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BGH – Quadratische Verpackung für Ritter-Sport-Schokolade bleibt als Marke geschützt

Bundesgerichtshof

 Mitteilung der Pressestelle

Nr. 093/2020 vom 23.07.2020

 Quadratische Verpackung für Ritter-Sport-Schokolade
bleibt als Marke geschützt

 

Beschlüsse vom 23. Juli 2020 – I ZB 42/19 und I ZB 43/19

 Der unter anderem für das Markenrecht zuständige I.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute die Anträge auf Löschung von zwei
für Tafelschokolade eingetragenen Marken in Form quadratischer Verpackungen
zurückgewiesen. Damit steht fest, dass diese Verpackungen weiterhin als Marken
geschützt sind. 

 

Sachverhalt:

 Für die Markeninhaberin sind seit 1996 und 2001 zwei dreidimensionale
Formmarken als verkehrsdurchgesetzte Zeichen für die Ware
„Tafelschokolade“ registriert. Sie zeigen in zwei verschiedenen
Größen jeweils die Vorderseite und die Rückseite einer Verpackung mit einer
quadratischen Grundfläche sowie zwei seitlichen Verschlusslaschen und einer
weiteren Verschlusslasche auf der Rückseite. Dabei handelt es sich um die
neutralisierten Verpackungen der Tafelschokoladen „Ritter Sport“ und
„Ritter Sport Minis“.

 

Bisheriger Verfahrensverlauf:

 

Die Antragstellerin hat beim Deutschen Patent- und
Markenamt in zwei Verfahren jeweils die Löschung der Marken beantragt. Das
Deutsche Patent- und Markenamt hat die Anträge zurückgewiesen. Auf die
Beschwerden der Markeninhaberin hat das Bundespatentgericht die Löschung der Marken
angeordnet. Es hat angenommen, die Zeichen seien nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
von der Eintragung ausgeschlossen, weil sie ausschließlich aus einer Form
bestünden, die durch die Art der Ware selbst bedingt sei. Auf die
Rechtsbeschwerden der Markeninhaberin hat der Bundesgerichtshof diese
Entscheidungen aufgehoben und die Verfahren an das Bundespatentgericht
zurückverwiesen. Er hat ausgeführt, das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG liege nicht vor; das Bundespatentgericht habe deshalb die von ihm
offengelassene Frage zu prüfen, ob das Eintragungshindernis des § 3 Abs. 2 Nr.
3 MarkenG bestehe. Danach sind Zeichen, die ausschließlich aus einer Form
bestehen, die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht, dem Schutz als Marke
nicht zugänglich. Das Bundespatentgericht hat angenommen, dieses
Schutzhindernis liege nicht vor, und hat die Beschwerden der Antragstellerin
zurückgewiesen. Dagegen hat nun die Antragstellerin Rechtsbeschwerden beim
Bundesgerichtshof eingelegt.

 

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs: 

 Der Bundesgerichtshof hat die Rechtsbeschwerden
zurückgewiesen. Die Löschungsanträge sind nicht begründet. Die eingetragenen
Marken bestehen nicht ausschließlich aus einer Form, die der Ware einen
wesentlichen Wert verleiht. Das einzige wesentliche Merkmal der als Marken
eingetragenen Warenverpackungen sind deren quadratische Grundflächen. Diese
verleihen der in den Verpackungen vertriebenen Tafelschokolade keinen
wesentlichen Wert. Maßgeblich für die insoweit erforderliche Beurteilung sind Beurteilungskriterien
wie die Art der in Rede stehenden Warenkategorie, der künstlerische Wert der
fraglichen Form, ihre Andersartigkeit im Vergleich zu anderen auf dem
jeweiligen Markt allgemein genutzten Formen, ein bedeutender Preisunterschied
gegenüber ähnlichen Produkten oder die Ausarbeitung einer
Vermarktungsstrategie, die hauptsächlich die ästhetischen Eigenschaften der
jeweiligen Ware herausstreicht. Das Schutzhindernis liegt vor, wenn aus
objektiven und verlässlichen Gesichtspunkten hervorgeht, dass die Entscheidung
der Verbraucher, die betreffende Ware zu kaufen, in hohem Maß durch dieses
Merkmal bestimmt wird.

 

Auf der Grundlage der vom Bundespatentgericht getroffenen
Feststellungen kann nicht angenommen werden, dass die Entscheidung der
Verbraucher, die in den quadratischen Verpackungen vertriebene Tafelschokolade
zu kaufen, in hohem Maße dadurch bestimmt wird, dass diese Verpackungsform der
Schokolade einen wesentlichen Wert verleiht. Nach den Feststellungen des
Bundespatentgerichts hat die quadratische Form der Verpackung keinen besonderen
künstlerischen Wert und führt auch nicht zu bedeutenden Preisunterschieden
gegenüber ähnlichen Produkten. Die Markeninhaberin verfolgt zwar eine
Vermarktungsstrategie, in der sie die quadratische Form der Verpackung mit dem
bekannten Werbespruch „Quadratisch. Praktisch. Gut.“ herausstellt.
Dies kann zwar dazu führen, dass die Entscheidung der Verbraucher, die
Schokolade zu erwerben, durch die quadratische Form der Verpackung bestimmt
wird, weil die Verbraucher darin einen Hinweis auf die Herkunft der Schokolade
aus einem bestimmten Unternehmen sehen und damit bestimmte Qualitätserwartungen
verbinden. Darauf kommt es aber nicht an. Vom Markenschutz ausgeschlossen ist
die Form einer Ware oder einer Verpackung nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG nur
dann, wenn sie der Ware einen wesentlichen Wert verleiht. Dafür bestehen im
Fall der hier in Rede stehenden quadratischen Tafelschokolade-Verpackungen
keine Anhaltspunkte.

 

Vorinstanzen:

BPatG – Beschlüsse vom 4. November 2016 – 25 W (pat)
78/14

BGH – Beschlüsse vom 18. Oktober 2017 – I ZB 105/16, BGHZ
216, 208 – Quadratische Tafelschokoladenverpackung I und I ZB 106/16 

BPatG – Beschlüsse vom 13. Dezember 2018 – 25 W (pat)
78/14

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 3 Abs. 2 Nr. 1 und 3 MarkenG (in der bis zum 13. Januar
2019 geltenden Fassung) 

Dem Schutz als Marke nicht zugänglich sind Zeichen, die
ausschließlich aus einer Form bestehen, 1. die durch die Art der Ware selbst bedingt
ist, […] 3. die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht. 

Karlsruhe, den 23. Juli 2020 

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

76125 Karlsruhe

Telefon (0721) 159-5013

Telefax (0721) 159-5501

 

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BGH – Warnwetter-App nicht werbefrei und nicht kostenfrei zulässig

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Deutsche
Wetterdienst (DWD) eine App mit zahlreichen über Wetterwarnungen hinausgehenden
Informationen zum Wetter nicht kostenlos und werbefrei anbieten darf.

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Der BGH folgt dem EuGH und das ist gut für Onlinekäufer von Matratzen

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom 03.07.2019 – Az. VIII ZR 194/18 entschieden, dass es sich bei einem
Kaufvertrag, den ein Verbraucher mit einem Online-Händler über eine Matratze
schließt, die ihm mit einer Schutzfolie versiegelt geliefert wird, nicht um
einen Vertrag zur Lieferung versiegelter Waren handelt, die aus Gründen des
Gesundheitsschutzes oder der Hygiene zur Rückgabe ungeeignet sind, wenn die
Versiegelung nach der Lieferung entfernt wird (§ 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB). Dem
Verbraucher steht daher auch dann das Recht zu, seine auf den Vertragsschluss
gerichtete Willenserklärung gemäß § 312g Abs. 1 BGB zu widerrufen, wenn er die
Schutzfolie entfernt hat.
Diese Rechtsprechung folgt im Ergebnis und in der Begründung
den Maßstäben, die der Gerichtshof auf den Vorlagebeschluss des Senats vom 15.
November 2017 hin im Urteil vom 27. März 2019 (C-681/17) vorgegeben hat. Denn
die deutsche Ausnahmevorschrift des § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB geht auf die
gleichlautende europarechtliche Vorschrift des Art. 16 Buchst. e der
Verbraucherrechterichtlinie zurück, die der deutsche Gesetzgeber vollständig in
deutsches Recht umsetzen wollte.
Leitsatz:
Schließt ein Verbraucher mit einem Online-Händler einen
Kaufvertrag über eine neue Matratze, die ihm mit einer Schutzfolie versiegelt
geliefert wird, handelt es sich hierbei nicht um einen Vertrag zur Lieferung
versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene
nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung
entfernt wird (§ 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB). Dem Verbraucher steht daher auch dann
das Recht zu, seine auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung gemäß §
312g Abs. 1 BGB zu widerrufen, wenn er die Schutzfolie entfernt hat.

Tatbestand:
Die Beklagte ist eine Onlinehändlerin, die unter anderem
Matratzen vertreibt. Der Kläger bestellte zu privaten Zwecken am 25. November
2014 über die Website der Beklagten eine Matratze „D. N. B.“ zu einem
Kaufpreis von 1.094,52 €. In der Rechnung der Beklagten vom 26. November 2014
wurde auf dort abgedruckte Allgemeine Geschäftsbedingungen hingewiesen, in
denen auch eine „Widerrufsbelehrung für Verbraucher“ enthalten ist.
Darin heißt es auszugsweise:
„(…)      
Wir tragen die Kosten der Rücksendung der Waren.      
(…)        
Ihr Widerrufsrecht erlischt in folgenden Fällen vorzeitig:
Bei Verträgen zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes
oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach
der Lieferung entfernt wurde.“
Die Matratze war bei Lieferung an den Kläger mit einer
Schutzfolie versehen, die der Kläger in der Folgezeit entfernte. Mit E-Mail vom
9. Dezember 2014 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten:
„Sehr geehrte Damen und Herren,         
ich muss die Matratze (…) leider an Sie zurücksenden.
Aufgrund des hohen Gewichts muss die Rücksendung wohl durch eine Spedition
durchgeführt werden. Können Sie dieses bitte veranlassen? Vorzugsweise an einem
Termin noch diese Woche.   
Mit freundlichen Grüßen            
(…)“      
Da die Beklagte den erbetenen Rücktransport nicht
veranlasste, gab der Kläger den Transport selbst zu Kosten von 95,59 € in
Auftrag.         
Die auf Erstattung des Kaufpreises und der Transportkosten,
insgesamt 1.190,11 €, nebst Zinsen sowie auf Freistellung von vorgerichtlichen
Anwaltskosten gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt. Das
Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass es sich bei einer Matratze nicht
um einen Hygieneartikel im Sinne des § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB handele, so dass
der Widerruf auch nach dem Entfernen der Schutzfolie durch den Kläger nicht
ausgeschlossen gewesen sei. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision
verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Der Senat hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (im
Folgenden: Gerichtshof) unter anderem die Frage zur Vorabentscheidung gemäß
Art. 267 Abs. 3 AEUV vorgelegt, ob Art. 16 Buchst. e der
Verbraucherrechterichtlinie dahin auszulegen ist, dass zu den dort genannten
Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen nicht
zur Rückgabe geeignet sind, auch Waren (wie etwa Matratzen) gehören, die zwar
bei bestimmungsgemäßem Gebrauch direkt mit dem menschlichen Körper in Kontakt
kommen, aber durch geeignete (Reinigungs-)Maßnahmen des Unternehmers wieder
verkehrsfähig gemacht werden können (Senatsbeschluss vom 15. November 2017 –
VIII ZR 194/16, NJW 2018, 453). Zugleich hat der Senat das Verfahren gemäß §
148 ZPO analog bis zur Entscheidung des Gerichtshofs ausgesetzt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg. 
I.            
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung
im Wesentlichen ausgeführt:    
Das Amtsgericht habe der Klage zu Recht stattgegeben, da der
Kläger seine auf den Kauf der Matratze gerichtete Willenserklärung gegenüber
der Beklagten wirksam widerrufen habe (§ 312g Abs. 1, § 355 Abs. 1 BGB).              
Aus der E-Mail des Klägers vom 9. Dezember 2014 gehe dessen
Wille zum Widerruf mit hinreichender Deutlichkeit im Sinne des § 355 Abs. 1
Satz 3 BGB hervor; denn aus seiner Äußerung ergebe sich, dass er den Vertrag
nicht mehr gelten lassen wolle.       
Bei der Matratze handele es sich auch nicht um einen
Hygieneartikel im Sinne des § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB, so dass der Widerruf auch
nach Entfernen der Schutzfolie durch den Kläger nicht ausgeschlossen gewesen
sei.       
Soweit der Leitfaden der Generaldirektion Justiz der
Europäischen Kommission zur Auslegung der Verbraucherrechterichtlinie in Bezug
auf deren Art. 16 Buchst. e ausführe, dass die Ausnahme vom Widerrufsrecht auch
für „Auflegematratzen“ gelten könnte, sei dies als beispielhafte
Nennung, nicht jedoch als verbindliche Regelung zu verstehen.   
Entscheidend sei, ob hygienische Gründe einer
Wiederveräußerung des Kaufgegenstands durch den Unternehmer entgegenstünden.
Dies sei jedenfalls bei Artikeln der Fall, die bei bestimmungsgemäßer Nutzung
durch den Käufer intensiv mit dem Körper in Kontakt kämen, wie etwa Zahnbürsten
oder sogenannte Earphones. Darüber hinaus sei der Begriff „aus
hygienischen Gründen“ auslegungsbedürftig. Da es sich bei § 312g Abs. 2
BGB um eine Ausnahmevorschrift zu einem grundsätzlich gegebenen Widerrufsrecht
handele, verbiete sich eine weite Auslegung. Bei Waren, die sich, wenn auch mit
einigem Aufwand, wieder verkehrsfähig machen ließen, komme ein Ausschluss des Widerrufsrechts
nicht in Betracht. So verhalte es sich zum Beispiel bei auf dem Körper
getragener Badewäsche oder Unterwäsche, aber auch bei Matratzen. Bei einem Kauf
im Geschäft sei die Anprobe von Badewäsche auf der Haut üblich, ohne dass die
Wäsche danach für einen neuen Kaufinteressenten gereinigt werde. Badewäsche
werde, ebenso wie Unterwäsche, vor dem erstmaligen Tragen nach dem Kauf von dem
Käufer gewaschen oder gereinigt. Nichts anderes geschehe, wenn der
Online-Verkäufer Kleidungsstücke, Schuhe oder auch Matratzen zurückerhalte, die
getragen oder benutzt worden seien. Er werde diese Gegenstände vor einem
Weiterverkauf mit einigem Aufwand reinigen und in einen hygienisch
einwandfreien Zustand versetzen müssen. Ob danach ein Weiterverkauf als neu,
neuwertig oder gebraucht möglich sei oder ob die Ware einen Wertverlust
erlitten habe, bedürfe im Streitfall keiner Entscheidung.  
II.           
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so
dass die Revision zurückzuweisen ist.
Bei dem von den Parteien im Wege des Onlinehandels
geschlossenen Kaufvertrag handelt es sich um einen Fernabsatzvertrag im Sinne
des § 312c BGB, der nach § 312g Abs. 1 BGB von dem Verbraucher ohne Angabe von
Gründen (vgl. Senatsurteil vom 16. März 2016 – VIII ZR 146/15, NJW 2016, 1951
Rn. 20) widerrufen werden kann. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen,
dass der Kläger seine auf den Kaufvertragsschluss gerichtete Willenserklärung
mit der E-Mail vom 9. Dezember 2014 wirksam nach § 312g Abs. 1, § 355 Abs. 1
BGB widerrufen hat mit der Folge, dass die empfangenen Leistungen nach § 357
Abs. 1 BGB zurückzugewähren sind.            
1. Das Widerrufsrecht des Klägers ist – entgegen der
Auffassung der Revision – im Streitfall nicht nach § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB
ausgeschlossen, weil es sich – wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat
– bei der an den Kläger gelieferten Matratze nicht um eine Ware handelt, die
aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe
geeignet ist, wenn ihre Versiegelung – wie hier durch die Entfernung der
Schutzfolie geschehen – nach der Lieferung entfernt wird.      
a) Der Wortlaut des § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB geht zurück auf
die nahezu wortgleiche Formulierung des Art. 16 Buchst. e der Richtlinie
2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über
die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates
und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie
zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG
des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden:
Verbraucherrechterichtlinie), die nach dem Willen des deutschen Gesetzgebers
vollständig umgesetzt werden sollte. Dort heißt es:     
„Die Mitgliedstaaten sehen bei Fernabsatzverträgen und
außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen kein Widerrufsrecht nach
den Art. 9 bis 15 vor, wenn versiegelte Waren geliefert werden, die aus Gründen
des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen nicht zur Rückgabe geeignet
sind und deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.“
b) Der damit zur verbindlichen Auslegung von Unionsrecht
allein berufene Gerichtshof hat die ihm vom Senat mit Beschluss vom 15.
November 2017 vorgelegte Frage, ob versiegelt gelieferte Matratzen unter den
oben zitierten Ausnahmetatbestand fallen, mit Urteil vom 27. März 2019
(C-681/17, NJW 2019, 1507) wie folgt im Leitsatz seiner Entscheidung
beantwortet:       
„Art. 16 Buchst. e der Richtlinie 2011/83/EU des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der
Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der
Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur
Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates ist dahin auszulegen, dass eine Ware wie
eine Matratze, deren Schutzfolie vom Verbraucher nach der Lieferung entfernt
wurde, nicht unter den Begriff „versiegelte Waren …, die aus Gründen des
Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen nicht zur Rückgabe geeignet sind
und deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde“ im Sinne dieser
Vorschrift fällt.“          
Zu dieser Auffassung ist der Gerichtshof vor allem mit Blick
auf den Sinn und Zweck des dem Verbraucher bei Fernabsatzverträgen eingeräumten
Widerrufsrechts gelangt. Das Widerrufsrecht solle den Verbraucher in der
besonderen Situation eines Vertragsabschlusses im Fernabsatzhandel schützen, in
der er keine konkrete Möglichkeit habe, das Erzeugnis vor Abschluss des
Vertrages zu sehen oder die Eigenschaften der Dienstleistung zur Kenntnis zu
nehmen. Dieser Nachteil solle mit dem Widerrufsrecht ausgeglichen werden, das
dem Verbraucher eine angemessene Bedenkzeit einräume, in der er die Möglichkeit
habe, die gekaufte Ware zu prüfen und auszuprobieren. Insoweit sei Art. 16
Buchst. e der Verbraucherrechterichtlinie als Ausnahmevorschrift eng auszulegen
(EuGH, Urteil vom 27. März 2017 – C-681/17, aaO Rn. 33 f.).
Im Lichte dieser Erwägungen greife die genannte
Ausnahmeregelung nur dann ein, wenn nach der Entfernung der Versiegelung der
Verpackung die darin enthaltene Ware aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder
der Hygiene endgültig nicht mehr verkehrsfähig sei, weil es für den Unternehmer
wegen ihrer Beschaffenheit unmöglich oder übermäßig schwierig sei, Maßnahmen zu
ergreifen, die sie wieder verkaufsfähig machten, ohne dass einem dieser
Erfordernisse nicht genügt würde (EuGH, Urteil vom 27. März 2017 – C-681/17,
aaO Rn. 40).      
Daraus folge für den Streitfall, dass eine Matratze, deren
Schutzfolie der Verbraucher entfernt habe, nicht unter den Ausnahmetatbestand
fallen könne. Dies ergebe sich bereits aus dem Umstand, dass ein und dieselbe
Matratze aufeinanderfolgenden Hotelgästen diene; auch bestehe ein Markt für
gereinigte, gebrauchte Matratzen (EuGH, Urteil vom 27. März 2017 – C-681/17,
aaO Rn. 42). Auch könne – im Hinblick auf das Widerrufsrecht – eine Matratze
mit einem Kleidungsstück, das ebenfalls in direkten Kontakt mit dem
menschlichen Körper kommen könne, gleichgesetzt werden. Denn es könne davon
ausgegangen werden, dass der Unternehmer hinsichtlich beider Waren in der Lage
sei, diese nach Rücksendung durch den Verbraucher mittels einer Behandlung wie
einer Reinigung oder einer Desinfektion für eine Wiederverwendung durch einen
Dritten und damit für ein erneutes Inverkehrbringen geeignet zu machen, wodurch
den Erfordernissen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene genügt werde (EuGH,
Urteil vom 27. März 2017 – C-681/17, aaO Rn. 43 ff.).             
c) An dieses Auslegungsergebnis, das wohl überwiegend auch
im Schrifttum vertreten wird (vgl. Becker/Föhlisch, NJW 2008, 3751, 3755;
Spindler/Schuster/Schirmbacher, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl., §
312g BGB Rn. 25; aA MünchKommBGB/Wendehorst, 8. Aufl., § 312g Rn. 26), sind die
nationalen Gerichte gebunden.            
2. Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht im
Streitfall die weiteren Voraussetzungen eines wirksamen Widerrufs der
Vertragserklärung als gegeben angesehen.           
Die Widerrufserklärung muss nach § 355 Abs. 1 Satz 4 BGB
nicht mit Gründen versehen sein; ihr muss allerdings nach § 355 Abs. 1 Satz 3
BGB der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf seiner auf den Vertragsschluss
gerichteten Willenserklärung eindeutig entnommen werden können. Dies hat das
Berufungsgericht – entgegen der Auffassung der Revision – in Bezug auf die
E-Mail des Klägers vom 9. Dezember 2014 ohne Rechtsfehler bejaht.              
a) Die Auslegung einer Individualerklärung, wie sie das
E-Mail-Schreiben des Klägers vom 9. Dezember 2014 darstellt, ist grundsätzlich
dem Tatrichter vorbehalten und darf revisionsrechtlich nur beschränkt darauf
überprüft werden, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln,
Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt worden sind, wesentlicher
Auslegungsstoff unbeachtet geblieben ist oder die Auslegung auf von der
Revision gerügten Verfahrensfehlern beruht (st. Rspr.; Senatsurteile vom 12.
Oktober 2016 – VIII ZR 55/15, NJW 2017, 878 Rn. 35; vom 10. Juni 2015 – VIII ZR
99/14, NJW 2015, 2324 Rn. 13; jeweils mwN).     
b) Solche Rechtsfehler sind dem Berufungsgericht nicht
unterlaufen. Die E-Mail vom 9. Dezember 2014 ist als empfangsbedürftige
Willenserklärung aus der Sicht des Empfängers (§§ 133, 157 BGB) auszulegen. Die
an diesem Maßstab ausgerichtete Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte
habe die Erklärung so verstehen müssen, dass der Kläger nicht habe an dem
Vertrag festhalten wollen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. 
Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht
habe verkannt, dass sich der Erklärungstatbestand vorliegend in der Ankündigung
der Rücksendung der Ware erschöpfe. Denn die Rücksendung der Ware hätte nach
Auffassung der Revision auch den Grund einer erbetenen Mangelüberprüfung haben
können, so dass der Erklärungsinhalt nicht eindeutig im Sinne eines Widerrufs
zu verstehen sei. Damit setzt sie indes – revisionsrechtlich unbehelflich – nur
die von ihr erstrebte Auslegung der Erklärung an die Stelle derjenigen, die das
Berufungsgericht in vertretbarer tatrichterlicher Würdigung vorgenommen hat.
Abgesehen davon bietet die E-Mail für ein auf eine Mängelrüge hindeutendes
Verständnis der Erklärung keinen Anlass. Von einem Mangel ist dort ebenso wenig
die Rede wie von einer fehlenden Gebrauchstauglichkeit. Auch ist nicht
festgestellt, dass der Kläger gegenüber der Beklagten Mängelrügen erhoben
hätte, auf die die E-Mail dann – gegebenenfalls stillschweigend – hätte Bezug
nehmen können. Übergangenen Sachvortrag, der ihr Verständnis des Inhalts der
E-Mail stützen könnte, zeigt die Revision nicht auf.       
Da ein weiterer Anlass, die Matratze zurückzusenden, nicht
ersichtlich ist, liegt es vielmehr nahe, die Wendung „…ich muss die
Matratze aus der Bestellung 1. leider an Sie zurücksenden“ als Widerruf
der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärung zu verstehen, zumal für die
Annahme eines Widerrufswillens keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden
dürfen. Die Regelung des § 355 Abs. 1 Satz 3 BGB, nach der aus der Erklärung
des Verbrauchers sein Entschluss zum Widerruf eindeutig hervorgehen muss,
bedeutet nicht, dass der Widerruf ausdrücklich als solcher bezeichnet werden
muss (vgl. BGH, Urteile vom 2. Mai 2007 – XII ZR 109/04, NJW 2007, 2110 Rn. 28;
vom 21. Oktober 1992 – VIII ZR 143/91, NJW 1993, 128 unter II 2 b; jeweils
mwN). Auch die Beklagte selbst hat, worauf das Berufungsgericht zu Recht
hinweist, die E-Mail des Klägers als Widerruf aufgefasst. Ein Verstoß gegen
Denkgesetze, wie ihn die Revision dem Berufungsgericht in diesem
Begründungskontext unterstellt, liegt in der Wertung nicht. Denn die in der
Antwortmail vom 10. Dezember 2014 aufgeworfenen Fragen nach dem neuwertigen
Zustand und nach der noch vorhandenen Verpackung der Matratze lassen sich nur
dadurch erklären, dass die Beklagte die Erklärung des Klägers als Widerruf und
nicht als Mangelrüge verstanden hat.

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Der BGH, die Plattform eBay und die Abbruchjäger

Der BGH hat mit Urteil
vom 22.05.2019, Az.  VIII ZR 182/17 – Abbruchjäger

entschieden, dass sich die Beurteilung, ob ein Bieter bei eBay als Abbruchjäger
einzuordnen ist und rechtsmissbräuchlich handelt, nach allen Umständen des
konkreten Einzelfalls und nicht nach verallgemeinerungsfähigen Kriterien
richtet. Sogenannte Abbruchjäger auf Ebay wollen keine Vertragserfüllung,
sondern hoffen auf Schadensersatz.

Leitsatz:
Bei der Beurteilung, ob das Verhalten eines Bieters auf der
Internet-Plattform eBay, der an einer Vielzahl von Auktionen teilgenommen hat,
als rechtsmissbräuchlich einzustufen ist, können abstrakte,
verallgemeinerungsfähige Kriterien, die den zwingenden Schluss auf ein Vorgehen
als „Abbruchjäger“ zulassen, nicht aufgestellt werden. Es hängt
vielmehr von einer dem Tatrichter obliegenden Gesamtwürdigung der konkreten
Einzelfallumstände ab, ob die jeweils vorliegenden Indizien einen solchen
Schluss tragen.
Tatbestand:
Der Beklagte bot Ende März/Anfang April 2012 einen
Pirelli-Radsatz für einen Audi A6 mit einem Startpreis von 1 € auf der
Internet-Plattform eBay zum Verkauf an. Er beendete die Auktion vorzeitig. Zu
diesem Zeitpunkt war der Kläger Höchstbietender mit einem Gebot von 201 €. Nach
den seinerzeit geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay kam ein
Kaufvertrag mit dem Höchstbietenden auch bei vorzeitiger Beendigung der Auktion
zustande, es sei denn, der Anbieter war zur Rücknahme des Angebots
„gesetzlich“ berechtigt.  
Der Beklagte hat geltend gemacht, der Radsatz sei aus der
Garage des Zeugen R. entwendet worden, wovon er, der Beklagte, erst unmittelbar
vor dem Abbruch der Auktion erfahren habe.             
Der Kläger hatte seit dem Jahr 2009 in großem Umfang Gebote
bei eBay-Auktionen abgegeben. Mit E-Mail vom 4. April 2012 forderte der Kläger
den Beklagten vergeblich auf, den angebotenen Radsatz, dem er zuletzt einen
Wert von mindestens 1.701 € zugemessen hatte, gegen Zahlung von 201 €
herauszugeben. Mit Schreiben vom 24. Januar 2013 trat der Kläger vom
Kaufvertrag zurück und forderte Schadensersatz.   
Die auf Zahlung von 1.500 € nebst Zinsen gerichtete Klage
hat vor dem Amtsgericht dem Grunde nach Erfolg gehabt. Das Berufungsgericht hat
die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag
weiter.   


Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg. 
I.            
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung
im Wesentlichen ausgeführt:    
Dem Kläger stehe dem Grunde nach ein Anspruch auf
Schadensersatz statt der Leistung gegen den Beklagten aus § 280 Abs. 1, 3, §
281 Abs. 1 Satz 1 BGB zu.            
Die Parteien hätten nach den seinerzeit maßgeblichen
Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay einen wirksamen Kaufvertrag gemäß §
433 Abs. 1 BGB über den Pirelli-Radsatz abgeschlossen, denn der Kläger sei zum
Zeitpunkt des Abbruchs der Auktion Höchstbietender mit dem Betrag von 201 €
gewesen.     
Der Beklagte habe nicht nachweisen können, zum vorzeitigen
Abbruch der Auktion berechtigt gewesen zu sein. Zwar könne auch ein Diebstahl
des Auktionsgutes nach höchstrichterlicher Rechtsprechung einen Abbruch der
Auktion rechtfertigen. Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen
eines solchen berechtigten Auktionsabbruchs trage nach allgemeinen Grundsätzen
der Verkäufer. Dem Beklagten sei jedoch der Nachweis nicht gelungen, dass
gerade der Radsatz, auf den der Kläger geboten habe, gestohlen worden sei. Der
Kläger habe durch Überreichung eines zweiten Auktionsangebotes des Beklagten
für einen Pirelli-Radsatz, beendet am 23. März 2012, dargelegt, dass es
zumindest zwei Auktionsangebote des Beklagten im fraglichen Zeitraum gegeben
habe. Dass der streitgegenständliche Radsatz aus der Garage des Zeugen R.
entwendet worden sei, lasse sich dessen Aussage aber nicht entnehmen.          
Der Beklagte könne dem Anspruch des Klägers nicht gemäß §
242 BGB den Einwand des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens entgegenhalten. Die
Annahme eines Rechtsmissbrauchs müsse nach der Rechtsprechung auf besondere
Ausnahmefälle beschränkt bleiben.       
Es könne nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden,
wenn jemand bei einer Internetauktion gezielt auf solche Waren biete, die mit
einem weit unter dem Marktwert liegenden Mindestgebot angeboten würden, und er
zugleich sein Höchstgebot auf einen Betrag limitiere, der immer noch deutlich
unter dem Marktpreis liege. Denn der Verkäufer einer solchen Onlineauktion
begründe das Risiko eines ungünstigen Auktionsverlaufs selbst, indem er einen
niedrigen Startpreis unterhalb des Marktpreises ohne Mindestgebot festsetze.    
Es sei auch nicht zu missbilligen, wenn sich ein Käufer in
einer Vielzahl von Fällen solche für den Verkäufer riskanten Auktionsangebote
zunutze mache und auf diese Gebote weit unterhalb des Marktpreises abgebe, um
bei einem für ihn günstigen und für den Verkäufer ungünstigen Auktionsverlauf
ein „Schnäppchen“ zu machen. Allein die Quantität führe dann nicht
zur Missbilligung. Dass ein sogenannter Schnäppchenjäger besonders günstige
Kaufabschlüsse anstrebe, verstoße auch dann nicht gegen das Anstandsgefühl, wenn
der Käufer in einer großen Anzahl von Fällen so vorgehe. Nicht zu beanstanden
sei dann auch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen durch einen
solchen „Schnäppchenjäger“, wenn der Anbieter die Auktion ohne
zureichenden Grund vorzeitig abbreche und damit den Erwerb zum
„Schnäppchenpreis“ zu vereiteln suche.            
Die Grenze zu einem missbilligenswerten Verhalten sei erst
dann überschritten, wenn der Bieter nicht den Ankauf der angebotenen Ware
anstrebe, sondern in Wahrheit den Abbruch der Auktion, um danach
Schadensersatzansprüche geltend machen zu können. Lasse sich feststellen, dass
ein Bieter im Falle des Erfolges seines Gebotes den Kaufgegenstand regelmäßig
nicht abnehme, sei dem Verkäufer der Einwand des Rechtsmissbrauchs
zuzubilligen.          
Es könne hier indes nicht festgestellt werden, dass es sich
bei dem Kläger um einen solchen „Abbruchjäger“ handele.  
Dies ergebe sich zunächst nicht aus der Anzahl der vom
Kläger im Vertragszeitraum abgegebenen Gebote oder der Gesamtsumme der gebotenen
Geldbeträge, da dies auch auf den als „Schnäppchenjäger“ auftretenden
Bieter zuträfe, ohne dass dessen Verhalten zu missbilligen sei. Die Gesamtsumme
der gebotenen Geldbeträge sei schon deswegen unerheblich, weil auch der
„Schnäppchenjäger“ bei der Abgabe von weit unter dem Marktwert
liegenden Höchstgeboten regelmäßig überboten werde, bei der Auktion dann nicht
zum Zuge komme und auch den Angebotspreis nicht zu entrichten habe. Keine
rechtliche Bedeutung habe ferner die Anzahl der vom Kläger verwendeten
Pseudonyme. Gleiches gelte für die Kündigung der Mitgliedschaft des Klägers
durch eBay nach dem Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung.         
Es lägen hinsichtlich der Ernsthaftigkeit seiner
Erwerbsabsichten im Jahr 2012 auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor,
dass es dem Kläger vorrangig um die Geltendmachung eines
Schadensersatzanspruchs nach einem Abbruch der Auktion gegangen sei und er den
Radsatz tatsächlich nicht habe erwerben wollen. Der Kläger habe erklärt, alle
von ihm ersteigerten Waren auch abgenommen zu haben und in einigen Fällen sogar
beim Abbruch von Auktionen im Vergleichswege einen höheren als den von ihm
zunächst gebotenen Preis gezahlt zu haben. In einer größeren Anzahl von Fällen,
vom Kläger entsprechend seiner Angabe in einem früheren Verfahren mit
seinerzeit ca. 100 beziffert, habe er nach dem Abbruch einer Auktion
Schadensersatzansprüche geltend gemacht. Da vom Kläger hiernach alle Waren, auf
die er geboten habe, auch abgenommen worden seien, habe bei ihm eine Erwerbsabsicht
bestanden.       
Allein der Zeitablauf zwischen der Beendigung der Auktion
und der gerichtlichen Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs sei hier
kein beweiskräftiges Indiz für eine mangelnde eigene Erwerbsabsicht des
Klägers. Vorliegend habe der Kläger seinen Primäranspruch bereits am 4. April
2012 geltend gemacht. Dass er seinen Schadensersatzanspruch sodann erst Anfang
des Jahres 2013 geltend und erst im Jahr 2015 bei Gericht anhängig gemacht
habe, spreche nicht gegen seine Erwerbsabsicht im April 2012.              
Nach allem lasse sich dem Kläger nicht widerlegen, dass er
sich in erster Linie als „Schnäppchenjäger“ betätigt habe, dem es
vorrangig um den Erwerb von Waren deutlich unter dem Marktwert gegangen sei und
allenfalls nachrangig um die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im
Falle eines unberechtigten Auktionsabbruchs. Dieses Verhalten sei jedoch nicht
rechtsmissbräuchlich.            
II.           
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so
dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat dem Kläger
rechtsfehlerfrei einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß §
280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 BGB dem Grunde nach zuerkannt.             Abs. 21
1. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen,
dass der Kläger nach den seinerzeit für die Parteien maßgeblichen Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der Internet-Plattform eBay einen wirksamen Kaufvertrag
mit dem Beklagten gemäß § 433 BGB über den angebotenen Radsatz abgeschlossen
hat. Insbesondere hat es rechtsfehlerfrei – und insoweit von der Revision auch
nicht angegriffen – festgestellt, der Beklagte habe den Nachweis nicht
erbracht, dass ihm gerade der Radsatz, auf den der Kläger geboten hatte,
gestohlen worden war und er deshalb die Internetauktion etwa aus berechtigtem
Grund vorzeitig abgebrochen hätte.
2. Der Beklagte kann dem Schadensersatzanspruch des Klägers,
wie das Berufungsgericht ebenfalls frei von Rechtsfehlern entschieden hat, auch
nicht den Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) entgegenhalten.  
a) Die Annahme eines Rechtsmissbrauchs erfordert eine
sorgfältige und umfassende Prüfung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls
und muss auf besondere Ausnahmefälle beschränkt bleiben (BGH, Urteile vom 12.
November 2014 – VIII ZR 42/14, NJW 2015, 548 Rn. 11; vom 27. April 1977 – IV ZR
143/76, BGHZ 68, 299, 304). Die Beurteilung, ob das Verhalten eines Bieters auf
der Internet-Plattform eBay, der an einer Vielzahl von Auktionen teilgenommen
hat, als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist, ist in erster Linie dem
Tatrichter vorbehalten. Sie kann vom Revisionsgericht nur darauf überprüft
werden, ob das Berufungsgericht den Sachverhalt rechtsfehlerfrei festgestellt,
alle maßgeblichen Gesichtspunkte berücksichtigt sowie den zutreffenden
rechtlichen Maßstab angewandt hat und ob seine Wertung gegen Denk- und
Erfahrungssätze verstößt (Senatsurteile vom 15. März 2017 – VIII ZR 270/15, NJW
2017, 1474 Rn. 20; vom 4. Februar 2015 – VIII ZR 154/14, BGHZ 204, 145 Rn. 16
mwN). Ein solcher Rechtsfehler ist dem Berufungsgericht indes nicht
unterlaufen.
b) Wie auch die Revision nicht verkennt, ist es für sich
genommen nicht zu beanstanden, dass ein Bieter sich als sogenannter
Schnäppchenjäger betätigt, der bei Internetauktionen gezielt auf Waren bietet,
die zu einem weit unter Marktwert liegenden Mindestgebot angeboten werden.
Ebensowenig ist es missbilligenswert, wenn ein solcher Bieter sein Höchstgebot
auf einen deutlich unter dem Marktwert der Ware liegenden Betrag begrenzt. Denn
es macht gerade den Reiz einer solchen Internetauktion aus, dass der Bieter die
Chance hat, den Auktionsgegenstand zu einem Schnäppchenpreis zu erwerben,
während umgekehrt der Veräußerer die Chance wahrnimmt, durch den Mechanismus
des Überbietens einen für ihn vorteilhaften Preis zu erzielen (vgl.
Senatsurteile vom 28. März 2012 – VIII ZR 244/10, NJW 2012, 2723 Rn. 20 f.; vom
12. November 2014 – VIII ZR 42/14, aaO Rn. 10). Im Übrigen ist es der
Verkäufer, der in solchen Fällen von sich aus durch die Wahl eines niedrigen
Startpreises unterhalb des Marktwerts ohne Einrichtung eines Mindestpreises das
Risiko eines für ihn ungünstigen Auktionsverlaufs eingegangen ist (Senatsurteil
vom 12. November 2014 – VIII ZR 42/14, aaO Rn. 12 mwN). An der Beurteilung
dieser Ausgangslage ändert sich auch dann nichts, wenn ein Bieter sich in einer
Vielzahl von Fällen solche für den Verkäufer riskanten Auktionsangebote zunutze
macht, um ein für ihn günstiges „Schnäppchen“ zu erzielen, weil
allein die Quantität eines von der Rechtsordnung im Einzelfall gebilligten Vorgehens
in der Regel nicht zu dessen Missbilligung führt.              
c) Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten eines Bieters bei
Internetauktionen kommt dagegen, wovon das Berufungsgericht zutreffend
ausgegangen ist, dann in Betracht, wenn seine Absicht von vornherein nicht auf
den Erfolg des Vertrages, sondern auf dessen Scheitern gerichtet ist, er also
den angebotenen Gegenstand gar nicht erwerben will, sondern auf den Abbruch der
Auktion abzielt, um daraufhin Schadensersatzansprüche geltend machen zu können (sogenannter
Abbruchjäger).
Allerdings lassen sich abstrakte, verallgemeinerungsfähige
Kriterien, die den zwingenden Schluss auf ein Vorgehen als
„Abbruchjäger“ in diesem Sinne zuließen, nicht aufstellen. Es hängt
vielmehr von der dem Tatrichter obliegenden Gesamtwürdigung der konkreten
Einzelfallumstände ab, ob die jeweils vorliegenden Indizien einen solchen
Schluss tragen.
Auch insofern ist die Beurteilung des Berufungsgerichts aus
Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat sich nicht die
Überzeugung davon verschaffen können, dass eine entsprechende, nicht auf
Vertragsdurchführung, sondern auf den Abbruch und somit das Scheitern des
Vertrages gerichtete Absicht beim Kläger vorhanden gewesen ist. Das
Berufungsgericht hat die Angaben des Zeugen S. sowie die des Klägers bei seiner
Anhörung sowie ersichtlich alle wesentlichen Umstände des Einzelfalls
gewürdigt.         
Soweit die Revision geltend macht, verschiedene – vom
Berufungsgericht ausdrücklich gewürdigte – Umstände (Gesamtsumme der gebotenen
Geldbeträge, Anzahl der Gegenstände, auf die ein Gebot abgegeben worden sei,
Zeitablauf bis zur gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs im vorliegenden
Fall) ließen zumindest insgesamt den Schluss darauf zu, dass es dem Kläger nur
um das Scheitern des Vertrags und daraus resultierende Schadensersatzansprüche
gegangen und er in diesem Sinne ein „Abbruchjäger“ gewesen sei, setzt
sie lediglich ihre eigene Wertung an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung
des Berufungsgerichts, zeigt aber einen Rechtsfehler nicht auf. Das Gleiche
gilt für weitere von der Revision herangezogene, vom Berufungsgericht nicht
ausdrücklich erörterte Einzelumstände (Gebote vornehmlich auf hochpreisige
Gegenstände, regelmäßige Benennung derselben Zeugen in verschiedenen
Gerichtsverfahren, an denen der Kläger als Partei beteiligt gewesen sei).        
aa) Ohne Erfolg macht die Revision (unter Bezugnahme auf ein
vom Landgericht Darmstadt (Urteil vom 21. November 2014, 24 S 53/14)
aufgehobenes Urteil des Amtsgerichts Groß-Gerau vom 16. Juli 2014, 62 C 26/14)
geltend, ein Rückschluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Beklagten
sei bereits aus der Vielzahl seiner Gebote zu ziehen, weil bei normalem Verlauf
der Auktionen nicht damit gerechnet werden könne, dass er die Gesamtsumme
seiner Gebote tatsächlich werde aufbringen können.   
Insoweit hat das Berufungsgericht bei seiner Würdigung –
rechtsfehlerfrei – darauf abgestellt, dass die Gesamtsumme der gebotenen
Geldbeträge schon deswegen unerheblich ist, weil ein Bieter bei der Abgabe von
weit unter dem Marktwert liegenden Höchstgeboten regelmäßig überboten wird, bei
der Auktion dann nicht zum Zuge kommt und demzufolge auch den angebotenen Preis
nicht zu entrichten hat. Er muss bei einem normalen Verlauf der Auktionen daher
gerade nicht damit rechnen, die Gesamtsumme seiner Angebote auch aufbringen zu
müssen. Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, zielt seine
Vorgehensweise stattdessen in einer den Internetauktionen immanenten und nicht
zu missbilligenden Weise darauf ab, bei einer geringen Anzahl von Auktionen,
dann aber zu einem für ihn aufbringbaren „Schnäppchenpreis“, zum Zuge
zu kommen.           
Aus demselben Grund kann – entgegen der Auffassung der
Revision – insoweit auch nicht von einem Vortäuschen einer tatsächlich nicht
vorhandenen Leistungsfähigkeit des Klägers als Bieter ausgegangen werden. Das
Berufungsgericht hat im Gegenteil vielmehr festgestellt, dass der Kläger die
Artikel, auf die er – erfolgreich – geboten hat, auch jeweils abgenommen hat.
Zudem hat er nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen in
einigen Fällen – nach einem vorzeitigen Abbruch der Auktion – sogar im
Vergleichswege einen höheren als den von ihm gebotenen Preis dafür gezahlt.
Die von der Revision in diesem Zusammenhang erhobene
Verfahrensrüge, das Berufungsgericht habe die Beiziehung anderer Prozessakten
versäumt, in denen der Kläger als Anspruchsteller aufgetreten sei, hat der
Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet; von einer Begründung wird
gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.         
bb) Ebenso geht der Einwand der Revision fehl, es sei zu
Lasten des Klägers zu berücksichtigen, dass er für die Gegenstände, auf die er
geboten habe, in ihrer Vielzahl keine tatsächliche Verwendung und daher kein
erkennbares Interesse an ihrem Erwerb gehabt habe. Rechtsfehlerfrei hat das
Berufungsgericht insoweit festgestellt, dass es unerheblich ist, wofür der
Kläger die angebotenen Waren, die er für einen weit unter dem Marktpreis
liegenden Preis erwerben wollte, zu verwenden beabsichtigte. Ob der Kläger den
Radsatz für sich selbst oder einen Dritten erwerben, weiter verschenken oder –
mit Gewinn – weiterveräußern wollte, lässt als bloßes Kaufmotiv keine
tragfähigen Rückschlüsse auf eine fehlende Erwerbsabsicht des Klägers zu.
cc) Schließlich bleibt auch der Verweis der Revision auf den
in einem obiter dictum des Senats (Senatsurteil vom 24. August 2016 – VIII ZR
182/15, WM 2016, 2145 Rn. 13) bejahten Rechtsmissbrauch in einem Fall, in welchem
das dortige Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch eines
„Abbruchjägers“ wegen rechtsmissbräuchlichen Bieterverhaltens
verneint hatte (LG Görlitz, Urteil vom 8. Juli 2015 – 2 S 213/14, juris), ohne
Erfolg. Jenes Berufungsgericht hat insoweit zu Recht darauf abgestellt, dass
seinerzeit neben dem Mitbieten bei einer Vielzahl von Auktionen zusätzliche
besonders zu missbilligende Umstände im Verhalten des damaligen Bieters
hinzutraten. So hat dieser Bieter bei einer nachfolgenden, ihm bekannt gewordenen
Auktion über denselben Gegenstand nicht mitgeboten, seine (vermeintlichen)
Ansprüche an einen Zeugen abgetreten und dieser seinen Schadensersatzanspruch
anschließend erst sehr spät gerichtlich geltend gemacht, als er davon ausgehen
konnte, dass der Gegenstand bereits an einen Dritten veräußert worden war.
Diese Besonderheiten liegen im vorliegenden Fall jedoch nicht vor. Denn anders
als in dem dem vorgenannten Senatsurteil zugrundeliegenden Fall, in dem der
dortige Käufer davon ausgehen konnte, dass der Verkäufer lange Zeit nach der
Auktion den angebotenen Gegenstand anderweitig veräußert hatte und er deshalb
Schadensersatz statt der Leistung geltend machen konnte, schied hier eine
zwischenzeitliche anderweitige Veräußerung des angebotenen Radsatzes bereits
deshalb aus, weil der Beklagte einen Diebstahl des Radsatzes geltend gemacht
hatte. Damit war auch eine anderweitige, etwa schutzwürdige Disposition des
Beklagten im Vertrauen auf das Ausbleiben (weiterer) Forderungen im hier
vorliegenden Fall zwischen erstmaliger Geltendmachung des
Schadensersatzanspruchs und einer gerichtlichen Durchsetzung in einem Zeitraum
von über zwei Jahren nicht berührt.      
dd) Die Revision sieht zwar ein maßgebliches Indiz für ein
Vorgehen des Klägers als „Abbruchjäger“ darin, dass er in den Jahren
2013/2014 – also in einem deutlich nach der Internet-Auktion vom März/April des
Jahres 2012 liegenden Zeitraum – in einer sehr großen Anzahl von Auktionen mit
einem außergewöhnlich hohen Gesamtbetrag der insgesamt abgegebenen Gebote (etwa
14.000 Auktionen mit einem Gesamtbetrag von mehr als 52 Millionen Euro)
teilgenommen und nach seinen im Jahr 2014 selbst gemachten Angaben in etwa 100
Fällen Schadensersatzansprüche geltend gemacht hat. Dies hat das
Berufungsgericht hier jedoch rechtsfehlerfrei – auch im Hinblick auf die
sonstigen Indizien in der Gesamtschau aller Umstände – nicht für
ausschlaggebend erachtet, weil das spätere Verhalten des Klägers keine
Rückschlüsse auf eine etwa fehlende Erwerbsabsicht im Zeitpunkt der Internet-Auktion
im vorliegenden Fall zulässt, zumal der Kläger die von ihm ersteigerten
Gegenstände jeweils abgenommen hat.
ee) Die von der Prozessbevollmächtigten des Beklagten in der
Revisionsverhandlung pauschal geäußerte Auffassung, von einem rechtsmissbräuchlichen
Verhalten des Klägers sei schon deshalb auszugehen, weil er seiner
„sekundären Darlegungslast“ nicht nachgekommen sei, geht fehl. Sie
verkennt, dass sich der Kläger zu den Umständen (Indizien), aus denen der
Beklagte ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers herleiten will, sehr
wohl in seiner mündlichen Anhörung vor dem Berufungsgericht im Termin zur
mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 2017 geäußert hat. Hier hat er unter
anderem Angaben zur Anzahl der von ihm im Jahr 2012 abgegebenen Gebote, zur
Anzahl der Verfahren, in denen er Schadensersatz geltend gemacht hat und zur
Art der Artikel, auf die er geboten hat, gemacht.  
Soweit die Prozessbevollmächtigte des Beklagten in der
Revisionsverhandlung (erstmals) beanstandet hat, dass das Berufungsgericht den
Zeugen S. zur Anzahl der vom Kläger im Jahr 2012 abgegebenen Gebote nicht
vernommen habe, ist diese Verfahrensrüge schon deshalb unbeachtlich, weil sie
nicht innerhalb der Revisionsbegründungsfrist erhoben worden ist (§ 557 Abs. 3
Satz 2, § 551 ZPO).       
ff) Entgegen der Ansicht der Revision wird ein
Internet-Verkäufer durch die Würdigung des Berufungsgerichts auch nicht
rechtlos gestellt. Der Verkäufer hat es vielmehr selbst in der Hand, den von
ihm angebotenen Artikel nicht zu einem für ihn ungünstigen Preis zu verkaufen,
indem er einen Mindestpreis festsetzt und er es unterlässt, die Internetauktion
unberechtigt vorzeitig abzubrechen

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BGH – Das Urteil „Das beste Netz“ taugt aus verschiedenen Gründen für die Aufnahme in jede Sammlung im „Grünen Recht“

Der BGH erlaubt mit Urteil vom 24.01.2019, I ZR 200/17) – Das
beste Netz  die Werbung der 1&1
Telecommunication SE „das beste Netz“ und den „Telekom-Mann“
Der für Wettbewerbsrecht zuständige I. Senat hat entschieden
und den TV-Spot für zulässig erklärt. In der mündlichen Verhandlung wurde neben
der Darstellung des „Telekom-Mannes“ auch die Frage verhandelt, ob der Testsieg
im Festnetztest mit den Worten „das beste Netz gibt’s bei 1&1“
zusammengefasst werden durfte. Dies hat der Bundesgerichtshof ebenso für
zulässig erklärt.

Leitsätze:
1. Die Verfolgung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche wegen
verschiedener Werbemaßnahmen vor verschiedenen Gerichten ist nicht
rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG, wenn aufgrund sukzessiver,
auf wettbewerbsrechtliche Beanstandungen zurückzuführender Veränderungen der
Werbemaßnahmen durch den Mitbewerber die Zusammenfassung des Angriffs auf
sämtliche Verletzungsformen in einem Verfahren der einstweiligen Verfügung
wegen seiner Eilbedürftigkeit nicht möglich ist.
2. Die gegen eine Werbemaßnahme gerichtete sukzessive
Verfolgung lauterkeitsrechtlicher und markenrechtlicher Ansprüche in getrennten
Verfahren der einstweiligen Verfügung stellt regelmäßig kein Indiz für
rechtsmissbräuchliches Verhalten dar, weil sie durch die erheblichen
Unterschiede in der tatsächlichen Darlegung und rechtlichen Beurteilung der
jeweiligen Verstöße sachlich begründet ist.
3. Ein humorvoller Werbevergleich setzt einen Mitbewerber
nicht schon deshalb im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG unlauter herab, weil die
Ironie allein zu seinen Lasten eingesetzt wird.
4. Die Werbung mit aktuellen Testergebnissen für Produkte,
die den getesteten entsprechen und die auch nicht technisch überholt sind, ist
grundsätzlich nicht irreführend, wenn die von einem Dritten vergebene
Auszeichnung in einem seriösen Verfahren vergeben und nicht erschlichen worden
ist. Eine solche Werbung kann ausnahmsweise irreführend sein, wenn dem
Testsiegel aufgrund besonderer Umstände – etwa wegen des Fehlens von objektiven
Kriterien für die Prüfung der untersuchten Dienstleistung – nur eine begrenzte
Aussagekraft zukommt (Fortführung von BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 – I ZR
41/00, GRUR 2003, 800, 802 (juris Rn. 38) = WRP 2003, 1111 – Schachcomputerkatalog
– und BGH, Urteil vom 7. Juli 2005 – I ZR 253/02, GRUR 2005, 877, 879 f. (juris
Rn. 35 ff.) = WRP 2005, 1242 – Werbung mit Testergebnis).
5. Eine Werbung, mit der der Werbende den Inhalt des von
einem Dritten in einem seriösen Verfahren vergebenen und nicht erschlichenen
Testsiegel nicht in der wörtlich verliehenen Form nutzt, sondern mit eigenen
Worten umschreibt, ist irreführend, wenn der Werbende die Aussage des
Testergebnisses zu seinen Gunsten verändert. Gibt die angegriffene Werbung den
Inhalt des Testsiegels hingegen zutreffend wieder, ist es lauterkeitsrechtlich
unerheblich, ob Teile des Verkehrs dieser Wiedergabe des Testsiegels
unzutreffende Vorstellungen über Gegenstand oder Ergebnis des Tests entnehmen.

Tatbestand:
Die Parteien bieten Telekommunikationsdienstleistungen
(Festnetztelefonie und Internetanschlüsse) an. Die Klägerin, die Telekom
Deutschland GmbH, betreibt ein eigenes Festnetz. Die Beklagte zu 1, die 1&1
Telecom GmbH, verfügt nicht über ein flächendeckendes Festnetz, sondern kauft
Netzkapazitäten bei anderen Anbietern, auch bei der Klägerin, ein und
vermarktet diese unter eigenem Namen. Die Beklagte zu 2, die 1&1 Internet
SE, betreibt einen YouTube-Kanal, in den auch Werbespots für das Angebot der
Beklagten zu 1 eingestellt werden. Auf der Internetseite www.1und1.de, für die
laut Impressum beide Beklagte verantwortlich sind, wird gleichfalls für die
Dienstleistungen der Beklagten zu 1 geworben.  
Bei dem im Jahr 2015 von der Zeitschrift „Connect“
durchgeführten Festnetztest erhielt das Angebot der Beklagten zu 1 in den
getesteten Kategorien „Sprachtelefonie“, „Uploads und
Downloads“, „Webseiten und Gaming“ sowie „Web TV“
jeweils die höchste Punktzahl unter den getesteten Anbietern, erzielte mit
insgesamt 449 Punkten die Note „sehr gut“ und wurde zum
„Testsieger“ erklärt. Dabei wurde das folgende Siegel verliehen:  
Abbildung          
Die Verleihung des Prädikats „Das beste Netz“ sah
der Test nicht vor. Das Angebot der Klägerin erreichte mit insgesamt 417 Punkten
den zweiten Platz.         
Im Testbericht (Heft 08/2015) heißt es hierzu:  
Die Gründe dafür, dass es diesmal nicht für Platz 1 gereicht
hat, liegen an verschiedenen Stellen: Offenbar kann der von der Telekom
standardmäßig gelieferte Router „Speedport W724V“ bei Volllast nicht ganz mit
der stärkeren Fritzbox 7490 mithalten, die 1&1 in seiner eigenen Version
einsetzt. Hinzukommt, dass die Anbindung der zum Test verwendeten
ISDN-Telefonschnittstelle an den Testanschlüssen über den neuen externen ISDN Adapter
(…) erfolgte, der im Testzeitraum noch mit Problemen zu kämpfen hatte. Eine
neue, fehlerbereinigte Firmware-Version konnte die Telekom erst kurz vor
Testende liefern.
Die Beklagten bewarben ihre Dienstleistungen in Werbespots
im Fernsehen und im YouTube-Kanal der Beklagten zu 2 unter Hinweis auf das
Testergebnis mit der Aussage, bei „1&1“ gebe es „das beste
Netz“. Inhalt eines Werbespots war die Darstellung einer fiktiven
Preisverleihung, bei der ein als Repräsentant der Telekom erkennbarer Herr sich
auf den Weg zum Podium vorbereitet, um den Preis für „das beste Netz“
entgegenzunehmen, der dann jedoch dem Anbieter „1&1“ zuerkannt
wird. 
In der Ursprungsfassung des Films formte der
Telekom-Repräsentant bereits vor Verkündung des Ergebnisses
„Victory-Zeichen“ (Anlagen K 10 bis K 13). In einer längeren Fassung
dieses Werbefilms gratuliert der Vertreter von „1&1“ nach seiner
Dankesrede dem Repräsentanten der Telekom mit den Worten „Glückwunsch zu
Platz 2“ (Anlagen K 14 bis K 17). Gegen diesen Spot erwirkte die Klägerin
am 10. August 2015 beim Landgericht Frankfurt am Main (Az. 3/8 O 155/15) unter
dem Gesichtspunkt der Irreführung eine Unterlassungsverfügung.
In einer weiteren Abwandlung des Films entfielen im Text der
Laudatio die Wörter „in allen Kategorien“; außerdem wurde eine
Fundstelle des Tests angegeben (Anlage K 19 bis K 22a). Diese Version wurde in
weiteren Fassungen – mit Gratulationsszene (Anlage K 23) sowie ohne die
Victory-Zeichen des Telekom-Repräsentanten (Anlagen K 25 bis K 28) –
veröffentlicht. Daraufhin erwirkte die Klägerin unter dem Gesichtspunkt eines
herabsetzenden Werbevergleichs eine Unterlassungsverfügung des Landgerichts
Frankfurt am Main vom 14. August 2015 (Az. 3/6 O 68/15).   
Auf Antrag der Klägerin verbot das Oberlandesgericht Hamburg
am 14. Dezember 2014 (Az. 5 W 87/15) im Wege der einstweiligen Verfügung
weitere Fassungen des Werbefilms (Anlagen K 31 bis K 34) sowie Internet-Werbung
mit der Angabe „bestes Netz“ (Anlagen K 37, K 39 und K 40).     
Gegen die in Werbeprospekten (Anlage K 55 und K 56)
enthaltene Aussage zum „besten Netz“ erwirkte die Klägerin eine
einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln (Az. 81 O 15/16).      
Die Muttergesellschaft der Klägerin beantragte bei dem
Landgericht Düsseldorf (Az. 34 O 56/15) wegen des Werbefilms (Anlage K 12 und K
13) auf markenrechtlicher Grundlage ohne Erfolg eine Unterlassungsverfügung,
nachdem die Klägerin zuvor erfolglos bei dem Landgericht Frankfurt am Main (Az.
3/6 O 70/15) auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage gegen diesen Film vorgegangen
war.            
Die Klägerin hält die Werbung mit der Angabe „bestes
Netz“ für irreführend und sieht in der Darstellung ihres Repräsentanten im
Werbefilm eine Herabsetzung und Rufschädigung ihres Unternehmens.      
Die Klägerin hat – soweit für die Revision von Bedeutung –
beantragt,    
1. a) die Beklagte zu 1 unter Androhung der gesetzlich
vorgesehenen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,     
aa) mit der Aussage „Das beste Netz“ und/oder
„Und nun zum besten Netz…“ und/oder „Das beste Netz gibt es bei
1&1“ zu werben und/oder werben zu lassen, jeweils wenn dies geschieht
wie in dem Werbespot           
der durch die als Anlage K 26 beigefügte Bildfolge
gekennzeichnet wird und in der als Anlage K 25 beigefügten CD ROM gespeichert
ist und/oder 
der durch die als Anlage K 28 beigefügte Bildfolge
gekennzeichnet wird und in der als Anlage K 27 beigefügten CD ROM gespeichert
ist;    
bb) im Rahmen geschäftlicher Handlungen mit der Darstellung
eines Telekom-Repräsentanten zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies
geschieht wie        
(es folgt die Bezugnahme auf eine Reihe von Werbespots,
jeweils verkörpert durch als Anlagen vorliegende Bildfolgen und CD-ROMs)
Hinsichtlich der Beklagten zu 2 hat die Klägerin wegen der
Aussagen „Das beste Netz“, „Und nun zum besten Netz…“ und
„Das beste Netz gibt es bei 1&1“ Unterlassung hinsichtlich des
Werbespots gemäß der Anlagen (Bildfolge/CD ROM) K 28/K27 (Antrag 2 a) aa))
sowie wegen der Darstellung eines Telekom-Repräsentanten Unterlassung
hinsichtlich der Werbespots gemäß weiterer Anlagen (Antrag 2 a) bb)) begehrt.              
Das Landgericht hat der Klage mit den Anträgen zu 1 a) aa)
sowie 2 a) aa) („Das beste Netz“) stattgegeben und sie mit den
Anträgen 1 a) bb) und 2 a) bb) (Telekom-Repräsentant) abgewiesen. Das
Berufungsgericht hat – soweit für die Revision von Bedeutung – die Berufungen
der Parteien zurückgewiesen und die Revision zugelassen, soweit es das Urteil
des Landgerichts bestätigt hat. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Revision, deren
Zurückweisung die Beklagten beantragen, ihre vom Landgericht abgewiesenen
Unterlassungsanträge weiter. Die Beklagten erstreben mit ihrer Revision, deren
Zurückweisung die Klägerin beantragt, die vollständige Abweisung der Klage.   
Entscheidungsgründe:
A. Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin gestellten
Klageanträge 1 a) bb) und 2 a) bb) als unbegründet und die Klageanträge 1 a)
aa) und 2 a) aa) als zulässig und begründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:           
Die mit den Anträgen 1 a) bb) und 2 a) bb) angegriffenen
Werbespots stellten eine zulässige vergleichende Werbung dar. Diese sei weder
herabsetzend noch verunglimpfend. Der Werbevergleich beziehe sich auf den
tatsächlich erfolgten Testsieg und somit auf objektive Eigenschaften der
beworbenen Dienstleistung. Die Darstellung führe auch nicht zu einer unlauteren
Ausnutzung oder Beeinträchtigung von Kennzeichen der Klägerin. Zwar stelle die
Beklagte zu 1 ihre Leistungen gegenüber den Leistungen der Klägerin als besser
dar. Dies sei jedoch allein Inhalt der im Grundsatz zulässigen vergleichenden
Werbung. Die angegriffenen Werbespots seien auch nicht irreführend.         
Die Klageanträge 1 a) aa) und 2 a) aa) seien zulässig,
insbesondere handele die Klägerin nicht rechtsmissbräuchlich. Die mit diesen
Anträgen angegriffenen Angaben zum „besten Netz“ seien irreführend,
weil der angesprochene Verkehr die Werbung dahin verstehe, die Zeitschrift
„Connect“ habe ausgesprochen, die Beklagte zu 1 verfüge über das
beste Netz. Das Prädikat „bestes Netz“ sei im Test jedoch nicht
verliehen worden. Das Testergebnis lasse sich mit den angegriffenen Angaben
auch nicht in zulässiger Weise zusammenfassen.   
Die angegriffenen Angaben seien auch deshalb irreführend,
weil die angesprochenen Verkehrskreise sie dahin verstünden, die Beklagte zu 1
verfüge über das beste Netz. Gegenstand des Vergleichs sei jedoch nicht die
Leistungsfähigkeit der Netze als solcher gewesen, sondern der Vergleich
bestimmter Angebote, zu denen auch jeweils unterschiedliche
Hardware-Komponenten gehörten, von denen das Testergebnis teilweise abhängig
gewesen sei.        
Die Beklagten hätten nicht dargelegt, dass die angegriffenen
Angaben unabhängig von dem Testergebnis zutreffend und nach den Grundsätzen der
Alleinstellungswerbung zulässig seien.  
B. Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg (dazu B I).
Die Revision der Beklagten ist hingegen erfolgreich (dazu B II).
I. Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Ihre
Revision ist zwar zulässig (dazu B I 1). Die mit den Anträgen 1 a) bb) und 2 a)
bb) geltend gemachten Ansprüche bestehen jedoch nicht (dazu B I 2).
1. Die Revision der Klägerin, mit der sie ihre im
Berufungsrechtszug erfolglosen Klageanträge weiterverfolgt, ist zulässig, auch
soweit sie die Anträge auf andere Anspruchsgrundlagen als § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG
stützt. 
Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, soweit die
jeweiligen Berufungen der Parteien zurückgewiesen worden sind. In der
Begründung hat es ausgeführt, die Rechtssache habe, soweit die Berufung der
Klägerin zurückgewiesen worden sei, insbesondere hinsichtlich der
Voraussetzungen einer vergleichenden herabsetzenden Werbung grundsätzliche
Bedeutung. Eine Beschränkung der Revision auf Ansprüche nach § 6 Abs. 2 Nr. 5
UWG ist damit nicht erfolgt, so dass die Frage der Zulässigkeit einer solchen
Beschränkung dahinstehen kann. Dass das Berufungsgericht die Revision im vollen
Umfang der Berufungszurückweisung zugelassen hat, ergibt sich klar aus der
Tenorierung der Zulassungsentscheidung. In den Urteilsgründen ist, wie auch aus
der Formulierung „insbesondere“ folgt, lediglich einer von mehreren
Gründen für die Zulassung der Revision genannt, ohne dass das Rechtsmittel
weitergehend beschränkt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2018 – I
ZR 26/17, GRUR 2018, 1166 Rn. 10 = WRP 2018, 2054 – Prozessfinanzierer, mwN).    
2. Die mit den Anträgen 1 a) bb) und 2 a) bb) angegriffene
Darstellung eines Repräsentanten des Unternehmens der Klägerin verstößt nicht
gegen § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG (dazu B I 2 a), gegen § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG (dazu B I
2 b), gegen § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG (dazu B I 2 c), gegen § 4 Nr. 1 UWG (dazu B I
2 d), gegen § 4 Nr. 2 UWG (dazu B I 2 e) oder gegen § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG (dazu
B I 2 f).             
a) Die von der Klägerin angegriffene Darstellung eines
Repräsentanten ihres Unternehmens ist nicht nach § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG unlauter.
Nach dieser Vorschrift ist eine vergleichende Werbung unlauter, wenn die Waren,
Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen
Verhältnisse eines Mitbewerbers herabgesetzt oder verunglimpft werden.       
aa) Die Revision wendet sich nicht dagegen, dass das
Berufungsgericht die angegriffene Werbung als vergleichende Werbung angesehen
hat. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.        
(1) Eine vergleichende Werbung ist nach § 6 Abs. 1 UWG jede
Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem
Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht.
Vergleichende Werbung im Sinne von § 6 UWG setzt neben dem Erkennbarmachen
konkreter Wettbewerber einen Vergleich der von diesen angebotenen, hinreichend
austauschbaren Produkte voraus (BGH, Urteil vom 19. Mai 2011 – I ZR 147/09,
GRUR 2012, 74 Rn. 18 = WRP 2012, 77 – Coaching-Newsletter, mwN). Werbung im
Sinne dieser Vorschrift ist jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels,
Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder
die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen,
Rechte und Verpflichtungen, zu fördern (Art. 2 Buchst. a der Richtlinie
2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung).        
(2) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Die
angegriffenen Filme dienen der Förderung des Absatzes der Beklagten, indem im
Rahmen einer fiktiven Preisverleihung, an der als solche identifizierbare
Vertreter des Unternehmens der Klägerin und der Beklagten teilnehmen, das
Ergebnis eines Tests der Zeitschrift „Connect“ vorgestellt wird, in
dem die von den Parteien angebotenen Telekommunikationsdienstleistungen
verglichen worden sind.     
bb) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, bei der insoweit
angegriffenen Werbung handele sich um einen herabsetzenden Werbevergleich.           
(1) Für die Beurteilung des Tatbestands der Herabsetzung im
Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG ist maßgeblich, ob die angegriffene Werbeaussage
sich noch in den Grenzen einer sachlichen Erörterung hält oder bereits eine
pauschale Abwertung der fremden Produkte des Mitbewerbers oder seiner
persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse darstellt. Herabsetzend im Sinne
von § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG ist ein Vergleich daher nur, wenn zu den mit jedem
Werbevergleich verbundenen (negativen) Wirkungen für die Konkurrenz besondere
Umstände hinzutreten, die ihn als unangemessen abfällig, abwertend oder
unsachlich erscheinen lassen (BGH, Urteil vom 20. September 2007 – I ZR 171/04,
GRUR 2008, 443 Rn. 18 = WRP 2008, 666 – Saugeinlagen; Urteil vom 1. Oktober
2009 – I ZR 134/07, GRUR 2010, 166 Rn. 12 = WRP 2010, 252 – Gib mal Zeitung,
mwN). Bei der Beurteilung ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines
durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen
Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Dieser Durchschnittsverbraucher ist
zunehmend an pointierte Aussagen in der Werbung sowie daran gewöhnt, dass
Werbung zu einem nicht unerheblichen Teil von Humor und Ironie lebt und
begleitet wird (BGH, GRUR 2010, 166 Rn. 20 – Gib mal Zeitung, mwN). Wo genau
die Grenze zwischen leiser Ironie und nicht hinnehmbarer Herabsetzung verläuft,
bedarf in jedem Einzelfall einer sorgfältigen Prüfung. Ein humorvoller oder
ironischer Werbevergleich kann auch dann zulässig sein, wenn er sich nicht auf
feinen Humor und leise Ironie beschränkt. Eine humorvolle oder ironische
Anspielung auf einen Mitbewerber oder dessen Produkte in einem Werbevergleich
stellt vielmehr erst dann eine unzulässige Herabsetzung dar, wenn sie den
Mitbewerber dem Spott oder der Lächerlichkeit preisgibt oder von den Adressaten
der Werbung wörtlich und damit ernst genommen und daher als Abwertung verstanden
wird (BGH, GRUR 2010, 166 Rn. 20 – Gib mal Zeitung, mwN).             
(2) Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Zuschauer werde
in humorvoller und ironischer Weise vermittelt, dass die Beklagte zu 1 die
Leistungen der Klägerin übertroffen habe. Dabei werde der Repräsentant der
Klägerin deutlich überzeichnet dargestellt. Durch die Art der Darstellung werde
hervorgehoben, dass bei diesem Test nicht – wie in den Vorjahren – die Klägerin
den Sieg errungen habe. Damit knüpfe die Gestaltung an die tatsächlichen
Gegebenheiten an. Das Verhalten des Repräsentanten der Klägerin möge zwar dem
Anlass nicht angemessen sein, wenn er sich (in Abendgarderobe gekleidet) eine
Baseballkappe aufsetze, um den vermeintlich ihm zustehenden Preis
entgegenzunehmen. Erst durch die Kappe werde aber der Repräsentant der Klägerin
als solcher erkennbar. Der Verbraucher erkenne die ironische Überzeichnung des
Charakters dieser Person. Auch die dargestellte Überheblichkeit des sichtbar
siegesgewissen Repräsentanten der Klägerin werde als parodistisch und
überzeichnet wahrgenommen. Gleiches gelte für die Formung des Victory-Zeichens
und die Glückwunschszene. Diese Umstände machten dem angesprochenen Verkehr
deutlich, dass die Darstellung überzogen sei und humorvoll wirken solle. Eine
Übertragung der Eigenschaften des Repräsentanten der Klägerin auf diese oder
ihre Produkte finde nicht statt. An dieser Beurteilung ändere der Umstand
nichts, dass Humor und Ironie lediglich auf Kosten des Repräsentanten der
Klägerin gingen. Dies gelte auch mit Blick auf vereinzelte Kommentare Dritter,
die die Werbefilme als verunglimpfend aufgefasst hätten. Die in der Werbung
liegende Meinungsäußerung der Beklagten sei auch unter Berücksichtigung des
Grundrechts der Meinungsäußerungsfreiheit der Beklagten nicht einzuschränken.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
(3) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die Grenze des
zulässigen Vergleichs sei überschritten, weil sich die eingesetzte Ironie nicht
auf das verglichene Produkt oder die Leistungen des Konkurrenten beziehe,
sondern einen außerhalb des Vergleichs liegenden Vorwurf gegen den Mitbewerber
betreffe. Der Repräsentant der Klägerin werde als überheblich, großspurig,
selbstgefällig und dümmlich dargestellt, so dass er peinlich und lächerlich
wirke und der Schadenfreude und Häme ausgeliefert werde. 
Mit dieser Rüge greift die Revision die im Wesentlichen auf
tatsächlichem Gebiet liegenden Feststellungen der Verkehrsauffassung durch das
Berufungsgericht an, die in der Revisionsinstanz nur darauf nachprüfbar sind,
ob das Berufungsgericht bei seiner Würdigung einen falschen rechtlichen Maßstab
angelegt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche
Umstände unberücksichtigt gelassen hat (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 21.
Juli 2016 – I ZR 26/15, GRUR 2016, 1076 Rn. 37 = WRP 2016, 1221 – LGA tested;
Urteil vom 27. April 2017 – I ZR 55/16, BGHZ 215, 12 Rn. 19 – Preisportal;
Urteil vom 21. Juni 2018 – I ZR 157/16, GRUR 2018, 1263 Rn. 13 = WRP 2018, 1458
– Vollsynthetisches Motorenöl, jeweils mwN). Solche Fehler vermag die Revision
nicht aufzuzeigen.           
Das Berufungsgericht hat die Umstände des Falles umfassend
gewürdigt und hierbei unter Berücksichtigung der verschiedenen Versionen des
Werbefilms festgestellt, dass die darin dargestellte Figur des Repräsentanten
der Klägerin vom angesprochenen Verkehr in Anspielung auf frühere Testsiege der
Klägerin als ironisch und parodistisch überzeichnet wahrgenommen werde, weshalb
eine Übertragung negativer Eigenschaften auf die Klägerin oder ihre Produkte
nicht erfolge. Das Berufungsgericht hat hierbei – entgegen der Ansicht der
Revision – durchaus berücksichtigt, dass es sich um eine frei erfundene
Spielszene handelt. Diese Feststellungen konnte das Berufungsgericht aus
eigener Sachkunde und ohne Einholung einer Verkehrsbefragung treffen. Gehören
die entscheidenden Richter – wie im Streitfall – selbst zu den angesprochenen
Verkehrskreisen, bedarf es im Allgemeinen keines durch eine Meinungsumfrage
untermauerten Sachverständigengutachtens, um das Verkehrsverständnis zu
ermitteln (BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 – I ZR 113/10, GRUR 2012, 215 Rn. 14 =
WRP 2012, 75 – Zertifizierter Testamentsvollstrecker, mwN). Das
Berufungsgericht hat sein in dieser Hinsicht bestehendes Ermessen (vgl. dazu
BGH, Urteil vom 13. September 2012 – I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 Rn. 43 –
Biomineralwasser mwN) pflichtgemäß ausgeübt. Insbesondere mussten sich ihm
Zweifel an seiner Sichtweise nicht deshalb aufdrängen, weil nach dem Vortrag
der Klägerin einzelne Betrachter die Werbefilme als herabsetzend oder
verunglimpfend empfunden haben sollen. 
Die Würdigung des Berufungsgerichts ist ferner nicht
erfahrungswidrig. Sie überschreitet auch mit Blick auf die Einordnung der
„Gratulationsszene“, die nach dem Verständnis der Revision die
Klägerin beschämen soll, sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
hingegen lediglich ebenfalls in einer ironischen Überzeichnung erschöpft, nicht
die Grenze zulässiger tatrichterlicher Würdigung. Soweit die Revision weiter
geltend macht, erfahrungswidrig sei auch die Annahme des Berufungsgerichts, die
nachteilige Darstellung des Repräsentanten der Klägerin werde nicht auf diese
und deren Produkte übertragen, ersetzt sie lediglich die tatrichterliche
Würdigung durch ihre eigene, ohne dabei einen Rechtsfehler aufzuzeigen. 
(4) Die Revision der Klägerin rügt ebenfalls ohne Erfolg,
das Berufungsgericht sei von einem falschen rechtlichen Maßstab ausgegangen,
weil es dem Umstand keine Bedeutung beigemessen habe, dass Humor und Ironie im
Streitfall allein auf Kosten einer Partei – der Klägerin – gingen.     
Im Rahmen der anzustellenden Gesamtwürdigung sind zwar Art
und Maß des Einsatzes humoristischer Mittel für die Ermittlung des
Verkehrsverständnisses und die Prüfung des herabsetzenden Charakters eines
Werbevergleichs von Bedeutung (vgl. BGH, GRUR 2010, 166 Rn. 22 – Gib mal
Zeitung). Eine schematische Betrachtungsweise etwa danach, ob solche Mittel
einseitige oder sonst ungleiche Verwendung finden, verbietet sich jedoch mit
Blick auf die insoweit stets erforderliche Einzelfallbetrachtung. Im Streitfall
hat das Berufungsgericht einen zutreffenden rechtlichen Maßstab angelegt.         
(5) Die Revision der Klägerin macht weiterhin ohne Erfolg
geltend, die ihrer Auffassung nach den Repräsentanten der Klägerin lächerlich
machende Darstellung leiste keinerlei Beitrag zur sachlichen Information der
Verbraucher und liege daher außerhalb des Schutzzwecks der Richtlinie
2006/114/EG.
Zwar trifft es zu, dass eine Herabsetzung im Sinne des § 6
Abs. 2 Nr. 5 UWG umso eher anzunehmen sein kann, je weniger eine für den Mitbewerber
nachteilige Aussage den Zielen der Verbraucherinformation und Markttransparenz
dient (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 6 Rn. 181;
Koos in Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl., § 6 Rn. 247). Im Streitfall
besteht jedoch nach den von der Revision vergeblich angegriffenen
Feststellungen des Berufungsgerichts ein hinreichender sachlicher Zusammenhang
zwischen der gewählten Darstellungsform und dem in Gestalt des Testergebnisses
kommunizierten Vergleich, weil die ironisch übersteigerte voreilige
Siegesgewissheit des Repräsentanten der Klägerin auf den besonderen
tatsächlichen Umstand hinweist, dass – anders als in früheren Jahren, in denen
stets die Klägerin Testsiegerin geworden war – dieses Mal das Angebot der
Beklagten zu 1 den Testsieg errungen hat. Hierbei handelt es sich um einen
tatsächlichen Umstand, der für die Qualität der Dienstleistungen der Parteien
von Bedeutung ist und dessen werbliche Hervorhebung durchaus der
Verbraucherinformation und Markttransparenz dient. 
(6) Ohne Erfolg macht die Revision der Klägerin geltend, das
Berufungsgericht habe zugunsten der Beklagten das Grundrecht der
Meinungsäußerungsfreiheit berücksichtigt, ohne auch die Beeinträchtigung des
Persönlichkeitsrechts der Klägerin zu würdigen, deren Ansehen durch die
angegriffene Werbung geschädigt werde. 
Diese Rüge übergeht wiederum die revisionsrechtlich nicht zu
beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts und bringt eine hiervon
abweichende tatsächliche Würdigung der Werbung zur Geltung. Nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts ist von einer Übertragung der im Werbefilm
gezeigten negativen Eigenschaften des Repräsentanten der Klägerin auf diese
aufgrund ironischer Überzeichnung nicht auszugehen, so dass eine nennenswerte
Schädigung des Ansehens der Klägerin nicht gegeben ist. Auf dieser Grundlage
ist auch die grundrechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts nicht zu
beanstanden. Der Sache nach wird in der Werbung allein der zutreffende, deshalb
von der Klägerin hinzunehmende tatsächliche Umstand kommuniziert, dass die
siegesverwöhnte Klägerin bei dem Vergleichstest des Jahres 2015 lediglich den
zweiten Platz erreicht hat.
b) Die Revision der Klägerin wendet sich vergeblich gegen
die Beurteilung des Berufungsgerichts, die angegriffene Werbung verstoße nicht
gegen § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG. Nach dieser Vorschrift ist ein werblicher Vergleich
unlauter, wenn er den Ruf des von einem Mitbewerber verwendeten Kennzeichens in
unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
aa) Eine wirksame vergleichende Werbung kann es erfordern,
die Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers dadurch erkennbar zu machen,
dass auf eine ihm gehörende Marke oder auf seinen Handelsnamen Bezug genommen
wird (vgl. Erwägungsgründe 8 und 14 f. der Richtlinie 2006/114/EG). Eine solche
Bezugnahme verletzt das fremde Kennzeichenrecht nicht, wenn sie unter Beachtung
der in der Richtlinie aufgestellten Bedingungen erfolgt und das fremde Zeichen
verwendet wird, um auf den Bestimmungszweck des angebotenen Produkts
hinzuweisen. Der Vorwurf einer unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung des
Rufs ist daher nur dann begründet, wenn über die Nennung des Kennzeichens
hinaus zusätzliche Umstände hinzukommen (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Juni 2009 –
C-487/07, Slg. 2009, I-5185 = GRUR 2009, 756 Rn. 44 bis 50 – L’Oréal/Bellure;
BGH, Urteil vom 28. September 2011 – I ZR 48/10, GRUR 2011, 1158 Rn. 22 = WRP
2011, 1599 – Teddybär; Urteil vom 2. April 2015 – I ZR 167/13, GRUR 2015, 1136
Rn. 17 f. = WRP 2015, 1336 – Staubsaugerbeutel im Internet).       
Die Feststellung, ob die Benutzung eines Zeichens dessen
Wertschätzung in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt, erfordert eine
umfassende Beurteilung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, wobei insbesondere
das Ausmaß der Bekanntheit und des Grades der Unterscheidungskraft des
Zeichens, der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen, die
Art der betroffenen Produkte und der Grad ihrer Nähe sowie die möglicherweise
bestehende Gefahr der Verwässerung oder Verunglimpfung des Zeichens zu
berücksichtigen sind (EuGH, GRUR 2009, 756 Rn. 44 f. – L’Oréal/Bellure). Die
Feststellung einer solchen Unlauterkeit erfordert daher die Abwägung zwischen
den Interessen des Werbenden, des betroffenen Mitbewerbers und der Verbraucher,
bei der die legitime Funktion der vergleichenden Werbung, die Verbraucher
objektiv zu informieren, und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu
berücksichtigen sind (BGH, GRUR 2011, 1158 Rn. 23 – Teddybär).            
bb) Die Revision der Klägerin wendet sich ohne Erfolg gegen
die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Nr. 4
UWG seien nicht erfüllt, weil die Beklagte zu 1 ihre Leistungen zwar gegenüber
den Leistungen der Klägerin als besser darstelle, dies jedoch allein Inhalt der
im Grundsatz zulässigen vergleichenden Werbung sei.    
(1) Die Revision der Klägerin rügt vergeblich, das
Berufungsurteil sei im Sinne des § 547 Nr. 6 ZPO unvollständig begründet, weil
es sich allein mit der Rufausnutzung unter dem Gesichtspunkt des Imagetransfers
befasse, nicht jedoch mit dem Tatbestand der Rufbeeinträchtigung.  
Der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 6 ZPO liegt vor,
wenn Entscheidungsgründe entweder völlig fehlen oder sie unverständlich, verworren
oder nichtssagend sind oder Ausführungen enthalten, die wegen ihrer Dürftigkeit
und Unvollständigkeit den Urteilsausspruch nicht tragen und deshalb in
Wirklichkeit nicht erkennen lassen, welche Überlegungen maßgebend waren; sind
die Entscheidungsgründe hingegen lediglich fehlerhaft oder knapp, weil zum
Beispiel Parteivorbringen nicht ausreichend gewürdigt wird, so fehlt es nicht
im Sinne des § 547 Nr. 6 ZPO an der Begründung (MünchKomm.ZPO/Krüger, 3. Aufl.,
§ 547 Rn. 15 f.). Im Streitfall genügen die Urteilsgründe mit Blick auf
Ansprüche nach § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG diesem Maßstab. Das Berufungsgericht hat
solche Ansprüche knapp, aber umfassend abgelehnt und dies damit begründet, dass
weder eine Rufausbeutung erfolge noch eine Herabsetzung vorliege.             
(2) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, es liege keine
Herabsetzung vor, hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden
Feststellungen des Berufungsgerichts enthält die Werbung der Beklagten die ironisch
gestaltete Mitteilung eines Vergleichstests, bei dem die Dienstleistungen der
Beklagten diejenigen der Klägerin übertroffen haben. Eine unlautere
Herabsetzung der Klägerin ist mit dieser Werbung nicht verbunden (dazu Rn. 29
ff.). Die Verwendung des Kennzeichens der Klägerin auf dem von ihrem
Repräsentanten aufgesetzten Baseball-Cap dient im Rahmen der vergleichenden
Werbung ihrer Identifizierung als Mitbewerber. Hat die Werbung als solche keine
die Klägerin unlauter herabsetzende Aussage, kommt auch der Verwendung ihres
Zeichens keine solche Wirkung zu. Die Mitteilung der Platzierung ihrer
Dienstleistungen im Vergleichstest muss die Klägerin vielmehr auch mit Blick
auf die Verwendung ihres Kennzeichens hinnehmen.  
c) Die Revision der Klägerin hat auch keinen Erfolg, soweit
sie sich gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts wendet, die angegriffene
Werbung verstoße nicht gegen § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG, weil sich die Darstellung
auf den tatsächlich errungenen Testsieg beziehe.           
aa) Nach dieser Vorschrift ist ein werblicher Vergleich
unlauter, wenn er nicht objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante,
nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis der Waren oder
Dienstleistungen bezogen ist. Die Frage, ob sich die Werbung auf eine
Eigenschaft bezieht, die für die Waren oder Dienstleistungen die genannten,
kumulativ zu fordernden Qualifikationen aufweist, ist aus der Sicht des
angesprochenen Verkehrs zu beurteilen (BGH, Urteil vom 30. September 2004 – I
ZR 14/02, GRUR 2005, 172, 174 (juris Rn. 22) = WRP 2005, 207 – Stresstest; BGH,
GRUR 2010, 166 Rn. 26 – Gib mal Zeitung).       
bb) Im Streitfall erkennt der angesprochene Verkehr in dem
in Rede stehenden Werbespot einen Vergleich der Qualität der von den Parteien
angebotenen Telekommunikationsdienstleistungen (dazu bereits Rn. 26 ff.). Der
Vergleich ist damit objektiv auf eine wesentliche, relevante, nachprüfbare
Eigenschaft der Produkte der Parteien bezogen. An der Sachbezogenheit des
Vergleichs fehlt es auch nicht, soweit durch die ironische Darstellung der
voreiligen Siegesgewissheit des Repräsentanten der Klägerin und der
„Gratulationsszene“ der Umstand betont wird, dass die Klägerin dieses
Mal lediglich den zweiten Platz erreicht hat. Dass die Beklagte zu 1 erstmals
die Klägerin – die Siegerin der Vorjahre – übertroffen hat, ist ein mit der
Qualität ihrer Dienstleistung unmittelbar im Zusammenhang stehender
tatsächlicher Umstand, dessen werbliche Kommunikation nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG
zulässig ist.      
d) Entgegen der Ansicht der Revision der Klägerin sind die
Klageanträge nicht nach § 4 Nr. 1 UWG (§ 4 Nr. 7 UWG aF) begründet.       
Nach dieser Vorschrift handelt unlauter, wer die
Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder
geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft.    
Soweit – wie im Streitfall – die unionsrechtlich
determinierten Spezialvorschriften des § 6 Abs. 2 Nr. 4 und 5 UWG anwendbar
sind, verdrängen sie § 4 Nr. 1 UWG und § 4 Nr. 7 UWG aF (BGH, GRUR 2012, 74 Rn.
17 – Coaching-Newsletter; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2015 – I ZR 219/13,
GRUR-RR 2016, 410 Rn. 18; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO § 4 Rn. 1.7).
e) Die Revision der Klägerin hat ferner keinen Erfolg,
soweit sie die Klageanträge als nach § 4 Nr. 2 Halbsatz 1 UWG (§ 4 Nr. 8
Halbsatz 1 UWG aF) begründet ansieht.
Nach dieser Vorschrift handelt unlauter, wer über die Waren,
Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den
Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder
verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des
Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind.            
Der Umstand, dass das Berufungsgericht sich mit Ansprüchen
nach dieser Vorschrift in seinen Urteilsgründen nicht befasst hat, verhilft der
Revision nicht zum Erfolg. Ein etwaiger Begründungsmangel im Sinne des § 547
Nr. 6 ZPO ist nur dann ein entscheidungserheblicher Revisionsgrund, wenn die Entscheidung
des Berufungsgerichts auf diesem Mangel beruht, weil das übergangene Angriffs-
oder Verteidigungsmittel Erfolg hätte haben müssen (vgl. RGZ 156, 113, 119;
BGH, Urteil vom 28. September 1978 – III ZR 203/74, VersR 1979, 348, 349 (juris
Rn. 22); MünchKomm.ZPO/Krüger aaO § 547 Rn. 22). Daran fehlt es im Streitfall,
weil die Voraussetzungen von Ansprüchen nach § 4 Nr. 2 UWG nicht vorliegen.
Nach dieser Vorschrift ist die Behauptung oder Verbreitung nicht erweislich
wahrer Tatsachen unlauter, sofern diese zur Schädigung des Kredits eines
Unternehmens geeignet sind. Bei dem von der Revision als kreditschädigend
angesehenen Umstand, dass nach dem Testergebnis die Qualität der
Dienstleistungen der Klägerin hinter der Qualität der Dienstleistungen der Beklagten
zurücksteht, handelt es sich um eine erweislich wahre Tatsache.              
f) Gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die
Klageanträge seien ebensowenig nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG begründet, wendet
sich die Revision der Klägerin nicht. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht
ersichtlich.            
II. Die zulässige Revision der Beklagten hat Erfolg. Die
Klage ist zwar nicht wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig (dazu B II 1). Die mit
den Klageanträgen 1 a) aa) und 2 a) aa) verfolgten Ansprüche sind jedoch nicht
begründet (dazu B II 2). 
1. Die Klageanträge sind zulässig. Die Revision der
Beklagten macht ohne Erfolg geltend, die Rechtsverfolgung der Klägerin sei nach
§ 8 Abs. 4 Satz 1 UWG rechtsmissbräuchlich.  
a) Nach dieser Vorschrift ist die Geltendmachung der in § 8
Abs. 1 UWG bezeichneten Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung wegen einer
nach § 3 oder § 7 UWG unzulässigen geschäftlichen Handlung unzulässig, wenn sie
unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere
wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf
Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen.
Der Einwand des Rechtsmissbrauchs führt im Erfolgsfalle zur Unzulässigkeit der
Klage und ist daher auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen (vgl.
BGH, Urteil vom 15. Dezember 2011 – I ZR 174/10, GRUR 2012, 730 Rn. 47 = WRP
2012, 930 – Bauheizgerät; Urteil vom 26. April 2018 – I ZR 248/16, GRUR 2019,
199 Rn. 20 = WRP 2019, 180 – Abmahnaktion II; Urteil vom 13. September 2018 – I
ZR 26/17, GRUR 2018, 1166 Rn. 37 = WRP 2018, 2054 – Prozessfinanzierer (zu §
242 BGB)). Die Verfolgung kerngleicher oder auch ähnlich gelagerter
Wettbewerbsverstöße zwischen denselben Parteien in getrennten Verfahren kann
ein Indiz für Rechtsmissbrauch darstellen, sofern es an berechtigten Gründen
für eine solche Aufspaltung fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2009 – I ZR
14/07, GRUR 2009, 1180 Rn. 20 = WRP 2009, 1510 – 0,00 Grundgebühr). Hierbei
stellt es einen sachlichen Grund dar, wenn die getrennte Anspruchsverfolgung
aufgrund von möglichen Unterschieden in der rechtlichen Beurteilung oder
Beweisbarkeit des jeweiligen Verstoßes als der prozessual sicherste Weg zur
Durchsetzung des Rechtsschutzbegehrens erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 22.
Oktober 2009 – I ZR 58/07, GRUR 2010, 454 Rn. 21 = WRP 2010, 640 –
Klassenlotterie; Urteil vom 19. Juli 2012 – I ZR 199/10, GRUR 2013, 307 Rn. 20
= WRP 2013, 329 – Unbedenkliche Mehrfachabmahnung; Beschluss vom 26. Februar
2014 – I ZR 119/09, juris Rn. 10).            
b) Im Streitfall hat das Berufungsgericht die
Rechtsverfolgung durch die Klägerin zu Recht nicht für rechtsmissbräuchlich im
Sinne des § 8 Abs. 4 UWG gehalten.    
Die Revision der Beklagten verweist ohne Erfolg auf den
Umstand, dass die Klägerin im Verfahren der einstweiligen Verfügung gegen
verschiedene Werbemaßnahmen der Beklagten vor verschiedenen Gerichten
vorgegangen ist. Ein Rechtsmissbrauch kommt nicht in Betracht, wenn aufgrund
sukzessiver, auf wettbewerbsrechtliche Beanstandungen zurückzuführender
Veränderungen der Werbemaßnahmen durch den Mitbewerber die Zusammenfassung des
Angriffs auf sämtliche Verletzungsformen in einem Verfahren der einstweiligen
Verfügung wegen seiner Eilbedürftigkeit nicht möglich ist. Die Revision macht
nicht geltend, dass die Klägerin etwa die verschiedenen Versionen der Werbung
in einem Verfahren der einstweiligen Verfügung hätte angreifen können.         
Die Revision der Beklagten dringt aber auch mit ihrem
Hinweis auf das von der Konzernmutter der Klägerin wegen des Werbefilms auf
markenrechtlicher Grundlage gesondert geführte Eilverfahren nicht durch. Die
von ihr beanstandete Einleitung des markenrechtlichen Verletzungsverfahrens nach
dem erfolglosen Versuch der Erlangung eines wettbewerbsrechtlichen Verbots ist
schon durch die erheblichen Unterschiede in der tatsächlichen Darlegung und
rechtlichen Beurteilung von Wettbewerbsverstößen einerseits und
markenrechtlichen Verstößen andererseits sachlich begründet und stellt kein
Indiz für rechtsmissbräuchliches Verhalten dar.          
2. Die Revision der Beklagten hat Erfolg, soweit das
Berufungsgericht die mit den Anträgen 1 a) aa) und 2 a) aa) verfolgten Anträge
nach §§ 8, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 UWG zuerkannt hat.
a) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG ist eine irreführende
geschäftliche Handlung unlauter, die geeignet ist, den Verbraucher oder
sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen,
die er andernfalls nicht getroffen hätte. Dabei kommt es auf die Vorstellung
des verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers
an. Erforderlich ist, dass die Werbung geeignet ist, bei einem erheblichen Teil
der umworbenen Verkehrskreise irrige Vorstellungen über marktrelevante Umstände
hervorzurufen und die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich
relevanter Weise zu beeinflussen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 28. April
2016 – I ZR 23/15, GRUR 2016, 1073 Rn. 27 = WRP 2016, 1228 – Geo-Targeting,
mwN). 
Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche
Handlung irreführend, wenn sie zur Täuschung geeignete Angaben über die
wesentlichen Merkmale der Waren oder Dienstleistungen wie die Ergebnisse oder
wesentliche Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen enthält. Die
Werbung mit aktuellen Testergebnissen für Produkte, die den getesteten
entsprechen und die auch nicht technisch überholt sind (vgl. dazu BGH, Urteil
vom 2. Mai 1985 – I ZR 200/83 – Veralteter Test; Beschluss vom 15. August 2013
– I ZR 197/12, WRP 2014, 67 Rn. 8), ist grundsätzlich nicht irreführend, wenn
die von einem Dritten vergebene Auszeichnung in einem seriösen Verfahren
vergeben und nicht erschlichen worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar
2003 – I ZR 41/00, GRUR 2003, 800, 802 (juris Rn. 38) = WRP 2003, 1111 –
Schachcomputerkatalog). Der Werbende darf sich in diesen Fällen mit der
Auszeichnung schmücken und braucht keinen eigenen Qualitätsnachweis zu führen;
insbesondere unterliegt er nicht den Zulässigkeitsanforderungen der
Alleinstellungs- oder Spitzengruppenwerbung (BGH, GRUR 2003, 800, 802 (juris
Rn. 38) – Schachcomputerkatalog). Die Werbung mit einem Testsiegel darf
allerdings auch über den Rang des beworbenen Produkts im Kreise der getesteten
Produkte nicht irreführen (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 1982 – I ZR 71/80,
GRUR 1982, 437, 438 (juris Rn. 15 f.) = WRP 1982, 414 – Test Gut).           
Eine Werbung, mit der der Werbende das Testergebnis nicht in
der wörtlich verliehenen Form nutzt, sondern mit eigenen Worten umschreibt, ist
(nur) irreführend, wenn der Werbende die Aussage des Testergebnisses zu seinen
Gunsten verändert (Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO § 5 Rn.
2.281; Peifer/Obergfell in Fezer/Büscher/Obergfell aaO § 5 Rn. 323; Sosnitza in
Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., § 5 Rn. 420; Weidert in Harte/Henning, UWG, 4.
Aufl., § 5 Rn. 268; vgl. auch OLG Hamburg, GRUR-RR 2013, 437, 438). 
Ausnahmsweise kann die Werbung mit einem Testsiegel irreführend
sein, wenn dem Testsiegel aufgrund besonderer Umstände – etwa wegen des Fehlens
von objektiven Kriterien für die Prüfung der untersuchten Dienstleistung – nur
eine begrenzte Aussagekraft zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 2005 – I ZR
253/02, GRUR 2005, 877, 879 f. (juris Rn. 35 ff.) = WRP 2005, 1242 – Werbung
mit Testergebnis).        
Unberührt bleibt ferner die aus § 5a Abs. 2 UWG folgende
Pflicht des Werbenden, bei der Werbung mit einem Testsiegel wesentliche
Informationen – etwa die Testfundstelle oder Hinweise auf Prüfkriterien –
mitzuteilen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2009 – I ZR 50/07, GRUR 2010, 248
Rn. 28 ff. = WRP 2010, 370 – Kamerakauf im Internet; Urteil vom 21. Juli 2016 –
I ZR 26/15, GRUR 2016, 1076 Rn. 17 ff. = WRP 2016, 1221 – LGA tested).
b) Die angegriffenen Angaben zum „besten Netz“
verstoßen nicht gegen § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 UWG.      
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Angaben zum
„besten Netz“ seien aus zwei Gründen irreführend. Zum einen
vermittelten sie dem Verbraucher den unzutreffenden Eindruck, die Zeitschrift
„Connect“ habe der Beklagten zu 1 die Auszeichnung „Das beste
Netz“ verliehen. Dieses Prädikat sei im Test jedoch nicht vergeben worden.
Das Testergebnis lasse sich hierdurch auch nicht in zulässiger Weise
zusammenfassen. Zum anderen erweckten die Angaben bei den angesprochenen
Verkehrskreisen den unzutreffenden Eindruck, die Beklagte zu 1 verfüge über das
beste Netz. Im Testbericht werde darauf hingewiesen, dass das schlechtere
Ergebnis für die Klägerin mit dem von ihr eingesetzten Router und einem
Softwareproblem der Klägerin zusammenhänge. Diese Beurteilung hält der
rechtlichen Nachprüfung nicht stand.   
bb) Das Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend
angenommen, dass der Verkehr die angegriffene Werbung als Wiedergabe des
Testergebnisses versteht und dass der Titel „Das beste Netz“ durch
den Test der Zeitschrift „Connect“ nicht verliehen wurde. Die
Revision der Beklagten wendet sich aber mit Erfolg gegen die Feststellung des
Berufungsgerichts, die angegriffenen Angaben zum „besten Netz“ gäben
das Testergebnis nicht zutreffend wieder.      
(1) Tatrichterliche Feststellungen zum Verkehrsverständnis
unterliegen zwar nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle dahingehend,
ob das Berufungsgericht bei seiner Würdigung einen falschen rechtlichen Maßstab
angelegt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche
Umstände unberücksichtigt gelassen hat (dazu oben Rn. 33). Den tatrichterlichen
Feststellungen des Berufungsgerichts liegt jedoch ein falscher rechtlicher
Maßstab zugrunde.
Bei der Prüfung, ob die Beklagten die von der Zeitschrift
„Connect“ vergebene Auszeichnung inhaltlich zutreffend wiedergegeben
haben, ist nicht auf den Inhalt des der Auszeichnung vorangegangenen
Prüfverfahrens oder den ihr zugrundeliegenden Ergebnisbericht, sondern
ausschließlich darauf abzustellen, ob die verliehene Auszeichnung selbst
zutreffend wiedergegeben worden ist. Es ist weder festgestellt noch von der Klägerin
geltend gemacht worden, dass das Testsiegel aufgrund besonderer Umstände nur
eine begrenzte Aussagekraft hat; insbesondere fehlt es nicht an objektiven
Standards und Kriterien für die Prüfung der getesteten
Telekommunikationsdienstleistungen. Der Streitfall betrifft auch keine zeitlich
oder technisch überholte Testwerbung oder eine durch das Testsiegel ausgelöste
Irreführung über den Rang des beworbenen Produkts im Kreis der getesteten
Produkte.            
(2) Die angegriffenen Angaben sind mithin allein an der
Aussage des von der Zeitschrift „Connect“ verliehenen Testsiegels zu
messen. Das Berufungsgericht hat hierzu keine hinreichenden Feststellungen
getroffen. Der erkennende Senat kann diese Feststellungen aufgrund des
unstreitigen Sachverhalts selbst vornehmen (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 21.
September 2017 – I ZR 53/16, GRUR 2018, 320 Rn. 21 = WRP 2018, 328 – Festzins
Plus, mwN). 
Die Angaben zum „besten Netz“ umschreiben das
Testergebnis „Testsieger – Festnetztest“, ohne die Aussage des Testergebnisses
zugunsten der Beklagten zu verändern. Das Ergebnis des von der Zeitschrift
„Connect“ durchgeführten Tests wird durch das von ihr verliehene
Testsiegel zum Ausdruck gebracht. Dieses Testsiegel besagt wörtlich, dass
„1&1“ der „Testsieger“ im „Festnetztest Heft
8/2015“ ist. Dieses im Testsiegel zum Ausdruck gebrachte Testergebnis wird
durch die von den Beklagten in der Werbung verwendete Angabe, nach dem Ergebnis
des „Festnetztests“ verfügten sie über „Das beste Netz“,
mit eigenen Worten umschrieben, ohne die Aussage des Testergebnisses zu ihren
Gunsten zu verändern. Die Werbung ist auch nicht wegen eines unzutreffenden
Produktbezugs irreführend, weil sie sich in der zutreffenden Angabe erschöpft,
dass die Beklagten im „Festnetztest Heft 8/2015“ den Sieg errungen
haben.
Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass das
Testsiegel nicht in einem seriösen Verfahren vergeben oder erschlichen worden
ist. Die Revision der Klägerin hat auch nicht geltend gemacht, dass das
Berufungsgericht Vortrag der Klägerin hierzu übergangen hat. Es handelt sich
mithin um eine inhaltlich zutreffende Werbung mit dem Inhalt des vergebenen
Testsiegels.             
cc) Mit Erfolg beanstandet die Revision der Beklagten weiter
die Annahmen des Berufungsgerichts, der angesprochene Verkehr entnehme den
angegriffenen Angaben, der Titel „Das beste Netz“ sei der Beklagten
zu 1 tatsächlich verliehen worden oder die Beklagten verfügten über das beste
Netz.            
Die erstgenannte Annahme wird von den durch das
Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht getragen. Diese beziehen sich
auf die Gestaltung eines in der Revision nicht mehr streitgegenständlichen
Werbeflugblatts, nicht aber auf den Inhalt der hier zu beurteilenden
Werbefilme. Insoweit fehlt es an Feststellungen des Berufungsgerichts.            
Auf die vom Berufungsgericht zugrunde gelegten
Fehlvorstellungen kommt es allerdings aus Rechtsgründen nicht an. Gibt die
angegriffene Werbung den Inhalt des von einem Dritten in einem seriösen
Verfahren vergebenen und nicht erschlichenen Testsiegels zutreffend wieder
(dazu oben Rn. 74 ff.), so ist es lauterkeitsrechtlich unerheblich, ob Teile
des Verkehrs dieser Wiedergabe des Testsiegels unzutreffende Vorstellungen über
Gegenstand oder Ergebnis des Tests entnehmen. Deshalb erweist sich das
angegriffene Urteil auch nicht aus anderen Gründen als richtig, weil die
Wiedergabe des Testsiegels – wie die Klägerin geltend macht – von Teilen des
Verkehrs unzutreffend dahingehend verstanden wird, die Beklagte zu 1 verfüge
über ein eigenes flächendeckendes Netz.    
3. Die Klageanträge sind auch nicht nach § 5a Abs. 2 UWG
begründet. Die Beklagten haben bei der Wiedergabe des Testsiegels keine
wesentlichen Informationen vorenthalten.     
C. Danach ist die Revision der Klägerin zurückzuweisen. Auf
die Revision der Beklagten ist das angegriffene Urteil, soweit darin zum
Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, aufzuheben und die Klage
hinsichtlich des Antrags 1 a) aa), bezogen auf die Werbespots gemäß Anlagen K
25, K 26, K 27 und K 28, sowie des Antrags 2 a) aa), bezogen auf den Werbespot
gemäß Anlage K 27 und K 28, abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91
Abs. 1, § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO

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BGH – Umzug grundsätzlich kein wichtiger Grund zur Kündigung eines Fitnessstudio-Vertrages

Der BGH hat mit Urteil
vom 04.05.2016 – XII ZR 62/15
entschieden, dass selbst ein berufsbedingter Umzug
grundsätzlich keine außerordentliche Kündigung rechtfertigt.
Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Beklagten durch
Urteil zurückgewiesen, weil der Beklagte den Vertrag nicht wirksam vorzeitig
gekündigt hat und er deswegen bis zum regulären Vertragsende Nutzungsentgelt
schuldet.
Zwar steht, so der Senat, wie sich aus den Vorschriften der
§§ 626 Abs. 1, 543 Abs. 1 und 314 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergibt,
dem Kunden eines Fitnessstudios, der einen Vertrag für einen bestimmten
Zeitraum geschlossen hat, weil es sich dabei um ein Dauerschuldverhältnis
handelt, unabhängig von der rechtlichen Einordnung eines solchen
Fitnessstudiovertrags als Miet-, Dienst- oder typengemischter Vertrag, stets
ein Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund zu (BGH,
Urteil vom 08.02.2012 – XII ZR 42/10
–).
Ein wichtiger Grund zur Kündigung eines
Dauerschuldverhältnisses liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter
Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der
beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur
vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht
zugemutet werden kann (so etwa § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Allerdings trägt der Kunde grundsätzlich das Risiko, die
vereinbarte Leistung des Vertragspartners aufgrund einer Veränderung seiner
persönlichen Verhältnisse nicht mehr nutzen zu können. Etwas anderes gilt nur
dann, wenn ihm aus Gründen, die er nicht beeinflussen kann, eine weitere
Nutzung der Leistungen des anderen Vertragspartners nicht mehr zumutbar ist.
Bei einem Vertrag über die Nutzung eines Fitnessstudios kann
ein solcher – nicht in seinen Verantwortungsbereich fallender – Umstand etwa in
einer die Nutzung ausschließenden Erkrankung gesehen werden. Ebenso kann eine
Schwangerschaft die weitere Nutzung der Leistungen des Studiobetreibers bis zum
Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit unzumutbar machen.
Ein Wohnsitzwechsel stellt dagegen grundsätzlich keinen
wichtigen Grund i.S.v. §§ 314 Abs. 1, 543 Abs. 1, 626 Abs. 1 BGB für eine
außerordentliche Kündigung eines Fitness-Studiovertrags dar. Die Gründe für
einen Wohnsitzwechsel – sei er auch berufs- oder familienbedingt – liegen in
aller Regel allein in der Sphäre des Kunden und sind von ihm beeinflussbar.
Besondere Umstände, die hier die Übernahme des Verwendungsrisikos für den
Kunden gleichwohl als unzumutbar erscheinen ließen, sind weder festgestellt
noch sonst ersichtlich.
Die Vorschrift des § 46 Abs. 8 Satz 3 TKG, die dem Nutzer einer
Telekommunikations-Leistung (etwa DSL) ein Sonderkündigungsrecht unter
Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten einräumt, wenn die Leistung
am neuen Wohnsitz nicht angeboten wird, ist weder unmittelbar noch entsprechend
auf die Kündigung eines Fitnessstudio-Vertrags anzuwenden.


Tenor
Die Revision gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des
Landgerichts Hannover vom 27. April 2015 wird auf Kosten des Beklagten
zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand
Die Klägerin verlangt als Betreiberin eines Fitnessstudios
von dem Beklagten restliches Nutzungsentgelt für die Zeit von Oktober 2013 bis
einschließlich Juli 2014.
Die Parteien schlossen im Jahr 2010 einen Vertrag über die
Nutzung eines in Hannover gelegenen Fitnessstudios für einen Zeitraum von 24
Monaten (Fitnessstudiovertrag). Sie vereinbarten ein monatliches
Nutzungsentgelt von 65 € zuzüglich einer – zweimal im Jahr fälligen – Pauschale
von 69,90 € für ein „Trainingspaket“. Ferner enthält der Vertrag in
Ziffer 4 eine Verlängerungsklausel um jeweils zwölf Monate für den Fall, dass
er nicht mindestens drei Monate vor Ablauf gekündigt wird, und in Ziffer 8 eine
Vorfälligkeitsklausel, wonach bei einem Zahlungsverzug von mehr als zwei
Monatsraten sämtliche Entgelte für die Restlaufzeit sofort zur Zahlung fällig
werden. Der Vertrag verlängerte sich mangels Kündigung bis zum 31. Juli 2014.
Im Oktober 2013 wurde der – bis dahin in Hannover lebende –
Beklagte zum Soldaten auf Zeit ernannt; gleichzeitig stellte er die Zahlung der
Mitgliedsbeiträge ein. Anschließend wurde er für die Zeit von Oktober bis
Dezember 2013 nach Köln und für die Zeit von Januar bis Mai 2014 nach Kiel
abkommandiert. Seit Juni 2014 ist der Beklagte in Rostock stationiert. Am 5.
November 2013 kündigte der Beklagte seine Mitgliedschaft bei der Klägerin.
Das Amtsgericht hat die Klage, mit der die Klägerin ein
restliches Nutzungsentgelt von 719,90 € nebst Zinsen sowie die Erstattung
vorgerichtlicher Anwaltskosten begehrt hat, im Wesentlichen abgewiesen. Auf die
Berufung der Klägerin hat das Landgericht der Klage in der Hauptsache in vollem
Umfang stattgegeben. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der vom Landgericht
zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
I.
Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass
der Fitnessstudiovertrag durch die Kündigung des Beklagten nicht mit sofortiger
Wirkung beendet worden sei. Der vom Beklagten vorgetragene Wohnortwechsel
stelle keinen außerordentlichen Kündigungsgrund dar. Ein wichtiger Grund zur
Kündigung des Rechtsverhältnisses liege nach den §§ 314 Abs. 1, 626 Abs. 1 BGB
im Allgemeinen nur dann vor, wenn die Gründe, auf die eine Kündigung gestützt
würden, im Risikobereich des Kündigungsgegners lägen. Werde der Kündigungsgrund
dagegen aus Vorgängen hergeleitet, die dem Einfluss des Kündigungsgegners
entzogen seien und aus der eigenen Interessensphäre des kündigenden
Vertragsteils herrührten, rechtfertige dies nur in Ausnahmefällen die fristlose
Kündigung.
Ein mit einem Umzug einhergehender Wohnortwechsel – sei es
auch aus beruflicher Veranlassung – sei allein der Risikosphäre des Beklagten
zuzuordnen. Er sei ausschließlich von diesem und nicht von der Klägerin
beeinflussbar. Auch wenn die Abkommandierung fremdbestimmt durch die Bundeswehr
erfolgt sei, habe letztlich allein der Beklagte mit seinem Umzug die
Entscheidung getroffen, die ihm die Nutzung des Fitnessstudios unmöglich mache.
Im Gegenzug dafür, dass der Beklagte im Rahmen des Vertrags das Risiko trage, die
Leistung nicht mehr nutzen zu können und trotzdem zahlen zu müssen, sei er
während der Vertragslaufzeit in den Genuss geringerer monatlicher Raten
gekommen, als wenn er einen monatlich kündbaren Vertrag abgeschlossen hätte.
Jedenfalls seien Monatsraten der Jahres- und Zweijahresverträge in
Fitnessstudios nach allgemeiner Lebenserfahrung erheblich geringer als die von
monatlich kündbaren Verträgen.
Die Regelung des § 46 Abs. 8 Satz 3 TKG, die ein
Sonderkündigungsrecht mit einer Frist von drei Monaten vorsieht, sei auf den
hiesigen Fall nicht übertragbar. Es handele sich bei dieser Norm vielmehr um
eine spezialgesetzliche Regelung für den Bereich von
Telekommunikationsverträgen, die nicht ohne Weiteres auf andere
Verbraucherverträge übertragen werden könne. Dies gelte für den
streitgegenständlichen Fitnessstudiovertrag insbesondere deshalb, weil dieser,
anders als Telekommunikationsverträge, nicht zur Daseinsvorsorge zähle. Darüber
hinaus sei zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber im Bürgerlichen Gesetzbuch
gerade keine dem § 46 Abs. 8 Satz 3 TKG vergleichbare Regelung geschaffen habe,
so dass im Umkehrschluss davon auszugehen sei, dass auch der Rechtsgedanke
dieser Norm nicht verallgemeinernd auf andere Verbraucherverträge anzuwenden
sei.
II.
Das hält rechtlicher Überprüfung stand.
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die
Klägerin gegen den Beklagten aus dem zwischen den Parteien geschlossenen
Fitnessstudiovertrag einen Anspruch auf Nutzungsentgelt für den hier in Streit
stehenden Zeitraum vom 1. Oktober 2013 bis zum 31. Juli 2014 hat, weil der
Beklagte den wirksamen Vertrag (vgl. auch Senatsurteil vom 8. Februar 2012 –
XII ZR 42/10 – NJW 2012, 1431 Rn. 19 ff. mwN) nicht zu einem früheren Termin
kündigen konnte.
1. Unabhängig von der rechtlichen Einordnung eines
Fitnessstudiovertrags als Miet-, Dienst- oder typengemischter Vertrag handelt
es sich dabei allerdings um ein Dauerschuldverhältnis, bei dem dem Kunden ein
Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund zusteht. In den Vorschriften
der §§ 626 Abs. 1, 543 Abs. 1 und 314 Abs. 1 BGB kommt der von der
Rechtsprechung und Lehre entwickelte allgemeine Grundsatz zum Ausdruck, dass
den Vertragsparteien eines Dauerschuldverhältnisses stets ein Recht zur
außerordentlichen Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zusteht
(Senatsurteil vom 8. Februar 2012 – XII ZR 42/10 – NJW 2012, 1431 Rn. 27 mwN).
a) Ein wichtiger Grund zur Kündigung eines
Dauerschuldverhältnisses liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter
Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der
beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur
vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht
zugemutet werden kann (so etwa § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dabei trägt allerdings
der Kunde, der einen längerfristigen Vertrag über die Erbringung einer Leistung
abschließt, grundsätzlich das Risiko, diese aufgrund einer Veränderung seiner
persönlichen Verhältnisse nicht mehr nutzen zu können (BGH Urteil vom 11. November
2010 – III ZR 57/10 – NJW-RR 2011, 916 Rn. 12; vgl. auch § 537 Abs. 1 BGB).
Etwas anderes gilt nur, wenn ihm aus Gründen, die er nicht beeinflussen kann,
eine weitere Inanspruchnahme der Leistungen des anderen Vertragspartners nicht
mehr zumutbar ist (vgl. Senatsurteile vom 8. Februar 2012 – XII ZR 42/10 – NJW
2012, 1431 Rn. 31 mwN und vom 23. Oktober 1996 – XII ZR 55/95 – NJW 1997, 193,
195 mwN). Bei einem Vertrag über die Nutzung eines Fitnessstudios kann ein
solcher – nicht in seinen Verantwortungsbereich fallender – Umstand etwa in
einer Erkrankung des Kunden gesehen werden. Ebenso kann eine Schwangerschaft
die weitere Nutzung bis zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit unzumutbar
machen; der besondere Schutz des Art. 6 Abs. 4 GG und dessen wertsetzende
Bedeutung wirken sich insoweit auch auf die Frage der Zurechenbarkeit des
Kündigungsgrundes aus (vgl. BVerfG NJW 2005, 2383; s. auch Senatsurteil vom 8.
Februar 2012 – XII ZR 42/10 – NJW 2012, 1431 Rn. 31 mwN).
Ein Wohnortwechsel stellt danach grundsätzlich keinen
wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung eines Fitnessstudiovertrags
dar (ebenso LG Bonn Urteil vom 5. August 2014 – 8 S 103/14 – juris Rn. 12; LG
Gießen Urteil vom 15. Februar 2012 – 1 S 338/11 – juris Rn. 3; AG Bremen Urteil
vom 16. Oktober 2014 – 10 C 47/14 – juris Rn. 20; Diekmann/Lube MDR 2016, 69,
71; aA AG München Urteil vom 17. Dezember 2008 – 212 C 15699/08 – juris Rn.
19). Die Gründe für einen Wohnortwechsel – sei er auch berufsbedingt – liegen
in aller Regel allein in der Sphäre des Kunden und sind von ihm – anders als
von dem Anbieter der Leistungen – beeinflussbar (vgl. BGH Urteil vom 11.
November 2010 – III ZR 57/10 – NJW-RR 2011, 916 Rn. 12).
b) Dem steht auch die Regelung des § 46 Abs. 8 Satz 3 TKG
nicht entgegen. Zwar weist die Revision zutreffend darauf hin, dass der
Gesetzgeber als Reaktion auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11.
November 2010 (III ZR 57/10 – NJW-RR 2011, 916), wonach ein DSL-Vertrag nicht
infolge eines Wohnortwechsels außerordentlich kündbar ist, mit § 46 Abs. 8 Satz
3 TKG ein Sonderkündigungsrecht für den Nutzer unter Einhaltung einer
Kündigungsfrist von drei Monaten geschaffen hat, wenn die
Telekommunikations-Leistung am neuen Wohnort nicht angeboten wird (vgl.
BT-Drucks. 17/5707 S. 70). Allerdings hat das Landgericht zu Recht eine analoge
Anwendung dieser Norm abgelehnt.
Eine Analogie setzt eine planwidrige Regelungslücke voraus;
zudem muss der zur Beurteilung stehende Sachverhalt mit dem vergleichbar sein,
den der Gesetzgeber geregelt hat.
aa) Es fehlt schon an einer planwidrigen Regelungslücke. Wie
sich aus den §§ 626 Abs. 1, 543 Abs. 1 BGB und 314 Abs. 1 BGB ergibt, stellt
sich die Frage der Kündigung wegen eines Wohnortwechsels nicht nur in
Fallkonstellationen der vorliegenden Art, in denen es um eine Lösung von einem
Fitnessstudiovertrag geht, sondern bei vielen anderen Dauerschuldverhältnissen,
etwa bei einem befristeten Wohnraummiet- oder sonstigen Dienstvertrag. Dass der
Gesetzgeber die Problematik des Wohnortwechsels für all diese Fälle übersehen
hat und bei entsprechender Kenntnis neben den bereits bestehenden
Kündigungsvorschriften für alle entsprechenden BGB-Verträge ein
Sonderkündigungsrecht i.S.d. § 46 Abs. 8 Satz 3 TKG hätte schaffen wollen, ist
nicht ersichtlich. Wie sich der Gesetzesbegründung entnehmen lässt, wollte der
Gesetzgeber mit dem Sonderkündigungsrecht vielmehr allein den
Verbraucherbeschwerden und den damit einhergehenden wettbewerbsmindernden
Effekten im Bereich der Telekommunikation Rechnung tragen (BT-Drucks. 17/5707
S. 70).
bb) Für eine Vergleichbarkeit der zu regelnden Sachverhalte
reicht es zudem nicht aus, dass bei einem Vertragspartner das gleiche Interesse
vorliegt, das der Gesetzgeber in der einen anderen Fall betreffenden
Gesetzesvorschrift schützen wollte. Denn bei einer solchen Betrachtungsweise
würden die Interessen der anderen Vertragspartei in ungebührlicher Weise
vernachlässigt. Vielmehr muss geprüft werden, ob der Gesetzgeber bei einer
Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten
lassen wie beim Erlass der entsprechend anzuwendenden Gesetzesvorschrift, zu
dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen wäre (BGHZ 105, 140 = NJW 1988, 2734;
Senatsbeschluss vom 25. Mai 2011 – XII ZB 625/10 – FamRZ 2011, 1394 Rn. 27).
An einer solchen Vergleichbarkeit eines
Telekommunikationsvertrags mit einem Fitnessstudiovertrag fehlt es schon
deshalb, weil Gegenstand des Telekommunikationsvertrags die Daseinsvorsorge
ist; der kündigende Vertragspartner ist regelmäßig darauf angewiesen, einen
entsprechenden Vertrag abzuschließen, um die heute kaum verzichtbare
Möglichkeit des Internets nutzen zu können. Eine damit vergleichbare Bedeutung
kann dem Fitnessstudiovertrag nicht beigemessen werden.
c) Gemessen hieran ist die angegriffene Entscheidung von
Rechts wegen nicht zu beanstanden.
In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ist das
Landgericht davon ausgegangen, dass der berufsbedingte Wohnortwechsel, auch
wenn er durch die Abkommandierung fremdbestimmt ist, letztlich in die Sphäre
des Beklagten fällt. Zutreffend ist auch die – auf der Grundlage der von ihm
getroffenen und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen angestellte
– weitere Erwägung des Landgerichts, wonach der Beklagte im Gegenzug für die
Übernahme des Verwendungsrisikos während der Vertragslaufzeit in den Genuss
geringerer monatlicher Raten gekommen ist, als wenn er einen monatlich
kündbaren Vertrag abgeschlossen hätte (vgl. BGH Urteil vom 11. November 2010 –
III ZR 57/10 – NJW-RR 2011, 916 Rn. 13).
Dabei kann die – vom Landgericht nicht aufgeklärte – Frage
dahinstehen, ob der Beklagte bei Vertragsschluss bzw. im Zeitpunkt der
letztmöglichen ordentlichen Kündigung bereits Kenntnis von seiner (späteren)
beruflichen Tätigkeit als Soldat hatte. Wäre dem so gewesen, hätte er das
erhöhte Verwendungsrisiko im maßgeblichen Zeitpunkt, in dem er sich vom Vertrag
hätte lösen können, bewusst in Kauf genommen. Hätte er die Entscheidung, Soldat
zu werden, dagegen erst danach getroffen, so lägen Umstände vor, die er hätte beeinflussen
können und die damit in seinen Verantwortungsbereich fielen.
Besondere Umstände, die die Übernahme des Verwendungsrisikos
für den Beklagten gleichwohl als unzumutbar erscheinen ließen, sind weder
festgestellt noch sonst ersichtlich. Diese liegen nicht zuletzt auch deshalb
fern, weil der für die Restlaufzeit geschuldete Betrag von insgesamt 719,90 €
relativ gering ist, der Vertrag die – von dem Beklagten schon einmal genutzte –
Möglichkeit bietet, ihn für eine bestimmte Zeit namentlich wegen einer
Tätigkeit bei der Bundeswehr auszusetzen (Ziffer 2) und der Beklagte
schließlich – worauf die Revisionserwiderung zu Recht hingewiesen hat – schon
nicht hinreichend dargelegt hat, dass er die Angebote der Klägerin überhaupt
nicht mehr nutzen könne, obgleich er noch einen Wohnsitz in Hannover hatte.
2. Ein Kündigungsrecht des Beklagten ergibt sich auch nicht
aus § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Bei
Anwendung des § 313 BGB ist ebenfalls zu beachten, dass grundsätzlich jede
Partei ihre aus dem Vertrag ersichtlichen Risiken selbst zu tragen hat.
Grundsätzlich kann derjenige, der die entscheidende Änderung der Verhältnisse,
wie hier den Umzug, selbst bewirkt hat, aufgrund dieser Änderung keine Rechte
herleiten (BGH Urteil vom 11. November 2010 – III ZR 57/10 – NJW-RR 2011, 916
Rn. 17). Umstände, die ausnahmsweise ein Abweichen von diesen Grundsätzen
rechtfertigen könnten, bestehen aus den vorstehenden Gründen nicht.

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BGH: zur Laufzeit von Fitnessstudioverträgen und zu den Voraussetzungen einer vorzeitigen Kündigung

Der BGH hat mit Urteil
vom 08.02.2012, Az. XII ZR 42/10
entschieden, dass die Festlegung einer
Vertragslaufzeit von 24 Monaten in den AGB eines Fitnessstudiovertrags
grundsätzlich zulässig ist. Dies sei insbesondere unproblematisch, wenn der
Vertrag sich lediglich auf das Recht zur Gerätenutzung beschränke (=
Mietvertrag) und weitere Dienstleistungen nicht einschließe.
Auch zu den Voraussetzungen des Rechts zur außerordentlichen
Kündigung des Vertrags im Krankheitsfall hat der BGH in der Entscheidung
grundsätzliches geurteilt, so liegt ein wichtiger Grund zur Kündigung eines
Dauerschuldverhältnisses vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung
aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen
Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden
kann (vgl. § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dies ist in der Regel der Fall, wenn einem
der Vertragspartner aus Gründen, die nicht in seinem Verantwortungsbereich
liegen, eine weitere Nutzung der Leistungen des anderen Vertragspartners nicht
mehr zumutbar sind (vgl. BGH Urteil vom 26. Mai 1986 – VIII ZR 218/85 – NJW1986, 3134, 3135 mwN).

Damit hat der BGH klargestellt, dass eine Erkrankung grds. zur fristlosen
Kündigung eines Fitnessvertrages berechtigt, insbesondere als wichtiger
Kündigungsgrund i. S. v. § 314 Abs. 1 BGB anzuerkennen ist.

Tenor

  1.  Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
    der 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 4. März 2010
    aufgehoben.
  2.  Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung
    und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das
    Berufungsgericht zurückverwiesen.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung von Nutzungsentgelt für
das von der Klägerin betriebene Fitness-Studio.
Sie schlossen am 17. April 2007 einen Vertrag zur Nutzung
der Einrichtungen in dem von der Klägerin betriebenen Fitness-Center. Der
Vertrag sah eine Vertragsdauer von 24 Monaten vor und sollte sich immer wieder
um 12 Monate verlängern, wenn er nicht jeweils drei Monate vor Ablauf schriftlich
gekündigt wird. Als Vertragsbeginn vereinbarten die Parteien den 1. Mai 2007.
Das monatliche Nutzungsentgelt betrug 44,90 €.
Ziff. 7 der Vertragsbedingungen der Klägerin sah folgende
Regelung vor:
„Der Nutzer kann den Vertrag mit Wirkung des Eingangs bei
dem B…-Center kündigen, wenn er krankheitsbedingt für die restliche
Vertragslaufzeit die Einrichtung des Centers nicht nutzen kann. Zur Wirksamkeit
der Kündigung ist erforderlich, dass sie unverzüglich, spätestens binnen zwei
Wochen nach Kenntnis des die Kündigung rechtfertigenden Umstandes erfolgt und
der Kündigungserklärung ein ärztliches Attest eingefügt wird, aus dem sich
nachvollziehbar die Erkrankung/gesundheitliche Beeinträchtigung ergibt, die
einer Nutzung entgegenstehen soll.“
Mit Schreiben vom 24. Juli 2008 kündigte der Beklagte das
Vertragsverhältnis aufgrund gesundheitlicher Probleme, die in einem beigefügten
ärztlichen Attest bescheinigt waren. Die Klägerin akzeptierte die Kündigung
nicht und teilte dem Beklagten mit, dass die Kündigung erst zum nächstmöglichen
Termin, dem 30. April 2009 angenommen werde. Da der Beklagte ab Oktober 2008
kein Nutzungsentgelt mehr bezahlte, machte die Klägerin die bis zum 30. April
2009 angefallenen Nutzungsentgelte klageweise geltend.
Das Amtsgericht hat die Klage im Wesentlichen abgewiesen.
Die Berufung der Klägerin hatte Erfolg und führte zur Verurteilung des
Beklagten. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision möchte der
Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen.
Entscheidungsgründe
Da die Klägerin in der mündlichen Verhandlung trotz
rechtzeitiger Bekanntgabe des Termins nicht vertreten war, ist über die
Revision des Beklagten durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Dieses beruht
jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern berücksichtigt den gesamten
Sach- und Streitstand (BGHZ
37, 79
, 81 ff.).
Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des
angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das
Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, die Laufzeit des Vertrages
betrage zwar mehr als zwei Jahre, weil die vertragliche Bindung des Beklagten
schon mit Abschluss des Vertrages am 17. April 2007 und nicht erst mit dem ab
1. Mai 2007 vereinbarten Beginn der Leistungserbringung eingetreten sei. Dies
habe jedoch nicht zur Folge, dass die Laufzeitklausel gemäß §§ 307 ff. BGB unwirksam sei.
Eine Überprüfung der Klausel anhand § 309 Nr. 9
lit. a BGB komme nicht in Betracht. Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen
Vertrag zur Nutzung der Einrichtungen in dem von der Klägerin betriebenen
Fitness-Studio handele es sich überwiegend um einen Mietvertrag und nicht um
einen Vertrag, der auch ins Gewicht fallende dienstvertragliche Elemente
enthalte. Da § 309 Nr. 9
lit. a BGB aber auf Gebrauchsüberlassungsverträge keine Anwendung finde, könne
die beanstandete Vertragslaufzeit lediglich anhand des § 307 BGB überprüft werden.
Bei der Prüfung, ob durch die vereinbarte Laufzeit eine
unangemessene Benachteiligung des Beklagten im Sinne des § 307 BGB vorliege, dürften die
Wertungen des § 309 Nr. 9
lit. a BGB nicht herangezogen werden. Zwar sei es nicht ausgeschlossen, dass
eine Klausel, die nach ihrem Regelungsgehalt in den Anwendungsbereich der
Klauselverbote falle, mit den in Betracht kommenden Einzelverboten aber nicht
kollidiere, dennoch aus besonderen, von der Verbotsnorm nicht erfassten Gründen
nach der Generalklausel des § 307 BGB unwirksam sein könne.
Unzulässig sei es aber, aufgrund allgemeiner Überlegungen, die sich nicht aus
den Besonderheiten gerade des zu beurteilenden Vertrages ergeben, über die
Generalklausel die gesetzgeberische Regelungsabsicht geradezu „auf den Kopf zu
stellen“. Da der Gesetzgeber bewusst alle Mietverträge aus der Regelung des
§ 309 Nr. 9
BGB habe herausnehmen wollen, bedeute dies, dass er für Mietverträge eine
Laufzeit von mehr als zwei Jahren nicht generell verbieten wollte. Daraus
ergebe sich, dass die hier bestimmte Laufzeit von zwei Jahren und 13 Tagen
nicht allein deshalb unwirksam sein könne, weil der Vertragspartner des
Verwenders länger als zwei Jahre an den Vertrag gebunden sei.
Eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten ergebe sich
auch nicht aus anderen Erwägungen. Bei Gebrauchsüberlassungsverträgen sei eine
längere Vertragsdauer durchaus typisch, da die langfristige Bindung des Kunden
eine sichere Kalkulationsgrundlage für den Vermieter schaffen solle. Ein
derartiges Interesse sei auch bei der Klägerin als Betreiberin eines
Fitness-Studios gegeben.
Bei der Abwägung dieses Interesses der Klägerin gegen das
Interesse des Beklagten, sich aufgrund eines möglichen Wandels seiner
persönlichen Freizeitgestaltung im Laufe der Zeit nicht zu lang binden zu
müssen und nicht in der Disposition über seine Vermögenswerte beschränkt zu
sein, könne im vorliegenden Fall nicht außer Acht gelassen werden, dass die
Klägerin dem Beklagten bei Vertragsschluss die Möglichkeit eingeräumt habe,
zwischen einem Vertrag mit einer 6-, 12- oder 18monatigen Laufzeit zu wählen,
wobei der monatliche Nutzungsbeitrag bei einer länger gewählten Laufzeit
entsprechend niedriger gewesen sei. Der Beklagte habe sich in Kenntnis dieser
Möglichkeiten für einen Vertrag mit einer Laufzeit von zwei Jahren und 13 Tagen
entschieden, um in den Genuss eines niedrigeren Monatsentgelts zu kommen. Dies
mache deutlich, dass er bewusst das Risiko eingehen wollte, nach einer gewissen
Zeit das Fitness-Studio nicht mehr nutzen zu wollen bzw. zu können und dennoch
weiter das Entgelt zahlen zu müssen.
Eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten im Sinne
des § 307 BGB liege daher nicht vor. Der
Beklagte sei somit aufgrund der bis zum 30. April 2009 wirksam vereinbarten
Laufzeit nicht zur ordentlichen Kündigung des Vertrages berechtigt gewesen, so
dass die Klägerin für die Zeit ab dem 1. Oktober 2008 bis zum 30. April 2009
das klageweise geltend gemachte Nutzungsentgelt verlangen könne.
II.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision in einem entscheidenden
Punkt nicht stand.
1.
Zutreffend ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegangen, dass es sich
bei der zwischen den Parteien vereinbarten Vertragsdauer von 24 Monaten um eine
vorformulierte Vertragsbedingung iSv § 305 Abs.
1 Satz 1 BGB handelt, die einer Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB unterliegt.
Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht zudem die Inhaltskontrolle anhand des
§ 307 BGB vorgenommen.
a)
Zwar sieht § 309 Ziff. 9
BGB eine spezielle Regelung für die Wirksamkeit von Klauseln über die
Vertragslaufzeit bei Dauerschuldverhältnissen, die in allgemeinen
Geschäftsbedingungen enthalten sind, vor. § 309 Nr. 9
BGB erfasst jedoch lediglich Vertragsverhältnisse, die die regelmäßige
Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder
Werkleistungen durch den Verwender zum Gegenstand haben und findet deshalb auf
Gebrauchsüberlassungsverträge grundsätzlich keine Anwendung (Christensen in
Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 309 Nr. 9
BGB Rn. 6 mwN; vgl. auch Senatsurteil vom 4. Dezember 1996 – XII
ZR 193/95
 – NJW
1997, 739
, 740 zu § 11 Nr. 12 b
AGBG).
b)
Der zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag über die Nutzung des von der
Klägerin betriebenen Fitness-Studios ist als ein Gebrauchsüberlassungsvertrag
zu qualifizieren, der nicht vom Anwendungsbereich des § 309 Nr. 9
BGB erfasst wird. Zwar wird teilweise die Auffassung vertreten, der Vertrag
über die Nutzung eines Fitness-Studios sei als typengemischter Vertrag zu
qualifizieren, der neben mietvertraglichen auch dienstvertragliche Elemente
enthalte, weil der Betreiber des Studios nicht nur die Nutzung der
Räumlichkeiten und der bereitgestellten Sportgeräte schulde, sondern sich auch
zur Erbringung weiterer Leistungen wie etwa die Einweisung des Kunden in den
Gebrauch der Geräte, ihn zu beraten und zu beaufsichtigen, verpflichte (vgl.
Graf von Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke [Stand: 2011] Fitness-
und Sportstudiovertrag Rn. 1; Christensen in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht
11. Aufl. Teil 2 [Sportstudioverträge] Rn. 1; Damman in Wolf/Lindacher/Pfeiffer
AGB-Recht 5. Aufl. Klauseln [Fitnessstudiovertrag] F 21; OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 55; OLG Celle NJW-RR 1995, 370, 371; OLG
Hamm NJW-RR 1992, 242).
c)
Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht jedoch besondere Verpflichtungen
der Klägerin mit dienstvertraglichem Charakter nicht festgestellt. Nach dem
Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages ist der Beklagte
lediglich zur Nutzung der Geräte und der Räumlichkeiten der Klägerin
berechtigt. Weitere Verpflichtungen der Klägerin, etwa zu Unterrichts- oder
anderen Dienstleistungen, sieht der Vertrag nicht vor. Soweit für die Nutzung
der Geräte im Einzelfall eine Einweisung durch die Klägerin oder ihre
Mitarbeiter erforderlich sein sollte, schuldet sie diese als bloße vertragliche
Nebenleistungen (vgl. OLG Frankfurt OLGR 1995, 38, 39 mwN;
aA OLG Hamm NJW-RR 1992, 242, 243).
Wesentlicher Inhalt des Vertrages ist daher das Zurverfügungstellen der
Fitnessgeräte und die Nutzung der Räumlichkeiten des Fitness-Studios, so dass
jedenfalls im hier zu entscheidenden Fall der Vertrag über die Nutzung des
Fitness-Studios der Klägerin als reiner Mietvertrag einzustufen ist.
2.
Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts,
dass in einem Fitness-Studiovertrag eine vorformulierte Vertragsbestimmung, die
eine Erstlaufzeit des Vertrages von 24 Monaten vorsieht, grundsätzlich der
Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB stand hält.
a)
Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind
Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den
Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben
unangemessen benachteiligen. Eine Klausel ist unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn der
Verwender die Vertragsgestaltung einseitig für sich in Anspruch nimmt und
eigene Interessen missbräuchlich auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen
versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu
berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (Senatsurteil
vom 19. Dezember 2007 – XII
ZR 61/05
 – NJW-RR
2008, 818
 Rn. 17; vgl. auch Senatsurteil vom 10. Februar 1993 – XII
ZR 74/91
 – NJW
1993, 1133
, 1134; BGHZ
147, 279
, 282; 143,
103
, 113; 120,
108
, 118; 90,
280
, 284 jeweils zu § 9 Abs. 1 AGBG).
Ob eine die Laufzeit eines Vertrages betreffende Klausel den
Vertragspartner des Verwenders gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegen den
Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, ist mit Hilfe einer
umfassenden Abwägung der schützenswerten Interessen beider Parteien im
Einzelfall festzustellen (vgl. Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11.
Aufl. § 307 BGB Rn. 187). Bei dieser
Abwägung sind nicht nur die auf Seiten des Verwenders getätigten Investitionen,
sondern es ist der gesamte Vertragsinhalt zu berücksichtigen; notwendig ist
eine Gegenüberstellung der insgesamt begründeten gegenseitigen Rechte und
Pflichten (BGH Urteil vom 17. Dezember 2002 – X ZR 220/01 – NJW
2003, 886
, 887 mwN; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl.
§ 307BGB Rn. 187).
b)
In der Rechtsprechung und im Schrifttum werden unterschiedliche Auffassungen
dazu vertreten, welche Erstlaufzeiten durch vorformulierte Vertragsbestimmungen
in Sport- und Fitness-Studioverträgen der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand
halten. Eine Erstlaufzeit von bis zu sechs Monaten wird regelmäßig für zulässig
erachtet (vgl. OLG Celle NJW-RR 1995, 370, 371; OLG
Hamm NJW-RR 1992, 243; LG
Saarbrücken NJW-RR 1990, 890; AG
Brandenburg NJ
2004, 38
; AG Langen NJW-RR 1995, 823;
Graf von Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke [Stand: 2011] Fitness-
und Sportstudiovertrag Rn. 17; Damman in Wolf/Lindacher/Pfeiffer AGB-Recht 5.
Aufl. Klauseln [Fitnessstudiovertrag] F 25; MünchKommBGB/Kieninger 5. Aufl. §
309 Nr. 9 Rn. 16). Teilweise wird auch die Möglichkeit bejaht, Erstlaufzeiten
von bis zu 12 Monaten und mehr durch eine vorformulierte Vertragsklausel zu
vereinbaren (vgl. LG Mönchengladbach NJW-RR
2004, 416
; AG Leipzig Urteil vom 7. März 2003 – 15 C 4619/02 – juris, AG
Brandenburg NJOZ
2003, 3374
, 3375; Christensen in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl.
Teil 2 [Sportstudioverträge] Rn. 4). Erstlaufzeiten von 24 Monaten wurden
bislang in der Rechtsprechung nur vereinzelt für zulässig erachtet (LG Aachen
Ur-teil vom 20. Dezember 2007 – 6
S 199/07
 – juris; LG Kiel Urteil vom 28. Oktober 2004 – juris; aA
Coester in Staudinger BGB [2006] § 307 BGB Rn. 602).
c)
Soweit in formularvertraglich vereinbarten Erstlaufzeiten von mehr als sechs
Monaten in Fitness-Studioverträgen eine unangemessene Benachteiligung des
Kunden iSv § 307 Abs. 1 BGB gesehen wird, wird
zur Begründung im Wesentlichen darauf abgestellt, dass der Kunde durch die
langfristige Vertragsbindung nicht nur in seiner wirtschaftlichen
Betätigungsfreiheit, sondern auch in seiner persönlichen Entscheidung über die
Art seiner Freizeitgestaltung erheblich eingeschränkt werde (vgl. Christensen
in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 309 Nr. 9
BGB Rn. 14; LG Aachen Urteil vom 20. Dezember 2007 – 6
S 199/07
 – juris; LG Kiel Urteil vom 28. Oktober 2004 1 S 141/04 – juris).
Ein durchschnittlicher Kunde könne regelmäßig nicht voraussehen, ob er auf
Dauer genügend Freizeit aufbringe und körperlich in der Lage sei, die
Leistungen des Studiobetreibers über einen Zeitraum von sechs Monaten hinaus in
Anspruch nehmen zu können (vgl. Damman in Wolf/Lindacher/Pfeiffer AGB-Recht 5.
Aufl. Klauseln [Fitnessstudiovertrag] F 25). Dem stehe zwar das Interesse des
Studiobetreibers an einer verlässlichen Grundlage für seine Kalkulation
gegenüber. Daraus lasse sich jedoch kein anerkennenswertes Interesse ableiten,
Kunden übermäßig langfristig an sich zu binden, insbesondere da seine
Investitionen nicht auf besondere Personen zugeschnitten seien (Damman in
Wolf/Lindacher/Pfeiffer AGB-Recht 5. Aufl. Klauseln [Fitnessstudiovertrag] F
25; ähnlich auch Graf von Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke [Stand:
2011] Fitness- und Sportstudiovertrag Rn. 16; Christensen in
Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. § 309 Nr. 9
BGB Rn. 14).
d)
Ob diese Gesichtspunkte einer in einem Fitness-Studiovertrag vorformulierten
Erstlaufzeit von zwei Jahren oder mehr entgegenstehen, erscheint zweifelhaft.
Der Gesetzgeber hat in § 309 Nr. 9
lit. a BGB angeordnet, dass eine Klausel unwirksam ist, die bei einem
Vertragsverhältnis über die regelmäßige Lieferung von Waren oder die
regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen eine den anderen
Vertragsteil länger als zwei Jahre bindende Laufzeit des Vertrages vorsieht.
Durch diese Regelung sollte die Entscheidungs- und wirtschaftliche
Dispositionsfreiheit des Kunden geschützt werden, die bei einer langfristigen
Bindung an einen Vertrag besonders beeinträchtigt sein kann, ohne dass die
Notwendigkeit einer langen Vertragslaufzeit durch die Natur des Vertrages
vorgegeben ist (BT-Drucks.
7/3919 S. 37
; Christensen in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl.
§ 309 Nr. 9
BGB Rn. 1). Obwohl die Dispositionsfreiheit eines Vertragspartners des Verwenders
bei jeglicher Art von langfristiger Vertragsbindung eine erhebliche
Einschränkung erfährt, hat der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 309 Nr. 9
BGB jedoch nicht auf alle Dauerschuldverhältnisse, sondern nur auf
Vertragsverhältnisse über die regelmäßige Lieferung von Waren oder die
regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen erstreckt. Insbesondere
Gebrauchsüberlassungsverträge wurden dabei bewusst vom Anwendungsbereich dieses
Klauselverbots ausgenommen (vgl. BT-Drucks.
7/3919 S. 37
).
Diese in § 309 Nr. 9
lit. a BGB zum Ausdruck gekommene Regelungsabsicht des Gesetzgebers ist auch
bei der nach § 307 Abs. 1 BGB vorzunehmenden
Abwägung zu berücksichtigen, ob durch eine vorformulierte Laufzeitklausel eine
unangemessene Benachteiligung des Kunden gegeben ist. Das schließt zwar nicht
aus, dass eine Klausel, die nach ihrem Regelungsgehalt in den Anwendungsbereich
der Klauselverbote fällt, mit den in Betracht kommenden Einzelverboten aber
nicht kollidiert, nach der Generalklausel des § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sein kann
(vgl. Senatsurteil vom 4. Dezember 1996 XII
ZR 193/95
 – NJW
1997, 739
, 740). Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass sich die
unangemessene Benachteiligung des Kunden nicht allein aus den Nachteilen einer
langfristigen Vertragsbindung ergibt, die der Gesetzgeber bei der Schaffung des
§ 309 Ziff. 9
BGB im Blick hatte. Da es unzulässig ist, aufgrund allgemeiner Überlegungen,
die sich nicht aus den Besonderheiten gerade des zu beurteilenden Vertrages
ergeben, über die Generalklausel die gesetzgeberische Regelungsabsicht geradezu
„auf den Kopf zu stellen“ (Senatsurteil vom 4. Dezember 1996 – XII
ZR 193/95
 – NJW
1997, 739
, 740), muss sich die Unangemessenheit einer Laufzeitklausel aus
besonderen, von der Verbotsnorm nicht erfassten Gründen ergeben.
3.
Das Berufungsurteil hält jedoch deshalb der revisionsrechtlichen Überprüfung
nicht stand, weil das Berufungsgericht nicht geprüft hat, ob die vom Beklagten
erklärte Kündigung als außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund zu einer
Beendigung des Vertrages geführt hat.
a)
Unabhängig von der rechtlichen Einordnung eines Fitness-Studiovertrags als
Miet-, Dienst- oder typengemischter Vertrag, handelt es sich dabei um ein
Dauerschuldverhältnis, bei dem dem Kunden ein Recht zur außerordentlichen
Kündigung aus wichtigem Grund zusteht. In den Vorschriften der §§ 626 Abs.
1, 543 Abs.
1 BGB und § 314 Abs.
1 BGB kommt der von Rechtsprechung und Lehre entwickelte allgemeine Grundsatz
zum Ausdruck, dass den Vertragsparteien eines Dauerschuldverhältnisses stets
ein Recht zur außerordentlichen Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes
zusteht (MünchKommBGB/Gaier 5. Aufl. § 314 Rn. 1; Palandt/Grüneberg BGB 71.
Aufl. § 314 Rn. 1). Dieses Recht kann durch eine Bestimmung in allgemeinen
Geschäftsbedingungen nicht ausgeschlossen werden (BGH Urteil vom 26. Mai 1986
– VIII
ZR 218/85
 – NJW 1986, 3134;
MünchKommBGB/Gaier 5. Aufl. § 314 Rn. 4 mwN; vgl. auch Christensen in
Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11. Aufl. Teil 2 [Sportstudioverträge] Rn. 2).
Schließt eine Regelung in allgemeinen Geschäftsbedingungen das Recht zur
außerordentlichen Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses zwar nicht gänzlich
aus, knüpft dieses aber an zusätzliche Voraussetzungen, die geeignet sein
können, den Vertragspartner des Verwenders von der Ausübung des
außerordentlichen Kündigungsrechts abzuhalten, führt dies ebenfalls zu einer
unangemessenen Benachteiligung des Kunden und damit zur Unwirksamkeit einer
solchen Klausel nach § 307 Abs. 1 BGB (BGH Urteil vom 3.
Juli 2000 – II
ZR 282/98
 – NJW
2000, 2983
, 2984; MünchKommBGB/Gaier 5. Aufl. § 314 Rn. 4 mwN). Allgemeine
Geschäftsbe-dingungen dürfen dem Vertragspartner nicht solche Rechte entziehen
oder einschränken, die ihm der Vertrag nach seinem Inhalt und Zweck zu gewähren
hat (BGH Urteil vom 23. April 2010 – LwZR
15/08
 – NJW-RR
2010, 1497
 Rn. 26; BGHZ
89, 363
, 367; 103,
316
, 324).
b)
Danach hält die Kündigungsklausel in Ziff. 7 des verfahrensgegenständlichen
Vertrages einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht stand.
aa)
Nach Ziff. 7 Satz 1 der Klausel ist der Kunde der Klägerin zwar zur
außerordentlichen Kündigung des Nutzungsvertrages berechtigt, wenn er
krankheitsbedingt für die restliche Vertragslaufzeit die Einrichtungen des
Centers nicht nutzen kann. Ziff. 7 Satz 2 der Klausel knüpft die Wirksamkeit
der Kündigung jedoch an die zusätzlichen Voraussetzungen, dass die Kündigung
unverzüglich, spätestens binnen zwei Wochen nach Kenntnis des die Kündigung
rechtfertigenden Umstands erfolgt und der Kündigungserklärung ein ärztliches
Attest beigefügt wird, aus dem sich nachvollziehbar die
Erkrankung/gesundheitliche Beeinträchtigung ergibt, die einer Nutzung
entgegenstehen soll.
Durch die Beschränkung des außerordentlichen
Kündigungsrechts auf eine Erkrankung des Kunden sowie die zusätzlichen
Anforderungen an die Wirksamkeit der Kündigungserklärung wird das dem Kunden
zustehende außerordentliche Kündigungsrecht erheblich eingeschränkt.
bb)
Ein wichtiger Grund zur Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses liegt vor,
wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls
und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des
Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer
Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann (vgl. § 314 Abs.
1 Satz 1 BGB). Dies ist in der Regel der Fall, wenn einem der Vertragspartner
aus Gründen, die nicht in seinem Verantwortungsbereich liegen, eine weitere
Nutzung der Leistungen des anderen Vertragspartners nicht mehr zumutbar ist
(vgl. BGH Urteil vom 26. Mai 1986 – VIII
ZR 218/85
 – NJW 1986, 3134, 3135
mwN).
cc)
Bei einem Vertrag über die Nutzung eines Fitness-Studios kann ein solcher
Umstand nicht nur in einer Erkrankung des Kunden liegen. Ihm kann auch aus
anderen Gründen, die nicht in seinem Verantwortungsbereich liegen, die weitere
Nutzung der Leistungen des Studiobetreibers bis zum Ende der vereinbarten
Vertragslaufzeit unzumutbar sein. So kann beispielsweise das Vorliegen einer Schwangerschaft
ein Grund zur außerordentlichen Kündigung des Vertrages sein (vgl. Graf von
Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke [Stand: 2011] Fitness- und
Sportstudiovertrag Rn. 23; Christensen in Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht 11.
Aufl. Teil 2 [Sportstudioverträge] Rn. 4). Im Übrigen hat der Senat bereits in
der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass Klauseln, die einen Kunden auch dann
zur Weiterzahlung der monatlichen Beiträge verpflichten, wenn er aufgrund von
Umständen, die er nicht beeinflussen kann, auf Dauer die Einrichtungen des
Fitness-Studios nicht nutzen kann, den Kunden unangemessen benachteiligen (vgl.
Senatsurteil vom 23. Ok-tober 1996 – XII
ZR 55/95
 – NJW
1997, 193
, 194; vgl. auch Damman in Wolf/Lindacher/Pfeiffer AGB-Recht 5.
Aufl. Klauseln [Fitnessstudiovertrag] F 28).
Im vorliegenden Fall schränkt die Kündigungsklausel das
Recht des Kunden zur außerordentlichen Kündigung unangemessen ein. Denn die
Klausel kann in der für die Inhaltskontrolle maßgeblichen kundenfeindlichsten
Auslegung (vgl. hierzu BGH Urteil vom 20. Dezember 2007 – III
ZR 144/07
 – NJW
2008, 987
 Rn. 9 mwN) dahingehend verstanden werden, dass der Kunde nur
bei Vorliegen einer Erkrankung, die ihm für die restliche Vertragslaufzeit die
Nutzung der Einrichtungen des Centers nicht ermöglicht, zur außerordentlichen
Kündigung berechtigt und im Übrigen ein Recht zur außerordentlichen Kündigung
ausgeschlossen ist.
Hinzu kommt, dass die Klägerin durch die Klausel die
Kündigung von der Vorlage eines ärztlichen Attestes abhängig macht, aus dem
sich Art und Umfang der Erkrankung ergeben soll. Zwar ist ein berechtigtes
Interesse des Betreibers eines Fitness-Studios an der Vorlage eines ärztlichen
Attestes bei einer mit einer Erkrankung begründeten Kündigung ihres Kunden
grundsätzlich anzuerkennen, um einen Missbrauch des eingeräumten
Kündigungsrechts zu verhindern (vgl. Graf von Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke
[Stand: 2011] Fitness- und Sportstudiovertrag Rn. 23). Die Revision weist
jedoch zu Recht darauf hin, dass diesem Interesse der Klägerin bereits durch
die Vorlage eines ärztlichen Attestes gedient ist, aus dem sich ergibt, dass
eine sportliche Tätigkeit des Kunden nicht mehr möglich ist. Das Interesse der
Klägerin, sich vor unberechtigten Kündigungen zu schützen, rechtfertigt es
nicht, von ihren Kunden Angaben über die konkrete Art der Erkrankung zu
verlangen. Denn grundsätzlich kann den Angaben eines Arztes in einem Attest
Glauben geschenkt werden (vgl. zum Beweiswert einer von einem Arzt
ausgestellten Bescheidung über eine Arbeitsunfähigkeit BAG NJW
1993, 809
, 810 mwN). Außerdem ist es der Klägerin unbenommen, bei Zweifeln
die Berechtigung der außerordentlichen Kündigung in Frage zu stellen und in
einem gerichtlichen Verfahren die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung
prüfen zu lassen, in dem dann der Kunde die Darlegungs- und Beweislast für das
Vorliegen eines wichtigen Grundes trägt (MünchKommBGB/Gaier 5. Aufl. § 314 Rn.
27).
Im vorliegenden Fall muss der Kunde nach dem Wortlaut der
Ziff. 7 Satz 2 des Vertrags der Kündigung ein ärztliches Attest beifügen, aus
dem sich nachvollziehbar die Erkrankung/gesundheitliche Beeinträchtigung
ergibt, die einer weiteren Nutzung des Fitness-Studios entgegensteht. Dieser
Anforderung würde ein ärztliches Attest, das nur eine auf Dauer anhaltende
Sportunfähigkeit des Kunden bescheinigt, nicht genügen. Um für die Klägerin
nachvollziehbar darzulegen, warum er auf Dauer das Fitness-Studio nicht mehr
nutzen kann, müsste der Kunde die Art seiner Erkrankung gegenüber der Klägerin
offenbaren. Er steht daher vor dem Ausspruch einer Kündigung vor der
Entscheidung, ob er bereit ist, gegenüber der Klägerin entsprechende Angaben zu
machen oder auf die Ausübung seines Kündigungsrechts zu verzichten. Dadurch
besteht die Gefahr, dass der Kunde davon abgehalten wird, von seinem Recht zur
außerordentlichen Kündigung Gebrauch zu machen, zumal die Klägerin ihrerseits
nicht gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet ist und der Kunde sich daher
nicht darauf verlassen kann, dass seine Angaben vertraulich behandelt und nicht
an andere weitergegeben werden.
Eine weitere Einschränkung seines Kündigungsrechts erfährt
der Kunde schließlich auch dadurch, dass Ziff. 7 Satz 2 der Vertragsbedingungen
der Klägerin eine Kündigungsfrist von zwei Wochen nach Kenntniserlangung von
der Erkrankung vorsieht. Aufgrund der kurzen Frist könnte der Kunde gezwungen
sein, den Vertrag voreilig zu kündigen, um sein Kündigungsrecht nicht zu verlieren.
Ihm würde dadurch die Möglichkeit genommen, nach der Feststellung einer
Erkrankung zunächst deren weiteren Verlauf abzuwarten, um dann entscheiden zu
können, ob er tatsächlich nicht mehr in der Lage ist, die Angebote des
Fitness-Studios zu nutzen.
c)
Durch diese Einschränkungen des Kündigungsrechts wird der Beklagte unangemessen
benachteiligt. Die Kündigungsklausel ist daher wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Das
Recht des Beklagten zur außerordentlichen Kündigung des Fitness-Studiovertrages
bestand daher unabhängig von den Voraussetzungen, die Ziff. 7 des Vertrages für
eine krankheitsbedingte Kündigung vorsah.
4.
Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1
ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst nicht abschließend entscheiden, weil
noch erforderliche Feststellungen fehlen. Das Berufungsgericht wird zu prüfen
haben, ob der Beklagte aufgrund der von ihm behaupteten Erkrankung zur
außerordentlichen Kündigung des Vertrages berechtigt war.
Vorinstanzen:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 09.10.2009, Az. 383 C 1635/09 (43)
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 04.03.2010, Az. 2-24 S 204/09

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BGH – Zur Zulässigkeit der Entfernung und Zerstörung von Kunstinstallationen in einem Museum

Der BGH hat mit den Urteilen vom 21. Februar 2019 – I ZR
98/17 – HHole (for Mannheim) – und I ZR 99/17
zur Beeinträchtigung eines
urheberrechtlich geschützten Werks durch Interesse des Eigentümers an
anderweitiger Nutzung grundsätzlich entschieden.
Die Vernichtung eines urheberrechtlich geschützten Werks ist
grundsätzlich als urheberrechtswidrige Beeinträchtigung des Werks anzusehen.
Bei der Prüfung, ob die Vernichtung geeignet ist, die berechtigten persönlichen
und geistigen Interessen des Urhebers am Werk zu gefährden, ist eine umfassende
Abwägung der Interessen des Urhebers und des Eigentümers des Werks vorzunehmen.
Hierbei ist auf Seiten des Urhebers zu berücksichtigen, ob es sich bei dem
vernichteten Werk um das einzige Vervielfältigungsstück des Werks handelte. Bei
Werken der Baukunst oder mit Bauwerken unlösbar verbundenen Kunstwerken werden
die Interessen des Eigentümers an einer anderweitigen Nutzung oder Bebauung des
Grundstücks oder Gebäudes die Interessen des Urhebers am Erhalt des Werks
regelmäßig überwiegen.
Die Klägerin ist eine international tätige Künstlerin. Die
Beklagte betreibt die Kunsthalle Mannheim als Eigenbetrieb. Die Kunsthalle
Mannheim besteht aus drei Gebäudeteilen, u.a. dem Athene-Trakt, der als
Verbindungsgebäude zwischen dem Billing-Bau und dem Mitzlaff-Bau dient. Die
Parteien schlossen am 30.05.2006 einen Vertrag, in dem die Klägerin mit der
Realisierung der multimedialen und multidimensionalen Rauminstallation
„HHole (for Mannheim) 2006“ für den Athene-Trakt beauftragt wurde.
Das Werk umfasst verschiedene Installationen auf allen sieben Ebenen des
Athene-Trakts, die durch Öffnungen in allen Geschossdecken miteinander
verbunden sind. Die Beklagte beschloss im Jahr 2012, den Athene-Trakt im Zuge
von Umbaumaßnahmen weitreichend zu entkernen und einige Geschossdecken und das
bisherige Dach zu entfernen. Die Beklagte beabsichtigt, im Zuge dieser
Umbaumaßnahmen das Werk „HHole (for Mannheim)“ vollständig zu
entfernen. Im Laufe des Berufungsverfahrens sind die Geschossdecken im
Athene-Trakt bereits entfernt worden. Die Klägerin sieht in der Entfernung
ihres Werks eine Verletzung ihres Urheberrechts und begehrt u.a. Unterlassung
bzw. Wiederherstellung sowie hilfsweise Schadensersatz.



Entscheidungsanalyse:
Der erste Senat hat entschieden, dass kein Anspruch auf
Unterlassung der Vernichtung besteht. Der Urheber hat grundsätzlich das Recht,
eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung seines Werks zu verbieten,
die geeignet ist, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am
Werk zu gefährden. Die Frage, ob die Vernichtung des Werks eine
urheberrechtswidrige Beeinträchtigung darstellt, ist allerdings umstritten. Der
Senat vertritt die Auffassung, dass die Vernichtung eines Werkoriginals als
schärfste Form der Beeinträchtigung im Sinne des § 14 UrhG anzusehen ist. Der
BGH stützt sich dabei auf den Wortlaut und die Systematik der genannten Norm.
Ist die in § 14 UrhG genannte andere Beeinträchtigung der tatbestandliche
Oberbegriff und die gleichfalls genannte Entstellung lediglich ein
Anwendungsfall dieses Oberbegriffs, steht das Sprachverständnis der
Einbeziehung der Vernichtung in den Begriff der sonstigen Beeinträchtigung
nicht entgegen. Auch der Zweck des § 14 UrhG, die berechtigten geistigen oder
persönlichen Interessen des Urhebers an seinem Werk zu schützen, spricht dafür,
dass der Urheber nach dieser Bestimmung grundsätzlich auch eine Vernichtung
seines Werks verbieten kann. Der Senat weist in seiner Entscheidung darauf hin,
dass der potentielle Interessenkonflikt zwischen dem Eigentümer eines Werks und
seinem Urheber grundrechtlichen Wertungen unterliegt. Ohne Erfolg wendet sich
die Revision gegen die vom Berufungsgericht zugunsten der Beklagten
vorgenommene Interessenabwägung, bei der auf Seiten des Urhebers insbesondere
zu berücksichtigen ist, ob es sich bei dem vernichteten Werk um das einzige
Vervielfältigungsstück des Werks handelte, oder ob von dem Werk weitere
Vervielfältigungsstücke existieren. Ferner ist zu berücksichtigen, welche
Gestaltungshöhe das Werk aufweist und ob es ein Gegenstand der zweckfreien
Kunst ist oder als angewandte Kunst einem Gebrauchszweck dient. Auf Seiten des
Eigentümers können, wenn ein Bauwerk oder Kunst in oder an einem solchen
betroffen ist, bautechnische Gründe oder das Interesse an einer
Nutzungsänderung von Bedeutung sein (vgl. Urteil des BGH vom 19.03.2008 – I ZR
166/05). Bei Werken der Baukunst oder mit Bauwerken unlösbar verbundenen
Kunstwerken werden die Interessen des Eigentümers an einer anderweitigen
Nutzung oder Bebauung des Grundstücks oder Gebäudes den Interessen des Urhebers
am Erhalt des Werks in der Regel vorgehen, sofern sich aus den Umständen des
Einzelfalls nichts anderes ergibt. Zu der dem Eigentümer zustehenden Befugnis,
mit der Sache nach Belieben zu verfahren, gehört auch die Entscheidung über die
Umgestaltung oder anderweitige Nutzung eines Gebäudes. Anders als bei
zerstörungsfrei entfernbaren Kunstwerken wäre dieses Recht völlig aufgehoben,
wenn der Urheber einer mit einem Gebäude unlösbar verbundenen Installation
deren Entfernung dauerhaft untersagen könnte. Duldet ein Gebäude- oder
Grundstückseigentümer die Installation eines solchen Werks, willigt er
typischerweise nicht in eine so umfassende und sehr weit in die Zukunft
reichende Beschränkung seiner Eigentümerbefugnisse ein. Der Senat betont, dass
im Rahmen der bei § 14 UrhG erforderlichen Interessenabwägung bei Änderungen
eines Werks der Baukunst nicht geprüft werden muss, ob andere
Planungsalternativen zu einer geringeren Beeinträchtigung der Interessen des
Urhebers geführt hätten. Zwar muss der Eigentümer eines urheberrechtlich
geschützten Bauwerks bei dessen Veränderung grundsätzlich eine den betroffenen
Urheber in seinen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Interessen möglichst wenig
berührende Lösung suchen. Hat er sich jedoch für eine bestimmte Planung entschieden,
so geht es im Rahmen der Interessenabwägung nur noch darum, ob dem betroffenen
Urheber die geplanten konkreten Änderungen des von ihm geschaffenen Bauwerks
zuzumuten sind. Diese Grundsätze gelten erst recht, wenn nicht die Änderung
eines Werks der Baukunst, sondern die mit seiner Zerstörung verbundene
Entfernung aus einem baulich umzugestaltenden Gebäude zu beurteilen ist. Ohne
Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts,
die hilfsweise geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung der Vernichtung,
Wiederherstellung oder erneute Errichtung hätten keine vertragliche Grundlage.
Dem Interesse der Klägerin am Erhalt des einzigen Werkexemplars steht das
Interesse der Beklagten gegenüber, Gebäude und Ausstellungsflächen der Kunsthalle
bei Bedarf an den aktuellen Stand der Museumstechnik anzupassen und die zur
Verfügung stehenden Flächen von Zeit zu Zeit für die Präsentation anderer
Kunstwerke zu nutzen. Angesichts einer derart raumgreifenden Installation
musste die Klägerin damit rechnen, dass die Beklagte nach einiger Zeit ein
Interesse an der Veränderung der Nutzung oder der räumlichen Gegebenheiten
haben werde. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Abwägung ist nach
Dafürhalten des Senats nicht zu beanstanden, da sie die zum Zeitpunkt der
Vereinbarung erkennbare Interessenlage der Parteien darstellt und hierbei auch
auf die ausführliche Würdigung des erstinstanzlichen Urteils verweist.



Die Vernichtung eines urheberrechtlich geschützten Werks
stellt nach Auffassung des BGH eine „andere Beeinträchtigung“ im
Sinne des § 14 UrhG dar. Bei der Prüfung, ob die Vernichtung geeignet ist, die
berechtigten persönlichen und geistigen Interessen des Urhebers am Werk zu
gefährden, ist eine umfassende Abwägung der Interessen des Urhebers und des
Eigentümers des Werks vorzunehmen. Regelmäßig müssen Interessen des Urhebers am
Fortbestehen des Werks bei Werken der Baukunst, bei mit Bauwerken unlösbar
verbundenen Werken oder sonst grundstücksbezogenen Kunstwerken hinter den
Interessen des Eigentümers an der anderweitigen Nutzung oder Bebauung des
Grundstücks und der damit verbundenen Zerstörung oder Entfernung des Werks
zurückstehen. Dem Interesse des Urhebers ist in solchen Fällen in der Weise
Rechnung zu tragen, dass ihm die Möglichkeit der Dokumentation des Werks vor
seiner Zerstörung gegeben werde. Diese vom OLG Karlsruhe in der
Berufungsinstanz aufgestellten und vom BGH in vorliegender Entscheidung
bestätigten Grundsätze gelten auch für Museen als Eigentümer von Werkstücken,
weil diese ein berechtigtes Interesse an baulichen Veränderungen der
Ausstellungsflächen und Umgestaltungen der Ausstellungen für die Präsentation
anderer Kunstwerke haben. Ein Museum begibt sich mit der Aufnahme eines Werks
und der damit verbundenen Vereinbarung nicht jeder späteren Neufestlegung des
Grundstücksteils, auch wenn das Werk als permanente Installation bezeichnet
worden ist. Dies liegt insbesondere bei raumgreifenden Installationen nahe, die
sich über mehrere Geschossdecken erstrecken.



Urteil des BGH vom 21.02.2019, Az.: I ZR 98/17
) Die Vernichtung eines urheberrechtlich geschützten Werks
stellt eine „andere Beeinträchtigung“ im Sinne des § 14 UrhG dar. Bei der
Prüfung, ob die Vernichtung geeignet ist, die berechtigten persönlichen und
geistigen Interessen des Urhebers am Werk zu gefährden, ist eine umfassende
Abwägung der Interessen des Urhebers und des Eigentümers des Werks vorzunehmen.
b) Bei der Interessenabwägung ist auf Seiten des Urhebers zu
berücksichtigen, ob es sich bei dem vernichteten Werk um das einzige
Vervielfältigungsstück des Werks handelte, oder ob von dem Werk weitere
Vervielfältigungsstücke existieren. Ferner ist zu berücksichtigen, welche
Gestaltungshöhe das Werk aufweist und ob es ein Gegenstand der zweckfreien
Kunst ist oder als angewandte Kunst einem Gebrauchszweck dient.
c) Auf Seiten des Eigentümers können, wenn ein Bauwerk oder
Kunst in oder an einem solchen betroffen ist, bautechnische Gründe oder das
Interesse an einer Nutzungsänderung von Bedeutung sein. Bei Werken der Baukunst
oder mit Bauwerken unlösbar verbundenen Kunstwerken werden die Interessen des
Eigentümers an einer anderweitigen Nutzung oder Bebauung des Grundstücks oder
Gebäudes den Interessen des Urhebers am Erhalt des Werks in der Regel vorgehen,
sofern sich aus den Umständen des Einzelfalls nichts anderes ergibt.
d) Im Rahmen der Interessenabwägung kann sich auswirken, ob
der Eigentümer dem Urheber Gelegenheit gegeben hat, das Werk zurückzunehmen
oder – wenn dies aufgrund der Beschaffenheit des Werks nicht möglich ist –
Vervielfältigungsstücke hiervon anzufertigen.
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des
Oberlandesgerichts Karlsruhe – 6. Zivilsenat – vom 26. April 2017 wird als
unzulässig verworfen, soweit sie sich dagegen richtet, dass das
Berufungsgericht den auf Zurückverweisung an das Landgericht gerichteten
Hauptantrag und den in der Berufungsinstanz hilfsweise erhobenen Antrag auf
Zahlung einer angemessenen Vergütung (Antrag I.4.2.) zurückgewiesen hat.
Im Übrigen wird auf die Revision das angegriffene Urteil
unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit
aufgehoben, als hinsichtlich des Klageantrags I.4.1. bis zur Höhe von 66.000 €
zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht
zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine international tätige Künstlerin. Die
Beklagte, eine Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts, betreibt die
Kunsthalle Mannheim als Eigenbetrieb.
Die Kunsthalle Mannheim besteht aus drei Gebäudeteilen. Der
nach seinem Architekten Hermann Billing benannte Billing-Bau wurde ab 1907 im
Jugendstil erbaut. Der Athene-Trakt wurde zur selben Zeit als Verbindungsbau
zwischen dem Billing-Bau und dem ursprünglich vorgesehenen Reiß-Museum
errichtet. An dessen Stelle wurde von 1980 bis 1983 der Mitzlaff-Bau erbaut.
Der Athene-Trakt diente seit dieser Zeit als Verbindungsgebäude zwischen dem
Billing-Bau und dem Mitzlaff-Bau.
Die Parteien schlossen am 30. Mai 2006 einen Vertrag, in dem
die Klägerin mit der Realisierung der multimedialen und multidimensionalen
Rauminstallation „HHole (for Mannheim) 2006“ für den Athene-Trakt
beauftragt wurde. Das Werk umfasst verschiedene Installationen auf allen sieben
Ebenen des Athene-Trakts, die durch vertikal angeordnete kreisförmige Öffnungen
in allen Geschossdecken vom Fundament bis zum Dach miteinander verbunden sind.
Es enthält einen Lichtstrahl, der ausgehend von einem Lichtprojektor im
„Ground Room“ durch alle Öffnungen nach oben bis in den Himmel
projiziert wird.
In § 1 des Vertrags wurde das Werk als „permanente
Rauminstallation“ und „work in progress, d.h. ein evolving art
work“ bezeichnet, dessen Ausführung sich über mehrere Monate erstreckt.
Der Vertrag sah ein Gesamthonorar „für das Werkkonzept sowie für den Zeit-
und Arbeitsaufwand“ von 70.000 € vor. Beträge von jeweils 10.000 € (sieben
Werkphasen) sollten nach Ausführung der jeweiligen Werkphase „nach Abnahme
einer Werkphase durch die Direktion abrufbar“ sein. Ferner sollte das Werk
nach Vollendung der letzten Werkphase, Anweisung des letzten Honorarbetrags und
Abnahme der kompletten Rauminstallation durch die Künstlerin und die Direktion
in das Eigentum der Kunsthalle übergehen. Die technische Installation war nach
§ 3 des Vertrags von der Beklagten zu veranlassen und zu finanzieren. Im
Leihschein vom 8. September 2006 und einem später ausgestellten Leihschein
wurde das Werk, dessen Titel mit „HHole (for Mannheim)“ und dessen
Datierung mit „2006 – ?“ angegeben waren, als
„Dauerleihgabe“ bezeichnet.
Die Beklagte beschloss im Jahr 2012, den Mitzlaff-Bau
abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen. Der Auftrag wurde aufgrund eines
Architektenwettbewerbs vergeben. Nach der Planung sollten der Athene-Trakt weitgehend
entkernt, zumindest einige Geschossdecken und das bisherige Dach entfernt und
ein einheitlicher, ca. zwölf Meter hoher Raum geschaffen werden. Auf der Ebene
des sechsten Obergeschosses sollte eine „schwebende Brücke“ den
Billing-Bau mit dem Neubau verbinden.
Die Beklagte beabsichtigt, im Zuge dieser Umbaumaßnahmen das
Werk „HHole (for Mannheim)“ vollständig zu entfernen. Die
demontierbaren Teile wurden nach dem Vortrag der Beklagten bereits abgebaut. Im
Laufe des Berufungsverfahrens sind die Geschossdecken im Athene-Trakt entfernt
worden.
Die Klägerin sieht in der Entfernung ihres Werks eine
Verletzung ihres Urheberrechts und begehrt Unterlassung bzw. Wiederherstellung
sowie hilfsweise Schadensersatz. Ferner beansprucht sie Zahlung von Honorar.
Das Landgericht hat der Klägerin einen Anspruch auf Zahlung
restlichen Honorars in Höhe von 66.000 € zugesprochen und die Klage im Übrigen
abgewiesen (LG Mannheim, GRUR-RR 2015, 515).
Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz zuletzt beantragt,
den Rechtsstreit an das Landgericht zur weiteren Sachaufklärung und
Beweisaufnahme gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 4 ZPO
zurückzuverweisen; hilfsweise:
I. Hauptanträge 1.-4. Schutz und Wiederherstellung von
„HHole (for Mannheim) 2006 – ?“
1. Die Beklagte wird verurteilt, bei Meidung eines für jeden
Fall der Zuwiderhandlung zu zahlenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 € oder
für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder
Ordnungshaft, diese zu vollstrecken an dem jeweiligen Bürgermeister der
Beklagten, es zu unterlassen, das sich in dem sogenannten Athene-Trakt der Kunsthalle
Mannheim befindliche Werk „HHole (for Mannheim)“ ohne ausdrückliche
Zustimmung der Klägerin 1.1 zu bearbeiten und/oder umzugestalten und/oder durch
bauliche Maßnahmen an dem Gebäude Athene-Trakt zu beeinträchtigen, insbesondere
indem abbaubare Bestandteile des Werks (insbesondere die auf der Abbildung 1
zum Klageantrag), entfernt und/oder zerstört und/oder anderweitig platziert
werden und/oder Decken bzw. Böden/Bodenschichten, durch die zur Errichtung der
Licht- und Medieninstallation Öffnungen geschaffen worden sind, entfernt werden
und/oder in diesen Decken bzw. Böden/Bodenschichten die Öffnungen zur
Errichtung des Werks „HHole (for Mannheim)“ geschlossen werden; 1.2
zu vernichten, insbesondere indem das Gebäude, in dem sich das Werk befindet,
der sogenannte Athene-Trakt der Kunsthalle Mannheim, abgerissen und/oder
entkernt wird.
2. Die Beklagte wird verurteilt, bei Meidung eines für jeden
Fall der Zuwiderhandlung zu zahlenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 € oder
für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder
Ordnungshaft, diese zu vollstrecken an dem jeweiligen Bürgermeister der
Beklagten, auf eigene Kosten das Werk „HHole (for Mannheim)“ gemäß
der Vorgaben in der Abbildung 1 wieder herzustellen, indem sie insbesondere die
Teile des Werks „HHole (for Mannheim)“ sowie den Briefkasten von
„HHole (for Mannheim)“, photographisch festgehalten auf der Abbildung
2, die seit September 2007 von der Beklagten selbst oder durch Dritte entfernt
wurden, wieder an den ursprünglichen Platz verbringt bzw. installiert und
sonstige Veränderungen rückgängig macht.
3. Die Beklagte wird verurteilt, bei Meidung eines für jeden
Fall der Zuwiderhandlung zu zahlenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 € oder
für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder
Ordnungshaft, diese zu vollstrecken an dem jeweiligen Bürgermeister der
Beklagten, der Klägerin und etwaigen, der Beklagten zuvor namentlich
bekanntzugebenden Hilfspersonen an Werktagen unter der Woche in einer vom Gericht
zu bestimmenden Zeit zwischen 07:00 Uhr und 24:00 Uhr den Zugang zu dem
Gebäudeteil der Kunsthalle Mannheim „Athene-Trakt“ zu verschaffen und
es ihr (so) zu ermöglichen, das Werk „HHole (for Mannheim)“ gemäß der
Abbildung 1 fertigzustellen und Bearbeitungen an dem Werk vorzunehmen.
4. vertraglich geschuldete Vergütung 4.1 Die Beklagte wird
verurteilt, an die Klägerin eine angemessene, vom Gericht der Höhe nach zu
bestimmende, den Betrag von 70.000 € nicht unterschreitende Vergütung ihres
Leistungsaufwands für die Erstellung des Werkkonzepts sowie den Zeit- und
Arbeitsaufwand für das Werk „HHole (for Mannheim)“ Zug um Zug gegen
Übergabe nach Fertigstellung des Werks gemäß Ziffer 1.3 nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Hilfsweise für den Fall, dass keine Übergabe nach
Fertigstellung des Werks gemäß Ziffer 1.3 mehr erfolgen wird:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine
angemessene, vom Gericht der Höhe nach zu bestimmende, den Betrag von 70.000 €
nicht unterschreitende Vergütung ihres Leistungsaufwands für die Erstellung des
Werkkonzepts sowie den Zeit- und Arbeitsaufwand für das Werk „HHole (for
Mannheim)“ nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit
Rechtshängigkeit zu zahlen.
4.2 Höchsthilfsweise:
4.2.1 Die Beklagte wird verurteilt, gemäß § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG in die
Änderung des Vertrags vom 30. Mai 2009 (Anlage K 9) dahingehend einzuwilligen,
dass der Klägerin eine angemessene Vergütung gewährt wird.
4.2.2 Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen
angemessenen, vom Gericht der Höhe nach zu bestimmenden, den Betrag in Höhe von
70.000 € nicht unterschreitenden Betrag für das Werk „HHole (for
Mannheim)“ nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit
Rechtshängigkeit zu zahlen.
II. Hilfsanträge anstelle der Hauptanträge Ziffern I.1.-3.
1.-2. Erhalt des Werks bei Umbau des Athene-Trakts im
geänderten baulichen Umfeld auf eigene Kosten der Beklagten durch
Re-Integration in den Athene-Trakt 1. Die Beklagte wird bei Meidung eines für
jeden Fall der Zuwiderhandlung zu zahlenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €
oder für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft,
oder Ordnungshaft, diese zu vollstrecken an dem jeweiligen Bürgermeister der
Beklagten verurteilt, 1.1 es zu unterlassen, den Athene-Trakt der Kunsthalle
Mannheim umzugestalten, soweit dabei ohne Zustimmung der Klägerin über die
Dauer der Umbauarbeiten der Kunsthalle im Rahmen der auf der Grundlage der
Beschlussvorgabe der Beklagten vom 23. Mai 2011 „Neugestaltung Kunsthalle Mannheim
– Machbarkeits- und Wirtschaftlichkeitsstudie“, dem Gemeinderatsbeschluss
der Beklagten Nr. V675/2012 vom 5. Dezember 2012 und dem Entwurf der Umbauten
des Architektenbüros g. erfolgenden Sanierung der Kunsthalle hinaus das Werk
der Klägerin „HHole (for Mannheim)“ nicht erhalten bleibt, bestehend
aus von der Klägerin nach Vorlage der konkreten Planungsunterlagen der
Beklagten (bzw. des von der Beklagten beauftragten Architektenbüros g. ) für
den Athene-Trakt zu bestimmenden Kern- bestandteilen, wie sie in der Abbildung
Ergänzung 1 und den dem Gericht im Termin der mündlichen Verhandlung vom 9.
Januar 2015 überlassenen Abbildungen festgehalten sind und der anzugebenden
Grundstruktur, die auf verschiedenen Raumebenen vorhanden sein müssen; 1.2 es
zu dulden, dass die Klägerin das Werk „HHole (for Mannheim)“ im
Rahmen des Umbaus des Athene-Trakts der Kunsthalle Mannheim mit der vorstehend
gemäß A.II.1.1 zu benennenden Grundstruktur in dem Athene-Trakt der Stadt
Mannheim nach der Entkernung des Athene-Trakts reinstalliert.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten für die
planerischen und baulichen Maßnahmen gemäß Ziffer II.1.1 und 1.2 zu tragen mit
Ausnahme der in der nachfolgenden Ziffer 3 berücksichtigten Kosten der Klägerin
für ihre Tätigkeit nach Ziffer II.1.2 zum Erhalt des Werks „HHole (for
Mannheim)“ und Wiederinstallation in dem geänderten Athene-Trakt.
3. Vergütung Es wird festgestellt, dass die Beklagte
verpflichtet ist, der Klägerin eine angemessene Vergütung für ihre Tätigkeit
nach Ziffer II.1.2 zum Erhalt des Werks „HHole (for Mannheim)“ und
Wiederinstallation in dem geänderten Athene-Trakt nebst Zinsen zu zahlen.
III. Hilfsantrag anstelle des Hilfsantrags II bei
vollständiger und dauerhafter Beseitigung des Werks (Werkvernichtung)
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin als
Schadensersatz einen angemessenen, vom Gericht der Höhe nach zu bestimmenden,
den Betrag in Höhe von 220.000 € nicht unterschreitenden Schadensersatz für die
Vernichtung des Werks „HHole (for Mannheim)“ nebst Zinsen zu zahlen.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin
zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage auch hinsichtlich
des vom Landgericht zuerkannten Zahlungsanspruchs abgewiesen (OLG
Karlsruhe, GRUR 2017, 803). Mit der vom
Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt,
verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.
Gründe
A. Das Berufungsgericht hat die in der Berufungsinstanz
vorgenommene Klageerweiterung (Klageanträge I.4.2) als unzulässig und die Klage
im Übrigen als unbegründet angesehen. Hierzu hat es ausgeführt:
Die Installation sei zwar ein urheberrechtsschutzfähiges Werk
im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG. Ihre
Vernichtung verstoße jedoch weder gegen § 14 UrhG noch gegen das
Urheberpersönlichkeitsrecht der Klägerin. Die geltend gemachten Ansprüche auf
Erhaltung oder Wiederherstellung stünden der Klägerin auch nicht auf
vertraglicher Grundlage zu. Soweit sich die Klägerin ferner gegen die
Bearbeitung, Umgestaltung oder Beeinträchtigung des Werks wende, fehle die
Begehungsgefahr. Ein Anspruch auf Wiederherstellung des Werks in der
ursprünglichen oder an die neuen Verhältnisse angepassten Form stehe der
Klägerin ebenfalls nicht zu. Auch Schadensersatz wegen Vernichtung des Werks
(Klageantrag III) könne die Klägerin nicht verlangen.
Der Klägerin stehe kein weitergehender Anspruch auf
Honorarzahlung zu, der über die vom Landgericht zugesprochenen 66.000 €
hinausgehe. Zu Unrecht wende sich die Klägerin ferner gegen die teilweise
Abweisung der Klage, weil in Höhe von 4.000 € Erfüllung eingetreten sei.
Der vom Landgericht zugesprochene Vergütungsanspruch sei
allerdings verjährt. Aufgrund einer stillschweigenden Abnahme und einer damit
einhergehenden Fälligkeit des Vergütungsanspruchs vor dem Jahr 2011 sei die im
Jahr 2014 anhängig gemachte Klage erst nach Eintritt der Verjährung erfolgt.
Jedenfalls habe die Beklagte durch Schreiben vom 22. Dezember 2009 den Vertrag
nach § 649 BGB aF gekündigt. Der aus der Kündigung
folgende Vergütungsanspruch der Klägerin sei verjährt. Dem Anspruch stehe
ferner die Unmöglichkeit der Durchführung der letzten Werkphase entgegen, weil
das Gesamtwerk befugterweise habe entfernt werden sollen.
B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der
Klägerin hat bis auf den Klageantrag I.4.1. keinen Erfolg. Die Revision ist
unzulässig, soweit sie sich dagegen richtet, dass das Berufungsgericht den auf
Zurückverweisung an das Landgericht gerichteten Hauptantrag zurückgewiesen hat
(dazu I). Die Revision ist weiter unzulässig, soweit sie die Zurückweisung der
Klageerweiterung (Klageantrag I.4.2.) durch das Berufungsgericht angreift (dazu
II). Die Klage ist zulässig (dazu III). Der geltend gemachte Anspruch auf
Unterlassung der Vernichtung (Klageantrag I.1.2) ist weder nach § 97 Abs.
1, § 14 UrhG (dazu IV) noch
aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung (dazu V) begründet. Ein Anspruch auf
Unterlassung der Bearbeitung oder Umgestaltung (Klageantrag I.1.1.) ist ebenfalls
nicht gegeben (dazu VI). Auch die Abweisung des auf Wiederherstellung des Werks
in identischer (Klageantrag I.2. und 3.) oder angepasster Form (Klageantrag
II.) sowie des Schadensersatzanspruchs (Klageantrag III.) hat Bestand (dazu
VII). Die Revision hinsichtlich des Klageantrags I.4.1 hat hingegen insoweit
Erfolg, als das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die
Klage auch in Höhe von 66.000 € abgewiesen hat (dazu VIII).
I. Die Revision ist als unzulässig zu verwerfen, soweit sie
sich dagegen richtet, dass das Berufungsgericht den auf Zurückverweisung an das
Landgericht gerichteten Hauptantrag zurückgewiesen hat.
1. Die Revision ist nach § 552 Abs. 1 ZPO als unzulässig
zu verwerfen, soweit sie nicht in der gesetzlichen Form begründet ist. Nach
§ 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b ZPO
muss die Revisionsbegründung, soweit die Revision darauf gestützt wird, dass
das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Tatsachen bezeichnen,
die den Mangel ergeben.
2. Die Revision stützt sich auf eine Verletzung von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO.
Danach darf das Berufungsgericht die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung
erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht
des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen, soweit das Verfahren im ersten
Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels
eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist und eine Partei
die Zurückverweisung beantragt. Die Revision hat keine Tatsachen bezeichnet,
aus denen sich ergibt, dass das Berufungsgericht die Sache nach dieser
Bestimmung an das Landgericht zurückverweisen musste. Insbesondere gibt sie
nicht an, unter welchem wesentlichen Mangel das Verfahren im ersten Rechtszug
leidet, aufgrund dessen eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme
notwendig ist.
II. Die Revision ist weiter unzulässig, soweit sie sich
dagegen wendet, dass das Berufungsgericht den in der Berufungsinstanz
hilfsweise zum Antrag auf Zahlung der vertraglich vereinbarten Vergütung
erhobenen Antrag auf Zahlung einer angemessenen Vergütung (I.4.2.) als
unzulässige Klageerweiterung nach § 531 Abs.
2 ZPO zurückgewiesen hat. Die Revision hat insoweit keine Verfahrensmängel nach
§ 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b ZPO
gerügt. Das angefochtene Urteil darf daher nach § 557 Abs. 3 ZPO insoweit
nicht auf Verfahrensmängel geprüft werden.
III. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Klagegrund
im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend
bestimmt angegeben.
Die Klägerin stützt ihre Klage auf gesetzliche Ansprüche
gemäß § 97 Abs.
1, § 14 UrhG sowie auf eine
vertragliche Grundlage. Hierbei handelt es sich um unterschiedliche Klagegründe
und damit verschiedene Streitgegenstände (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2013
– I ZR 60/11GRUR
2013, 397
 Rn. 13 = WRP 2013,
499
 – Peek & Cloppenburg III). Gemäß § 253 Abs.
2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des
Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Die Klägerin hat daher
klarzustellen, in welcher Reihenfolge sie die Streitgegenstände geltend macht.
Diese Klarstellung kann noch in der Revisionsinstanz erfolgen (st. Rspr.; vgl.
nur BGH, Urteil vom 22. März 2018 – I
ZR 118/16
GRUR 2018, 1161 Rn. 23 = WRP
2018, 1329
 – Hohlfasermembranspinnanlage, mwN).
Die Klägerin hat in der Revisionsverhandlung klargestellt,
dass sie ihre Ansprüche in erster Linie auf das Urheberrechtsgesetz stützt und
in zweiter Linie auf vertragliche Ansprüche.
IV. Es besteht kein Anspruch gemäß § 97 Abs.
1 in Verbindung mit § 14 UrhG auf Unterlassung der
Vernichtung (Klageantrag I.1.2.). Zwar handelt es sich bei der
streitgegenständlichen Installation um ein schutzfähiges Werk im Sinne von
§ 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG (dazu
1). Die vom Berufungsgericht vorgenommene Interessenabwägung geht aber von
einem zutreffenden Prüfungsmaßstab aus (dazu 2) und lässt auch im Einzelnen
keine Rechtsfehler erkennen (dazu 3).
1. Die Revision wendet sich nicht gegen die für sie günstige
Annahme des Berufungsgerichts, es handele sich bei der streitgegenständlichen
Installation um ein Werk im Sinne von § 2 Abs.
1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
2. Das Berufungsgericht hat die Deinstallation des Werks der
Klägerin zu Recht am Maßstab des § 14 UrhG gemessen.
a) Nach § 14 UrhG hat der Urheber das
Recht, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung seines Werks zu
verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten geistigen oder persönlichen
Interessen am Werk zu gefährden. Diese Vorschrift ist Ausdruck des
Urheberpersönlichkeitsrechts, das den Schutz des geistigen und persönlichen
Bandes zwischen Urheber und Werk zum Gegenstand hat (vgl. Begründung des
Entwurfs eines Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, BT-Drucks. IV/270, S. 45; Dietz/Peukert in
Schricker/ Loewenheim, Urheberrecht, 5. Aufl., § 14 UrhG Rn. 5).
b) Die Frage, ob die Vernichtung des Werks eine
Beeinträchtigung im Sinne des § 14 UrhG darstellt, ist
umstritten.
aa) Unter Hinweis darauf, dass § 14 UrhG das Interesse des
Urhebers am Fortbestand des unverfälschten Werks, nicht aber das Interesse des
Urhebers an der Existenz des Werks als solchem schütze, wird die Anwendung
dieser Vorschrift auf die Vernichtung des Werks vielfach verneint (vgl.
KG, GRUR 1981, 742; OLG Schleswig, ZUM 2006, 426, 427 [juris Rn.
9]; LG München I, FuR 1982, 510, 513; LG
Hamburg, GRUR 2005, 672, 674 [juris
Rn. 33]; Bullinger in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl., § 14 UrhG Rn. 22 bis 24;
Dietz/Peukert in Schricker/Loewenheim aaO § 14 UrhG Rn. 21; Dustmann in
Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 12. Aufl., § 14 UrhG Rn. 32 f.; B.
Goldmann, GRUR 2005, 639, 643).
bb) Nach anderer Ansicht ist die Vernichtung eines
Werkoriginals als schärfste Form der Beeinträchtigung im Sinne des § 14 UrhG anzusehen. Sie
verletze das Interesse des Urhebers, durch sein Werk auf den kulturellen oder
gesellschaftlichen Kommunikationsprozess einzuwirken und im Werk fortzuleben
(vgl. Dreyer in Dreyer/Kotthoff/Meckel/Hentsch, Urheberrecht, 4. Aufl., § 14 UrhG Rn. 50;
Kroitzsch/Götting in Möhring/Nicolini, Urheberrecht, 4. Aufl., § 14 UrhG Rn. 24; Schulze in
Dreier/Schulze, UrhG, 6. Aufl., § 14 Rn. 27 f.; Schack, Urheber- und
Urhebervertragsrecht, 8. Aufl., Rn. 397; ders., Kunst und Recht, Bildende
Kunst, Architektur, Design und Fotografie im deutschen und internationalen Recht,
3. Aufl., Rn. 185; Dietz, Das Droit Moral des Urhebers im neuen französischen
und deutschen Urheberrecht, 1968, S. 112; Schilcher, Der Schutz des Urhebers
gegen Werkänderungen, 1989, S. 83 ff.; Schöfer, Die Rechtsverhältnisse zwischen
dem Urheber eines Werks der bildenden Kunst und dem Eigentümer des
Originalwerks, 1984, S. 139 f.; v. Waasen, Das Spannungsverhältnis zwischen
Urheberrecht und Eigentum im deutschen und ausländischen Recht, Diss. Frankfurt
am Main 1994, S. 151 ff.; Movsessian, UFITA 95 (1983), S. 77, 85;
Richard/Junker, GRUR 2007, 18, 24; Samson, UFITA 47 (1966), S. 1, 37).
cc) Der Senat stimmt der letztgenannten Auffassung zu.
(1) Nach seinem Wortlaut und seiner Systematik erfasst
§ 14 UrhG die Vernichtung des
Werks. Zwar mag die in § 14UrhG zunächst genannte
Entstellung den Fortbestand des Werks voraussetzen. Bei der Entstellung handelt
es sich aber nur um einen besonderen Fall der in § 14 UrhG weiter genannten
Beeinträchtigung des Werks. Das allgemeine Sprachverständnis steht der Annahme
nicht entgegen, dass es sich bei der Vernichtung um einen weiteren Fall der
Beeinträchtigung des Werks handelt. Soweit gegen die Anwendung des § 14 UrhG auf die
Werkvernichtung eingewandt wird, schon dem Wortsinn nach stelle eine
Vernichtung keine Beeinträchtigung im Sinne dieser Vorschrift dar, weil die
Beeinträchtigung ein Weniger gegenüber der Vernichtung sei (Schmelz, GRUR 2007,
565, 568), liegt dem ein zu enges Wortverständnis zugrunde. Ist die in § 14 UrhG genannte andere
Beeinträchtigung der tatbestandliche Oberbegriff und die gleichfalls genannte
Entstellung lediglich ein Anwendungsfall dieses Oberbegriffs, steht das
Sprachverständnis der Einbeziehung der Vernichtung in den Begriff der sonstigen
Beeinträchtigung nicht entgegen.
(2) Die Gesetzgebungsmaterialien stehen der Annahme nicht
entgegen, dass nach § 14 UrhG die Vernichtung
eines Werks verboten sein kann. In der Begründung zum Regierungsentwurf eines
Urheberrechtsgesetzes heißt es zwar, es erscheine nicht angebracht, in das
Gesetz ein Vernichtungsverbot für Werke der bildenden Künste aufzunehmen,
soweit an ihrer Erhaltung ein öffentliches Interesse besteht; die Erhaltung
kulturell wertvoller Kunstwerke sei nicht Aufgabe des privatrechtlichen Urheberrechts,
sondern des zum Gebiet des öffentlichen Rechts gehörenden Denkmalschutzes (BT-Drucks. IV/270, S. 45). Dieser
Begründung ist jedoch allein zu entnehmen, dass ein öffentliches Interesse an
der Erhaltung eines Werks der bildenden Künste nach § 14 UrhG kein
Vernichtungsverbot begründen soll. Damit ist nicht gesagt, dass auch die durch
§ 14 UrhG geschützten
geistigen und persönlichen Interessen des Urhebers an seinem Werk kein
Vernichtungsverbot rechtfertigen können.
(3) Der Zweck des § 14 UrhG, die berechtigten
geistigen oder persönlichen Interessen des Urhebers an seinem Werk zu schützen,
spricht dafür, dass der Urheber nach dieser Bestimmung grundsätzlich auch eine
Vernichtung seines Werks verbieten kann. Das Urheberpersönlichkeitsrecht kann
durch die Vernichtung eines Werks in besonderer Weise betroffen sein, weil die
Vernichtung das Fortwirken des Werks (als Ausdruck der Persönlichkeit seines
Schöpfers) vereiteln oder erschweren kann. Durch die Vernichtung wird das
geistige Band zwischen dem Urheber und seinem Werk durchschnitten (Erdmann in
Festschrift Piper, 1996, S. 655, 674).
(4) Weiter ist zu beachten, dass der potentielle
Interessenkonflikt zwischen dem Eigentümer eines Werks und seinem Urheber
grundrechtlichen Wertungen unterliegt. Handelt es sich um einen privaten
Eigentümer, kann er sich auf sein Grundrecht nach Art. 14 Abs.
1 GG berufen, wenn er mit seinem Eigentum nach Belieben verfahren (§ 903 Satz 1 BGB), es etwa
vernichten möchte. Die öffentliche Hand – im Streitfall: die Beklagte als
Gemeinde – kann sich zwar nicht auf den Grundrechtsschutz des Art. 14 Abs.
1 GG berufen (vgl. BVerfGE 61, 82, 100 ff.). Soweit
das Eigentum Gegenstand und Grundlage kommunaler Betätigung ist, genießt
gemeindliches Eigentum aber den verfassungsrechtlichen Schutz der Garantie der
kommunalen Selbstverwaltung des Art. 28 Abs.
2 Satz 1 GG (vgl. BVerwGE 97, 143 [juris Rn.
27]). Mit der Unterhaltung der städtischen Kunsthalle erfüllt die Beklagte die
ihr nach Art. 3c Abs. 1 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg als
Gemeinde obliegende Pflicht, das kulturelle Leben zu fördern.
Für den Urheber streitet die in Art. 5 Abs. 3
Satz 1 GG verbürgte Kunstfreiheit, die nicht nur den Schaffensprozess
(„Werkbereich“), sondern auch die für die Begegnung mit der Kunst
erforderliche Darbietung und Verbreitung des Kunstwerks
(„Wirkbereich“) schützt (vgl. BVerfGE
30, 173
, 189 [juris Rn. 49] – Mephisto; BVerfGE 119, 1, 21 f. [juris Rn.
63] – Esra, mwN).
Diesen grundrechtlichen Wertungen kann im Falle der
Vernichtung eines Werks Rechnung getragen werden, wenn die Vernichtung als
Beeinträchtigung des Werks von § 14 UrhG erfasst und damit
die im Tatbestandsmerkmal der „berechtigten geistigen oder persönlichen
Interessen“ des Urhebers angelegte Interessenabwägung eröffnet ist.
3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die vom
Berufungsgericht zugunsten der Beklagten vorgenommene Interessenabwägung.
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Interessen des
Urhebers am Fortbestehen des Werks müssten bei Werken der Baukunst, bei mit
Bauwerken unlösbar verbundenen Werken oder sonst grundstücksbezogenen
Kunstwerken in aller Regel hinter den Interessen des Eigentümers an der
anderweitigen Nutzung oder Bebauung des Grundstücks und der damit verbundenen
Zerstörung oder Entfernung des Werks zurückstehen. Dem Interesse des Urhebers
sei in solchen Fällen in der Weise Rechnung zu tragen, dass ihm die Möglichkeit
der Dokumentation des Werks vor seiner Zerstörung gegeben werde. Diese
Grundsätze würden auch für Museen als Eigentümer von Werkstücken gelten, weil
diese ein berechtigtes Interesse an baulichen Veränderungen der
Ausstellungsflächen und Umgestaltungen der Ausstellungen für die Präsentation
anderer Kunstwerke hätten. Im vorliegenden Fall überwiege das Interesse der
Beklagten an der Umgestaltung des Gebäudeteils. Die Beklagte habe sich mit der
Aufnahme des Werks und der damit verbundenen Vereinbarung nicht jeder späteren
Neufestlegung des Grundstücksteils begeben, auch wenn das Werk als permanente
Installation bezeichnet worden sei und von der Klägerin als „lebendiges
Werk“ beschrieben werde. Dies liege insbesondere bei derart raumgreifenden
Installationen wie der vorliegenden nahe, die sich über mehrere Geschossdecken
erstrecke. Die Entfernung des Werks sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, weil
sie nicht ausschließlich auf einem veränderten Geschmack oder einer veränderten
Bewertung des Werks, sondern einem weitreichenden Umbau der Kunsthalle beruhe.
In die im Zuge des Abrisses des Mitzlaff-Baus vorgenommene architektonische
Neuausrichtung der Kunsthalle sei auch der Athene-Trakt einbezogen worden, in
dem in Anlehnung an das historische Original ein großer einheitlicher Innenraum
als lichter Durchgang sowie eine Brücke als Verbindung zwischen Billing-Bau und
Neubau geschaffen werden solle. Die Beklagte habe die Neugestaltung des Traktes
auch nicht an den Interessen der Klägerin ausrichten müssen. Nichts
Abweichendes ergebe sich aus dem Umstand, dass die Beklagte als Gemeinde nach
Art. 3c Abs. 2 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg verpflichtet sei,
Denkmäler der Kunst zu schützen. Es sei nicht ersichtlich, dass am Erhalt der
Installation der Klägerin ein öffentliches Interesse bestehe. Die Installation
habe keine herausragende kunsthistorische Bedeutung und die Reputation der
Klägerin erleide durch die Vernichtung keinen Schaden. Diese Beurteilung hält
der rechtlichen Nachprüfung stand.
b) Bei der im Rahmen des § 14 UrhG vorzunehmenden
Interessenabwägung ist auf Seiten des Urhebers insbesondere zu berücksichtigen,
ob es sich bei dem vernichteten Werk um das einzige Vervielfältigungsstück des
Werks handelte, oder ob von dem Werk weitere Vervielfältigungsstücke
existieren. Ferner ist zu berücksichtigen, welche Gestaltungshöhe das Werk
aufweist und ob es ein Gegenstand der zweckfreien Kunst ist oder als angewandte
Kunst einem Gebrauchszweck dient (vgl. Erdmann in Festschrift Piper, 1996, S.
655, 674; Schack, Kunst und Recht aaO Rn. 185).
Auf Seiten des Eigentümers können, etwa wenn ein Bauwerk
oder Kunst in oder an einem solchen betroffen ist, bautechnische Gründe oder
das Interesse an einer Nutzungsänderung von Bedeutung sein (vgl. BGH, Urteil
vom 19. März 2008 – I ZR 166/05GRUR
2008, 984
 Rn. 38 f. = WRP 2008, 1440 – St. Gottfried;
Dietz/Peukert in Schricker/Loewenheim aaO § 14 UrhG Rn. 39 f.; Schulze
in Dreier/Schulze aaO § 14 Rn. 28; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht
aaO Rn. 399). Bei Werken der Baukunst oder mit Bauwerken unlösbar verbundenen
Kunstwerken werden die Interessen des Eigentümers an einer anderweitigen
Nutzung oder Bebauung des Grundstücks oder Gebäudes den Interessen des Urhebers
am Erhalt des Werks in der Regel vorgehen, sofern sich aus den Umständen des
Einzelfalls nichts anderes ergibt (vgl. Schack, Kunst und Recht aaO Rn. 189).
Im Rahmen der Interessenabwägung kann sich weiter auswirken,
ob der Eigentümer dem Urheber Gelegenheit gegeben hat, das Werk zurückzunehmen
oder – wenn dies aufgrund der Beschaffenheit des Werks nicht möglich ist –
Vervielfältigungsstücke hiervon anzufertigen (vgl. Ulmer, Urheber- und
Verlagsrecht, 3. Aufl., S. 220; Erdmann in Festschrift Piper, 1996, S. 655, 674
f.).
Die in diesem Zusammenhang gebotene tatrichterliche
Interessenabwägung ist durch das Revisionsgericht lediglich daraufhin zu überprüfen,
ob Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind und die für die
Interessenabwägung des konkreten Streitfalls maßgeblichen Gesichtspunkte
berücksichtigt und zutreffend gewichtet worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 28.
Juli 2016 – I ZR 9/15BGHZ
211, 309
 Rn. 36 – auf fett getrimmt).
c) Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des
Berufungsgerichts, das Interesse des Urhebers am Fortbestehen eines mit einem
Bauwerk unlösbar verbundenen Kunstwerks trete in aller Regel hinter die
Interessen des Gebäudeeigentümers an einer anderweitigen Gebäudenutzung und
einer damit verbundenen Zerstörung des Kunstwerks zurück. Zu der nach § 903 BGB dem Eigentümer
zustehenden Befugnis, mit der Sache nach Belieben zu verfahren, gehört auch die
Entscheidung über die Umgestaltung oder anderweitige Nutzung eines Gebäudes
(vgl. Schulze in Dreier/Schulze aaO § 14 Rn. 28; Schack, Kunst und Recht aaO Rn.
195; v. Ungern-Sternberg in Weller/Kemle/Lynen, Des Künstlers Rechte – die
Kunst des Rechts, 2007, S. 47, 59). Anders als bei zerstörungsfrei entfernbaren
Kunstwerken wäre dieses Recht völlig aufgehoben, wenn der Urheber einer mit
einem Gebäude unlösbar verbundenen Installation deren Entfernung dauerhaft
untersagen könnte. Duldet ein Gebäude- oder Grundstückseigentümer die
Installation eines solchen Werks, willigt er typischerweise nicht in eine so
umfassende und sehr weit in die Zukunft reichende Beschränkung seiner
Eigentümerbefugnisse ein. Dem Künstler steht demgegenüber die Möglichkeit
offen, eine Erhaltungspflicht entweder schuldrechtlich zu vereinbaren oder auf
der Einräumung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit im Sinne von § 1090 BGB
zu bestehen, durch die er sich gegen eine spätere Entfernung des Kunstwerks
durch Rechtsnachfolger des Eigentümers absichern kann (vgl. Schack, Kunst und
Recht aaO Rn. 196).
Ohne Erfolg macht die Revision geltend, für den Umbau des
Athene-Trakts habe keine Notwendigkeit bestanden, weil allein der Mitzlaff-Bau
sanierungsbedürftig gewesen sei. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die im
Zuge des Abrisses des Mitzlaff-Baus erfolgte architektonische Neuausrichtung
der Kunsthalle unter Einbeziehung des Athene-Trakts stelle einen hinreichenden
sachlichen Grund für die Vernichtung des Werks der Klägerin dar, ist
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
d) Vergeblich beanstandet die Revision, das Berufungsgericht
habe es nicht für erforderlich gehalten, dass die Beklagte die Neugestaltung an
den Interessen der Klägerin am Werkerhalt ausrichte.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss im
Rahmen der bei § 14 UrhG erforderlichen
Interessenabwägung bei Änderungen eines Werks der Baukunst nicht geprüft
werden, ob andere Planungsalternativen zu einer geringeren Beeinträchtigung der
Interessen des Urhebers geführt hätten. Zwar muss der Eigentümer eines
urheberrechtlich geschützten Bauwerks bei dessen Veränderung grundsätzlich eine
den betroffenen Urheber in seinen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Interessen
möglichst wenig berührende Lösung suchen. Hat er sich jedoch für eine bestimmte
Planung entschieden, so geht es im Rahmen der Interessenabwägung nur noch
darum, ob dem betroffenen Urheber die geplanten konkreten Änderungen des von
ihm geschaffenen Bauwerks zuzumuten sind. Ob daneben noch andere, den Urheber
gegebenenfalls weniger beeinträchtigende Lösungen denkbar sind, ist hierfür
nicht von entscheidender Bedeutung (BGH, Urteil vom 31. Mai 1974 – I ZR 10/73BGHZ 62, 331, 338 [juris Rn. 36] –
Schulerweiterung; BGH, GRUR 2008, 984 Rn. 39 – St.
Gottfried; von Ungern-Sternberg aaO S. 47, 59).
bb) Diese Grundsätze gelten – anders als die Revision meint
– erst recht, wenn nicht die Änderung eines Werks der Baukunst, sondern die mit
seiner Zerstörung verbundene Entfernung aus einem baulich umzugestaltenden
Gebäude zu beurteilen ist. Die Veränderung des Werkstücks berührt stets das
Interesse des Urhebers an der Entscheidung darüber, wie das Werk an die
Öffentlichkeit treten soll (BGH, Urteil vom 1. Oktober 1998 – I ZR 104/96GRUR 1999, 230, 232 [juris Rn. 30] –
Treppenhausgestaltung). Anders als die Veränderung eines Werks der Baukunst
verfälscht die Vernichtung einer mit dem Gebäude verbundenen Installation nicht
die Gestalt des Werks, sondern führt dazu, dass das Werk gar nicht mehr
wahrnehmbar ist.
e) Entgegen der Ansicht der Revision hat das
Berufungsgericht auch dem Umstand zutreffend Rechnung getragen, dass die
Beklagte als Gemeinde der öffentlichen Hand zuzurechnen ist.
Betroffen ist hier nicht der im Falle von Bauwerken typische
Konflikt zwischen dem Eigentümer des Bauwerks und dem beauftragten Architekt
(vgl. dazu BGH, GRUR 2008, 984 Rn. 35 bis 39 –
St. Gottfried; BGH, Beschluss vom 9. November 2011 – I
ZR 216/10
GRUR 2012, 172), sondern das
Verhältnis zwischen einem Kunstmuseum der öffentlichen Hand und der Schöpferin
eines zweckfreien Kunstwerks. Die Annahme des Berufungsgerichts, (auch) ein
Kunstmuseum der öffentlichen Hand könne ein Interesse an einer Änderung der
Museumsgebäude und der Ausstellungsflächen haben, lässt keine Rechtsfehler
erkennen. Die Anerkennung eines urheberrechtlichen Verbots der Entfernung von
mit einem Gebäude unlösbar verbundenen Installationen hinderte die Museen
dauerhaft an der Umgestaltung von Ausstellungen und Museumsgebäuden. Museen
können ihren kulturellen Auftrag nur erfüllen, wenn sie sich an veränderte
kulturelle oder gesellschaftliche Bedürfnisse durch Änderungen der Gebäude und
Ausstellungskonzepte anpassen können.
f) Soweit die Revision die Würdigung des Berufungsgerichts
als lückenhaft beanstandet, weil es nicht berücksichtigt habe, dass die
Klägerin die bauliche Änderung des Museums nicht habe vorhersehen können und
dass die Beklagte die Räume des Athene-Trakts unter Aufgabe ihrer Interessen an
einer anderweitigen Raumnutzung der Installation der Klägerin gewidmet habe,
zeigt sie keine Rechtsfehler auf, sondern setzt lediglich ihre eigene Würdigung
an die Stelle der vom Berufungsgericht vorgenommenen.
g) Ohne Erfolg beanstandet die Revision die Feststellungen
des Berufungsgerichts zum künstlerischen Rang des Kunstwerks.
Das Berufungsgericht war entgegen der Auffassung der
Revision nicht zur Einholung eines Sachverständigengutachtens verpflichtet,
sondern vermochte aufgrund eigener Sachkunde zu entscheiden. Die Mitglieder
eines fachspezifischen Spruchkörpers haben regelmäßig hinreichenden
Sachverstand, um die Schutzfähigkeit und Eigentümlichkeit eines Werks der
bildenden Kunst zu beurteilen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der
Anspruchsteller sich für den behaupteten Rang des Werks auf dessen Eindruck und
Form und nicht auf die Beurteilung in der Kunstwelt stützt (vgl. in diesem Sinn
zu Bauwerken: BGH, Urteil vom 29. März 1957 – I ZR 236/55BGHZ 24, 55, 67 f. [juris Rn. 27] –
Ledigenheim; BGH, GRUR 2008, 984 Rn. 20 – St.
Gottfried; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2013, 423, 427 [juris
Rn. 38]; OLG Stuttgart, GRUR-RR 2011, 56, 58 [juris
Rn. 27]; Schulze in Dreier/Schulze aaO § 2 Rn. 60; anders zu Musikwerken: BGH,
Urteil vom 16. April 2015 – I ZR 225/12GRUR
2015, 1189
 Rn. 59 ff. = WRP 2015, 1507 – Goldrapper). So
verhält es sich im Streitfall. Der Vortrag der Klägerin stützte sich maßgeblich
auf die Wirkung des Kunstwerks auf den Betrachter, seinen Charakter als
lebendiges Kunstwerk sowie die von der Beklagten in der Vergangenheit
getätigten Aussagen hierzu.
V. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die
Beurteilung des Berufungsgerichts, die hilfsweise geltend gemachten Ansprüche
auf Unterlassung der Vernichtung, Wiederherstellung oder erneute Errichtung
(Klageanträge I.1. bis 3.) hätten keine vertragliche Grundlage.
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, aus dem Werktitel
„HHole (for Mannheim) 2006 – ?“, aus der wiederholten vertraglichen
Bezeichnung des Werks als „permanente Installation“ oder
„lebendiger Organismus“ und aus der Angabe einer Leihzeit bis
„?“ in den Leihscheinen könne nicht geschlossen werden, dass die
Beklagte habe verpflichtet sein sollen, das Werk unter weitgehender Einschränkung
ihrer Eigentümerbefugnisse für die Dauer des Urheberrechtsschutzes zu
unterhalten. Dem Interesse der Klägerin am Erhalt des einzigen Werkexemplars
stehe das Interesse der Beklagten gegenüber, Gebäude und Ausstellungsflächen
der Kunsthalle bei Bedarf an den aktuellen Stand der Museumstechnik anzupassen
und die zur Verfügung stehenden Flächen von Zeit zu Zeit für die Präsentation
anderer Kunstwerke zu nutzen. Angesichts einer derart raumgreifenden
Installation habe die Klägerin damit rechnen müssen, dass die Beklagte nach
einiger Zeit ein Interesse an der Veränderung der Nutzung oder der räumlichen
Gegebenheiten haben werde.
Der Sinngehalt des Adjektivs „permanent“ sei nach
dem im Museumsbereich üblichen Sprachgebrauch dahin zu verstehen, dass die
Ausstellung oder Installation im Unterschied zur Sonderausstellung nicht auf
bestimmte Zeit angelegt sei. Daraus ergebe sich mit Blick auf die
Interessenlage der Parteien nicht, dass die Beklagte auf alle Zeit an einer
endgültigen Demontage gehindert sei. Dies gelte auch mit Blick auf die
Bezeichnung als „Dauerleihgabe“ mit einer unendlichen Leihzeit. Mit
Blick auf die formularmäßige Fassung des Leihscheins könne nicht davon
ausgegangen werden, dass eine Erhaltungsverpflichtung der Beklagten für die
Dauer des Urheberschutzes habe begründet werden sollen. Diese Beurteilung hält
der rechtlichen Nachprüfung stand.
2. Die Auslegung von Individualvereinbarungen ist
grundsätzlich Sache des Tatrichters. Dessen Auslegung unterliegt im
Revisionsverfahren nur einer eingeschränkten Überprüfung im Hinblick darauf, ob
gesetzliche Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt
sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht, etwa weil wesentliches
Auslegungsmaterial unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften außer Acht
gelassen worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 17. März 2011 – I ZR 93/09GRUR
2011, 946
 Rn. 17 f. = WRP 2011, 1302 – KD; Urteil vom
18. Oktober 2017 – I ZR 6/16GRUR
2018, 297
 Rn. 32 = WRP 2018, 551 – media control,
jeweils mwN). Leidet die tatrichterliche Auslegung an solchen
revisionsrechtlich beachtlichen Rechtsfehlern, bindet sie das Revisionsgericht
nicht. Bei der Auslegung sind in erster Linie der von den Parteien gewählte Wortlaut
und der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu
berücksichtigen. Weiter gilt das Gebot der nach beiden Seiten hin
interessengerechten Auslegung und der Berücksichtigung des durch die Parteien
beabsichtigten Zwecks des Vertrags (BGH, GRUR
2011, 946
 Rn. 18 – KD, mwN).
3. Die Revision macht vergeblich geltend, das
Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft geprüft, ob eine Erhaltungspflicht aus
dem Vertrag bestehe; vielmehr sei die Frage der Befugnis zur Zerstörung ohne
Rücksprache maßgeblich, für die der Leihschein eine Absprache vorsehe.
Mit dieser Rüge zeigt die Revision keinen Rechtsfehler der
vom Berufungsgericht vorgenommenen Vertragsauslegung auf, sondern nimmt
lediglich in revisionsrechtlich unbehelflicher Weise eine von der
tatrichterlichen Würdigung abweichende Auslegung der vertraglichen Vereinbarung
vor.
4. Ohne Erfolg wendet die Revision ein, die vom
Berufungsgericht vorgenommene Auslegung verstoße gegen den Grundsatz, in erster
Linie den von den Parteien gewählten Wortlaut zu berücksichtigen, weil die
Interpretation des Wortes „permanent“ im Sinne von „nicht auf
bestimmte Zeit angelegt“ sinnwidrig sei.
Das Berufungsgericht ist vom vereinbarten Wortlaut
ausgegangen und hat hierbei insbesondere den Werktitel, die Bezeichnung des
Werks als permanente Installation und Dauerleihgabe sowie die Angabe einer
Leihzeit unter Verwendung des Unendlichkeitssymbols gewürdigt. Die vom
Berufungsgericht vorgenommene Auslegung ist nicht wortsinnwidrig. Das Wort
„permanent“ bedeutet zwar „dauerhaft“. Dieser Begriff
enthält jedoch keine Aussage darüber, wann und unter welchen Voraussetzungen
der Dauerzustand beendet werden kann. Im allgemeinen Sprachgebrauch kann auch
ein permanenter Zustand zu einem späteren Zeitpunkt beendet werden.
Die Revision rügt weiter vergeblich, dass das
Berufungsgericht nicht den von der Klägerin vorgetragenen, in der Kunstwelt
verbreiteten Begriffsinhalt berücksichtigt habe. Das Berufungsgericht hat sich
mit der Bedeutung des Begriffs im musealen Bereich ausdrücklich befasst.
Rechtsfehler sind ihm hierbei nicht unterlaufen.
Nach der vertretbaren Würdigung des Berufungsgerichts folgt
zudem aus der Verwendung des Unendlichkeitszeichens im Titel des Werks und im
Leihschein sowie seiner Bezeichnung als lebendigen Organismus kein
Rechtsbindungswille der Beklagten zum unbegrenzten Erhalt der Installation. Die
Einschätzung des Berufungsgerichts, es handele sich bei diesen Bezeichnungen in
erster Linie um künstlerische Interpretationen, ist revisionsrechtlich nicht zu
beanstanden.
5. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das
Berufungsgericht habe gegen das Gebot der nach beiden Seiten
interessengerechten Auslegung verstoßen, indem es einseitig den Interessen der
Beklagten zum Durchbruch verholfen habe.
Das Gebot der nach beiden Seiten interessengerechten
Auslegung erfordert, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkennbaren
wechselseitigen Interessen zu berücksichtigen und die Abrede auf einen vertretbaren
Sinngehalt zurückzuführen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Februar 2012 – I
ZR 150/10
TranspR 2012, 148Rn. 37 mwN). Die vom
Berufungsgericht vorgenommene Auslegung genügt diesen Anforderungen, indem sie
die zum Zeitpunkt der Vereinbarung erkennbare Interessenlage der Parteien
darstellt und hierbei auch auf die ausführliche Würdigung des erstinstanzlichen
Urteils verweist. Die Revision legt nicht dar, welche konkreten schutzwürdigen
Interessen der Klägerin das Berufungsgericht übergangen haben soll, sondern
nimmt lediglich eine von der tatrichterlichen Würdigung abweichende
Interessenabwägung vor.
Die Würdigung des Berufungsgerichts ist – entgegen der
Ansicht der Revision – auch nicht deshalb lückenhaft, weil das Berufungsgericht
sich nicht ausdrücklich mit auf die Installation bezogenen Beiträgen der
Beklagten zur Außendarstellung befasst hat. Die Revision legt nicht dar, warum
die nach Vertragsschluss erfolgte Eigeninterpretation des Werks durch die
Beklagte den Schluss auf eine bestimmte Auslegung des Vertrags hinsichtlich der
Frage gebietet, unter welchen Bedingungen die Beklagte das Werk entfernen darf.
Mit dem künstlerischen Rang des Werks als solchem hat sich das Berufungsgericht
auseinandergesetzt.
6. Entgegen der Ansicht der Revision liegt kein Verstoß
gegen Denkgesetze darin, dass das Berufungsgericht bei der Interessenabwägung
zu Lasten der Klägerin den besonders raumgreifenden Charakter des Werks
berücksichtigt hat. Hierbei handelt es sich um einen tatsächlichen, im Rahmen
der Interessenabwägung zu würdigenden Umstand, den das Berufungsgericht in
revisionsrechtlich einwandfreier Weise berücksichtigt hat.
VI. Soweit das Berufungsgericht die mit dem Klageantrag
I.1.1. geltend gemachten Ansprüche gegen die Bearbeitung oder Umgestaltung des
Werks sowie seine Beeinträchtigung durch bauliche Maßnahmen als unbegründet
angesehen hat, fehlt es an Revisionsangriffen. Rechtsfehler sind insoweit auch
nicht ersichtlich.
VII. Erweist sich die Vernichtung des Werks der Klägerin als
rechtmäßig, wendet sich die Revision auch vergeblich gegen die Beurteilung des
Berufungsgerichts, es bestehe weder ein urheberrechtlicher noch ein
vertraglicher Anspruch auf Wiederherstellung des Werks in identischer
(Klageantrag I.2. und 3.) oder angepasster Form (Klageantrag II.). Bestand hat
danach auch die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe der hilfsweise
mit Klageantrag III. geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu.
VIII. Soweit sich die Revision hinsichtlich des Klageantrags
I.4.1. gegen die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und die Abweisung der
Klage richtet, hat sie weitgehend Erfolg und führt insoweit zur
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Die Revision greift nicht die Feststellung des
Berufungsgerichts an, dass der Klägerin über den vertraglich vereinbarten
Betrag von 70.000 € hinaus kein Zahlungsanspruch zustand. Die Parteien haben
derartiges weder vereinbart, noch ergibt sich dies aus den Grundsätzen der
ergänzenden Vertragsauslegung, aus einem Schadensersatzanspruch oder aus
§ 32 Abs. 1 UrhG. Die Revision
greift weiter die Feststellung des Berufungsgerichts nicht an, der
Werklohnanspruch sei in Höhe von 4.000 € durch Erfüllung erloschen. Auch
insoweit ist kein Rechtsfehler erkennbar.
2. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann
der von der Klägerin geltend gemachte Werklohnanspruch für die ersten sechs
Werkphasen in Höhe von insgesamt 60.000 € nicht als verjährt angesehen werden.
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, aufgrund einer
stillschweigenden Abnahme und einer damit einhergehenden Fälligkeit des
Vergütungsanspruchs vor dem Jahr 2011 sei die Klage im Jahr 2014 erst nach
Eintritt der Verjährung anhängig gemacht worden. Die ersten sechs Phasen des
Werks seien spätestens im Oktober 2007 abnahmereif gewesen, weil nur noch
unwesentliche Restarbeiten ausgestanden hätten. Im Oktober 2007 habe das Werk
das Stadium des „Erwachsenwerdens“ erreicht und sei damit das nach
dem Vertrag von der Klägerin geschuldete Grundkonzept erfüllt worden. Die
Klägerin habe ab diesem Zeitpunkt auch keine Arbeiten mehr ausgeführt und
keinen Zugang zum Werk gehabt. Das Werk sei im Jahr 2006 zunächst sechs Monate
im Rahmen einer Sonderausstellung und im Anschluss daran noch bis ins Jahr 2007
gezeigt worden. Durch das öffentliche Zugänglichmachen für Besucher habe die
Beklagte auch die Billigung des Werks als vertragsgerecht zum Ausdruck
gebracht. Zwar handele es sich um ein erst während der Ausstellung entstehendes
„evolving art work“. Dies sei aber aufgrund der vertraglichen Aufgliederung
in sieben Werkphasen so zu verstehen, dass die Werkbestandteile in einer
bestimmten Abfolge entstünden. Durch die Freigabe des jeweiligen Abschnitts für
Besucher habe die Direktion ab dem Zeitpunkt der objektiven Abnahmefähigkeit
gezeigt, dass sie das Werk als vertragsgerecht billige. Somit sei von einer
Abnahme der sechs Werkbestandteile im Oktober 2007 auszugehen.
Zudem habe die Beklagte die Abnahme spätestens in einem an
den anwaltlichen Vertreter der Klägerin gerichteten Schreiben vom 22. Dezember
2009 schlüssig erklärt. Die Würdigung dieses Schreibens unter Berücksichtigung
der damaligen Gesamtsituation ergebe, dass die Klägerin keine weiteren Arbeiten
an dem Werk habe vornehmen sollen, weil die Beklagte dieses als im Wesentlichen
abgeschlossene und vertragsgemäße Erfüllung entgegengenommen habe. Das Werk sei
in der ab April 2006 laufenden Sonderausstellung realisiert und anschließend
weiter ausgestellt worden. Ab Oktober 2007 sei der Klägerin keinen Zugang mehr
zum nicht öffentlichen Bereich des Werks gewährt worden und habe die Klägerin
an ihm nachfolgend auch keine Arbeiten mehr ausgeführt. Zwar habe die Klägerin
ab November 2007 ihre Arbeit am Werk fortsetzen wollen, sei daran aber durch
die Verweigerung des Zugangs seitens der Beklagten gehindert worden. Nach
Einschaltung des vorgerichtlichen Vertreters seien ausstehende Arbeiten kein
Gegenstand des Schriftwechsels mehr gewesen und sei es der Klägerin allein um
die Zugänglichkeit des Werks für die Öffentlichkeit gegangen. Als die Klägerin
dann schon zwei Jahre lang keinen Zugang zum Werk gehabt habe und die
Sonderausstellung seit drei Jahren beendet gewesen sei, habe die Beklagte durch
Schreiben vom 22. Dezember 2009 die Schließung des Athene-Trakts von Januar
2010 bis Herbst 2012 mit offenem Ausgang bezüglich weiterer Pläne zu
Umbaumaßnahmen angekündigt. Bei dieser Situation habe der Klägerin bewusst sein
müssen, dass nach Auffassung der Beklagten keine weiteren Arbeiten ausgeführt
werden sollten und die ausgeführten Arbeiten als vertragsgerecht
entgegengenommen angesehen würden. Zwar sei der Klägerin im Schreiben vom 22.
Dezember 2009 zugesichert worden, ihr Werk werde keinen bleibenden Eingriff
erfahren, jedoch sei auch unmissverständlich klargestellt worden, dass keine
weiteren Arbeiten durch die Klägerin vorgenommen werden sollten und könnten.
Damit habe die Beklagte das Werk als im Wesentlichen vollständig und
hinsichtlich der vertraglichen Pflichten der Klägerin als abgeschlossen
entgegengenommen. Jedenfalls habe die Beklagte durch Schreiben vom 22. Dezember
2009 den Vertrag nach § 649 BGB
aF gekündigt. Der aus der Kündigung folgende Vergütungsanspruch der Klägerin
sei verjährt.
Hinsichtlich der letzten Werkphase sei ein Zahlungsanspruch
mangels Abnahme nicht fällig. Außerdem hätten sich die Parteien darüber
verständigt, dass diese Werkphase nicht mehr geschuldet sei. Ferner stehe die
Unmöglichkeit der Durchführung der letzten Werkphase entgegen, weil das Gesamtwerk
befugterweise habe entfernt werden sollen. Diese Beurteilung hält der
rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
b) Auf die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung
sind – wie vom Berufungsgericht zutreffend angenommen – die Vorschriften des
Werkvertragsrechts (§ 631 ff.
BGB) anzuwenden, weil die Lieferung eines nicht vertretbaren und individuell
für den Einbau in ein bestimmtes Gebäude angefertigten Kunstwerks für eine
Vergütung von insgesamt 70.000 € vereinbart war. Ein Werkvertrag liegt vor,
wenn nicht die Pflicht zur Eigentumsübertragung der Einzelteile, sondern die
fachgerechte Einfügung dieser Gegenstände in ein Gebäude im Vordergrund steht
(vgl. BGH, Beschluss vom 16. April 2013 – VIII
ZR 375/11
, juris Rn. 7 mwN; Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3.
Aufl., § 650 BGB Rn. 37 ff.).
Vorliegend stand für die Parteien nicht die Lieferung der einzelnen Teile der
Installation, sondern die künstlerische Konzeption und deren von der Klägerin
zu erbringende Realisierung im Vordergrund. Es handelte sich dabei nicht um
einen Werklieferungsvertrag im Sinne von § 651 Satz
3 BGB aF, weil der Schwerpunkt der Verpflichtung der Klägerin nicht in der
Lieferung und Übereignung einer beweglichen Sache, sondern in der Realisierung
des individuellen künstlerischen Einbaus des auf ihrer geistigen Leistung
beruhenden Kunstwerks in das Bauwerk lag (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 78. Aufl., §
650 Rn. 4 f.; Schack, Kunst und Recht aaO Rn. 447; Staudinger/Peters/Jacoby,
BGB [2014], § 651 Rn. 16).
c) Das Berufungsgericht ist zutreffend von der Anwendbarkeit
der dreijährigen Regelverjährung des § 195 BGB ausgegangen,
die am Schluss des Jahres der die Fälligkeit des Werklohnanspruchs begründenden
Abnahme (§ 641BGB) des Werks beginnt
(§ 199 Abs.
1 Nr. 1 BGB). Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg gegen die Annahme des
Berufungsgerichts, die Beklagte habe das Werk vor dem Jahr 2011 konkludent
abgenommen.
aa) Eine Abnahme im Sinne von § 641 BGB kann auch
konkludent erklärt werden. Eine konkludente Abnahmeerklärung liegt vor, wenn
der Besteller dem Hersteller gegenüber durch schlüssiges Verhalten erkennen
lässt, dass er dessen Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß billigt und
entgegennimmt. Das Verhalten des Bestellers muss bei Würdigung der
Gesamtumstände seinen Abnahmewillen dem Auftragnehmer gegenüber eindeutig zum
Ausdruck bringen (BGH, Urteil vom 25. Februar 2010 – VII
ZR 64/09
NJW-RR 2010, 748 Rn. 21).
Angesichts der als Konsequenz der Abnahme eintretenden Fälligkeit des
Werklohnanspruchs muss der Unternehmer aus dem Verhalten des Bestellers
grundsätzlich den Schluss ziehen können, dass dieser zur Zahlung des Werklohns
nunmehr bereit ist. Zwar kann eine konkludente Abnahme im Regelfall nur
angenommen werden, wenn aus Sicht des Bestellers alle vertraglich geschuldeten
Leistungen im Wesentlichen erbracht sind. Die Vollendung des Werks oder seine
Mangelfreiheit sind jedoch nicht ausnahmslos Voraussetzung für eine konkludente
Abnahme. Eine solche kann auch vorliegen, wenn die Leistung Mängel hat oder
noch nicht vollständig fertiggestellt ist (BGH, Urteil vom 20. Februar 2014
– VII ZR 26/12VersR
2015, 1257
 Rn. 18). Andererseits reicht die bloße Vollendung eines
beim Besteller zu errichtenden Werks für sich genommen für die Abnahme nicht
aus; hinzukommen muss die Billigung des Werks durch den Besteller als im
Wesentlichen vertragsgerecht (BGH, Urteil vom 29. Juni 1993 – X ZR 60/92NJW-RR 1993, 1461 [juris Rn.
14]). Gemäß § 641 Abs. 1 Satz 2 BGB ist
auch die Teilabnahme einzelner Abschnitte einer Werkleistung möglich, wenn dies
– wie vorliegend – vertraglich vereinbart wurde; dies führt zur Fälligkeit der
auf diesen Teil entfallenden Werklohnforderung.
bb) Auf die Abnahme im Sinne von § 640 Abs.
1 BGB sind die Vorschriften für Rechtsgeschäfte jedenfalls entsprechend
anwendbar (BGH, NJW-RR 1993, 1461 [juris Rn.
14]). Das Verhalten des Bestellers ist entsprechend den für die Auslegung von
empfangsbedürftigen Willenserklärungen geltenden Grundsätzen auszulegen (vgl.
Palandt/Sprau aaO § 640 Rn. 3; BeckOGK/Kögl, Stand 1. November 2018, § 640 BGB
Rn. 14).
Entgegen der Auffassung der Revision kommt es daher für die
Frage der Abnahmereife nicht auf die Beurteilung der Klägerin als Künstlerin
an. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Klägerin nach dem objektiven
Empfängerhorizont aufgrund des Verhaltens der Beklagten davon ausgehen musste,
diese billige das Werk als im Wesentlichen vollständig und vertragsgemäß
geleistet. Deshalb bedurfte es entgegen der Auffassung der Revision für die
Beurteilung der Abnahmereife des Werks keiner Zuziehung eines Sachverständigen.
Die Auslegung des Verhaltens und der Korrespondenz der
Parteien durch das Berufungsgericht als konkludente Abnahme der Beklagten
gehört zu den tatrichterlichen Feststellungen im Sinne von § 559 Abs.
2 ZPO, die der revisionsrechtlichen Prüfung nur im Hinblick darauf unterliegen,
ob das Berufungsgericht gegen grundlegende Auslegungsgrundsätze verstoßen oder
den für die Auslegung relevanten Prozessstoff rechtsfehlerfrei ermittelt hat.
Die Auslegung und Beweiswürdigung muss zudem vollständig und widerspruchsfrei
sein und darf weder gegen Erfahrungssätze noch gegen Denkgesetze verstoßen
(BGH, Urteil vom 22. November 2006 – IV
ZR 21/05
VersR 2007, 1429 Rn. 11).
cc) Die Revision rügt mit Erfolg, die Eröffnung des
öffentlichen Zugangs könne nicht als stillschweigende Abnahme angesehen werden.
Zwar setzt die Abnahme kein Erklärungsbewusstsein des Bestellers oder die
Kenntnis der Wertung seines Verhaltens als Abnahme voraus, sondern nur ein
entsprechendes nach außen tretendes schlüssiges Verhalten (Palandt/Sprau aaO §
640 Rn. 6). Es fehlt jedoch an Feststellungen des Berufungsgerichts, inwiefern
das Öffnen der Räume als rein tatsächliches Geschehen dafür spricht, dass die
Direktion das Werk gegenüber der Klägerin als im Wesentlichen vertragsgemäß
entgegengenommen hat.
Die Würdigung des Berufungsgerichts ist zudem
widersprüchlich. Soll eine Abnahme der Werkabschnitte erst ab dem Zeitpunkt der
im Verlauf der Ausstellung eintretenden objektiven Abnahmereife erfolgt sein,
kann die Freigabe des öffentlichen Zugangs noch keine Billigung als im
Wesentlichen vertragsgerecht darstellen. Aus den bisherigen Feststellungen
ergibt sich nicht, dass die jeweiligen Werkphasen zum Zeitpunkt der jeweiligen
Öffnung des Ausstellungsabschnitts überhaupt ansatzweise fertiggestellt waren.
Der gegebenenfalls im weiteren Verlauf eingetretenen objektiven Abnahmereife
lässt sich für sich allein keine konkludente Billigung als im Wesentlichen vertragsgerecht
durch die Beklagte entnehmen. Wie bereits der Umkehrschluss aus § 640 Abs.
3 BGB ergibt, ist sie für sich genommen weder eine notwendige noch eine
hinreichende Bedingung für eine Abnahme (vgl. BeckOGK/Kögl, Stand 1. November
2018, § 640 BGB Rn. 10).
dd) Die Revision rügt weiterhin mit Erfolg, dass das
Berufungsgericht dem Schreiben der Beklagten vom 22. Dezember 2009 gemäß Anlage
K 21 eine Abnahme entnommen hat. Darin heißt es:
Sehr geehrter Herr Prof. R. , haben Sie herzlichen Dank für
Ihr Schreiben vom 20.11.2009. Gerne schildere ich Ihnen den Stand der seit
Herbst unter der Leitung des Berliner Architektenbüros P. geplanten Sanierung
der Kunsthalle der Stadt Mannheim. Der sog. Athene-Trakt, in welchem sich das
Werk ihrer Mandantin befindet, wird in der Zeit vom 11.01.2010 bis
voraussichtlich Herbst 2012 aufgrund der dringend notwendigen und im Juli
diesen Jahres vom Gemeinderat Mannheim endgültig beschlossenen
Sanierungsmaßnahmen für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sein. Während
dieser Sanierungsphase ist kein bleibender Eingriff in das Werk lhrer Mandantin
in seiner jetzigen Form vorgesehen. Weitergehende Planungen für einen zweiten
Bauabschnitt, die auch den Athene-Trakt betreffen, werden in den ersten
Ansätzen schon jetzt in der Stadt Mannheim und der Öffentlichkeit diskutiert.
(1) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Würdigung dieses
Schreibens findet in dessen Wortlaut keine ausreichende Stütze. Es fehlt zudem
an weiteren Feststellungen, welche dieses Auslegungsergebnis begründen. Ein
solches Vorgehen verstößt gegen den Grundsatz, dass der Tatsachenstoff
vollständig zu würdigen ist (§ 286 ZPO).
Zwar ist die vor dem Hintergrund der geschilderten
Gesamtsituation vorgenommene Auslegung des Schreibens vertretbar, wonach die
Beklagte zum Ausdruck bringt, die Arbeiten an HHole seien abgeschlossen und die
Klägerin solle keine Arbeiten mehr erbringen. Nicht mehr vom Wortlaut der
Erklärung und den übrigen Feststellungen gedeckt ist aber der daraus gezogene
Schluss, die Beklagte habe damit auch die Leistung als vertragsgemäß
entgegengenommen. Im Schreiben wird lediglich der geplante Verlauf der
Sanierung des Gebäudes geschildert und zugesichert, dass das
streitgegenständliche Werk nicht verändert wird. Das Berufungsgericht hat keine
Feststellungen getroffen, die auf eine konkludente Äußerung der Beklagten zur
Vertragsgemäßheit der Leistung schließen lassen.
(2) Zudem fehlten nach den Feststellungen des
Berufungsurteils bei jeder der sechs Werkphasen noch einzelne Elemente. Nach
dem objektiven Empfängerhorizont bei Würdigung des Schreibens vom 22. Dezember
2009 war durchaus denkbar, dass die Beklagte das Werk noch als unvollständig
ansah und gleichwohl keine Fertigstellung wünschte oder dies erst nach
Abschluss der Sanierungsmaßnahmen entscheiden wollte. Zumindest mit dieser
Auslegungsalternative hätte sich das Berufungsgericht befassen müssen. Zu Recht
rügt die Revision, dass nur ein eindeutiges Verhalten des Bestellers als
Abnahme ausgelegt werden darf (vgl. BGH, NJW-RR
2010, 748
 Rn. 21; BeckOGK/Kögl, Stand 1. November 2018, § 640 BGB
Rn. 95). Dem Werkunternehmer muss unter anderem bewusst sein, ob er aufgrund
der erfolgten Abnahme den Werklohn fordern darf oder ob er weiterhin die
Leistungsgefahr trägt. Dies muss insbesondere in einem Fall wie dem
vorliegenden gelten, in dem das geschuldete Werk jedenfalls noch nicht
vollständig fertiggestellt war. Mit den von der Klägerin durchgeführten oder
noch durchzuführenden Arbeiten befasst sich das Schreiben vom 22. Dezember 2009
nicht.
3. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann
auch der Werklohnanspruch für die siebte Werkphase in Höhe von 10.000 € nicht
verneint werden.
a) Soweit das Berufungsgericht den Anspruch mit der
Begründung verneint, die Parteien hätten den Vertrag konkludent dahingehend
abgeändert, dass die siebte Werkphase nicht mehr geschuldet sei, fehlt es schon
an der Feststellung übereinstimmender, auf den Abschluss einer
Aufhebungsvereinbarung gerichteter Willenserklärungen der Parteien. Das
Berufungsgericht begründet seine Annahme mit dem Schreiben der Beklagten vom
22. Dezember 2009, wonach keine Arbeiten an dem Kunstwerk mehr vorgesehen
seien. Eine Reaktion der Klägerin auf dieses Schreiben hinsichtlich des
Kunstwerks ist hingegen nicht festgestellt, so dass es an einer entsprechenden
Erklärung der Klägerin fehlt.
b) Soweit das Berufungsgericht die Klageabweisung auf eine
im Schreiben der Beklagten vom 22. Dezember 2009 liegende Kündigung der siebten
Werkphase im Sinne von § 649 BGB
aF stützt, genügt der festgestellte Sachverhalt nicht den an eine
Kündigungserklärung zu stellenden Anforderungen. Die Kündigung ist eine
einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die als Gestaltungsrecht den
Vertrag für die Zukunft beendet. Der Wille zur Vertragsauflösung muss
hinreichend deutlich erkennbar sein, wobei es ausreicht, wenn der Besteller
unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass er keine weitere Tätigkeit des
Unternehmers mehr wünscht (BeckOGK/Reiter, Stand 1. Juli 2018, § 648 BGB Rn. 12, 17).
Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen die Annahme
einer ausreichend konkreten und hinreichend deutlichen Kündigung nicht. Es
fehlt im Schreiben vom 22. Dezember 2009 schon an einer Bezugnahme auf den
Vertrag und insbesondere die siebte Werkphase. Zudem lässt das Schreiben den
Fortgang der Angelegenheit nach dem Abschluss der Sanierung des Athene-Trakts
ausdrücklich offen.
c) Soweit das Berufungsgericht die Klageabweisung
hinsichtlich der siebten Werkphase darauf stützt, die Leistung sei im Sinne von
§ 645 BGB unmöglich
geworden, ist dies ebenfalls rechtsfehlerhaft. Die Anwendung des § 645Abs. 1 BGB setzt
voraus, dass die zu erbringende Werkleistung – hier: die Fertigstellung der
siebten Werkphase – tatsächlich im Sinne des § 275 Abs. 1 BGB
unmöglich geworden ist (BeckOGK/Molt, Stand 1. November 2018, § 645BGB Rn. 7).
Unmöglichkeit liegt bei einem Werkvertrag vor, wenn die in einem Vertrag
vereinbarte Funktionalität aus Gründen elementarer Naturgesetze oder der Logik
überhaupt nicht erreichbar ist (BeckOGK/Riehm, Stand 1. Dezember 2018, § 275 BGB Rn. 88.1).
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war die Entfernung des gesamten
Kunstwerks zum Zeitpunkt der Klageerhebung lediglich geplant, also noch nicht
vollzogen. Die Klägerin als Schuldnerin der Leistungspflicht hätte also zu
diesem Zeitpunkt die geschuldete Werkleistung in Form der Fertigstellung der
siebten Werkphase tatsächlich noch erbringen können. Es begründet keine
Unmöglichkeit der Leistung, dass die Beklagte als Gläubigerin aufgrund der
geplanten Werkvernichtung kein Interesse mehr an ihr hatte.
C. Danach ist die Revision, soweit sie unzulässig ist, zu
verwerfen. Soweit die Revision zulässig ist, ist das angegriffene Urteil unter
Zurückweisung der Revision im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben,
als hinsichtlich des Klageantrags I.4.1. bis zur Höhe von 66.000 € zum Nachteil
der Klägerin erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache gemäß
§ 563 Abs.
1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der
Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Koch Schaffert Kirchhoff Feddersen Schmaltz Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 24.04.2015 – 7 O 18/14 –
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 26.04.2017 – 6
U 92/15
 –

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BGH – Berechtigte Abmahnung bei beanstandetem Impressum eines Internetauftritts

Der BGH hat im Beschluss
vom 21.11.2018, Az. I ZR 51/18
darauf hingewiesen, dass eine Abmahnung berechtigt
ist, wenn mit ihr das Impressum eines Internetauftritts als wettbewerbswidrig
beanstandet wird, weil es keine Angaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde
enthält. In einem solchen Fall liegt ein spürbarer Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Nr.
3 TMG vor. Bei der Auslegung der Abmahnung kann eine ihr beigefügte, vom
Gläubiger vorformulierte Unterlassungserklärung herangezogen werden. Ergibt
sich daraus, dass der Gläubiger die einzelnen Beanstandungen zum Gegenstand
gesonderter Angriffe macht, wie etwa dann, wenn er im Hinblick auf verschiedene
Werbeaussagen in einer Werbeanzeige gesonderte Unterlassungsansprüche geltend
macht, handelt es sich um gesonderte Angriffe.

Tenor
Der Beklagte wird darauf hingewiesen, dass der Senat
beabsichtigt, seine zugelassene Revision gegen das Urteil des
Oberlandesgerichts Stuttgart – 2. Zivilsenat – vom 22. Februar 2018 gemäß
§ 552a Satz 1 ZPO
zurückzuweisen.
Gründe
I. Die Parteien betätigen sich als Vermittler im Bereich der
Finanzdienstleistungen. Mit Anwaltsschreiben vom 30. März 2016 beanstandete der
Kläger gegenüber dem Beklagten, dass in dessen Internetauftritt verschiedene
nach § 5 TMG vorgeschriebene
Impressumsangaben fehlten, und forderte ihn zur Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung auf. Der Beklagte gab eine Unterlassungserklärung ab,
wies jedoch die Abmahnkostenforderung des Klägers zurück. Diese Forderung in
Höhe einer 1,3-Geschäftsgebühr, berechnet nach einem Gegenstandswert von 5.000
€, macht der Kläger im Streitfall geltend.
Ebenfalls im März 2016 nahm der Beklagte den Kläger vor dem
Landgericht Berlin im Wege der einstweiligen Verfügung wegen Vorgängen im
Zusammenhang mit der Abgabe von Bewertungen auf der Facebook-Seite des Klägers
in Anspruch. Sein Begehren blieb in beiden Instanzen erfolglos. Den auf die
Kosten jenes Verfahrens nicht anrechenbaren Teil der ihm in diesem Zusammenhang
entstandenen vorgerichtlichen Abmahnkosten in Höhe einer 0,65-Geschäftsgebühr,
berechnet nach einem Gegenstandswert von 50.000 €, nebst Auslagen und
Mehrwertsteuer, insgesamt 923,38 €, hält der Beklagte der Klageforderung im
Wege der Hilfsaufrechnung entgegen.
Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 492,54 €
nebst Zinsen verurteilt. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der
Kläger beantragt, verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der Klage
weiter.
II. Der Senat beabsichtigt, die vom Berufungsgericht
zugelassene Revision des Beklagten durch einstimmigen Beschluss gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (dazu II
1). Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (dazu II 2).
1. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen
nicht vor. Insbesondere erfordert die Fortbildung des Rechts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) keine
Entscheidung des Revisionsgerichts.
a) Der Bundesgerichtshof hat die Frage, ob die gegen eine
Wettbewerbshandlung gerichtete, aber mehrere unterschiedliche Aspekte dieser
Wettbewerbshandlung aufgreifende Abmahnung im Sinne des § 12 Abs.
1 Satz 2 UWG in vollem Umfang berechtigt ist, wenn nur einer der in der
Abmahnung genannten Verstöße vorliegt, durch sein nach Abschluss des
vorliegenden Berufungsverfahrens ergangenes Urteil vom 31. Oktober 2018 (I
ZR 73/17
 – Jogginghosen) geklärt. Danach sind, wenn sich der Gläubiger
in einer Abmahnung gegen ein konkret umschriebenes Verhalten wie etwa eine
bestimmte Werbeanzeige wendet, das er unter mehreren Gesichtspunkten als
wettbewerbswidrig beanstandet, die Kosten für die Abmahnung grundsätzlich
bereits dann in vollem Umfang ersatzfähig, wenn sich der Anspruch unter einem
der genannten Gesichtspunkte als begründet erweist.
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
a) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei entschieden,
dass dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz seiner Abmahnkosten
gemäß § 12 Abs.
1 Satz 2 UWG zusteht. Im Streitfall erweist sich die Abmahnung bereits deshalb
als vollumfänglich berechtigt, weil einer der in ihr genannten Verstöße gegen
§ 5 TMG vorliegt.
aa) Die Revision erhebt zu Recht keine Rügen gegen die
Beurteilung des Berufungsgerichts, das Impressum des Internetauftritts des
Beklagten habe entgegen § 5 Abs. 1 Nr. 3 TMG
keine Angaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde enthalten und dieser Verstoß sei
spürbar im Sinne des § 3a UWG gewesen.
bb) Die Abmahnung war damit insgesamt berechtigt, auch wenn
mit ihr das Impressum des Internetauftritts des Beklagten unter mehreren
Aspekten als wettbewerbswidrig beanstandet wurde.
Die Abmahnung war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
gegen eine einheitliche Wettbewerbshandlung, nämlich die Gestaltung des
Internetauftritts des Beklagten, gerichtet. Das Berufungsgericht hat die
Abmahnung mit Blick auf die vom Kläger geforderte Unterlassungserklärung
rechtsfehlerfrei dahin ausgelegt, dass der Kläger nicht jeweils
unterschiedliche Verstöße zum Gegenstand gesonderter Angriffe gemacht hat.
Bei der Auslegung der Abmahnung kann entgegen der Auffassung
der Revision eine ihr beigefügte, vom Gläubiger vorformulierte Unterlassungserklärung
herangezogen werden. Ergibt sich daraus, dass der Gläubiger die einzelnen
Beanstandungen zum Gegenstand gesonderter Angriffe macht, wie etwa dann, wenn
er im Hinblick auf verschiedene Werbeaussagen in einer Werbeanzeige gesonderte
Unterlassungsansprüche geltend macht, handelt es sich um gesonderte Angriffe.
In einem solchen Fall ist die Abmahnung nur insoweit berechtigt und sind die
Kosten der Abmahnung einem Mitbewerber nur insoweit zu ersetzen, wie die
einzelnen Beanstandungen begründet sind (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2018
– I ZR 73/17 Rn. 37 f. –
Jogginghosen). Diese Voraussetzungen für den nur teilweisen Ersatz der
Abmahnkosten liegen im Streitfall nicht vor.
cc) Entgegen der Auffassung der Revision unterliegt die
Annahme eines Gegenstandswerts der Abmahnung von 5.000 € keinen
revisionsrechtlich erheblichen Bedenken.
b) Ohne Erfolg richtet sich die Revision gegen die
Beurteilung der vom Beklagten erklärten Hilfsaufrechnung durch das
Berufungsgericht.
Entgegen der Auffassung der Revision ist die angegriffene
Entscheidung verfahrensfehlerfrei zustande gekommen und weist insbesondere
keinen Begründungsmangel im Sinne des § 547 Nr. 6 ZPO auf.
Das Berufungsgericht hat angenommen, die nach § 529 Abs. 1 Nr.
1 ZPO seiner Entscheidung zugrundezulegenden Feststellungen des Landgerichts
könnten den mit der Hilfsaufrechnung geltend gemachten Anspruch nicht tragen.
Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe
sich nicht mit den materiellrechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs
auseinandergesetzt, sondern lediglich auf die Ausführungen in der vom
Landgericht in Bezug genommenen Entscheidung des Kammergerichts vom 14. Juni
2016 – 5 W 114/16 (unv.) verwiesen. Das Berufungsgericht hat nicht auf diese
Entscheidung verwiesen, sondern eine Bindungswirkung der Feststellungen im
Urteil des Landgerichts gemäß § 529 Abs. 1 Nr.
1 ZPO angenommen. Seine weiteren Ausführungen lassen erkennen, dass es auf der
Grundlage dieser Feststellungen die rechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs
selbst beurteilt und deren Vorliegen verneint hat.
Es steht mit § 529 ZPO in
Einklang, dass das Berufungsgericht die Feststellungen des Landgerichts
hingenommen hat, das auf die Ausführungen in der Entscheidung des
Kammergerichts vom 14. Juni 2016 verwiesen und sich diese zu Eigen gemacht hat.
Der vom Landgericht vorgenommene Verweis auf diesen Beschluss ist
verfahrensrechtlich unbedenklich. Liegt in der Bezugnahme auf eine zwischen
denselben Parteien ergangene Entscheidung kein verfahrensrechtlicher
Begründungsmangel im Sinne des § 547 Nr. 6 ZPO (vgl. [zu
§ 551 Nr. 7 ZPO aF] BGH, Beschluss vom 21.
Dezember 1962 – I ZB 27/62BGHZ 39, 333, 346 – Warmpressen), ist
auch der im Streitfall vom Landgericht vorgenommene Verweis verfahrensrechtlich
nicht zu beanstanden. Anderweitige verfahrensrechtliche Rügen erhebt die
Revision nicht.
3. Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme
innerhalb von drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Schaffert Löffler Schwonke Feddersen Schmaltz Hinweis: Das
Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Vorinstanzen:
LG Ravensburg, Entscheidung vom 20.04.2017 – 4 O 368/16 –
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 22.02.2018 – 2 U 122/17 –

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BGH legt dem EuGH Fragen vor wann eine Telefonnummer verfügbar im Sinne der Muster-Widerrufsbelehrung ist und in der Widerrufsbelehrung anzugeben ist

Der BGH hat dem EuGH mit Beschluss
vom 07.03.2019, Az. I ZR 169/17
,  Fragen
vorgelegt wann eine Telefonnummer „verfügbar“ im Sinne der
Muster-Widerrufsbelehrung ist und in der Widerrufsbelehrung anzugeben ist
Tenor
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur
Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. h und Abs. 4 in Verbindung mit Anhang I
Teil A der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom
25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher (ABl. 2011 L 304, S. 64)
folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist eine Telefonnummer im Sinne des Gestaltungshinweises
zur Muster-Widerrufsbelehrung gemäß Anhang I Teil A der Richtlinie 2011/83/EU
„verfügbar“, wenn der Unternehmer die Telefonnummer im Rahmen des
Impressums nennt oder auf der Startseite seines Internetauftritts klar und
deutlich darstellt?
2. Ist eine Telefonnummer im Sinne des Gestaltungshinweises
zur Muster-Widerrufsbelehrung gemäß Anhang I Teil A der Richtlinie 2011/83/EU
„verfügbar“, wenn der Unternehmer den Telefonanschluss zwar
geschäftlich nutzt, aber nicht für den Abschluss von Fernabsatzverträgen
verwendet und daher auch nicht zur Rückabwicklung von Fernabsatzverträgen in
Form einer Entgegennahme von Widerrufserklärungen vorhält?

Gründe
I. Die Klägerin mahnte den Beklagten, mit dem sie beim
Vertrieb von Erotikartikeln über das Internet in Wettbewerb steht, mit
anwaltlichem Schreiben vom 29. Dezember 2014 wegen der Verwendung einer
fehlerhaften Widerrufsbelehrung und wegen der Werbung mit einem Testergebnis
ab. Sie forderte ihn dabei zur Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung und zur Erstattung der Kosten der Abmahnung in Höhe von
612,80 € auf.
Der Beklagte gab unter dem 8. Januar 2015 eine strafbewehrte
Unterlassungserklärung ab. Mit anwaltlichem Schreiben vom 12. Januar 2015
mahnte er dann seinerseits die Klägerin ab, wobei er beanstandete, diese habe
ihrerseits in der Widerrufsbelehrung in ihrem Internetauftritt keine
Telefonnummer angegeben. Die anwaltlichen Kosten seiner Abmahnung bezifferte er
auf ebenfalls 612,80 € und erklärte mit seinem Kostenerstattungsanspruch die
Aufrechnung gegenüber dem Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin aus deren
Abmahnung vom 29. Dezember 2014.
Die Klägerin hat mit ihrer daraufhin erhobenen Klage die
Feststellung begehrt, dass dem Beklagten die mit der Abmahnung vom 12. Januar
2015 geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung und Kostenerstattung nicht
zustehen. Außerdem hat sie die Bezahlung der Kosten ihrer Abmahnung vom 29.
Dezember 2014 verlangt. Die Klägerin hat dabei vorgetragen, sie habe im
Impressum ihres Internetauftritts die von ihr verwendete Telefonnummer genannt.
Diese Telefonnummer sei zudem im unteren Bereich der Startseite dieses
Internetauftritts dargestellt gewesen.
Der Beklagte hat mit der Widerklage den mit der Abmahnung
vom 12. Januar 2015 verfolgten Unterlassungsanspruch geltend gemacht.
Die Klägerin hat daraufhin ihren Antrag auf Feststellung des
Nichtbestehens dieses Unterlassungsanspruchs für erledigt erklärt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage
stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin im
Wesentlichen zurückgewiesen.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren
Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre in den
Vorinstanzen erfolglosen Anträge zur Klage und zur Widerklage weiter.
II. Für den Erfolg der Revision der Klägerin kommt es darauf
an, ob die im Internetauftritt der Klägerin verwendete und vom Beklagten
beanstandete Widerrufsbelehrung gegen § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB und
Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 in Verbindung mit Anlage 1 EGBGB
verstoßen hat und damit gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG aF wettbewerbswidrig war. Dies
hängt von der Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. h und Abs. 4 in Verbindung
mit Anhang I Teil A der Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher
(nachfolgend: Richtlinie 2011/83/EU) ab. Vor einer Entscheidung über die
Revision ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und
Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union
einzuholen.
1. Dem Verbraucher steht nach § 312g Abs. 1 BGB bei außerhalb von
Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (§ 312b BGB)
und bei Fernabsatzverträgen (§ 312c BGB) ein Widerrufsrecht
gemäß § 355 BGB zu.
Der Unternehmer ist nach § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB und
Art. 246a §
1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB verpflichtet, den Verbraucher über die Bedingungen,
die Fristen und das Verfahren für die Ausübung eines diesem nach § 312g Abs. 1 BGB zustehenden
Widerrufsrechts nach § 355 Abs. 1
BGB zu informieren. Der Unternehmer kann diese Informationspflicht nach
Art. 246a §
1 Abs. 2 Satz 2 EGBGB dadurch erfüllen, dass er das in der Anlage 1 vorgesehene
Muster für die Widerrufsbelehrung zutreffend ausgefüllt in Textform
übermittelt. Die Muster-Widerrufsbelehrung enthält folgenden Hinweis: „Um Ihr
Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns () mittels einer eindeutigen Erklärung
(z.B. ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder E-Mail) über Ihren
Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren.“ In den
Gestaltungshinweisen heißt es zu : „Fügen Sie Ihren Namen, Ihre Anschrift
und, soweit verfügbar, Ihre Telefonnummer, Telefaxnummer und E-Mail-Adresse
ein.“
Die vorgenannten Bestimmungen dienen der Umsetzung von Art.
6 Abs. 1 Buchst. h und Abs. 4 in Verbindung mit Anhang I Teil A der Richtlinie
2011/83/EU ins deutsche Recht und sind daher in Übereinstimmung mit diesen
Vorschriften auszulegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Richtlinie
2011/83/EU nach ihrem Artikel 4 und nach ihrem Erwägungsgrund 7 auf eine
vollständige Harmonisierung der von ihr erfassten Aspekte des
Verbraucherschutzes gerichtet ist. Die Mitgliedstaaten dürfen daher in diesem
Bereich weder strengere noch weniger strenge Rechtsvorschriften
aufrechterhalten oder einführen (BGH, Urteil vom 19. April 2018 – I
ZR 244/16
GRUR 2018, 950 Rn. 18 = WRP
2018, 1069
 – Namensangabe). Die hier in Rede stehenden Vorschriften
der Richtlinie stimmen im Wesentlichen mit den entsprechenden Regelungen des
deutschen Rechts überein und lauten wie folgt:
Bevor der Verbraucher durch einen Vertrag im Fernabsatz oder
einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag gebunden ist,
informiert der Unternehmer den Verbraucher nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. h der
Richtlinie 2011/83/EU im Falle des Bestehens eines Widerrufsrechts über die
Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung dieses Rechts gemäß Art. 11
Abs. 1 der Richtlinie. Diese Informationen können nach Art. 6 Abs. 4 Satz 1 der
Richtlinie 2011/83/EU mittels der Muster-Widerrufsbelehrung gemäß Anhang I Teil
A gegeben werden. Diese Informationspflicht des Unternehmers ist nach Art. 6
Abs. 4 Satz 2 der Richtlinie 2011/83/EU erfüllt, wenn der Unternehmer dieses
Informationsformular zutreffend ausgefüllt dem Verbraucher übermittelt hat. Die
Muster-Widerrufsbelehrung enthält folgenden Hinweis: „Um Ihr
Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns () mittels einer eindeutigen Erklärung
(z.B. ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder E-Mail) über Ihren
Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren.“ In den
Gestaltungshinweisen der Anlage I Teil A heißt es zu : „Fügen Sie Ihren
Namen, Ihre Anschrift und, soweit verfügbar, Ihre Telefonnummer, Faxnummer und
E-Mail-Adresse ein.“
2. Im Streitfall hat die Klägerin zur Erfüllung der
Informationspflichten die Muster-Widerrufserklärung verwandt. Sie hat an der
dafür vorgesehenen Stelle des Informationsformulars keine Telefonnummer
eingefügt, obwohl sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unstreitig
einen geschäftlich genutzten Telefonanschluss unterhält. Dazu hat die Klägerin
nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vorgetragen, sie habe im Rahmen
ihres Impressums eine Telefonnummer genannt; die von ihr verwendete Telefonnummer
sei zudem auf der Startseite ihres Internetauftritts im unteren Bereich klar
und deutlich dargestellt. Ferner hat die Klägerin in der Revisionsbegründung
auf ihren in erster Instanz gehaltenen und vom Beklagten nicht bestrittenen
Vortrag hingewiesen, dass sie keine Verträge am Telefon abschließe; sie ist der
Ansicht, dass sie den Telefonanschluss daher auch nicht zur Rückabwicklung von
Fernabsatzverträgen in Form einer Entgegennahme von Widerrufserklärungen
vorhalten müsse.
a) Es stellt sich daher die Frage, ob eine Telefonnummer im
Sinne des Gestaltungshinweises zur Muster-Widerrufsbelehrung gemäß Anhang I
Teil A der Richtlinie 2011/83/EU „verfügbar“ ist, wenn der
Unternehmer die Telefonnummer im Rahmen des Impressums nennt oder auf der
Startseite seines Internetauftritts klar und deutlich darstellt (Vorlagefrage
1). Nach Auffassung des Senats ist diese Frage zu bejahen.
Ein Unternehmer, der eine Telefonnummer im Rahmen des
Impressums nennt oder auf der Startseite seines Internetauftritts klar und
deutlich darstellt, erweckt damit gegenüber dem Verbraucher den Anschein,
dieser könne über diese Telefonnummer mit ihm Kontakt aufnehmen und gegenüber
ihm Erklärungen abgeben. Stellt ein solcher Unternehmer nicht durch einen
entsprechenden Hinweis klar, dass diese Telefonnummer nicht für die
Entgegennahme von Widerrufserklärungen bestimmt ist, muss er sich an dem von
ihm erweckten Eindruck festhalten lassen, die Telefonnummer könne auch zur
Abgabe von Widerrufserklärungen verwendet werden. Eine solche Telefonnummer ist
dann im Sinne des Gestaltungshinweises zur Muster-Widerrufsbelehrung gemäß
Anhang I Teil A der Richtlinie 2011/83/EU „verfügbar“ und muss an der
dafür vorgesehenen Stelle der Muster-Widerrufsbelehrung eingefügt werden.
b) Ferner stellt sich die Frage, ob eine Telefonnummer im
Sinne des Gestaltungshinweises zur Muster-Widerrufsbelehrung gemäß Anhang I
Teil A der Richtlinie 2011/83/EU „verfügbar“ ist, wenn der
Unternehmer den Telefonanschluss zwar geschäftlich nutzt, aber nicht für den
Abschluss von Fernabsatzverträgen verwendet und daher auch nicht zur
Rückabwicklung von Fernabsatzverträgen in Form einer Entgegennahme von
Widerrufserklärungen vorhält (Vorlagefrage 2). Nach Ansicht des Senats ist auch
diese Frage zu bejahen.
Eine Telefonnummer ist im Sinne des Gestaltungshinweises zur
Muster-Widerrufsbelehrung gemäß Anhang I Teil A der Richtlinie 2011/83/EU
„verfügbar“, wenn der Unternehmer diese Telefonnummer geschäftlich
nutzt. Der Umstand, dass der Unternehmer eine geschäftlich genutzte Telefonnummer
nicht für den Abschluss von Fernabsatzverträgen verwendet, rechtfertigt es
nicht, dass dieser Unternehmer die Telefonnummer nicht für die Entgegennahme
von Widerrufsbelehrungen bereithält.
Nicht gegen die vorstehend vorgenommene Beurteilung sprechen
die Erwägungen, aus denen der Senat es im Vorlagebeschluss
„Rückrufsystem“ als zweifelhaft angesehen hat, ob auch solche
Kommunikationsmittel als im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie
2011/83/EU im Unternehmen vorhanden anzusehen sind, die ausschließlich zu
anderen Zwecken als für den Kontakt zu Verbrauchern im Rahmen des Abschlusses
von Fernabsatzverträgen eingesetzt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober
2017 – I ZR 163/16GRUR
2018, 100
Rn. 19 bis 22 = WRP 2018, 72; beim Gerichtshof der
Europäischen Union anhängig als Rechtssache C-649/17).
Der Senat hat dort angenommen, gegen eine solche Auslegung
des Merkmals „gegebenenfalls“ spreche, dass der Unternehmer in diesem
Fall bei der Aufnahme des Vertriebs im Wege des Fernabsatzes faktisch gehalten
wäre, seine betriebliche Organisation zu ändern und möglicherweise weitere
Mitarbeiter einzustellen, um über die bislang allein der gewerblichen und
behördlichen Kommunikation dienenden Telefon- oder Telefaxanschlüsse auch
Anfragen von Verbrauchern im Zusammenhang mit dem Abschluss von
Fernabsatzverträgen behandeln zu können. Die Annahme einer derart
weitreichenden Informationspflicht führte zwangsläufig zu einem Eingriff in die
gemäß Art. 16 und Art. 17 Abs. 1 der Charta der
Grundrechte der Europäischen Union geschützte betriebliche
Organisationsfreiheit des Unternehmers. Jedenfalls wenn der Unternehmer beim
Abschluss von Fernabsatzverträgen andere Kommunikationsmittel einsetze, die für
sich genommen die Bedürfnisse des Verbrauchers an einer schnellen
Kontaktaufnahme und effizienten Kommunikation im Sinne von Art. 6 Abs. 1
Buchst. c der Richtlinie 2011/83/EU erfüllten, widerspräche es dem in deren
Erwägungsgrund 4 zum Ausdruck kommenden Ziel dieser Richtlinie, ein möglichst
ausgewogenes Verhältnis zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveau und der
Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu gewährleisten, wenn man die Wendung
„gegebenenfalls“ dahin verstünde, dass der Unternehmer über jedes in
seinem Unternehmen bereits vorhandene Kommunikationsmittel unabhängig davon informieren
müsse, ob er dieses im Rahmen der Vermarktung seiner Produkte durch
Fernabsatzverträge einsetze (BGH, GRUR
2018, 100
 Rn. 22 – Rückrufsystem).
Die vom Senat insoweit angesprochene Problematik betrifft
die in Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83/EU geregelten allgemeinen
vorvertraglichen Informationspflichten, die bei möglichen Anfragen von
Verbrauchern im Zusammenhang mit dem Abschluss von Fernabsatzverträgen von dafür
besonders geschulten Mitarbeitern erfüllt werden müssen. Im Streitfall geht es
demgegenüber lediglich um die Inempfangnahme von Widerrufserklärungen im
Unternehmen der Klägerin und deren Dokumentation. Diese Tätigkeiten erfordern
generell keinen höheren Aufwand in dem Unternehmen, an das die
Widerrufserklärung gerichtet ist, als in den Fällen, in denen der Widerruf
durch einen Brief oder durch die Rücksendung der Ware mit einer entsprechenden
begleitenden Erklärung erfolgt. Die Bedenken, die den Senat in der Sache
„Rückrufsystem“ im Blick auf die Frage, ob auch solche
Kommunikationsmittel als im Unternehmen vorhanden anzusehen sind, die der
Unternehmer bislang ausschließlich zu anderen Zwecken wie etwa zur
Kommunikation mit Gewerbetreibenden oder Behörden genutzt hat, zu seinem
Vorabentscheidungsersuchen veranlasst haben, bestehen damit bei der vorliegend
zu beurteilenden Fallgestaltung gerade nicht.
Vorinstanzen:
LG Arnsberg, Entscheidung vom 09.07.2015 – I-8 O 3/15 –
OLG Hamm, Entscheidung vom 10.08.2017 – I-4
U 101/15
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