat die Kammer schon im
einstweiligen Verfügungsverfahren als Streitwert festgesetzt (vgl. Anlage K12).
Maßgeblich ist insoweit, dass bezüglich der fünf streitgegenständlichen Fotos
bei unterschiedlicher Betroffenheit der Kläger insgesamt acht verschiedene
Unterlassungsansprüche geltend gemacht worden sind. Auch die Zugrundelegung
einer 0,65-Geschäftsgebühr nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer ist nicht
zu beanstanden. 
3.           
Die Kammer legt die Klageanträge zu Ziff. 3 und 4.
dahingehend aus, dass die Kläger von den Beklagten die aus dem Tenor
ersichtliche anteilige Erstattung der insgesamt entstandenen Abmahnkosten
begehren. Dass bezüglich Ziff. 3 tatsächlich eine gesamtschuldnerische
Verurteilung der Beklagten begehrt wird, ist weder der Klagebegründung noch dem
Schreiben aus Anlage K8, mit dem die Abmahnkosten vorgerichtlich geltend
gemacht wurden, zu entnehmen. Einer gesamtschuldnerischen Haftung der Beklagten
gem. § 426 BGB würde es vorliegend an einer Grundlage fehlen. Die Kläger können
abhängig von ihren geltend gemachten Unterlassungsbegehren jeweils lediglich
die aus dem Tenor ersichtliche anteilige Erstattung der Abmahnkosten verlangen.      
4.           
Der Zinsanspruch folgt hinsichtlich Ziff. 3 des Tenors aus
§§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 288 Abs. 1 BGB, hinsichtlich Ziff. 4 des Tenors aus
§§ 291, 288 Abs. 1 BGB.       
III.         
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus § 91 Abs. 1
sowie aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.            
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3, 4 ZPO.         
Der nachgelassene Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom
12.10.2017 bot keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.         

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LG Frankfurt a.M. – Löschungsanspruch bei Veröffentlichung von Intimfotos auf Facebook

Das LG Frankfurt am Main hat mit Urteil
vom 21.12.2017, Az. 2-03 O 130/17
entschieden, dass ein
Unterlassungsanspruch gegen einen Facebook-Nutzer besteht, wenn dieser bei
Facebook intime Details und Fotos aus einer Beziehung veröffentlicht.
Die Berufung ist anhängig: 
OLG Frankfurt am Main – AZ: 16 U 12/18

Leitsätze:

1.Die Veröffentlichung der Tatsache, dass der Äußernde zuvor
eine Beziehung zu einer Minderjährigen geführt hat, sowie Details hierzu,
greift in die Intim- bzw. Privatsphäre der Betroffenen ein.
2.Daraus, dass die Betroffene Aktaufnahmen im Playboy
veröffentlicht hat und selbst ein Facebook-Profil betreibt, ist der Bereich
ihrer Privatsphäre nicht einer so umfassenden Selbstöffnung zugeführt worden,
dass es dem Äußernden gestattet wäre, jegliche Details aus dem Privatleben der
Betroffenen zu offenbaren.
3. Eine Äußerung kann insgesamt verboten werden
(Gesamtverbot), wenn sie im Gesamtkontext die Darstellung enthält, wie aus
Sicht des Beklagten die Beziehung der Parteien begann und sich entwickelte und
die Äußerung von der Darstellung durchzogen ist, dass die Parteien eine intime
Beziehung geführt haben, dies aus der Aufmachung erkennbar ist und der Sinn der
angegriffenen Äußerung durch Streichung einzelner Passagen massiv verändert
würde.
4. Nach Ende einer Beziehung sind Bilder der Betroffenen mit
Intimbezug zu löschen.
5. Anders als bei Bildern, kann bei privaten Briefen mit
teils intimen Inhalt, die während einer mittlerweile beendeten intimen
Beziehung ausgetauscht wurden, nicht ohne Weiteres Löschung, wohl aber die
Unterlassung der Weitergabe verlangt werden.

Tatbestand:
Die Parteien streiten um Ansprüche wegen der Verletzung des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
Die Klägerin ist Studentin und heute 20 Jahre alt.           
Der Beklagte ist der ehemalige Lehrer der Klägerin an einer
Realschule in A.    
Nachdem die Klägerin die Realschule verlassen hatte, nahm
sie nach ihrem 16. Geburtstag im August 2012 an einer Freizeitfahrt teil, an
der auch der Beklagte beteiligt war. Die Parteien führten sodann zwischen
August 2012 und September 2013 eine Beziehung. Während dieser Beziehung
fertigten die Parteien verschiedene Fotografien, die die Klägerin teilweise
unbekleidet zeigen und die mit Einwilligung der Klägerin erstellt wurden. Der Beklagte
ist noch im Besitz von solchen Fotografien, jedenfalls in Kopie. Ferner ist der
Beklagte im Besitz von privaten (Liebes-)Briefen der Klägerin an den Beklagten.
Fotos und Briefe wurden teilweise durch die Ermittlungsbehörden im Rahmen einer
Hausdurchsuchung beim Beklagten zu Beweiszwecken im Strafverfahren
beschlagnahmt.              
Nach Ende der Beziehung versandte der Beklagte an den neuen
Freund der Klägerin ein Foto, das die Klägerin unbekleidet zeigt.    
Die Klägerin erwirkte 2015 und 2016 mehrere
Gewaltschutzanordnungen gegen den Beklagten, nach denen es dem Beklagten
untersagt war, sich der Wohnung der Klägerin oder ihr selbst auf weniger als
20m zu nähern, ihr aufzulauern, mit ihr Kontakt aufzunehmen oder sonstwie ein
Zusammentreffen mit der Klägerin herbeizuführen.        
Die Klägerin stellte gegen den Beklagten ferner
Strafanzeige. Wegen Verstoßes gegen § 4 GewSchG in sieben Fällen wurde der
Beklagte vom Amtsgericht M nach Durchführung der Hauptverhandlung am …2016
und …2016 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung
verurteilt (Anlage K1, Bl. 24 d.A.). Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der
Beklagte hat Berufung erhoben. Ferner wurde der Beklagte von seinem Arbeitgeber
suspendiert.            
Im Vorfeld der mündlichen Verhandlung im Strafprozess
informierte der Beklagte Pressevertreter und übergab diesen private
Liebesbriefe der Klägerin an ihn sowie private Fotografien. Es kam mehrfach zu
Berichterstattungen, insbesondere der B-Zeitung, beispielsweise am …2016 mit
der Überschrift „…“, auf Anlage K2, Bl. 38 ff. d.A., wird Bezug
genommen. Der Beklagte gab in der Folgezeit und anlässlich der im … 2016
stattfindenden Hauptverhandlung privaten Fernsehsendern und der Presse
Interviews.
Am ….2016 stellte der Beklagte einen Beitrag auf seiner
Facebook-Seite ein, in dem er seine Sicht auf die Beziehung mit der Klägerin
und das laufende Verfahren mitteilte (Anlage K3, Bl. 51 d.A.). Zum Abschluss
des Beitrages forderte er die Leser zum „Teilen“ des Beitrages auf.
Am ….2016 veröffentlichte der Beklagte einen weiteren Beitrag, in dem er die
Klägerin namentlich erwähnte (Anlage K4, Bl. 57 d.A.).
Der Beklagte gab B ein Interview, das als Video
veröffentlicht wurde, in dem der Beklagte den Vornamen der Klägerin nannte und
das den Inhalt wie im Antrag zu 1 b) hat. Für den Inhalt wird weiter auf die CD
in Anlage K6 Bezug genommen.               
Die Klägerin ist nebenberuflich als Model tätig. Im … 2016
erschienen im „Playboy“ Aktfotografien von der Klägerin, die mit
ihrer Einwilligung erstellt worden waren.           
Die Klägerin ließ den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben
vom ….2016 abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung auffordern. Ferner forderte sie ihn auf, sämtliche in
seinem Besitz befindlichen Briefe und Fotografien der Klägerin zu vernichten
und zu löschen, sowie Auskunft zu erteilen und eine dem Grunde nach bestehende
Schadensersatzpflicht gegenüber der Klägerin anzuerkennen (Anlage K5, Bl. 58 d.A.).
Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe ihr nach dem Ende
der Beziehung nachgestellt.     
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die angegriffenen
Beiträge sie in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht rechtswidrig treffen.
Sie sei in dem Beitrag erkennbar. Der Beitrag umfasse Angaben zu ihrer
Intimsphäre. Besonders zu berücksichtigen sei, dass der Beklagte Angaben zum
sexuellen Verhalten der Klägerin gemacht habe, die einen Zeitpunkt betreffen,
als die Klägerin noch minderjährig war. Das Recht auf Achtung der Privat- und
Intimsphäre umfasse auch das Recht, selbst darüber entscheiden zu können, ob,
in welcher Form und wem ein Blick in die Intimsphäre und das eigene
Geschlechtsleben gewährt werde. Der angegriffene Beitrag sei in seiner Gesamtheit
zu betrachten und zu verbieten. Der Beitrag könne nicht in einzelne – zulässige
und unzulässige – Äußerungen und Passagen aufgespalten werden, da der Beklagte
historisch aufbauend den Ablauf der intimen Beziehung zu der Klägerin schildere
und die späteren Abschnitte mit den vorangegangenen „vernäht“ seien.
Die Klägerin könne die Löschung aller Lichtbilder und Briefe der Klägerin
verlangen, die im Besitz des Beklagten seien. Dies gelte nicht nur für intime
Lichtbilder. Denn die Klägerin sei zum Zeitpunkt der Anfertigung der Aufnahmen
und der Briefe noch minderjährig gewesen. Die Briefe zeigten das sexuelle
Empfinden und die Gefühlswelt der Klägerin zu einer Zeit als sie noch
minderjährig war. Die Klägerin könne vom Beklagten Schmerzensgeld verlangen, hierfür
sei die beantragte Auskunft erforderlich.    
Die Klägerin beantragt,
1.           
den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines
Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR oder Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs
Monaten zu unterlassen,
Angaben über eine intime Beziehung zur Klägerin zu
veröffentlichen und/oder öffentlich zugänglich zu machen, wenn dies wie
nachstehend wiedergegeben geschieht:   
a)           
           
wenn dies geschieht wie in Anlage K3 ersichtlich,          
b)
…,           wenn dies
geschieht wie aus der CD in Anlage K6 ersichtlich,
1.           
den Beklagten zu verurteilen, sämtliche privaten Briefe der
Klägerin und von ihm selbst oder der Klägerin angefertigte private Fotografien
der Klägerin – auch in digitaler Form – , die sich in seinem Besitz befinden,
zu vernichten und zu löschen;               
hilfsweise: es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu
250.000,00 EUR oder Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten zu
unterlassen, private Briefe und private Fotografien der Klägerin Dritten zum
Zwecke der Veröffentlichung zu überlassen,       
1.           
den Beklagten im Wege der Stufenklage zu verurteilen,            
a)           
der Klägerin Auskunft zu erteilen,         
aa.         
in welchem Zeitraum der im Klageantrag zu 1) wiedergegebene
Text auf seiner Facebook-Seite öffentlich zugänglich gemacht wurde;             
bb.        
wie viele Aufrufe des im Klageantrag zu Ziff 1)
wiedergegebenen Textes auf seiner Facebook-Seite im fraglichen Zeitraum erfolgt
sind;      
cc.         
welche Personen den Artikel auf der jeweils eigenen
Facebook-Seite veröffentlicht haben (unter Angabe von Namen und Anschrift);         
dd.        
wem der Artikel aktiv bekannt gemacht oder zugesandt wurde
(auch per Mail);           
ee.        
welche privaten Briefe und Fotografien der Klägerin der
Beklagte an Presseorgane oder andere Dritte gegeben hat;
ff.           Abs. 43
in welchem Zeitraum das Interview gem. Antrag 1. lit. b)
online zugänglich war und wieviele Zugriffe es hierauf gab; 
an die Klägerin Schadensersatz in einer nach Erteilung der
Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.      
Der Beklagte beantragt,             
die Klage abzuweisen. 
Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Klägerin sich
vorliegend nicht auf den Schutz ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts berufen
könne. Die Klägerin wende sich selbst an die Öffentlichkeit und bezeichne sich
auf Ihrer Facebook-Seite selbst als Person des öffentlichen Lebens. Sie
präsentiere ihr Sexualleben der Öffentlichkeit. Die Klägerin könne sich auch
nicht darauf berufen, dass es um Vorgänge aus der Zeit ginge, als sie noch
minderjährig war, da sie mittlerweile 20 Jahre alt ist.      
Der Beklagte habe sich mit seinem Beitrag in zulässiger
Weise öffentlich gegen die Vorwürfe der Klägerin zur Wehr gesetzt. Durch das
Strafverfahren gegen ihn seien die Vorwürfe auch bereits öffentlich gewesen.       
Nachdem im Berufungs(-straf-)verfahren vor dem Landgericht M
erörtert worden ist, ob der Beklagte im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt
hat, wendet der Beklagte dies auch für das vorliegende Verfahren ein.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die
zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den
sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.   
Gründe:
Die Klage ist zulässig und weit überwiegend begründet.            
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht
Frankfurt a.M. gemäß § 32 ZPO örtlich zuständig. Insoweit war zu
berücksichtigen, dass der Beklagte seine Äußerung über eine bundesweit abrufbare
Facebook-Seite veröffentlicht hat, dass sein Beitrag unstreitig mehrfach
geteilt worden ist und dass der Beklagte am Schluss seines Beitrages die Leser
ausdrücklich zum weiteren Teilen des Beitrages aufgefordert hat. Der Beklagte
wollte sich mit seinem Beitrag offenkundig nicht nur an einen begrenzten
Personenkreis wenden, sondern seine Sicht der Dinge einem weiteren
Empfängerkreis zur Verfügung stellen. Im Übrigen war zu berücksichtigen, dass
über das Verhältnis zwischen den Parteien bereits zuvor bundesweit in der
Presse und im Fernsehen berichtet worden war, so dass damit zu rechnen war,
dass auch der Beitrag des Beklagten nicht lediglich ein örtlich begrenztes
Interesse finden würde.   
Im Übrigen hat sich der Beklagte in der mündlichen Verhandlung
rügelos eingelassen, § 39 ZPO.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf
Unterlassung der Gesamtäußerung gemäß Antrag zu 1.a) aus den §§ 823, 1004 BGB
i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.
Die Klägerin ist durch die angegriffene Äußerung erkennbar.
An die Erkennbarkeit werden grundsätzlich keine hohen Anforderungen gestellt.
Es kommt insoweit nicht darauf an, ob alle oder ein erheblicher Teil der Leser
oder gar die Durchschnittsleser die gemeinte Person identifizieren können.
Vielmehr reicht die Erkennbarkeit im Bekanntenkreis aus (OLG Frankfurt a.M.
GRUR-RR 2017, 120 Rn. 44 – Dschihadist; Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl.
2013, § 13 Rn. 37). Ausreichend ist es, wenn der Betroffene begründeten Anlass
zu der Annahme hat, dass über das Medium persönlichkeitsverletzende
Informationen auch an solche Empfänger gelangen, die aufgrund ihrer sonstigen
Kenntnisse in der Lage sind, anhand der mitgeteilten individualisierenden
Merkmale die Person zu identifizieren, auf die sich die Aussagen beziehen
(BVerfG NJW 2004, 3619, 3620 (BVerfG 14.07.2004 – 1 BvR 263/03)). Die
Erkennbarkeit kann sich auch aus dem Zusammenhang mit anderen
Veröffentlichungen ergeben (Dreier/Schulze-Specht, UrhG, 5. Aufl. 2015, § 22
KUG Rn. 3 m.w.N.). 
Diese Voraussetzungen waren hier gegeben. Aus der
angegriffenen Äußerung geht hervor, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der
Äußerung 20 Jahre alt war (Nr. 37), der Beklagte der Lehrer der Klägerin an
einer Schule in M war, dass diese im Alter von 16 Jahren die Schule verlassen
hat und im September 20xx erotische Bilder von ihr veröffentlicht wurden.
Ferner seien in Print- und Online-Medien Bilder von ihm und der Klägerin zu
sehen gewesen (Nr. 27), die Klägerin habe ihren Körper im „Playboy“
zur Schau gestellt (Nr. 36). Darüber hinaus ist zwischen den Parteien
unstreitig, dass der Beklagte den Nachnamen der Klägerin in einem wenige Tage
später veröffentlichten Beitrag unter Bezugnahme auf die vorangegangene
Äußerung genannt hat.          
Die angegriffene Äußerung greift unzulässig in das
Persönlichkeitsrecht der Klägerin ein.         
Die Veröffentlichung einer Liebesbeziehung greift
grundsätzlich in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des
durch die Veröffentlichung Betroffenen ein. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG, Art. 8
Abs. 1 EMRK gewährleisten das Recht auf Achtung der Privatsphäre, das jedermann
einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zugesteht, in dem er seine
Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Hierzu
gehört auch das Recht, für sich zu sein, sich selbst zu gehören und den
Einblick durch andere auszuschließen (BGH GRUR 2017, 850 (BGH 02.05.2017 – VI
ZR 262/16) Rn. 19 – Tim B.).            
Der Schutz der Privatsphäre ist sowohl thematisch als auch
räumlich bestimmt. Er umfasst insbesondere Angelegenheiten, die wegen ihres
Informationsgehalts typischerweise als „privat“ eingestuft werden
(BGH GRUR 2017, 304 (BGH 29.11.2016 – VI ZR 382/15) Rn. 9 – Michael Schumacher;
BGH GRUR 2013, 91 Rn. 12 – Comedy-Darstellerin; BGH NJW 2012, 763 (BGH
22.11.2011 – VI ZR 26/11) Rn. 10; BVerfG GRUR 2000, 446 – Caroline von Monaco).
Zur Privatsphäre gehören demnach auch Informationen über das Bestehen einer
Liebesbeziehung, deren Bekanntwerden der Betroffene – aus welchen Gründen auch
immer – nicht wünscht, sondern vielmehr geheim halten möchte (BGH GRUR 2017,
850 (BGH 02.05.2017 – VI ZR 262/16) Rn. 19 – Tim B.). Weiter gehört hierzu auch
die Information über Erkrankungen des Betroffenen (BGH NJW 2017, 1550 – Michael
Schumacher; BGH NJW 2012, 3645 (BGH 18.09.2012 – VI ZR 291/10); OLG Frankfurt
a.M. NJW-RR 2015, 102, 103).     
Darüber hinaus gewährt das Grundgesetz dem Bürger einen
unantastbaren Bereich zur Entfaltung der Persönlichkeit im Kernbereich
höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung, der der Einwirkung der
öffentlichen Gewalt entzogen ist. Wegen seiner besonderen Nähe zur
Menschenwürde ist der Kernbereich privater Lebensgestaltung absolut geschützt,
ohne dass dieser Schutz einer Abwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes
zugänglich ist (BVerfG NJW 2009, 3357 Rn. 25 m.w.N.). Diesem Kernbereich
gehören insbesondere Ausdrucksformen der Sexualität an (BVerfG NJW 2008, 39
(BVerfG 13.06.2007 – 1 BvR 1783/05)). Im Übrigen hängt die Beurteilung, ob ein Sachverhalt
diesem Kernbereich zuzuordnen ist, davon ab, ob der Betroffene ihn geheim
halten will, ob er nach seinem Inhalt höchstpersönlichen Charakters ist und in
welcher Art und Intensität er aus sich heraus die Sphäre anderer oder die
Belange der Gemeinschaft berührt (BVerfG NJW 2009, 3357 (BVerfG 10.06.2009 – 1
BvR 1107/09) Rn. 25). Dementsprechend betreffen Details über den Austausch von
Intimitäten in einer Liebesbeziehung nicht nur den Bereich der Privat-, sondern
den der Intimsphäre.               
Weiter kann auch bei Heranwachsenden die Berichterstattung
über eine Beziehung einen Eingriff in einen besonders sensiblen Bereich
darstellen. Heranwachsende sollen eine gewisse Schutzbedürftigkeit dahingehend
genießen, so dass es ihnen zugestanden sein soll, auf dem Weg zu einer
gereiften Persönlichkeit unbeeinträchtigt Beziehungen zu Partnern führen zu
können, ohne dabei von einer breiten Öffentlichkeit beobachtet zu werden (LG
Hamburg NJOZ 2017, 1444).               
Nach diesen Grundsätzen greift die angegriffene Äußerung
insgesamt jedenfalls in den Bereich der Privatsphäre, teilweise auch in den
Bereich der Intimsphäre der Klägerin ein, wobei es auf letzteres im Ergebnis
nicht mehr ankam.  
Denn der Beklagte offenbart in der angegriffenen Äußerung,
dass er sich von der Klägerin habe verführen lassen und später für sie seine
Frau und seine Familie im Stich gelassen habe, dass die Klägerin bereits mit 14
Jahren amouröse Gefühle für ihn gehegt habe, dass die Parteien sexuelle
Handlungen vorgenommen haben und dass die Parteien letztlich eine heimliche
Liebesbeziehung führten. Die Parteien hätten sich gegenseitig als Verlobte
bezeichnet. Weiter offenbart der Beklagte, dass die Klägerin aus seiner Sicht
ein abnormales Verhalten mit psychosomatischer Ursache an den Tag gelegt habe.
Ferner legt der Beklagte offen, dass er im Besitz von intimen Bildnissen der
Klägerin gewesen sei, die die Klägerin unbekleidet auf seinem Sofa zeigten.
Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als
eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst
durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange
bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die
betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen
Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der
Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das
Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite
überwiegt (BGH NJW 2016, 789 (BGH 15.09.2015 – VI ZR 175/14) Rn. 20; BGH NJW
2016, 56 (BGH 28.07.2015 – VI ZR 340/14) Rn. 29; BGH NJW 2014, 2029 (BGH
17.12.2013 – II ZB 6/13) Rn. 22; jew. m.w.N.).
Hier ist das Schutzinteresse aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG
mit dem Recht auf Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG, Art. 10 Abs. 1
EMRK abzuwägen.            
Die Kammer hat bei der danach gebotenen Abwägung
berücksichtigt, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der vom Beklagten dargestellten
Begebenheiten und damit zum Zeitpunkt der von den Parteien geführten Beziehung
minderjährig war, während sie zum Zeitpunkt der angegriffenen Äußerung des
Beklagten die Volljährigkeit erreicht hatte. Die Kammer hat weiter einbezogen, dass
– auch auf Betreiben der Klägerin – gegen den Beklagten ein Strafverfahren
geführt worden ist, in dem der Umstand, dass die Parteien eine Beziehung
geführt haben, in öffentlicher Verhandlung offenbart wurde, wobei die
Hauptverhandlung jedoch erst nach Veröffentlichung der Äußerung des Beklagten
durchgeführt wurde. In die Abwägung hat die Kammer auch eingestellt, dass die
Klägerin zum Zeitpunkt der Äußerung bereits selbst mit Aktaufnahmen im Playboy
an die Öffentlichkeit getreten war und jedenfalls insoweit selbst die
Öffentlichkeit gesucht hat. Allerdings war insoweit einzustellen, dass die
Parteien vor mehreren Jahren eine Beziehung geführt hatten und die Klägerin
erst anschließend in die Öffentlichkeit getreten ist. Eine innere Beziehung
zwischen beiden Begebenheiten besteht daher nicht. Insbesondere ist daraus,
dass die Klägerin Aktaufnahmen hat fertigen lassen und selbst ein
Facebook-Profil betreibt, der Bereich der Privatsphäre der Klägerin nicht einer
so umfassenden Selbstöffnung zugeführt worden, dass es dem Beklagten gestattet
wäre, jegliche Details aus dem Privatleben der Klägerin zu offenbaren.         
Die Klägerin ist auch entgegen der Auffassung des Beklagten
nicht als Person des öffentlichen Lebens anzusehen. Sie ist mit Prominenten
oder Politikern in keiner Weise zu vergleichen. Hieran ändert auch nichts, dass
die Klägerin in einer bundesweit erscheinenden Zeitschrift mit Aktaufnahmen an
die Öffentlichkeit getreten ist und sich auch über Facebook öffentlich
präsentiert. 
Weiter hat die Kammer eingestellt, dass auch der Beklagte
einräumt, dass die Parteien ihre Beziehung jeweils geheim gehalten haben. Auch
der Beklagte trägt nicht vor, dass die Klägerin mit dem Umstand, dass die
Parteien eine Liebesbeziehung geführt haben, selbst zuvor – insbesondere vor
der öffentlichen mündlichen Strafverhandlung – an die Öffentlichkeit getreten
sei.       
Weiter hat die Kammer berücksichtigt, dass über die
Beziehung zwischen den Parteien auch vor der Äußerung des Beklagten bereits
öffentlich und bundesweit berichtet worden war. Insoweit ist jedoch zwischen
den Parteien unstreitig, dass dies jedenfalls auch auf Betreiben des Beklagten
erfolgte und dass der Beklagte insoweit Bildnisse und Liebesbriefe der Klägerin
an die Presse weitergereicht hatte. Eine Einwilligung der Klägerin in diese
Weitergabe hat auch der Beklagte nicht vorgetragen.         
Das ausgesprochene Verbot erstreckt sich vorliegend auch auf
die Gesamtäußerung, wie sie im Antrag zu 1 a) wiedergegeben ist. Unter
Berücksichtigung der Umstände des hiesigen Einzelfalls ist ein Gesamtverbot
zulässig.        
Ein Gesamtverbot ist dann nicht unverhältnismäßig, wenn die
beanstandeten Textteile für die Gesamtkonzeption eines Werks beziehungsweise
für das Verständnis des mit ihm verfolgten Anliegens von Bedeutung sind (BGH
NJW 1975, 1882, 1884 (BGH 03.06.1975 – VI ZR 123/74); BGH NJW 2005, 2844 (BGH
21.06.2005 – VI ZR 122/04) Rn. 28; BVerfG NJW 2008, 39 (BVerfG 13.06.2007 – 1
BvR 1783/05) Rn. 104 – Esra). Dies kann auch bei einer Berichterstattung der
Fall sein, wenn die einzelnen Teile der Gesamtäußerung gedanklich so
verklammert sind, dass ein Herausschälen eine Sinnveränderung zur Folge hätte
(Löffler/Steffen, a.a.O., § 6 Rn. 270; Wenzel/Burkhardt, Recht der Wort- und
Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap. 12 Rn. 82; vgl. auch Soehring/Hoene,
a.a.O., § 30 Rn. 29c m.w.N.). Enthält der Gesamtbeitrag einen unzulässigen
Angriff, weil etwa die Gesamtaussage ein verfälschendes Persönlichkeitsbild in
einer Art zeigt, dass dem nicht durch das Verbot einzelner Textstellen begegnet
werden kann, kann ein Verbot auf die gesamte Äußerung erstreckt werden
(Löffler/Steffen, a.a.O., § 6 Rn. 270). Dies kann insbesondere in Betracht
kommen, wenn es nicht nur um persönlichkeitsrechtsverletzende Unwahrheiten,
sondern um eine Verletzung der Privat- oder Intimsphäre geht. Äußerungen, die
die Privat- oder Intimsphäre verletzen, brauchen im Unterlassungsantrag daher
nicht notwendigerweise Einzelnen aufgeführt zu werden (BGH NJW 1981, 1366 –
Wallraff II; Wenzel/Burkhardt, a.a.O., Kap. 12 Rn. 94). Es ist in einem solchen
Fall nicht Aufgabe eines Gerichts, bestimmte Streichungen vorzunehmen, um die
Persönlichkeitsrechtsverletzung auf das gerade noch zulässige Maß zu
reduzieren, da es eine Vielzahl möglicher Varianten gäbe, wie diese Änderungen
vorgenommen werden müssten und die Gesamtäußerung durch solche Eingriffe eine
erhebliche Änderung erfahren würde (vgl. LG Frankfurt a.M., Urt. v. 08.09.2011
– 2-03 O 195/11).        
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die angegriffene
Äußerung enthält in ihrem Gesamtkontext die Darstellung, wie aus Sicht des
Beklagten die Beziehung der Parteien begann und sich entwickelte. Die gesamte
Äußerung ist durchzogen von der Darstellung, dass die Parteien eine intime
Beziehung geführt haben. Dies ist auch durch die Aufmachung der Äußerung
erkennbar. So beinhaltet der Beitrag eine Einleitung, in der der Beklagte
darlegt, dass er nun die Begebenheiten darstellen wolle, wie sie sich aus
seiner Sicht zugetragen haben. Anschließend stellt er in weitgehend
chronologischer Reihenfolge tatsächliche Begebenheiten oder Einordnungen
seinerseits dar, die aufsteigend nummeriert sind. Es ist bei der Betrachtung
des Gesamtkontextes erkennbar, dass die einzelnen Abschnitte jeweils
aufeinander aufbauen oder jedenfalls in ihrem Gesamtsinn miteinander verknüpft
sind. Würde man versuchen, aus der Gesamtäußerung Bezugnahmen auf die Beziehung
zwischen den Parteien zu streichen, wäre die Gesamtäußerung bis auf einige
Teiläußerungen zu streichen oder erheblich zu verändern. Der gesamte Sinn der
angegriffenen Äußerung würde dadurch massiv verändert.        
Im Übrigen ist zu beachten, dass die Klägerin im Tenor ihres
Antrages die Äußerung nicht schlechthin verbieten lassen will, sondern in
dieser ausdrücklich die Veröffentlichung von „Angaben über eine intime
Beziehung zur Klägerin“ angreift. Hierdurch greift die Klägerin das
Unzulässige durch Abstrahierung in zulässiger Weise auf und schränkt
gleichzeitig den Verbotsumfang ein (vgl. insoweit Löffler/Steffen, a.a.O., § 6
Rn. 270).
Soweit der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung
eingewandt hat, dass der Antrag zu weit gefasst sei, da ihm auch Äußerungen im
Rahmen von behördlichen oder Strafverfahren untersagt würden, folgt die Kammer
dem nicht. Solche Äußerungen sind hier zum einen nicht streitgegenständlich,
vielmehr geht es hier um konkrete Äußerungen auf der Facebook-Seite des
Beklagten. Auch der Klägervertreter hat im Termin zur mündlichen Verhandlung
nicht darauf gedrungen, dem Beklagten auch im Zusammenhang mit behördlichen
oder Strafverfahren jegliche Äußerungen zur Beziehung der Parteien verbieten zu
lassen. Solche Äußerungen gegenüber Behörden wären äußerungsrechtlich auch
privilegiert (vgl. Soehring/Hoene, a.a.O., § 15 Rn. 22 m.w.N.). 
Die Klägerin kann vom Beklagten auch die Unterlassung der
Äußerung gemäß Antrag zu 1.b), die im Rahmen eines Interviews des Beklagten
getätigt wurde, aus den §§ 823, 1004 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG
verlangen.           
Auch die in dieser angegriffenen Äußerung enthaltene
Offenbarung, dass die Klägerin ein Interesse am Beklagten gezeigt habe und
diesen letzten Endes verführt habe, stellt einen unzulässigen Eingriff in die
Privatsphäre der Klägerin darf. Die Klägerin ist aus dem Beitrag auch
erkennbar, nachdem sie bildlich dargestellt wird. Auf die obigen Ausführungen
wird im Übrigen verwiesen.      
Die Klägerin kann vom Beklagten hinsichtlich der sie
zeigenden Bilder teils Löschung und teils – nach ihrem Hilfsantrag –
Unterlassung verlangen (Antrag zu 2.).               
(Bilder)
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf
Löschung von sie zeigenden Bildnissen aus den §§ 823, 1004 BGB, jedoch nicht im
begehrten, vollständigen Umfang.       
Die Klägerin begehrt mit ihrem Hauptantrag zu 2) die
Vernichtung und Löschung von „privaten Fotografien der Klägerin“, die
von der Klägerin oder dem Beklagten angefertigt wurden.
Ein solcher Anspruch auf Löschung von Bildnissen, die sich
im Besitz eines Dritten befinden, kann nicht auf die §§ 22, 23 KUG gestützt
werden, da diese Schutz nur gegen die Veröffentlichung von Bildnissen gewähren
(BGH NJW 2016, 1094 (BGH 13.10.2015 – VI ZR 271/14) Rn. 30 f.). Durch die
Sonderregelung des § 22 KUG wird ein Rückgriff auf das Persönlichkeitsrecht
jedoch nicht verwehrt.
Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewähren kein
allgemeines oder gar umfassendes Verfügungsrecht über die Darstellung der
eigenen Person. Das Recht am eigenen Bild gewährleistet dem Einzelnen aber
Einfluss- und Entscheidungsmöglichkeiten, soweit es um die Anfertigung und
Verwendung von Bildaufzeichnungen seiner Person durch andere geht. Das
Schutzbedürfnis ergibt sich vor allem aus der Möglichkeit, das auf eine
bestimmte Situation bezogene Erscheinungsbild eines Menschen davon zu lösen und
das Abbild jederzeit unter für den Betroffenen nicht überschaubaren und/oder
nicht beherrschbaren Voraussetzungen vor Dritten zu reproduzieren. Je leichter
dies ist, umso größer kann das Schutzbedürfnis sein. So sind mit dem
Fortschritt der Aufnahmetechniken wachsende Möglichkeiten der Gefährdung von
Persönlichkeitsrechten verbunden (BGH NJW 2016, 1094 Rn. 30). Zum rechtlich
geschützten Bereich des Persönlichkeitsrechts gehört in Ausformung der
verfassungsrechtlichen Wertentscheidung der Art. 1 und 2 GG zu Gunsten des
freien, eigenverantwortlichen Individuums auch, dass der Einzelne grundsätzlich
allein zur Verfügung über die Verwendung seines Bildnisses – nicht nur in der
Öffentlichkeit, sondern auch sonst – berechtigt ist (BGH, a.a.O., Rn. 31).
Danach kann unter besonderen Umständen schon das Innehaben
der Verfügungsmacht über Bildaufnahmen durch einen Dritten gegen den Willen des
Abgebildeten, sei es nur durch Behalten und Betrachten, dessen
Persönlichkeitsrecht verletzen. Dem Einzelnen steht mit dem Kernbereich
höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung ein unantastbarer Bereich zur
Entfaltung der Persönlichkeit zu, der wegen seiner besonderen Nähe zur
Menschenwürde absolut geschützt und einer Einschränkung durch Abwägung nach
Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht zugänglich ist. Die
Beurteilung, ob ein Sachverhalt diesem Kernbereich zuzuordnen ist, hängt davon
ab, ob der Betroffene ihn geheim halten will, ob er nach seinem Inhalt
höchstpersönlichen Charakters ist und in welcher Art und Intensität er aus sich
heraus die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt.  
Vor diesem Hintergrund kann bereits die Funktionsherrschaft
eines Dritten über intime Aufnahmen gegen den Willen des Abgebildeten diesem
Kernbereich zuzuordnen sein. Wer nämlich Bildaufnahmen oder Fotografien, die
einen anderen darstellen, besitzt, erlangt allein durch diesen Besitz eine
gewisse Herrschafts- und Manipulationsmacht über den Abgebildeten, selbst wenn
eine Verbreitung oder Weitergabe an Dritte nicht beabsichtigt oder untersagt
ist. Diese Macht ist umso größer, wenn Aufnahmen eine vollständige Entblößung
des gänzlich Privaten, der grundsätzlich absolut geschützten Intimsphäre des
Einzelnen, insbesondere im Zusammenhang mit gelebter Sexualität, zeigen. Diese
Entblößung wird von dem Abgebildeten regelmäßig als peinlich und beschämend
empfunden, wenn sich der Situationszusammenhang wie hier durch die Beendigung
der Beziehung geändert hat. Die zur Anregung des gemeinsamen Sexuallebens erbrachte
Entblößung wird als demütigend wahrgenommen, wenn das gemeinsame Erleben
entfällt, sie aber dauerhaft sichtbar bleibt, wenn das aktive Subjekt gegen
seinen Willen zum reinen Objekt des Bildbetrachters wird (BGH NJW 2016, 1094
(BGH 13.10.2015 – VI ZR 271/14) Rn. 35 m.w.N.).
Der Schutz des Persönlichkeitsrechts für solche Fotografien
kann allerdings entfallen oder zumindest im Rahmen der Abwägung zurücktreten,
wenn der Grundrechtsträger den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung von
sich aus öffnet, bestimmte, an sich dem unantastbaren Kernbereich zuzurechnende
Angelegenheiten der Öffentlichkeit zugänglich macht und damit zugleich die
Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt. Denn niemand kann
sich auf den Schutz seiner Intim- oder Privatsphäre hinsichtlich solcher
Tatsachen berufen, die er selbst der Öffentlichkeit preisgegeben hat (BGH,
a.a.O., Rn. 36). Eine solche Selbstöffnung liegt aber nicht vor, wenn die
Einwilligung in den Besitz von Bildnissen auf die Dauer einer Beziehung
begrenzt ist (BGH, a.a.O., Rn. 37 ff.).    
Nach diesen Grundsätzen ist der Beklagte verpflichtet,
sämtliche Bilder der Klägerin mit Intimbezug zu löschen.          
Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Parteien
eine Liebesbeziehung geführt haben und in diesem Zusammenhang Fotografien der
Klägerin erstellt oder dem Beklagten überlassen worden sind. Die Klägerin macht
insoweit auch geltend, dass sie eine eventuelle Einwilligung widerrufen hat,
wobei der Beklagte dem nicht entgegen getreten ist. Weiter ist zu
berücksichtigen, dass die Klägerin gegen den Beklagten auch Verfahren nach dem
GewSchG angestrengt sowie Strafanzeige erstattet hat. Das Verhältnis der
Parteien ist dementsprechend zerrüttet und von einer Fortdauer der – konkludent
nur für die Dauer der Beziehung erteilten – Einwilligung ist nicht auszugehen.        
Die auch insoweit gebotene Abwägung fällt zu Lasten des
Beklagten aus, soweit Bildnisse betroffen sind, die intimen Inhalt haben,
namentlich solche, die die Klägerin        
-in unbekleidetem Zustand,     
-in teilweise unbekleidetem Zustand, soweit der Intimbereich
der Klägerin (Brust und/oder Geschlechtsteil) zu sehen ist,               
-lediglich ganz oder teilweise nur mit Unterwäsche
bekleidet,
zeigen (vgl. insoweit OLG Koblenz, Urt. v. 20.05.2014 – 3 U
1288/13, BeckRS 2014, 10308).          
Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass solche Bildnisse
den Intimbereich der Klägerin betreffen, diese zum Zeitpunkt der Aufnahmen noch
minderjährig war und der Beklagte zudem solche Bildnisse unstreitig bereits
Dritten zur Verfügung gestellt hat. Die von der Klägerin erteilte Einwilligung
erlaubt dem Beklagten unter Zugrundelegung der oben dargestellten Grundsätze
auch nicht den weiteren Besitz solcher Bildnisse der Klägerin.        
Die Kammer konnte der Klägerin diesen – im Umfang begrenzten
– Anspruch auch gemäß § 308 ZPO zusprechen, da es sich um ein Minus gegenüber
dem ursprünglich gestellten, umfassenden Löschungsanspruch beinhaltet (vgl. BGH
NJW 2016, 1094 Rn. 17). In dieser Fassung ist der Tenor auch gemäß § 253 Abs. 2
Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt (vgl. BGH NJW 2016, 1094 (BGH 13.10.2015 – VI ZR
271/14) Rn. 18).   
Darüber hinaus bestand der Anspruch der Klägerin jedoch
nicht, insbesondere also nicht hinsichtlich von Bildnissen, die die Klägerin –
ggf. mit dem Beklagten – zeigen, ohne dass ein Bezug zum Intimbereich besteht
(vgl. insoweit das Bild auf Bl. 40 d.A.). Lichtbilder, die den Betroffenen in
bekleidetem Zustand in Alltags- oder Urlaubssituationen zeigen, tangieren das
allgemeine Persönlichkeitsrecht in einem geringeren Maße und sind weniger
geeignet, das Ansehen des Betroffenen gegenüber Dritten zu beeinträchtigen. Es
ist allgemein üblich, dass etwa bei Feiern, Festen und in Urlauben Fotos von
Personen in deren Einverständnis gemacht werden und mit diesem Einverständnis
zugleich das Recht eingeräumt wird, diese Fotos auf Dauer besitzen und nutzen
zu dürfen. Insoweit kann es geboten sein, dass der Abgebildete sich an seiner
einmal erteilten Einwilligung festhalten lässt (OLG Koblenz, Urt. v. 20.05.2014
– 3 U 1288/13 Rn. 64, BeckRS 2014, 10308).               
So lag der Fall auch hier. Die Klägerin hat vorgetragen,
dass der Beklagte – auch – Bilder von ihr mit Intimbezug im Besitz hat, aber
eben auch solche, die lediglich die Parteien gemeinsam zeigen. Der Besitz des
Beklagten an diesen Bildnissen greift in erheblich geringerem Umfang in das
Persönlichkeitsrecht der Klägerin ein. Hierbei hat die Kammer auch
berücksichtigt, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Anfertigung der Bildnisse
noch minderjährig war. Das Ergebnis dieser Abwägung wird durch die
gesetzgeberischen Entscheidungen in Bezug auf den Schutz von Daten allgemein
gestützt. Aus dem Anwendungsbereich des BDSG ist der – ansonsten eher strengere
– Schutz für die Nutzung von Daten „ausschließlich für persönliche oder
familiäre Tätigkeiten“ ausgenommen. Auch nach der im kommenden Jahr in
Kraft tretenden DSGVO gilt eine solche Ausnahme gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. c)
DSGVO (vgl. auch ErwGr 18 DSGVO).
(Hilfsantrag Bilder)        
Die Klägerin kann vom Beklagten jedoch gemäß ihrem
Hilfsantrag nach den §§ 823, 1004 BGB, 22, 23 KUG die Unterlassung der
Überlassung von Fotografien an Dritte verlangen, 
soweit diese nicht nach dem Hauptantrag zu löschen sind.       
Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen ist nach dem
abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen (BGH GRUR 2007, 527 –
Winterurlaub m.w.N.). Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur
mit ihrer Einwilligung verbreitet werden (§ 22 S. 1 KUG). Hiervon besteht
allerdings gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse
aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für
eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten gemäß § 23
Abs. 2 KUG verletzt werden (BGH GRUR 2013, 1065 (BGH 28.05.2013 – VI ZR 125/12)
Rn. 10 – Eisprinzessin Alexandra).               
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Es handelt sich –
zwischen den Parteien unstreitig – bei den Bildnissen, die die Klägerin zeigen,
insgesamt um private Bildnisse, bei denen die Klägerin eine Einwilligung zur
Veröffentlichung oder Weitergabe nicht erteilt hat. Die Bildnisse sind auch
nicht dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen, sondern sind – ebenfalls
unstreitig – im Rahmen der von den Parteien vor der Allgemeinheit stets
verheimlichten Beziehung entstanden. An dieser Bewertung ändert es auch nichts,
dass die Klägerin – nach dem Ende der Beziehung mit dem Beklagten – freiwillig
Aktfotografien hat fertigen und veröffentlichen lassen. Denn weder wirkt sich
dies auf die hier streitgegenständlichen Bildnisse noch auf das Interesse der
Klägerin an der Nichtveröffentlichung zuvor entstandener Bildnisse aus.               
(Briefe)               
Die Klägerin kann vom Beklagten nicht die Vernichtung
privater Briefe aus den §§ 823, 1004 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG
verlangen, aber nach ihrem Hilfsantrag die begehrte Unterlassung.          
aa.         
Wie oben dargestellt, verbleibt jedem ein Kernbereich des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts, der umfassend geschützt ist, sofern keine
Selbstöffnung vorliegt.             
Dieser Schutz kann grundsätzlich auch das geschriebene Wort
umfassen. Die Klägerin hat auch dargelegt, dass der Beklagte solche Briefe mit
intimem Inhalt an Dritte weitergegeben hat. Der Beklagte hat dies auch nicht in
Abrede gestellt. Im Beitrag bei B vom ….2016 gemäß Anlage K2 (Bl. 42 d.A.)
findet sich ein – in Handschrift der Klägerin abgebildeter – Brief der
Klägerin, die über ihre tiefe Liebe zum Beklagten auch aus einer Zeit
berichtet, als er noch ihr Lehrer war. In diesem Brief offenbart die Klägerin
Umstände aus ihrem Innersten, die der Einsicht der Allgemeinheit ebenso wie
ihres unmittelbaren Umkreises vollständig entzogen sind.  
Darüber hinaus enthält der Bericht ein Zitat aus einem
weiteren Brief an den Beklagten (Bl. 44 d.A.), in dem die Klägerin über
sexuelle Fantasien mit dem Beklagten berichtet.
Auch dieser Brief betrifft den absolut geschützten Intimbereich.          
Allerdings wäre auch insoweit ein Schutz allein auf solche
Briefe zu erstrecken, die intimen Inhalt haben. Ein solches Verbot –
„Briefe mit intimem Inhalt“ – wäre jedoch, entgegen der obigen
Abgrenzung von Bildnissen anhand objektiv zu beurteilender Kriterien, nicht
hinreichend bestimmt nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, da die Frage, ob ein
geschriebener Text dem Bereich der Intim- oder („nur“) der
Privatsphäre unterfällt, im Einzelfall schwierig zu beurteilen ist.          
Ein umfassendes Löschungsgebot, das alle Briefe der Klägerin
an den Beklagten erfasst, wäre wiederum zu weitgehend. Denn die Klägerin hat
dem Beklagten die Briefe aus eigenen Stücken zur Verfügung gestellt. Es ist
auch nicht ungewöhnlich, dass Erinnerungsstücke an eine Beziehung auch nach
Ende der Beziehung aufgehoben werden.          
bb. Die Klägerin kann jedoch aus ihrem Hilfsantrag vom
Beklagten aus den §§ 823, 1004 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 2 GG verlangen,
dass er es künftig unterlässt, die ihm überlassenen privaten Briefe Dritten
zugänglich zu machen.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt vor einer
Beeinträchtigung der Privat- oder Intimsphäre, vor herabsetzenden, vor allem
ehrverletzenden Äußerungen oder davor, dass einem Betroffenen Äußerungen
unterschoben werden, die er nicht getan hat. Besonderen Schutz genießen in
diesem Zusammenhang Briefe oder sonstige private Aufzeichnungen. Sie dürfen in
der Regel nicht ohne Zustimmung des noch lebenden Verfassers veröffentlicht
werden (BGHZ 13, 334, 341 – Leserbrief; KG Berlin, Urt. v. 18.04.2011 – 10 U
149/10, ZUM 2011, 570, Rn. 4 – juris).     
Dieser Bereich ist jedoch nicht absolut geschützt, sondern –
wie auch im Übrigen – ist eine Abwägung der sich gegenüber stehenden Interessen
erforderlich. Wesentlicher Abwägungsfaktor ist hierbei das Gewicht des
öffentlichen Informationsinteresses (KG Berlin, Urt. v. 18.04.2011 – 10 U
149/10, ZUM 2011, 570, Rn. 4 – juris).          
Diese Abwägung fällt vorliegend zu Gunsten der Klägerin aus.
Insoweit war zu berücksichtigen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Erstellung
und Absendung der Briefe minderjährig war und diese im Vertrauen auf die
private und geheim gehaltene Beziehung der Parteien dem Beklagten überlassen
hat. Ein Informationsinteresse des Beklagten gegenüber der Allgemeinheit oder
ein Interesse der Allgemeinheit ist bezüglich dieser Briefe nicht zu erkennen.
Auch die für die Unterlassungsansprüche jeweils
erforderliche Wiederholungsgefahr ist gegeben. Im Regelfall indiziert die
Erstbegehung die Wiederholungsgefahr (ständige Rechtsprechung BGH GRUR 1997,
379, 380 (BGH 16.11.1995 – I ZR 229/93) – Wegfall der Wiederholungsgefahr II).
Im Allgemeinen gelingt eine Widerlegung der Wiederholungsgefahr durch Abgabe
einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, die jedoch beklagtenseits
verweigert wurde. Damit zeigt Beklagte, dass nach wie vor Wiederholungsgefahr
besteht (vgl. BGH GRUR 1998, 1045, 1046 (BGH 19.03.1998 – I ZR 264/95) –
Brennwertkessel).        
Die Entscheidung über die Androhung eines Ordnungsmittels
beruht jeweils auf § 890 ZPO.   
Die Klägerin kann vom Beklagten gemäß ihrem Antrag zu 3. aus
§ 242 BGB auch Auskunft darüber verlangen, in welchem Umfang die
Rechtsverletzung gemäß dem Klageantrag zu 1) geschehen ist, jedoch nicht im
begehrten Umfang.         
Nach § 242 BGB kann der Betroffene Auskunft über den
Verbreitungsumfang einer Veröffentlichung verlangen, wenn sie zur
Rechtsverfolgung erforderlich ist und der Verletzer sie unschwer erteilen kann
(Wenzel/Burkhardt, a.a.O., Kap. 15 Rn. 7 m.w.N.).            
Nach diesen Grundsätzen kann die Klägerin vom Beklagten
Auskunft darüber verlangen, in welchem Zeitraum der gemäß Klageantrag zu 1 a)
auf der Facebook-Seite des Beklagten veröffentlichte Text zugänglich war
(Antrag zu 3. a) aa.).    
Genauso kann die Klägerin verlangen, dass der Kläger
Auskunft darüber erteilt, wie viele Aufrufe des Textes erfolgt sind (Antrag zu
3. a) bb.). Der Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass er über diese
Informationen nicht verfüge.           
Die Klägerin kann jedoch nicht Auskunft verlangen, welche
Personen den Text selbst veröffentlicht haben (Antrag zu 3. a) cc.).      
Die Klägerin trägt insoweit vor, dass der Beklagte seine
Leser dazu aufgefordert habe, seinen Beitrag auf die eigene Facebook-Seiten zu
übernehmen, von wo aus dieser weiter habe geteilt werden können (Bl. 22 d.A.).            
Eine solche Aufforderung ergibt sich jedoch weder aus dem
Beitrag in Anlage K3, noch aus dem Beitrag in Anlage K4. Vielmehr fordert der
Kläger seine Leser am Ende seiner Äußerung auf, diesen Beitrag zu
„teilen“, nicht aber ihn auf andere Webseiten zu kopieren. Die
Klägerin hat auch nicht substantiiert vorgetragen, dass Dritte den Beitrag auf
ihre eigene Facebook-Seite übernommen haben.
Im Übrigen ist Voraussetzung eines Auskunftsanspruchs nach §
242 BGB, dass der Auskunftssuchende nicht Kenntnis von den jeweiligen Umständen
hat, während der in Anspruch Genommene diese Auskunft unschwer erteilen kann.
Es ist vorliegend aber nicht ersichtlich, warum der Beklagte unschwer (und
besser als die Klägerin) Auskunft darüber erteilen können soll, wer seinen
Beitrag in anderer Form als durch ein „Teilen“ übernommen hat.        
Die Klägerin kann vom Beklagten aber auch verlangen, dass er
mitteilt, welchen Personen er den angegriffenen Beitrag aktiv bekannt gemacht
hat (Antrag zu 3. a) dd.) (vgl. dazu Wenzel/Burkhardt, a.a.O., Kap. 15 Rn. 8).   
Die Klägerin hat auch einen Anspruch darauf, dass der
Beklagte ihr mitteilt, welche Briefe und Fotografien der Beklagte von ihr an
Dritte weitergegeben hat (Antrag zu 3. a) ee.).  
Es ist hingegen nicht ersichtlich oder vorgetragen, warum
der Beklagte dazu etwas sagen können soll, in welchem Umfang sein Interview
Verbreitung gefunden hat, insbesondere nicht die Anzahl der Zugriffe hierauf .
Die Klägerin trägt auch nicht vor, dass der Beklagte dazu irgendwelche
Informationen hätte (Antrag zu 3. a) ff.).    
Soweit der Beklagte auf seine möglicherweise bestehende
Schuldunfähigkeit hingewiesen hat, kam es für die hier geltend gemachten
Ansprüche darauf nicht an. Im Übrigen hat der für seine möglicherweise
bestehende Schuldunfähigkeit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. BGH
NJW-RR 2004, 173, 174 (BGH 29.10.2003 – IV ZR 16/03); MünchKommBGB/Wagner, 7.
Aufl. 2017, § 827 Rn. 14 m.w.N.) diesbezüglich keinerlei tatsächlichen Vortrag
gehalten.               
Die Kostenentscheidung war einer Schlussentscheidung
vorzubehalten.          
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt
sich jeweils aus § 709 ZPO.  

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OLG Hamm – Ärztebewertungsportal Jameda muss falsche Tatsachenbehauptungen in Arztbewertung eines Nutzers löschen

Das OLG Hamm hat im Rahmen eines einstweiligen
Verfügungsverfahrens mit Urteil
vom 13.03.2018, Az. 26 U 4/18
entschieden, dass das Ärztebewertungsportal
Jameda falsche Tatsachenbehauptungen in Arztbewertung eines Nutzers löschen
muss.
Vorinstanz:
Landgericht Essen, 9 O
254/17

Tenor:
Auf die Berufung der
Verfügungsbeklagten wird das am 28. November 2017   verkündete Urteil der 9.Zivilkammer des
Landgerichts Essen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
In dem einstweiligen
Verfügungsverfahren
hat der 26. Zivilsenat
des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 13.März 2018
für  R e c h t 
erkannt:
Auf die Berufung der
Verfügungsbeklagten wird das am 28. November 2017   verkündete Urteil der 9.Zivilkammer des
Landgerichts Essen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Verfügungsbeklagte
bleibt verurteilt, es zu unterlassen, im Internet auf dem Portal www.###.de
hinsichtlich des Profils der Verfügungsklägerin bei der Patientenbewertung vom
23. Juni 2017 zu verbreiten oder verbreiten zu lassen, die Verfügungsklägerin
verzichte auf eine Aufklärung/Beratung.
Für jeden Fall der
Zuwiderhandlung wird der Verfügungsbeklagten die Festsetzung eines
Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise für den Fall, dass
dieses nicht beigetrieben werden kann, die Anordnung von Ordnungshaft bis zu
sechs Monaten angedroht.
Die weitergehende Klage
wird abgewiesen.
Die weitergehende
Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des
Verfahrens in der ersten Instanz tragen zu ¾ die Verfügungsklägerin und zu ¼
die Verfügungsbeklagte.
Die Kosten der
Berufungsinstanz werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe:
Die Verfügungsklägerin
ist eine in X tätige Zahnärztin, die bei dem Ärztebewertungsportal ###.de
registriert ist.
In das Bewertungsportal
stellte ihre Patientin Frau T unter dem 23.6.2017 eine Bewertung ein, die unter
anderem folgende Punkte enthielt: „Die Kommunikation von Frau W ist
problematisch: sie verzichtet auf die einfachen Komm. Grundregeln und eine
Aufklärung / Beratung. Die Prothetik Lösungen von Frau W waren zum Teil
falsch…“
Die Bewertung enthielt
darüber hinaus weitere Äußerungen, die jedoch nicht mehr Gegenstand des
Berufungsverfahrens sind.
Die Verfügungsklägerin
erhielt von der Bewertung erstmals am 30.6.2017 Kenntnis und beanstandete diese
nachfolgend. Die Verfügungsbeklagte stellte daraufhin zunächst die Bewertung
offline. Nach Durchführung eines Überprüfungsverfahrens wurde die Bewertung am
10.10.2017 wieder veröffentlicht.
Die Parteien haben
erstinstanzlich insbesondere darüber gestritten, ob wegen des vorprozessualen
Zeitablaufs ein Verfügungsgrund fehle, ferner, ob es sich bei den beanstandeten
Äußerungen um unwahre Tatsachenbehauptungen handelt, oder um Werturteile, die
durch die Meinungsfreiheit gedeckt sind.
Das Landgericht hat dem
Antrag insoweit stattgegeben. Es hat zur Unterlassung der Behauptungen
verurteilt, die Verfügungsklägerin verzichte auf eine Aufklärung/Beratung, und
die Prothetiklösungen der Verfügungsklägerin seien zum Teil falsch.
Durch die
Wiederveröffentlichung der Wertungen am 10.10.2017 habe die Verfügungsbeklagte
ihre Rücksichtnahmepflicht gegenüber der Verfügungsklägerin aus den
Nutzungsrichtlinien verletzt. Bei den Passagen handele es sich um
Tatsachenbehauptungen zu gravierenden Behandlungsfehlern oder ähnlichen
schweren Vorwürfen. Insoweit stelle die Veröffentlichung eine Verletzung von
Nebenpflichten aus dem Nutzungsvertrag dar. Überdies handele sich um unwahre
Tatsachenbehauptungen, die zu einer rechtswidrigen Verletzung des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts führten. Dagegen lägen keine geschützten
Meinungsäußerungen vor, weil die streitgegenständlichen Behauptungen dem Beweis
zugänglich und deshalb als Tatsachenbehauptungen einzuordnen seien.
Dagegen richtet sich
die Berufung der Verfügungsbeklagten, die das Begehren auf vollständige
Antragsabweisung weiter verfolgt.
Sie ist der Auffassung,
dass es bereits an einem Verfügungsgrund fehle, weil die Klägerin erst ca. 4
Monate nach Kenntnisnahme der Bewertung die einstweilige Verfügung beantragt
und noch in der mündlichen Verhandlung Schriftsatznachlass begehrt habe.
Es bestünden auch keine
Verfügungsansprüche. Soweit sich die Klägerin auf Angaben aus der
Patientenkartei der Frau T stütze, bestehe insoweit ein Verwertungsverbot wegen
der ärztlichen Schweigepflicht.
Die Beklagte rügt die
Verletzung rechtlichen Gehörs, weil ihr der letzte nachgelassene Schriftsatz
der Klägerin erst unmittelbar mit dem Urteil zugestellt worden sei. Inhaltlich
bestreitet die Beklagte die in dem Schriftsatz vom 17.11.2017 aufgestellten
Behauptungen.
Unterlassungsansprüche
ergäben sich nicht aus einer angeblichen Verletzung von Nutzungsrichtlinien,
weil es auch bei Premiumkunden keine Nebenpflichten gebe, die Bewertungen auf
Einhaltung der Nutzungsrichtlinien zu überprüfen. Überdies würden die
Nutzungsrichtlinien in schwerwiegenden Fällen empfehlen, gerade keine Bewertung
zu verfassen.
Es liege auch keine
Verletzung von vorprozessualen Prüfpflichten vor. Die für eine Prüfung von der
höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen habe die
Beklagte erfüllt. Sie habe versucht, den Sachverhalt aufzuklären.
Eine Pflichtverletzung
lasse sich auch nicht aus der Verletzung einer sekundären Darlegungslast
herleiten, weil die maßgeblichen Fakten der Beklagten nicht bekannt seien.
In der beanstandeten
Äußerung zum Falschsein der Prothetiklösungen sei ein Werturteil zu sehen, das
durch die Meinungsfreiheit gedeckt sei. Überdies werde dadurch kein
Behandlungsfehler vorgeworfen.
Auch der Vorwurf
hinsichtlich unterlassener Aufklärung/Beratung stelle eine zulässige
Meinungsäußerung dar.
Die Verfügungsbeklagte
beantragt,
das Urteil des
Landgerichts Essen (9O 254/17) teilweise abzuändern und den Antrag auf Erlass
einer einstweiligen Verfügung abzuweisen.
Die Verfügungsklägerin
beantragt,
die Berufung
zurückzuweisen.
Sie verteidigt die
angefochtene Entscheidung.
Der Verfügungsgrund der
Eilbedürftigkeit sei gegeben. Dabei sei auf die Wiederveröffentlichung am
10.10.2017 nach der Überprüfungsphase abzustellen.
Die Verfügungsansprüche
seien schon schuldrechtlich aufgrund der Nutzungsrichtlinien gegeben. Darüber
hinaus bestünden auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung wegen der Behauptung
unwahrer Tatsachen. Dabei seien auch die Behandlungsunterlagen ohne Verstoß
gegen § 203 StGB verwertbar. Die Störerhaftung ergebe sich daraus, dass die
Verfügungsbeklagte den ihr obliegenden Prüfpflichten nicht nachgekommen sei.
Wegen des weiteren
Sach- und Streitstandes, insbesondere des genauen Wortlautes der
erstinstanzlich gestellten Anträge, wird auf die angefochtene Entscheidung und
die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist
teilweise begründet.
1.
Der Verfügungsgrund ist
gegeben.
Die am 23. 6. 2017 in
das Portal eingestellten Wertungen sind der Verfügungsklägerin erstmals am
30.6.2017 zur Kenntnis gelangt. Nach Durchführung des Prüfungsverfahrens ist
die beanstandete Bewertung am 10.10.2017 wieder veröffentlicht worden. Der
Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist sodann am 23.10.2017 beim
Landgericht eingegangen, also ca. 2 Wochen später. Durch das Zuwarten über
diesen Zeitraum ab dem 10.10.2017 ist die Eilbedürftigkeit nicht entfallen. Die
Zeit, die das Prüfungsverfahren erfordert hat, ist nicht zu berücksichtigen,
weil die Beklagte zur Prüfung verpflichtet war, gesetzte Fristen ausgenutzt
werden durften und in dieser Zeit bis zum 10.10.2017 ungeklärt war, ob es zu
einer erneuten Rechtsbeeinträchtigung durch Wiederveröffentlichung kommen
würde. Würde man die Prüfungszeit bei der Frage des Wegfalles der
Eilbedürftigkeit berücksichtigten, wäre die beeinträchtigte Ärztin gezwungen,
alsbald eine einstweilige Verfügung zu beantragen. Das Prüfungsverfahren würde
dann sinnlos werden.
2.
Die Verfügungsklägerin
hat einen Anspruch auf Unterlassung der Äußerung: …. sie verzichtet auf … eine
Aufklärung / Beratung…
a.
Der Anspruch folgt aus
den §§ 823 BGB, § 1004 BGB analog, Art.1,2, 12 GG.
aa.
Die beanstandete Äußerung
greift in den Schutzbereich der Berufsfreiheit und des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts der Klägerin ein. Betroffen sind insbesondere Ehre und
soziale Anerkennung, weil zum Ausdruck gebracht wird, dass die
Verfügungsklägerin aus der Sicht der bewertenden Frau T in maßgeblichen
Bereichen – hier der erforderlichen Aufklärung und Beratung – nicht genügt.
bb.
Es ist deshalb eine
Abwägung zwischen dem insbesondere durch Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG
gewährleisteten Interesse des Klägers am Schutz seiner sozialen Anerkennung und
seiner Berufsehre einerseits mit der in Art. 5 Abs. 1 GG verankerten
Kommunikationsfreiheit die Beklagten und der Meinungsäußerungsfreiheit der Frau
T andererseits abzuwägen (vgl. dazu Urteil des BGH v. 01.03.2016 – VI ZR 34/15
– ; Juris-Veröffentlichung unter Rz.31).
 (1)
Hier überwiegt das
Interesse der Verfügungsklägerin, weil es sich bei der beanstandeten Äußerung
um die Behauptung einer falschen Tatsache handelt.
Dabei sind
Tatsachenbehauptungen durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und
Wirklichkeit charakterisiert. Ihre Richtigkeit oder Unrichtigkeit ist dem Beweis
zugänglich. Demgegenüber sind Werturteile und Meinungsäußerungen durch die
subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Sie
sind der Beweisführung nicht zugänglich, weil sie durch das Element der
Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind (vgl. Urteil des BGH v.
01.03.2016 – VI ZR 34/15 – ; Juris-Veröffentlichung unter Rz.33).
Für die bloße Vergabe
von Noten in einzelnen Teilgebieten hat der Bundesgerichtshof das Vorliegen
einer Tatsachenbehauptung verneint. Dem folgt der Senat, weil man das
maßgebliche Kriterium in der Einstufung in eine Notenskala sehen kann, was
naturgemäß im Wesentlichen einen wertenden Charakter hat.
Das gilt jedoch nicht
für die hier streitige Äußerung. Es ist explizit der Verzicht auf Aufklärung
und Beratung – also deren völliges Fehlen – behauptet. Das ist weitergehend als
eine wertende Benotung. Aus der Sicht der Leser des Eintrags liegt eine
Tatsachenbehauptung vor, die dem Beweis zugänglich ist. Die Durchführung oder
Nichtdurchführung von Aufklärung und Beratung ließe sich mit objektiven Mitteln
im Wege einer Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung und Auswertung der
Behandlungsunterlagen verifizieren.
Dem kann nicht
entgegengehalten werden, dass der durchschnittliche Leser der Äußerung davon
ausgehe, dass der Verfasser ein medizinischer Laie sei, der zur Feststellung
eines Behandlungsfehlers regelmäßig nicht in der Lage ist. Zum einen ist der
Laie durchaus in der Lage, zu bemerken, wenn mit ihm – wie dies hier im Raume
steht –  über die Behandlung und die
Eingriffe gar nicht gesprochen wird. Zum anderen erschließt sich nicht, warum
die Leser derartige Darstellungen nicht für Tatsacheninformationen halten
sollen. Sie erwarten gerade fundierte Äußerungen als Entscheidungshilfe, was
mit der Annahme bloß laienhafter und damit unqualifizierter Äußerungen schwer
zu vereinbaren wäre.
Es liegt deshalb eine
Tatsachenbehauptung vor.
Es besteht auch die im
Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens notwendige überwiegende Wahrscheinlichkeit
der Unrichtigkeit der Tatsache. Die Verfügungsklägerin hat detailliert unter
Beifügung der Karteikarte zum Behandlungsablauf nebst Aufklärung Stellung
genommen und die Unrichtigkeit der Behauptung unterlassener Aufklärung durch
Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft gemacht.
Dabei durfte
Verfügungsklägerin auch Behandlungsunterlagen gegenüber der Verfügungsbeklagten
offen legen.
Grundsätzlich hat ein
Patient zwar gem. §§ 823 II BGB, 203 I Nr.1 StGB einen Anspruch auf
Unterlassung der Verbreitung der über ihn erhobenen medizinischen Daten (vgl.
Urteil des OLG Hamm vom 09.11.1994 – 3 U 120/94 ZR  -; Juris unter Rz.3). Hier hat Frau T einen
solchen Anspruch allerdings nicht geltend gemacht. Stattdessen hat sie sich in
der Stellungnahme vom 03.09.2017  als
Zeugin zur Verfügung gestellt. Darin ist nach Auffassung des Senates ein
konkludentes Einverständnis in die Verwertung der Krankenunterlagen zu sehen,
zumal die Patientin T die aus ihrer Sicht relevanten, ansonsten der
Geheimhaltung unterliegenden Fakten in ihrer eidesstattlichen Versicherung
selbst offenbart hat.
Im Übrigen würde eine
fehlerhafte Beweiserhebung nicht ohne weiteres zu einem Beweisverwertungsgebot
führen (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 32. Auflage, § 286, Rdn.15a). Ein solches
würde aus den soeben genannten Gründen nicht eingreifen.
 (2)
Die Verfügungsbeklagte
haftet als Störerin.
Sie ist allerdings
nicht als unmittelbare Störerin anzusehen, weil sie sich die ins Netz
gestellten Inhalte nicht zu eigen gemacht, also nicht nach außen erkennbar die
inhaltliche Verantwortung für die auf der Internetseite veröffentlichten
Beiträge übernommen hat . (vgl. dazu das Urteil des BGH v. 01.03.2016 – VI ZR
34/15 – ; Juris-Veröffentlichung unter Rz. 17).
Sie ist aber mittelbare
Störerin.
Bei der Verletzung von
Persönlichkeitsrechten hat der Provider tätig zu werden, wenn er mit einer
soweit konkreten Beanstandung des Betroffenen so konfrontiert wird, dass der
Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen bejaht werden
kann (vgl. Urteil des BGH v. 01.03.2016 – VI ZR 34/15 – ;
Juris-Veröffentlichung unter Rz.24).
Der BGH hat dazu
Anforderungen an das Prüfungsverfahren gestellt (vgl. Urteil des BGH v. – VI ZR
34/15 – ; Juris-Veröffentlichung unter Rz.43), die auf eine möglichst
umfassende Einholung von wechselseitigen Stellungnahmen hinauslaufen. Diesen
Anforderungen ist die Verfügungsbeklagte nachgekommen.
Nach Auffassung des
Senates hat die Verfügungsbeklagte jedoch nicht die richtigen Konsequenzen
gezogen. Schon nach dem Inhalt der Stellungnahmen der Frau T vom 12.07.2017 und
03.09.2017 hat es durchaus Gespräche und Erklärungen mit der Verfügungsklägerin
gegeben, so dass die pauschale Behauptung in der Bewertung so nicht weiter
bestehen bleiben konnte. Auch die Frau T selbst wollte jedenfalls ausweislich
der Stellungnahme vom 03.09.2017 keine fehlende Einwilligung in die Behandlung
insgesamt behaupten.
Auf dieser Basis durfte
die zuvor geäußerte Tatsachenbehauptung nicht unverändert wieder veröffentlicht
werden.
Die gleichwohl am
10.10.2017 erfolgte Wiederveröffentlichung begründete die Haftung als
mittelbare Störerin.
Die Beklagte war
deshalb in diesem Punkt antragsgemäß zur Unterlassung zu verurteilen.
b.
Es kommt insoweit
deshalb nicht mehr darauf an, ob sich ein inhaltsgleicher Unterlassungsanspruch
auch aus den Nutzungsrichtlinien ergibt.
3.
Die Verfügungsklägerin
hat keinen Anspruch auf Unterlassung der Behauptung: „die Prothetik Lösungen
von Frau M. W waren zum Teil falsch…“
a.
Ein solcher Anspruch
ergibt sich nicht aus einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
gem. den  §§ 823 BGB, § 1004 BGB analog,
Art. 1 und 2 GG
aa.
Allerdings liegt auch
insoweit eine Tatsachenbehauptung vor.
Der Vorwurf einer
falschen prothetischen Lösung betrifft das Vorliegen von Behandlungsfehlern,
was auch aus der Sicht des Lesers der Bewertung dem Beweis zugänglich ist. Das
gilt indiziell deshalb, sowie Frau T in ihrer Stellungnahme vom 12.07.2017
ausdrücklich unter Berufung auf die Äußerung von zwei Zahnärzten eine technisch
falsche Lösung für die Kronen beanstandet hat, und in der Stellungnahme vom 3.
9. 2017 detailliert darauf verweist, dass die Freiend-Brückengliedlösung
technisch fehlerhaft gewesen sei. Dazu macht sie Ausführungen zu den wirkenden
Kräften und zur Statik sowie dazu, dass der Zahn Nr. 12 einer einzelnen Krone
versorgt werden müsse. Die Patientin wollte also gerade die Tatsache eines
Behandlungsfehlers rügen. Das ist auch für den Leser erkennbar geworden, der
„falsch“ als dem objektiv dem Beweise zugänglich und als eine
Tatsachenbehauptung begreifen durfte.
bb.
Die Verfügungsbeklagte
haftet aber nicht als Störerin.
Sie hat in Erfüllung
der ihr nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung obliegenden
Prüfungspflichten Stellungnahmen der Beteiligten eingeholt und weitergeleitet
(vgl. Urteil des BGH v. – VI ZR 34/15 – ; Juris-Veröffentlichung unter Rz.43).
Ob tatsächlich eine unwahre Behauptung in Form einer Fehlbehandlung vorgelegen
hat, oder ob die Behandlung lege artis gewesen ist, hat sich aus den
Stellungnahmen nebst Unterlagen nicht mit der für eine einstweilige Verfügung
notwendigen Wahrscheinlichkeit ergeben. Diese Frage lässt sich ohne
Sachverständigengutachten nicht feststellen. Zur Einholung ist die
Verfügungsbeklagte nicht verpflichtet. Sie betreibt lediglich ein
Bewertungsportal. Ihr die Klärung von Fragen aufzuerlegen, für die
Gutachterkommissionen geschaffen worden und die gegebenenfalls durch Gerichte
zu klären sind, würde die Grenzen der Zumutbarkeit überschreiten.
Weil die Beweislast für
die Unrichtigkeit der Behauptungen zur Behandlungsfehlerhaftigkeit im
vorliegenden Verfahren bei der Klägerin liegt, ist der Antrag insoweit
zurückzuweisen.
b.
Ein Unterlassungsanspruch
folgt auch nicht aus § 280 BGB wegen eines Verstoßes gegen Nebenpflichten, die
sich aus dem Nutzungsvertrag ergeben.
Das gilt insbesondere
hinsichtlich der Nutzungsrichtlinien. Zutreffend ist, dass dort angegeben ist,
dass die Bewertung nicht veröffentlicht werden kann, wenn eines der sodann
benannten Kriterien erfüllt ist. Zutreffend ist auch, dass eines der Kriterien
näher spezifizierte besonders schwere Vorwürfe betrifft. Zugleich verweist die
Verfügungsbeklagte aber auf ihren Prüfprozess entsprechend der gegenwärtigen
Rechtslage, also auf die Prüfpflichten, wie sie etwa nach der
höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. Urteil des BGH v. – VI ZR 34/15 – ;
Juris-Veröffentlichung unter Rz.43) bestehen. Eine solche Prüfung wäre jedoch
obsolet, wenn die Verfügungsbeklagte schon nach den Nutzungsrichtlinien bei dem
Vorliegen schwerwiegender Anschuldigungen unabhängig von einer Überprüfung die
Veröffentlichung unterlassen müsste. Es kann dann aber nicht festgestellt
werden, dass die Nutzungsrichtlinien weitergehende Rechte und Pflichten als die
nach der Rechtsprechung aufgestellten Pflichten einräumen sollten. Für eine
solche Schwächung der eigenen Rechtsstellung durch die Verfügungsbeklagte
bestehen keine hinreichenden Motive und Anhaltspunkte.
Die Verfügungsbeklagte
hat aus den bereits erörterten Gründen die im Rahmen der Nutzungsrichtlinien
angesprochene, nach der Rechtslage geforderte Prüfung durchgeführt. Das führt
auch unter Berücksichtigung der Pflichten aus dem zwischen den Parteien geschlossenen
Vertrag nicht zu einer Haftung der Verfügungsbeklagten.
Eine Haftung der
Verfügungsbeklagten ist damit nur teilweise gegeben. Die Entscheidung des
Landgerichts war insoweit abzuändern.
Die Kostenentscheidung
folgt aus § 92 ZPO.

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LG Augsburg – Kein Unterlassungsanspruch einer negativen Bewertung auf einer Internetplattform

Leitsatz:
Der Betreiber einer Internetplattform, auf welcher Nutzer
Erfahrungsberichte zu verschiedenen Einrichtungen abgeben können, ist nicht
verpflichtet, die Bewertung einer Praxisklinik ohne Begründungstext mit (nur)
einem von fünf Sternen deshalb zu löschen, weil der Nutzer nach dem Vortrag des
Kilinikbetreibers nicht in der Klinik behandelt worden ist. Entscheidend ist
allein, dass der Nutzer in irgendeiner Art und Weise mit der Klinik in
Berührung kam und sich über diesen Kontakt eine Meinung über die Klinik
gebildet hat, die ihn veranlasst hat eine Ein-Sternchen-Bewertung abzugeben. 

Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110%
des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 10.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand
Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche auf
Unterlassung geltend. Der Kläger betreibt eine Praxisklinik für Zahnmedizin in
Augsburg.
Die Beklagte bietet verschiedene Online-Dienste an, unter
anderem den Geolokallsationsdienst … Über den Dienst können Nutzer
Erfahrungsberichte zu verschiedenen Einrichtungen abgeben. Sie können kurze
Bewertungen in Textform verfassen und die Einrichtung auf einer Skala von ein
bis fünf Sternen bewerten. Über den Dienst … können sich Unternehmen
registrieren und eingestellte Bewertungen kommentieren.
Zwischen Januar und Februar 2016 wurde auf einer von der
Beklagten zur Verfügung gestellten Plattform unter dem Benutzernamen … eine Bewertung
der Praxisklinik des Klägers ohne Begründungstext mit einem Stern vorgenommen.
Der Kläger behauptet, eine Person mit dem Namen … sei ihm
weder bekannt, noch war dieser Patient des Klägers.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die erfolgte Bewertung
ohne tatsächliche Grundlage erfolgte und eine unwahre Tatsachenbehauptung
darstelle. Dem Kläger stehe ein Unterlassungsanspruch gegenüber der Beklagten
zu.
Der Kläger beantragt zuletzt,
Die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, die den Kläger
betreffende Bewertung der Firma des Klägers durch den Benutzer mit dem Namen
… auf der von der Beklagten betriebenen Plattform „…“ und/oder
„…“ beispielsweise erreichbar unter der URL … zu verbreiten und/oder
verbreiten zu lassen. Die Unterlassung ist auf das Gebiet der Bundesrepublik
Deutschland beschränkt, soweit dies technisch für die Beklagte möglich ist.
Die Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte meint, dem Kläger fehle es an einer
Rechtsgutsverletzung. Die Sternchen-Bewertung stelle eine zulässige
Meinungsäußerung dar

Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
A.
Die Klage ist zulässig. Der Antrag des Klägers ist nicht als
zu unbestimmt und daher als unzulässig zurückzuweisen.
Wird Unterlassung beantragt, muss die Unterlassungshandlung
möglichst konkret gefasst sein, damit für die Rechtsverteidigung und
Vollstreckung klar ist, worauf sich das Verbot erstreckt {vgl. Greger, in:
Zöller, 28. Aufl. 2010, § 253 Rn. 13b).
Der Kläger hat die konkrete URL angegeben, unter welcher die
streitgegenständliche Sternchenbewertung zu finden ist. Der Beklagten war es
daher ohne weiteres möglich im Rahmen ihrer Rechtsverteidigung die konkrete vom
Kläger geforderte Unterlassungshandlung zu erfassen und sich darauf
einzulassen. Insofern war die Unterlassungshandlung konkret genug gefasst.
Der Einwand der Beklagten, dass der Klageantrag über das
Begehrte hinausgehe, da er sich nicht auf die konkret angegriffene Bewertung
der Praxis des Klägers durch den Nutzer mit dem Nutzernamen … beschränkt,
greift nicht. Der Antrag ist nicht zu weit gefasst. Insoweit ist zu
berücksichtigen, dass die Bewertung des Nutzers mit dem Nutzernamen … keine
weiteren Spezifikationsmerkmale aufweist mit deren Hilfe der Kläger in der Lage
gewesen wäre, den Eintrag genauer und besser zu umschreiben. Würde vorliegend
das Argument greifen, dass mit dem Antrag auch andere zukünftige Bemerkungen
des Nutzers mit dem Nutzernamen … von dem Antrag erfasst wären, so hätte der
Kläger bei bloßen Ein-Sternchen-Bewertungen nie die Möglichkeit einen
hinreichend bestimmten Antrag nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu stellen, schlicht
weil der Nutzer dem Kläger nur mit einem Stern bewertet, ohne hierbei eine
weitere individuelle Bewertung abzugeben, die eine nähere Spezifikation
erlauben würde.
Indes dürfen die Anforderungen an den Kläger vorliegend
nicht zu hoch angesetzt werden. Soweit der Nutzer mit dem Nutzernamen … weitere
Ein-Sternchen-Bewertungen der Klinik des Klägers ohne Begründung vornehmen
sollte, wäre eine Abgrenzung ab diesem Zeitpunkt über das jeweilige Datum der
Bewertung bzw. über die Angabe des Bewertungszeitraums und der damit
feststehenden zeitlichen Reihenfolge möglich. Eine konkrete Datumsangabe in
Bezug auf die hier streitgegenständliche Bewertung war dem Kläger für die
bisher einzige Bewertung des Nutzers mit dem Nutzernamen … jedoch nicht
sinnvoll möglich, da eine Angabe nur in Monats- bzw. Jahreszeiträumen seit der
Bewertung erfolgt (vor einem Jahr, vor 3 Monaten etc.) und sich die Angabe
demnach bei fortschreitender Zeit stets verändert.
Zudem lässt sich durch die Auslegung der Klagebegründung die
Bestimmtheit des Antrags herbeiführen (vgl. Greger, in: Zöller, 28. Aufl. 2010,
§ 253 Rn. 13b).
B.
Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch
gegenüber der Beklagten auf Unterlassung die streitgegenständliche
Sternchen-Bewertung zu verbreiten. Die Voraussetzungen der §§ 1004, 823 Abs. 1
BGB, Art. 2 Abs. 1 GG sind nicht erfüllt.
Der Kläger ist nicht in seinem Persönlichkeitsrecht
verletzt. Vielmehr stellt die streitgegenständliche Sternchen-Bewertung eine
zulässige Meinungsäußerung dar, sodass die Beklagte als (Mit-)Störerin oder mittelbare
Störerin ihre Prüfungspflichten im Hinblick auf die weitere Verbreitung der
streitgegenständlichen Bewertung nicht verletzt hat.
Mit der streitgegenständlichen Bewertung teilt der Nutzer
… mit, dass er eine Meinung zur bewerteten Praxis des Klägers hat und drückt
ein negatives Werturteil durch die Vergabe nur eines Sterns aus. Er bringt
damit seine subjektive und individuelle Bewertung über die Klinik des Klägers
zum Ausdruck. Mit der Vergabe des Sterns ist jedoch keine Aussage getroffen, welche
konkreten Leistungen oder Personen der Klinik gemeint sind. Insoweit ist die
Bewertung auch nicht dahingehend zu verstehen, dass der Nutzer die Bewertung
als Patient des Klägers oder seiner Klinik abgegeben hat.
Der Hintergrund der Bewertung bleibt für den Internetnutzer
offen, sodass der Kläger weder in seiner Ehre noch in seiner sozialen
Anerkennung betroffen ist. Insofern ist es nicht erheblich, dass der Kläger
behauptet, den Nutzer weder zu kennen noch als Patient behandelt zu haben.
Entscheidend ist allein, dass der Nutzer in irgendeiner Art und Weise mit der
Klinik des Klägers in Berührung kam und sich über diesen Kontakt eine Meinung
über die Klinik gebildet hat, die ihn veranlasst hat eine
Ein-Sternchen-Bewertung abzugeben. Eine Behauptung von Tatsachen, die nach den
Behauptungen des Klägers unwahr ist, ist in der Bewertung daher nicht
enthalten.
Die Meinungsäußerung wird auch nicht dadurch unzulässig,
weil der Hintergrund der Bewertung offen bleibt und daher eine Meinung geäußert
wird, ohne die Gründe zu nennen, die zu dieser Meinungsbildung geführt haben.
Die Äußerung von zulässiger Kritik hat nicht zur Voraussetzung, dass zugleich
die Hintergründe und Umstände aufgedeckt werden müssten, die zu der
Meinungsbildung geführt haben. Zum Recht der freien Meinungsäußerung gehört
auch seine Meinung aussprechen zu können, ohne diese erklären zu müssen (vgl.
OLG Köln, Urteil vom 6.1.2009, Az.: 15 U 174/08).
Die streitgegenständliche Sternchen-Bewertung ist zudem
keine Schmähkritik am Kläger oder dessen Klinik, sodass die Bewertung, die sich
auf die Sozialsphäre des Klägers bezieht, auch unter diesem Aspekt nicht als
unzulässig zu bewerten ist. Vorliegend bezieht sich die Bewertung auf die
Praxisklinik und damit auf die berufliche Sphäre des Klägers. Der Kläger hat
sich bewusst für einen Internetauftritt und eine Registrierung bei den Diensten
der Beklagten entschieden und muss damit rechnen, dass auch negative Kritik
veröffentlicht wird. Solange die Grenze der Beleidigung jedoch nicht
überschritten ist, ist der Kläger gehalten negative Meinungen über ihn zu
dulden, wenn nicht schwerwiegende Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht
bestehen, was vorliegend nicht der Fall ist.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der
Entscheidung ergibt sich aus § 709 ZPO.
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LG München I: Internationaler Zuständigkeit bei Klage gegen Hotelbewertungen

Das LG München I hat mit Urteil
vom 11.08.2017, Az. 33 O 8184/1
6 entschieden, dass eine internationale
Gerichtsstandsvereinbarung zwischen Kaufleuten wirksam ist. Daher kann ein Online-Portal für Reise-
und Hotelbuchungen sowie Hotelbewertungen im geschäftlichen Bereich
zwischen Unternehmern wirksam einen ausländischen Gerichtsstand vereinbaren.




Leitsätze:
1. Die prozessualen Wirkungen einer
Gerichtsstandsvereinbarung im Sinne von § 38 ZPO knüpfen an eine entsprechende
Vereinbarung der Parteien an. Eine solche Vereinbarung kann isoliert (in Bezug
auf einen konkreten Rechtsstreit), im Rahmen eines umfassenderen
materiellrechtlichen Vertrages (etwa wegen aller Streitigkeiten aus diesem
Vertragsverhältnis) oder auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen getroffen
werden. Welche rechtlichen Anforderungen an das wirksame Zustandekommen einer
solchen Vereinbarung zu stellen sind und wer an sie gebunden ist, ist in erster
Linie nach den Vorschriften des materiellen Rechts zu beantworten. Bei einer
Gerichtsstandsvereinbarung mit Auslandsberührung ist das dabei anzuwendende
Recht nach den Regeln des (deutschen) internationalen Privatrechts zu
ermitteln. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Prozessuale Wirkungen kann eine nach materiellem Recht
wirksam zustande gekommene Vereinbarung über die Zuständigkeit des
erstinstanzlichen Gerichts nur haben, wenn und soweit sie das Prozessrecht
zulässt. Diese prozessrechtliche Zulässigkeit beurteilt sich ausschließlich
nach der lex fori, also, wenn ein deutsches Gericht angerufen ist, nach
deutschem Prozessrecht, auch wenn die Vereinbarung – wie im vorliegenden Fall –
einem anderen Schuldstatut unterliegt. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die für eine Gerichtsstandsvereinbarung nach § 38 Abs. 1
ZPO erforderliche Kaufmannseigenschaft einer ausländischen Partei ist nach der
lex fori – hier nach den Bestimmungen der §§ 1-7 HGB – zu bestimmen (ebenso OLG
München BeckRS 2000, 16909 Rn. 54). (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.:
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar
gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der zu vollstreckenden Kosten.
Tatbestand
Die Klägerin macht gegen die Beklagte deliktische und
lauterkeitsrechtliche Unterlassungs-, Beseitigungs- und
Kostenerstattungsansprüche geltend.
Die Klägerin betreibt ein Hotel in …
Die in Massachusetts, USA, ansässige Beklagte betreibt ein
Portal namens … in welchem man unter anderem Reisen buchen und Hotelanbieter
bewerten kann (vgl. Internetausdruck, Anlage OLS 5). Beiträge werden dabei
nicht von der Beklagten eingestellt, sondern von Nutzern. Ein
„Disclaimer“ am Ende eines jeden Beitrags lautet: „Diese
Bewertung ist die subjektive Meinung eines … Mitgliedes und nicht die von
…“ (vgl- Screenshot, Anlage K 1). Ferner können sich Etablissements auch
selbst.in bestimmter Weise auf der Plattform darstellen und beispielsweise zu
den Nutzerposts eigene Fotos („Managementfotos“) hochladen,
Nutzerbeiträge kommentieren oder weitere Funktionalitäten nutzen.
Die Klägerin ist Nutzerin der Plattform der Beklagten und
auf dieser Plattform auch Gegenstand von Bewertungen. Die Nutzung der Plattform
der Beklagten kann mit und ohne Registrierung erfolgen. Aus Sicht der Betreiber
eines Etablissements (Hotel, Restaurant etc.) können bestimmte Funktionalitäten
wie das Hochladen von Management-Fotos zu einem bestimmten Etablissement oder
das Kommentieren von Nutzerbeiträgen nur genutzt werden, wenn sich der
jeweilige Betreiber des Etablissements unter Annahme der Allgemeinen
Nutzungsbedingungen der Beklagten zur Nutzung der Plattform der Beklagten
registriert hat (vgl. Internetausdruck, Anlage OLS 1). Die Allgemeinen
Nutzungsbedingungen der Beklagten lauten auszugsweise wie folgt (vgl.
Nutzungsbedingungen, Anlage OLS 4):
„Allgemeine Nutzungsbedingungen von …
Willkommen auf der Website oder auf mobilen Ressourcen wie
zugehörigen Anwendungen von … (zusammen diese „Website“). Diese
Website wird nur bereitgestellt, um Kunden die Möglichkeit zu geben,
Reiseinformationen zu sammeln, ihre Meinung zu reisebezogenen Angelegenheiten
einzustellen, an interaktiven Reiseforen teilzunehmen und nach Reisen zu suchen
und Buchungen von Reisereservierungen vorzunehmen. Andere Zwecke sind nicht
vorgesehen. Die Begriffe „wir“, „uns“, „unser“
und „…“ „beziehen sich auf … und unsere Affiliate-Partner
und Websites (zusammen „…“). Der Begriff „Sie“ bezieht
sich auf den Kunden, der die Website besucht und/oder Inhalte auf dieser
Website bereitstellt.
Diese Website wird Ihnen unter der Voraussetzung angeboten,
dass Sie alle nachfolgend angegebenen allgemeinen Nutzungsbedingungen (zusammen
die „Vereinbarung“) unverändert annehmen. Indem Sie auf irgendeine
Weise auf diese Website zugreifen oder diese nutzen, stimmen Sie zu, – an die
Vereinbarung gebunden zu sein, und erklären, deren Bedingungen gelesen und
verstanden zu haben. Lesen Sie die Vereinbarung bitte sorgfältig durch, denn diese
enthält Informationen zu ihren Rechten und Einschränkungen dieser Rechte sowie
einen Abschnitt über das anwendbare Recht und den Gerichtsstand bei
Streitigkeiten. Wenn Sie nicht alle diese Nutzungsbedingungen annehmen, sind
Sie nicht zur Nutzung dieser Website berechtigt.
(…) ist nicht verantwortlich und übernimmt keine Haftung für
jegliche Inhalte, die von Ihnen oder Dritten veröffentlicht, gespeichert oder
hochgeladen werden, sowie damit zusammenhängende Verluste oder Schäden; …
übernimmt außerdem keine Haftung für jegliche eventuell in Ihren Inhalten
enthaltenen Fehler, Beleidigungen, Verleumdungen, üble Nachrede, Auslassungen,
Unwahrheiten, Obszönitäten, Pornografie oder Respektlosigkeiten. Als Anbieter
interaktiver Services übernimmt keine Haftung für jegliche Aussagen,
Schilderungen oder Inhalte, die von seinen Benutzern in irgendeinem
öffentlichen Forum, auf einer persönlichen Homepage oder in einem anderen
interaktiven Bereich veröffentlicht werden.
(…)
GERICHTSSTAND UND MASSGEBENDES RECHT
Diese Website wird von einem US-amerikanischen Unternehmen
betrieben und für diese – Vereinbarung gilt das Recht des Commonwealth of
Massachusetts, USA. Sie willigen hiermit in die ausschließliche sachliche und
örtliche Zuständigkeit der Gerichte in Massachusetts, USA, ein und erkennen die
Billigkeit und Angemessenheit von Verfahren in diesen Gerichten für alle
Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit der Nutzung dieser Website als
unstreitig an, Sie stimmen zu, dass über alle Ansprüche, die Sie möglicherweise
aus oder im Zusammenhang mit dieser Website gegen … haben, von einem sachlich
zuständigen Gericht im Commonwealth of Massachusetts entschieden werden muss.
Die Nutzung dieser Website ist in jeder Region unzulässig, in der nicht alle
Bestimmungen dieser Nutzungsbedingungen, unter anderem dieser Absatz,
rechtswirksam sind. Das Vorstehende gilt nicht in dem Umfang, in dem das
anwendbare Recht im Land Ihres Wohnsitzes die Anwendung eines anderen Rechts
und/oder eine andere Zuständigkeit erfordert und dies nicht vertraglich
ausgeschlossen werden kann.
(…).“
Die Klägerin hat sich mit mehreren Nutzern in der
Management-Zentrale der Beklagten angemeldet und die Nutzungsbedingungen
akzeptiert, so beispielsweise am 02.07.2011 als „Owner“ mit der
Emailadresse info@… (vgl. Ausdruck Management Owner Tool, Anlage OLS 2). Über
den registrierten Bereich hat die Klägerin auch „Management Fotos“ zu
ihrem Betrieb auf die streitgegenständliche Seite der Plattform der Beklagten
geladen (vgl. Screenshot, Anlage OLS 3).
Mit anwaltlichem Schreiben vom 20.04.2016 ließ die Klägerin
die Beklagte abmahnen und erfolglos zur Löschung der streitgegenständlichen
Bewertungen, die auf dem Portal der Beklagten weltweit abrufbar gehalten werden
(vgl. Screenshots, Anlagen K 1 bis K 4), auffordern (vgl. Abmahnung, Anlage K 6
sowie Email, Anlage K 7).
Die Klägerin trägt vor, vor einigen Monaten in dem Portal
der Beklagten mehrere Bewertungen, welche ihren Ruf massiv schädigten und
zahlreiche Unwahrheiten enthielten, entdeckt zu haben. Die
streitgegenständlichen Bewertungen seien aufgrund ihres Inhalts dazu geeignet,
den Ruf der Klägerin zu schädigen und ihren Kredit zu gefährden (siehe dazu im
Einzelnen insbesondere S. 4/10 der Klageschrift,-. Bl. 4/10 d. A. sowie S. 2/7
der Replik, Bl. 73/78 d. A.).
Nach Auffassung der Klägerin ist die Klage zulässig. Das
Landgericht München als angerufenes Gericht sei international zuständig für den
hiesigen Sachverhalt. Die Zuständigkeit ergebe sich aus § 32 ZPO. Der Erfolg
der unerlaubten Handlung (Persönlichkeitsrechtsverletzungen) finde auch in
München seinen Niederschlag, da auch dort die streitgegenständlichen
Bewertungen im Internet abrufbar seien. Da die Beklagte unbestritten zudem eine
deutsche Domain verwende und sich sowohl an deutsche Verbraucher als auch an
deutsche Dienstleister richte, erfolge die Verbreitung der Portalinhalte
bestimmungsgemäß in Deutschland und so auch in München. Die Allgemeinen
Nutzungsbedingungen der Beklagten verstießen insoweit gegen AGB-Recht, als dass
den Hoteliers aufgebürdet werde, in den USA gegen die Beklagte vorzugehen.
Hierdurch sei die Klägerin in unzulässiger Weise im Sinne des § 307 BGB
benachteiligt. Die Durchsetzung von Rechten sei für die Unternehmer in
unzumutbarer Weise erschwert, wenn sie ihre Rechte nicht in Deutschland geltend
machen könnten, sondern den Umweg über die Gerichte in den USA nehmen müssten,
welche im Übrigen äußerst kostspielig seien. Hinzu komme, dass die Beklagte
eine deutsche Domain-verwende und sich mit deutscher Sprache an ihre Kunden.
und die Verbraucher richte. Die Gerichtsstandsvereinbarung in den Allgemeinen
Nutzungsbedingungen der Beklagten stelle daher eine unzulässige Umgehung dar,
welche die Kunden, welche darauf angewiesen seien, im Rahmen des Wettbewerbs
sich im Portal der Beklagten zu registrieren, in unzulässiger Weise
beeinträchtige. Es sei daher ohne Belang, dass die Klägerin sich als Nutzerin
der Plattform der Beklagten mit den Nutzungsbedingungen der Beklagten
einverstanden erklärt habe. Es werde bestritten, dass nach amerikanischem Recht
die Gerichtsstandsvereinbarung wirksam zustande gekommen sei.
Die Klägerin meint, die Klage sei auch begründet. Die
Klägerin habe gegen die Beklagte zum einen einen Unterlassungsanspruch und zum
anderen einen Beseitigungsanspruch hinsichtlich der streitgegenständlichen
Bewertungen gemäß § 823 Abs. 1 i.V.m. § 1004 BGB analog und infolge des
zwischen den Parteien bestehenden Wettbewerbsverhältnisses auch aus § 8 UWG
(siehe dazu im Einzelnen insbesondere S. 12/17 der Klageschrift, Bi. 12/17 d.
A.). Es werde bestritten, dass nach dem Recht des US-Bundesstaates
Massachusetts die streitgegenständlichen Bewertungen vom Recht der
Meinungsfreiheit gedeckt seien. Abgesehen davon, dass deutsches Recht hier
anwendbar sei, trage die Beklagte nicht substantiiert zum Recht des
Bundesstaates Massachusetts vor. Die Unzulässigkeit nach deutschem AGB-Recht
beziehe sich auch auf den von den Beklagten angeführten Haftungsausschluss.
Auch dieser benachteilige die Klägerin in unzulässiger Weise, da sie, wenn sie
den Bewertenden nicht kenne, keine andere Möglichkeit habe, eine Löschung der
rechtswidrigen und geschäftsschädigenden Bewertung zu erreichen, als die
Beklagte als Portalbetreiber auf Unterlassung und Beseitigung in Anspruch zu
nehmen. Dem könne sich die Beklagte nicht durch eine AGB-Klausel versperren.
Die vorgenannten Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche
bestünden nicht nur gegenüber den Bewertenden selbst, sondern auch gegenüber
der Beklagten als Störerin. Als Portalbetreiberin habe sie die Pflicht, bei
substantiierten Beanstandungen in Bezug auf Bewertungen eine umfassende
Überprüfung der Bewertungen vorzunehmen und die Bewertenden zur Stellungnahme
aufzufordern. Handele der Portalbetreiber bei Kenntniserlangung von
Rechtsverletzungen nicht und werde er seiner Prüfungspflicht nicht gerecht, so
hafte er als Störer und sei zur Unterlassung sowie Beseitigung
rechtsverletzender Inhalte verpflichtet.
Da die Beklagte ihren Prüfungspflichten nicht nachgekommen
sei, sodass die Klägerin die Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten mit einer
Abmahnung beauftragen habe müssen, sei die Beklagte auch verpflichtet, die der
Klägerin entstandenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr
aus einem Gegenstandswert von 90.000,- Euro zzgl. Auslagenpauschale zu
erstatten.
Die Klägerin beantragt daher:
1. Der Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall
der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro,
ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs
Monaten, untersagt, in Deutschland im Internet auf ihrem über die URL https://
www… aufrufbaren Porta! in Bezug auf die Klägerin die folgenden Äußerungen zu
verbreiten und/oder öffentlich zugänglich zu machen und/oder die Behauptungen
verbreiten und/oder öffentlich zugänglich machen zu lassen.
a) „Sehr durchschnittlicher Stopover
Für nur eine Übernachtung auf der Fahrt nach Italien
gebucht, hatten wir … dieses Hotel wegen seiner nahen Lage zur Autobahn und
Fernpass ausgewählt. Das Standardzimmer ist sauber, äußerst einfach und müsste
dringend renoviert werden, was auch auf einem Schild im Zimmer für 2013
angekündigt war. Direkt am Haus führt die Straße nach … vorbei, viel Verkehr
und sehr laut. Das Abendessen in dem sehr gut besuchten Lokal – ebenfalls
durchschnittlich und wir haben über eine Stunde darauf warten müssen, das geht
gar nicht! Sehr netter Frühstücksraum mit ordentlichem Service, das Frühstück
selbst ist ausreichend in Auswahl und Güte.“
b) „Seelenloses Gasthaus mit dem Charme einer
Autobahnraststaette
Auf unserer Allgäu Tour haben wir auch Station im Hotel …
in … gemacht. Leider war das mit Abstand das schlechteste Hotel, in dem wir
jemals übernachtet haben. Die Zimmer sind klein wie ein
„Schukarton“und das Badezimmer groß wie eine
„Streichholzschachtel“. Also super eng und ungemütlich. Eine
Katastrophe war das Abend. Essen, das nach billigen Mikrowellen Fraß schmeckte.
Wir haben das Essen zurück gehen lassen, da es ungenießbar war. Beim Frühstück
gibt es billigste Aufback-Brötchen und billigen Käse. Es passte auch ins Bild,
dass Mitreisenden die Milch im Tee geronnen ist, weil sich im Heisswasser
Bereiter noch Entkalker befand. Wir hatten den Eindruck, dass man auf Kosten
der Qualitaet alles auf maximalen Profit ausgelegt ist. Diese Rechnung wird auf
Dauer nicht aufgehen.“
c) „unterirdischer Service kombiniert mit Arroganz
Als erstes viel uns der barsche und teilweise unverschämte
Umgangston des Servicepersonals gegenüber den älteren Gästen auf. Wir hatten
wohl Glück, denn unsere Bedienung bemühte sich redlich. Wir bestellten dann
unser Essen und was dann relativ flott auf den Tisch kam, möchte ich hiermit
nur kurz mit „unterirdisch“bezeichnen. Mehr an Kommentar ist
-komplett überflüssig. Bitte fragen Sie den Chef an der Theke nie nach Besteck
oder etwa nach „Service“. Denn sonst müsste er mit Essen aufhören und
sich doch tatsächlich um Sie kümmern. Ich hätte noch einiges zu schreiben, aber
dies ist der „Gasthof“einfach nicht wert.“
d) „Unfreundlicher und dreckiger Gasthof, nicht zu
empfehlen !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Unfreundlicher und dreckiger Gasthof, nicht zu empfehlen!!!!
Reine Geldverschwendung !! Wir sind früher abgereist und haben uns beschwert.
Daraufhin wurden wir noch beschimpft. Lächerlicherweise liegen auf den
veralteten und unsauberen Zimmern Kundenzufriedenheits-Bögen aus. Doch wie wir
selbst am eigenen Leib erfahren haben, ist die Kunden Meinung in diesem Gasthof
in keinster Weise gefragt. Also lieber Hände Weg von diesem Gasthof.“
2. Die Beklagte wird verurteilt, die im Klageantrag zu 1) a
– d bezeichneten Bewertungen einschließlich den im Rahmen der Bewertungen
vergebenen Punktezahlen in Deutschland aus ihrem unter der URL https://www…
aufrufbaren Portal zu löschen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die ihr
entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.863,40
Euro, zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
Klageabweisung.
Die Beklagte hält die Klage bereits für unzulässig, da das
Landgericht München I nicht international zuständig sei. Gemäß den Aligemeinen
Nutzungsbedingungen hätten die Parteien die ausschließliche sachliche und
örtliche Zuständigkeit der Gerichte in Massachusetts, Vereinigte Staaten von
Amerika, vereinbart. Die nach § 38 Abs. 1 ZPO wirksame
Gerichtsstandsvereinbarung erfülle die Voraussetzungen nach § 40 ZPO, erfasse
die vorliegende Streitigkeit und sei zulässig und durchsetzbar nach dem
gewählten Recht des US-Bundesstaates Massachusetts (vgl. Gutachten, Anlage OLS 12;
Urteil, Anlage OLS 13). Auch die Rechtswahl sei zulässig und durchsetzbar nach
dem gewählten Recht des US-Bundesstaates Massachusetts (vgl. Urteil, Anlage.OLS
13). Deutsches (AGB-) Recht gelte nicht für das Zustandekommen und die .
Auslegung des Inhalts der Gerichtsstandsvereinbarung. Hierfür gelte das von den
Parteien gewählte Vertragsstatut, vorliegend also das Recht des
US-Bundesstaates Massachusetts. Nach dem Recht des US-Bundesstaates
Massachusetts sei die Gerichtsstandsvereinbarung aus vertragsrechtlicher Sicht
wirksam zustande gekommen. Damit sei allein der Gerichtsstand in Massachusetts,
USA, nicht aber in Deutschland eröffnet, die Klage sei unzulässig. Die Klägerin
sei auf den Rechtsweg vor den amerikanischen Gerichten zu verweisen und in Hinsicht
auf ihr Begehr damit auch nicht rechtsschutzlos gestellt.
Hilfsweise macht die Beklagte geltend, dass der Anspruch
schon wegen eines vereinbarten Haftungsausschlusses nicht bestehe. Dieser
Haftungsausschluss sei wirksam und durchsetzbar nach dem gewählten Recht des
US-Bundesstaates Massachusetts. Unabhängig von der Frage, ob der Anspruch
selbst nach dem Recht des US-Bundesstaates Massachusetts zu bewerten sei, sei
der Anspruch jedenfalls wegen des in den Nutzungsbedingungen vereinbarten
Haftungsausschlusses ausgeschlossen. Außerdem sei der Anspruch verwirkt. Die
Klägerin habe unstreitig schon seit mehreren Jahren Kenntnis von den
streitgegenständlichen Veröffentlichungen gehabt (vgl. Ausdruck Management
Owner Tool, Anlage OLS 2). Die Beklagte habe bei objektiver Betrachtung dem
Verhalten der Klägerin entnehmen dürfen, dass diese ihr Recht nicht mehr
geltend machen werde.
Die Sachverhaltsdarstellung der Klägerin zu den
streitgegenständlichen Veröffentlichungen sei im Übrigen unsubstantiiert und
lückenhaft. Die Klägerin könne nicht substantiiert darstellen, weshalb die vier
streitgegenständlichen Veröffentlichungen unwahr sein sollten, worin die
angebliche Rechtsverletzung liegen solle und weshalb die Klägerin für die
Anträge vollumfänglich klagebefugt sein solle (siehe dazu im Einzelnen
insbesondere S. 7/12 der Klageerwiderung, BL 55/60 d. A. sowie S, 6/7 der
Duplik, Bl. 87/88 d. A.). Vielmehr handele es sich bei den
streitgegenständlichen Veröffentlichungen um subjektiv geprägte Bewertungen,
die sowohl nach dem Recht des US-Bundesstaates Massachusetts als auch nach
deutschem Recht von der Meinungsfreiheit gedeckt seien. Derartige Bewertungen
müsse ein Hotel- und Restaurantbetrieb hinnehmen, ein Unterlassungsanspruch,
gemäß §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG bestehe
ebenso wenig wie ein Anspruch auf Beseitigung oder Ersatz der
außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird
auf die wechselseitigen Schriftsätze samt Anlagen und die Sitzungsniederschrift
vom 18.07.2017 (Bl. 89/92 d. A.) Bezug genommen.
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung Hinweise
gegeben (Bl. 91 d. A.).

Entscheidungsgründe
A.
Die Klage ist unzulässig. Das angerufene Gericht ist
international unzuständig.
I. Die Allgemeinen Nutzungsbedingungen der US-amerikanischen
Beklagten, in die die Klägerin durch die unbestrittene Anmeldung und
Registrierung in der Management-Zentrale der Beklagten bereits im Jahre 20T1
eingewilligt hat, sehen neben einer Rechtswahl auch eine internationale
Gerichtsstandsvereinbarung vor (vgl. Nutzungsbedingungen, Anlage OLS 4), mit
der das Recht des Commonwealth of Massachusetts, USA gewählt und die
ausschließliche sachliche und örtliche Zuständigkeit der Gerichte in Massachusetts,
USA für alle Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit der Nutzung der
Website der Beklagten vereinbart werden soll.
II. Die internationale Gerichtsstandsvereinbarung ist
wirksam.
1. Die prozessualen Wirkungen einer Gerichtsstandsvereinbarung
im Sinne von § 38 ZPO knüpfen an eine entsprechende Vereinbarung der Parteien
an. Eine solche Vereinbarung kann isoliert (in Bezug auf einen konkreten
Rechtsstreit), im Rahmen eines umfassenderen materiellrechtlichen Vertrages
(etwa wegen aller Streitigkeiten aus diesem Vertragsverhältnis) oder auch in
Allgemeinen Geschäftsbedingungen getroffen werden. Welche rechtlichen
Anforderungen an das wirksame Zustandekommen einer solchen Vereinbarung zu
stellen sind und wer an sie gebunden ist, ist in erster Linie nach den
Vorschriften des materiellen Rechts zu beantworten. Bei einer
Gerichtsstandsvereinbarung mit Auslandsberührung ist das dabei anzuwendende
Recht nach den Regeln des (deutschen) internationalen Privatrechts zu ermitteln
(vgl. BeckOK/Toussaint, ZPO, 24. Edition, Stand: 01.03.2017, § 38 Rdnr. 2 und
3; BGH NJW 1997, 2885).
2. Nach dem gewählten Recht des Commonwealth of
Massachusetts, USA ist die streitgegenständliche Gerichtsstandsvereinbarung in
materiell-rechtlicher Hinsicht wirksam zustande gekommen.
a) Das auf die in Rede stehende Gerichtsstandsvereinbarung
anwendbare Recht bestimmt sich nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr.
593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche
Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (im Folgenden: Rom I-VO). Zwar sind
Gerichtsstandsvereinbarungen gemäß Art. 1 Abs. 2 lit. e) Rom I-VO vom
Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen. Allerdings ist – soweit es wie
vorliegend an Regelungen fehlt, weil die Art. 27-37 EGBGB im Hinblick auf die
Rom I-VO-aufgehoben worden sind und Art. 25 EuGWO (= Brüssel Ia-VO) weder,
unmittelbar noch analog auf die vorliegende Fallgestaltung anwendbar ist, in
der die Zuständigkeit deutscher Gerichte zugunsten der Gerichte eines
Drittstaates ausgeschlossen wird (vgl. Thomas/Putzo/Hüßfege, ZPO, 37. Auflage,
Art. 25 EuGWO Rdnr. 2; zum Meinungsstand siehe auch Musielak/Voit/S/ad/er, ZPO,
14. Auflage, EuGWO nF Art. 25 Rdnr. 5) – die Rom I-VO auf
Gerichtsstandsvereinbarungen entsprechend anzuwenden (vgl.
Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 37. Auflage, Art. 25 EuGWO Rdnr. 5; Palandt/Thom,
BGB, 76. Auflage, Rom I (IPR) Art. 1 Rdnr. 11; BeckOK/Spickhoff, BGB, 42.
Edition, Stand: 01.02.2017, VO (EG) 593/2008 Art. 1 Rdnr. 39; MüKo/Mart/rty,
BGB, 6. Auflage, Vorb zu Art. 1 Rom I-VO Rdnr. 80; Musielak/Voit/S/ad/er, ZPO,
14. Auflage, EuGWO nF Art. 25 Rdnr. 5). Nach Art. 3 Abs. 1 Rom I-VO unterliegt
der Vertrag dem von den Parteien gewählten Recht und muss die Rechtswahl
ausdrücklich erfolgen oder sich eindeutig aus den Bestimmungen des Vertrags
oder aus den Umständen des Falles ergeben. Vertragsstatut ist gemäß der in den
Allgemeinen Nutzungsbedingungen der Beklagten enthaltenen Rechtswahlklausel, in
welche die Klägerin durch Registrierung bei der Beklagten eingewilligt hat,
dementsprechend das Recht des Commonwealth of Massachusetts, USA.
b) Die streitgegenständliche Gerichtsstandsvereinbarung ist
nach dem Recht des Commonwealth of Massachusetts, USA auch materiellrechtlich
wirksam. Die- Beklagte hat hierzu schriftsätzlich vorgetragen und ihre
Ausführungen durch die Vorlage eines Affidavits eines US-amerikanischen
Rechtsanwaltes als Anlage OLS 12 sowie eines Urteils des Tribunal de grande
instance de Versailles als Anlage OLS 13 ergänzt. Demgegenüber hat die Klägerin
einen wirksamen Abschluss der Gerichtsstandsvereinbarung nach US-amerikanischem
Recht nur pauschal in Abrede gestellt, ohne sich zum Inhalt des ausländischen
Rechts.näher zu äußern, weshalb von der weiteren Einholung eines,
Rechtsgutachtens zur Frage der materiell-rechtlichen Wirksamkeit dieser
Vereinbarung abgesehen werden konnte (vgl. ZöllerIGeimer, ZPO, 31. Auflage, §
293 Rdnr. 17).
3. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin von der
Unwirksamkeit der Rechtswahl ausgehen und deutsches Recht anwenden wollte, wäre
die in Rede stehende Gerichtsstandsvereinbarung in materiell-rechtlicher
Hinsicht wirksam: Die Klägerin hat in die Allgemeinen Nutzungsbedingungen der
US-amerikanischen Beklagten durch die unbestrittene Anmeldung und Registrierung
in der Management-Zentrale der Beklagten bereits im Jahre 2011 eingewilligt und
damit die von der Beklagten vorgegebene Gerichtsstandsvereinbarung akzeptiert.
Die Klausel ist-wie im Übrigen auch die Rechtswahlklausel – nicht sittenwidrig
im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB und verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben im
Sinne von § 242 BGB. Denn vorliegend ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass es
sich bei beiden Parteien um Kaufleute handelt, dass die ausländische Beklagte
darüber hinaus ihren Sitz in eben Massachusetts hat, und dass in deren
Allgemeinen Nutzungsbedingungen, die die Klägerin akzeptiert hat, prominent
gleich zu Beginn auf den Abschnitt über das anwendbare Recht und den
Gerichtsstand hingewiesen wird und der entsprechende Abschnitt nochmals mit
einer deutlich hervorgehobenen Überschrift „GERICHTSSTAND UND MASSGEBENDES
RECHT“ gekennzeichnet ist. Aus den genannten Gründen ist auch kein Fall
einer rechtmissbräuchlichen oder auch nur unangemessenen Benachteiligung einer
Vertragspartei im Sinne von § 307 BGB oder einer überraschenden Klausel im
Sinne von § 305c BGB gegeben.
4. Prozessuale Wirkungen kann eine – wie hier nach
materiellem Recht wirksam zustande gekommene – Vereinbarung über die
Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts nur haben, wenn und soweit sie das
Prozessrecht zulässt. Diese prozessrechtliche Zulässigkeit beurteilt sich
ausschließlich nach der lex fori, also, wenn ein deutsches Gericht angerufen
ist, nach deutschem Prozessrecht, auch wenn die Vereinbarung – wie im
vorliegenden Fall – einem anderen Schuldstatut unterliegt (vgl.
BeckOK/Toussaint, ZPO, 24. Edition, Stand: 01.03.2017, § 38 Rdnr. 12). Das
deutsche Prozessrecht regelt die Zulässigkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen
in §§ 38, 40 ZPO. Danach ist die streitgegenständliche internationale
Gerichtsstandsvereinbarung auch in prozessualer Hinsicht zulässig:
a) Nach § 38 Abs. 1 ZPO wird ein an sich unzuständiges
Gericht des ersten Rechtszuges durch ausdrückliche oder stillschweigende
Vereinbarung der Parteien zuständig, wenn die Vertragsparteien Kaufleute,
juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche
Sondervermögen sind. § 38 Abs. 2 ZPO stellt nach überwiegend vertretener
Auffassung, der sich die Kammer anschließt, keine abschließende Sonderregelung
für die internationale Zuständigkeitsvereinbarung dar, d.h. der unbeschränkt
prorogationsfähige Personenkreis kann auch gemäß § 38 Abs. 1 ZPO internationale
Zuständigkeitsvereinbarungen treffen, denn eine Begrenzung auf den inländischen
Geschäftsverkehr bzw. die Anwendbarkeit des § 38 Abs. 2 S. 2 ZPO lässt sich §
38 Abs. 1 ZPO nicht entnehmen (vgl. OLG München, Urteil vom 23.03.2000, Az.: 1
U 5958/99 = BeckRS 2000, 16909 m.w.N; Musielak/Voit/Heinrich, ZPO, 14. Auflage,
§ 38 Rdnr. 13; BeckOKIToussaint, ZPO, 24. Edition, Stand: 01.03.2017, § 38
Rdnr. 21; zum Meinungsstand siehe auch Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Auflage, §
38 Rdnr. 25).
Die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 ZPO sind vorliegend
erfüllt: Beide Parteien sind Kaufleute, die Klägerin jedenfalls kraft
Eintragung im Sinne von § 5 HGB und die Beklagte als Limited Liability Company,
einer Handelsgesellschaft nach US-amerikanischem Recht, nach § 6 Abs. 1 HGB
(vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Kindler, HGB, 3. Auflage, Vor § 1 Rdnr.
121; MüKo/Kindler, BGB, 6. Auflage, IntGesR Rdnr. 203 ff.). Die
Kaufmannseigenschaft einer ausländischen Partei ist nach der lex fori und
vorliegend mithin nach den Bestimmungen der §§ 1-7 HGB zu bestimmen (vgl. OLG
München, Urteil vom 23.03.2000, Az.: 1 U 5958/99 = BeckRS 2000, 16909 m.w.N.;
Musielak/Voit//Heinrich, ZPO, 14. Auflage, § 38 Rdnr. 13; BeckOK/Toussa//?/,
ZPO, 24. Edition, Stand: 01.03.2017, § 38 Rdnr. 25). Die
Gerichtsstandsvereinbarung ist auch materiell wirksam zustande gekommen (siehe
dazu oben A.II.1. bis 3.).
b) Gemäß § 40 Abs. 1 ZPO hat eine Gerichtsstandsvereinbarung
keine rechtliche Wirkung, wenn sie sich nicht auf ein bestimmtes
Rechtsverhältnis und die aus ihm entspringenden Rechtsstreitigkeiten bezieht,
und ist eine Vereinbarung nach § 40 Abs. 2 ZPO insbesondere dann unzulässig,
wenn für die Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.
aa) Die streitgegenständliche Gerichtsstandsvereinbarung
bezieht sich auf „alle Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit der
Nutzung dieser Website“ bzw. auf „alle Ansprüche […] aus oder im
Zusammenhang mit dieser Website gegen „…“ und damit auf ein
bestimmtes Rechtsverhältnis im Sinne von § 40 Abs. 1 ZPO (vgl.
Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Auflage, § 40 Rdnr. 3 und 4 insbesondere zum sog.
Rahmenvertrag) und erfasst deshalb auch Klagen wegen behaupteter Verletzung des
Unternehmenspersönlichkeitsrechts bzw. des Rechts am eingerichteten und
ausgeübten Gewerbebetrieb sowie wegen behaupteter lauterkeitsrechtlicher
Verstöße durch das Abrufbarhalten von Hotelbewertungen Dritter auf der Webseite
der Beklagten.
bb) Zwar ist für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit
denen ein Anspruch auf Grund des UWG geltend gemacht wird, in § 13 Abs. 1 UWG
die ausschließliche sachliche Zuständigkeit der Landgerichte geregelt und wird
die vorliegende Klage auch auf eine Verletzung lauterkeitsrechtlicher Vorschriften
gestützt. Allerdings ist, soweit Ausschließlichkeit nur in einer bestimmten
Richtung – hier: sachlich – besteht, die Prorogation im Übrigen – und
insbesondere auch international – zulässig (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 31.
Auflage, § 40 Rdnr. 7; Musielak/Voit/Heinrich, ZPO, 14. Auflage, § 40 Rdnr. 5).
c) Schließlich steht die in der Vereinbarung der
ausschließlichen internationalen Zuständigkeit eines fremden Staates liegende
Derogation der internationalen Zuständigkeit Deutschlands unter der (stillschweigenden)
Bedingung, dass das forum prorogatum zur Justizgewährung (Entscheidung in der
Sache) bereit und in der Lage ist. Nicht ausreichend für die Beseitigung des
Derogationseffekts ist aber, dass sich die Durchführung des Gerichtsverfahrens
am forum prorogatum weniger bequem bzw. vorteilhaft darstellt, als es den
Parteien bei Vertragsschluss erschienen ist (vgl. Zöller/Ge/mer, ZPO, 31.
Auflage, IZPR Rdnr. 26a). Anhaltspunkte dafür, dass sich berechtigte Ansprüche
an den Gerichten in Massachusetts, USA nicht innerhalb einer angemessenen Zeit
und in angemessener Art und Weise durchsetzen lassen würden, hat die für diesen
Einwand darlegungs- und beweis belastete Klägerin nicht vorzubringen vermocht.
d) Die in Rede stehende internationale Gerichtsstandsklausel
ist auch nicht wegen Verstoßes gegen die guten Sitten (§ 138 BGB), gegen den
inländischen ordre public (Art. 6 EGBGB), wegen Missbräuchlichkeit,
Rechtsmissbrauchs oder inhaltlicher Unangemessenheit (§ 307 BGB) unwirksam
(vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Auflage, § 38 Rdnr. 30). Insoweit wird auf
die Ausführungen unter A.II.3) Bezug genommen.
Die Parteien haben daher die ausschließliche (örtliche)
Zuständigkeit der Gerichte in Massachusetts, USA wirksam prorogiert. Diese
Vereinbarung ist dahingehend auszulegen, dass zugleich eine Derogation der
internationalen Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland vorliegt (vgl.
MüKo/Patzina, ZPO, 5. Auflage, § 38 Rdnr. 29; Zöller/Geimer, ZPO, 31. Auflage,
IZPR Rdnr. 37), mit der Folge, dass das angerufene Gericht international
unzuständig und die Klage daher schon als unzulässig abzuweisen ist (vgl.
Zöller/Geimer, ZPO, 31. Auflage, IZPR Rdnr. 95).
B.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die
Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in
§ 709 S. 1 und 2 ZPO.
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ArbG Aachen: Unterlassung ehrverletzender Äußerungen in einer Pressemitteilung

Mit Urteil vom
25.02.2016, Az.: 2 Ga 6/16
hat das ArbG Aachen entschieden, dass jeder
Arbeitnehmer verpflichtet ist, selbst alles zu unterlassen, was Persönlichkeitsrechte anderer Arbeitnehmer verletzt (BAG Urteil vom 28.05.2002 – 1 ABR 32/01).
Weiter führte das ArbG Aachen aus, dass Aussagen zum Umgang
eines leitenden Mitarbeiters mit dem Verdacht des sexuellen Übergriffs auf
Schutzbefohlene zu den sensiblen Umständen des Arbeitsverhältnisses gehören,
die einem besonderen Schutz unterliegen.
Insbesondere müsse sich ein renommierter Fußballverein am
Maßstab des korrekten Umgangs mit Mitarbeitern aus dem benachbarten Ausland
messen lassen. Dies gälte umso mehr, als Fußballvereine sich DFB-weit auf die
Fahne geschrieben hätten, sich gegen den Rassismus zu stellen.
Wird nun einem Vorstandsmitglied vorgeworfen, sich höchst
abfällig über einen belgischen Staatsbürger auszulassen, stellt dies eine
schwere Beschädigung seiner Reputation dar.

Das durch Art. 1 und Art. 2 GG gewährte
Persönlichkeitsrecht ist im Privatrechtsverkehr und damit auch im
Arbeitsverhältnis zu beachten (LAG
Hamm, Urteil vom 25.04.2013 – 16 SaGa 8/13
).  Bei objektiv rechtswidrigen
Eingriffen in sein Persönlichkeitsrecht hat der Arbeitnehmer entsprechend §§ 128621004 BGB Anspruch
auf Beseitigung von fortwirkenden Beeinträchtigungen und Unterlassung weiterer
Verletzungshandlungen (BAG
Urteil vom 24.09.2009 – 8 AZR 636/08
Urteil
vom 12.09.2006 – 9 AZR 271/06
 jeweils m.w.N.).
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BGH: Wer im Internet unwahre Tatsachenbehauptungen veröffentlicht, haftet auch für die Weiterverbreitung

Der BGH hat mit  Urteil
vom 28. Juli 2015, Az. VI ZR 340/14
entschieden,  dass Webseitenbetreiber, die unwahre
Tatsachenbehauptungen aufstellen indem sie 
rechtsverletzende Texte formulieren, diese nicht nur von ihrer eigenen
Webseite löschen müssen bzw. von Webseiten auf die sie eigenen Zugriff haben,
sondern auch auf die Löschung rechtsverletzender Textbestandteile mit falschen
Tatsachenbehauptungen auf Webseiten Dritter hinwirken müssen, selbst wenn die
Dritten die Texte ohne Wissen des Autors übernommen haben und weiterverbreiten.
Damit stärkt der BGH die Rechte von Betroffenen ganz erheblich.
Der Tenor lautet:
1. Zur
Beseitigung eines Zustands fortdauernder Rufbeeinträchtigung kann der
Betroffene den Störer grundsätzlich nicht nur auf Berichtigung, sondern auch
auf Löschung bzw. Hinwirken auf Löschung rechtswidriger, im Internet abrufbarer
Tatsachenbehauptungen in Anspruch nehmen.
2. Die Löschung bzw. das Hinwirken auf Löschung im
Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen kann im Rahmen eines
Beseitigungsanspruchs nur verlangt werden, wenn und soweit die beanstandeten
Behauptungen nachweislich falsch sind und die begehrte Abhilfemaßnahme unter
Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen, insbesondere der Schwere der
Beeinträchtigung, zur Beseitigung des Störungszustands geeignet, erforderlich
und dem Störer zumutbar ist.

3. Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist ohne Rücksicht
darauf, ob ihn ein Verschulden trifft, jeder anzusehen, der die Störung
herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt.
Von der Norm erfasst wird sowohl der unmittelbare Störer, der durch sein
Verhalten selbst die Beeinträchtigung adäquat verursacht hat, als auch der
mittelbare Störer, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an
der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat.
In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall wurde die unwahre
Tatsachenbehauptung  nach einer Abmahnung
der Betroffenen zwar vom späteren Beklagten von der ursprünglichen Ausgangswebseite
gelöscht, war aber noch in verschiedenen anderen Internetplattformen abrufbar.
Die in ihren Rechten verletzte Klägerin wollte ursprünglich
erreichen, dass die Beklagte verurteilt wird, die Löschung des im Internet
abrufbaren streitgegenständlichen Artikels zu faktisch „bewirken“, den Text
also zu löschen.
Diesen Anspruch hat der BGH verneint, weil  er eine grundsätzliche Pflicht des Beklagten,
gegen die Webseiten Dritter vorzugehen, als nicht gegeben angesehen hat. Dies
scheitere nach dem BGH auch bereits an dem Umstand, dass für den Beklagten generell
keine praktische Möglichkeit bestünde Texte auf fremden Webseiten zu löschen.
Jedoch wurde der Beklagte vom BGH verpflichtet, im Rahmen
des ihm Möglichen und Zumutbaren die Betreiber der Internetportale, auf denen
die angegriffenen Äußerungen noch abrufbar waren, zu kontaktieren und auf eine
Löschung der inkriminierenden Texte hinzuwirken.
Daher sollten Autoren, Blogger, Texter, Verlage und Webseitenbetreiber
in Zukunft  Sachverhalte noch genauer auf
deren Wahrheitsgehalt, Beweisbarkeit und Nachprüfbarkeit  prüfen bevor Tatsachenbehauptungen
veröffentlicht werden, denn auch wenn diese nur zum „Hinwirken“ auf die
Löschung statt zum „Bewirken“ der Löschung verpflichtet werden können, tragen sie
als Störer das volle (Kosten-)Risiko der Zwangsvollstreckung, wenn die
rechtsverletzenden Textstellen von den Dritten trotz „hinwirken“ nicht
beseitigt werden.
Der BGH formuliert hierzu klar und deutlich, „der Störer
(trägt) ggf. das Risiko der Zwangsvollstreckung, wenn die gewählte Maßnahme die
Störung nicht beseitigt.“
Bewertung:
Zwar ist das Urteil die an sich konsequente Weiterführung
der Grundsätze, die der BGH bereits im „RSS-Feed“-Fall (BGH, Urt. v. 11.11.2014 – Az.: VI ZR
18/14
) aufgestellt hat, bei dem Dritte rechtswidrige Inhalte eines
RSS-Feeds automatisiert übernommen hatten,  aber nach meiner Einschätzung  geht es an der Realität vorbei.
Der BGH erklärt nämlich nicht, wie der Webseitenbetreiber
bzw. der Erstautor seiner Pflicht nachzukommen hat oder auch wie er die
Erfüllung der Verpflichtung nachweisen kann bzw. muss um nicht mehr angreifbar
zu sein.
Reichen E-Mail, Telefon oder Fax aus? Muss es ein
Einschreiben sein? Wie, wenn der Text von Seiten übernommen wurde, die in
Timbuktu oder Lummerland gehostet werden und damit über kein Impressum oder gar
einen Ansprechpartner verfügen. Man also weder in Kontakt treten und damit
nicht „hinwirken“, noch die Löschung erzwingen kann
Eine Pflicht zu postulieren ist das eine, dabei aber die
Durchsetzbarkeit und die Nachweisbarkeit außer Acht zu lassen ist das andere.  Gut gemeint ist eben nicht gut gemacht.
Vorinstanzen:
OLG Hamburg, Entscheidung vom 08.07.2014 – 7 U 60/13 –