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OLG Frankfurt zur Möglichkeit des sofortigen Anerkenntnisses nach vorangegangener urheberrechtlicher Abmahnung

Das OLG Frankfurt am Main hat mit Beschluss
vom  28.08.2017, 11 W 16/17
entschieden,
dass ein Rechteverletzer, der auf die Abmahnung hin die Rechtsverletzung
beseitigt, die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung von weiterer
Aufklärung der Rechteinhaberschaft abhängig machet und auch erst im
Rechtsstreit den Unterlassungsanspruch noch mit der Wirkung des § 93 ZPO
anerkennt , wenn der Rechteinhaber in einem Abmahnschreiben die
Rechteinhaberschaft nicht schlüssig und nachvollziehbar dargelegt hat.. Die
Erkundigungspflicht des Verletzers bedeutet nicht, dass er gegenüber jedem
Dritten, der seinerseits behauptet, Rechteinhaber zu sein, ohne Weiteres zur
Unterlassung verpflichtet wäre. 
Der Beschluss im Volltext:

Leitsatz:
Wenn ein Rechteinhaber in einem Abmahnschreiben die
Rechteinhaberschaft nicht schlüssig und nachvollziehbar dargelegt hat, kann der
Rechtsverletzer, der auf die Abmahnung hin die Rechtsverletzung beseitigt, die
Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung allerdings von weiterer
Aufklärung der Rechteinhaberschaft abhängig gemacht hat, auch im Rechtsstreit
den Unterlassungsanspruch noch mit der Wirkung des § 93 ZPO anerkennen.
Tenor:
Auf die Beschwerde des Beklagten wird die
Kostenentscheidung des Anerkenntnisurteils des Landgerichts Frankfurt a.M. vom
20.4.2017 dahingehend abgeändert, dass der Kläger die Kosten des Rechtsstreits
zu tragen hat.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Kläger
auferlegt.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu
2000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger hatte den Beklagten mit Anwaltsschreiben vom
13.02.2017 wegen der Verwendung von Lichtbildern auf dessen Homepage abmahnen
lassen. Wörtlich heißt es in dem Schreiben, der Beklagte habe „in
unzulässiger Weise für kommerzielle Zwecke ein urheberrechtlich geschütztes
Lichtbild meines Mandanten“ verwendet (Bl. 10 d.A.). Der Beklagte wurde in
dem Schreiben weiter aufgefordert, das Lichtbild bis spätestens zum 15.02.2017
zu entfernen und bis zum 24.02.2017 eine im Entwurf beigefügte Unterlassungs-
und Verpflichtungserklärung zu übersenden. Der Beklagte ließ mit
Anwaltsschreiben vom 24.02.2017 mitteilen, dass die erwähnten Lichtbilder
unverzüglich entfernt worden seien und bat um „Übersendung eines
Nachweises des urheberrechtlichen Schutzes für Ihren Mandanten bzw. um
Mitteilung von wo aus der urheberrechtliche Schutz bestätigt werden kann“
(Bl. 26 d.A.).
Der Kläger reichte daraufhin unter dem 28.02.2017 eine
Unterlassungsklage ein, in der er darlegte, er sei Inhaber der Nutzungsrechte
an dem gegenständlichen Lichtbild, welches von dem Photographen A für ihn
erstellt worden sei. Der Beklagte erkannte die Klageforderung innerhalb der
Klageerwiderungsfrist mit Schriftsatz vom 12.04.2017 unter Verwahrung gegen die
Kostenlast an.
Das Landgericht hat am 20.04.2017 ein Anerkenntnisurteil
erlassen, worin es die Kosten des Verfahrens dem Beklagten auferlegt hat. Zur
Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte habe Veranlassung zur Klage gegeben,
weil er die zur Klaglosstellung erforderliche Unterlassungserklärung nicht
abgegeben habe. Die Abmahnung des Klägers habe den gesetzlichen Anforderungen
genügt. Sie habe den Anspruchsgegner in die Lage versetzt, die
Verletzungshandlung unter den in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten
zu würdigen. Dass der Kläger darin als Urheber der streitgegenständlichen
Fotografien bezeichnet worden sei und nicht als ausschließlich
Nutzungsberechtigter sei unschädlich, da dies für den geltend gemachten
Unterlassungsanspruch keinen Unterschied mache.
Der Beklagte hat gegen die Kostenentscheidung des ihm am
28.04.2017 zugestellten Anerkenntnisurteils am 02.05.2017 sofortige Beschwerde
eingelegt. Er meint, der Kläger sei verpflichtet gewesen, seine Nutzungsrechte
ordnungsgemäß nachzuweisen.
Mit Beschluss vom 12.06.2017 hat das Landgericht der
sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht zur
Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde ist nach den §§ 99 Abs. 2, 567 Abs. 1 Nr.
1, 2, 569 ZPO zulässig.
Sie ist auch in der Sache begründet, weil der Beklagte
durch seine Nachfrage nach einem Urheberrechtsnachweis in dem Schreiben vom
24.2.2017 keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hat.
Soweit das Landgericht ausführt, der Verletzter sei
verpflichtet, sich selbst nach der Rechtekette zu erkundigen, wenn er einen
nicht von ihm stammenden urheberrechtlich geschützten Gegenstand benutzen wolle
und dürfe auch im Prozess die Rechtsinhaberschaft nicht einfach bestreiten, ist
dies zwar grundsätzlich zutreffend, ändert jedoch nichts an dem Grundsatz, dass
der Anspruchsteller seine Rechtsinhaberschaft zu beweisen hat.
Die Erkundigungspflicht des Verletzers besagt zunächst
nur, dass er sich nicht ohne Weiteres auf einen Rechtsirrtum dahingehend
berufen kann, er habe geglaubt, selbst aus eigenem oder abgeleitetem Recht
nutzungsberechtigt zu sein. Sie bedeutet aber nicht, dass er gegenüber jedem
Dritten, der seinerseits behauptet, Rechteinhaber zu sein, ohne Weiteres zur
Unterlassung verpflichtet wäre.
Ein Bestreiten der Rechteinhaberschaft mit Nichtwissen
ist nur dann unzulässig, wenn der Kläger seine Urheberschaft (bzw. seine
Rechteinhaberschaft) substantiiert dargelegt hat (vgl. die vom Landgericht
zitierte Fundstelle bei Thum in: Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum
Urheberrecht, 4. Aufl. , § 10 Rdnr. 35). Dies hat der Kläger in dem
gegenständlichen Abmahnschreiben jedoch gerade nicht getan. Es wird vielmehr
lediglich apodiktisch behauptet, es handele sich um ein urheberrechtlich
geschütztes Lichtbildwerk des Klägers – was tatsächlich, wie sich aus der
Klageschrift ergibt, noch nicht einmal zutraf. Vor diesem Hintergrund war der
Beklagte nicht gehalten, nicht nur das rechtsverletzende Bild von seiner
Homepage zu entfernen, sondern sich auch ohne weitere Sachverhaltsaufklärung
gegenüber dem Kläger vertraglich zur Unterlassung und für den Fall der
Zuwiderhandlung zur Zahlung einer Vertragsstrafe zu verpflichten. Es hätte hier
vielmehr dem Kläger oblegen, zunächst seine Rechtsinhaberschaft schlüssig und
nachvollziehbar darzulegen.
Daher waren die Kosten des Hauptsacheverfahrens nach § 93
ZPO dem Kläger aufzuerlegen.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens
beruht auf § 91 ZPO.