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LG Düsseldorf zum Bumerang Abwehrklausel / Disclaimer

Wer, gerade auch berechtigt, Abmahnungen aussprechen lässt, sollte vorher die eigene Webseite studieren. 
Enthält diese eine oft gebrauchte Abwehrklausel, dann könnte sich diese zu einem Bumerang entwickeln, zumindest wenn es später um die Erstattung von Abmahnklauseln gehen soll.
Das LG Düsseldorf, hat mit Urteil  vom 18.05.2017 – Az.: 37 O 82/16) entschieden, dass  einem abmahnenden Unternehmen, welches auf der eigenen Webseite
einen Disclaimer bereithält, der die Erstattung von fremden Abmahnkosten
ausschließt,  kein Anspruch auf Abmahnkosten in eigenen Fällen
zusteht. 
Das wegen eines Wettbewerbsverstoßes zu Recht abmahnende Unternehmen
hatte folgenden Hinweis auf seiner Homepage:
„Rechtliche
Hinweise für Anwälte:
Zur Vermeidung unnötiger Rechtsstreitigkeiten und überflüssigen Kosten bitten
wir darum, uns im Vorfeld bei etwaigen Beanstandungen zu kontaktieren.
Wettbewerbsrechtliche Zuwiderhandlungen oder andere rechtliche Beanstandungen
werden von uns sofort behoben, so daß die Einschaltung per Anwalt nicht
erforderlich sein wird. Sollte es doch dazu kommen ist der Gegenpartei ein 100%
rechtlich abgesicherter Auftritt anzuraten. Wie sagt unser Anwalt so schön: „Wo
gehobelt wird, fallen auch Späne. Keine Partei ist frei von Fehlern!

Die Kostenübernahme von
anwaltlichen Abmahnungen ohne vorhergehende Kontaktaufnahme mit der Firma […]
wird im Sinne der Schadensminderungspflicht als unbegründet zurückgewiesen.
Rechtsmissbräuchliche Abmahnungen werden straf- und zivilrechtlich durch uns
verfolgt.“
Das Unternehmen verlangte neben der Abgabe der Unterlassungserklärung (berechtigt), auch die Erstattung von
Abmahnkosten in einem eigenen Fall.
Zu Unrecht wie das LG Düsseldorf formuliert:
Die Klage ist nicht begründet.
Die Klägerin  kann von dem Beklagten  für die Abmahnung vom 5. September 2016 aus
keinem Rechtsgrund die Zahlung der hierfür angefallenen Anwaltskosten in Höhe von
1.539,50 € beanspruchen.

Insbesondere besteht
ein solcher Anspruch nicht aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG. Denn durch das
Erstattungsverlangen setzt sich die Klägerin in Widerspruch zu ihrem eigenen
Verlangen, nicht mit Anwaltskosten für Abmahnungen belastet zu werden.

Ihr eigenes
Zahlungsverlangen verstößt daher gegen den Grundsatz von Treu- und Glauben, ä
242 BGB (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 26. Januar 2016 – I-20 U 52/15, Rn. 17
-juris).
Wer ein solches
Verhalten von anderen erwarte, müsse sich im Gegenzug selbst so behandeln lassen,
als habe er sich rechtlich verpflichtet, vor der Inanspruchnahme anwaltlichen
Beistandes die Rechtsverletzung zunächst selber geltend zu machen, denn es ist
kein Grund ersichtlich, diese Vergünstigung, die die Klägerin für sich in
Anspruch nimmt, den Mitbewerbern vorzuenthalten (OLG Düsseldorf a.a.O.; OLG
Hamm, NJW-RR 2012, 562, 563 f.).

Das LG Düsseldorf bestätigt mit dieser Entscheidung die Linie der Urteile des
OLG Düsseldorf (Urt. v. 26.01.2016 – Az.: I-20 U 52/15) und des OLG
Hamm (Urt. v. 31.01.2012 – Az.: I-4 U 169/11), die in ähnlichen Disclaimer-Fällen ebenfalls einen Erstattungsanspruch bezüglich der anwaltlichen Abmahnkosten ablehnten.
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AG Bielefeld:Isolierte Verfolgung von Schadensersatz ohne Unterlassungserklärung im Filesharing-Verfahren unzulässig

Das AG Bielefeld, Az. 42 C 842/14  hat in einem Fall, ich welchem die IT-Kanzlei Gerth die Verteidigung der Beklagten übernommen hatte, mit Urteil vom 30.04.2015 festgestellt, dass der Klägerin gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 555,60 Euro zusteht, weil eine isolierte Geltendmachung von Abmahnkosten  unzulässig sei, da eine Unterlassungserklärung nicht abgegeben wurde und der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht weiterverfolgt wurde. Die Abmahnung diente daher nicht einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (Vgl. LG Bielefeld, Beschluss vom 06.02.2015, 20 S 65/14).


Das Urteil fast auch sehr gut, die Anforderungen an die Sekundäre Darlegungslast zusammen, genauso wie es klar stellt, warum nicht in jedem Fall eine Unterlassungserklärung abgegeben werden muss.

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Filesharing: LG Bielefeld – Kein Anspruch auf Abmahnkosten bei Nichtverfolgung des UNterlassungsanspruchs

Das LG Bielefeld hat mit dem Beschluss vom 06.02.2015, Az. 20 S 65/14 nicht nur die 3jährige Verjährungsfrist wegen Schadensersatz wegen unerlaubten Filesharing manifestiert, sondern auch entschieden, dass  ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten nur dann besteht, wenn der Unterlassungsanspruch verfolgt wird. Damit folgt das Landgericht Bielefeld dem Landgericht Düsseldorf, welches mit Urteil vom 19.02.2011, Az.: 23 S 359/09) in einem Wettbewerbsrechtsfall entschieden hat, dass ein Anspruch
auf Erstattung von Abmahnkosten nur dann besteht, wenn der
Unterlassungsanspruch konsequent verfolgt wird.

Das LG Bielefeld formuliert in seinem Beschluss:
„Denn ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten besteht für die Klägerin hier jedenfalls schon deshalb nicht, weil die Abmahnung nicht berechtigt i.S.v. § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. war und daher keine Kostenfolgen für den Beklagten auslösen konnte.
Die isolierte Geltendmachung der Abmahnkosten ist unzulässig bzw. die Abmahnung nicht berechtigt, da für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung nicht notwendig, wenn der Abmahnende bei einer erfolglos gebliebenen Abmahnung – d. h. die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung wird abgelehnt – seinen Unterlassungsanspruch nicht weiter verfolgt, ohne für die nachträgliche Abstandnahme einen nachvollziehbaren Grund anzuführen (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 19. Januar 2011 – 23 S 359/09 –, juris; ähnlich LG Frankfurt, NJW-RR 2003, 547 f.).
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Filesharing: AG München – Nachweis der Zahlung von vorgerichtlichen Abmahnkosten kann erforderlich sein

Das AG München hat in einem Hinweisbeschluss endlich einmal darauf hingewiesen, dass klagende Rechteinhaber in bestimmten Fällen die Zahlung der geltend gemachten Abmahnkosten nachweisen müssen.

Das AG München formuliert:
„Weiterhin ist aus Sicht des
Gerichts klärungsbedürftig, in welcher Höhe die Klägerin tatsächlich
Rechtsanwaltsgebühren wegen der beiden Abmahnungen bezahlt hat. […] Es
stellt sich schon die Frage, wie die Klägerin ihr Geschäftsmodell
nachhaltig und profitabel betreiben will, wenn die im Wege der
außergerichtlichen Einigung erzielten Beträge deutlich die zu
verauslagenden Rechtsanwaltskosten unterschreiten.“
Hintergrund dieses Hinweises ist, dass die Klägerin in ihrer Abmahnung einen Vergleich
über eine Zahlung in Höhe von 900,00 € angeboten hatte, im gerichtlichen
Verfahren aber für die Abmahnung einen Gegenstandswert von 10.000,00 €
ansetzt. Im Falle eines außergerichtlichen Vergleichs wären mit der
Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG und der Einigungsgebühr nach Nr.
1000 VV RVG Kosten entstanden, die den Vergleichsbetrag bei weitem
übersteigen.

Diese Diskrepanz zwischen außergerichtlichem
Vergleichsangebot und eingeklagter Abmahnkosten bei den vor dem
09.10.2013 ausgesprochenen Abmahnungen stellt bei fast allen abmahnenden Kanzleien die Regel dar. Ebenso regelmäßig wird udn wurde das moniert. Es wurde Zeit, dass ein Gericht sich hierzu einmal Gedanken macht und die Hintergründe für
klärungsbedürftig einstuft. 

Klingt für mich wie Richter Senft. Muss ich den Kollegen doch mal fragen.
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AG Köln – Begrenzung von Lizenzschäden und Abmahnkosten in Filesharingfällen

Das
Amtsgericht Köln (Urteil v. 10.03.2014, Az: 125 C 495/13) deckelte  die Höhe des Schadensersatzes bei Filesharing auf
10,00 € pro Musiktitel.

Tenor
1.) Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 260,50 € nebst Zinsen i. H.
v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3. September
2013 zu zahlen.
2.) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3.) Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 93 % und der Beklagte
zu 7 %.
4.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die gegen sie
gerichtete Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei
vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin, eine der
führenden deutschen Tonträgerherstellerinnen verwaltet im deutschsprachigen
Raum u. a. die Rechte an dem Musikalbum „S T“ der Künstlerin T. Auf diesem
Musikalbum befinden sich insgesamt 13 Musikstücke.

Die Klägerin trägt
vor, dass der Beklagte am 15. Juli 2010 das Musikalbum über das
Filesharing-System „C“ hochgeladen und damit zum Herunterladen für andere
Teilnehmer des Filesharing-Systems weltweit angeboten hat.

Die Klägerin macht
einen Lizenzschaden von 2.500,00 € geltend; sie verweist insoweit auf eine
Vielzahl von Gerichtsentscheidungen, die einen Schaden von 200,00 € oder mehr
pro veröffentlichtem Musiktitel zugesprochen haben.

Die Klägerin hat den
Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 15. Februar 2011 zur Unterlassung der
urheberrechtswidrigen Teilnahme am Filesharing aufgefordert. Sie macht
Erstattung von Abmahngebühren i. H. v. 1.379,80 €, ausgehend von einem
Streitwert von 50.000,00 € geltend. Sie verweist insoweit auf zahlreiche
Gerichtsurteile, die solche oder höhere Streitwerte – vielfach 10.000,00 € pro
Titel – ansetzen.

Die Klägerin
beantragt,

den Beklagten zu
verurteilen, an die Klägerin

1.) einen angemessenen
Schadensersatz i.H. v. mindestens 2.500,00 €;

2.) 1.379,80 €
Kostenersatz nebst jeweils Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die am 18. Dezember
2013 ordnungsgemäß geladenen Prozessbevollmächtigten des Beklagten sind im Verhandlungstermin
vom 17. Februar 2014 aufgrund eines Büroversehens nicht erschienen. Die
Klägerin beantragt den Erlass des Versäumnisurteils.

Wegen der näheren
Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze
nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Das beantragte
Versäumnisurteil konnte trotz der Säumnis des Beklagten nur teilweise erlassen
werden, da die Klage nach Auffassung des Amtsgerichts nur teilweise schlüssig
ist. Allerdings geht das Gericht zumindest im Rahmen dieses Versäumnisurteils
davon aus, dass der Beklagte an dem Filesharing teilgenommen und die Rechte der
Klägerin schuldhaft verletzt hat.

Die Klägerin kann von
dem Beklagten die Zahlung eines Lizenzschadens von 130,00 € – 10,00 € pro
Musiktitel – nach
§ 97 Abs. 2 Satz 3
UrhG
verlangen. Nach dieser Vorschrift besteht die von der Klägerin gewählte
Möglichkeit der Berechnung des Schadensersatzanspruchs „auf der Grundlage des
Betrages, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen,
wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte.“

Das Gericht gelangt zu
der Zuerkennung von Lizenzschäden, die deutlich unter denen von anderen
Gerichten zugesprochenen Beträgen liegen aufgrund folgender Überlegung:

Filesharing ist die
über spezielle Netzwerke oder Protokolle wie C bewirkte Weitergabe und damit
Verbreitung von Dateien an eine unbestimmte Vielzahl von Internetteilnehmern.
Dabei wird sowohl bei den Netzwerken als auch bei Nutzungen des C-Protokolls
der Download der Dateien, die ein Benutzer nachfragt, regelmäßig mit dem Upload
derselben Dateien verbunden. Dies führt dazu, dass alle, zumindest fast alle
Internetnutzer, die sich die betroffene Datei über Filesharing illegal aus dem
Internet „besorgen“, durch die entsprechende Software automatisch und häufig
ohne es zu wissen oder zu wollen an der Weiterverbreitung der Dateien beteiligt
werden. Damit unterscheidet sich Filesharing von fast allen anderen
Urheberrechtsverletzungen insoweit, als das nicht einzelne Verletzer das Werk
nutzen und an eine regelmäßig wesentlich größere Öffentlichkeit
weiterverbreiten, sondern die Gruppe der Weiterverbreiter, (also der
Urheberrechtsverletzer) und der Nutzer (zumindest weitgehend) identisch ist.

Vor dem oben
beschriebenen technischen Hintergrund stellt die „Nutzung des verletzten
Rechts“ i. S. d. Gesetzes nicht mehr als die Teilnahme an der Verbreitung der
Dateien durch ein Einzelmitglied eines Netzwerkes dar, an das häufig viele
Millionen Menschen angeschlossen sind. Vor dem beschriebenen technischen Hintergrund
würde sich das Lizenzentgelt grundsätzlich an dem Entgelt für eine legale
Nutzung der entsprechenden Dateien orientieren. Beträge in der Größenordnung
mehrerer 100,00 € pro Musiktitel erscheinen als völlig übersetzt.

Es kommt hinzu, dass
die Filesharing-Netzwerke, zumindest aber das hier benutzte C-Protokoll, auf
eine möglichst schnelle Weiterverbreitung der „getauschten“ Dateien ausgelegt
sind und zu diesem Zweck die nachgefragten Inhalte in kleinere Dateien
fragmentieren, um einer lokalen Überlastung des Internet vorzubeugen. Diese
Fragmente werden bei dem nachfragenden Teilnehmer des Netzwerks durch eine
entsprechend anspruchsvolle Software zusammengesetzt, so dass der Nachfrager
auf vollständige Musiktitel, Filme etc., zugreifen kann. Diese Fragmentierung
und Defragmentierung findet zumindest in der großen Mehrzahl der Fälle statt.
Filesharing stellt sich deshalb als anonymer Austausch von Dateien dar, bei der
die einzelne Teilnahme keine nennenswerten Folgen zeitigt: Würde die einzelne
Teilnahme nicht stattfinden, so würden spätere Nachfragen nach dem betroffenen
Werk durch Benutzung und Zusammensetzung von Dateifragmenten anderer Teilnehmer
des Netzwerks befriedigt. Dieser Sachzusammenhang mag bei seltener
nachgefragten Werken nur eingeschränkt gelten, ganz sicher aber gilt er bei dem
hier streitbefangenen seinerzeit aktuellen Musikalbum einer der populärsten
Künstlerinnen der Welt.

An die
Filesharing-Netzwerke sind ständig weltweit zumindest Hunderttausende, wenn
nicht gar Millionen Teilnehmer angeschlossen und das Filesharing erlaubt einen
Zugriff nicht nur auf die Dateien, die andersweitig soeben „getauscht“ werden,
sondern regelmäßig auch auf solche Dateien, die auf einem Computer eines
Netzwerkteilnehmers irgendwann gespeichert wurden. Dabei reicht es häufig aus,
dass der Teilnehmer online ist; er muss sich nicht zu dem jeweiligen Zeitpunkt
bewusst an einem Filesharing beteiligen. Angesichts dieser Gegebenheiten fehlt
der Vorstellung, dass Filesharing würde sich im Einzelfall auf die weltweite Verbreitung
der Dateien auswirken, die tatsächliche Grundlage.

Die oben zitierte
Vorschrift des
§ 97 Abs. 2 Satz 3
UrhG
zwingt dazu, sich Verhandlungen der Parteien über die Höhe eines
entsprechenden Lizenzentgeltes für die Legalisierung der rechtswidrig
getätigten Nutzung vorzustellen und zumindest hinsichtlich des Lizenzentgelts
zu einem der Realität möglichst nahekommenden Ergebnis zu gelangen (sogenannte
Lizenzanalogie). Bei diesen Vertragsverhandlungen sind die realen Umstände zu
berücksichtigen, hier insbesondere die Realität einer millionenfachen
urheberrechtswidrigen Nutzung des Werks durch die Teilnehmer der modernen
Filesharing-Netzwerke.

In dieser Situation
wäre ein Angebot der Klägerin zu erwarten, bei dem das Lizenzentgelt für die
Legalisierung der Teilnahme an dem Filesharing generell in der Größenordnung
der Entgelte für die legale Nutzung, etwa dem Kaufpreis für eine entsprechende
CD, liegen würde. Das Gericht hat berücksichtigt, dass kein Rechteinhaber die
Kontrolle über die Verbreitung seiner Werke gerne und preisgünstig abgibt und
daher ein Lizenzentgelt angenommen, das mit 10,00 € pro Musiktitel im obersten
Bereich der bei Berücksichtigung der oben dargestellten Umstände vorstellbaren
Lizenzentgelte liegt.

Insoweit hilft auch
ein Blick auf die Vorgeschichte des Filesharings:

Während der Anfänge
des Filesharings etablierte sich der „Musikdienst O“ Ende der 1990-iger Jahre
als Plattform der internetgestützten illegalen Musikverbreitung. Bestrebungen,
diese Nutzung zu legalisieren, waren mit Nutzergebühren korreliert, die zu
keiner Zeit in der Größenordnung der von der gängigen Rechtsprechung
zugesprochenen Beträge lagen, sie sind derzeit in das Angebot einer Nutzung von
ca. 20 Millionen Titeln gegen eine „Flatrate“ von weniger als 10,00 € pro Monat
(allerdings im Streaming-Verfahren) eingemündet.

Dem Gericht ist
bewusst, dass das Filesharing der Musikindustrie (wie auch der Filmindustrie
und den Herstellern von Computerspielen) erhebliche Schäden zufügt und es
illegal und zu bekämpfen ist. Dies kann aber nach dem geltenden Recht nicht
dadurch geschehen, dass den Filesharing-Teilnehmern Schadensersatzbeträge
auferlegt werden, die zu dem durch den jeweiligen Tatbeitrag eingetretenen
Schaden völlig außer Verhältnis stehen. In Anbetracht der Vielzahl der
tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten, die mit der Verfolgung von
Schäden aus Filesharing verbunden sind, mag eine Verfolgung der Rechte, wenn
lediglich der tatsächlich eingetretene Schaden zuerkannt wird, unwirtschaftlich
sein; die betroffenen Industrien wären dann aber auf die Etablierung eines
Strafschadensersatzes de lege ferenda zu verweisen.

Allerdings ist derzeit
eher eine gegenläufige Entwicklung festzustellen. Mit dem kürzlich in Kraft
getretene Gesetz gegen unlautere Geschäftspraktiken hat der Gesetzgeber die
Verfolgung von Urheberrechtsverstößen im Filesharing-Bereich bewusst
eingeschränkt.
Dass er dabei keine Festlegung der Höhe der Lizenzschäden vorgenommen hat,
kann nicht überraschen; soweit bekannt, hat der Gesetzgeber noch nie die Höhe
von Schadensersatzbeträgen in einzelnen Fallgruppen festgesetzt. Mit der
Einbringung des Gesetzes formulierte die Bundesregierung hinsichtlich der
unseriösen Geschäftspraktiken, unter die sie ausdrücklich auch die Abmahnung
von Filesharing-Teilnehmern zählt:

„Diesen Praktiken ist
gemeinsam, dass die betroffenen Bürgerinnen und Bürger, obwohl sie selbst
entweder keine oder nur vergleichsweise geringfügige Rechtsverstöße begehen,
erhebliche Verluste finanzieller oder immaterieller Art hinnehmen müssen……“

Angesichts dieser
gesetzgeberischen Tendenzen ist ein Strafschadensersatz, der auch nur in die
Nähe der von der Rechtsprechung zuerkannten Beträge kommt, kaum zu erwarten.
Letztlich stellt sich der vorliegende Fall als geradezu typisches Beispiel für
den von der Bundesregierung skizzierten Zusammenhang dar: Schadensersatzansprüche
von insgesamt annähernd 4.000,00 € Höhe für die Filesharing-Teilnahme mit einem
einzigen Musikalbum erscheinen als völlig unangemessen.

Die Klägerin kann von
dem Beklagten weiter die Zahlung von 130,50 € gemäß
§ 97 a Abs. 1 Satz 2 UrhG a. F. verlangen. Nach Auffassung des
Gerichts ist der Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten mit
einem Streitwert von 1.000,00 € anzusetzen. Diesen Streitwertansatz gibt das
Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken in dem durch es eingeführten
§ 97 a Abs. 3 UrhG vor. Allerdings gilt diese Bestimmung erst ab dem 9.
Oktober 2013 und damit nicht im vorliegenden Fall. Doch ist vorliegend der seit
2008 geltende alte
§ 97 a UrhG anzuwenden, der nach
seinem Absatz 2 Gebühren für eine erstmalige Abmahnung bei in einfach
gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des
geschäftlichen Verkehrs auf 100,00 € begrenzte. Diese Voraussetzungen liegen
hier bis auf den Umstand, dass es sich bei Filesharing nach Auffassung des
Gerichts nicht um einfach gelagerte Fälle von Urheberrechtsverletzung handelt,
vor. Von den Rechtsfolgen her legt diese Regelung daher auch ein Streitwert von
1.000,00 € nahe. Jedenfalls erscheinen Streitwertbemessungen von 50.000,00 €
oder gar 10.000,00 € pro Musiktitel mithin im vorliegende Fall von 130.000,00 €
als völlig übersetzt.

Es entsteht der
Eindruck, dass die herrschende Rechtspraxis die beiden, die anwaltlichen
Abmahngebühren bewusst begrenzenden gesetzlichen Regelungen aus den Jahren 2008
und 2013 offensichtlich soweit irgend möglich, ignoriert. In den Augen der
interessierten Öffentlichkeit hat sich ein „Abmahnunwesen“ bzw. eine
„Abmahnindustrie“ etabliert. Dem ist nicht gegen den erkennbaren Willen des
Gesetzgebers durch die Zubilligung überhöhter Streitwerte Vorschub zu leisten.
Insoweit darf auf die oben zitierten Worte der Bundesregierung und die
Stellungnahme des Bundesrates vom 3. Mai 2013 verwiesen werden, nach der die herrschende
Abmahnpraxis in der Öffentlichkeit als „Abzocke“ wahrgenommen und das Institut
der Abmahnung in Misskredit gebracht wird.

Der herrschenden
Meinung ist schließlich entgegenzuhalten, dass sie völlig im Unklaren lässt,
wie die angesetzten Streitwerte bemessen werden: Das Interesse an dem
Unterlassen eines Filesharings eines populären Werks insgesamt ist sicherlich
regelmäßig mit Streitwerten von Millionen von Euro anzusetzen, das Interesse
daran, dass eine Person weniger, nämlich der jeweilige Beklagte an diesem
teilnimmt, ist mit 1.000,00 € sicherlich nicht zu niedrig angesetzt. Damit
stellen sich die gängigen Wertfestsetzungen als faule Kompromisse dar.

Der sich ergebende
Gesamtbetrag von 260,50 € ist nach
§ 288 Abs. 1 BGB wie beantragt am 3. September 2013 als
dem Datum des Eintritts der Rechtshängigkeit mit 5 Prozentpunkten über
Basiszinssatz der EZB zu verzinsen.

Die Kostenentscheidung
beruht auf
§ 92 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach
§§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 3.879,80
€.
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Hinweisbeschluss des AG München zu den Bedenken der Abmahnkosten nur ein Feigenblatt

In einem Filesharingverfahren vor dem Amtsgericht München, welches von der Kanzlei Waldorf Frommer Rechtsanwälte im Auftrag der Verlagsgruppe Random House GmbH geführt wird, erließ der Richter den gleichen Hinweisbeschluss, welchen der Kollege Schwartmann hier besprochen hat.

Die dort vertretene Einschätzung teile ich nicht, da bei der Übermittlung des Hinweisbeschlusses gleich die Erwiderung der Kanzlei Waldorf Frommer, welche am Tag des Erlasses des Hinweisbeschlusses bei Gericht eingegangen ist, mitgeschickt worden ist, und in welchen sich die Kanzlei Waldorf Frommer keineswegs bereit erklärt etwas zu den Bedingungen der Beauftragung zu sagen, sondern darlegt warum die Rechnungslegung nicht notwendig sei und dass der Schaden mit Eingehung der Verbindlichkeit entstehe und sich die Klägerseite schließlich auch anwaltlicher Hilfe bedienen darf.

Dies hinterlegt mit entsprechender Rechtsprechung und Literatur dürfte dies auch dem AG München wieder reichen um im Sinne der Waldorf Frommerschen Mandantschaft zu entscheiden.

Man erkennt, dass das Gericht der Kanzlei Waldorf Frommer nur noch einmal die Möglichkeit eingeräumt hat zu begründen warum die Klage auch der Höhe nach berechtigt ist.

Eine Änderung der Rechtsprechung ist in München auch durch diesen Hinweisbeschluss nicht zu wittern.