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BVerG – Verfassungsbeschwerden gegen die Berichterstattung über die Adoptivtöchter eines Fernsehmoderators erfolglos

Die erneute Veröffentlichung von bereits weit verbreiteten
Informationen greift in geringerem Maße in das informationelle
Selbstbestimmungsrecht ein als eine erstmalige Veröffentlichung. Daher müssen
die Adoptivtöchter eines Fernsehmoderators ihre Erwähnung in der
Wortberichterstattung hinnehmen, wenn dieselbe Information bereits in mehreren,
nicht beanstandeten Artikeln veröffentlicht worden war. Dies hat die 3. Kammer
des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit heute veröffentlichtem
Beschluss entschieden und damit die Verfassungsbeschwerden der beiden
Adoptivtöchter eines Fernsehmoderators nicht zur Entscheidung angenommen.
Sachverhalt:
Ein Fernsehmoderator und seine Ehefrau adoptierten in den
Jahren 1997 und 2000 Kinder aus einem sibirischen Waisenhaus, worüber in der
Folgezeit in zahlreichen, auch im Internet zugänglichen
Presseveröffentlichungen berichtet wurde. Im Jahr 2011 erschienen in mehreren
Zeitschriften Artikel über öffentliche Auftritte des Fernsehmoderators. In
diesen Artikeln wurde in jeweils einem Satz unter Nennung des Vornamens und des
Alters erwähnt, dass die beiden Kinder die Adoptivtöchter des Fernsehmoderators
und seiner Ehefrau sind. Die Kinder klagten darauf, den Presseverlagen ihre
Nennung als Adoptivtöchter des Fernsehmoderators zu untersagen. Der
Bundesgerichtshof wies die Klagen letztinstanzlich mit den angegriffenen
Urteilen ab. Mit ihren Verfassungsbeschwerden rügen die Kinder im Wesentlichen
eine Verletzung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2
Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG). 
Wesentliche Erwägungen der Kammer:
Die angegriffenen Entscheidungen verletzen nicht die von
Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte
informationelle Selbstbestimmung der Beschwerdeführerinnen.
1. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung umfasst
die Befugnis der Person, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, ob, wann
und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden.
Allerdings findet die informationelle Selbstbestimmung ihre Grenze insbesondere
in der Meinungs- und Pressefreiheit. Da Kinder und Jugendliche sich erst zu
eigenverantwortlichen Personen entwickeln müssen, sind sie in der Wahrung ihrer
Persönlichkeitsrechte besonders schutzbedürftig. Dabei ist das Schutzbedürfnis
besonders ausgeprägt, wenn sich die Kinder prominenter Eltern weder durch
eigenes Verhalten noch durch ihre Eltern der Öffentlichkeit ausgesetzt haben.
2. Die Abwägungsentscheidung des Bundesgerichtshofs, in der
er der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) den Vorrang gibt, ist
verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Gegenstand der Berichterstattung war ausschließlich eine
Information, die bereits über mehrere Jahre breiten Empfängerkreisen bekannt
gemacht worden war. Vor diesem tatsächlichen Hintergrund begegnet die Folgerung
des Bundesgerichtshofs keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass die erneute
Veröffentlichung der bereits zugänglichen Information in geringerem Maße in die
informationelle Selbstbestimmung der Beschwerdeführerinnen eingreift als eine
erstmalige Veröffentlichung. Darüber hinaus ist nicht erkennbar, dass die
Beschwerdeführerinnen sich als Folge der Berichterstattung speziellen
Verhaltenserwartungen ausgesetzt sehen könnten oder ihnen nicht unbefangen
begegnet werden wird. Da allein Vorname, Abstammung und Alter der
Beschwerdeführerinnen veröffentlicht wurde, ist auch eine optische
Erkennbarkeit der Kinder für die breitere Öffentlichkeit nicht gegeben.