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Hamburgisches OVG zur Aufnahme in den Schulweg-Routenplaner

Das Hamburgische OVG hat mit Beschluss
vom 04.09.2018, Az. 1 Bs 151/18
entschieden, dass es keinen rechtlichen
Bedenken begegnet, dass die Schulweglänge bei der Verteilung von Schulplätzen
in Hamburg nach dem Schulweg-Routenplaner im Regelfall entlang der Achsen der
öffentlichen Straßen bemessen wird. Ist eine Verkehrsfläche systemwidrig nicht
in den Schulweg-Routenplaner aufgenommen worden, so gebietet es der
Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, bei einer notwendigen
Einbeziehung einer solchen Verkehrsfläche die Maßstäbe und Grundsätze, die dem
Schulweg-Routenplaner zugrunde liegen (hier: Bemessung der Schulweglänge
entlang der Achsen der öffentlichen Straßen), systemgerecht anzuwenden.
Leitsätze:
1. Es begegnet keinen
rechtlichen Bedenken, dass die Schulweglänge bei der Verteilung von
Schulplätzen in Hamburg nach dem Schulweg-Routenplaner im Regelfall entlang der
Achsen der öffentlichen Straßen bemessen wird.
2. Ist eine
Verkehrsfläche systemwidrig nicht in den Schulweg-Routenplaner aufgenommen
worden, so gebietet es der Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, bei
einer notwendigen Einbeziehung einer solchen Verkehrsfläche die Maßstäbe und
Grundsätze, die dem Schulweg-Routenplaner zugrunde liegen (hier: Bemessung der
Schulweglänge entlang der Achsen der öffentlichen Straßen), systemgerecht
anzuwenden.
 Verfahrensgang
vorgehend Hamburgisches
Oberverwaltungsgericht, 10. August 2018, Az: 1 E 3725/18, Beschluss
  

Tenor
Die Beschwerde der
Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 10.
August 2018 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin
trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für
das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin
verfolgt mit der Beschwerde ihr Begehren auf vorläufige Aufnahme in die
Jahrgangsstufe 5 des Gymnasiums X.. für das Schuljahr 2018/2019 sowie
hilfsweise auf Neubescheidung ihres Antrages weiter.
Die Antragsgegnerin
wies die Antragstellerin mit Bescheid vom 19. April 2018 dem …Gymnasium zu,
das die Antragstellerin im Anmeldebogen für die Jahrgangsstufe 5 als
Drittwunsch angegeben hatte. Der hiergegen am 18. Mai 2018 eingelegte
Widerspruch ist noch nicht beschieden. Den Antrag auf Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes lehnte das Verwaltungsgericht Hamburg mit Beschluss vom 10.
August 2018 ab. Zur Begründung führte es u.a. aus, am Gymnasium X.. seien unter
Anwendung der Handreichung zur Organisation der Aufnahme in Klasse 5 an
weiterführenden Schulen (Stand Januar 2018) nach dem Kriterium der
Schulweglänge 65 Listenplätze verteilt worden. Der Schulweg des letzten nach
Schulweglänge aufgenommenen Kindes (Listenplatz 113) messe – ebenso wie der
Schulweg des auf Listenplatz 114 liegenden Kindes – 975m. Der für die
Verteilungsentscheidung maßgebliche Schulweg der Antragstellerin zum Gymnasium
X.. dürfte jedenfalls länger sein. Es könne offen bleiben, ob der
Schulweg-Routenplaner der Antragsgegnerin insoweit fehlerhaft die
Verkehrsfläche vor den Häusern .. nicht in die Berechnung einbezogen habe. Denn
unter Einbeziehung dieser Verkehrsfläche verkürze sich der berechnete Schulweg
um 21m auf 983m. Maßgeblich für die Berechnung des Schulweges sei nach dem
Schulweg-Routenplaner grundsätzlich nicht der Fußweg oder Gehsteig, sondern die
Straßenachse. Dies sei nicht zu beanstanden.
Gegen den der Antragstellerin
am 10. August 2018 zugestellten Beschluss legte diese am 24. August 2018
Beschwerde ein, die sie sogleich begründete. Auf den Beschwerdeschriftsatz wird
wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
II.
Die zulässige
Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Die von der
Antragstellerin dargelegten Gründe, auf deren Prüfung das Beschwerdegericht
vorliegend gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, erschüttern nicht die
Begründung des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts Hamburg und
rechtfertigen daher nicht, diesen abzuändern.
Die Antragstellerin
trägt vor, eine Abweichung von der üblichen Berechnung durch den
Schulweg-Routenplaner sei immer dann geboten, wenn die tatsächlichen
Gegebenheiten von dem durch diesen „vorgeschlagenen Schulweg“ abwichen. Dies
sei vorliegend der Fall. Die Vorinstanz ziehe daraus den Schluss, dass dann die
Straßenachsenbestimmung der .. maßgeblich sei und nicht der Fuß- oder Gehweg.
Die Berechnung nach den Kriterien des Schulwegroutenplaners – Berechnung über
die Straßenachse – sei falsch. Es seien dann die tatsächlichen Gegebenheiten
zur Berechnung heranzuziehen. Zu dieser Erkenntnis der Sach- und Rechtslage sei
das Verwaltungsgericht vor allem deshalb nicht gelangt, weil es den Sachverhalt
nicht gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO von Amts wegen hinreichend ermittelt habe
und es insbesondere unterlassen habe, eine Ortsbesichtigung durchzuführen.
Hätte das Verwaltungsgericht die Örtlichkeit in Augenschein genommen, so hätte
es erkannt, dass der Fuß- und Gehweg entlang der Häuserreihe .. von der
Straßenachse deutlich entfernt liege, was zu einer Verkürzung des Schulweges um
mehr als 30m geführt hätte. Selbst wenn man aber mit der Vorinstanz davon
ausginge, dass auch für den Fall der Abweichung vom Schulwegroutenplaner die
„neue“ Straßenachse für die Berechnung des Schulweges maßgeblich wäre, so wäre
die Antragsgegnerin verpflichtet, über die Aufnahme der Antragstellerin erneut
zu entscheiden. Denn die Berücksichtigung der neuen Straßenachse „..“ hätte zur
Folge, dass die Antragstellerin auf Platz 114 der Anmeldeliste vorrücken würde.
Würde ein Platz frei werden, sei es durch Wegzug oder durch einen Wechsel in
eine andere Schule, so könnte die Antragstellerin als nächste auf diesen Platz
nachrücken.
Dieser Vortrag
erschüttert nicht die Begründung des angefochtenen Beschlusses. Das
Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass bei Einbeziehung der
Verkehrsfläche vor den Häusern .. entsprechend den Vorgaben des
Schulweg-Routenplaners der Schulweg um 21m verkürzt werde. Das
Verwaltungsgericht hat die Schulweglänge vorliegend zutreffend anhand der
Straßenachse bemessen und nicht nach der Länge des konkreten Fußweges oder
Gehsteiges. Zutreffend hat es ausgeführt, dass es keinen Bedenken begegnet,
dass der Schulweg-Routenplaner die Wegstrecke regelmäßig entlang der Achsen der
öffentlichen Straßen bemesse. Denn in der Massenverwaltung der Aufnahme der
Schülerinnen und Schüler in die Grundschule oder in die weiterführende Schule
erscheint die Anknüpfung an die einheitlich für alle zu bestimmende
Straßenachse (statt an den für die Wohnanschrift jeweils gesondert zu
bestimmenden Straßenrand, Gehweg, Radweg oder Bürgersteig) sachgerecht und
gewährleistet für die Verwaltung ein praktikables und für die betroffenen Bürger,
dem der Schulweg-Routenplaner zur Verfügung steht, transparentes Verfahren.
Insoweit hat die Antragsgegnerin im laufenden Verfahren für den Beschwerdesenat
nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass es ihr nicht möglich sei, bei der
Berechnung des Schulwegs für alle Hamburger Schülerinnen und Schüler stets den
kürzesten Weg zugrunde zu legen, wenn dabei zudem noch berücksichtigt werden
müsste, welcher Teil des Gehwegs aktuell als Fahrweg markiert sei und ob das
jeweilige Kind den Schulweg zu Fuß oder mit dem Rad (oder mit öffentlichen
Verkehrsmitteln) zurücklegt. Vor diesem Hintergrund sind gewisse Unschärfen bei
der Berechnung der Schulweglänge anhand der Straßenachse in Kauf zu nehmen.
Soweit die
Antragstellerin meint, dass bei jeder Abweichung vom Schulweg-Routenplaner die
tatsächlichen Verhältnisse maßgeblich seien und demzufolge hier die Länge des
zu Fuß entlang der Häuserzeile .. zurückgelegten Schulweges zugrunde gelegt
werden müsse, ist dem nicht zu folgen. Wenn – wie dies vorliegend geltend gemacht
wird – eine Verkehrsfläche systemwidrig nicht in den Schulwegroutenplaner
aufgenommen worden ist, so gebietet bereits das Gebot der Gleichbehandlung aus
Art. 3 Abs. 1 GG, bei einer gebotenen Einbeziehung einer solchen Verkehrsfläche
die Maßstäbe und Grundsätze, die dem Schulweg-Routenplaner zugrunde liegen,
systemgerecht anzuwenden. Dies bedeutet – wie das Verwaltungsgericht zutreffend
ausgeführt hat -, dass vorliegend die Berechnung der Länge des Schulweges über
die Einbahnstraße vor der Häuserzeile .. ebenfalls anhand der Straßenachse zu
bemessen wäre.
Gegenteiliges folgt
nicht aus dem Beschluss des Beschwerdesenats vom 22. August 2012 (1 Bs 197/12).
Dort hat der Senat in Bezug auf das Verteilungsverfahren zur Aufnahme in die
Jahrgangsstufe 1 zum Schuljahr 2012/2013 auf der Grundlage der „Handreichung
zur Organisation der Aufnahme in Klasse 1, Stand Dezember 2011“ ausgeführt,
dass die Länge des Schulweges aus Gründen der Praktikabilität grundsätzlich
nach dem Schulweg-Routenplaner der Antragsgegnerin zu bestimmen sei. Maßgeblich
blieben jedoch die tatsächlichen Gegebenheiten. In dem entschiedenen Fall war
daher der aufgrund besonderer baulicher Gegebenheiten mögliche kürzere Weg über
einen rückwärtigen Ausgang aus dem Wohngebäude des Kindes zugrunde zu legen.
Eine derartige Fallkonstellation ist vorliegend ersichtlich nicht gegeben.
Von der Berechnung der
Länge des Schulweges anhand der Straßenachse vor der Häuserreihe .. ist
vorliegend auch nicht aus anderen Gründen abzuweichen. Dabei kann offen
bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen unter
Gleichbehandlungsgesichtspunkten von der Bemessung der Schulweglänge anhand der
Straßenachse abgewichen werden müsste. Denn jedenfalls hat die Antragstellerin
weder Umstände dargelegt, die eine Abweichung erfordern, noch ergibt sich dies
aus dem vorliegenden Kartenmaterial. Insbesondere gebietet der Umstand, dass
zwischen der Fahrbahn .. und dem Bürgersteig offenbar die Möglichkeit besteht,
am Straßenrand Autos zu parken (vgl. Anlage Ast 14) und daher zwischen Fußweg
und Straßenachse ein deutlicher Abstand besteht, keine solche Abweichung. Eine
derartige Gestaltung des Straßenraumes ist vielmehr ebenso wie z.B. ein
mehrspuriger Ausbau einer Straße nicht selten. Auch die Verkürzung des
Schulweges um 9m bei einer Orientierung am Fußweg, ist nicht derart
außergewöhnlich, dass er eine Abweichung von der Berechnung der Weglänge anhand
des Schulweg-Routenplaners rechtfertigen könnte. Zugleich verkürzt ein
lediglich parallel zur Straßenachse verlaufender Fußweg die zurückzulegende
Strecke nicht; eine Verkürzung oder ggf. Verlängerung der Strecke würde –
systemwidrig – vielmehr allein im Bereich von Kurven oder Biegungen erfolgen
bzw. aufgrund des Verlassens der Straßenachse. Die Rüge, das Verwaltungsgericht
habe es unter Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO unterlassen, eine Ortsbesichtigung
durchzuführen, geht daher fehl.
Unter Berücksichtigung
der Straße .. im Bereich der Häuser … nach Vorgabe des Schulweg-Routenplaners
würde sich die Länge des anzusetzenden Schulwegs auf 983m verkürzen. Demnach
gingen die auf den Listenplätzen 113 und 114 befindlichen Kinder der
Antragstellerin weiterhin vor. Die Antragstellerin läge dann gleichauf mit dem
Kind auf dem Listenplatz 115.
Soweit die
Antragstellerin weiter geltend macht, die Antragsgegnerin sei im Wege der
einstweiligen Anordnung zu verpflichten, über ihren Antrag auf Aufnahme in die
Jahrgangsstufe 5 des Gymnasiums X.. zum Schuljahr 2018/2019 neu zu entscheiden,
fehlt es an einem Anordnungsgrund. Denn es ist weder geltend gemacht noch für
den Beschwerdesenat ersichtlich, dass am Gymnasium X.. derzeit freie
Kapazitäten bestehen. Sollten im Laufe des Schuljahres 2018/2019 durch Wegzug
oder Wechsel an eine andere Schule Kapazitäten frei werden, so dürfte der
Antragstellerin kein Anspruch auf Berücksichtigung gemäß dem (Listenplatz aus
dem) Verteilungsverfahren zur Aufnahme in die Jahrgangsstufe 5 zustehen.
Vielmehr könnte sich ein etwaiger Anspruch der Antragstellerin allein aus der
Richtlinie zur Aufnahme von Schülerinnen und Schülern an staatlichen
allgemeinbildenden Schulen in Hamburg vom 28. Februar 2018 (Mitteilungsblatt
der Behörde für Schule und Berufsbildung 2018 S. 38) ergeben, die einen Wechsel
– außer in einem hier nicht ersichtlichen Ausnahmefall – allein zu Beginn des
neuen Schuljahres ermöglicht.
III.
Die Kostenentscheidung
beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf §§ 47 Abs. 1,
53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG.