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OLG Frankfurt am Main – Internationale Internetplattform für literarische Werke haftet für Urheberrechtsverletzung von in Deutschland noch nicht gemeinfreien Werken

Das OLG Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 30.04.2019,
Az. 11 O 27/18
entschieden, dass die Betreiberin einer international
ausgerichteten Internet-Plattform, auf der kostenfrei literarische Werke
veröffentlicht werden, für Urheberrechtsverletzungen in Deutschland haftet ,
wenn die in deutscher Sprache angebotenen Werke nach deutschem Urheberrecht
noch nicht gemeinfrei sind und die Betreiberin sich die von Dritten auf der
Plattform eingestellten Werke „zu eigen“ gemacht hat. Der Geschäftsführer
haftet ebenfalls, wenn er lediglich eine Prüfung US-amerikanischen
Urheberrechts veranlasst, trotz der bestimmungsgemäßen Ausrichtung der Webseite
auch auf deutsche Nutzer.
Vorinstanz:
Leitsatz
Der Betreiber einer international ausgerichteten
Internet-Plattform, auf der kostenfrei literarische Werke veröffentlicht
werden, die in den USA gemeinfrei sind, aber in der Bundesrepublik Deutschland
unter Urheberrechtsschutz stehen, kann als Täter für Schutzrechtsverletzungen
veranwortlich sein, wenn die Werke bestimmungsgemäß in Deutschland abgerufen
werden können und wenn die Internet-Plattform durch ihre Außendarstellung zum
Ausdruck bringt, dass sie sich die von freiwillig für sie tätigen Dritten (sog.
volunteers) eingestellten Werke (z.B. durch die Aussage „our ebooks“)
zu eigen gemacht hat.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 9.2.2018
verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main (AZ.
2-03 O 494/14) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne
Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 105.000 abwenden, wenn
nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit hinsichtlich des
erstinstanzlichen Ausspruchs Ziff. I.1 bis I.3 in Höhe von jeweils EUR 25.000,
hinsichtlich des erstinstanzlichen Ausspruchs zu Ziff. II.2 in Höhe von EUR
5.000 und wegen der Kosten in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden
Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf EUR
100.000 festgesetzt.
Gründe


I.
Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Unterlassung,
Auskunft und Feststellung der Schadenersatzpflicht in Anspruch, da die
Beklagten deutschsprachige literarische Werke der Autoren Heinrich Mann, Thomas
Mann und Alfred Döblin auf einer Internetseite öffentlich zugänglich gemacht
und dadurch urheberrechtliche Nutzungsrechte der Klägerin verletzt hätten.
Die Klägerin ist ein Verlag, der u.a. die Werke
von Thomas Mann, Heinrich Mann und Alfred Döblin herausgibt.
Die Beklagte zu 1) (nachfolgend „die Beklagte“)
ist eine „not-for-profit-Corporation“ nach US-amerikanischem Recht. Sie
verfolgt keine kommerziellen Zwecke und hat … Angestellte. Sie betreibt die
auch in Deutschland abrufbare Webseite www.(x).org, wobei sie die Server in den
USA angemietet hat. Das Motiv der Beklagten ist es, eine Plattform zu
betreiben, auf der Werke, die in den USA gemeinfrei sind, als E-Books zur
Verfügung gestellt werden. Der Beklagte zu 2) (nachfolgend „der Beklagte“) ist
der ehrenamtlich für sie tätige Managing Director und CEO, der als „Registrant
Contact“ und „Tech Contact“ für die genannte Domain benannt ist. Auf der
Internet-Seite der Beklagten sind über 50.000 Bücher als E-Books abrufbar, u.a.
die 18 streitgegenständlichen Werke der drei genannten Autoren. Diese Werke
sind nach US-amerikanischem Recht jedenfalls überwiegend gemeinfrei.
Die Klägerin, die behauptet, über ausschließliche,
umfassende und territorial unbeschränkte Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen
Werken zu verfügen, wies zunächst im August und September 2013 die Beklagten
mit Emails auf die geltend gemachten Rechtsverletzungen hin. Sodann mahnte sie
die Beklagten mit anwaltlichem Schreiben erfolglos ab.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil,
auf das wegen der weiteren Feststellungen und erstinstanzlichen Anträge gemäß §
540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, der Klage nach Zeugenvernehmung
stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Es sei international zuständig. Bei der Verletzung
des Urheberrechts durch ein öffentliches Zugänglichmachen des Werks über eine
Internetseite befinde sich der Erfolgsort iSv § 32 ZPO im Inland, wenn die
geltend gemachten Rechte im Inland geschützt seien und die Internetseite im
Inland abgerufen werden könne. Diese Voraussetzungen seien erfüllt, da die
Webseite der Beklagten unstreitig in Deutschland abrufbar sei; die Klägerin
habe auch schlüssig vorgetragen, dass die Abrufbarkeit zu Downloads in
Deutschland geführt habe. Zudem wende sich die Webseite bestimmungsgemäß an
deutsche Nutzer. Die Webseite sei teilweise in deutscher Sprache gehalten, es
würden Werke in deutscher Sprache angeboten und die Beklagte strebe
ausdrücklich eine weltweite Verfügbarkeit an. Der Hinweis auf der Webseite an
die Nutzer, sie müssten jeweils prüfen, ob sie im jeweiligen Land berechtigt
seien, die Seiten herunterzuladen, spreche dafür, dass den Beklagten bewusst
gewesen sei, dass auch Nutzer aus anderen Ländern als der USA ihre Webseite
besuchten.
Die Klage sei begründet. Die Kammer sei nach dem
gegenseitigen Parteivorbringen, den vorgelegten Verträgen und der
durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Klägerin für die
streitgegenständlichen Werke über das ausschließliche Recht der öffentlichen
Zugänglichmachung verfügt.
Die Beklagte habe die streitgegenständlichen Werke
auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland iSv § 19a UrhG öffentlich
zugänglich gemacht. Die Abrufbarkeit in der Bundesrepublik sei zwischen den
Parteien unstreitig, das Angebot der Beklagten richte sich auch an deutsche
Nutzer. Dieses öffentliche Zugänglichmachen sei widerrechtlich. Zwar sei das
Motiv der Beklagten schützenswert und es sei zu berücksichtigen, dass die Werke
in den USA gemeinfrei seien. Doch bliebe das öffentliche Zugänglichmachen in
Deutschland rechtswidrig, da sich die Frage der Rechtswidrigkeit nicht
ausschließlich nach dem Bestehen des Urheberrechtsschutzes in dem Land richten
könne, in dem sich der Anbieter befinde.
Die Beklagte sei nicht lediglich
Plattformbetreiberin und als solche in ihrer Haftung beschränkt. Zwar habe sie
vorgetragen, die Werke würden von Freiwilligen vorgeschlagen, hochgeladen und
geprüft. Doch habe sich die Beklagte die Inhalte auf der Webseite jedenfalls zu
eigen gemacht. Die streitgegenständlichen Werke würden aus Sicht des
Durchschnittnutzers von der Beklagten angeboten. Die Beklagte sehe es als ihre
Aufgabe an, Kopien von Werken weltweit verfügbar zu machen; sie spreche in
ihren „Terms of Use“ ausdrücklich von „our ebooks“ und sie habe selbst
vorgetragen, dass die jeweiligen Prüfungsschritte grundsätzlich teilweise von
ihrem CEO, dem Beklagten, durchgeführt würden. Zudem würden im Laufe der von
der den Beklagten dargestellten Prozesse den Werken Erklärungen vorgeschaltet,
die das Werk jeweils als „The Project X E-Book of [Titel]“ bezeichneten.
Schließlich würden die Werke mit einer „Project X License“ verbunden und auf
die Lizenzbedingungen auf der Webseite der Beklagten verwiesen. Bereits daher
könne die Beklagte sich nicht auf § 10 TMG berufen. Selbst dann, wenn § 10 TMG
für sie einschlägig gewesen sei, wäre die Beklagte zudem jedenfalls jetzt zur
Prüfung und Entfernung der Werke verpflichtet, da die Klägerin sie von der
Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt habe.
Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, die
Ansprüche auf anwaltlichen Rat hin zurückgewiesen zu haben. Dies lasse
allenfalls das Verschulden entfallen, das für den Unterlassungsanspruch nicht
erforderlich sei. Die Beklagte habe zudem den anwaltlichen Rat inhaltlich nicht
konkret vorgetragen, so dass unklar bleibe, ob dieser überhaupt deutsches Recht
umfasst habe.
Der Anspruch bestehe nach den Grundsätzen der
Haftung als Geschäftsführer auch gegenüber dem Beklagten. Dieser habe das
Angebot der Beklagten gekannt, ihm sei bewusst gewesen, dass auf der Webseite
der Beklagten auch Werke deutscher Autoren angeboten worden seien.
Der Unterlassungsantrag sei nicht zu weit gefasst.
Es sei nicht erforderlich, dass ihm zu entnehmen sei, welche konkreten
Handlungs- und Prüfpflichten dem Gegner abverlangt würden. Es genüge, dass sich
aus der Klagebegründung ergebe, dass die Klägerin von den Beklagten verlange,
dass diese durch sog. „Geoblocking“ Nutzer aus Deutschland von der Nutzung der
streitgegenständlichen Werke ausschlössen.
Es sei auch die Schadenersatzpflicht der Beklagten
festzustellen. Diese hätten jedenfalls fahrlässig gehandelt. Da sich das
Angebot auch an Nutzer in Deutschland gerichtet hätte, hätten sich die
Beklagten nicht auf eine Prüfung ihrer Angebote nach US-amerikanischem Recht
beschränken dürfen. Es sei jedenfalls mit Rechtsverletzungen zu rechnen, da
sich das Angebot der Beklagten an Nutzer in Deutschland richte.
Der Auskunftsanspruch ergebe sich aus § 101 UrhG,
§ 242 BGB. Die Beklagten hätten nicht dargelegt, warum eine Auskunft nicht
möglich sein solle.
Gegen diese Entscheidung wenden sich die Beklagten
mit der Berufung, mit der sie ihren Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgen.
Das Landgericht sei nicht international zuständig.
Die bloße Abrufbarkeit der Webseite der Beklagten in Deutschland genüge nicht,
um einen Erfolgsort iSv § 32 ZPO in Deutschland zu bejahen. Erforderlich sei,
dass sich die Internetseite bestimmungsgemäß an deutsche Nutzer richte. Aus der
Entscheidung des Bundesgerichtshof im Urteil vom 21.4.2016 (Az: I ZR 42/14 – An
Evening with Marlene Dietrich) ergebe sich nichts anderes. Der dortige Fall
habe – anders als der vorliegende Fall – Anlass gegeben, auf die Rechtsprechung
des EuGH zur internationalen Zuständigkeit zurückzugreifen, da das dort
zugrunde liegende Angebot auf die Bundesrepublik Deutschland ausgerichtet
gewesen sei. Eine bestimmungsgemäße Abrufbarkeit der Seite der Beklagten im
Inland sei zu verneinen, da deutsche Nutzer nicht das Zielpublikum der
Internetseite darstellten. Dies ergebe sich aus der genutzten Top-level-Domain,
der überwiegend auf der Webseite verwendeten Sprache und der geringen Anzahl
der angebotenen deutschsprachigen Werke. Auch richte sich die Spendenseite an
US-amerikanische Nutzer. In den USA sei die Beklagte tätig und registriert und
habe dort ihren Sitz.
Die Klage sei auch unbegründet. Die Klägerin habe
ihre Aktivlegitimation nicht hinreichend dargelegt und bewiesen.
Zudem sei der Unterlassungstenor zu weitgehend.
Die geforderte Unterlassung könne nur erfüllt werden, wenn sämtliche
streitgegenständlichen Werke von der Internetseite gelöscht würden. Da dies zu
weitgehend sei, hätte die Klägerin jedenfalls teilweise unterliegen müssen. Die
Verhinderung des Zugriffs (lediglich) durch Geoblocking finde sich im Antrag
und entsprechend im Tenor nicht wieder. Zudem seien Geo-Sperren für technisch
durchschnittlich versierte Internetnutzer leicht zu umgehen.
Der Klägerin stehe kein Schadenersatzanspruch zu,
da die Beklagten nicht schuldhaft gehandelt hätten. Sie hätten sich darauf
verlassen dürfen, dass für die Internetseite nur US-amerikanisches Recht gelte.
Auch hätten sie mit den Werken keine Einnahmen erzielt. Nach Erhalt der
Abmahnung hätten sie anwaltlichen Rat eingeholt, wonach die Entfernung der
streitgegenständlichen Werke nicht erforderlich sei. Darauf hätten sie sich
verlassen.
Die Beklagte hafte selbst nicht, da sie und ihre
Mitarbeiter die auf der Internetseite angebotenen E-Books nicht auswähle,
einstelle oder veröffentliche; dies geschehe ausschließlich durch Freiwillige,
die ihre Tätigkeit in einer von der Beklagten unabhängigen Organisation
organisierten.
Auch der Beklagte hafte mangels eigenen
pflichtwidrigen Verhaltens nicht. Er wähle die Werke nicht aus oder
veröffentliche diese, sondern bestätige lediglich den urheberrechtlichen Status
eines Werks nach US-amerikanischem Recht und übernehme die Korrespondenz. Es
sei für den Beklagten unzumutbar, sämtliche auf der Webseite eingestellten
Werke in deutscher Sprache zu überprüfen, ob nach deutschem Recht eine
Urheberrechtsverletzung vorliege.
Mangels Rechtsverletzung fehle ein
Auskunftsanspruch. Da die Beklagte gemeinnützig sei und nicht mit
Gewinnerzielungsabsicht handle, fehle die nach § 101 UrhG erforderliche
gewerbliche Absicht.
Es bestehe kein Schadenersatzanspruch. Die
Klägerin habe nicht dargelegt, einen Schaden erlitten zu haben. Eine
Schadensschätzung auf der Grundlage der Lizenzanalogie sei wegen der fehlenden
kommerziellen Ausrichtung der Beklagten nicht zulässig.
Nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils konnte
die Klägerin hinsichtlich eines Teils der streitgegenständlichen Werke die
Zeitpunkte, zu denen diese Werke erstmals über die Internetseite der Beklagten
abrufbar waren (Auskunftsantrag Ziff. II.1), auf der Internetseite der Beklagten
ermitteln. Hinsichtlich der weiteren Werke haben die Beklagten zweitinstanzlich
schriftsätzlich diese Daten mitgeteilt. Nachdem die Beklagten In der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat die Richtigkeit dieser Daten bestätigt hatten, haben
die Parteien übereinstimmend den Auskunftsantrag Ziff. II.1 für erledigt
erklärt.
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom
9.2.2018, AZ. 2-03 O 494/14 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt die erstinstanzliche
Entscheidung und wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Zu Recht habe das Landgericht angenommen, dass
eine Vielzahl der Abrufe von Werken von der Seite der Beklagten durch Nutzer
aus Deutschland erfolgt sei. Über die Sperrmaßnahmen, durch die die Beklagten
unstreitig ab dem 28.2.2018 jedenfalls teilweise den Zugriff auf die Webseite
von Deutschland aus blockiert haben, hätten sich unzählige deutsche Nutzer in
Internetforen und gegenüber der Klägerin geäußert (Bl. 874 ff. d.A.). Aus der
Beobachtung der von der Beklagten veröffentlichten weltweiten Abrufzahlen zu
den Werken der drei Autoren (Bl. 883 d.A.) vor dem erstinstanzlichen Urteil, nach
der Urteilsveröffentlichung und sodann nach der Sperrung ergebe sich, dass ein
Teil der Abrufe bereits früher und noch immer auf Nutzer in Deutschland
entfielen. Die pauschale Behauptung der Beklagten, nach Erhalt der Abmahnung
anwaltlichen Rat eingeholt zu haben, sei auch in der Berufung nicht näher
konkretisiert worden und sei daher unbeachtlich.
Sie, die Klägerin, verlange keine dauerhafte
Entfernung der Werke, es genügten die auf Geolokalisierung basierenden
IP-Sperren.
II.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und
fristgerecht erhoben worden. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Landgericht Frankfurt am Main ist gemäß §
32 ZPO international für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig, da die
Internetseite in Deutschland, wo die Werke Schutz beanspruchen, technisch
abrufbar war. Es wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die
Ausführungen im angegriffenen Urteil Bezug genommen (LGU 9).
Die Einwendungen der Beklagten gegen die
internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts haben keinen Erfolg. Auf
der Grundlage der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.4.2016 (I ZR 43/14
– An Evening with Marlene Dietrich) ist die internationale Zuständigkeit
deutscher Gerichte schon zu bejahen, wenn die Seite in der Bundesrepublik
Deutschland abrufbar ist, ohne dass es darauf ankommt, ob sich die
Internetseite bestimmungsgemäß an Nutzer in Deutschland richtet. Es ergeben
sich aus der genannten Entscheidung keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass
dies nur zu bejahen sei, wenn der Sachverhalt einen Bezug zu europäischem Recht
oder dem Recht eines Mitgliedstaats aufweist.
Der Senat teilt im Übrigen die Einschätzung des
Landgerichts, dass sich die Internet-Seite der Beklagten bestimmungsgemäß auch
an Nutzer in Deutschland gerichtet hat. Die Berufungsbegründung kann das nicht
in Zweifel ziehen.
Dass die Beklagte ihre Webseite unter der
Top-Level-Domain „.org“ betreibt, steht einer weltweiten Verbreitung der dort
eingestellten Inhalte – wie von ihr intendiert – nicht entgegen. Gerade das
Angebot einer deutschen Sprachfassung und der vom Landgericht angesprochene
„disclaimer“ sprechen für eine bestimmungsgemäße Ausrichtung nach Deutschland.
Als Indiz dafür kann auch die globale Entwicklung
der sog. „Klickzahlen“ der streitbefangenen Werke angesehen werden. Diese
Zugriffe sind nach der Berichterstattung über den hiesigen Rechtsstreit in der
deutschen Presse stark angestiegen (Bl. 883 d.A.) und nach Einrichtung einer
Zugangssperre von deutschen IPv4 und IPv6-Adressen unter das vor dem Anstieg
vorherrschende Niveau abgefallen. Dazu passen die von der Klägerin vorgelegten
Emails und Blogeinträge (Bl. 951/959 d.A.), die belegen, dass die Beklagte bei
zahlreichen Lesern in Deutschland beliebt war.
2. Die Klage ist auch begründet.
a) Es ist deutsches Recht anwendbar. Vorliegend
ist – auf der Grundlage der Auskunftserteilung der Beklagten über den Zeitpunkt
der Einstellung der Werke auf ihrer Seite – ein öffentliches Zugänglichmachen
der streitgegenständlichen Werke im Zeitraum 2004 bis 2018 zu beurteilen.
Sowohl nach der für Verletzungshandlungen ab dem 11.1.2009 anwendbaren
Rom-II-Verordnung (Art. 34, Art. 31 Rom-II-Verordnung) als auch nach den für
die früheren Verletzungshandlungen anwendbaren Regelungen des deutschen
Internationalen Privatrechts ist die Frage, ob Ansprüche wegen einer Verletzung
urheberrechtlicher Rechte bestehen, nach dem Recht des Schutzlandes – also des
Staates, für dessen Gebiet der Schutz beansprucht wird – zu beantworten (vgl.
BGH, aaO – An Evening with Marlene Dietrich Rn. 24). Da Gegenstand der Klage
allein die Verletzung ausschließlicher Nutzungsrechte ist, für die die Klägerin
für das Inland Schutz beansprucht, ist im Streitfall deutsches Urheberrecht
anzuwenden.
b) Der Klägerin steht der geltend gemachte
Unterlassungsanspruch gemäß § 97 Abs. 1 UrhG zu, da die Beklagten die der
Klägerin zustehenden ausschließlichen Nutzungsrechte verletzt haben, indem sie
die streitgegenständlichen Werke auf ihrer Webseite öffentlich zugänglich
gemacht haben (§ 19a UrhG).
aa) Die Klägerin ist aktiv legitimiert.
(1) Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass
der Klägerin exklusiv die Rechte zur öffentlichen Zugänglichmachung der
streitgegenständlichen Werke von Thomas Mann durch den „Vertragszusatz
E-Book-Rechte“ (Bl. 666ff. d.A.) und den Vertrag „Ergänzung zum Vertragszusatz
E-Book-Rechte vom 20.8./26.8.2013“ (Bl. 668 d.A.) eingeräumt wurden. Es wird
insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im
angegriffenen Urteil Bezug genommen. Gegen diese wenden sich die Beklagten ohne
Erfolg:
Vorname1 Y war jedenfalls im Zeitpunkt der
Unterzeichnung der „Ergänzung zum Vertragszusatz E-Book-Rechte“ am 1.12.2014
von allen Mitgliedern der Erbengemeinschaft zur Einräumung der Rechte
bevollmächtigt worden. Soweit die Berufung geltend macht, die vorgelegten
Vollmachten der Erben (Anlage K46, Bl. 740ff. d.A.) wichen in Inhalt und
Gestaltung voneinander ab, ändert dies nichts daran, dass das Landgericht zu
Recht angenommen hat, dass durch jede der Vollmachten Vorname1 Y bevollmächtigt
wurde, für den jeweiligen Miterben den Vertrag „Vertragszusatz E-Book-Rechte“
und die „Ergänzung zum Vertragszusatz E-Book Rechte“ abzuschließen. Soweit die
Berufung ihre bereits erstinstanzlich vorgebrachte Einwendung wiederholt, die
von der Miterbin Vorname2 A-Y erteilte Vollmacht (Bl. 745 d.A.) umfasse nicht
die Einräumung von Nutzungsrechten und insbesondere nicht die Einräumung von
ausschließlichen Nutzungsrechten, wird auf die zutreffenden Ausführungen des
Landgerichts Bezug genommen.
Mit der Unterzeichnung der „Ergänzung zum
Vertragszusatz E-Book Rechte vom 20.8./26.8.2013“ (Bl. 668 d.A.) genehmigte der
in diesem Zeitpunkt von sämtlichen Miterben bevollmächtigte Vorname1 Y die
Erklärungen, die er mit Unterzeichnung des Vertrags „Vertragszusatz
E-Book-Recht“ ggf. noch als vollmachtloser Vertreter (§ 177 Abs. 1 BGB)
abgegeben hatte:
Gemäß § 177 Abs. 1 BGB ist eine Genehmigung der
Erklärungen des vollmachtlosen Vertreters durch den Vertretenen, vorliegend die
Erbengemeinschaft, möglich. Da es sich bei der Genehmigung nicht um ein
höchstpersönliches Geschäft handelt, kann sich der Vertretene bei Abgabe der
Genehmigungserklärung vertreten lassen (§ 164 BGB), was hier durch Vorname1 Y
geschehen ist. Es bedarf für diese Genehmigung entgegen der Annahme der
Berufung keiner entsprechenden Aufforderung (§ 182 BGB).
Mit der Unterzeichnung der „Ergänzung zum
Vertragszusatz E-Book Rechte vom 20.8./26.8.203“ erklärte Vorname1 Y konkludent
die Genehmigung seiner früheren Erklärung „Vertragszusatz E-Book Rechte“. Dies
ergibt sich bei Auslegung der Erklärung (§§ 133, 157 BGB) bereits daraus, dass
ausweislich der Bezeichnung der später unterzeichneten Erklärung mit dieser
eine Ergänzung zu der früher unterzeichneten Erklärung erfolgen sollte, mithin
die früher unterzeichnete Erklärung als wirksam behandelt werden sollte.
Entgegen der Berufung ergibt sich aus den
Bekundungen des Zeugen Vorname1 Y bei seiner Vernehmung (Bl. 765f. d.A.) nichts
anderes. Zwar hat der Zeuge bekundet, ihm sei die rechtliche Struktur des
damaligen Vertrags nicht bekannt gewesen und ihm sei auch eine Unterscheidung
zwischen ausschließlichen und einfachen Nutzungsrechten nicht bewusst gewesen.
Doch hat er außerdem angegeben, dass er die Einräumung von E-Book-Rechten
bewusst vorgenommen habe. Er hat bekundet, er habe gemerkt, dass es von
Bedeutung sei, auch für E-Books Rechte zu vergeben. Damit wollte er – auch noch
am 1.12.2014 – der Klägerin E-Book-Rechte einräumen und daher eine früher von
ihm abgegebene (ggf. schwebend unwirksame Erklärung) genehmigen. Selbst wenn
der Zeuge Vorname1 Y die Unterscheidung zwischen ausschließlichen und
nicht-ausschließlichen Nutzungsrechten nicht bewusst gewesen sein sollte, so
ergab der eindeutige Wortlaut des Vertrags aus dem maßgeblichen
Empfängerhorizont der Klägerin (vgl. Reichold in: jurisPK-BGHG, Band 1,
8.Auflage, § 133 Rn. 7; BGH, Urteil vom 28.1.2002 – II ZR 385/00), dass
Vorname1 Y ihr exklusive Nutzungsrechte eingeräumt hat.
Die Erbengemeinschaft konnte der Klägerin durch
die beiden Vereinbarungen das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung
einräumen. Dieses Recht war nicht gemäß § 4 Abs. 1 des zwischen der
Erbengemeinschaft und der Klägerin im Jahr 1977 geschlossenen Vertrags (Bl.
648ff. d.A) bei Vorname3 Y verblieben. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür,
dass das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) der genannten
vertraglichen Regelung, die Nebenrechte für spezielle Verlagsprodukte betraf,
unterfallen sollte.
(2) Der Klägerin wurden für die hier
streitgegenständlichen Werke des Autors Heinrich Mann ausschließliche Rechte
zur öffentlichen Zugänglichmachung durch den „Verlagsvertrag“ (Bl. 669ff.
d.A.), den „Vertragszusatz E-Book-Rechte“ (Bl. 674ff.) und die „Ergänzung zum
Vertragszusatz E-Book-Rechte“ (Bl. 676 d.A.) eingeräumt.
Ohne Erfolg wendet sich die Berufung gegen die
Feststellung des Landgerichts, dass der als Zeuge vernommene Vorname4 Y
hinsichtlich sämtlicher unterzeichneter Verträge von dem Miterben Vorname5 Y
bevollmächtigt worden war. Die Berufung zeigt keine konkreten Anhaltspunkte
auf, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen
begründen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Im Ergebnis wendet sie lediglich ein, das
Landgericht habe nicht feststellen können, wann Vorname5 Y dem Zeugen Vorname4
Y eine Vollmacht erteilt habe. Allerdings hat der Zeuge Vorname4 Y ausweislich
des Protokolls (Bl. 767 d.A.) bekundet, dass Vorname5 Y ihm schon vor
Unterzeichnung des ersten der drei Verträge eine Generalvollmacht erteilt
hatte, wie dies auch das Landgericht (LGU 13) ausführt. Weitere Feststellungen
zum exakten Zeitpunkt der Bevollmächtigung sind demnach entbehrlich.
(3) Schließlich hat das Landgericht zu Recht für
den Autor Alfred Döblin die Aktivlegitimation der Klägerin aufgrund des
„General Agreement“ (Bl.677 f.d.A.) bejaht. Mit dieser Vereinbarung wurde der
Klägerin u.a. das Recht eingeräumt, die betreffenden literarischen Werke u.a.
mittels digitaler Medien, zB. E-Books, zu nutzen, zu publizieren und zu
verbreiten (Clause 2 Absatz 2 Buchst. h des Vertrags).
Die Berufung wendet erfolglos ein, ausweislich des
Vertrags (Clause 1, Absatz 2) hätten sich die Rechte, die der Klägerin nach dem
Vertrag eingeräumt werden sollten, bei Vertragsschluss noch bei dem B Verlag
befunden und die Klägerin hätte nicht vorgetragen und unter Beweis gestellt
hätte, dass im Folgenden die Rechte an den Nachlass des Alfred Döblin
zurückgefallen wären. Aus der genannten vertraglichen Regelung (Clause 1 Absatz
2) geht hervor, dass die Rechte an den Werken aufgrund einer vorhandenen
vertraglichen Regelung mit dem B Verlag von diesem an die Erbengemeinschaft
zurückfallen. Damit hätten die Beklagten jedenfalls Anhaltspunkte dafür
vortragen müssen, warum dieser vertraglich vorgesehene Rückfall nicht
eingetreten sein sollte.
Zudem hat das Landgericht unwidersprochen festgestellt,
dass die Klägerin die Auswertung der Rechte übernommen hat und der B Verlag
sich hiergegen nicht gewandt hat (LGU 14). Sie hat auch den Rückfall der Rechte
von dem B Verlag auf die Erbengemeinschaft zweitinstanzlich weiter belegt: Die
Klägerin hat einen Ausdruck der Webseite des B Verlags betreffend die dort
verlegten Autoren vorgelegt (Bl.974f. d.A.), der den Autor Döblin nicht
aufweist. Sie hat weiter eine Kurzmeldung der „Stadt1er Literaturkritik“ vom
13.10.2008 vorgelegt (Bl. 978 d.A.), die darüber berichtet, dass die Klägerin
„nach dem Wiedererwerb der Rechte“ im Oktober 2008 zehn Bände des Werks von
Alfred Döblin auf den Markt bringe; die Weltrechte hierfür seien Anfang des
Jahres von B zu der Klägerin zurückgekehrt; eine entsprechende Vereinbarung sei
mit dessen Sohn abgeschlossen worden. Diese Dokumente, die von den Beklagten
nicht bestritten wurden und damit gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zweitinstanzlich
zugrunde zu legen sind, belegen, dass die Rechte zunächst vom B Verlag an die
Erbengemeinschaft zurückgefallen sind, so dass diese der Klägerin mit dem zuvor
geschlossenen Vertrag entsprechende Rechte einräumen konnte.
Der Klägerin wurden die Rechte zur öffentlichen
Zugänglichmachung der Werke (§ 19a UrhG) durch Clause 2 Abs. 2 des Vertrags als
ausschließliche Rechte eingeräumt. Zwar gewährt diese Klausel nach ihrem
Wortlaut nicht exklusive Rechte, sondern das Recht zur exklusiven Handhabung
der dort genannten Rechte („the exclusive handling of the following rights“).
Von der Einräumung exklusiver Rechte ist stattdessen an anderer Stelle die
Rede: Clause 2 Absatz 1 des Vertrags, die die Einräumung eines allgemeinen
Veröffentlichungsrechts betrifft, sieht nach ihrem Wortlaut eine exklusive
Rechteeinräumung vor („the sole and exclusive right“). Jedoch hat das
Landgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klägerin nach dem Vertrag für
die in Clause 2 Abs. 2 genannten Rechte Lizenzen erteilen kann. Denn nach
Clause 2 Abs. 5 des Vertrags sollen Lizenzverträge, die im Zeitpunkt der
Kündigung des Vertrags über die Rechte gemäß Clause 2 Abs. 2 existieren,
zunächst wirksam bleiben. Diese Berechtigung zur Lizenzerteilung spricht für
eine Erteilung ausschließlicher Nutzungsrechte durch Clause 2 Abs. 2 an die
Klägerin. Zudem ergibt sich auch nicht, was das Recht zum „exclusive handling“
der Rechte iSv Clause 2 Abs. 2 des Vertrags anderes meinen sollte als die
Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechte.
Schließlich macht die Berufung ohne Erfolg
geltend, gegen die Einräumung des ausschließlichen Rechts zur öffentlichen
Zugänglichmachung spreche, dass nach Clause 11 Abs. 4 des Vertrags verschiedene
„non-print-Rechte“ bei Vertragsschluss bei dem C Verlag gelegen hätten. Es
bestehen bereits keine Anhaltspunkte dafür, dass die in Clause 2 Abs. 2
genannten „subsidiary rights“ unter die in Clause 11 Abs. 4 genannten „certain
non-print-rights“ fallen. Hiergegen spricht die Systematik des Vertrags: Nach
dieser steht die Rechteeinräumung nach Clause 2 Abs. 1 und 2 lediglich unter
dem Vorbehalt Clause 1 Abs. 2, nämlich dem Rückfall dieser Rechte vom B Verlag
an die Erbengemeinschaft.
bb) Die Rechte der Klägerin auf öffentliche
Zugänglichmachung der Werke (§ 19a UrhG) wurden von den Beklagten verletzt.
(1) Die streitgegenständlichen Werke wurden auf
der Internetseite der Beklagten öffentlich zugänglich gemacht. Da es sich bei
der öffentlichen Zugänglichmachung um einen besonderen Fall der öffentlichen
Wiedergabe handelt, kann eine solche nur vorliegen, wenn das beanstandete
Verhalten die Tatbestandsmerkmale einer öffentlichen Wiedergabe erfüllt. Der
Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ iSd Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie
2001/29/EG hat zwei Tatbestandsmerkmale, nämlich eine Handlung der Wiedergabe
und die Öffentlichkeit dieser Wiedergabe (BGH, Vorlagebeschluss vom 13. 9. 2018
– I ZR 140/15 – YouTube Rn. 26f.).
Das die streitgegenständlichen Werke durch die
Bereitstellung auf der Webseite www.(x).org zum Abruf im Sinne von Art. 3 I der
Richtlinie 2001/29/EG öffentlich wiedergegeben werden (vgl. dazu BGH aaO. – You
Tube Rn. 35), ist zwischen den Parteien nicht umstritten. Die Beklagte streitet
dagegen ab, für die öffentliche Zugänglichmachung verantwortlich zu sein. Damit
hat sie aber keinen Erfolg, denn hier liegt eine täterschaftliche Haftung der
Beklagten vor.
Eine Handlung der Wiedergabe in dem
vorbezeichneten Sinn setzt voraus, dass der Nutzer (hier also die Beklagte) in
voller Kenntnis der Folgen seines Verhaltens – also absichtlich und gezielt –
tätig wird, um Dritten einen Zugang zu einem geschützten Werk oder einer
geschützten Leistung zu verschaffen, wobei es genügt, dass Dritte Zugang zu dem
geschützten Werk haben, ohne dass es darauf ankommt, ob sie diesen tatsächlich
nutzen (BGH, aaO – YouTube Rn. 26ff.).
Dabei besteht die Verantwortlichkeit des
Betreibers einer Internetplattform für die dort zugänglich gemachten Inhalte
auch dann, wenn er diese Inhalte zwar nicht selbst geschaffen hat, aber sich
diese zu eigen gemacht hat (vgl. etwa BGH, Urteil vom 12.11.2009 –
marions-kochbuch.de; Urteil vom 5.11.2015 – I ZR 88/13 – Al Di Meola Rn. 16f.
mwN; Urteil vom 19.3.2015 – I ZR 94/13 – Hotelbewertungsportal Rn. 25f).
Dies hat das Landgericht für den vorliegenden Fall
zutreffend herausgearbeitet und mit Recht festgestellt, dass die auf der
Internetseite der Beklagten eingestellten Werke aus der maßgeblichen Sicht des
Durchschnittsnutzers von der Beklagten angeboten werden. Hier sticht u.a.
hervor, dass die dort verfügbare Literatur in den Nutzungsbedingungen (Terms of
Use) als „our ebooks“ bezeichnet und dass sie mit einer „Project X License“
verbunden werden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden
Ausführungen des Landgerichts (LGU 16) Bezug genommen.
Unabhängig davon ist die Beklagte auch deshalb für
die Urheberrechtsverletzung verantwortlich, weil sie durch die Emails der
Klägerin vom 4.9.2013 (Anlage K 20, Bl. 120 d.A.) und 18.9.2013 von der
Rechtsverletzung Kenntnis erhielt und es trotzdem unterließ, den Zugang
deutscher Nutzer zu den auf der Internetseite eingestellten
streitgegenständlichen Werken zu unterbinden. Der Betreiber kann nämlich auch
dann die für die Annahme einer „Handlung der Wiedergabe“ erforderliche zentrale
Rolle einnehmen, wenn er zwar nicht selbst die Inhalte eingestellt hat, aber
nach Erlangung der Kenntnis von der Verfügbarkeit rechtsverletzender Inhalte
diese nicht unverzüglich löscht und nicht unverzüglich den Zugang zu ihnen
sperrt (BGH, aaO. – YouTube Rn. 34).
Ohne Erfolg wendet die Berufung ein, gegen die
Haftung der Beklagten spreche, dass sie nicht mit Gewinnerzielungsabsicht
handle. Es ist für die Frage einer öffentlichen Wiedergabe nicht von
entscheidender Bedeutung, ob die Handlung zu Erwerbszwecken vorgenommen worden
ist (BGH, Urteil vom 11. Januar 2018 – I ZR 85/17 – Krankenhausradio Rn. 39).
(2) Ebenso zu Recht hat das Landgericht eine
täterschaftliche Verantwortlichkeit des Beklagten bejaht.
Der Vertreter einer juristischen Person haftet bei
der Verletzung absoluter Rechte durch die von ihm vertretene Gesellschaft, wenn
er selbst an der Verletzungshandlung durch positives Tun beteiligt war oder
wenn er die Verletzung aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des
Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen (BGH, Urteil
vom 27.11.2014 – I ZR 124/11 – Videospiel-Konsolen II – Rn. 80).
Zwar hat der Geschäftsführer nicht die
Garantenpflicht, jedwedes deliktische Verhalten – also im urheberrechtlichen
Bereich jede Urheberrechtsverletzung – zu verhindern, die aus dem von ihm
geleiteten Unternehmen heraus begangen wird. Wenn aber die Rechtsverletzung auf
einer Maßnahme der Gesellschaft beruht, die typischerweise auf
Geschäftsführerebene entschieden wird, dann kann nach dem äußeren Erscheinungsbild
davon ausgegangen werden, dass sie von dem Geschäftsführer veranlasst worden
ist (vgl. Nordemann/Fromm, UrhG, 12. Auflage, Rn 180 zu § 97 UrhG). Dazu
rechnen auch diejenigen Fälle, bei denen die Rechtsverletzung in dem von der
Geschäftsleitung initiierten bzw. praktizierten Geschäftsmodell angelegt ist
(BGH, Urteil vom 6.10.2016 – I ZR 25/15 – World of Warcraft I).
So liegt der Fall hier. Das unter der Leitung des
Beklagtenausgearbeitete und praktizierte Konzept der Beklagten sieht vor, dass
literarische Werke vor ihrer Veröffentlichung lediglich nach US-amerikanischem
Urheberrecht geprüft werden. Eine Prüfung auf möglicherweise entgegenstehende
deutsche Schutzrechte erfolgte nicht, obwohl das Angebot der Beklagten zugleich
auch an interessierte Nutzer aus Deutschland gerichtet war. Die diesem Konzept
immanente Gefahr der Schutzrechtsverletzung muss sich der Beklagte als CEO der
Beklagten täterschaftlich zurechnen lassen. Aus den o. g. Gründen spielt es
dabei keine Rolle, dass die Beklagte als „non-profit-organisation“ tätig ist
und ausschließlich gemeinnützige Ziele verfolgt.
Unabhängig davon haftet der Beklagte für die
Rechtsverletzungen auch deshalb, weil er es ab September 2013, nachdem er durch
die o. g. Emails von den Rechtsverletzungen erfahren hatte, versäumt hat, den
Zugriff deutscher Internet-Nutzer zu unterbinden.
cc) Die Beklagten haben rechtswidrig gehandelt.
Die tatbestandsmäßige Verletzung eines nach dem UrhG geschützten Rechts
indiziert grundsätzlich die Rechtswidrigkeit (Specht in: Dreier/Schulze,
Urheberrechtsgesetz, 6. Auflage, § 97 Rn. 14).
Zwar sind bei der Auslegung der in Rede stehenden
Bestimmungen der Richtlinie 2001/29/EG und des ihrer Umsetzung dienenden
nationalen Rechts die nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRCh aufgeführten Grundrechte
zu beachten (BGH, Beschluss vom 1.6.2017 – I ZR 139/15 Rn. 38 – Afghanistan
Papiere). Das Motiv der Beklagten, eine Plattform zu betreiben, auf der Werke,
die in den USA gemeinfrei sind, als E-Books zur Verfügung gestellt werden
können, stellt jedoch bereits keine grundrechtlich geschützte Rechtsposition dar.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass die den
Urhebern durch die Richtlinie 2001/29/EG eingeräumten Ausschließlichkeitsrechte
und die in Bezug auf diese Rechte vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen
bereits das Ergebnis einer vom Richtliniengeber vorgenommenen Abwägung zwischen
dem Interesse der Urheber an einer möglichst umfassenden und uneingeschränkten
Ausschließlichkeitsbefugnis und den Interessen der Allgemeinheit an einer
möglichst umfassenden und uneingeschränkten Nutzung der urheberrechtlich geschützten
Werke sind (zum deutschen Urheberrecht vgl. BGH, aaO – Afghanistan Papiere).
dd) Der Klageantrag war nicht deshalb als
teilweise unbegründet abzuweisen, weil dem Antrag nicht unmittelbar zu
entnehmen ist, welche konkreten Handlungs- und Prüfpflichten der Beklagten
abverlangt werden sollen. Es reicht aus, wenn sich die zu befolgenden
Sorgfalts- und Prüfpflichten aus der Klagebegründung und den
Entscheidungsgründen ergeben (BGH, Urteil vom 26.11.2015 – I ZR 174/14 –
Störerhaftung des Access-Providers Rn. 14). Es wird insoweit zur Vermeidung von
Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug
genommen. Auch zweitinstanzlich hat die Klägerin bestätigt, dass die
Erschwerung des Zugriffs durch Sperrung sämtlicher „deutscher“ IPv4- und
IPv6-Adressen zur Erfüllung der Unterlassungsverpflichtung ausreichend ist
(Berufungserwiderung, S. 48, Bl. 910 d.A.).
c) Antragsgemäß war festzustellen, dass die
Beklagten der Klägerin zum Schadenersatz verpflichtet sind.
Wie dargelegt, haben die Beklagten das
ausschließliche Recht der Klägerin zur öffentlichen Zugänglichmachung der
streitgegenständlichen Werke (§ 19a UrhG) verletzt.
Sie handelten hierbei fahrlässig, da sie die im
Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen haben (§ 276 Abs. 2 BGB). Im
Urheberrecht gelten – wie generell im Immaterialgüterrecht – hohe
Sorgfaltsanforderungen. Wer ein fremdes Werk nutzen will, muss sich sorgfältig
Gewissheit über seine Befugnisse verschaffen (BGH, aaO – marions-kochbuch.de
Rn. 40). Die Beklagten hätten sich daher vergewissern müssen, ob sie durch die
Einstellung der streitgegenständlichen Werke auf ihrer auch in Deutschland
abrufbaren Webseite deutsches Urheberrecht verletzen. Nach Erhalt der Emails
der Klägerin im September 2013 hatten sie Kenntnis von der Rechtsverletzung und
handelten damit sogar vorsätzlich.
Zu Recht hat das Landgericht angenommen (LGU 16,
17), dass die Beklagten sich nicht darauf berufen können, die Ansprüche der
Klägerin auf anwaltlichen Rat zurückgewiesen zu haben. Auch zweitinstanzlich
haben die Beklagten insbesondere nicht klargestellt, wann und von wem der
anwaltliche Rat eingeholt wurde und ob er überhaupt die Überprüfung einer
Verletzung deutscher Schutzrechte umfasste.
Ohne Erfolg machen die Beklagten zweitinstanzlich
geltend, der Möglichkeit, Schadenersatzansprüche auf der Grundlage der
Lizenzanalogie geltend zu machen, stehe entgegen, dass es sich bei der
Beklagten um eine „not-for-profit-corporation“ nach US-amerikanischem Recht
handelt. Die Berechnung des Schadenersatzes nach den Grundsätzen der
Lizenzanalogie erfordert nicht, dass es sich bei dem Verletzer um einen
kommerziellen Anbieter handelt (vgl. BGH, Urteil vom 11.6.2015 – I ZR 19/14 –
Tauschbörse I Rn. 55).
Auch ist die Entstehung eines Schadens wahrscheinlich
(vgl. BGH, Urteil vom 11.1.2018 – I ZR 187/16 – Ballerinaschuh Rn. 54 mwN). Die
Klägerin hat dargelegt, dass der Zugriff und/oder ein Download der auf der
Webseite der Beklagten eingestellten streitgegenständlichen Werke von
Deutschland aus möglich gewesen ist. Sie hat unwidersprochen vorgetragen und
durch entsprechende Screenshots (Klageschrift S. 23ff., Bl. 23ff. d.A.) belegt,
dass Universitäten und Schulen in Deutschland auf das Angebot der Beklagten
hingewiesen haben und dass in deutschen Medien über die Möglichkeit berichtet
wurde, von der Internetseite der Beklagten eine Vielzahl von Werken in
deutscher Sprache kostenlos herunterzuladen. Dass Downloads aus Deutschland in
der Vergangenheit erfolgten, wird zudem durch die zweitinstanzlich vorgelegten
Reaktionen von Nutzern in Deutschland auf die Sperrung der Internetseite der
Beklagten nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils belegt (Berufungserwiderung
S. 14ff, Bl. 876ff. d.A.). Damit sind ein korrespondierender Umsatzverlust und
entsprechende Gewinneinbußen der Klägerin wahrscheinlich gemacht worden.
d) Zur Vorbereitung und Durchsetzung ihres
Schadenersatzanspruchs kann die Klägerin von den Beklagten Auskunft über die
Anzahl der aus Deutschland erfolgten Abrufe verlangen (§101 Abs. 1 UrhG, § 242
BGB).
Die Beklagten sind zur Auskunft verpflichtet, da
sie das urheberrechtlich geschützte Recht der Klägerin in gewerblichem Ausmaß
verletzt haben (§ 101 Abs. 1 UrhG):
Die Verletzung kann wegen der Schwere der beim
Rechtsinhaber eingetretenen Rechtsverletzung ein gewerbliches Ausmaß erreichen,
beispielsweise dann, wenn eine besonders umfangreiche Datei, wie ein
vollständiger Kinofilm, ein Musikalbum oder Hörbuch, vor oder unmittelbar nach
seiner Veröffentlich in Deutschland widerrechtlich im Internet öffentlich
zugänglich gemacht werden (Beschlussempfehlung und Bericht des
Rechtsausschusses, BT-Drs. 16/8783, S. 50).
Vorliegend umfasste die Rechtsverletzung 18 Werke,
die von den Beklagten vollständig öffentlich zugänglich gemacht wurden. Der
Umfang der Rechtsverletzung entspricht demjenigen, wie er üblicherweise mit
einer auf gewerblichem Handeln beruhenden Rechtsverletzung verbunden ist und
geht über die gewöhnliche
Benutzung im privaten Bereich hinaus. Ohne Erfolg
macht die Berufung geltend, die Verletzung sei nicht innerhalb der relevanten
Verwertungsphase der Werke erfolgt (vgl. hierzu: Dreier, aaO Rn. 6a). Die
streitgegenständlichen literarischen Werke sind klassische Werke, deren
Verwertungsphase wegen ihrer Zeitlosigkeitnicht beendet ist (vgl. zu ein Musikalbum
der klassischen Musik: OLG Köln, aaO – Die schöne Müllerin“). Da § 101 UrhG
lediglich eine Verletzung in gewerblichem Ausmaß, nicht aber eine solche mit
gewerblicher Absicht voraussetzt, kommt es nicht darauf an, dass es sich bei
der Beklagten um eine „non-profit-corporation“ nach US-amerikanischem Recht
handelt.
Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die
insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nicht aufgezeigt haben,
dass es ihnen nicht möglich ist, Auskunft über die Anzahl der aus Deutschland
erfolgten Abrufe zu erteilen. Sie sind dem Vortrag der Klägerin nicht
entgegengetreten, dass sie sich jedenfalls unter Mithilfe ihres
Server-Betreibers darüber informieren können, welchen Anteil der erfassten
weltweiten Abrufe solche aus Deutschland ausmachen.
III.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die
Beklagte zu tragen. Dies ergibt sich hinsichtlich der Klageanträge Ziff. I,
II.2 und III aus § 97 ZPO, da die Berufung der Beklagten keinen Erfolg hat.
Hinsichtlich des von den Parteien übereinstimmend
für erledigt erklärten Auskunftsantrags Ziff. II.1 ergibt sich die
Kostentragungspflicht der Beklagten aus § 91a ZPO. Der Auskunftsantrag war
zunächst zulässig und begründet. Die Beklagten waren zur Vorbereitung und
Durchsetzung des Schadenersatzanspruchs der Klägerin zur Auskunft darüber
verpflichtet, zu welchen Zeitpunkten die streitgegenständlichen Werke über die
Internetseite der Beklagten erstmals abrufbar waren, da die Beklagten das
urheberrechtlich geschützte Recht der Klägerin an diesen Werken in gewerblichem
Ausmaß verletzten (§ 101 Abs. 1 UrhG, § 242 BGB).
Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Sache
weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Revisionsgerichts erfordern (§ 543 ZPO). Die Entscheidung beruht auf der
Anwendung anerkannter Rechtssätze im konkreten Einzelfall.
Der Wert des Berufungsverfahrens war gemäß § 3 ZPO
festzusetzen.

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OLG Brandenburg – Rechte und Pflichten des Betreibers einer Internetplattform bei Verbreitung strafbarer Inhalte

Das OLG Brandenburg hat im Beschluss
vom 27.07.2018, Az.: 1 W 28/18
zu den Rechten und Pflichten des Betreibers
einer Internetplattform bei Verbreitung strafbarer Inhalte Stellung genommen.
Erfüllt eine auf einer Internetplattform getätigte Äußerung
den Tatbestand des § 111 Abs. 1 StGB, so ist der Betreiber der Plattform
verpflichtet, die Äußerung zu löschen. Für den Tatbestand ist eine an Dritte
gerichtete ernsthafte Aufforderung erforderlich, eine bestimmte rechtswidrige
Tat zu begehen. Die Aufforderung muss über eine bloße Information und über eine
Unmutsäußerung oder Provokation hinausgehen. Der Betreiber der Plattform, der
den Beitrag gelöscht und dem Verfasser ein befristetes virtuelles Hausverbot
erteilt hat, ist nicht verpflichtet, diese Maßnahmen aufzuheben, wenn er schon
nach §§ 1 Abs. 3, 3 Abs. 2 Nr. 2 u. 3 NetzDG zur Löschung des Beitrags
verpflichtet war.




Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den
Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 16. Mai 2018
wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin
zu tragen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf
7.500,00 € festgesetzt.

Gründe
I.
Die Antragstellerin ist Nutzerin der von der Antragsgegnerin
betriebenen Internetplattform … und begehrt die Unterlassung der Löschung eines
von ihr auf dieser Plattform geposteten Kommentars sowie der vorübergehenden
Sperrung ihres Nutzerkontos.
Die Antragstellerin äußerte sich am … 2018 auf der
Internetplattform der Antragsgegnerin zu einem Zeitungsbericht der … über einen
tätlichen Angriff auf eine zwölfjährige Schülerin in … durch zwei unbekannte
Männer, von denen einer als südländisch aussehend beschrieben wurde, mit dem
Kommentar „Prügelt das Pack aus unserem Land“. Wegen den Einzelheiten des von
der Antragstellerin kommentierten Berichts wird auf den entsprechenden Ausdruck
(Bl. 31 d. A.) Bezug genommen.
Die Antragsgegnerin entfernte diesen Kommentar unter Hinweis
auf ihre Gemeinschaftsstandards und sperrte das Nutzerkonto der Antragstellerin
für 30 Tage.
Daraufhin hat die Antragstellerin beantragt, die
Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung zu der Unterlassung zu
verpflichten, sie für das Einstellen des streitgegenständlichen Kommentars,
sofern er sich auf Berichte über gewalttätige unprovozierte Angriffe von
Männern gegen minderjährige Kinder beziehe, zu sperren oder den Beitrag zu
löschen.
Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist durch
Beschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 16. Mai 2018 mit der Begründung
zurückgewiesen worden, dass der streitgegenständliche Inhalt nicht mehr von den
Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt sei, da er eine Aufforderung zur
Anwendung von Gewalt gegen Ausländer beinhalte.
Gegen diesen ihr am 19. Mai 2018 zugestellten Beschluss hat
die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 30. Mai 2018, der am selben Tag bei
Gericht eingegangen ist, sofortige Beschwerde eingelegt.
Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde durch
Beschluss vom 22. Juni 2018 nicht abgeholfen und die Sache dem
Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, nachdem sie
insbesondere innerhalb der in § 569 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO bestimmten Frist
eingelegt worden ist.
Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das
Landgericht hat den Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung im Ergebnis
zu Recht abgelehnt.
Dabei kann dahinstehen, ob die von der Antragsgegnerin zur
Begründung der Löschung des streitgegenständlichen Kommentars und der Sperrung
des Nutzerkontos der Antragstellerin herangezogenen Gemeinschaftsstandards
wirksam in den zwischen den Beteiligten bestehenden Vertrag einbezogen worden
sind und für die streitgegenständlichen Maßnahmen eine hinreichende
Rechtsgrundlage darstellen. Die streitgegenständliche Äußerung verstößt
jedenfalls gegen die Vorgaben des § 1 Abs. 3 NetzDG in Verbindung mit § 111
Abs. 1 StGB, so dass die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin im
Rahmen des ihr als Betreiberin der Plattform … zustehenden virtuellen
Hausrechts (vgl. BSG, MMR 2013, 675 Rn. 14; OLG Köln, VersR 2001, 862) zu ihrer
Löschung und zur Sperrung des Nutzerkontos berechtigt und zu ihrer Löschung
darüber hinaus gemäß §§ 1 Abs. 3, 3 Abs. 2 Nr. 2 und 3 NetzDG verpflichtet war.
Auch im Internet kann der Eigentümer nach §§ 903 Satz 1, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB
analog jemanden von der Nutzung seiner Hardware durch das Speichern von
Inhalten ausschließen (LG München I, CR 2007, 264). Das Hausrecht ist Ausdruck
der durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Privatautonomie, die die
Selbstbestimmung des Einzelnen im Rechtsleben schützt (vgl. BVerfG, NJW 1994,
36, 38 m.w.N.), und hat zur Folge, dass rechtlich erhebliche
Willensentscheidungen zu der Frage, ob und in welchem Umfang einem Dritten der
Zugang zu einer bestimmten Örtlichkeit – bzw. hier der von der Antragsgegnerin
betriebenen Internetplattform – gestattet wird, keiner Rechtfertigung bedürfen
(vgl. BGH, NJW 2012, 1725 Rn. 8).
Dieses Recht besteht hier aufgrund der vertraglichen
Beziehung der Beteiligten zwar nicht uneingeschränkt. Die mit der
Antragstellerin eingegangene vertragliche Bindung lässt die hausrechtlichen
Befugnisse der Antragsgegnerin jedoch nicht vollständig entfallen, sondern hat
lediglich zur Folge, dass ihre grundrechtlich geschützten Positionen, nämlich
die Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG), die unternehmerische Freiheit (Art. 12
Abs. 1 Satz 1 GG), die Ausübung ihrer Eigentumsrechte (Art. 14 Abs. 1 Satz 1
GG) sowie ihr Recht, sich durch die verhängten, der Erteilung eines Hausverbots
vergleichbaren Maßnahmen politisch zu positionieren (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG),
deutlich an Gewicht verlieren (vgl. BGH, NJW 2012, 1725 Rn. 14).
Bei der danach gebotenen Abwägung der beiderseitigen
Interessen waren die Löschung des Kommentars und die vorübergehende Sperrung
des Nutzerkontos der Antragstellerin vom Hausrecht der Antragsgegnerin umfasst.
Die streitgegenständliche Äußerung erfüllt den Tatbestand
des § 111 Abs. 1 StGB, so dass die Antragsgegnerin zu deren Löschung schon nach
§§ 1 Abs. 3, 3 Abs. 2 Nr. 2 und 3 NetzDG verpflichtet war. Erforderlich ist
insoweit die an Dritte gerichtete ernsthafte Aufforderung, eine bestimmte
rechtswidrige Tat zu begehen. Die Aufforderung muss über eine bloße Information
und über eine Unmutsäußerung oder Provokation hinausgehen (vgl. BGH, NJW 1984,
1631). Erforderlich ist eine bewusst-finale Erklärung an die Motivation
anderer, bestimmte Straftaten zu begehen (OLG Stuttgart, NStZ 2008, 36, 37).
Dabei sind bei der Deutung einer Äußerung ausgehend von ihrem Wortlaut der
sprachliche Kontext und die Begleitumstände, unter denen sie gefallen ist, zu
berücksichtigen, soweit diese für die Leser erkennbar sind. Es ist darauf
abzustellen, wie sie unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs von
einem unvoreingenommenen Durchschnittsleser verstanden wird (vgl. BGH, NJW
2009, 1872 Rn. 11; BGH, NJW 2005, 279, 281; BGH, NJW 2004, 598, 599).
Danach ist der objektive Tatbestand des § 111 Abs. 1 StGB
vorliegend erfüllt; eine schuldhafte Tatbegehung ist für die hier
streitgegenständlichen Maßnahmen der Antragsgegnerin nicht erforderlich
(Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen
Netzwerken vom 16. Mai 2017, BT-Drucks. 18/12356, Seite 19 f.). Durch die
Verwendung der Imperativform eines Verbs, das den Tatbestand der
Körperverletzung beinhaltet, bringt die Antragstellerin die an die
Allgemeinheit gerichtete Aufforderung zum Ausdruck, gegen die – derzeit
unbekannten – Täter körperliche Gewalt einzusetzen und damit unter Umgehung der
Strafverfolgungsbehörden sowie, sofern aufgrund ihrer Nationalität und ihres
Aufenthaltsstatus denkbar, unter Umgehung verwaltungsgerichtlicher Verfahren
Selbstjustiz zu üben. Die Aufforderung ist auch hinreichend bestimmt, da die
von den Erklärungsadressaten erwartete Tat ihrer Art und ihrem rechtlichen
Wesen nach konkretisiert wird. Da es sich bei § 111 Abs. 1 StGB um ein
abstraktes Gefährdungsdelikt handelt, sind nähere Vorgaben zu Zeit, Ort und
speziellen Umständen der Tatausführung nicht erforderlich; es genügt vielmehr
die grobe Kennzeichnung des Deliktstypus (vgl. BayObLGSt 1992, 15, 19;
Münchener Kommentar/Bosch, StGB, 3. Auflage, § 111 Rn. 13). Daher ist es für
die Bewertung der Äußerung auch ohne Belang, dass die in dem Zeitungsbericht
beschriebenen Täter zum Zeitpunkt der Aufforderung nicht bekannt waren.
Eine von den vorstehenden Ausführungen abweichende Auslegung
kommt vorliegend nicht in Betracht. Insbesondere handelt es sich nicht um eine
lediglich parolenhafte Floskel mit Bezug zu benannten Personen, die
stellvertretend für eine vom Äußernden missbilligte gesellschaftliche oder
politische Institution stehen (vgl. BGH, NJW 1984, 1631). Die Antragstellerin
reagiert auf den Zeitungsbericht vielmehr mit der gezielten Aufforderung an
jeden Leser, auf das beschriebene Geschehen gleichermaßen durch die Begehung
einer Straftat zu reagieren.
Unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen war
daher nicht nur die Löschung des Kommentars, sondern auch die vorübergehende
Sperrung des Nutzerkontos für einen Zeitraum von 30 Tagen gerechtfertigt.
Zunächst muss es der Antragsgegnerin im Rahmen ihres Hausrechts grundsätzlich
möglich sein, auf rechtswidrige Inhalte nicht nur mit einer Löschung, sondern
auch mit anderweitigen Maßnahmen zu reagieren. Darüber hinaus hat sie mit ihrem
Hinweis auf ihre Gemeinschaftsstandards zum Ausdruck gebracht, dass die
Äußerung ihrer politischen Einstellung widerspricht, so dass auch ihr
gegenläufiges Recht auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs.1 Satz 1 GG zu
berücksichtigen ist. Bei der danach zur Beurteilung der Rechtswidrigkeit einer
Äußerung vor dem Hintergrund der Meinungsfreiheit gebotenen Abwägung der
betroffenen Interessen (vgl. BGH, NJW 2009, 1872 Rn. 17) ist zu
berücksichtigen, dass die von der Antragstellerin gewählte Formulierung „aus
unserem Land“ eine gegen Ausländer gerichtete Intention beinhaltet, die im
Zusammenhang mit der vorherigen Aufforderung, an den gesuchten Personen eine
Körperverletzung zu verüben, über eine ablehnende Haltung hinausgeht und somit
ausländerfeindliche und rassistische Tendenzen aufweist. Demgegenüber ist die
nur vorübergehende Sperrung des – wenngleich mit der Übermittlung von Daten
einhergehenden – unentgeltlich zur Verfügung gestellten Nutzerkontos für einen
relativ kurzen Zeitraum verhältnismäßig und daher nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

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LG Augsburg – Kein Unterlassungsanspruch einer negativen Bewertung auf einer Internetplattform

Leitsatz:
Der Betreiber einer Internetplattform, auf welcher Nutzer
Erfahrungsberichte zu verschiedenen Einrichtungen abgeben können, ist nicht
verpflichtet, die Bewertung einer Praxisklinik ohne Begründungstext mit (nur)
einem von fünf Sternen deshalb zu löschen, weil der Nutzer nach dem Vortrag des
Kilinikbetreibers nicht in der Klinik behandelt worden ist. Entscheidend ist
allein, dass der Nutzer in irgendeiner Art und Weise mit der Klinik in
Berührung kam und sich über diesen Kontakt eine Meinung über die Klinik
gebildet hat, die ihn veranlasst hat eine Ein-Sternchen-Bewertung abzugeben. 

Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110%
des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 10.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand
Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche auf
Unterlassung geltend. Der Kläger betreibt eine Praxisklinik für Zahnmedizin in
Augsburg.
Die Beklagte bietet verschiedene Online-Dienste an, unter
anderem den Geolokallsationsdienst … Über den Dienst können Nutzer
Erfahrungsberichte zu verschiedenen Einrichtungen abgeben. Sie können kurze
Bewertungen in Textform verfassen und die Einrichtung auf einer Skala von ein
bis fünf Sternen bewerten. Über den Dienst … können sich Unternehmen
registrieren und eingestellte Bewertungen kommentieren.
Zwischen Januar und Februar 2016 wurde auf einer von der
Beklagten zur Verfügung gestellten Plattform unter dem Benutzernamen … eine Bewertung
der Praxisklinik des Klägers ohne Begründungstext mit einem Stern vorgenommen.
Der Kläger behauptet, eine Person mit dem Namen … sei ihm
weder bekannt, noch war dieser Patient des Klägers.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die erfolgte Bewertung
ohne tatsächliche Grundlage erfolgte und eine unwahre Tatsachenbehauptung
darstelle. Dem Kläger stehe ein Unterlassungsanspruch gegenüber der Beklagten
zu.
Der Kläger beantragt zuletzt,
Die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, die den Kläger
betreffende Bewertung der Firma des Klägers durch den Benutzer mit dem Namen
… auf der von der Beklagten betriebenen Plattform „…“ und/oder
„…“ beispielsweise erreichbar unter der URL … zu verbreiten und/oder
verbreiten zu lassen. Die Unterlassung ist auf das Gebiet der Bundesrepublik
Deutschland beschränkt, soweit dies technisch für die Beklagte möglich ist.
Die Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte meint, dem Kläger fehle es an einer
Rechtsgutsverletzung. Die Sternchen-Bewertung stelle eine zulässige
Meinungsäußerung dar

Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
A.
Die Klage ist zulässig. Der Antrag des Klägers ist nicht als
zu unbestimmt und daher als unzulässig zurückzuweisen.
Wird Unterlassung beantragt, muss die Unterlassungshandlung
möglichst konkret gefasst sein, damit für die Rechtsverteidigung und
Vollstreckung klar ist, worauf sich das Verbot erstreckt {vgl. Greger, in:
Zöller, 28. Aufl. 2010, § 253 Rn. 13b).
Der Kläger hat die konkrete URL angegeben, unter welcher die
streitgegenständliche Sternchenbewertung zu finden ist. Der Beklagten war es
daher ohne weiteres möglich im Rahmen ihrer Rechtsverteidigung die konkrete vom
Kläger geforderte Unterlassungshandlung zu erfassen und sich darauf
einzulassen. Insofern war die Unterlassungshandlung konkret genug gefasst.
Der Einwand der Beklagten, dass der Klageantrag über das
Begehrte hinausgehe, da er sich nicht auf die konkret angegriffene Bewertung
der Praxis des Klägers durch den Nutzer mit dem Nutzernamen … beschränkt,
greift nicht. Der Antrag ist nicht zu weit gefasst. Insoweit ist zu
berücksichtigen, dass die Bewertung des Nutzers mit dem Nutzernamen … keine
weiteren Spezifikationsmerkmale aufweist mit deren Hilfe der Kläger in der Lage
gewesen wäre, den Eintrag genauer und besser zu umschreiben. Würde vorliegend
das Argument greifen, dass mit dem Antrag auch andere zukünftige Bemerkungen
des Nutzers mit dem Nutzernamen … von dem Antrag erfasst wären, so hätte der
Kläger bei bloßen Ein-Sternchen-Bewertungen nie die Möglichkeit einen
hinreichend bestimmten Antrag nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu stellen, schlicht
weil der Nutzer dem Kläger nur mit einem Stern bewertet, ohne hierbei eine
weitere individuelle Bewertung abzugeben, die eine nähere Spezifikation
erlauben würde.
Indes dürfen die Anforderungen an den Kläger vorliegend
nicht zu hoch angesetzt werden. Soweit der Nutzer mit dem Nutzernamen … weitere
Ein-Sternchen-Bewertungen der Klinik des Klägers ohne Begründung vornehmen
sollte, wäre eine Abgrenzung ab diesem Zeitpunkt über das jeweilige Datum der
Bewertung bzw. über die Angabe des Bewertungszeitraums und der damit
feststehenden zeitlichen Reihenfolge möglich. Eine konkrete Datumsangabe in
Bezug auf die hier streitgegenständliche Bewertung war dem Kläger für die
bisher einzige Bewertung des Nutzers mit dem Nutzernamen … jedoch nicht
sinnvoll möglich, da eine Angabe nur in Monats- bzw. Jahreszeiträumen seit der
Bewertung erfolgt (vor einem Jahr, vor 3 Monaten etc.) und sich die Angabe
demnach bei fortschreitender Zeit stets verändert.
Zudem lässt sich durch die Auslegung der Klagebegründung die
Bestimmtheit des Antrags herbeiführen (vgl. Greger, in: Zöller, 28. Aufl. 2010,
§ 253 Rn. 13b).
B.
Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch
gegenüber der Beklagten auf Unterlassung die streitgegenständliche
Sternchen-Bewertung zu verbreiten. Die Voraussetzungen der §§ 1004, 823 Abs. 1
BGB, Art. 2 Abs. 1 GG sind nicht erfüllt.
Der Kläger ist nicht in seinem Persönlichkeitsrecht
verletzt. Vielmehr stellt die streitgegenständliche Sternchen-Bewertung eine
zulässige Meinungsäußerung dar, sodass die Beklagte als (Mit-)Störerin oder mittelbare
Störerin ihre Prüfungspflichten im Hinblick auf die weitere Verbreitung der
streitgegenständlichen Bewertung nicht verletzt hat.
Mit der streitgegenständlichen Bewertung teilt der Nutzer
… mit, dass er eine Meinung zur bewerteten Praxis des Klägers hat und drückt
ein negatives Werturteil durch die Vergabe nur eines Sterns aus. Er bringt
damit seine subjektive und individuelle Bewertung über die Klinik des Klägers
zum Ausdruck. Mit der Vergabe des Sterns ist jedoch keine Aussage getroffen, welche
konkreten Leistungen oder Personen der Klinik gemeint sind. Insoweit ist die
Bewertung auch nicht dahingehend zu verstehen, dass der Nutzer die Bewertung
als Patient des Klägers oder seiner Klinik abgegeben hat.
Der Hintergrund der Bewertung bleibt für den Internetnutzer
offen, sodass der Kläger weder in seiner Ehre noch in seiner sozialen
Anerkennung betroffen ist. Insofern ist es nicht erheblich, dass der Kläger
behauptet, den Nutzer weder zu kennen noch als Patient behandelt zu haben.
Entscheidend ist allein, dass der Nutzer in irgendeiner Art und Weise mit der
Klinik des Klägers in Berührung kam und sich über diesen Kontakt eine Meinung
über die Klinik gebildet hat, die ihn veranlasst hat eine
Ein-Sternchen-Bewertung abzugeben. Eine Behauptung von Tatsachen, die nach den
Behauptungen des Klägers unwahr ist, ist in der Bewertung daher nicht
enthalten.
Die Meinungsäußerung wird auch nicht dadurch unzulässig,
weil der Hintergrund der Bewertung offen bleibt und daher eine Meinung geäußert
wird, ohne die Gründe zu nennen, die zu dieser Meinungsbildung geführt haben.
Die Äußerung von zulässiger Kritik hat nicht zur Voraussetzung, dass zugleich
die Hintergründe und Umstände aufgedeckt werden müssten, die zu der
Meinungsbildung geführt haben. Zum Recht der freien Meinungsäußerung gehört
auch seine Meinung aussprechen zu können, ohne diese erklären zu müssen (vgl.
OLG Köln, Urteil vom 6.1.2009, Az.: 15 U 174/08).
Die streitgegenständliche Sternchen-Bewertung ist zudem
keine Schmähkritik am Kläger oder dessen Klinik, sodass die Bewertung, die sich
auf die Sozialsphäre des Klägers bezieht, auch unter diesem Aspekt nicht als
unzulässig zu bewerten ist. Vorliegend bezieht sich die Bewertung auf die
Praxisklinik und damit auf die berufliche Sphäre des Klägers. Der Kläger hat
sich bewusst für einen Internetauftritt und eine Registrierung bei den Diensten
der Beklagten entschieden und muss damit rechnen, dass auch negative Kritik
veröffentlicht wird. Solange die Grenze der Beleidigung jedoch nicht
überschritten ist, ist der Kläger gehalten negative Meinungen über ihn zu
dulden, wenn nicht schwerwiegende Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht
bestehen, was vorliegend nicht der Fall ist.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der
Entscheidung ergibt sich aus § 709 ZPO.