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Der BGH, die Plattform eBay und die Abbruchjäger

Der BGH hat mit Urteil
vom 22.05.2019, Az.  VIII ZR 182/17 – Abbruchjäger

entschieden, dass sich die Beurteilung, ob ein Bieter bei eBay als Abbruchjäger
einzuordnen ist und rechtsmissbräuchlich handelt, nach allen Umständen des
konkreten Einzelfalls und nicht nach verallgemeinerungsfähigen Kriterien
richtet. Sogenannte Abbruchjäger auf Ebay wollen keine Vertragserfüllung,
sondern hoffen auf Schadensersatz.

Leitsatz:
Bei der Beurteilung, ob das Verhalten eines Bieters auf der
Internet-Plattform eBay, der an einer Vielzahl von Auktionen teilgenommen hat,
als rechtsmissbräuchlich einzustufen ist, können abstrakte,
verallgemeinerungsfähige Kriterien, die den zwingenden Schluss auf ein Vorgehen
als „Abbruchjäger“ zulassen, nicht aufgestellt werden. Es hängt
vielmehr von einer dem Tatrichter obliegenden Gesamtwürdigung der konkreten
Einzelfallumstände ab, ob die jeweils vorliegenden Indizien einen solchen
Schluss tragen.
Tatbestand:
Der Beklagte bot Ende März/Anfang April 2012 einen
Pirelli-Radsatz für einen Audi A6 mit einem Startpreis von 1 € auf der
Internet-Plattform eBay zum Verkauf an. Er beendete die Auktion vorzeitig. Zu
diesem Zeitpunkt war der Kläger Höchstbietender mit einem Gebot von 201 €. Nach
den seinerzeit geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay kam ein
Kaufvertrag mit dem Höchstbietenden auch bei vorzeitiger Beendigung der Auktion
zustande, es sei denn, der Anbieter war zur Rücknahme des Angebots
„gesetzlich“ berechtigt.  
Der Beklagte hat geltend gemacht, der Radsatz sei aus der
Garage des Zeugen R. entwendet worden, wovon er, der Beklagte, erst unmittelbar
vor dem Abbruch der Auktion erfahren habe.             
Der Kläger hatte seit dem Jahr 2009 in großem Umfang Gebote
bei eBay-Auktionen abgegeben. Mit E-Mail vom 4. April 2012 forderte der Kläger
den Beklagten vergeblich auf, den angebotenen Radsatz, dem er zuletzt einen
Wert von mindestens 1.701 € zugemessen hatte, gegen Zahlung von 201 €
herauszugeben. Mit Schreiben vom 24. Januar 2013 trat der Kläger vom
Kaufvertrag zurück und forderte Schadensersatz.   
Die auf Zahlung von 1.500 € nebst Zinsen gerichtete Klage
hat vor dem Amtsgericht dem Grunde nach Erfolg gehabt. Das Berufungsgericht hat
die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag
weiter.   


Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg. 
I.            
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung
im Wesentlichen ausgeführt:    
Dem Kläger stehe dem Grunde nach ein Anspruch auf
Schadensersatz statt der Leistung gegen den Beklagten aus § 280 Abs. 1, 3, §
281 Abs. 1 Satz 1 BGB zu.            
Die Parteien hätten nach den seinerzeit maßgeblichen
Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay einen wirksamen Kaufvertrag gemäß §
433 Abs. 1 BGB über den Pirelli-Radsatz abgeschlossen, denn der Kläger sei zum
Zeitpunkt des Abbruchs der Auktion Höchstbietender mit dem Betrag von 201 €
gewesen.     
Der Beklagte habe nicht nachweisen können, zum vorzeitigen
Abbruch der Auktion berechtigt gewesen zu sein. Zwar könne auch ein Diebstahl
des Auktionsgutes nach höchstrichterlicher Rechtsprechung einen Abbruch der
Auktion rechtfertigen. Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen
eines solchen berechtigten Auktionsabbruchs trage nach allgemeinen Grundsätzen
der Verkäufer. Dem Beklagten sei jedoch der Nachweis nicht gelungen, dass
gerade der Radsatz, auf den der Kläger geboten habe, gestohlen worden sei. Der
Kläger habe durch Überreichung eines zweiten Auktionsangebotes des Beklagten
für einen Pirelli-Radsatz, beendet am 23. März 2012, dargelegt, dass es
zumindest zwei Auktionsangebote des Beklagten im fraglichen Zeitraum gegeben
habe. Dass der streitgegenständliche Radsatz aus der Garage des Zeugen R.
entwendet worden sei, lasse sich dessen Aussage aber nicht entnehmen.          
Der Beklagte könne dem Anspruch des Klägers nicht gemäß §
242 BGB den Einwand des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens entgegenhalten. Die
Annahme eines Rechtsmissbrauchs müsse nach der Rechtsprechung auf besondere
Ausnahmefälle beschränkt bleiben.       
Es könne nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden,
wenn jemand bei einer Internetauktion gezielt auf solche Waren biete, die mit
einem weit unter dem Marktwert liegenden Mindestgebot angeboten würden, und er
zugleich sein Höchstgebot auf einen Betrag limitiere, der immer noch deutlich
unter dem Marktpreis liege. Denn der Verkäufer einer solchen Onlineauktion
begründe das Risiko eines ungünstigen Auktionsverlaufs selbst, indem er einen
niedrigen Startpreis unterhalb des Marktpreises ohne Mindestgebot festsetze.    
Es sei auch nicht zu missbilligen, wenn sich ein Käufer in
einer Vielzahl von Fällen solche für den Verkäufer riskanten Auktionsangebote
zunutze mache und auf diese Gebote weit unterhalb des Marktpreises abgebe, um
bei einem für ihn günstigen und für den Verkäufer ungünstigen Auktionsverlauf
ein „Schnäppchen“ zu machen. Allein die Quantität führe dann nicht
zur Missbilligung. Dass ein sogenannter Schnäppchenjäger besonders günstige
Kaufabschlüsse anstrebe, verstoße auch dann nicht gegen das Anstandsgefühl, wenn
der Käufer in einer großen Anzahl von Fällen so vorgehe. Nicht zu beanstanden
sei dann auch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen durch einen
solchen „Schnäppchenjäger“, wenn der Anbieter die Auktion ohne
zureichenden Grund vorzeitig abbreche und damit den Erwerb zum
„Schnäppchenpreis“ zu vereiteln suche.            
Die Grenze zu einem missbilligenswerten Verhalten sei erst
dann überschritten, wenn der Bieter nicht den Ankauf der angebotenen Ware
anstrebe, sondern in Wahrheit den Abbruch der Auktion, um danach
Schadensersatzansprüche geltend machen zu können. Lasse sich feststellen, dass
ein Bieter im Falle des Erfolges seines Gebotes den Kaufgegenstand regelmäßig
nicht abnehme, sei dem Verkäufer der Einwand des Rechtsmissbrauchs
zuzubilligen.          
Es könne hier indes nicht festgestellt werden, dass es sich
bei dem Kläger um einen solchen „Abbruchjäger“ handele.  
Dies ergebe sich zunächst nicht aus der Anzahl der vom
Kläger im Vertragszeitraum abgegebenen Gebote oder der Gesamtsumme der gebotenen
Geldbeträge, da dies auch auf den als „Schnäppchenjäger“ auftretenden
Bieter zuträfe, ohne dass dessen Verhalten zu missbilligen sei. Die Gesamtsumme
der gebotenen Geldbeträge sei schon deswegen unerheblich, weil auch der
„Schnäppchenjäger“ bei der Abgabe von weit unter dem Marktwert
liegenden Höchstgeboten regelmäßig überboten werde, bei der Auktion dann nicht
zum Zuge komme und auch den Angebotspreis nicht zu entrichten habe. Keine
rechtliche Bedeutung habe ferner die Anzahl der vom Kläger verwendeten
Pseudonyme. Gleiches gelte für die Kündigung der Mitgliedschaft des Klägers
durch eBay nach dem Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung.         
Es lägen hinsichtlich der Ernsthaftigkeit seiner
Erwerbsabsichten im Jahr 2012 auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor,
dass es dem Kläger vorrangig um die Geltendmachung eines
Schadensersatzanspruchs nach einem Abbruch der Auktion gegangen sei und er den
Radsatz tatsächlich nicht habe erwerben wollen. Der Kläger habe erklärt, alle
von ihm ersteigerten Waren auch abgenommen zu haben und in einigen Fällen sogar
beim Abbruch von Auktionen im Vergleichswege einen höheren als den von ihm
zunächst gebotenen Preis gezahlt zu haben. In einer größeren Anzahl von Fällen,
vom Kläger entsprechend seiner Angabe in einem früheren Verfahren mit
seinerzeit ca. 100 beziffert, habe er nach dem Abbruch einer Auktion
Schadensersatzansprüche geltend gemacht. Da vom Kläger hiernach alle Waren, auf
die er geboten habe, auch abgenommen worden seien, habe bei ihm eine Erwerbsabsicht
bestanden.       
Allein der Zeitablauf zwischen der Beendigung der Auktion
und der gerichtlichen Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs sei hier
kein beweiskräftiges Indiz für eine mangelnde eigene Erwerbsabsicht des
Klägers. Vorliegend habe der Kläger seinen Primäranspruch bereits am 4. April
2012 geltend gemacht. Dass er seinen Schadensersatzanspruch sodann erst Anfang
des Jahres 2013 geltend und erst im Jahr 2015 bei Gericht anhängig gemacht
habe, spreche nicht gegen seine Erwerbsabsicht im April 2012.              
Nach allem lasse sich dem Kläger nicht widerlegen, dass er
sich in erster Linie als „Schnäppchenjäger“ betätigt habe, dem es
vorrangig um den Erwerb von Waren deutlich unter dem Marktwert gegangen sei und
allenfalls nachrangig um die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im
Falle eines unberechtigten Auktionsabbruchs. Dieses Verhalten sei jedoch nicht
rechtsmissbräuchlich.            
II.           
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so
dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat dem Kläger
rechtsfehlerfrei einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß §
280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 BGB dem Grunde nach zuerkannt.             Abs. 21
1. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen,
dass der Kläger nach den seinerzeit für die Parteien maßgeblichen Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der Internet-Plattform eBay einen wirksamen Kaufvertrag
mit dem Beklagten gemäß § 433 BGB über den angebotenen Radsatz abgeschlossen
hat. Insbesondere hat es rechtsfehlerfrei – und insoweit von der Revision auch
nicht angegriffen – festgestellt, der Beklagte habe den Nachweis nicht
erbracht, dass ihm gerade der Radsatz, auf den der Kläger geboten hatte,
gestohlen worden war und er deshalb die Internetauktion etwa aus berechtigtem
Grund vorzeitig abgebrochen hätte.
2. Der Beklagte kann dem Schadensersatzanspruch des Klägers,
wie das Berufungsgericht ebenfalls frei von Rechtsfehlern entschieden hat, auch
nicht den Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) entgegenhalten.  
a) Die Annahme eines Rechtsmissbrauchs erfordert eine
sorgfältige und umfassende Prüfung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls
und muss auf besondere Ausnahmefälle beschränkt bleiben (BGH, Urteile vom 12.
November 2014 – VIII ZR 42/14, NJW 2015, 548 Rn. 11; vom 27. April 1977 – IV ZR
143/76, BGHZ 68, 299, 304). Die Beurteilung, ob das Verhalten eines Bieters auf
der Internet-Plattform eBay, der an einer Vielzahl von Auktionen teilgenommen
hat, als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist, ist in erster Linie dem
Tatrichter vorbehalten. Sie kann vom Revisionsgericht nur darauf überprüft
werden, ob das Berufungsgericht den Sachverhalt rechtsfehlerfrei festgestellt,
alle maßgeblichen Gesichtspunkte berücksichtigt sowie den zutreffenden
rechtlichen Maßstab angewandt hat und ob seine Wertung gegen Denk- und
Erfahrungssätze verstößt (Senatsurteile vom 15. März 2017 – VIII ZR 270/15, NJW
2017, 1474 Rn. 20; vom 4. Februar 2015 – VIII ZR 154/14, BGHZ 204, 145 Rn. 16
mwN). Ein solcher Rechtsfehler ist dem Berufungsgericht indes nicht
unterlaufen.
b) Wie auch die Revision nicht verkennt, ist es für sich
genommen nicht zu beanstanden, dass ein Bieter sich als sogenannter
Schnäppchenjäger betätigt, der bei Internetauktionen gezielt auf Waren bietet,
die zu einem weit unter Marktwert liegenden Mindestgebot angeboten werden.
Ebensowenig ist es missbilligenswert, wenn ein solcher Bieter sein Höchstgebot
auf einen deutlich unter dem Marktwert der Ware liegenden Betrag begrenzt. Denn
es macht gerade den Reiz einer solchen Internetauktion aus, dass der Bieter die
Chance hat, den Auktionsgegenstand zu einem Schnäppchenpreis zu erwerben,
während umgekehrt der Veräußerer die Chance wahrnimmt, durch den Mechanismus
des Überbietens einen für ihn vorteilhaften Preis zu erzielen (vgl.
Senatsurteile vom 28. März 2012 – VIII ZR 244/10, NJW 2012, 2723 Rn. 20 f.; vom
12. November 2014 – VIII ZR 42/14, aaO Rn. 10). Im Übrigen ist es der
Verkäufer, der in solchen Fällen von sich aus durch die Wahl eines niedrigen
Startpreises unterhalb des Marktwerts ohne Einrichtung eines Mindestpreises das
Risiko eines für ihn ungünstigen Auktionsverlaufs eingegangen ist (Senatsurteil
vom 12. November 2014 – VIII ZR 42/14, aaO Rn. 12 mwN). An der Beurteilung
dieser Ausgangslage ändert sich auch dann nichts, wenn ein Bieter sich in einer
Vielzahl von Fällen solche für den Verkäufer riskanten Auktionsangebote zunutze
macht, um ein für ihn günstiges „Schnäppchen“ zu erzielen, weil
allein die Quantität eines von der Rechtsordnung im Einzelfall gebilligten Vorgehens
in der Regel nicht zu dessen Missbilligung führt.              
c) Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten eines Bieters bei
Internetauktionen kommt dagegen, wovon das Berufungsgericht zutreffend
ausgegangen ist, dann in Betracht, wenn seine Absicht von vornherein nicht auf
den Erfolg des Vertrages, sondern auf dessen Scheitern gerichtet ist, er also
den angebotenen Gegenstand gar nicht erwerben will, sondern auf den Abbruch der
Auktion abzielt, um daraufhin Schadensersatzansprüche geltend machen zu können (sogenannter
Abbruchjäger).
Allerdings lassen sich abstrakte, verallgemeinerungsfähige
Kriterien, die den zwingenden Schluss auf ein Vorgehen als
„Abbruchjäger“ in diesem Sinne zuließen, nicht aufstellen. Es hängt
vielmehr von der dem Tatrichter obliegenden Gesamtwürdigung der konkreten
Einzelfallumstände ab, ob die jeweils vorliegenden Indizien einen solchen
Schluss tragen.
Auch insofern ist die Beurteilung des Berufungsgerichts aus
Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat sich nicht die
Überzeugung davon verschaffen können, dass eine entsprechende, nicht auf
Vertragsdurchführung, sondern auf den Abbruch und somit das Scheitern des
Vertrages gerichtete Absicht beim Kläger vorhanden gewesen ist. Das
Berufungsgericht hat die Angaben des Zeugen S. sowie die des Klägers bei seiner
Anhörung sowie ersichtlich alle wesentlichen Umstände des Einzelfalls
gewürdigt.         
Soweit die Revision geltend macht, verschiedene – vom
Berufungsgericht ausdrücklich gewürdigte – Umstände (Gesamtsumme der gebotenen
Geldbeträge, Anzahl der Gegenstände, auf die ein Gebot abgegeben worden sei,
Zeitablauf bis zur gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs im vorliegenden
Fall) ließen zumindest insgesamt den Schluss darauf zu, dass es dem Kläger nur
um das Scheitern des Vertrags und daraus resultierende Schadensersatzansprüche
gegangen und er in diesem Sinne ein „Abbruchjäger“ gewesen sei, setzt
sie lediglich ihre eigene Wertung an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung
des Berufungsgerichts, zeigt aber einen Rechtsfehler nicht auf. Das Gleiche
gilt für weitere von der Revision herangezogene, vom Berufungsgericht nicht
ausdrücklich erörterte Einzelumstände (Gebote vornehmlich auf hochpreisige
Gegenstände, regelmäßige Benennung derselben Zeugen in verschiedenen
Gerichtsverfahren, an denen der Kläger als Partei beteiligt gewesen sei).        
aa) Ohne Erfolg macht die Revision (unter Bezugnahme auf ein
vom Landgericht Darmstadt (Urteil vom 21. November 2014, 24 S 53/14)
aufgehobenes Urteil des Amtsgerichts Groß-Gerau vom 16. Juli 2014, 62 C 26/14)
geltend, ein Rückschluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Beklagten
sei bereits aus der Vielzahl seiner Gebote zu ziehen, weil bei normalem Verlauf
der Auktionen nicht damit gerechnet werden könne, dass er die Gesamtsumme
seiner Gebote tatsächlich werde aufbringen können.   
Insoweit hat das Berufungsgericht bei seiner Würdigung –
rechtsfehlerfrei – darauf abgestellt, dass die Gesamtsumme der gebotenen
Geldbeträge schon deswegen unerheblich ist, weil ein Bieter bei der Abgabe von
weit unter dem Marktwert liegenden Höchstgeboten regelmäßig überboten wird, bei
der Auktion dann nicht zum Zuge kommt und demzufolge auch den angebotenen Preis
nicht zu entrichten hat. Er muss bei einem normalen Verlauf der Auktionen daher
gerade nicht damit rechnen, die Gesamtsumme seiner Angebote auch aufbringen zu
müssen. Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, zielt seine
Vorgehensweise stattdessen in einer den Internetauktionen immanenten und nicht
zu missbilligenden Weise darauf ab, bei einer geringen Anzahl von Auktionen,
dann aber zu einem für ihn aufbringbaren „Schnäppchenpreis“, zum Zuge
zu kommen.           
Aus demselben Grund kann – entgegen der Auffassung der
Revision – insoweit auch nicht von einem Vortäuschen einer tatsächlich nicht
vorhandenen Leistungsfähigkeit des Klägers als Bieter ausgegangen werden. Das
Berufungsgericht hat im Gegenteil vielmehr festgestellt, dass der Kläger die
Artikel, auf die er – erfolgreich – geboten hat, auch jeweils abgenommen hat.
Zudem hat er nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen in
einigen Fällen – nach einem vorzeitigen Abbruch der Auktion – sogar im
Vergleichswege einen höheren als den von ihm gebotenen Preis dafür gezahlt.
Die von der Revision in diesem Zusammenhang erhobene
Verfahrensrüge, das Berufungsgericht habe die Beiziehung anderer Prozessakten
versäumt, in denen der Kläger als Anspruchsteller aufgetreten sei, hat der
Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet; von einer Begründung wird
gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.         
bb) Ebenso geht der Einwand der Revision fehl, es sei zu
Lasten des Klägers zu berücksichtigen, dass er für die Gegenstände, auf die er
geboten habe, in ihrer Vielzahl keine tatsächliche Verwendung und daher kein
erkennbares Interesse an ihrem Erwerb gehabt habe. Rechtsfehlerfrei hat das
Berufungsgericht insoweit festgestellt, dass es unerheblich ist, wofür der
Kläger die angebotenen Waren, die er für einen weit unter dem Marktpreis
liegenden Preis erwerben wollte, zu verwenden beabsichtigte. Ob der Kläger den
Radsatz für sich selbst oder einen Dritten erwerben, weiter verschenken oder –
mit Gewinn – weiterveräußern wollte, lässt als bloßes Kaufmotiv keine
tragfähigen Rückschlüsse auf eine fehlende Erwerbsabsicht des Klägers zu.
cc) Schließlich bleibt auch der Verweis der Revision auf den
in einem obiter dictum des Senats (Senatsurteil vom 24. August 2016 – VIII ZR
182/15, WM 2016, 2145 Rn. 13) bejahten Rechtsmissbrauch in einem Fall, in welchem
das dortige Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch eines
„Abbruchjägers“ wegen rechtsmissbräuchlichen Bieterverhaltens
verneint hatte (LG Görlitz, Urteil vom 8. Juli 2015 – 2 S 213/14, juris), ohne
Erfolg. Jenes Berufungsgericht hat insoweit zu Recht darauf abgestellt, dass
seinerzeit neben dem Mitbieten bei einer Vielzahl von Auktionen zusätzliche
besonders zu missbilligende Umstände im Verhalten des damaligen Bieters
hinzutraten. So hat dieser Bieter bei einer nachfolgenden, ihm bekannt gewordenen
Auktion über denselben Gegenstand nicht mitgeboten, seine (vermeintlichen)
Ansprüche an einen Zeugen abgetreten und dieser seinen Schadensersatzanspruch
anschließend erst sehr spät gerichtlich geltend gemacht, als er davon ausgehen
konnte, dass der Gegenstand bereits an einen Dritten veräußert worden war.
Diese Besonderheiten liegen im vorliegenden Fall jedoch nicht vor. Denn anders
als in dem dem vorgenannten Senatsurteil zugrundeliegenden Fall, in dem der
dortige Käufer davon ausgehen konnte, dass der Verkäufer lange Zeit nach der
Auktion den angebotenen Gegenstand anderweitig veräußert hatte und er deshalb
Schadensersatz statt der Leistung geltend machen konnte, schied hier eine
zwischenzeitliche anderweitige Veräußerung des angebotenen Radsatzes bereits
deshalb aus, weil der Beklagte einen Diebstahl des Radsatzes geltend gemacht
hatte. Damit war auch eine anderweitige, etwa schutzwürdige Disposition des
Beklagten im Vertrauen auf das Ausbleiben (weiterer) Forderungen im hier
vorliegenden Fall zwischen erstmaliger Geltendmachung des
Schadensersatzanspruchs und einer gerichtlichen Durchsetzung in einem Zeitraum
von über zwei Jahren nicht berührt.      
dd) Die Revision sieht zwar ein maßgebliches Indiz für ein
Vorgehen des Klägers als „Abbruchjäger“ darin, dass er in den Jahren
2013/2014 – also in einem deutlich nach der Internet-Auktion vom März/April des
Jahres 2012 liegenden Zeitraum – in einer sehr großen Anzahl von Auktionen mit
einem außergewöhnlich hohen Gesamtbetrag der insgesamt abgegebenen Gebote (etwa
14.000 Auktionen mit einem Gesamtbetrag von mehr als 52 Millionen Euro)
teilgenommen und nach seinen im Jahr 2014 selbst gemachten Angaben in etwa 100
Fällen Schadensersatzansprüche geltend gemacht hat. Dies hat das
Berufungsgericht hier jedoch rechtsfehlerfrei – auch im Hinblick auf die
sonstigen Indizien in der Gesamtschau aller Umstände – nicht für
ausschlaggebend erachtet, weil das spätere Verhalten des Klägers keine
Rückschlüsse auf eine etwa fehlende Erwerbsabsicht im Zeitpunkt der Internet-Auktion
im vorliegenden Fall zulässt, zumal der Kläger die von ihm ersteigerten
Gegenstände jeweils abgenommen hat.
ee) Die von der Prozessbevollmächtigten des Beklagten in der
Revisionsverhandlung pauschal geäußerte Auffassung, von einem rechtsmissbräuchlichen
Verhalten des Klägers sei schon deshalb auszugehen, weil er seiner
„sekundären Darlegungslast“ nicht nachgekommen sei, geht fehl. Sie
verkennt, dass sich der Kläger zu den Umständen (Indizien), aus denen der
Beklagte ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers herleiten will, sehr
wohl in seiner mündlichen Anhörung vor dem Berufungsgericht im Termin zur
mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 2017 geäußert hat. Hier hat er unter
anderem Angaben zur Anzahl der von ihm im Jahr 2012 abgegebenen Gebote, zur
Anzahl der Verfahren, in denen er Schadensersatz geltend gemacht hat und zur
Art der Artikel, auf die er geboten hat, gemacht.  
Soweit die Prozessbevollmächtigte des Beklagten in der
Revisionsverhandlung (erstmals) beanstandet hat, dass das Berufungsgericht den
Zeugen S. zur Anzahl der vom Kläger im Jahr 2012 abgegebenen Gebote nicht
vernommen habe, ist diese Verfahrensrüge schon deshalb unbeachtlich, weil sie
nicht innerhalb der Revisionsbegründungsfrist erhoben worden ist (§ 557 Abs. 3
Satz 2, § 551 ZPO).       
ff) Entgegen der Ansicht der Revision wird ein
Internet-Verkäufer durch die Würdigung des Berufungsgerichts auch nicht
rechtlos gestellt. Der Verkäufer hat es vielmehr selbst in der Hand, den von
ihm angebotenen Artikel nicht zu einem für ihn ungünstigen Preis zu verkaufen,
indem er einen Mindestpreis festsetzt und er es unterlässt, die Internetauktion
unberechtigt vorzeitig abzubrechen