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LG Aachen – Kopie reicht aus – Kein Anspruch auf Rechnung im Original

Das LG Aachen hat mit  Urteil
vom 09.01.2018, Az. 41 O 44/1
7 entschieden, dass der Rechnungsempfänger  keinen Anspruch darauf hat, dass ihm als
Unternehmer eine Rechnung mit Mehrwertsteuerausweis im Original übergeben wird.
Die Vorlage einer Kopie reicht aus.
Leitsätze:
  1.  Der Rechnungsempfänger hat keinen Anspruch
    darauf, dass im als Unternehmer eine Rechnung mit Mehrwertsteuerausweis im
    Original übergeben wird.
  2. Die Vorlage einer Kopie reicht aus.

Tenor:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner
verurteilt, an die Klägerin 6.466,93€ zuzüglich Zinsen in Höhe von 9,00
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab dem 25.11.2016 sowie in Höhe
von 5 % p.a. für den Zeitraum vom 27.10.2016 bis 24.11.2016 nebst 18,75 € an
vorgerichtlichen Mahnkosten zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits
als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist gegen Leistung einer Sicherheit in
Höhe von 110 % des zur Vollstreckung kommenden Betrages vorläufig
vollstreckbar.
T a t b
e s t a n d
Die Klägerin schloss mit der Beklagten zu 1),
deren persönlich haftende Gesellschafterin die Beklagte zu 2) ist, einen
Vertrag über Reparaturarbeiten an einem Lkw. Darüber hinaus sollten Inspektionsarbeiten,
Service und Dekraabnahme vorgenommen werden.
Die Klägerin führte die Arbeiten aus und ließ auch
die Dekraabnahme durchführen.
Bei Abholung des Fahrzeuges durch die Beklagte
wurde vereinbart, dass die Rechnung über 6.466,93 €, die Dekra-Bescheinigung
sowie ein Zulassungspapier der Beklagten zu 1) zugeschickt werden sollte.
Die Klägerin behauptet, die genannten Unterlagen
an die Beklagte zu 1) verschickt zu haben.
Sie beantragt:
                            Die Beklagten
werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die
Klägerin 6.466,93 € zuzüglich Zinsen in Höhe von
9,00 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab dem 29.04.2017 sowie
bereits ausgerechnete Zinsen für den Zeitraum vom 20.09.2016 bis 28.04.2017 in
Höhe von 320,90 € nebst 18,75 € an vorgerichtlichen Mahnkosten und 546,50 € an
angefallenen Inkassokosten zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
                            die Klage
abzuweisen.
Sie tragen vor, die Dekrabescheinigung und
Zulassungsbescheinigung nicht erhalten zu haben. Das gleiche gelte hinsichtlich
der Originalrechnung. Die mit der Klageschrift vorgelegte Rechnung sei eine
Archivkopie, welche sie nicht für Umsatzsteuervoranmeldungen nutzen könne.
Insoweit übe sie ihr Zurückbehaltungsrecht bis zum Erhalt einer
Originalrechnung aus.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und
Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien nebst den
von ihnen zu den Akten gereichten Unterlagen sowie auf den Inhalt des
Sitzungsprotokolls der Kammer vom 14.11.2017.
E n t s
c h e i d u n g s g r ü n d e
Die zulässige Klage hat in der Sache überwiegenden
Erfolg.
Der Klägerin steht aus § 631 BGB wegen der
durchgeführten Arbeiten am Fahrzeug der Beklagten zu 1) gegen diese ein Betrag
in Höhe von unstreitig 6.466,93 € zu. Hierfür haftet die Beklagte zu 2) als
persönlich haftende Gesellschafterin.
Das Zurückbehaltungsrecht, auf das sich die
Beklagte stützt, besteht nicht.
Wie sich aus dem Schriftsatz der
Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 26.06.2017 ergibt, übt sie ihr
Zurückbehaltungsrecht lediglich im Hinblick auf den Nichterhalt der
Originalrechnung aus. Hinsichtlich der Dekrabescheinigung sowie der
Zulassungsbescheinigung wird ein Zurückbehaltungsrecht nicht ausgeübt, da die
Beklagten ansonsten sich nicht bereit gefunden hätten, alleine gegen Erteilung
einer ordnungsgemäßen Originalrechnung den Rechnungsbetrag zu bezahlen (vgl.
Bl. 4 des Schriftsatzes der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom
26.06.2017).
Das Zurückbehaltungsrecht der Beklagten greift
jedoch nicht, da die Klägerin spätestens im Prozess Kopie der
streitgegenständlichen Rechnung vorgelegt hat. Dies reicht entgegen der
Auffassung der Beklagten aus. Im hier maßgeblichen Jahr 2016 war die
Umsatzsteuervoranmeldung mittels amtlich vorgeschriebenen Datensatzes durch
Datenfernübertragung nach Maßgabe der Steuerdatenübermittlungsverordnung
authentifiziert zu übermitteln (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG und § 48 Abs. 1
Satz 2 UStDV sowie Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 02.10.2015
zu Dokument 2015/0875211). Bei solchen fernübermittelten Unterlagen macht es
aber im Vorsteuervergütungsverfahren keinen Unterschied, ob ein vom
Rechnungsaussteller selbst erstelltes Dokument, das als Kopie des
Originaldokumentes ausgewiesen ist, oder eine vom Antragsteller selbst
erstellte Kopie des Originaldokumentes elektronisch übermittelt wird, da weder
die Neufassung des § 61 Abs. 2 Satz 3 UStDV noch die vorherige Fassung die
Auffassung zulassen, dass nicht eine Rechnungskopie, sondern nur das Original
der Rechnung unmittelbarer Ausgangspunkt der elektronischen Übersendung sein
darf (so: Finanzgericht Köln, Entscheidung vom 11.05.2016, Aktenzeichen 2 K
2123/13, Juris; bestätigt durch BFH, Urteil vom 30.8.2017, XIR 25/16).
Zwar waren in der Vergangenheit mit dem in
Papierform bei der Umsatzsteuervergütung zu stellenden Antrag die maßgeblichen
Rechnungen als Originale in Papierform vorzulegen. Hierdurch konnte das
Finanzamt auf den Originalrechnungen Markierungen anbringen, die eine
wiederholte mißbräuchliche Nutzung einer Rechnung zu Vergütungszwecken
verhinderte und zugleich sicherstellte, dass der Antragsteller im Besitz der
Originaldokumente war. Weiterhin konnte geprüft werden, ob an dem Original
Manipulationen vorgenommen worden sind.
Mit Umstellung des Verfahrens auf die digitale
Übermittlung sollen Originalrechnungen jedoch nur noch bei begründeten Zweifeln
in Papierform angefordert werden (§ 61 Abs. 2 Satz 4 UStDV). In den übrigen
Fällen verzichtet die Verwaltung aus verfahrensökonomischen Gründen darauf, die
Originalrechnung hinsichtlich ihrer Authenzität zu überprüfen und im Hinblick
auf eine künftige Verwendung zu markieren. Aus diesen Gründen hat das
Finanzgericht Köln in der oben genannten Entscheidung bei einem Fall mit
Auslandsbezug die Vorlage einer Originalrechnung grundsätzlich nicht mehr für
erforderlich erachtet. Denn eine Kopie stellt ein Abbild eines
Originaldokumentes dar, so dass es keinen Unterschied macht, ob das
Originaldokument zur elektronischen Übersendung vermittelt worden ist oder eine
Kopie des Originaldokumentes. In beiden Fällen kann das Finanzamt weder das
Originaldokument im Hinblick auf seine Authenzität prüfen noch hieran
Markierungen anbringen. Damit kann es aber auch eine mißbräuchliche Verwendung
einer Originalrechnung in einem anderen Verfahren zu
Vorsteuererstattungszwecken nicht wirksam verhindern, so dass die Übersendung
einer Kopie ausreicht.
Die Kammer sieht keinen Anlass, vor diesen
Grundsätzen, wenn sie schon für Fälle mit Auslandsbezug gelten, in einem Fall
wie hier mit reinem Inlandsbezug abzuweichen. Aus diesem Grunde kann die
Beklagte wegen des von ihr behaupteten Nichterhalts der Originalrechnung kein Zurückbehaltungsrecht
geltend machen. Denn sie hat unstreitig Kopien der Originalrechnung erhalten,
nach dem eigenen Vortrag mit E-Mail vom 27.10.2016, spätestens jedoch aber im
Verfahren.
Dass die Beklagte zu 1) sich vor dem 27.10.2016
auf ein Leistungsverweigerungsrecht berufen hatte, welches unter Umständen den
Eintritt des Verzuges verhindert hätte, ist nicht ersichtlich. Der Hinweis
darauf, dass man, wie im Schriftsatz vom 26.06.2017 vorgetragen, seine
Verwunderung darüber erklärt habe, eine Mahnung zu erhalten, ohne je eine
Rechnung bekommen zu haben, stellt nach Ansicht der Kammer kein eindeutiges
Berufen auf ein Zurückbehaltungsrecht dar.
Der geltend gemachte Zinssatz ist nur teilweise
gerechtfertigt. Da die Klägerin den Zugang der Rechnung vor dem 27.10.2016
nicht nachweisen kann, sind vor diesem Zeitpunkt mangels Kenntnis des zu
zahlenden Betrags auf Beklagtenseite keine Fälligkeit und auch kein Verzug
eingetreten, so dass die Beklagte ab dem 27.10.2016 zunächst nur den
Fälligkeitszins der §§ 352, 353 HGB schuldete.
Verzug trat nach § 286 III BGB erst 30 Tage später
am 25.11.2016 ein, so dass erst von da an der höhere Verzugszins zu zahlen ist.
Somit befand sich aber die Beklagte, als das
Inkassobüro beauftragt wurde (spätestens 31.10.2016, Anlage K 2), nicht in
Verzug, so dass die Beauftragung des Inkassobüros nicht als Verzugsschaden
geltend gemacht werden kann; dies auch deshalb nicht, weil die Klägerin
aufgrund des Gesamtverhaltens der Beklagten zu 1. nicht davon ausgehen konnte,
durch die Einschaltung eines Inkassobüros zu ihrem Geld zu kommen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen haben ihre
Grundlage in den §§ 91, 709 ZPO.
Streitwert: bis 7.000,00 €