Der
u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshof hat
heute entschieden, dass das urheberrechtliche Verbreitungsrecht das Recht
umfasst, das Original oder Vervielfältigungsstücke eines Werkes der
Öffentlichkeit zum Erwerb anzubieten.
u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshof hat
heute entschieden, dass das urheberrechtliche Verbreitungsrecht das Recht
umfasst, das Original oder Vervielfältigungsstücke eines Werkes der
Öffentlichkeit zum Erwerb anzubieten.
Die
Klägerin im Verfahren I ZR 91/11 ist Inhaberin der ausschließlichen
urheberrechtlichen Nutzungsrechte an Möbeln nach Entwürfen von Marcel Breuer
und Ludwig Mies van der Rohe. Die Beklagte ist eine in Italien ansässige
Gesellschaft, die europaweit Designmöbel im Direktvertrieb vermarktet. Sie
wirbt auf ihrer in deutscher Sprache abrufbaren Internetseite und in
Deutschland erscheinenden Tageszeitungen, Zeitschriften und Werbeprospekten für
den Kauf ihrer Möbel mit dem Hinweis: Sie erwerben Ihre Möbel bereits in
Italien, bezahlen aber erst bei Abholung oder Anlieferung durch eine
inkassoberechtigte Spedition (wird auf Wunsch von uns vermittelt). Zu den
Möbeln gehören auch Nachbildungen der von Marcel Breuer entworfenen Möbel. Die
Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte verletze mit ihrer Werbung das Recht des
Urhebers nach § 17 Abs. 1 Fall
1 UrhG*, Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten.
Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch. Das
Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne
Erfolg geblieben. Mit der vom BGH zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte
ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Klägerin im Verfahren I ZR 91/11 ist Inhaberin der ausschließlichen
urheberrechtlichen Nutzungsrechte an Möbeln nach Entwürfen von Marcel Breuer
und Ludwig Mies van der Rohe. Die Beklagte ist eine in Italien ansässige
Gesellschaft, die europaweit Designmöbel im Direktvertrieb vermarktet. Sie
wirbt auf ihrer in deutscher Sprache abrufbaren Internetseite und in
Deutschland erscheinenden Tageszeitungen, Zeitschriften und Werbeprospekten für
den Kauf ihrer Möbel mit dem Hinweis: Sie erwerben Ihre Möbel bereits in
Italien, bezahlen aber erst bei Abholung oder Anlieferung durch eine
inkassoberechtigte Spedition (wird auf Wunsch von uns vermittelt). Zu den
Möbeln gehören auch Nachbildungen der von Marcel Breuer entworfenen Möbel. Die
Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte verletze mit ihrer Werbung das Recht des
Urhebers nach § 17 Abs. 1 Fall
1 UrhG*, Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten.
Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch. Das
Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne
Erfolg geblieben. Mit der vom BGH zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte
ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Die
Klägerin im Verfahren I ZR 76/11 ist Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen
Nutzungsrechte an Leuchten nach Entwürfen von Prof. Wilhelm Wagenfeld. Sie
produziert und vertreibt die sogenannte Wagenfeld-Leuchte. Bei der Beklagten
handelt es sich um das auch im Verfahren I ZR 91/11 beklagte Unternehmen. Sie
bringt Nachbildungen der Wagenfeld-Leuchte auf den Markt. Sie wirbt
deutschsprachig im Internet und in Printmedien unter wörtlicher oder bildlicher
Bezugnahme auf die Wagenfeld-Leuchte mit der Möglichkeit des Bezugs einer
derartigen Leuchte in Italien. Die Werbung enthält den Hinweis, dass deutsche
Kunden die Leuchte unmittelbar oder zu Händen eines Spediteurs zur Mitnahme
nach Deutschland übereignet erhalten können. Die Klägerin ist der Ansicht, die
Werbung der Beklagten greife in das Recht des Urhebers zum öffentlichen
Anbieten im Sinne von § 17
Abs. 1 Fall 1 UrhG ein. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung und
Schadensersatz in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die
Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Bundesgerichtshof
zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Klägerin im Verfahren I ZR 76/11 ist Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen
Nutzungsrechte an Leuchten nach Entwürfen von Prof. Wilhelm Wagenfeld. Sie
produziert und vertreibt die sogenannte Wagenfeld-Leuchte. Bei der Beklagten
handelt es sich um das auch im Verfahren I ZR 91/11 beklagte Unternehmen. Sie
bringt Nachbildungen der Wagenfeld-Leuchte auf den Markt. Sie wirbt
deutschsprachig im Internet und in Printmedien unter wörtlicher oder bildlicher
Bezugnahme auf die Wagenfeld-Leuchte mit der Möglichkeit des Bezugs einer
derartigen Leuchte in Italien. Die Werbung enthält den Hinweis, dass deutsche
Kunden die Leuchte unmittelbar oder zu Händen eines Spediteurs zur Mitnahme
nach Deutschland übereignet erhalten können. Die Klägerin ist der Ansicht, die
Werbung der Beklagten greife in das Recht des Urhebers zum öffentlichen
Anbieten im Sinne von § 17
Abs. 1 Fall 1 UrhG ein. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung und
Schadensersatz in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die
Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Bundesgerichtshof
zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Die
Beklagte im Verfahren I ZR 88/13 betreibt im Internet einen Tonträgerhandel. Am
30. November 2011 war auf der Internetverkaufsseite der Beklagten die DVD
„Al Di Meola – In Tokio (Live)“ eingestellt. Die auf der DVD
befindliche Aufnahme war vom aufführenden Künstler Al Di Meola nicht
autorisiert worden (sog. Schwarzpressung). Die Klägerin, eine
Rechtsanwaltskanzlei, mahnte die Beklagte im Auftrag des Künstlers ab. Sie ist
der Ansicht, das Anbieten der DVD verletze das Verbreitungsrecht des ausübenden
Künstlers aus § 77 Abs. 2 Satz
1 Fall 2 UrhG**. Die Beklagte entfernte zwar das Angebot von ihrer
Internetseite und gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab; sie
weigerte sich jedoch, die Kosten der Abmahnung zu erstatten. Die Klägerin nimmt
die Beklagte auf Erstattung der Abmahnkosten in Anspruch. Das Amtsgericht hat
der Klage stattgegeben. Die Berufung hatte keinen Erfolg. Mit ihrer vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf
Abweisung der Klage weiter.
Beklagte im Verfahren I ZR 88/13 betreibt im Internet einen Tonträgerhandel. Am
30. November 2011 war auf der Internetverkaufsseite der Beklagten die DVD
„Al Di Meola – In Tokio (Live)“ eingestellt. Die auf der DVD
befindliche Aufnahme war vom aufführenden Künstler Al Di Meola nicht
autorisiert worden (sog. Schwarzpressung). Die Klägerin, eine
Rechtsanwaltskanzlei, mahnte die Beklagte im Auftrag des Künstlers ab. Sie ist
der Ansicht, das Anbieten der DVD verletze das Verbreitungsrecht des ausübenden
Künstlers aus § 77 Abs. 2 Satz
1 Fall 2 UrhG**. Die Beklagte entfernte zwar das Angebot von ihrer
Internetseite und gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab; sie
weigerte sich jedoch, die Kosten der Abmahnung zu erstatten. Die Klägerin nimmt
die Beklagte auf Erstattung der Abmahnkosten in Anspruch. Das Amtsgericht hat
der Klage stattgegeben. Die Berufung hatte keinen Erfolg. Mit ihrer vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf
Abweisung der Klage weiter.
Der
Bundesgerichtshof hat die Revision in allen drei Verfahren zurückgewiesen. Da
es sich bei dem Verbreitungsrecht des Urhebers um nach Art. 4 Abs. 1 der
Richtlinie 2001/29/EG harmonisiertes Recht handelt, ist die Bestimmungen
der § 17 Abs. 1 UrhG
richtlinienkonform auszulegen. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf
Vorlage des Bundesgerichtshofs entschieden, Art. 4 Abs. 1 der
Richtlinie 2001/29/EG sei dahin auszulegen, dass der Inhaber des
ausschließlichen Verbreitungsrechts an einem geschützten Werk Angebote zum
Erwerb oder gezielte Werbung in Bezug auf das Original oder auf
Vervielfältigungsstücke des Werkes auch dann verbieten könne, wenn nicht
erwiesen sein sollte, dass es aufgrund dieser Werbung zu einem Erwerb des
Schutzgegenstands durch einen Käufer aus der Union gekommen sei, sofern die
Werbung die Verbraucher des Mitgliedstaats, in dem das Werk urheberrechtlich
geschützt sei, zu dessen Erwerb anrege. Entsprechendes gilt für den Inhaber des
ausschließlichen Rechts des ausübenden Künstlers nach § 77 Abs. 2 Satz 1 UrhG (Art.
9 Abs. 1 Buchst. a Richtlinie 2006/115/EG****), den Bild- oder Tonträger,
auf den die Darbietung des ausübenden Künstlers aufgenommen worden ist, zu verbreiten.
Bundesgerichtshof hat die Revision in allen drei Verfahren zurückgewiesen. Da
es sich bei dem Verbreitungsrecht des Urhebers um nach Art. 4 Abs. 1 der
Richtlinie 2001/29/EG harmonisiertes Recht handelt, ist die Bestimmungen
der § 17 Abs. 1 UrhG
richtlinienkonform auszulegen. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf
Vorlage des Bundesgerichtshofs entschieden, Art. 4 Abs. 1 der
Richtlinie 2001/29/EG sei dahin auszulegen, dass der Inhaber des
ausschließlichen Verbreitungsrechts an einem geschützten Werk Angebote zum
Erwerb oder gezielte Werbung in Bezug auf das Original oder auf
Vervielfältigungsstücke des Werkes auch dann verbieten könne, wenn nicht
erwiesen sein sollte, dass es aufgrund dieser Werbung zu einem Erwerb des
Schutzgegenstands durch einen Käufer aus der Union gekommen sei, sofern die
Werbung die Verbraucher des Mitgliedstaats, in dem das Werk urheberrechtlich
geschützt sei, zu dessen Erwerb anrege. Entsprechendes gilt für den Inhaber des
ausschließlichen Rechts des ausübenden Künstlers nach § 77 Abs. 2 Satz 1 UrhG (Art.
9 Abs. 1 Buchst. a Richtlinie 2006/115/EG****), den Bild- oder Tonträger,
auf den die Darbietung des ausübenden Künstlers aufgenommen worden ist, zu verbreiten.
Danach
verletzt die beanstandete Werbung in den Verfahren I ZR 91/11 und I ZR 76/11
das ausschließliche Recht zur Verbreitung von Vervielfältigungsstücken der in
Deutschland als Werke der angewandten Kunst geschützten Modelle der Möbel von
Marcel Breuer, Ludwig Mies van der Rohe und der Wagenfeld-Leuchte. Bei der
Werbung handelt es sich um eine gezielte Werbung in Bezug auf
Vervielfältigungsstücke der Möbelmodelle und des Leuchtenmodells, die die
Verbraucher in Deutschland zu deren Erwerb anregt. Sie kann daher auch dann
verboten werden, wenn es aufgrund dieser Werbung nicht zu einem Erwerb solcher
Möbel durch Käufer aus der Union gekommen sein sollte. Desgleichen stellt im
Verfahren I ZR 88/13 das Einstellen der DVD auf einer Internetverkaufsplattform,
durch das zum Erwerb des Vervielfältigungsstücks eines Bildtonträgers
aufgefordert wird, auf den die Darbietung des ausübenden Künstlers Al Di Meola
aufgenommen worden ist, ein das Verbreitungsrecht des ausübenden Künstlers
verletzendes Angebot an die Öffentlichkeit dar.
verletzt die beanstandete Werbung in den Verfahren I ZR 91/11 und I ZR 76/11
das ausschließliche Recht zur Verbreitung von Vervielfältigungsstücken der in
Deutschland als Werke der angewandten Kunst geschützten Modelle der Möbel von
Marcel Breuer, Ludwig Mies van der Rohe und der Wagenfeld-Leuchte. Bei der
Werbung handelt es sich um eine gezielte Werbung in Bezug auf
Vervielfältigungsstücke der Möbelmodelle und des Leuchtenmodells, die die
Verbraucher in Deutschland zu deren Erwerb anregt. Sie kann daher auch dann
verboten werden, wenn es aufgrund dieser Werbung nicht zu einem Erwerb solcher
Möbel durch Käufer aus der Union gekommen sein sollte. Desgleichen stellt im
Verfahren I ZR 88/13 das Einstellen der DVD auf einer Internetverkaufsplattform,
durch das zum Erwerb des Vervielfältigungsstücks eines Bildtonträgers
aufgefordert wird, auf den die Darbietung des ausübenden Künstlers Al Di Meola
aufgenommen worden ist, ein das Verbreitungsrecht des ausübenden Künstlers
verletzendes Angebot an die Öffentlichkeit dar.
I ZR 91/11
BGH, Urteil vom 5.
November 2015 – I ZR 91/11 – Marcel-Breuer-Möbel II
November 2015 – I ZR 91/11 – Marcel-Breuer-Möbel II
OLG Hamburg – Urteil
vom 27. April 2011 – 5 U 26/09
vom 27. April 2011 – 5 U 26/09
und
I ZR 76/11
BGH, Urteil vom 5.
November 2015 – I ZR 76/11 – Wagenfeld-Leuchte II
November 2015 – I ZR 76/11 – Wagenfeld-Leuchte II
OLG Hamburg, Urteil vom
30. März 2011 – 5 U 207/08
30. März 2011 – 5 U 207/08
LG Hamburg, Urteil vom
12. September 2008 – 308 O 506/05
12. September 2008 – 308 O 506/05
und
I ZR 88/13
BGH, Urteil vom 5. November 2015 – I ZR 88/13 – Al Di
Meola
Meola
AG Hamburg, Urteil vom
13. September 2012 – 35a C 159/12
13. September 2012 – 35a C 159/12
Karlsruhe, den 5.
November 2015
November 2015
Das Verbreitungsrecht
ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der
Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen.
ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der
Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen.
Der ausübende Künstler
hat das ausschließliche Recht, den Bild- oder Tonträger, auf den seine
Darbietung aufgenommen worden ist, zu vervielfältigen und zu verbreiten.
hat das ausschließliche Recht, den Bild- oder Tonträger, auf den seine
Darbietung aufgenommen worden ist, zu vervielfältigen und zu verbreiten.
Die Mitgliedstaaten
sehen vor, dass den Urhebern in Bezug auf das Original ihrer Werke oder auf
Vervielfältigungsstücke davon das ausschließliche Recht zusteht, die
Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form durch Verkauf oder auf
sonstige Weise zu erlauben oder zu verbieten.
sehen vor, dass den Urhebern in Bezug auf das Original ihrer Werke oder auf
Vervielfältigungsstücke davon das ausschließliche Recht zusteht, die
Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form durch Verkauf oder auf
sonstige Weise zu erlauben oder zu verbieten.
Die Mitgliedstaaten
sehen das ausschließliche Recht, die in den Buchstaben a bis d genannten
Schutzgegenstände sowie Kopien davon der Öffentlichkeit im Wege der Veräußerung
oder auf sonstige Weise zur Verfügung zu stellen (nachstehend
„Verbreitungsrecht“ genannt), wie folgt vor a) für ausübende Künstler
in Bezug auf die Aufzeichnungen ihrer Darbietungen.
sehen das ausschließliche Recht, die in den Buchstaben a bis d genannten
Schutzgegenstände sowie Kopien davon der Öffentlichkeit im Wege der Veräußerung
oder auf sonstige Weise zur Verfügung zu stellen (nachstehend
„Verbreitungsrecht“ genannt), wie folgt vor a) für ausübende Künstler
in Bezug auf die Aufzeichnungen ihrer Darbietungen.
Pressestelle des
Bundesgerichtshofs
Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501