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BGH: Zu Eigen machen von Nutzerbewertungen durch Portalbetreiber

Der BGH hat mit Urteil vom 4. April 2017, Az. VI ZR
123/16 entschieden, dass der Betreiber eines Bewertungsportals sich
Nutzerbewertungen zu Eigen macht und für falsche Tatsachen haftet, wenn er
diese auf Rüge des Betroffenen überprüft und nicht ausreichend abändert.
Sachverhalt:
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Unterlassung von
Äußerungen in einem Bewertungsportal in Anspruch. Der Beklagte betreibt im
Internet ein Portal, in das Patienten ihre Bewertung von Kliniken einstellen
können. Die Klägerin betreibt eine Klinik für HNO- und Laser-Chirurgie. Ein am
Rechtsstreit nicht beteiligter Patient, der in der Klinik der Klägerin an der
Nasenscheidewand operiert worden war und bei dem 36 Stunden nach der Operation
und nach Verlegung in ein anderes Krankenhaus eine Sepsis aufgetreten war,
stellte auf dem Portal des Beklagten einen Erfahrungsbericht über die Klinik
der Klägerin ein. Darin behauptete er, es sei „bei“ einem
Standardeingriff zu einer septischen Komplikation gekommen. Das Klinikpersonal
sei mit der lebensbedrohlichen Notfallsituation überfordert gewesen, was
beinahe zu seinem Tod geführt habe. Nachdem die Klägerin den Beklagten zur
Entfernung des Beitrags aus dem Portal aufgefordert hatte, nahm der Beklagte
ohne Rücksprache mit dem Patienten Änderungen an dem Text durch die Einfügung
eines Zusatzes und die Streichung eines Satzteils vor. Er teilte der Klägerin
diese „Eingriffe“ sowie seine Auffassung mit, dass „weitere
Eingriffe“ nicht angezeigt erschienen. 
Prozessverlauf:
Das Landgericht hat der Unterlassungsklage stattgegeben.
Die Berufung des Beklagten bei dem Oberlandesgericht blieb ohne Erfolg. 
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der unter anderem für den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
zuständige VI. Zivilsenat hat die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision
zurückgewiesen. Der Beklagte hat sich die angegriffenen Äußerungen zu eigen
gemacht, so dass er als unmittelbarer Störer haftet. Er hat die Äußerungen des Patienten
auf die Rüge der Klägerin inhaltlich überprüft und auf sie Einfluss genommen,
indem er selbständig – insbesondere ohne Rücksprache mit dem Patienten –
entschieden hat, welche Äußerungen er abändert oder entfernt und welche er
beibehält. Diesen Umgang mit der Bewertung hat er der Klägerin als der von der
Kritik Betroffenen kundgetan. Bei der gebotenen objektiven Sicht auf der
Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller Umstände hat der Beklagte somit die
inhaltliche Verantwortung für die angegriffenen Äußerungen übernommen. Da es
sich bei den Äußerungen um unwahre Tatsachenbehauptungen und um
Meinungsäußerungen auf unwahrer Tatsachengrundlage und mit unwahrem
Tatsachenkern handelt, hat das Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit hinter
dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerin zurückzutreten. 
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main – Urteil vom 24. September 2015  – 2-03 O 64/15
OLG Frankfurt am Main – Urteil vom 3. März 2016 – 16 U
214/15
Karlsruhe, 4. April 2017
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501