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BGH: Framing zulässig, wenn der Rechtsinhaber die geschützen Inhalte für alle Internetnutzer zugänglich macht

Framing stellt keine Urheberrechtsverletzung dar, wenn
die urheberrechtlichen geschützten Inhalte auf einer anderen Internetseite mit
Zustimmung des Rechtsinhabers für alle Internetnutzer zugänglich sind.

Der Betreiber einer Internetseite begeht keine
Urheberrechtsverletzung, wenn er urheberrechtlich geschützte Inhalte, die auf
einer anderen Internetseite mit Zustimmung des Rechtsinhabers für alle
Internetnutzer zugänglich sind, im Wege des “Framing” in seine eigene
Internetseite einbindet.


So die nachfolgende Pressemitteilung
des BGH.


Nr. 114/2015

Bundesgerichtshof
zur urheberrechtlichen Zulässigkeit des „Framing“


Urteil
vom 9. Juli 2015 – I ZR 46/12 – Die Realität II

Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat
des Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass der Betreiber einer Internetseite
keine Urheberrechtsverletzung begeht, wenn er urheberrechtlich geschützte
Inhalte, die auf einer anderen Internetseite mit Zustimmung des Rechtsinhabers
für alle Internetnutzer zugänglich sind, im Wege des „Framing“ in
seine eigene Internetseite einbindet.

Die Klägerin, die Wasserfiltersysteme herstellt und
vertreibt, ließ zu Werbezwecken einen etwa zwei Minuten langen Film mit dem
Titel „Die Realität“ herstellen, der sich mit der Wasserverschmutzung
befasst. Sie ist Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen
Nutzungsrechte an diesem Film. Der Film war – nach dem Vorbringen der Klägerin
ohne ihre Zustimmung – auf der Videoplattform „YouTube“ abrufbar.

Die beiden Beklagten sind als selbständige
Handelsvertreter für ein mit der Klägerin im Wettbewerb stehendes Unternehmen
tätig. Sie unterhalten jeweils eigene Internetseiten, auf denen sie für die von
ihnen vertriebenen Produkte werben. Im Sommer 2010 ermöglichten sie den
Besuchern ihrer Internetseiten, das von der Klägerin in Auftrag gegebene Video
im Wege des „Framing“ abzurufen. Bei einem Klick auf einen Link wurde
der Film vom Server der Videoplattform „YouTube“ abgerufen und in
einem auf den Webseiten der Beklagten erscheinenden Rahmen („Frame“)
abgespielt.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagten hätten das
Video damit unberechtigt öffentlich zugänglich gemacht. Sie hat die Beklagten
daher auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß zur
Zahlung von Schadensersatz in Höhe von je 1.000 € an die Klägerin verurteilt.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision
begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der
Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das
Berufungsgericht zurückverwiesen.

Das Berufungsgericht hat, so der BGH, mit Recht
angenommen, dass die bloße Verknüpfung eines auf einer fremden Internetseite
bereitgehaltenen Werkes mit der eigenen Internetseite im Wege des
„Framing“ kein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne des § 19a
UrhG** darstellt, weil allein der Inhaber der fremden Internetseite darüber
entscheidet, ob das auf seiner Internetseite bereitgehaltene Werk der Öffentlichkeit
zugänglich bleibt. Eine solche Verknüpfung verletzt auch bei einer im Blick auf
Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte
des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der
Informationsgesellschaft*** gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des § 15
Abs. 2 UrhG* grundsätzlich kein unbenanntes Verwertungsrecht der öffentlichen
Wiedergabe. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf das im vorliegenden
Rechtsstreit eingereichte Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs
ausgeführt, es liege keine öffentliche Wiedergabe vor, wenn auf einer
Internetseite anklickbare Links zu Werken bereitgestellt würden, die auf einer
anderen Internetseite mit Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber für alle
Internetnutzer frei zugänglich seien. Das gelte auch dann, wenn das Werk bei
Anklicken des bereitgestellten Links in einer Art und Weise erscheine, die den
Eindruck vermittele, dass es auf der Seite erscheine, auf der sich dieser Link
befinde, obwohl es in Wirklichkeit einer anderen Seite entstamme.
Den Ausführungen des EuGH ist nach Ansicht des BGH
allerdings zu entnehmen, dass in solchen Fällen eine öffentliche Wiedergabe
erfolgt, wenn keine Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers vorliegt. Danach hätten
die Beklagten das Urheberrecht am Film verletzt, wenn dieser ohne Zustimmung
des Rechtsinhabers bei „YouTube“ eingestellt war. Dazu hat das
Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Der BGH hat deshalb das
Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen,
damit dieses die erforderlichen Feststellungen treffen kann.
Der Bundesgerichtshof hat erwogen, das Verfahren bis zur
Entscheidung des Gerichtshofs in dem vom Hoge Raad der Niederlande am 7. April
2015 eingereichten Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache C-160/15 – GS
Media BV/Sanoma Media Netherlands BV u.a. auszusetzen. Der Hoge Raad hat dem
EuGH die Frage vorgelegt, ob von einer öffentlichen Wiedergabe auszugehen ist,
wenn das Werk auf der anderen Internetseite ohne Zustimmung des Rechtsinhabers
zugänglich gemacht worden ist. Der BGH hat gleichwohl von einer Aussetzung des
Verfahrens abgesehen. Mit einer Entscheidung des EuGH in dem ihm vom Hoge Raad
vorgelegten Verfahren ist frühestens in einem Jahr zu rechnen. Auf die dem EuGH
in jenem Verfahren gestellte Frage kommt es im vorliegenden Verfahren nur an,
wenn der Film ohne Zustimmung des Rechtsinhabers bei „YouTube“
eingestellt war. Es ist daher nicht angebracht, das Verfahren ohne Klärung der
Frage auszusetzen, ob der Film ohne Zustimmung des Rechtsinhabers bei
„YouTube“ eingestellt war.

EuGH
– Beschluss vom 21. Oktober 2014 – C-348/13
, GRUR 2014, 1196 = WRP 2014,
1441 – BestWater International/Mebes und Potsch

BGH –
Beschluss vom 16. Mai 2013 – I ZR 46/12
, GRUR 2013, 818 = WRP 2013,
1047 – Die Realität I,

OLG München –
Urteil vom 16. Februar 2012
– 6 U 1092/11, ZUM-RD 2013, 398

Karlsruhe, den 9. Juli 2015

*§ 15
Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2 UrhG
Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein
Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen
Wiedergabe). Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere […] das
Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a).
**§
19a UrhG
Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das
Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise
zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu
Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.

***Art.
3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG
Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern das
ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche
Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der
Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu
Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten.

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501
Quelle: Pressemitteilung BGH