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AG München – Beseitigungs- und Schadensersatzanspruch des Verkäufers bei unzutreffender und falscher Bewertung eines eBay-Händlers

Das AG München  hat mit Urteil
vom 23.09.17, Az. 142 C 12436/16
einen Kunden dazu verurteilt, eine offensichtliche
unrichtige negative Bewertung  eines eBay-Händlers zu löschen.



Dem Händler steht neben dem Beseitigungsanspruch auch ein Schadensersatzanspruch zu.

Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, der Entfernung der von ihm als Kläger
in der von der … International AG durchgeführten Transaktion betreffend die
Artikelnummer … abgegebene negative Bewertung über den in der Auktion als
Verkäufer aufgetretenen Kläger unter dem Namen … auf dem von der …
International AG gestellten Formula „Antrag auf Bewertungslöschung“ zuzustimmen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den außergerichtlichen
Rechtsanwaltsgebühren der Rechtsanwälte … in Höhe von 413,64 EUR
freizustellen.
3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die
Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger
vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden
Betrags leistet.

Tatbestand
Die Parteien streiten über die Lösung einer Bewertung in
Internet-Auktionsportal …
Der Kläger bot auf der …-Platform unter dem Verkäufernamen … einen
… Vollausstattung im Best/Neuzustand keine 100 Betriebsstd.“ unter der
Artikelnummer … zum Verkauf an. In der Beschreibung dazu hieß es „Der 808 MK3
wird in der originalen Verpackung geliefert, …“. Am 12.3.2016 kaufte der
Beklagte, der unter dem Benutzernamen … auftrat, den Artikel zum Preis von
7.500,00 EUR. Das Gerät wurde von dem Kläger an den Beklagten mit der
originalen Verpackung für die konkrete Ware aus dessen Beschaffungszeitpunkt
versandt. Der Beklagte gab auf dem Bewertungsportal über den Kauf folgende
negative Bewertung ab „Keine Originalverpackung, deshalb ist jeglicher Versand
mehr als ein Risiko!!!“. Die Bewertung des Klägers wurde daraufhin von 100 %
auf 97,1 % herabgesetzt. Der Kläger persönlich forderte mehrfach, z.T. mit
Fristsetzung erfolglos den Beklagten zur Rücknahme der Bewertung auf. Mit
Schriftsatz seines Prozessvertreters vom 14.4.2016 forderte der Kläger den
Beklagten zu Löschung der Bewertung unter Fristsetzung bis zum 25.4.2016 sowie
Zahlung der Rechtsanwaltsgebühren auf. Der Beklagte veranlasste keine Löschung
und zahlte keine Rechtsanwaltsgebühren.
Der Kläger behauptet, er habe entsprechend der Angebotsbeschreibung die
Ware in der Originalverpachung übersandt. Geschuldet gewesen sei keine aktuelle
Verpackung der … sondern die Originalverpackung des spezifischen Geräts. Der
Kläger macht geltend die Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von
413,64 EUR berechnet als eine 1,3 Geschäftsgebühr gem. Nr. … VV RVG zuzüglich
Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer aus einer Gegenstandsgebühr von 4.000 EUR
Der Kläger beantragt:
1.
Der Beklagte wird verurteilt, der Entfernung der von ihm als Kläger in
der von der … International AG durchgeführten Transaktion betreffend die
Artikelnummer … abgegebene negative Bewertung über den in der Auktion als
Verkäufer aufgetretenen Kläger unter dem Namen … auf dem von der …
International AG gestellten Formula „Antrag auf Bewertungslöschung“
zuzustimmen.
2.
Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den außergerichtlichen
Rechtsanwaltsgebühren der Rechtsanwälte … in Höhe von 413,64 EUR
freizustellen.
Der Beklagte beantragt,
Klageabweisung
Der Beklagte behauptet, der … sei gegen seinen Willen versandt worden,
er habe dem Kläger mitgeteilt, dass er ihn persönliche abholen oder mit einer
Spedition abholen lassen werde. Darüber habe sich der Kläger mit dem Versand
hinweggesetzt. Die Ware sei nicht im aktuellen Karton von … versandt worden.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Protokolle der
mündlichen Verhandlung, die Schrifsätze der Parteien samt Anlagen sowie den
Akteninhalt im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet
I.
Soweit nach Beendigung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze der
Beklagtenseite eingingen, konnte diese nach § 296 a ZPO nicht mehr
berücksichtigt werden, soweit neuer Tatsachenvortrag enthalten war.
II.
Der Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der Bewertung sowie auf
Freistellung über 413,64 EUR folgt aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB.
1. Im Rahmen des zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrages über
die Taschenlampe trifft den Beklagten die Nebenpflicht, eine wahrheitsgemäße
Bewertung im …-Bewertungsportal über den Kläger und die Transaktion abzugeben
(vgl. AG Erlangen, MMR 2004, 635). Wahrheitsgemäße Bewertungen nach einer …
-Auktion sind ein zentrales Informationsinstrument der Internetplattform …,
da damit anderen potentiellen Käufern Informationen über frühere Käufe und
damit Kenntnisse über den Verkäufer, der ansonsten nicht greifbar ist und
zuweilen lediglich als beliebiger …-Mitgliedsname erscheint, vermittelt
werden. Bewertungen stellen damit quasi eine Kundenempfehlung bzw. Warnung dar.
Daraus ergibt sich ein zentrales Interesse des Verkäufers auf … an einer
zutreffenden Bewertung. Dies spiegelt sich auch in § 6 Abs. 2. der allgemeinen
Geschäftsbedingungen von …, denen sich jedes Mitglied mit Neuanmeldung
unterwirft, wider. Danach besteht eine Pflicht zur wahrheitsgemäßen Angaben und
sachlich gehaltenen Bewertungen. Die Abgabe zutreffender Bewertungen stellt
damit eine vertragliche Nebenpflicht dar, deren Verstoß eine Schadensersatzpflicht
nach § 280 Abs. 1 BGB auslöst (AG München, 21.11.2014, Az 142 C 20535/14).
2. Gegen diese Nebenpflicht hat der Beklagte durch Bewertung der
Transaktion an sich mit Abgabe des Bewertungskommentars „Keine
Originalverpackung, deshalb ist jeglicher Versand mehr als ein Risiko!!!“
verstoßen.
a) Das Gericht hat keinen Zweifel daran, dass der Beklagte die
streitgegenständliche Bewertung abgegeben hat. Zwar behauptet der Beklagte
zunächst pauschal, er habe den Kläger nicht negativ bewertet. Im Hinblick auf
die Kommunikation der Parteien vor der Bewertung, in der über die Originalität
der Verpackung gestritten wird, in der der Beklagte seine negative Bewertung
ankündigt (Anlage K8) und in der sich der Beklagte nach dem Verweis des Klägers
auf die negative Bewertung für seine „schroffe Behauptung“ entschuldigt (Anlage
K3), ist das Gericht überzeugt, dass der Beklagte die Bewertung abgegeben hat.
Zudem hat der Beklagte auf Vorhalt der Bewertung letztlich eingeräumt, dass er
diese abgegeben habe.
b) Geschuldet war dem geschlossenen Kaufvertrag zufolge die „originale
Verpackung“.
aa) Entgegen der Ansicht des Beklagten war damit nicht
Vertragsgegenstand eine aktuelle, d.h. neue Verpackung der Firma … hierbei
würde es sich nämlich nicht um die „originale“ Verpackung für die
streitgegenständliche Ware gehandelt haben. Geschuldet war vielmehr diejenige
Verpackung, die der streitgegenständlichen Ware im Zeitpunkt ihrer Anschaffung
entsprach. Da das Gerät über 20 Jahre alt ist, war damit auch eine entsprechend
alte Verpackung geschuldet. Vertragsgegenstand war nicht die Anschaffung einer
neuen Verpackung für einen Burmester.
bb) Diese originale Verpackung hat der Kläger dem Beklagten übersandt.
Dies hat der Beklagte nicht nur ein seiner Nachricht über die
…-Kommunikationsplatzform vom 20.3.2016, 12.49 Uhr gegenüber dem Kläger
eingeräumt (Anlage K3), wo er schreibt: „Es stimmt mit der Verpackung:: DU
konntest überhaub8t keine andere Verpackung aufweisen, weil Du zur damaligen
Zeit keine andere Verpackung vorhanden war!!“; er hat zudem auf Nachfragen des
Gerichts in seiner persönlichen Anhörung bestätigt, dass die Ware in der
damaligen Originalverpackung von 1987/1988 versandt wurde.
cc) Die Bewertung des Beklagten „keine Originalverpackung“ ist damit
unzutreffend und falsch.
c) Der zweite Teil der Bewertung bezieht sich auf den Versand, der
aufgrund der mangelhaften Verpackung ein Risiko gewesen sein soll.
aa) Eine konkrete Schädigung der Ware hat der Beklagte nicht
nachgewiesen noch vorgetragen.
bb) Der Beklagte hat sich mit der vom Kläger gewählten Verpackungsart
einverstanden erklärt (Nachricht vom 16.3.2016, 13:42, Anlage K7).
cc) Darüber hinaus hat der Beklagte mit seiner Nachricht vom 16.3.2016,
13:42 Uhr (Anlage K10), nach Erhalt der Ware erklärt „808 ist unversehrt und
tollverpackt und gesichert gewesen“. Der Beklagte hat bestätigt, dass er diese
Nachricht übersandt hat, und ausgeführt, die Motivation für diese Nachricht sei
gewesen, „damit der Kläger eine Ruhe gibt und endlich aufhört“. Dies ist für
das Gericht nicht nachvollziehbar, da sich aus dem von den Parteien vorgelegten
Kommunikationsverlauf nicht ergibt, dass der Kläger nach Versand des Geräts
sich von sich aus an den Beklagten gewendet habe. Die Behauptung des Beklagten
ist auch insoweit nicht nachvollziehbar und schlüssig, als dass die Nachricht
mit der Bitte um Berücksichtigung bei weiteren Verkäufen endet („solltest Du
wieder einmal Dich von enem HIFI Denkmal trennen wollen – dann denk bitte an
mich!!“). Dieser Schlusssatz ist nicht vereinbar mit der Behauptung des
Beklagten, die Nachricht sei bloß auf Druck des Klägers geschrieben worden,
zumal der Beklagte im Übrigen keine konkreten Mängel des Geräts schildern kann.
Das Gericht ist somit davon überzeugt, dass die Verpackung nicht risikobehaftet
war.
dd) Die Behauptung des Beklagten in der Bewertung über die
risikobehaftete Verpackung ist damit aufgrund seiner eigenen, unbestrittenen Äußerungen
gegenüber dem Kläger widerlegt.
d) Die Bewertung geht auf die Frage der Versandart nicht ein.
aa) Insoweit ist für die Bewertung ohne Belang, ob der Kläger die vom
Beklagten geforderte Versandart wählte ober nicht.
bb) Darüber hinaus ist das Gericht aufgrund der Beweisaufnahme
überzeugt, dass der Kläger und der Beklagte sich nicht auf eine Abholung der
Ware beim Kläger geeinigt haben. Zwar hätte das Angebot des Klägers eine
derartige Abholung an sich zugelassen – hieß es doch bei Bezahlung „“Barzahlung
bei Abholung“. Allerdings ist die Nachricht des Beklagten vom 16.3.2016, 13:42
Uhr (Anlage K7) als eindeutiges Einverständnis des Beklagten in die Versendung
der Ware anzusehen, erklärt er sich darin doch mit der vorgeschlagenen
Verpackung einverstanden und bittet um Mitteilung der Sendungsnummer. Seine
Ankündigung, das Gerät abzuholen oder es per Spedition abholen zu lassen – die
entsprechende Nachricht hat der Beklagte vorgelegt – steht zeitlich vor seiner
Zustimmung zur vom Kläger gewählten Versandart und war damit zeitlich überholt.
3. Der Pflichtverstoß geschah schuldhaft. Der Beklagte hat selbst
eingeräumt, dass die Verpackung zutreffend war. Als Kenner von derartigen
Geräten, als welcher sich der Beklagte in der mündlichen Verhandlung gegenüber
dem Gericht erwiesen hat, hätte er es jedenfalls wissen müssen, zumal ein
sprechender Schriftwechsel zwischen dem Parteien vorausgegangen war, in dem
über die Originalität der Verpackung gestritten wurde.
4. Aufgrund der Pflichtverletzung hat der Kläger einen Schaden und eine
Beeinträchtigung seiner Rechte erlitten, der in den negativen Auswirkungen der
Bewertung des Beklagten auf das Kaufverhalten anderer …-Nutzer zu sehen ist.
Gerade das Bewertungsprofil eines …-Verkäufers trägt ganz wesentlich dazu
bei, ob und wie viele Käufer mitbieten und wieviel damit letztlich als
Kaufpreis gezahlt wird. Die Abgabe einer Gegenäußerung innerhalb des
…-Bewertungssystems kann diesem Schaden nicht abhelfen, bliebe damit doch die
falsche Bewertung stehen. Wird dieses Profil durch eine negative Bewertung
beeinflusst, ist darin selbst schon der Schaden zu sehen. Es leuchtet ein, dass
bei Vorhandensein mehrerer Anbieter der gleichen Ware derjenige einen Nachteil
hat, der mit einer ungerechtfertigten – negativen Beurteilung belastet ist im
Verhältnis zu nicht oder weniger belasteten Konkurrenten (AG Erlangen, MMR,
2004, 638). Die Bewertung eines Verkäufers ist das Aushängeschild für sein
Gewerbe. Negative Bewertungen führen jedoch dazu, dass ein Käufer vom ersten
Eindruck abgeschreckt ist und einen Verkäufer mit besseren Bewertungen vorzieht
(AG München, Az 142 C 20535/14). Die Abgabe der geforderten Erklärung durch den
Beklagten ist auch erforderlich, da … regelmäßig eine Zustimmung des Urhebers
für die Löschung einer Bewertung verlangt.
a) Die Beeinträchtigung ist hier einerseits die negative Bewertung.
Insoweit besteht ein Beseitigungsanspruch in Gestalt des geltend gemachten
Anspruchs auf Zustimmung zu Löschung der Bewertung … gegenüber.
b) Andererseits besteht ein Schadensersatzanspruch auf die angefallenen
Rechtsanwaltsgebühren, § 249 BGB.
aa)
Den Aufforderungen des Klägers auf Rücknahme der Bewertung mit Fristsetzung war
der Beklagte nicht nachgekommen. Mit Schriftsatz vom 14.4.2016 hat der
Prozessvertreter des Klägers den Beklagten abgemahnt.
bb) Aufgrund der ersichtlich falschen Bewertung, in der der Beklagte
bewusst zu Unrecht eine fehlende Originalverpackung rügt und im Widerspruch zu
seiner vorherigen Nachricht über die Qualität der Verpackung, diese
beanstandet, sowie den Umstand dass aufgrund dieser Bewertung unbestritten eine
Herabstufung der Bewertung des Klägers von 100 % auf 97,1 % stattgefunden hat,
erachtet das Gericht einen Gegenstandswert von 4.000,00 EUR für angemessen (§ 287
ZPO. Dies gilt auch deshalb, weil der Kläger bereits 465 weitere Bewertungen,
die allesamt positiv waren, erhalten hat.
cc) Gegen die 1,3 Geschäftsgebühr sprechen keine Bedenken.
III.
Der geltend gemachte Anspruch auf Abgabe der Erklärung sowie
Freistellung ergibt sich überdies aus §§ 1004 i.V.m. § 823 i.V.m. dem Recht auf
den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sowie §§ 1004, 824 BGB. Durch
die inhaltlich falsche Bewertung, die negative Auswirkungen auf die
Verkaufspraxis des Klägers hat, hat der Beklagte den Geschäftsbetrieb des
Klägers geschädigt und seinen Kredit gefährdet.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.