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AG München – Ungenehmigte Videoüberwachung der WG berechtigt den Untermieter zur fristlosen Kündigung

Das Amtsgericht München wies mit Urteil vom 28.05.2019,  Aktenzeichen 432 C 2881/19 die Klage gegen
den Untermieter auf Zahlung ausstehender weiterer Mieten in Höhe von insgesamt
2.430 Euro ab und sprach lediglich einen Betrag von 83 Euro zu.
Der Vermieter betrieb selbst nur noch ein Büro in der
Wohnung, die er ansonsten zimmerweise vollständig untervermietet hat. Er hatte
im Mai 2018 ein 20 m² großes, mit Schrank, Bett und Schreibtisch möbliertes
Zimmer gegen eine Monatsmiete von 810 Euro zuzüglich 40 Euro
Betriebskostenvorauszahlung und einer Kaution von 1920 Euro an den Beklagten
untervermietet. Der Beklagte war zur Mitnutzung von Bad/Dusche/WC und Küche
berechtigt. Im Mietvertrag befanden sich die Klauseln: „Die Aufstellung von
weiteren Möbeln und/oder Elektrogeräten (…) bedarf der ausdrücklichen
Zustimmung“, „Vor der Haustür ist zum Schutz der Gemeinschaft eine Kamera
angebracht“ und „Ein Bündnis der WG-Mitglieder mit der Absicht anderen
WG-Mitgliedern oder dem Vermieter zu schaden, führt zu fristloser Kündigung und
zu einem Schadensersatz.“ Ebenso führe ein wiederholter Verstoß gegen die
Hausordnung zur fristlosen Kündigung. Die Hausordnung lässt höchsten zwei
Besucher und Übernachtungen auch von Herrenbesuchen/Damenbesuchen nur nach
vorheriger Genehmigung zu. Gemeinschaftsküche und Etagengänge dürfen nicht für
Partys und Feiern benutzt werden. Brotkörnchen am Boden und Müll aus der Küche
müssen sofort entfernt werden. Ebenso müssen Kaffeeflecken in den Wohnräumen
entfernt werden. „Tipp: Thermoskanne verwenden“. Turnusgemäß hat man an der Kehrwoche
teilzunehmen. Bei nicht sorgfältiger Reinigung werden für die Putzfrau 30 Euro
plus Anfahrtskosten erhoben. Die Flure werden videoüberwacht!
Der Beklagte kündigte das Untermietverhältnis fristlos,
wobei er diverse Pflichtverletzungen des Klägers behauptete und leistete ab
August 2018 keine Zahlungen mehr. Der Kläger teilte daraufhin dem Beklagten
mit, dass er die vorgenannte Kündigung nur als fristgemäß ordentliche, nicht
jedoch als fristlose akzeptiere und verlangt die Miete bis Ende Oktober.
Der zuständige Richter am Amtsgericht München sprach dem
Kläger lediglich die zeitanteilige Miete für drei Tage bis zum zugestandenen
Zugang der Kündigung am 3.8.2018 zu und gab im Übrigen dem Beklagten Recht.
„Denn die fristlose Kündigung kann jedenfalls auf den
unstreitigen Vorwurf der Anbringung, des Betriebs und der unterlassenen
Entfernung einer Überwachungskamera im Flur der verfahrensgegenständlichen
Wohngemeinschaft gestützt werden. Unbehelflich ist insoweit die Bezugnahme auf
§ 12 des Mietvertrags und der darin enthaltenen Klausel zur Anbringung einer
Kamera. Die diesbezügliche Argumentation des Klägers geht schon deshalb ins
Leere, weil die Klausel lediglich eine Regelung zur Anbringung einer Kamera
„vor der Haustür“ (also im Freien) enthält. Eine Kamera im Hausflur – mithin
vor der/den Zimmertür(en) der WG – ist von dieser Regelung schon nach dem
klaren und unmissverständlichen Wortlaut nicht erfasst. Ein diesbezügliches
Einverständnis des Beklagten kann daher per se nicht angenommen werden. (…) Es
kann insoweit nicht angehen, dass im Bereich des zur gemeinschaftlichen Nutzung
überlassenen Flurs, der das Zimmer des Beklagten u.a. mit der Küche und dem
Badezimmer verbindet, eine permanente Videoüberwachung stattfindet, zumal die
dabei erstellten Aufnahmen durch den Kläger auch noch (unstreitig) regelmäßig
ausgewertet wurden. Dabei ist auch und gerade zu berücksichtigen, dass – bei
realitätsnaher Betrachtung – das Badezimmer von den Bewohnern nicht immer
vollumfänglich bekleidet aufgesucht wird. Hinzu kommt, dass sich hier die
Anbringung dieser Kamera nicht ansatzweise auf einen tragfähigen Grund zu
stützen vermag. Soweit durch die Kamera etwaige mietrechtliche Pflichtverstöße
wie z.B. das unterlassene Schließen der Haustür und/oder die Ordnungsmäßigkeit
der Mülltrennung aufgeklärt bzw. überprüft werden sollten, stellt dies freilich
keinerlei Rechtfertigungsgrund für die permanente Überwachung dieses
gemeinschaftlichen Bereichs der Wohngemeinschaft dar. Belange der Sicherheit
der Bewohner mögen zwar teilweise berührt sein, weil eine nicht geschlossene
Haustür unbefugten Dritten den Zugang zum Haus erheblich erleichtern kann.
Diese lediglich abstrakte Gefahr trägt eine derart eingriffsintensive,
permanente Überwachungsmaßnahme aber nicht im Ansatz. Gerade auch vor dem
Hintergrund einer gesteigerten datenschutzrechtlichen Sensibilität der
Gesellschaft befremdet die Vorgehensweise der Klagepartei in erheblichem Maße.
(…) Dem Beklagten war es hier keine weiteren drei Monate bis zum Ablauf der
ordentlichen Kündigungsfrist zuzumuten, sich den rechtswidrigen
Überwachungsmaßnahmen des Klägers auszusetzen.“
Urteil des Amtsgerichts München vom 28.05.2019, Aktenzeichen
432 C 2881/19

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AG München – Anfechtungsrecht bei irrtümlichem Sofortpreisverkauf für 1 Euro

Das AG München hat mit Urteil
vom 09.03.2017, Az. 274 C 21792/16
 entschieden, dass eine Anfechtung des Verkäufers bei
eBay wegen eines Erklärungsirrtums möglich ist, wenn irrtümlich statt einer
Auktion mit einem Startpreis von 1 EURO ein Sofortkaufpreis-Angebot für 1 Euro
eingestellt wird. Voraussetzung für eine wirksame Anfechtung ist, dass diese
unverzüglich erfolgt und wies nach mündlicher Verhandlung dieKlage auf
Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines über Ebay geschlossenen Kaufvertrags
zurück.

Leitsätze:
1. Wer bei e-Bay einen Koffer mit einem Marktwert zwischen
300,00 € und 700,00 € zu einem Preis von 1,00 € anbietet, gibt kein
annahmefähiges Angebot ab, da der angebotene Kaufpreis bei verständiger
Auslegung für jeden erkennbar nicht gewollt und unzutreffend ist. (Rn. 15)
(redaktioneller Leitsatz)
2. Klickt der Verkäufer bei e-Bay versehentlich auf
„Verkauf“ anstelle von „Auktion“, so ist er berechtigt, seine Willenserklärung
wegen Erklärungsirrtums nach § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB anzufechten. (Rn. 16 – 19)
(redaktioneller Leitsatz)

Rechtsmittelinstanz:

Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann
die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte
vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden
Betrags leistet.

Beschluss
Der Streitwert wird auf 699,00 € festgesetzt.

Tatbestand
Die Parteien streiten über Schadensersatz aufgrund
Nichterfüllung eines über e-Bay geschlossenen Kaufvertrags sowie Portokosten
und außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren.
Am 16.06.2016 stellte der Beklagte über die
Internetplattform „e-Bay“ einen Koffer zum Sofortkaufpreis von 1,00 € ein. Kurz
darauf nahm der Kläger dieses Angebot an und teilte dem Beklagten anschließend
mit, er wolle den Kaufvertrag nun abwickeln. Daraufhin antwortete der Beklagte
noch am selben Tag wie folgt:
„Sorry, das war als eine Auktion gedacht!
Leider waren Sie schneller, wie ich den Fehler merkte!
Ich werde es von meiner Seite Annulieren, da sie die Zeit
der geboten haben wie es bearbeitet wurden ist.
Gruß …“
Der Beklagte wurde vom Kläger und seinem Prozessbevollmächtigten
in der Folge aufgefordert, den Koffer Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises
herauszugeben, worauf der Beklagte nicht reagierte. Schließlich trat der Kläger
vom Kaufvertrag zurück und verlangt nunmehr Ersatz des Nichterfüllungsschaden
in Höhe von 699,00 €, wobei er von einem Wert vergleichbarer Koffer von 700,00
€ ausgeht.
Zum Ausgleich dieser Forderung wurde der Beklagte durch den
Klägervertreter mit Fristsetzung zum 25.07.2016 durch Schreiben vom 14.07.2016
aufgefordert. Der Beklagte hat nicht gezahlt.
Der Kläger trägt noch vor, durch die Einreichung des
Mahnbescheidantrags seien ihm Portokosten in Höhe von 1,45 € entstanden, die
der Beklagte zu ersetzen habe. Außerdem habe der Beklagte die vorgerichtlichen
Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 147,56 € zu bezahlen.
Der Kläger beantragt:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in
Höhe von 699,00 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen
Basiszinssatz seit dem 18.09.2016 zu zahlen.
Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die angefallenen
Kosten für Vordruck/Porto in Höhe von 147,56 € zu erstatten.
Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die
außergerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 147,56 € zu
erstatten.
Der Beklagte beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Beklagte behauptet, ihm sei bei der Erstellung der
Angebots ein Fehler unterlaufen. Er habe eine „Auktion“ mit einem Startpreis
von 1,00 € erstellen wollen und nicht den Koffer zum Festpreis von 1,00 €
anbieten wollen. Die Ursache liege darin begründet, dass die Knöpfe für beide
Verkaufsarten derart angeordnet seien, dass eine Verwechslung möglich sei. Der
Beklagte habe den Koffer, der einen Zeitwert zwischen 300,00 € und 400,00 €
habe, niemals für nur 1,00 € verkaufen wollen.
Der Beklagte ist der Ansicht, die oben im Wortlaut
wiedergegebene Mitteilung habe als Anfechtung den Kaufvertrag zum erlöschen
gebracht.
Beweis wurde erhoben durch Inaugenscheinnahme der
„e-Bay“-Internetseite und durch formlose Anhörung des Beklagten. Insoweit wird
auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf die
gewechselten Schriftsätze samt Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung des geltend
gemachten Schadensersatzes, da bereits kein Kaufvertrag zustande gekommen ist
bzw. dieser jedenfalls vom Beklagten wirksam angefochten wurde. Nebenforderung
scheiden mangels Anspruch in der Hauptsache aus.
Es ist bereits kein Kaufvertrag zustande gekommen, da keine
übereinstimmenden Willenserklärungen vorliegen. Das vom Beklagten stammende
Angebot ist bei verständiger Auslegung mehrdeutig und daher nicht annahmefähig:
Entscheiden bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der
sogenannte objektive Empfängerhorizont, d.h. die Willenserklärung ist so zu
verstehen, wie sie ein verständiger Empfänger in der Position des Klägers
verstehen durfte. Vordergründig hat der Beklagte zwar den Koffer zum Preis von
1,00 € angeboten. Es ist jedoch so offensichtlich, dass es sich hierbei nur um
einen Irrtum handeln kann, dass dies auch der Kläger bzw. ein objektiver
Empfänger in der Lage des Klägers erkennen musste. Schließlich stellt dieser
Kaufpreis nur einen winzigen Bruchteil des von beiden Parteien vorgetragenen
Wert des Koffers zwischen 300,00 € und 700,00 € dar. Der Verkauf zu einem Euro
stellt sich wirtschaftlich als Schenkung dar. Es handelt sich bei e-Bay
bekanntermaßen aber nicht um eine Plattform, auf der etwas verschenkt wird. Der
angebotene Kaufpreis war für jeden erkennbar nicht gewollt und unzutreffend.
Mangels weiterer Angaben kann kein tatsächlich angebotener Kaufpreis ermittelt
werden.
Im Übrigen hätte der Beklagte einen als zustandegekommen
unterstellten Kaufvertrag durch seine Erklärung vom 16.06.2016 wirksam
angefochten, so dass dieser als von Anfang an nichtig anzusehen ist, § 142 Abs.
1 BGB.
Das Gericht ist aufgrund der persönlichen Anhörung des
Beklagten, seiner Mitteilung an den Kläger sowie der Inaugenscheinnahme der
Internetseite e-Bay davon überzeugt, dass der Beklagte tatsächlich einem zu
Anfechtung berechtigenden Erklärungsirrtum i.S.v. § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB
unterlag, als er sein Angebot einstellte:
Die Schilderungen des Beklagten zur Erstellung des Angebot
waren sehr detailreich, in sich schlüssig und komplett nachvollziehbar. Nach
Inaugenscheinnahme der Website erscheint es dem Gericht durchaus möglich, dass
ein Fehler wie vorliegend passiert. Zum einen liegen die entsprechenden Eintragsfelder
bzw. Buttons eng neben- oder übereinander, so dass eine Verwechslung möglich
ist. Zudem wechselt e-Bay offenbar häufig die genaue Gestaltung, so dass auch
erfahrene Nutzer den Überblick verlieren können. Schließlich spricht auch die
sofortige Reaktion des Beklagten in seiner Mitteilung an den Kläger für die
Wahrheitsgemäßheit seiner Angaben.
Die Anfechtungserklärung genügt den Anforderungen des § 143
Abs. 1 BGB, insbesondere ist kommt hinreichend klar zum Ausdruck, dass der
Beklagte aufgrund eines Irrtums an dem Vertrag nicht festhalten will: Der
Beklagte teilt ausdrücklich mit, dass das Angebot als Auktion gedacht war,
spricht statt „Irrtum“ von „Fehler“ und von „annulieren“ statt „anfechten“. Die
Verwendung der richtigen juristischen Terminologie ist für die Wirksamkeit
einer Anfechtungserklärung nicht erforderlich.
II.
Als unterlegene Partei trägt der Kläger die Kosten, § 91
ZPO.
III.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr.
11, 711 ZPO.
IV.
Der Streitwert entspricht der Höhe der Hauptforderung, § 3
ZPO.

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EUGH-Generalanwalt: Anschlussinhaber kann für Filesharing der Familie haften

Der Inhaber eines Internetanschlusses kann aus Sicht des
zuständigen EUGH-Generalanwalts auch dann für illegales Filesharing haften,
wenn Familienangehörige Zugriff auf den Anschluss hatten. Das Grundrecht auf
Schutz des Familienlebens dürfe nicht die Haftung für Urheberrechtsverletzungen
aushebeln, argumentierte Maciej Szpunar.
Das Gutachten
zu einem Fall vom AG  München wurde am 06.06.2018 in Luxemburg veröffentlicht (Az.:
C-149/17).

Auskunft über Nutzung
durch Angehörige verweigert
Der Verlag Bastei-Lübbe hatte gegen einen Mann geklagt, über
dessen Anschluss ein Hörbuch anderen Internetnutzern über eine Tauschbörse zum
Herunterladen angeboten worden sein soll. Der Inhaber bestreitet das und
argumentiert, dass auch seine Eltern Zugriff auf den Anschluss gehabt hätten.
Laut bestehender deutscher Rechtsprechung muss aber wegen des Schutzes von Ehe
und Familie keine Auskunft über die Nutzung durch Angehörige gegeben werden.
Dadurch wäre die Schuld nicht eindeutig zu klären.
Das Landgericht München hatte den Fall nach Luxemburg verwiesen.
Inhaber des
Anschlusses haftbar
Der zuständige EuGH-Generalanwalt Szpunar argumentierte, dass
geistiges Eigentum ebenso wie Familienrechte durch die Charta der Grundrechte
der EU geschützt seien. Urheberrechtsansprüche müssten daher durchsetzbar sein.
„In diesen Fällen müsste das Eigentumsrecht Vorrang vor dem Recht auf
Achtung des Familienlebens haben“, schrieb der Gutachter. Sollte es keine
Auskunft über Familienangehörige geben, müsse der Inhaber des Anschlusses
haftbar gemacht werden.

Der Schlussantrag
lautet:
Art. 8 Abs. 2 der
Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001
zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten
Schutzrechte in der Informationsgesellschaft und Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie
2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur
Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums sind dahin auszulegen, dass sie
nicht vorschreiben, im nationalen Recht der Mitgliedstaaten eine Vermutung der
Haftung der Inhaber eines Internetanschlusses für über diesen Anschluss
begangene Urheberrechtsverletzungen einzuführen. Sieht das nationale Recht
jedoch zum Schutz dieser Rechte eine solche Vermutung vor, muss sie kohärent
angewandt werden, um die Wirksamkeit dieses Schutzes zu gewährleisten. Das
durch Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannte Recht
auf Achtung des Familienlebens kann nicht dahin ausgelegt werden, dass den
Rechtsinhabern jede reelle Möglichkeit genommen wird, ihr durch Art. 17 Abs. 2
der Charta der Grundrechte verbürgtes Recht des geistigen Eigentums zu
schützen.

Urteil wird in
kommenden Monaten erwartet
Im vorliegenden Fall müsse das Münchener Gericht zudem
prüfen, ob der Beklagte das Grundrecht nur vorbringe, um sich selbst zu
schützen. In der Vorinstanz hatte er bereits angeführt, seine Eltern nutzten
seiner Kenntnis nach die Tauschbörse nicht. Ein Urteil in dem Fall dürfte in
den kommenden Monaten fallen.
Die vollständige Verfahrensdokumentation finden Sie  hier
und hier.

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Ebay – Recht : AG München – Anfechtungsrecht bei irrtümlichem Sofortpreisverkauf für 1 Euro

Das AG München hat mit Urteil vom 09.03.2017, Az. 274
C 21792/16
entschieden, dass eine Anfechtung des Verkäufers bei eBay wegen
eines Erklärungsirrtums möglich ist, wenn irrtümlich statt einer Auktion mit
einem Startpreis von 1 EURO ein Sofortkaufpreis-Angebot für 1 Euro eingestellt
wird. Voraussetzung für eine wirksame Anfechtung ist, dass diese unverzüglich
erfolgt und wies nach mündlicher Verhandlung dieKlage auf Schadensersatz wegen
Nichterfüllung eines über Ebay geschlossenen Kaufvertrags zurück.

Am Abend des 16.06.2016 stellte der
Beklagte, ein erfahrener Ebayverkäufer dessen Muttersprache nicht Deutsch ist,
in München über die Internetplattform „eBay“ einen Koffer mit Neuwert von 300
bis 700€ zum Sofortkaufpreis von 1,00 € ein. Kurz darauf nahm der Kläger aus
Bottrop dieses Angebot an und teilte dem Beklagten anschließend mit, er wolle
den Kaufvertrag nun abwickeln. Daraufhin antwortete der Beklagte noch am selben
Abend:
„Sorry, das war als eine Auktion
gedacht! Leider waren Sie schneller, wie ich den Fehler merkte! Ich werde es
von meiner Seite Annulieren, da sie die Zeit der geboten haben wie es
bearbeitet wurden ist.“
Der Kläger trat wegen Nichterfüllung vom
Kaufvertrag zurück und wollte Ersatz in Höhe des von ihm auf 700€
veranschlagten Kofferwertes abzüglich des vereinbarten Kaufpreises von 1 €.
Der Beklagte behauptet, ihm sei bei der
Erstellung des Angebots ein Fehler unterlaufen. Er habe eine „Auktion“ mit
einem Startpreis von 1,00 € erst einmal als Vorschau erstellen und noch gar
nicht aktivieren wollen. Die Buttons für beide Verkaufsarten seien derart
angeordnet, dass eine Verwechslung möglich sei. Er sei nur kurz auf die
Toilette gegangen und habe sich mit seiner Tochter unterhalten, als ihn das
Vibrieren seines Handys klar gemacht hätte dass der Koffer bereits verkauft
sei. Er habe den Koffer niemals für nur 1 € verkaufen wollen, tatsächlich
inzwischen über eine Ebayauktion für 361 € anderweitig verkauft.
Der Beklagte ist der Ansicht, die oben
im Wortlaut wiedergegebene Mitteilung habe jedenfalls als Anfechtung den
Kaufvertrag zum Erlöschen gebracht.
Der zuständige Richter am Amtsgericht
München gab dem Beklagten Recht, „da bereits kein Kaufvertrag zustande gekommen
ist bzw. dieser jedenfalls vom Beklagten wirksam angefochten wurde.“
Das Gericht war aufgrund der Angaben des
Beklagten, seiner ursprünglichen Email und der eingesehenen Website von Ebay
davon überzeugt, dass der Beklagte tatsächlich einem zu Anfechtung
berechtigenden Erklärungsirrtum unterlag, als er sein Angebot einstellte.
„Nach Inaugenscheinnahme der Website
erscheint es dem Gericht durchaus möglich, dass ein Fehler wie vorliegend
passiert. Zum einen liegen die entsprechenden Eintragsfelder bzw. Buttons eng
neben- oder übereinander, so dass eine Verwechslung möglich ist. Zudem wechselt
eBay offenbar häufig die genaue Gestaltung, so dass auch erfahrene Nutzer den
Überblick verlieren können. Schließlich spricht auch die sofortige Reaktion des
Beklagten in seiner Mitteilung an den Kläger für die Wahrheitsgemäßheit seiner
Angaben.“
Auch wenn der Beklagte in Abweichung vom
Gesetzeswortlaut „Fehler“ statt „Irrtum“ und von „Annulieren“ statt
„anfechten“. geschrieben habe, sei die Verwendung der richtigen juristischen
Terminologie für die Wirksamkeit einer Anfechtungserklärung nicht
erforderlich.“
Das Berufungsgericht das LG
München I, Endurteil v. 07.11.2017 – 13 S 6708/17
hielt zwar den Vertrag
aufgrund unzweifelhaft eindeutiger Erklärungen für zunächst geschlossen, sah
aber in der Erklärung des Beklagten ebenfalls eine wirksame Anfechtung und wies
die Berufung des Klägers zurück.

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AG München – Kein Anspruch des Finders auf Freischaltung eines iPhones

Das AG München hat mit Urteil
vom 24.07.2017, Az. 213 C 7386/17
entschieden, dass der Finder eines iPhones
keinen Anspruch gegen den Hersteller auf Freischaltung des iPhones hat.
Aufgrund des Fundes erwirbt er Eigentum nach § 973 Abs. 1 S. 1 BGB in dem
Zustand, den das iPhone im Zeitpunkt des Fundes hatte. War das iPhone zu diesem
Zeitpunkt gesperrt, erwirbt er nur ein gesperrtes iPhone mit der Folge, dass
ein Anspruch auf Freischaltung bereits ungeachtet der datenschutzrechtlichen
Problematik ausscheidet.

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AG München – Beseitigungs- und Schadensersatzanspruch des Verkäufers bei unzutreffender und falscher Bewertung eines eBay-Händlers

Das AG München  hat mit Urteil
vom 23.09.17, Az. 142 C 12436/16
einen Kunden dazu verurteilt, eine offensichtliche
unrichtige negative Bewertung  eines eBay-Händlers zu löschen.



Dem Händler steht neben dem Beseitigungsanspruch auch ein Schadensersatzanspruch zu.

Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, der Entfernung der von ihm als Kläger
in der von der … International AG durchgeführten Transaktion betreffend die
Artikelnummer … abgegebene negative Bewertung über den in der Auktion als
Verkäufer aufgetretenen Kläger unter dem Namen … auf dem von der …
International AG gestellten Formula „Antrag auf Bewertungslöschung“ zuzustimmen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den außergerichtlichen
Rechtsanwaltsgebühren der Rechtsanwälte … in Höhe von 413,64 EUR
freizustellen.
3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die
Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger
vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden
Betrags leistet.

Tatbestand
Die Parteien streiten über die Lösung einer Bewertung in
Internet-Auktionsportal …
Der Kläger bot auf der …-Platform unter dem Verkäufernamen … einen
… Vollausstattung im Best/Neuzustand keine 100 Betriebsstd.“ unter der
Artikelnummer … zum Verkauf an. In der Beschreibung dazu hieß es „Der 808 MK3
wird in der originalen Verpackung geliefert, …“. Am 12.3.2016 kaufte der
Beklagte, der unter dem Benutzernamen … auftrat, den Artikel zum Preis von
7.500,00 EUR. Das Gerät wurde von dem Kläger an den Beklagten mit der
originalen Verpackung für die konkrete Ware aus dessen Beschaffungszeitpunkt
versandt. Der Beklagte gab auf dem Bewertungsportal über den Kauf folgende
negative Bewertung ab „Keine Originalverpackung, deshalb ist jeglicher Versand
mehr als ein Risiko!!!“. Die Bewertung des Klägers wurde daraufhin von 100 %
auf 97,1 % herabgesetzt. Der Kläger persönlich forderte mehrfach, z.T. mit
Fristsetzung erfolglos den Beklagten zur Rücknahme der Bewertung auf. Mit
Schriftsatz seines Prozessvertreters vom 14.4.2016 forderte der Kläger den
Beklagten zu Löschung der Bewertung unter Fristsetzung bis zum 25.4.2016 sowie
Zahlung der Rechtsanwaltsgebühren auf. Der Beklagte veranlasste keine Löschung
und zahlte keine Rechtsanwaltsgebühren.
Der Kläger behauptet, er habe entsprechend der Angebotsbeschreibung die
Ware in der Originalverpachung übersandt. Geschuldet gewesen sei keine aktuelle
Verpackung der … sondern die Originalverpackung des spezifischen Geräts. Der
Kläger macht geltend die Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von
413,64 EUR berechnet als eine 1,3 Geschäftsgebühr gem. Nr. … VV RVG zuzüglich
Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer aus einer Gegenstandsgebühr von 4.000 EUR
Der Kläger beantragt:
1.
Der Beklagte wird verurteilt, der Entfernung der von ihm als Kläger in
der von der … International AG durchgeführten Transaktion betreffend die
Artikelnummer … abgegebene negative Bewertung über den in der Auktion als
Verkäufer aufgetretenen Kläger unter dem Namen … auf dem von der …
International AG gestellten Formula „Antrag auf Bewertungslöschung“
zuzustimmen.
2.
Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den außergerichtlichen
Rechtsanwaltsgebühren der Rechtsanwälte … in Höhe von 413,64 EUR
freizustellen.
Der Beklagte beantragt,
Klageabweisung
Der Beklagte behauptet, der … sei gegen seinen Willen versandt worden,
er habe dem Kläger mitgeteilt, dass er ihn persönliche abholen oder mit einer
Spedition abholen lassen werde. Darüber habe sich der Kläger mit dem Versand
hinweggesetzt. Die Ware sei nicht im aktuellen Karton von … versandt worden.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Protokolle der
mündlichen Verhandlung, die Schrifsätze der Parteien samt Anlagen sowie den
Akteninhalt im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet
I.
Soweit nach Beendigung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze der
Beklagtenseite eingingen, konnte diese nach § 296 a ZPO nicht mehr
berücksichtigt werden, soweit neuer Tatsachenvortrag enthalten war.
II.
Der Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der Bewertung sowie auf
Freistellung über 413,64 EUR folgt aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB.
1. Im Rahmen des zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrages über
die Taschenlampe trifft den Beklagten die Nebenpflicht, eine wahrheitsgemäße
Bewertung im …-Bewertungsportal über den Kläger und die Transaktion abzugeben
(vgl. AG Erlangen, MMR 2004, 635). Wahrheitsgemäße Bewertungen nach einer …
-Auktion sind ein zentrales Informationsinstrument der Internetplattform …,
da damit anderen potentiellen Käufern Informationen über frühere Käufe und
damit Kenntnisse über den Verkäufer, der ansonsten nicht greifbar ist und
zuweilen lediglich als beliebiger …-Mitgliedsname erscheint, vermittelt
werden. Bewertungen stellen damit quasi eine Kundenempfehlung bzw. Warnung dar.
Daraus ergibt sich ein zentrales Interesse des Verkäufers auf … an einer
zutreffenden Bewertung. Dies spiegelt sich auch in § 6 Abs. 2. der allgemeinen
Geschäftsbedingungen von …, denen sich jedes Mitglied mit Neuanmeldung
unterwirft, wider. Danach besteht eine Pflicht zur wahrheitsgemäßen Angaben und
sachlich gehaltenen Bewertungen. Die Abgabe zutreffender Bewertungen stellt
damit eine vertragliche Nebenpflicht dar, deren Verstoß eine Schadensersatzpflicht
nach § 280 Abs. 1 BGB auslöst (AG München, 21.11.2014, Az 142 C 20535/14).
2. Gegen diese Nebenpflicht hat der Beklagte durch Bewertung der
Transaktion an sich mit Abgabe des Bewertungskommentars „Keine
Originalverpackung, deshalb ist jeglicher Versand mehr als ein Risiko!!!“
verstoßen.
a) Das Gericht hat keinen Zweifel daran, dass der Beklagte die
streitgegenständliche Bewertung abgegeben hat. Zwar behauptet der Beklagte
zunächst pauschal, er habe den Kläger nicht negativ bewertet. Im Hinblick auf
die Kommunikation der Parteien vor der Bewertung, in der über die Originalität
der Verpackung gestritten wird, in der der Beklagte seine negative Bewertung
ankündigt (Anlage K8) und in der sich der Beklagte nach dem Verweis des Klägers
auf die negative Bewertung für seine „schroffe Behauptung“ entschuldigt (Anlage
K3), ist das Gericht überzeugt, dass der Beklagte die Bewertung abgegeben hat.
Zudem hat der Beklagte auf Vorhalt der Bewertung letztlich eingeräumt, dass er
diese abgegeben habe.
b) Geschuldet war dem geschlossenen Kaufvertrag zufolge die „originale
Verpackung“.
aa) Entgegen der Ansicht des Beklagten war damit nicht
Vertragsgegenstand eine aktuelle, d.h. neue Verpackung der Firma … hierbei
würde es sich nämlich nicht um die „originale“ Verpackung für die
streitgegenständliche Ware gehandelt haben. Geschuldet war vielmehr diejenige
Verpackung, die der streitgegenständlichen Ware im Zeitpunkt ihrer Anschaffung
entsprach. Da das Gerät über 20 Jahre alt ist, war damit auch eine entsprechend
alte Verpackung geschuldet. Vertragsgegenstand war nicht die Anschaffung einer
neuen Verpackung für einen Burmester.
bb) Diese originale Verpackung hat der Kläger dem Beklagten übersandt.
Dies hat der Beklagte nicht nur ein seiner Nachricht über die
…-Kommunikationsplatzform vom 20.3.2016, 12.49 Uhr gegenüber dem Kläger
eingeräumt (Anlage K3), wo er schreibt: „Es stimmt mit der Verpackung:: DU
konntest überhaub8t keine andere Verpackung aufweisen, weil Du zur damaligen
Zeit keine andere Verpackung vorhanden war!!“; er hat zudem auf Nachfragen des
Gerichts in seiner persönlichen Anhörung bestätigt, dass die Ware in der
damaligen Originalverpackung von 1987/1988 versandt wurde.
cc) Die Bewertung des Beklagten „keine Originalverpackung“ ist damit
unzutreffend und falsch.
c) Der zweite Teil der Bewertung bezieht sich auf den Versand, der
aufgrund der mangelhaften Verpackung ein Risiko gewesen sein soll.
aa) Eine konkrete Schädigung der Ware hat der Beklagte nicht
nachgewiesen noch vorgetragen.
bb) Der Beklagte hat sich mit der vom Kläger gewählten Verpackungsart
einverstanden erklärt (Nachricht vom 16.3.2016, 13:42, Anlage K7).
cc) Darüber hinaus hat der Beklagte mit seiner Nachricht vom 16.3.2016,
13:42 Uhr (Anlage K10), nach Erhalt der Ware erklärt „808 ist unversehrt und
tollverpackt und gesichert gewesen“. Der Beklagte hat bestätigt, dass er diese
Nachricht übersandt hat, und ausgeführt, die Motivation für diese Nachricht sei
gewesen, „damit der Kläger eine Ruhe gibt und endlich aufhört“. Dies ist für
das Gericht nicht nachvollziehbar, da sich aus dem von den Parteien vorgelegten
Kommunikationsverlauf nicht ergibt, dass der Kläger nach Versand des Geräts
sich von sich aus an den Beklagten gewendet habe. Die Behauptung des Beklagten
ist auch insoweit nicht nachvollziehbar und schlüssig, als dass die Nachricht
mit der Bitte um Berücksichtigung bei weiteren Verkäufen endet („solltest Du
wieder einmal Dich von enem HIFI Denkmal trennen wollen – dann denk bitte an
mich!!“). Dieser Schlusssatz ist nicht vereinbar mit der Behauptung des
Beklagten, die Nachricht sei bloß auf Druck des Klägers geschrieben worden,
zumal der Beklagte im Übrigen keine konkreten Mängel des Geräts schildern kann.
Das Gericht ist somit davon überzeugt, dass die Verpackung nicht risikobehaftet
war.
dd) Die Behauptung des Beklagten in der Bewertung über die
risikobehaftete Verpackung ist damit aufgrund seiner eigenen, unbestrittenen Äußerungen
gegenüber dem Kläger widerlegt.
d) Die Bewertung geht auf die Frage der Versandart nicht ein.
aa) Insoweit ist für die Bewertung ohne Belang, ob der Kläger die vom
Beklagten geforderte Versandart wählte ober nicht.
bb) Darüber hinaus ist das Gericht aufgrund der Beweisaufnahme
überzeugt, dass der Kläger und der Beklagte sich nicht auf eine Abholung der
Ware beim Kläger geeinigt haben. Zwar hätte das Angebot des Klägers eine
derartige Abholung an sich zugelassen – hieß es doch bei Bezahlung „“Barzahlung
bei Abholung“. Allerdings ist die Nachricht des Beklagten vom 16.3.2016, 13:42
Uhr (Anlage K7) als eindeutiges Einverständnis des Beklagten in die Versendung
der Ware anzusehen, erklärt er sich darin doch mit der vorgeschlagenen
Verpackung einverstanden und bittet um Mitteilung der Sendungsnummer. Seine
Ankündigung, das Gerät abzuholen oder es per Spedition abholen zu lassen – die
entsprechende Nachricht hat der Beklagte vorgelegt – steht zeitlich vor seiner
Zustimmung zur vom Kläger gewählten Versandart und war damit zeitlich überholt.
3. Der Pflichtverstoß geschah schuldhaft. Der Beklagte hat selbst
eingeräumt, dass die Verpackung zutreffend war. Als Kenner von derartigen
Geräten, als welcher sich der Beklagte in der mündlichen Verhandlung gegenüber
dem Gericht erwiesen hat, hätte er es jedenfalls wissen müssen, zumal ein
sprechender Schriftwechsel zwischen dem Parteien vorausgegangen war, in dem
über die Originalität der Verpackung gestritten wurde.
4. Aufgrund der Pflichtverletzung hat der Kläger einen Schaden und eine
Beeinträchtigung seiner Rechte erlitten, der in den negativen Auswirkungen der
Bewertung des Beklagten auf das Kaufverhalten anderer …-Nutzer zu sehen ist.
Gerade das Bewertungsprofil eines …-Verkäufers trägt ganz wesentlich dazu
bei, ob und wie viele Käufer mitbieten und wieviel damit letztlich als
Kaufpreis gezahlt wird. Die Abgabe einer Gegenäußerung innerhalb des
…-Bewertungssystems kann diesem Schaden nicht abhelfen, bliebe damit doch die
falsche Bewertung stehen. Wird dieses Profil durch eine negative Bewertung
beeinflusst, ist darin selbst schon der Schaden zu sehen. Es leuchtet ein, dass
bei Vorhandensein mehrerer Anbieter der gleichen Ware derjenige einen Nachteil
hat, der mit einer ungerechtfertigten – negativen Beurteilung belastet ist im
Verhältnis zu nicht oder weniger belasteten Konkurrenten (AG Erlangen, MMR,
2004, 638). Die Bewertung eines Verkäufers ist das Aushängeschild für sein
Gewerbe. Negative Bewertungen führen jedoch dazu, dass ein Käufer vom ersten
Eindruck abgeschreckt ist und einen Verkäufer mit besseren Bewertungen vorzieht
(AG München, Az 142 C 20535/14). Die Abgabe der geforderten Erklärung durch den
Beklagten ist auch erforderlich, da … regelmäßig eine Zustimmung des Urhebers
für die Löschung einer Bewertung verlangt.
a) Die Beeinträchtigung ist hier einerseits die negative Bewertung.
Insoweit besteht ein Beseitigungsanspruch in Gestalt des geltend gemachten
Anspruchs auf Zustimmung zu Löschung der Bewertung … gegenüber.
b) Andererseits besteht ein Schadensersatzanspruch auf die angefallenen
Rechtsanwaltsgebühren, § 249 BGB.
aa)
Den Aufforderungen des Klägers auf Rücknahme der Bewertung mit Fristsetzung war
der Beklagte nicht nachgekommen. Mit Schriftsatz vom 14.4.2016 hat der
Prozessvertreter des Klägers den Beklagten abgemahnt.
bb) Aufgrund der ersichtlich falschen Bewertung, in der der Beklagte
bewusst zu Unrecht eine fehlende Originalverpackung rügt und im Widerspruch zu
seiner vorherigen Nachricht über die Qualität der Verpackung, diese
beanstandet, sowie den Umstand dass aufgrund dieser Bewertung unbestritten eine
Herabstufung der Bewertung des Klägers von 100 % auf 97,1 % stattgefunden hat,
erachtet das Gericht einen Gegenstandswert von 4.000,00 EUR für angemessen (§ 287
ZPO. Dies gilt auch deshalb, weil der Kläger bereits 465 weitere Bewertungen,
die allesamt positiv waren, erhalten hat.
cc) Gegen die 1,3 Geschäftsgebühr sprechen keine Bedenken.
III.
Der geltend gemachte Anspruch auf Abgabe der Erklärung sowie
Freistellung ergibt sich überdies aus §§ 1004 i.V.m. § 823 i.V.m. dem Recht auf
den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sowie §§ 1004, 824 BGB. Durch
die inhaltlich falsche Bewertung, die negative Auswirkungen auf die
Verkaufspraxis des Klägers hat, hat der Beklagte den Geschäftsbetrieb des
Klägers geschädigt und seinen Kredit gefährdet.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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AG München: Falsche eBay-Bewertung ist Pflichtverletzung des Kaufvertrages

Eine falsche Bewertung einer eBay-Transaktion stellt eine
Pflichtverletzung im Rahmen des Kaufvertrags dar und führt zu einem
Löschungsanspruch des falsch Bewerteten.
Der Kläger aus 58809 Neuenrade bot auf der eBay-Plattform
unter seinem Verkäufernamen einen ?Burmester 808 MK 3 Vollausstattung im
Best/Neu- Zustand, keine 100 Betriebsstunden? zum Verkauf an. In der
Beschreibung dazu hieß es:
?Der 808 MK3 wird in der Originalverpackung geliefert?.
Der Beklagte aus Neubiberg bei München kaufte am 12.03.16
unter seinem Benutzernamen den Artikel zum Preis von 7500 ?. Das Gerät wurde
von dem Kläger an den Beklagten mit der Originalverpackung versandt. Der
Beklagte gab auf dem Bewertungsportal über den Kauf folgende negative Bewertung
ab: ?Keine Originalverpackung, deshalb ist jeglicher Versand mehr als ein
Risiko!!!?. Die Bewertung des Klägers wurde daraufhin von 100 Prozent auf 97,1
Prozent herabgesetzt. Der Kläger forderte den Beklagten mehrfach zur
Zurücknahme der Bewertung auf.
Der Beklagte weigerte sich, dies zu tun. Der Verstärker
sei gegen seinen Willen versandt worden. Er habe dem Kläger mitgeteilt, dass er
die Ware persönlich abholen oder mit einer Spedition abholen lassen werde.
Dennoch sei die Ware vom Kläger versandt worden und zwar nicht im aktuellen
Karton von Burmester.
Der Kläger erhob Klage vor dem Amtsgericht München. Der
zuständige Richter verurteilte den Beklagten, der Entfernung der von ihm
abgegebenen negativen Bewertung auf dem von der eBay International AG
gestellten Formular ?Antrag auf Bewertungslöschung? zuzustimmen.
?Im Rahmen des zwischen den Parteien geschlossenen
Kaufvertrags trifft den Beklagten die Nebenpflicht, eine wahrheitsgemäße
Bewertung im eBay-Bewertungsportal über den Kläger und die Transaktion
abzugeben.
Wahrheitsgemäße Bewertungen nach einer eBay-Auktion sind
ein zentrales Informationsinstrument der Internetplattform eBbay, da damit
anderen potentiellen Käufern Informationen über frühere Käufe und damit
Kenntnisse über den Verkäufer, der ansonsten nicht greifbar ist und zuweilen
lediglich als beliebiger eBay-Mitgliedsname erscheint, vermittelt werden.
Bewertungen stellen damit quasi eine Kundenempfehlung
bzw. Warnung dar. Daraus ergibt sich ein zentrales Interesse des Verkäufers auf
eBbay an einer zutreffenden Bewertung. Dies spiegelt sich auch in § 6 Abs. 2
der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay wider. Danach besteht eine
Pflicht zu wahrheitsgemäßen Angaben und sachlich gehalten Bewertungen?, so das
Urteil.
Die Bewertung des Beklagten ?keine Originalverpackung?
war unzutreffend und falsch, da es sich tatsächlich um die originale Verpackung
gehandelt hat.
Außerdem habe sich der Beklagte im Rahmen des
E-Mail-Verkehrs mit der Versendung der Ware einverstanden erklärt, da er
ausdrücklich um die Mitteilung der Sendungsnummer gebeten habe.
Durch die Abgabe der falschen Bewertung ist, so das
Urteil, dem Kläger ein Schaden und eine Beeinträchtigung seiner Rechte
entstanden. ?Gerade das Bewertungsprofil eines eBay-Verkäufers trägt ganz
wesentlich dazu bei, ob und wie viele Käufer mitbieten und wieviel damit
letztlich als Kaufpreis gezahlt
wird.(?) Wird dieses Profil durch eine negative Bewertung
beeinflusst, ist darin selbst schon der Schaden zu sehen.(?) Die Bewertung
eines Verkäufers ist das Aushängeschild für sein Gewerbe. Negative Bewertungen
führen jedoch dazu, dass ein Käufer vom ersten Eindruck abgeschreckt ist und
einen Verkäufer mit besseren Bewertungen vorzieht?, so das Urteil.
Urteil des Amtsgerichts München vom 23.9.16, Aktenzeichen
142 C 12436 /16
Das Urteil ist rechtskräftig.

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AG München: Wer eine Fotografie eines anderen nutzt, indem er sie ins Internet einstellt, muss grundsätzlich auch den Fotografen nennen.

Ein Profifotograf, der im Auftrag eines Hotels Fotos von
diesem gemacht hat und dem Hotel die unbeschränkten Nutzungsrechte einräumt,
verzichtet damit nicht auf das Recht der Nennung seines Namens. Mit dieser
Begründung hat das Amtsgericht München einem Fotografen einen Schadensersatz in
Höhe von 655,96 Euro zugesprochen.

1. Oktober 2015 – Pressemitteilung 62/15

Foto und Fotograf
Wer eine Fotografie eines anderen nutzt, indem er sie ins
Internet einstellt, muss grundsätzlich auch den Fotografen nennen.
Ein Profi-Fotograf aus dem Landkreis München ist auf die
Herstellung von Hotelfotos spezialisiert. Im Jahr 2013 machte er von einem
Hotel in Friedrichshafen im Auftrag von dessen Geschäftsführer Fotografien zu
einem Honorar von knapp 1000 Euro. 13 der insgesamt 19 Bilder verwendete der
Geschäftsführer des Hotels auf der Webseite des Hotels und auf sechs
Hotelportalseiten im Internet, ohne den Namen des Fotografen zu nennen. Der
Fotograf verlangte daraufhin von dem Hotel die Unterlassung und Schadensersatz
in Höhe von 958,72 Euro. Daraufhin ergänzte das Hotel auf seiner Internetseite
den Fotografenhinweis, zahlte jedoch keinen Schadensersatz.
Der Fotograf erhob Klage vor dem Amtsgericht München.
Der zuständige Richter sprach ihm einen Schadensersatz in
Höhe von 655,96 Euro zu. Dadurch, dass das Hotel die Fotos auf der eigenen
Internetseite öffentlich zugänglich gemacht hat, hat es gegen das
Namensnennungsrecht des Fotografen verstoßen. Nach dem Gesetz hat der Fotograf
allein das Recht, darüber zu bestimmen, ob die Fotos nur mit seiner
Namensnennung verwendet werden dürfen. Er hat beim Vertragsschluss mit dem
Hotel nicht auf dieses Recht verzichtet. Soweit in dem Vertrag die
„unbeschränkten Nutzungsrechte“ dem Hotel eingeräumt werden, ist darin nicht
der Verzicht auf die Namensnennung beinhaltet. Grundsätzlich muss der Name des
Fotografen genannt werden. Eine eventuell abweichende Übung in der Branche hat
das Hotel nicht nachgewiesen. Das Hotel hätte daher vor Verwendung der Bilder
prüfen und sich erkundigen müssen, ob die Bilder ohne Nennung des Fotografen
benutzt werden dürfen. Durch die Nutzung der Fotografien ohne Benennung des
Fotographen wurden dessen Rechte verletzt. Die Höhe des Schadens hat das
Gericht wie folgt berechnet. Es ging -wie in der Rechtsprechung des
Amtsgerichts München üblich- von dem vereinbarten Honorar für die Nutzung der
Bilder aus und machte einen Zuschlag von 100 Prozent. Da von dem Hotel nur 13
der 19 Bilder eingestellt wurden, war nicht der ursprüngliche Gesamtpreis der
Bilder anzusetzen, den das Hotel im Jahr 2013 für die Herstellung der Bilder an
den Fotografen bezahlt hat, sondern nur der auf die 13 Bilder entfallende
Teilbetrag von 655,96 Euro.
Urteil des Amtsgerichts München vom 24.06.15, Aktenzeichen
142 C 11428/15

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
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Fast eine Sensation – AG München weist Filesharing-Klage der Kanzlei Waldorf Frommer ab

Man mag es kaum
glauben: Die Münchner Kanzlei Waldorf
Frommer Rechtsanwälte
hat in einem Verfahren wegen Filesharing vor dem
Leib- und Magengericht dem Amtsgericht München den Prozess verloren.


Vorliegend
 war ein Anschlussinhaber von der wegen Filesharing im Auftrag der
Sony Music Entertainment Germany GmbH
abgemahnt worden. Ihm war vorgeworfen worden, dass über seinen Anschluss
Urheberrechtsverletzungen durch illegales Filesharing der Musikalben „Für Dich immer noch Fanta Sie“ der
Musikgruppe   „Die
Fantastischen Vier“
und „Jackpot“
von dschungelleidgeplagten Michael
Wendler
über eine Tauschbörse im Internet verbreitet zu haben.


Wie üblich hat
die Kanzlei Waldorf Frommer vorgetragen, dass der Anschlussinhaber die
tatsächliche Vermutung seiner Täterschaft nicht habe widerlegen können. Dies
ergebe sich daraus, da sowohl der als möglicher Täter benannte Stiefbruder als
auch die ebenso benannte  Freundin des
Anschlussinhabers bestritten haben, dass sie die Urheberrechtsverletzungen
durch Filesharing begangen hätten.


Das Amtsgericht
München wies die Klage der Kanzlei Waldorf Frommer mit Urteil
vom 10.06.2015, (Az. 155 C 23521/13)
ab.


Das Gericht führt
zu den Anforderungen der sekundären Darlegungslast aus

:
Aus dieser Vermutung ergibt sich für den Beklagten eine
sekundäre Darlegungslast, die es ihm verwehrt, sich auf ein an sich zulässiges
einfaches Bestreiten der Rechtsverletzung zurückzuziehen. Eine Entkräftung der
tatsächlichen Vermutung setzt vielmehr hinsichtlich aller fraglicher Tatzeitpunkte
Sachvortrag voraus, nach dem die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein
ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die
behauptete Rechtsverletzung
genutzt hat (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.2012, Az. 1 ZR 7
4/12 – „Morpheus“). Dabei ist an den Sachvortrag bezüglich Detailgrad
und Plausibilität ein strenger Maßstab anzulegen (Landgericht München 1, Urteil
vom 22.03.2013, Az. 21 S 28809/11 ). Maßgeblich sind dabei die konkreten
Umstände des Einzelfalls.
Eine gesetzliche oder höchstrichterliche Vorgabe zum Umfang
der sekundären Darlegungslast, welche Angaben zwingend erfolgen müssen und
welche konkreten Nachforschungsmaßnahmen, insbesondere im familiären Umfeld,
zumutbar und mit dem Persönlichkeitsrecht weiterer zugriffsberechtigter Personen
vereinbar sind, besteht bislang nicht.
Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr
der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und
Erklärungslast (§138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des
Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten
Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären
Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls
welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten
und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (vgl. OLG Hamm, MMR 2012,
40 f.; Beschluss vom 4. November 2013 – 22 W 60/13, juris Rn. 7; OLG Köln, GRUR
– RR 2012, 329, 330; OLG Frankfurt am Main, GRUR – RR 2013, 246; LG Köln, ZUM
2013, 67, 68). In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im 
Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen
verpflichtet (vgl. zur Recherchepflicht beim Verlust oder einer Beschädigung
von Transportgut BGH, Urteil vom 11. April 2013 – ZR 61 /12, TranspR 2013, 437
Rn. 31; insoweit aA OLG Hamm, MMR 2012, 40f.; OLG Köln, GRUR- RR 2012, 329,
330; LG München 1, MMR 2013, 396, vgl. BGH 08.01.2014, Az: 1ZR169 /12 – Bear Share).
Entsprechend obliegt es sodann der Klägerseite, den Beweis der Täterschaft des
Beklagten zu führen und den Vortrag des Beklagten zu entkräften bzw. eine
zunächst plausible Einlassung des Beklagten zu erschüttern.
Und auch zur
Störerhaftung findet das AG München eher von dort ungewohnte Worte:


Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf
Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu
sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des
geschützten Rechts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder
Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern
der lnanspruchgenommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung
dieser Handlung hatte. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte
erstreckt werden darf, die weder als Täter noch als Teilnehmer für die
begangene Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden können, setzt die
Haftung als Störer nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die Verletzung
zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten, voraus. Ob
und inwieweit dem als Störer lnanspruchgenommenen eine Verhinderung der
Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen
Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und
Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die
rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGHZ 185,
330 Rn.19 – Sommer unseres Lebens; BGH, GRUR 2013, 11 Rn. 41 – Morpheus; BGH,
Urteil vom 16. Mai 2013 – 1 ZR 216/11, GRUR 2013, 1229 Rn. 34 = WRP 2013, 1612
– Kinderhochstühle im Internet II, mwN; vgl. BGH 08.01.2014, Az: 1ZR169 /12 –
Bear Share).


Der Inhaber eines Internetanschlusses ist grundsätzlich
nicht verpflichtet, volljährige Familienangehörige über die Rechtswidrigkeit
einer Teilnahme an Internettauschbörsen oder von sonstigen Rechtsverletzungen
im Internet zu belehren und ihnen die Nutzung des Internetanschlusses zur
rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen oder zu sonstigen
Rechtsverletzungen im Internet zu verbieten, wenn keine konkreten Anhaltspunkte
für eine solche Nutzung bestehen vgl. BGH 08.01.2014, Az: 1ZR169 /12- Bear
Share).


Ich bin gespannt,
ob dieses aus meiner Sicht richtige aber noch nicht rechtskräftige Urteil des
AG München Bestand haben wird. Dies wird man nach einer möglichen Berufung
sehen, denn das Urteil widerspricht bereits der unlängst verbreiteten Pressemitteilung
des AG München
mit welchem sich das Gericht zu den Pflichten des
abgemahnten Anschlussinhabers noch ganz anders ausgelassen hat. Und auch die
Kanzlei Waldorf Frommer vertritt eine andere Rechtsauffassung.


Die jetzige Entscheidung
des Amtsgerichts München steht demgegenüber im Einklang mit der
höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH,
Urteil vom 8. Januar 2014 – I ZR 169/12 – BearShare
).
Dieser Auffassung
sind bereits die meisten Amtsgerichte und Landgerichte sehr zum Leidwesen der
Musik- und Filmindustrie gefolgt.
Wie dies im Lichte der drei
aktuellen BGH-Entscheidungen vom 11. Juni 2015, welche der BGH ganz originell
Tauschbörse I, Tauschbörse II und Tauschbörse III benannt hat, zu
beurteilen wird, wird sich zeigen.

Es bleibt auf jeden Fall spannend
an der Abmahnfront.
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Filesharing: AG München versus BGH oder die Mär von der sekundären Darlegungslast

Vor dem Amtsgericht München war es schwer in Verfahren
wegen angeblichen Filesharing gegen die Hauskanzlei Waldorf Frommer
Rechtsanwälte zu gewinnen oder auch nur eine Chance zu haben und es bleibt auch
in Zukunft nahezu unmöglich.
Das offenbart die Pressemitteilung
 des AG München vom 03.07.2015
über
ein Urteil vom 09.10.2014 (Az.: 142 C 3977/15). Auch die Kanzlei Waldorf
Frommer berichtet selbstverständlich darüber,
 zeigt die eigene
Statistik
doch, das gerade der Standort München den Klagen der Kanzlei
Waldorf Frommer eher wohlgesonnen ist.  Jetzt
darf man natürlich nicht überrascht sein, hat das AG München doch schon  mit der Pressemitteilung
vom 16.11.2011
für Aufsehen gesorgt und damit auch die Rechtsprechung in
Filesharing-Verfahren am Gerichtsstandort München zementiert.
In der aktuellen Pressemitteilung
des AG München wird das Festhalten an der umfassende Nachforschungspflicht des
abgemahnten Anschlussinhabers in Fällen von angeblichen Filesharing wie folgt
begründet:  
Bei
einer derartigen Rechtsverletzung müsse der Anschlussinhaber darlegen, dass er
für die Rechtsverletzung nicht verantwortlich ist. Die Beklagte treffe eine
sog. sekundäre Darlegungslast. Dafür sei erforderlich, dass sie als
Anschlussinhaberin darlegt, dass die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass
allein eine andere Person und nicht sie selbst den Internetzugang zum
fraglichen Zeitpunkt genutzt hat. Das AG München verlangt in Übereinstimmung
mit der Rechtsprechung des BGH, dass der Anschlussinhaber Tatsachen darlegen
muss, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit ergibt, dass eine andere Person
den Internetanschluss benutzt hat. Die Beklagte müsse weiterhin vortragen,
welche anderen Personen selbständigen Zugang zu ihrem Internetanschluss gehabt
hätten und als Täter der Urheberrechtsverletzung in Betracht kommen. Sie müsse dafür umfangreiche
Nachforschungen zu den potentiellen Anschlussnutzern und ihrem
Nutzungsverhalten anstellen, die möglichen Täter befragen und diese dem Gericht
– namentlich – mitteilen.




Die hier
postulierten Anforderungen entsprechen nach meiner Auffassung  nicht den Vorgaben der Rechtsprechung des BGH
zur Frage der sekundären Darlegungslast entsprechen, hat doch der
 BGH
mit
 Urteil vom 8. Januar 2014 – I ZR 169/12 – BearShare entschieden, dass der
Anschlussinhaber nicht für volljährige Familienmitglieder und Mitbewohner
haftet, die ohne seine Kenntnis Rechtsverletzungen begehen. Mit
Urteil vom 15.11.2012 – I ZR 74/12 – Morpheus hat der BGH entschieden, dass die
Haftung der Eltern in Fällen in denen Minderjährige die
Urheberrechtsverletzungen begangen haben, davon abhängt, ob sie ihre Kinder
über die verbotene Teilnahme an Internettauschbörsen im Vorfeld aufgeklärt
haben und zu keiner Zeit davon ausgehen konnten, dass ihr Kind sich nicht an
das Verbot hält. Und schließlich hat der BGH mit
Urteil
vom 12. Mai 2010, Az. I ZR 121/08 – „Sommer unseres Lebens
entschieden, dass für einen Anschlussinhaber
keine Haftung bei ausreichend gesichertem WLAN besteht.
Im Gegensatz dazu konstruiert das Amtsgericht München via
Pressemitteilung
, und dies in
Übereinstimmung
mit der Berufungsinstanz Landgericht  München
,  eine Umkehr der Beweislast, welche den Anforderungen an die sog. sekundäre Darlegungslast
nicht entspricht und damit eindeutig im Widerspruch zur Rechtsprechung
 des BGH steht, welche in den vorgenannten
Entscheidungen ausdrücklich und wiederholt betont, dass eine Pflicht, das
Nutzungsverhalten naher Angehöriger zu überwachen, nicht besteht.

Dies hat der BGH in der Entscheidung  BearShare mit  Urteil vom 8. Januar 2014 – I ZR 169/12
eindeutig
festgehalten:
Die
sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu
einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1
und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem
Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu
verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast
dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen
Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter
der Rechtsverletzung in Betracht kommen (vgl. OLG Hamm, MMR 2012, 40 f.;
Beschluss vom 4. November 2013 – 22 W 60/13, juris Rn. 7; OLG Köln, GRUR-RR
2012, 329, 330; OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2013, 246; LG Köln, ZUM 2013,
67, 68; LG München I, MMR 2013, 396). In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber
im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (vgl. zur
Recherchepflicht beim Verlust oder einer Beschädigung von Transportgut BGH,
Urteil vom 11. April 2013 – I ZR 61/12, TranspR 2013, 437 Rn. 31; insoweit aA
OLG Hamm, MMR 2012, 40 f.; OLG Köln, GRUR-RR 2012, 329, 330; LG München I, MMR
2013, 396).
Wenn das AG München dann aber in der
Pressemitteilung  die tatsächlichen
Feststellungen wie folgt beschreibt und als nicht ausreichend einordnet führt
dies eben zu einer klaren Beweislastumkehr:

Die
Beklagte habe dem Gericht mitgeteilt, dass ihr Ehemann und ihre beiden Söhne,
Jahrgang 1993 und 1994, im Haushalt leben und jeder einen eigenen Laptop
verwendet. Sie hätten das Internet für Emails genutzt und zu Zwecken der
Information. Die Beklagte selbst habe zudem Informationen speziell zu
Kochthemen aus dem Internet bezogen.
In
der mündlichen Verhandlung habe die Beklagte auf Nachfragen des Gerichts
vorgetragen, dass der Anschluss mit einem individuellen Passwort verschlüsselt
sei. Die Art der Verschlüsselung sei ihr aber nicht bekannt, da dies von ihrem
Ehemann gemacht worden sei. Sie hätte damals einen Tower gehabt, ihr Mann und
die Söhne jeweils einen Laptop. Ihr Ehemann habe mit Sicherheit nichts mit
Tauschbörsen gemacht. Ob die Söhne an Tauschbörsen teilnähmen, wisse sie nicht;
auf Nachfrage hätten sie es abgestritten. Zugegeben habe die
streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung keiner. In technischer Hinsicht
hätten alle vier Haushaltsmitglieder Tauschbörsen-Software installieren können.
Als Täter habe sie den großen Sohn in Verdacht, es könne aber auch der Kleinere
gewesen sein. Ob am Tattag alle zu Hause gewesen waren, wisse sie nicht mehr,
sie gehe aber davon aus, da es sich dabei um einen Sonntag gehandelt habe und
alle am nächsten Tag in die Schule oder zur Arbeit hätten gehen müssen. Auf
ihrem Rechner sei keine Filesharing-Software installiert gewesen; die Rechner
von Ehemann und Kinder habe sie nicht überprüft. Die Beklagte räumte ein, dass
sie es im Grunde nicht wisse, ob ihre Söhne Filme im Rechner angeschaut hätten.
Ebenso wenig wisse sie, was ihr Mann im Internet macht. Auch hinsichtlich des
Nutzungsverhaltens habe sie sich in Widersprüche verstrickt. Im Ergebnis habe
die Beklagte nichts Konkretes zum Internetverhalten der Mitbenutzer
vorgetragen. Sie sei damit ihrer Nachforschungspflicht nicht genügend
nachgekommen.

Das Amtsgericht München formuliert somit klar und
deutlich und wider die BGH-Rechtsprechung die Überwachung der
Familienangehörigen und steht  mit dieser
Forderung im krassen Widerspruch zum Schutz der Familie aus Art. 6 Abs. 1
Grundgesetz
. Dies hat der BGH in der Entscheidung  BearShare mit
 Urteil
vom 8. Januar 2014 – I ZR 169/12
klar gestellt:
Danach
ist bei der Überlassung eines Internetanschlusses an volljährige
Familienangehörige zu berücksichtigen, dass zum einen die Überlassung durch den
Anschlussinhaber auf familiärer Verbundenheit beruht und zum anderen
Volljährige für ihre Handlungen selbst verantwortlich sind. Im Blick auf das –
auch grundrechtlich geschützte (Art. 6 Abs. 1 GG) – besondere
Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen und die Eigenverantwortung
von Volljährigen, darf der Anschlussinhaber einem volljährigen
Familien-angehörigen seinen Internetanschluss überlassen, ohne diesen belehren
oder überwachen zu müssen; erst wenn der Anschlussinhaber – etwa aufgrund einer
Abmahnung – konkreten Anlass für die Befürchtung haben muss, dass der
voll-jährige Familienangehörige den Internetanschluss für Rechtsverletzungen
missbraucht, hat er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen
Maßnahmen zu ergreifen.

Will ein abgemahnter Anschlussinhaber den Anforderungen,
die das Amtsgericht München hier aufstellt, genügen, so kann er das nur, wenn
der Anschlussinhaber  seine Familie
überwacht. Konkret soll er das Nutzungsverhalten seines Ehepartners und seiner
Kinder überwachen und dokumentieren, und zwar anlasslos, denn ansonsten kann er
Jahre nach der möglichen Tat die Fragen der Richter des Amtsgericht München
nicht beantworten. Und neben der anlasslosen Überwachung soll dann
schlussendlich auch noch der Täter benannt werden, damit es den Abmahnkanzleien
nicht so schwer gemacht wird im nächsten Step gegen diesen vorzugehen. Nichts anderes
als das Aufbrechen und Aufweichen des Zeugnisverweigerungsrecht wird hier vom
AG München gefordert.

Denn der abgemahnte Anschlussinhaber steht somit vor der
Wahl zwischen Pest und Cholera, entweder er wird selber verurteilt weil er den
überzogenen Anforderungen des AG München an die sekundäre Darlegungslast nicht
genügt, oder aber benennt den Täter aus der Familie und wirft im Zweifel die
eigenen Kinder der Justiz und in erster Linie den Abmahnkanzleien dem Fraß vor.

Was ist schon der Schutz der Familie aus Art. 6 GG wert
und was die Rechtsprechung des BGH, wenn man 
vor dem AG München wegen angeblichen Filesharing verklagt wird?

„Nichts“, will man antworten, „die hohe See“ fällt einem
spontan ein.

„Vielleicht, aber nur ganz vielleicht will da ein
Gerichtsstandort signalisieren, dass es sich lohnt jeden, aber wirklich auch
jeden Fall des angeblichen Filesharings zur Klage zu bringen. Zumindest wo das
geographisch möglich ist um in München zu landen.“