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LG Traunstein: Postfachanschrift im Impressum nicht ausreichend

Das Landgericht Traunstein  hat mit Urteil vom 22.07.2016, Az. 1
HK O 168/16
, entschieden, dass die Angabe eines Postfachs im Impressum
nicht ausreichend ist.
Jede Website muss mit einer Anbieterkennzeichnung
(Impressum) versehen werden. Angegeben werden muss dabei auch die ladungsfähige
Anschrift des Diensteanbieters (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG).
Sinn und Zweck dieser Regelung ist, dass der Diensteanbieter
im Streitfall verklagt werden kann. Für die Zustellung der Klageschrift ist
eine ladungsfähige Anschrift erforderlich. Eine Postfachadresse ist keine
ladungsfähige Anschrift, weil eine Klageschrift nicht an ein Postfach
zugestellt werden kann

 

Tatbestand:
Der Kläger macht gegen den Beklagten einen
wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch           
Der Kläger ist eine gemeinnützige Selbstkontrollinstitution
der deutschen Wirtschaft, zu deren satzungsmäßigen Aufgaben die Förderung eines
fairen Wettbewerbs und das Einschreiten gegen Wettbewerbsverstöße gehört.               
Der Beklagte ist mit dem Vereinsnamen „…“ im
Vereinsregister des Amtsgerichts Traunstein VR … eingetragen. Er hat sich im
Juli 2013 mit der Errichtung der Satzung am 4.7.2013 gegründet.      
Der Beklagte betreibt die Internetseite Gemäß Screenshot vom
25.9.2015 tritt der Beklagte auf seiner Internetseite mit der Bezeichnung …
als großer Überschrift (und ohne den Zusatz e.V.) auf. Im Impressum der
Internetseite war gemäß Screenshot vom 25.9.2015 angegeben, … e.V., Postfach
1101, M. Es folgen weitere Angaben wie Telefon, Vereinsregister sowie
Emailadresse.     
Mit Schreiben vom 12.10.2015 hat der Kläger seine
Unterlassungsansprüche unter Fristsetzung bis 26.10.2015 geltend gemacht. Der
Beklagte hat diese mit Schreiben ihres rechtsanwaltlichen Vertreters vom
2.11.2015 zurückgewiesen. 
Der Kläger ist der Meinung, dass durch die Bezeichnung
„Sachverständigenkammer“ bei einem nicht unerheblichen Teil der
angesprochenen Verkehrskreise der irreführende Eindruck erweckt werde, es
handle sich um eine im Sachverständigenbereich tätige öffentlich-rechtliche Einrichtung
mit hoheitlichen Befugnissen vergleichbar einer berufsständischen Kammer. Das
Publikum würde aufgrund des Vereinsnamens darauf schließen, es würde sich bei
dem Beklagten um eine öffentlich-rechtliche Einrichtung oder zumindest doch um
eine Institution handeln, die unter öffentlich-rechtlicher Aufsicht stehe bzw.
von staatlicher Seite gefördert werde. Die Irreführung werde noch dadurch
verstärkt, dass der Vereinsname „…“ laute. Damit würde der Eindruck
erweckt, bei dem Beklagten würde es sich um eine Art Dachorganisation auf
nationaler Ebene im Bereich des Sachverständigenwesens handeln mit der
Befugnis, Sachverständige legitimieren zu können, ähnlich einer öffentlichen
Bestellung und Vereidigung. Den vom Beklagten angesprochenen Verkehrskreisen sei
bekannt, dass die „Kammern“ befugt seien, Sachverständige öffentlich zu
bestellen und zu vereidigen. Zu den angesprochenen Verkehrskreisen würden auch
Verbraucher, die auf der Suche nach Sachverständigen sind, gehören,
Sachverständige selbst sowie Kammern und Verbände. Die durch die
Vereinsbezeichnung hervorgerufene Irreführung werde durch die Bundesfarben
schwarz-rot-gold, die durchgängig auf allen Seiten des Internetauftritts des
Beklagten verwendet würden, noch verstärkt. Gefestigt werde dieser Eindruck
auch dadurch, dass sich der Beklagte als „Ansprechpartner aller
Sachverständiger“ bezeichne und außerdem die Rede von „der
Kammerführung“ sei und im Rahmen einer Überschrift „Die Kammer für alle
Sachgebiete“ drucktechnisch hervorgehoben werde.              
Durch die Angabe nur einer Postfachanschrift im
Internetauftritt habe der Beklagte gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG verstoßen.               
Wegen der Einzelheiten wird auf die Klage vom 20.1.2016 samt
Anlagen verwiesen.   
Der Kläger beantragt,   
1. den Beklagten zu verurteilen, es unter Androhung eines
Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung, und für
den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, unter Androhung von
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die jeweils zu vollziehen ist an den im
Rubrum angegebenen gesetzlichen Vertretern Herrn Dipl.lng. (FH) J. V. und Herrn
Dipl. lng. (FH) F1. S., zu unterlassen, im Internet unter genkammer.de
aufzutreten und im Übrigen geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung „…“ zu
führen,            
2. den Beklagte zu verurteilen es unter Androhung eines
Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung, und für
den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, unter Androhung von
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die jeweils zu vollziehen ist an den im
Rubrum angegebenen gesetzlichen Vertretern Herrn Dipl. lng. (FH) J. V. und
Herrn Dipl. lng. (FH) F1. S., zu unterlassen, im Internet unter einer Domain
deutschesachverständigenkammer.de geschäftsmäßig aufzutreten, ohne im Rahmen
der Anbieterkennzeichnung die ladungsfähige Anschrift (kein Post) anzugeben,
unter welcher der Verein im Vereinsregister eingetragen ist,        
3. den Beklagten unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu
250.000,00 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung, und für den Fall, dass dieses
nicht beigetrieben werden kann, unter Androhung von Ordnungshaft bis zu sechs
Monaten, die jeweils zu vollziehen ist an den im Rubrum angegebenen
gesetzlichen Vertretern Herrn Dipl. lng. (FH) J. V. und Herrn Dipl. lng. (FH)
F1. S., zu verurteilen, den Vereinsnamen „… e.V.“ im Vereinsregister des
AG T. (VR …) löschen zu lassen,     
4. Den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen
angemessenen Anteil der Aufwendungen für die Rechtsverfolgung in Höhe von netto
230,00 € zuzüglich 7% MwSt. 16,01 € = 246,01 €, nebst Zinsen hieraus in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.10.2015 zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.              
Bei dem Beklagten handele es sich um eine rein private
Einrichtung. Der Beklagte sei kein Mitbewerber i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG.
Das Angebot des Beklagten richte sich ausschließlich an eigene Mitglieder, der
Leistungskatalog sei daher für Nicht-Mitglieder nicht zugänglich. Der Beklagte
stehe in keinem konkreten Wettbewerbsverhältnis zu einem Mitglied der
Klagepartei. Der Beklagte trete erkennbar als eingetragener Verein auf, allein
diese Bezeichnung sei für den angesprochenen Kreis der Sachverständigen ein
eindeutiger und unmissverständlicher Hinweis darauf, dass es sich bei dem
Beklagten gerade nicht um einen Verband mit hoheitlichen Befugnissen handele,
der auf nationaler Ebene berechtigt sei, Sachverständige zu legitimieren,
ähnlich einer öffentlichen Bestellung oder Vereidigung. Insoweit stelle der
Beklagte auch kein Mitbewerber dar, da er weder mit einem oder anderen
Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in
einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehe. Der Beklagte verstehe sich als
Interessenvereinigung der bei ihm beigetretenen Mitglieder und biete erkennbar
außerhalb dieses Mitgliederbereichs an keinen Kundenkreis Leistungen an.      
im Übrigen habe der Beklagte entsprechend der Abmahnung die
Anschrift entsprechend der Vorgabe des § 5 TMG geändert und die Klagepartei
hierüber mit Schreiben vom 2.11.2015 informiert. Ein Verstoß habe bei
Einreichung der Klage somit nicht mehr vorgelegen.  
Wegen der Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung vom
18.3.2016 samt Anlagen verwiesen.
 Der Kläger hat in seiner
Replik mit Schriftsatz vom 3.6.2016 vorgebracht, dass der Vergleich mit der
„Bayerischen Versicherungskammer“ und der „Deutschen Apothekerkammer“
verfehlt sei. Allein durch die Änderung des Internetauftritts und Angabe der
Anschrift entsprechend der Vorgaben des § 5 TMG werde die Wiederholungsgefahr
nicht beseitigt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Klägers
vom 3.6.2016 samt Anlagen verwiesen.             
Das Gericht hat am 3.6.2016 mündlich verhandelt. Dem
Beklagten wurde Gelegenheit gegeben, auf den Schriftsatz des Klägers vom
3.6.2016 bis zum 22,6.2016 zu erwidern. Wegen der Einzelheiten wird auf den
nachgelassenen Schriftsatz des Beklagten vom 21.6.2016 verwiesen.   

Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und im Wesentlichen begründet.
I.            
1. Der Kläger ist zur Geltendmachung der begehrten
Unterlassungen nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG befugt.          
Der Beklagte hat erst im nachgelassenen Schriftsatz vom
21.6.2016 bestritten, dass die Interessen von Mitgliedern des Klägers tangiert
seien. Dies war verspätet. Unabhängig davon hat der Kläger ausreichend unter
Verweis auf ihr im Internet veröffentlichtes Mitgliederverzeichnis dargelegt,
dass ihm eine erhebliche Anzahl von Mitglieder angehören, die im Bereich des
Sachverständigenwesens tätig sind, wie über 60 Industrie- und Handelskammern,
30 Handwerkskammer, der Bundesverband der freiberuflichen und unabhängigen
Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen, das Institut für
Sachverständigenwesen e.V., Verband der unabhängigen Kfz-Sachverständigen,
zertifizierte und anerkannte hauptberufliche Kfz-Sachverständige (2AK e.V.),
Dekra SE, die verschiedenen Gesellschaften und Vereine des TÜV,
Sachverständigenverband Mitte.           
Entgegen der Ansicht des Beklagten muss der Beklagte nicht
in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zu den Mitgliedern des Klägers stehen.             
Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG müssen dem Kläger eine erhebliche
Anzahl von Unternehmern angehörten, die Waren oder Dienstleistungen gleicher
oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben. Unternehmer ist dabei nach
§ 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG jede natürliche oder juristische Person, die geschäftliche
Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen
Tätigkeit vornimmt. Das sind unter anderem auch Sachverständige, die im
geschäftlichen Verkehr sachverständige Dienstleistungen erbringen. Entscheidend
ist, dass der Beklagte Dienstleistungen zur Unterstützung seiner Mitglieder,
die Sachverständige sind, erbringt. Die dem Kläger angehörenden
Sachverständigen bzw. Sachverständigenverbände sind damit in derselben Branche
tätig. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist dagegen nicht erforderlich
(Köhler/Bornkamm, UWG, § 8 Rn. 3.35).   
Das Gericht hat daher keine Zweifel an der Klagebefugnis des
Klägers.              
2. Der Kläger hat gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1, 5 Abs.
1 Nr. 3 UWG Anspruch darauf, dass der Beklagte unterlässt im geschäftlichen
Verkehr unter der Bezeichnung „…“ aufzutreten.          
Der gerügte Internetauftritt des Beklagten richtet sich an
Sachverständige. An ihnen ist die Verkehrsauffassung zu orientieren.
Sachverständige sind als Fachleute (Diekmann in: Ullmann, jurisPk-UWG, 4.
Auflage 2016, § 5 Rn. 127) einzuordnen. Allerdings fällt der Name der
Vereinigung nicht unter das technische Wissen von Sachverständigen. Besondere
juristische Kenntnisse sind von ihnen nicht ohne weiteres zu verlangen.   
Zu berücksichtigen ist der Gesamteindruck des Werbeauftritts
im Internet. Hier fällt auf, dass die Wörter „…“ und „Die Kammer für
alle Sachgebiete“ größer geschrieben sind, als der übrige Text.
Blickfangmäßig wird der Blick auf „Kammer“ und „Deutsche“ geleitet.           
Das Gericht folgt der Auffassung des Klägers, dass mit der
Bezeichnung „…“ der Eindruck erweckt wird, dass es sich um eine im
Sachverständigenbereich tätige öffentlich-rechtliche Einrichtung mit
hoheitlichen Befugnissen vergleichbar einer berufsständigen Kammer handelt, die
als Art Dachorganisation auf nationaler Ebene tätig ist, wie zum Beispiel,
Sachverständige zu legitimieren im Rahmen öffentlicher Bestellung und
Vereidigung.
Diese herausgehobene Stellung der Bezeichnung „Kammer“
ergibt sich zum Beispiel daraus, dass damit unter anderem auch Gerichte mit
Spruchkörpern oder Berufsständische Körperschaften des öffentlichen Rechts
verbunden werden. Berufsständische Körperschaften übernehmen zum Beispiel
Aufgaben der Berufsständischen Selbstverwaltung, wobei hierzu auch zugewiesene
staatliche Aufgaben gehören sowie Satzungsgewalt. Zu ihren Leistungen gehören
unter anderem die Vergabe von Berufszulassungen, Ahndung von Fehlverhalten,
Erarbeitung von Prüfungsrichtlinien. Im Regelfall besteht Aufsicht des Staates
über die Kammer.              
Unerheblich ist – entgegen der Ansicht des Beklagten -, ob
die Begriffe „Deutsche“, „Kammer“ und „Sachverständige“
geschützte Begriffe sind. Dabei kann dahingestellt bleiben, was der Beklagte
mit geschützter Begriff meint. Es kommt hier allein im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr.
3 UWG darauf an, ob durch die Verwendung des Namens „…“ die
angesprochenen Verkehrskreise im Gesamteindruck über Status und Befähigung des
Vereins irregeführt werden (Diekmann in: Ullmann, jurisPK-UWG 4. Auflage 2016,
§ 5 Rn.155).         
Auch der Verweis des Beklagten auf die „Bayerische
Versicherungskammer“ und die „Deutsche Apothekerkammer“ führt zu
keiner anderen Beurteilung, insbesondere zeigen diese nicht – wie von dem
Beklagten behauptet -, dass mit dem Begriff „Kammer“ nicht notwendig die
Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben verbunden sein soll. Die Bayerische
Versicherungskammer war eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie war
Rechtsvorgängerin der 1995 gegründeten Versicherungskammer Bayern. Letztere ist
Versicherungsanstalt des öffentlichen Rechts. Hierauf weist der Kläger zu Recht
ohne weitere Einwendungen des Beklagten hin. Die Apothekerkammern sind Träger
der berufsständischen Selbstverwaltung der Apotheker in Deutschland. Sie sind
als Körperschaften des öffentlichen Rechts für die Wahrung der beruflichen
Belange der Apothekerschaft verantwortlich. Jeder Apotheker ist Pflichtmitglied
der Apothekerkammer (Landesapothekerkammer), in deren Gebiet er seine Tätigkeit
als Apotheker ausübt. Die Landesapothekerkammern sind in der Bundesapothekerkammer
zusammengeschlossen. Auch hierauf hat der Kläger ohne weitere Einwendungen des
Beklagten zu Recht hingewiesen. Die von dem Beklagten herangezogenen Beispiele
verdeutlichen vielmehr wie die Verkehrskreise den Begriff „Kammer“
verstehen und weswegen die Benennung des Beklagten als „…“ irreführend
ist.
Unstreitig handelt es sich bei dem Beklagten um eine
schlichte Vereinigung privater Sachverständiger. Irgendwelche berufsständische
Aufgaben werden nicht geleistet. Der mit den Worten „…“ vermittelte
Eindruck einer berufsständischen Vertretung ist damit irreführend in Bezug auf
Eigenschaften, Person, Rechte, Befähigungen und Status des Beklagten.
Der Internetauftritt stellt auch eine geschäftliche Handlung
im Sinne des §§ 5 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1 UWG dar.             
Geschäftliche Handlung bedeutet nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG
jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden
Unternehmens, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des
Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss
oder der Durchführung eines Vertrages über Waren oder Dienstleistungen objektiv
zusammenhängt.          
Eine solche geschäftliche Handlung stellt der gerügte
Internetauftritt des Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Mitgliederwerbung
dar. Der Auftritt ist geeignet, sonstige Marktteilnehmer zu einer
geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie andernfalls so nicht
getroffen hätten. Marktteilnehmer sind dabei nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG neben Mitbewerber
und Verbrauchern alle Personen, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder
Dienstleistungen tätig sind. Sachverständige sind als Anbieter von
Dienstleistungen tätig. Entgegen der Ansicht des Beklagten kommt es daher nicht
darauf an, ob die vom Internetauftritt des Beklagten angesprochenen
Verkehrskreise Mitbewerber sind.          
Zwar stellt Mitgliederwerbung von Idealvereinen oder
Fachverbänden grundsätzlich keine geschäftliche Handlung dar, weil die
Konkurrenz um Mitglieder von Idealvereinen kein geschäftlicher Wettbewerb ist.
Anderes gilt jedoch, wenn mit einer Werbung zugleich der Wettbewerb der schon
vorhandenen Mitglieder gefördert wird (siehe auch BGH Urteil vom 26.1.1984, Az.
I ZR 227/81, zitiert nach iuris Rn.21 und13). Marktbezug liegt auch vor, wenn
der Verband selbst unternehmerisch tätig ist und sich seine Tätigkeit an die
Mitglieder richtet wie zum Beispiel Beratung (Ernst in: Ullmann, jurisPk-UWG,
4. Auflage 2016, § 2 Rn. 15). Im gerügten Internetauftritt des Beklagten heißt
es unter anderem, dass der Verband gerade Berufsanfänger gezielt und effektiv
unterstützt. Es wird darauf hingewiesen, dass die Kammer mehr als nur eine
Interessenvertretung ist und dass sie ihre Mitglieder bei ihrer täglichen
Arbeit unterstützt. Entsprechendes gilt auch für die vom Beklagten selbst
hervorgehobenen Aufgaben laut § 2 Ziffer 2 der Vereinssatzung, wonach die
Kammer Sachkundeprüfungen abhalten wird, den Mitgliedern Schulungen,
Weiterbildungen, Unterstützung bei der Ausübung ihrer Tätigkeit und Hilfsmittel
zur Verfügung stellt.   
Der Kläger hat gegen den Beklagten gemäß §§ 8 Abs. 1 Satz 1,
3 Abs. 1, 3a UWG in Verbindung mit § 5 TMG einen Anspruch auf Unterlassung des
geschäftlichen Auftritts ohne im Rahmen der Anbieterkennzeichnung die
ladungsfähige Anschrift anzugeben, unter welcher er im Vereinsregister
eingetragen ist.          
Unstreitig ist der Beklagte im gerügten Internetauftritt
unter einer Postfachnummer aufgetreten. Das ist unzureichend (Jan D.
Müller-Broich, Telemediengesetz, 1. Auflage 2012 § 5 Rn. 5). Das ist zwischen
den Parteien auch unstreitig.    
Unstreitig hatte der Beklagte seinen Internetauftritt
geändert. Wie der Kläger zu Recht ausführt, ist die bloße Änderung des gerügten
Auftritts nicht geeignet die Wiederholungsgefahr zu beseitigen
(Köhler/Bornkamm/Bornkamm, UWG, § 8 Rn. 1.38 und 1.39).         
4. Der Kläger hat gegen den Beklagten gemäß § 8 Abs. 1 Satz
1 UWG einen Anspruch auf Veranlassung der Löschung des Vereinsnamens „…
e.V.“ im Vereinsregister des Amtsgerichts Traunstein.       
Der Beseitigungsanspruch richtet sich nach der Art der
Beeinträchtigung. Diese besteht hier zunächst in der Führung des Namens „…
e.V.“ Der Beklagte hat unter seinem satzungsmäßigen und im Vereinsregister
eingetragenen Namen aufzutreten. Der Beseitigungsanspruch richtet sich damit zu
Recht auf Veranlassung der Löschung der Eintragung im Register
(Köhler/Bornkamm, a. a. O. § 8 Rn. 1.94).        
Eine Ordnungsmittelandrohung nach § 890 Abs. 2 ZPO war hier
nicht auszusprechen. 
Nach § 890 Abs. 1 ZPO erfolgt die Vollstreckung einer
Verpflichtung, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu
dulden, indem der Schuldner wegen jeder Zuwiderhandlung auf Antrag des
Gläubigers von dem Prozessgerichts des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld
oder Ordnungshaft verurteilt wird. Dieser Verurteilung hat nach § 890 Abs. 2
ZPO eine Androhung vorauszugehen, die im aussprechenden Urteil enthalten sein
kann. Dies gilt jedoch nur für Verpflichtungen zur Unterlassung oder Duldung (Zöller,
ZPO 30. Auflage, § 890 Rn. 2). Die Verpflichtung zur Löschung des Vereinsnamens
im Vereinsregister wird nach § 887 ZPO oder § 888 ZPO zu vollstrecken sein (zur
Antragstellung auch Köhler/Born kämm, a. a. O. § 12, Rn. 2.50 und 2.54).          
5. Der Kläger hat gegen den Beklagten gemäß § 12 Abs. 1 Satz
2 UWG Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 246,01 € brutto.              
Die Abmahnkosten richten sich auf den anteiligen Ersatz der
Personal- und Sachkosten in Form einer Kostenpauschale (Köhler/Bornkamm, a. a.
O. § 12 Rn. 1.98). Die von dem Kläger verlangte Pauschale von 246,01 € brutto
hält sich in diesen Rahmen. Der Beklagte hat gegen die Höhe der Pauschale keine
substantiierten Einwendungen erhoben.       
Der Kläger hat Anspruch auf Verzugszinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.10.2015. Verzug und Höhe der
Zinsen hat der Beklagte nicht substantiiert bestritten. Die Höhe der
Verzugszinsen ergibt sich unabhängig davon auch aus § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.             
II.           
1. Der Beklagte hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des
Rechtsstreits zu tragen.      
Wegen Abweisung des Antrags auf Ordnungsmittelandrohung im
Hinblick auf den Beseitigungsanspruch waren die Kosten nicht nach § 92 Abs. 1
Satz 1 ZPO zu quoteln. Das Verlieren des Klägers in diesem Punkt ist
geringfügig.            
2. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit
ergibt sich aus § 709 ZPO.          
Es liegt eine sogenannte nichtvermögensrechtliche
Streitigkeit vor. Die Sicherheit bemisst sich hier nach den Kosten und
möglichen Vollstreckungsschäden (Zöller ZPO 30. Auflage § 709 Rn. 5). Dies wird
hier mit 15.000,00 € geschätzt.           
3. Der Streitwert wurde nach § 3 ZPO unter Berücksichtigung
der Vorstellungen des Klägers festgesetzt.          
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LG Frankenthal (Pfalz) – Kein Urheberrechtlicher Schadensersatzanspruch bei nicht nachgewiesener Übernahme von Werkfragmenten in Filesharing-Fällen

LG Frankenthal, 22.07.2016 – 6 S 22/15

Amtlicher Leitsatz:
  1. Der sich auf urheberrechtliche Verwertungsrechte nach §§ 15 ff.
    UrhG
     berufende Anspruchsteller hat in sog.
    „Filesharing“-Fällen zumindest darzulegen und im Bestreitensfalle
    nachzuweisen, dass die vom Anspruchsgegner konkret zur Verfügung gestellten
    Dateifragmente tatsächlich auch Werkfragmente enthalten, die sich im Sinne des 
    § 11 UrhG nutzen
    lassen und damit mehr darstellen als bloßen „Datenmüll“.
  2. Nichts anderes gilt für denjenigen Anspruchsteller, der
    sich ergänzend oder ausschließlich auf ein Recht als Ton- oder
    Bildträgerhersteller (
    § 85 , § 94 UrhG) stützt;
    auch auf Grundlage der vom BVerfG (
    Urt. v. 31.05.2016 – 1 BvR 1585/13 = ZUM 2016, 626)
    aufgehobenen 
    Entscheidung
    des BGH vom 20.11.2008 (I ZR 112/06
     – Metall auf Metall I) müssen die
    zum Herunterladen angebotenen Dateifragmente wenigstens als Ton- bzw.
    Bildfetzen darstellbare Elemente des geschützten Tonträgers enthalten, was vom
    Anspruchsteller darzulegen und ggf. zu beweisen ist.
  3. Entsprechender Darlegungen bedarf es in Fällen, in denen
    der Kläger einen Schadensersatzanspruch auf Grundlage einer Lizenzanalogie
    verfolgt darüber hinaus auch im Hinblick auf die gemäß 
    § 287 ZPO vom
    Tatrichter zu schätzende Höhe eines derartigen Anspruchs, für die neben anderen
    Faktoren vor allem der Intensität und dem Umfang der behaupteten
    Verletzungshandlung maßgebende Bedeutung zukommt.



In dem Berufungsverfahren
Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde von der Kammer zugelassen (vgl. Ziffer
4. des Tenors).
C. GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer, …,
– Klägerin und Berufungsklägerin –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
gegen
A.B., …,
– Beklagter und Berufungsbeklagter –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin …
wegen Urheberrechtsverletzung

hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) durch den
Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. Steitz, den Richter am Landgericht
Kneibert und den Richter am Amtsgericht Bruns auf die mündliche Verhandlung vom
28. Juni 2016
für Recht erkannt:

Tenor:
  1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des
    Amtsgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 22. Januar 2015 (3a C 256/14) wird
    zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu
    tragen.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; die Vollstreckung
    aus dem angefochtenen Urteil kann ohne Sicherheitsleistung erfolgen. Der
    Klägerin bleibt vorbehalten, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in
    Höhe von 110% des zur Vollstreckung kommenden Betrages abzuwenden, sofern nicht
    der Beklagte seinerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender
    Höhe leistet.
  4. Die Revision wird zugelassen.


Gründe
I.
Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen einer
Urheberrechtsverletzung.

Mit Schreiben vom 6. April 2011 mahnte die Klägerin
den Beklagten für eine mutmaßliche Rechtsverletzung wegen der
Zurverfügungstellung des Filmwerks „Konferenz der Tiere 3 D“ in
einer Tauschbörse am 22. März 2011 ab (Bl. 41 ff. d.A.). Am
23. April 2014 beantragte sie den Erlass eines Mahnbescheids beim
Amtsgericht Coburg über 600,00 € sowie 506,60 € mit der Bezeichnung „1.
Schadensersatz aus Unfall/Vorfall gemäß Schadensersatz wegen
Urheberrechtsverletzung gemäß Schreiben vom 06.04.2011“ und „2.
Rechtsanwaltskosten aus Urheberrechtsverletzung gemäß Schreiben vom
06.04.2011“ (Bl. 1 d.A.). Gegen den am 24. April 2014 erlassenen
und dem Beklagten am 30. April 2014 zugestellten Mahnbescheid legte die
nunmehrige Prozessbevollmächtigte des Beklagten am 8. Mai 2014 Widerspruch
ein. Das Verfahren wurde mit Eingang am 25. Juli 2014 an das Amtsgericht
Frankenthal (Pfalz) abgegeben.

Die Klägerin hat in erster Instanz behauptet, sie sei
Inhaberin der Urheberrechte an dem streitgegenständlichen Filmwerk. Dies lasse
sich insbesondere dem Copyrightvermerk auf der DVD-Hülle entnehmen. Das
verwendete Ermittlungssystem funktioniere zuverlässig. Der Beklagte habe das
Filmwerk „Konferenz der Tiere 3 D“ im Zeitraum vom 22. – 24.
März 2011 zum Download angeboten. Die Klägerin sei alleinige Lizenznehmerin und
Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem
streitgegenständlichen Filmwerk. Ihr stehe ein Schadenersatzanspruch auf Basis
einer fiktiven Lizenzgebühr in Höhe von mindestens 600,00 € zu. Daneben sei der
Beklagte zur Erstattung der Kosten für die am 6. April 2011 ausgesprochene
Abmahnung – unter Zugrundelegung eines Gegenstandswerts von 10.000,00 € – in
Höhe von insgesamt 506,00 € verpflichtet.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,
die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite
1.
einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das
Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als
600,00 € betragen soll, zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem
Basiszinssatz hieraus seit dem 24.05.2013 sowie
2.
506,00 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem
Basiszinssatz hieraus seit dem 24.05.2013 zu bezahlen.

Der Beklagte hat in erster Instanz beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat in erster Instanz vorgetragen, zwar
Inhaber der von der Klägerin ermittelten IP-Adresse zu sein, die behauptete
Rechtsverletzung jedoch nicht begangen zu haben. Er habe das fragliche
Filmwerk, das er in der 2D-Version als DVD erworben habe, nicht zum Download
angeboten; die klägerseits durchgeführten Ermittlungen seien insbesondere im
Hinblick auf den behaupteten Hashwert, der für sich genommen nicht
aussagekräftig sei, bereits nicht zuverlässig. Da eine Nutzung seines
Internetanschlusses durch seine mit ihm im selben Haushalt lebenden
Familienangehörigen im von der Klägerin genannten Zeitraum ausgeschlossen sei,
sei er möglicherweise Opfer einer Cyber-Crime-Attacke geworden.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung
hat es ausgeführt, die Klägerin habe die von ihr behauptete
Urheberrechtsverletzung nicht bewiesen. Insofern könne zunächst dahinstehen, ob
der beantragte Mahnbescheid mit der von der Klägerin gewählten Bezeichnung
hinreichend bezeichnet und somit verjährungshemmend geworden sei. Denn die
Klägerin habe schon nicht nachgewiesen, Inhaberin von Rechten zu sein. Der
Copyright-Vermerk auf der vorgelegten DVD-Hülle sei insofern nicht ausreichend; § 10
Abs. 3 UrhG 
gelte nicht im Hauptsacheverfahren. Der Beklagte
sei seiner sekundären Darlegungslast hinsichtlich der streitgegenständlichen
Datei nachgekommen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung,
mit der sie die erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt.

Zur Begründung trägt sie vor, die Klägerin könne sich auf
die gesetzliche Vermutung der §§ 94 Abs. 4 i.V.m.§ 10
Abs. 1 UrhG
 berufen, wohingegen der Beklagte lediglich
pauschal bestritten hätte. Der Beklagte habe zumindest Teile einer Datei
öffentlich zugänglich gemacht, die in ihrer vollständigen Form funktionsfähig
und abspielbar sei. Ob und welche Dateiteile dabei im Zuge der Ermittlungen
sichergestellt werden konnten, sei irrelevant. Der Zugriff von Dritten auf den
Internetanschluss des Beklagten könne ausgeschlossen werden. Der Vortrag der
Beklagtenseite insofern sei im Übrigen rein spekulativ. Hinsichtlich der
Einzelheiten wird im Übrigen verwiesen auf die Berufungsbegründung vom
08. Mai 2015 (Bl. 324 ff. d. A.).

Die Klägerin beantragt im Berufungsverfahren:

Unter Abänderung des angefochtenen Endurteils wird der
Beklagte und Berufungsbeklagte (nachfolgend Beklagtenseite) verurteilt, an die
Klägerseite
1.
einen angemessenen Schadenersatz, dessen Höhe in das
Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als
600,00 € betragen soll, zggl. Zinsen i. H. v. 5 %-Punkten über dem
Basiszinssatz hieraus seit dem 24.05.2013 sowie
2.
506,00 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem
Basiszinssatz hieraus seit dem 24.05.2013 zu zahlen;
hilfsweise ,
das Endurteil des Amtsgerichts Frankenthal vom
22.01.2015, 3a C 256/14 aufzuheben und den Rechtsstreit gemäß § 538 Abs. 2 ZPO an
das Amtsgericht Frankenthal zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt im Berufungsverfahren unter
Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vorbringens,
die Berufung zurückzuweisen.

Ergänzend wird auf sämtliche Schriftsätze der Parteien
nebst Anlagen, Protokoll und sonstige Aktenbestandteile verwiesen, soweit sie
Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden sein.

II.
Die zulässige Berufung führt in der Sache nicht zum
Erfolg.
1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und
fristgerecht eingelegt.
2. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich bereits
nicht, dass über den Internetanschluss des Beklagten tatsächlich eine
lauffähige Version des fraglichen Filmwerkes oder eines Teils davon zum
Herunterladen angeboten worden ist. Dies ist nach der Rechtsprechung der Kammer
jedoch Voraussetzung für das Vorliegen des hier geltend gemachten
Unterlassungsanspruchs und zwar unabhängig davon, ob Schutz eines Werkes im
Sinne des Urhebergesetzes oder der Leistung eines Ton- oder
Bildträgerherstellers nach § 85 bzw. § 94 UrhG geltend
gemacht wird.

a) Der Anspruchsteller, der sich auf den Schutz vor der
unberechtigten Nutzung des Werkes beruft, hat in so genannten
„Filesharing“-Fällen grundsätzlich substantiiert darzulegen, dass
über den Anschluss des in Anspruch Genommenen tatsächlich eine lauffähige, das
fragliche Werk oder nutzbare Teile hiervon beinhaltende Datei zum Download
bereitgestellt worden ist. Eine nur teilweise zur Verfügung gestellte Datei ist
im Hinblick auf die darin enthaltenen Daten nämlich regelmäßig nicht lauffähig
und konsumierbar, weshalb das Zurverfügungstellen einer derartigen Teildatei
keine – auch nur teilweise – Nutzung des geschützten Werkes darstellt; es
handelt sich in diesem Fall demnach nicht um isoliert nutz- oder wahrnehmbare
Werkteile, sondern lediglich um so genannten „Datenmüll“ (st.Rspr.
der Kammer, vgl. zuletzt Beschluss vom 15. Juni
2016 – 6 O 134/16
 Rn. 3, zit.n. […]; ebenso bereits LG
Frankenthal, GRUR-RR 2016, 110; insbesondere zum technischen Hintergrund
anschaulich Heinemeyer/Kreitlow/Nordmeyer/Sabellek, MMR 2012, 279, 281). Soweit
demgegenüber in der Rechtsprechung vertreten wird, dass das Einstellen von
Dateiteilen in ein Peer-to-Peer-Netzwerk nicht in der Absicht geschehe, das
Internet mit „Datenmüll“ zu belasten (so wörtlich OLG Köln, Beschluss
v. 20.04.2016 – 6 W 37/16 – The Walking Dead, Rn. 18 – zit. n. […]
= ZUM-RD 2016, 467), mag dies zutreffen oder nicht, greift aber durch das
spekulative Abstellen auf bloße Absichten von Internetnutzern jedenfalls in
Bezug auf die urheberrechtliche Problematik zu kurz. Das Urheberrecht schützt
den Urheber nicht vor der Nutzung von Dateien oder Dateifragmenten, selbst wenn
diese dazu bestimmt sein mögen, ein konkretes Werk in digitaler Form
aufzunehmen oder abzubilden, sondern lediglich vor der unberechtigten Nutzung
des Werkes selbst bzw. von Teilen hiervon. Ebensowenig wie ein öffentlich
zugänglich gemachter leerer oder mit unbrauchbarem Inhalt gefüllter Umschlag
urheberrechtlichen Schutz genießt – mag er auch mit dem Titel eines
Schriftwerkes im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG versehen
und möglicherweise zur Aufnahme von entsprechenden analogen Inhalten gedacht
sein -, gibt es keine urheberrechtlich geschützte Datei, sondern lediglich
urheberrechtlich geschützte Werke, die in einer Datei enthalten sein können (aA
offensichtlich OLG Köln aaO Rn. 20).

Es genügt daher nicht, wenn – wie hier von der Klägerin
dargelegt und unter Beweis gestellt – überprüft wurde, dass eine Datei mit
einem bestimmten Hashwert existiert, die in ihrem vollständigen Zustand auch
das vollständig oder wenigstens in Teilen nutzbare Werk enthält. Vielmehr hat,
wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass die beklagte Partei eine vollständige
und lauffähige, das fragliche Werk (oder Teile davon) enthaltende Datei zum
Herunterladen zur Verfügung gestellt hat oder dies unstreitig nicht der Fall
war, der Anspruchsteller darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass
die vom in Anspruch Genommenen konkret zum Download bereit gestellten
Dateifragmente tatsächlich zumindest auch Werkfragmente enthalten, die sich mit
Hilfe gängiger oder zumindest allgemein zugänglicher Hard- und Software
wiedergeben bzw. in sonstiger Weise sinnvoll im Sinne des § 11 UrhG nutzen lassen und
damit mehr darstellen als bloßen „Datenmüll“.

b) Auch wenn der Anspruchsteller sich ergänzend oder –
wie hier zumindest zuletzt – ausschließlich auf die Rechte des
Bildträgerherstellers aus § 94 UrhG beruft,
gilt nach Auffassung der Kammer nichts anderes. Es erscheint nämlich bereits
systemwidrig, den Tonträgerhersteller in stärkerem Umfang zu schützen als den
eigentlichen Urheber (so auch die von der Bundesregierung vertretene Ansicht,
vgl. BVerfG,
Urt. v. 31.05.2016 – 1 BvR 1585/13
 = ZUM 2016, 626,
630 Rn. 53).

Soweit der Bundesgerichtshof abweichend davon geurteilt
hat, dass auch die Nutzung kleinster Tonpartikel einen Eingriff in die durch § 85 UrhG geschützte
Leistung des Tonträgerherstellers darstellt (vgl. zuletzt etwa BGH, NJW 2016,
942, 944 [BGH
11.06.2015 – I ZR 19/14]
/945 – Tauschbörse I sowie NJW 2016, 950, 951[BGH
11.06.2015 – I ZR 7/14]
 – Tauschbörse II), ist die dieser
Rechtsprechung zu Grunde liegende Entscheidung (BGH NJW 2009, 770 [BGH
20.11.2008 – I ZR 112/06]
 – Metall auf Metall I) inzwischen durch das
Bundesverfassungsgericht aufgehoben worden (BVerfG aaO), weil der
verfassungsrechtliche Schutz des geistigen Eigentums eine entsprechende
Auslegung des § 85 UrhG nicht
gebietet, dem Tonträgerhersteller mithin nicht jede nur denkbare
wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit zugeordnet werden muss, sondern
lediglich sichergestellt werden soll, dass ihm insgesamt ein angemessenes
Entgelt für seine Leistung verbleibt (BVerfG aaO = ZUM 2016, 626, 633 [BVerfG
31.05.2016 – 1 BvR 1585/13]
 Rn. 87).

Im Übrigen ist auch nach der bisherigen Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs lediglich, aber immerhin doch die Nutzung kleinster
Tonpartikel als Teil des Tonträgers erforderlich, um einen Eingriff in das
Recht aus§ 85 UrhG annehmen zu
können (BGH, NJW 2016, 950, 951 [BGH
11.06.2015 – I ZR 7/14]
 – Tauschbörse II Rn. 20). Daran fehlt es
jedoch, sofern die zum Zugriff freigegebenen Dateifragmente gar keine,
wenigstens als Ton- bzw. Bildfetzen darstellbaren Elemente des Ton- bzw.
Bildträgers enthalten. Der Anspruchsteller hat daher auch danach darzulegen und
im Bestreitensfalle nachzuweisen, dass vom Anschluss des Anspruchsgegners eine
Datei oder ein Fragment davon zur Verfügung gestellt worden ist, das
tatsächlich auch – ggf. näher zu bezeichnende – Ton- bzw. Bildpartikel
beinhaltet, welche dem geschützten Ton-/Bildträger zugeordnet werden können.

Daran fehlt es hier. Die Klägerin hat – auch auf
entsprechende Aufforderung der Kammer und trotz anderslautender Ankündigungen –
nicht dargelegt, in welchem konkreten Umfang die fragliche Datei über den
Anschluss der Antragsgegnerin zur Verfügung gestellt wurde und welchen
konkreten Werksinhalt die nach ihrem eigenen Vortrag über den Anschluss des
Beklagten heruntergeladenen Dateiteile aufwiesen, sondern die Auffassung
vertreten, es sei nicht relevant, ob und welche Teilstücke zu Beweiszwecken von
dem in ihrem Auftrag tätigen Unternehmen über den Anschluss des Beklagten
gesichert worden seien.

Letzteres trifft insbesondere unter Berücksichtigung des
Umstandes nicht zu, dass die Klägerin hier einen Schadensersatzanspruch auf
Grundlage einer Lizenzanalogie verfolgt. Gerade im Hinblick auf die etwaige
Höhe eines solchen Anspruchs wäre es von wesentlicher Bedeutung, wie intensiv
und in welchem Umfang der Beklagte möglicherweise das Recht der Klägerin
verletzt hat. Sofern es – wie in Filesharingfällen – keine branchenüblichen
Vergütungssätze und Tarife gibt, ist die Höhe der als Schadensersatz zu
zahlenden Lizenzgebühr vom Tatrichter nämlich gemäß § 287 ZPO unter
Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu schätzen (BGH, NJW 2016, 942, 948 [BGH
11.06.2015 – I ZR 19/14]
 – Tauschbörse I). Dabei sind neben Parametern
wie Dauer der Rechtsverletzung, Gewinn und Umsatz für den Verletzer, Gewinn-
und Umsatzverlust für den Verletzten und Bekanntheit des Werks bzw. dessen
Urhebers vor allem Faktoren wie Intensität und Umfang der Verletzungshandlung
von Bedeutung (vgl. nur BeckOK UrhR/Reber UrhG § 97 Rn. 125
mwN). Die Relevanz entsprechender Darlegungen liegt daher auf der Hand.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO,
diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus§ 708
Nr. 10
§ 711 ZPO.

IV. Die Revision wird gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1
Nr. 1 ZPO
 zugelassen. Der Rechtssache kommt grundsätzliche
Bedeutung zu, weil eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Frage, ob in
Abgrenzung zu Tonfetzen und vergleichbaren Werkteilen auch bloße Dateifragmente
ohne produzierbaren Inhalt und damit ohne erkennbaren Nutzen Schutzgegenstand
des Urheberrechts sein können, bislang nicht ergangen ist. Hinzu kommt, dass
nach den im Schriftsatz vom 15. Juli 2016 von Klägerseite wiedergegebenen
Angaben eines von ihr entsandten Prozessbeobachters eine möglicherweise
abweichende Auffassung des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken zu dieser
Frage die Zulassung der Revision auch unter dem Aspekt der Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung angezeigt erscheinen lässt (§ 543 Abs. 2 Satz 1
Nr. 2 ZPO
).