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Filesharing: Wenn das Bundesverfassungsgericht dem LG München auf die Finger hat ….

sieht das so aus:

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
– 2 BvR 1797/15 –
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn K…,

– Bevollmächtigter:
Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies,
Widenmayerstraße 34, 80538 München –
gegen
das Urteil des Landgerichts München I vom 20. August 2015
– 21 S 3340/14 –
hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des
Bundesverfassungsgerichts durch
den Richter Huber
und die Richterinnen Kessal-Wulf,
König
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung
der
Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 23. September 2016
einstimmig 
beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung
angenommen.
G r ü n d e :
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Schadensersatzpflicht
des Beschwerdeführers wegen unerlaubten Filesharings im Internet.
I.
1. Der Beschwerdeführer, der wie seine Familie Russisch und
Deutsch spricht, wurde von der Inhaberin der umfassenden Nutzungs- und
Verwertungsrechte an dem russischsprachigen Film „Pregnant, aka Beremenniy“
wegen einer über seinen Internetanschluss begangenen Urheberrechtsverletzung in
Form des unbefugten Weitergebens der Filmdatei in einer Tauschbörse
(sogenanntes unerlaubtes Filesharing) auf Schadensersatz verklagt. Konkreter
Streitpunkt im Rahmen der Klage war, ob der Beschwerdeführer als Inhaber des Internetanschlusses
für die geltend gemachten Schäden einzustehen hat.
2. Das Amtsgericht München hat die Klage auf Zahlung von
Schadensersatz und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten mit Urteil
vom 13. Januar 2014 abgewiesen (142 C 15970/13).
3. Auf die Berufung der Klägerin des Ausgangsverfahrens
wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landgerichts München I vom 20. August
2015, dem Beschwerdeführer zugestellt am 27. August 2015, zur Zahlung von
Schadensersatz verurteilt (21 S 3340/14).
a) Zur Begründung wurde darauf abgestellt, dass der
Beschwerdeführer das Recht der Klägerin auf öffentliche Zugänglichmachung des
Films zumindest fahrlässig widerrechtlich verletzt habe. Der
streitgegenständliche Film sei unstreitig über seinen Internetanschluss
hochgeladen worden. Werde ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer
IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer
bestimmten Person zugeteilt sei, so spreche grundsätzlich eine tatsächliche
Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich sei.
Der Beschwerdeführer habe vorgetragen, seinen Internetanschluss seiner Ehefrau
und seinen beiden Töchtern zur Nutzung überlassen zu haben. Es könne offen
bleiben, ob mit diesem Vortrag bereits die tatsächliche Vermutung entkräftet
sein könne, denn jedenfalls habe der Beschwerdeführer die ihm obliegende
sekundäre Darlegungslast nicht erfüllt. Stehe der Beweisführer, wie regelmäßig
der Rechteinhaber in Bezug auf Vorgänge in der Sphäre des Anschlussinhabers, außerhalb
des für seinen Anspruch erheblichen Geschehensablaufs, könne vom Prozessgegner
im Rahmen des Zumutbaren das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache
und die Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände
verlangt werden. Den Inhaber eines Anschlusses treffe insoweit eine sekundäre
Darlegungslast (unter Verweis auf BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 – I ZR 121/08 -,
BGHZ 185, 330 <333>; BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 – I ZR 169/12 -, BGHZ
200, 76 <80>). Dieser genüge er grundsätzlich dann, wenn er vortrage, ob
andere Personen selbständig Zugang zu seinem Internetanschluss gehabt hätten
und als Täter der Rechtsverletzung in Frage kämen. In diesem Umfang sei der
Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet
(unter Verweis auf BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 – I ZR 169/12 -, BGHZ
200, 76 <80 f.>). Eine Umkehr der Beweislast sei mit der sekundären
Beweislast ebenso wenig verbunden wie eine über die prozessuale
Wahrheitspflicht und Erklärungslast gemäß § 138 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO
hinausgehende Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Rechteinhaber alle für
seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (unter Verweis auf
BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 – I ZR 169/12 -, BGHZ 200, 76 <80>). Vorliegend
habe der Beschwerdeführer vorgetragen, zum Tatzeitpunkt nicht zu Hause gewesen
zu sein. Seine Familienmitglieder hätten Zugriff auf das Internet gehabt. Diese
habe er belehrt, dass es strengstens untersagt sei, über den Anschluss illegale
Dateien aus Tauschbörsen zu laden. Er habe alle Familienangehörigen
hinsichtlich des streitgegenständlichen Vorfalls befragt. Sie hätten
bestritten, für den Vorfall verantwortlich zu sein. Auch habe er versucht, zu
überprüfen, ob sich Spuren des Films auf dem Computer befänden, dabei aber
nichts finden können.
b) Sofern der Vortrag des Beschwerdeführers dahingehend zu
verstehen sei, dass er sich die Aussagen seiner Familienangehörigen zu eigen
mache und damit vortrage, weder er noch seine Familienangehörigen hätten die
Rechtsverletzung begangen, sei der Sachvortrag des Beschwerdeführers nicht
plausibel und genüge damit der sekundären Darlegungslast nicht. Denn bei der
vom Internetanschluss des Beschwerdeführers begangenen Rechtsverletzung sei es
denklogisch nicht möglich, dass niemand für diese verantwortlich sei. Dass
unbekannte Dritte die Rechtsverletzung begangen hätten, habe der
Beschwerdeführer nicht substantiiert behauptet. Insoweit habe er lediglich
vortragen lassen, sein Internetanschluss sei durch ein individuelles Passwort
geschützt.
c) Sofern der Vortrag des Beschwerdeführers dahingehend zu
verstehen sei, dass es zwar theoretisch möglich sei, dass seine Ehefrau oder
eine der Töchter die Rechtsverletzung begangen habe, er jedoch hiervon nicht
ausgehe, weil er ihrer Auskunft glaube, er aber nicht mit Sicherheit wisse, ob
die Auskunft zutreffend sei, genüge der Vortrag der sekundären Darlegungslast
ebenfalls nicht. Denn der Vortrag des Beschwerdeführers, dass er seinen
Familienmitgliedern glaube, dass sie die Rechtsverletzung nicht begangen
hätten, und diese daher als Täter (eigentlich) nicht in Betracht kämen, sie
aber dennoch als Täter in Betracht kommen könnten, sei zum einen
widersprüchlich und zum anderen ergebe sich hieraus gerade nicht, dass auch
eine andere Person als der Anschlussinhaber als Täter in Betracht komme. Um der
sekundären Darlegungslast zu genügen, hätte der Beschwerdeführer vielmehr
konkret darlegen müssen, ob und warum seine Ehefrau oder eine seiner Töchter
dennoch – obwohl sie die Rechtsverletzung nicht zugestanden hätten und er ihnen
guten Glauben schenken wolle – als Täter in Betracht kämen. Der
Beschwerdeführer habe im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast vorzutragen,
wer als Täter der Rechtsverletzung in Betracht komme, und sei in diesem Umfang
auch zu Nachforschungen verpflichtet (unter Verweis auf BGH, Urteil vom 8.
Januar 2014 – I ZR 169/12 -, BGHZ 200, 76 <81>). Dieser
Nachforschungspflicht sei der Beschwerdeführer vorliegend jedoch nicht
hinreichend nachgekommen. Er habe sich mit der pauschalen Auskunft seiner
Familienangehörigen begnügt, die im Widerspruch zur feststehenden
Rechtsverletzung über seinen Internetanschluss und zu seiner eigenen
Einlassung, dass er es nicht gewesen sei, stehe. Er habe vorgetragen, seinen
Computer überprüft und darauf keine Spuren des Films gefunden zu haben. Es
fehle jeglicher Vortrag dazu, inwiefern der Computer des Beschwerdeführers
dahingehend überprüft worden sei, ob sich auf ihm eine Software für ein
Tauschbörsenprogramm befunden habe. Der Beschwerdeführer sei daher bei Anlegung
eines gebotenen strengen Maßstabs an den Detailgrad und die Plausibilität des
Sachvortrags der sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen.
d) Die Revision sei nicht zuzulassen gewesen, da die
Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr.
1 ZPO habe und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts nach §
543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO erforderten. Es handle sich um eine Einzelfallentscheidung
unter Anwendung der vom Bundesgerichtshof zuletzt in der Entscheidung vom 8.
Januar 2014 (I ZR 169/12) aufgestellten Grundsätze.
4. Mit Schriftsatz vom 24. September 2015 erhob der
Beschwerdeführer durch seinen Verfahrensbevollmächtigten Verfassungsbeschwerde
gegen das Urteil des Landgerichts München I.
II.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer
eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 3 Abs. 1
GG, weil das Landgericht trotz grundsätzlicher Bedeutung des Rechtsstreits die
Revision nicht zugelassen habe.
Dem Bundesverfassungsgericht lagen die Akten des
Ausgangsverfahrens vor. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz und die
Klägerin des Ausgangsverfahrens hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
III.
1. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist auch begründet.
Das angegriffene Urteil des Landgerichts München I vom 20. August 2015 hat die
Revision unter der Annahme nicht zugelassen, der Umfang der sekundären
Darlegungslast des (beklagten) Inhabers eines Internetanschlusses, von dem aus
eine Urheberrechtsverletzung begangen worden ist, sei bereits zu diesem
Zeitpunkt durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs umfassend und
eindeutig geklärt gewesen. Es hat die maßgebliche Vorschrift des § 543 Abs. 2
Satz 1 ZPO damit in unhaltbarer Weise gehandhabt und den Beschwerdeführer
dadurch in seinem Recht aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt.
a) Wird in einer Entscheidung entgegen den gesetzlichen
Anforderungen die Revision nicht zugelassen, so verstößt dies gegen die
Gewährleistung des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, wenn
sich die Entscheidung insoweit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang
zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 42, 237 <241>; 67,
90 <94 f.>; 87, 282 <284 f.>). Hierfür genügt die
fehlerhafte Handhabung der maßgeblichen Zulassungsvorschriften allein nicht
(vgl. BVerfGE 67, 90 <95>; 87, 282 <284 f.>; BVerfGK 2, 202
<204>). Willkürlich ist eine Entscheidung vielmehr erst dann, wenn sie
unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist (vgl. BVerfGE 4, 1
<7>; 80, 48 <51>). Der Annahme einer willkürlichen Entscheidung
steht es entgegen, wenn sich das Gericht mit der Rechtslage eingehend
auseinandersetzt und seine Rechtsauffassung nicht jedes sachlichen Grundes
entbehrt (vgl. BVerfGE 89, 1 <13 f.>; 96, 189 <203>).
b) Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt das
Urteil des Landgerichts München I vom 20. August 2015 nicht. Die Annahme des
Landgerichts, es liege kein Revisionszulassungsgrund vor, da die Sache weder
grundsätzliche Bedeutung habe, noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur
Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
erforderlich sei, weil die entscheidungserhebliche Rechtsfrage des Umfangs der
sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers in der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs bereits umfassend und eindeutig geklärt sei und die
angegriffene Entscheidung lediglich diese Rechtsprechung anwende, ist – bezogen
auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts München I – nicht haltbar.
Vielmehr war der Umfang der sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers zu
diesem Zeitpunkt offenkundig klärungsbedürftig (vgl. einerseits LG
Braunschweig, Urteil vom 1. Juli 2015 – 9 S 433/14, 9 S 433/14
<59> -, juris, Rn. 38; AG Bielefeld, Urteil vom 6. März 2014 – 42 C
368/13 -, juris, Rn. 12 f.; AG Koblenz, Urteil vom 18. Juni 2014 –
161 C 145/14 -, juris, Rn. 20; LG Hannover, Urteil vom 15. August
2014 – 18 S 13/14 -, juris, Rn. 6 ff.; AG Charlottenburg,
Urteil vom 30. September 2014 – 225 C 112/14 -, juris, Rn. 14 f.; LG
Frankenthal, Urteil vom 30. September 2014 – 6 O 518/13 -, juris, Rn. 28
f.; AG Düsseldorf, Urteil vom 25. November 2014 – 57 C 1312/14 -,
juris, Rn. 14; LG Potsdam, Urteil vom 8. Januar 2015 – 2 O 252/14 -, juris,
Rn. 27 ff.; OLG Hamburg, Beschluss vom 2. Februar 2015 – 5 W 47/13 -,
juris, Rn. 9 f.; vgl. andererseits LG München I, Urteil vom
9. Juli 2014 – 21 S 26548/13 -, juris, Rn. 15; LG München
I, Urteil vom 5. September 2014 – 21 S 24208/13 -, juris, Rn. 30 f.; AG
Düsseldorf, Urteil vom 24. Juli 2014 – 57 C 15659/13 -, juris, Rn.
23) und klärungsfähig (vgl. zur Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 101 Abs.
1 Satz 2 GG: BVerfGK 2, 202 <204>; 19, 364 <366 f.>; BVerfG,
Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Juni 2012 – 2 BvR
1013/11 -, juris, Rn. 40; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten
Senats vom 23. April 2014 – 1 BvR 2851/13 -, juris, Rn. 22).
2. Die Verfassungsbeschwerde ist dennoch nicht zur
Entscheidung anzunehmen. Sie hat weder grundsätzliche Bedeutung, da die
maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits geklärt sind, noch ist sie
zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a
Abs. 2 Buchstabe a und b BVerfGG). Es ist deutlich abzusehen, dass auch im Fall
der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung des Rechtsstreits der Klage
gegen den Beschwerdeführer mit Blick auf die vom Bundesgerichtshof inzwischen
konkretisierten Grundsätze zur sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers
(vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 75/14 -, MMR 2016, S. 131
<132>) stattgegeben würde, so dass dem Beschwerdeführer durch die
Versagung einer Entscheidung zur Sache kein besonders schwerer Nachteil
entsteht (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG; vgl. auch BVerfGE 90, 22 <25
f.>).
a) Das Landgericht München I hat festgestellt, dass der
Vortrag des Beschwerdeführers, sofern er dahingehend zu verstehen sei, dass er
sich die Aussagen seiner Familienangehörigen zu eigen mache und damit vortrage,
weder er noch seine Familienangehörigen hätten die Rechtsverletzung begangen,
nicht plausibel sei und damit der sekundären Darlegungslast nicht genüge.
Sofern der Vortrag des Beschwerdeführers dahingehend zu verstehen sei, dass es zwar
theoretisch möglich sei, dass seine Ehefrau oder eine der Töchter die
Rechtsverletzung begangen habe, er hiervon jedoch nicht ausgehe, weil er ihrer
Auskunft glaube, aber nicht mit Sicherheit wisse, ob die Auskunft zutreffend
sei, genüge der Vortrag der sekundären Darlegungslast ebenfalls nicht. Denn
dieser sei zum einen widersprüchlich und zum anderen ergebe sich hieraus gerade
nicht, dass auch eine andere Person als der Anschlussinhaber als Täter in
Betracht komme. Um der sekundären Darlegungslast zu genügen, hätte der
Beschwerdeführer vielmehr konkret darlegen müssen, ob und warum seine Ehefrau
oder eine seiner Töchter dennoch – obwohl sie die Rechtsverletzung nicht
zugestanden hätten und er ihnen guten Glauben schenken wolle – als Täter in
Betracht kämen. Der Beschwerdeführer habe sich insoweit mit der pauschalen
Auskunft seiner Familienangehörigen begnügt, die im Widerspruch zur
feststehenden Rechtsverletzung über seinen Internetanschluss und zu seiner
eigenen Einlassung, dass er es nicht gewesen sei, stehe. Er habe vorgetragen,
seinen Computer überprüft und darauf keine Spuren des Films gefunden zu haben.
Es fehle jeglicher Vortrag dazu, inwiefern der Computer dahingehend überprüft
worden sei, ob sich auf ihm eine Software für ein Tauschbörsenprogramm befunden
habe.
b) Auch der Bundesgerichtshof geht in seiner die sekundäre
Darlegungslast konkretisierenden Entscheidung vom 11. Juni 2015 davon aus, dass
ein Vortrag des Anschlussinhabers, zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung habe
keine andere Person seinen Internetanschluss benutzen können, die tatsächliche
Vermutung seiner Täterschaft nicht widerlege (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni
2015 – I ZR 75/14 -, MMR 2016, S. 131 <132>). Er erteilte dem
Einwand des dortigen Anschlussinhabers, dass in den Fällen, in denen der
Internetanschluss von mehreren Personen im Haushalt genutzt werde, kein Raum
für eine tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers bestehe,
ausdrücklich eine Absage und stellte dabei klar, dass es nicht auf die
Nutzungsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern konkret auf
die Situation zum Verletzungszeitpunkt ankomme (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni
2015 – I ZR 75/14 -, MMR 2016, S. 131 <132>). Er hat zudem ausdrücklich
festgestellt, dass es im Rahmen der sekundären Darlegungslast nicht ausreichend
sei, dass der Anschlussinhaber nur die eigene Täterschaft in Abrede stelle und
pauschal die bloß theoretische Möglichkeit des Zugriffs von in seinem Haushalt
lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss behaupte (vgl. BGH, Urteil vom
11. Juni 2015 – I ZR 75/14 -, MMR 2016, S. 131 <Leitsatz, 132>).
c) Der Beschwerdeführer hat im Ausgangsverfahren lediglich
seine eigene Täterschaft in Abrede gestellt und entweder gleichzeitig auch die
Täterschaft seiner Familienmitglieder bestritten und damit (konkludent)
abstrakt auf einen trotz der Verschlüsselung des Anschlusses mit einem Passwort
möglichen Zugriff eines Dritten verwiesen oder sich – unter (konkludentem)
Bestreiten des Wahrheitsgehalts von deren Aussage – auf die generell bestehende
Zugriffsmöglichkeit der in seinem Haushalt lebenden Familienangehörigen
berufen. Es fehlen jedoch konkrete Darlegungen zur Möglichkeit, dass ein
unbefugt handelnder Dritter Täter der Rechtsverletzung sein könnte. Zudem wurde
die Möglichkeit einer Tatbegehung durch die Familienangehörigen des
Beschwerdeführers – trotz der unternommenen und mitgeteilten Nachforschungen –
nicht über die allgemein bestehende Möglichkeit einer Internetnutzung durch
diese hinaus konkretisiert. Hierzu hätte es Darlegungen des Beschwerdeführers
zum konkreten Nutzungsverhalten seiner Familienmitglieder zum Tatzeitpunkt oder
zum Vorhandensein von Filesharing-Software auf dem Computer beziehungsweise zu
auffindbaren Spuren des Films auf dem Computer bedurft (vgl. BGH, Urteil vom
11. Juni 2015 – I ZR 75/14 -, MMR 2016, S. 131 <132>).
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3
BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Huber
Kessal-Wulf
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BVerfG: Durchsuchung bei Medienorganen darf nicht vorrangig der Aufklärung möglicher Straftaten von Informanten dienen

Beschlüsse vom 13. Juli 2015
Die Durchsuchung in Redaktionsräumen oder Wohnungen von
Journalisten darf nicht vorrangig dem Zweck dienen, den Verdacht von Straftaten
durch Informanten aufzuklären. Erforderlich sind vielmehr zureichende
tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat der konkret betroffenen
Presseangehörigen, die den Beschlagnahmeschutz nach § 97 Abs. 5 Satz 1
Strafprozessordnung entfallen lässt. Dies hat die 3. Kammer des Ersten Senats
des Bundesverfassungsgerichts mit zwei heute veröffentlichten Beschlüssen
entschieden und Verfassungsbeschwerden eines Journalisten sowie eines
Zeitungsverlags gegen Durchsuchungsmaßnahmen stattgegeben.
Sachverhalt und
Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführer sind ein Journalist sowie ein
Zeitungsverlag. Im Frühjahr 2011 reiste der Journalist nach Amsterdam, um über
das Verschwinden zweier Kinder in den 1990er Jahren zu recherchieren. Dabei
wurde er von dem Polizeioberkommissar N. begleitet, der eine Rechnung über
3.149,07 Euro an die Chefredaktion der Beschwerdeführerin stellte. Sie endet
mit den Worten: „Wegen der Konspirativität in dieser Sache bitte ich um
Barauszahlung“. Auf diese Rechnung stießen die Ermittlungsbehörden im Rahmen
eines Ermittlungsverfahrens gegen N. wegen Geheimnisverrats (§ 353b
Strafgesetzbuch – StGB). N. stand in Verdacht, eine geplante Razzia der
Berliner Polizei im Rockermilieu an Journalisten weitergegeben zu haben. Über
die bevorstehende Razzia hatte jedoch nicht der Zeitungsverlag vorab berichtet,
sondern ein mit diesem nicht in Zusammenhang stehendes Online-Portal.
Im November 2012 wurden das Redaktionsgebäude des
Zeitungsverlags sowie die Privatwohnung des Journalisten wegen des Verdachts
der Bestechung (§ 334 Strafgesetzbuch – StGB) durchsucht. Der
Durchsuchungsbeschluss stützte sich auf eine Zahlung des Journalisten an N. in
Höhe von 100,00 Euro sowie auf die genannte Rechnung. Aufgrund der Heimlichkeit
der Reise, des ungewöhnlich hohen Tagessatzes von 500,00 Euro sowie der Bitte
um konspirative Abrechnung bestehe der Verdacht, dass die von N. für die
Zeitung erledigten Tätigkeiten dienstlichen Bezug hätten. Nach Darstellung der
Beschwerdeführer sei N. jedoch außerhalb seiner Dienstzeit als
Sicherheitsexperte für die Recherchereise nach Amsterdam engagiert worden. Die
100,00 Euro seien N. für den Kauf von zwei Jacken ausgelegt und später von ihm
zurückgezahlt worden.
Wesentliche
Erwägungen der Kammer:
Die Verfassungsbeschwerden sind begründet.
1. Der Schutzbereich der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz
2 GG) ist eröffnet. Sie umfasst den Schutz vor dem Eindringen des Staates in
die Vertraulichkeit der Redaktionsarbeit sowie in die Vertrauenssphäre zwischen
den Medien und ihren Informanten. Dieser Schutz ist unentbehrlich, weil die
Presse auf private Mitteilungen nicht verzichten kann, diese Informationsquelle
aber nur dann fließt, wenn sich der Informant grundsätzlich auf die Wahrung des
Redaktionsgeheimnisses verlassen kann. Eine Durchsuchung in Presseräumen stellt
wegen der damit verbundenen Störung der redaktionellen Arbeit und der
Möglichkeit einer einschüchternden Wirkung eine Beeinträchtigung der
Pressefreiheit dar.
2. Der Eingriff durch die Anordnung der Durchsuchung der
Redaktionsräume und die Beschlagnahme der dort gefundenen Gegenstände ist
verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.
a) Nach Art. 5 Abs. 2 GG findet die Pressefreiheit ihre
Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze. Die Bestimmungen der
Strafprozessordnung (StPO) sind als allgemeine Gesetze anerkannt, müssen
allerdings im Lichte dieser Grundrechtsverbürgung gesehen werden. Es bedarf
einer Zuordnung der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleisteten Freiheit und
des durch die einschränkenden Vorschriften geschützten Rechtsgutes. Eine solche
Zuordnung hat der Gesetzgeber vorgenommen, indem er einerseits die allgemeine
Zeugnispflicht von Medienangehörigen in § 53 Abs. 1 Nr. 5 StPO und
korrespondierend hierzu Beschlagnahmen bei Journalisten und in Redaktionsräumen
in § 97 Abs. 5 Satz 1 StPO eingeschränkt hat, andererseits aber ein
Beschlagnahmeverbot in § 97 Abs. 5 Satz 2, Abs. 2 Satz 3 StPO bei
strafrechtlicher Verstrickung des Zeugen oder der Sache ausgeschlossen hat. Auf
diese Weise hat der Gesetzgeber jedenfalls im Grundsatz einen tragfähigen
Ausgleich zwischen dem Schutz der Institution einer freien Presse auf der einen
Seite und dem legitimen Strafverfolgungsinteresse auf der anderen Seite
geschaffen, wobei offen bleiben kann, ob er den Schutz der Presse und des
Rundfunks weiter hätte ziehen oder stärker hätte beschränken dürfen.
Diese Normen sind nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts allerdings keine abschließenden Regelungen. Auch wenn
§ 97 Abs. 5 Satz 1 StPO nicht anwendbar ist, weil ein Journalist selbst (Mit-)
Beschuldigter ist, bleibt Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG für die Auslegung und
Anwendung der strafprozessualen Normen über Durchsuchungen und Beschlagnahmen
in Redaktionen oder bei Journalisten von Bedeutung.
Im Jahr 2012 hat der Gesetzgeber geregelt, dass
Beihilfehandlungen zum Geheimnisverrat nach Maßgabe des § 353b Abs. 3a StGB
nicht mehr als rechtswidrig anzusehen sind. Strafbar bleiben demgegenüber die
Anstiftung zum Geheimnisverrat sowie Beihilfehandlungen, die der Vollendung der
Haupttat vorausgehen oder über das Entgegennehmen und Veröffentlichen der
Information hinausgehen. Hierzu soll insbesondere die Zahlung von Honorar für
dienstlich erlangte Informationen zu rechnen sein. Unter Berücksichtigung von
Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG kann dies jedoch dann nicht gelten, wenn die
Durchsuchung und Beschlagnahme nicht auf einen konkreten Verdacht gerade
gegenüber den betroffenen Presseangehörigen gestützt ist, sondern dem
vorrangigen oder ausschließlichen Zweck dient, Verdachtsgründe gegen den
Informanten zu finden. Vielmehr erfordert eine Durchsuchung zureichende
tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat, die den Beschlagnahmeschutz des §
97 Abs. 5 Satz 1 StPO entfallen lässt. Ein bloß allgemeiner Verdacht, dass
dienstliche Informationen an die Presse weitergegeben wurden, genügt den
verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht.
b) Im vorliegenden Fall ging es den
Strafverfolgungsbehörden, wie auch in dem angefochtenen landgerichtlichen
Beschluss deutlich wird, zumindest vorwiegend um die Ermittlung belastender
Tatsachen gegen einen Informanten aus Polizeikreisen. Diesem sollen Geldbeträge
für Informationen zu bevorstehenden Ermittlungsmaßnahmen gezahlt worden sein.
Bezogen auf dessen Kontakt zu den Beschwerdeführern handelt es sich jedoch um
bloße Mutmaßungen. Zum einen berichtete nicht der beschwerdeführende
Zeitungsverlag über die bevorstehende Razzia, sondern ein mit diesem nicht
zusammenhängendes Online-Portal. Weder dem Durchsuchungsbeschluss noch der
Beschwerdeentscheidung ist zum anderen zu entnehmen, für welche Informationen
Geld gezahlt worden sein soll. Der Tatbestand der Bestechung verlangt jedoch
schon einfachrechtlich die Vornahme einer hinreichend konkreten Diensthandlung.
In Bezug auf die Beschwerdeführer mangelt es daher an zureichenden tatsächlichen
Anhaltspunkten für eine Straftat, die den Beschlagnahmeschutz entfallen lässt.
Ferner lässt sich aus dem bloßen Umstand, dass der
mitbeschuldigte Polizeibeamte ein auf eine fingierte Person angemeldetes
„Journalisten-Handy“ nutzte, nicht auf einen Tatverdacht der Bestechung gerade
gegen die Beschwerdeführer schließen. Auf dem Handy waren die Namen des
Beschwerdeführers und eines Journalisten des Online-Portals gespeichert. Dies
mag dafür sprechen, dass der Informant dienstliche Geheimnisse an Journalisten
weitergegeben hat. Wegen des in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verankerten
Informantenschutzes rechtfertigt das bloße Interesse der
Strafverfolgungsbehörden, dies zu erfahren, jedoch keine Durchsuchung in den
Redaktionsräumen von Presseorganen, sofern nicht erkennbar ist, dass auch gegen
diese selbst strafrechtlich relevante Vorwürfe zu erheben sind. Was für eine
Weitergabe der Informationen über eine Razzia gerade an den Beschwerdeführer
sprechen soll, obwohl ein anderes Online-Magazin, für das der andere
eingespeicherte Journalist tätig war, über diesbezügliche Ermittlungsmaßnahmen
vorab berichtete, bleibt unklar.

Auch aus dem Vermerk auf der Rechnung lässt sich nicht mit
der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf eine Bestechung schließen. Die
Rechnung bezog sich auf die Reise nach Amsterdam, für deren Ermöglichung sich
der Beamte dienstunfähig gemeldet hatte. Es erscheint daher nicht fernliegend,
dass der Beamte disziplinarrechtliche Konsequenzen wegen der falschen
Krankmeldung und mangelnden Nebentätigkeitsgenehmigung befürchtete. Ein
Verdacht gegenüber den Beschwerdeführern folgt hieraus jedoch nicht.