Mit Urteil vom 10.03.2015 hat das Amtsgericht Bielefeld (Az. 42 C 90/14) in einer Klage der Kanzlei BaumgartenBrandt für die Firma KSM GmbH wegen angeblichen Filesharings des Films „Stadt der Gewalt“ die Klage gegen zwei Anschlussinhaber, welche von der IT-Kanzlei Gerth vertreten worden sind, mit der Begründung abgewiesen, dass eine täterschaftliche Haftung der Beklagten für etwaige von ihrem Anschluss aus vorgenommene Rechtsverletzung, genauso ausscheidet wie die Haftung als Störer.
Das AG Bielefeld urteilte:
.… scheidet aber auch eine täterschaftliche Haftung der Beklagten für
etwaige von ihrem Anschluss aus vorgenommenen Rechtsverletzungen aus .
Für die Täterschaft der Beklagten spricht im vorliegenden Fall entgegen der
Auffassung der Klägerin kein Anscheinsbeweis. Zwar besteht nach der
Rechtsprechung des BGH (Urt. vom 12.05.2010, Az.: 1ZR121/09, Sommer unseres
Lebens) eine tatsächliche Vermutung dafür, dass dann, wenn ein geschütztes Werk
der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht wird, die zum
fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, diese Person für die
Rechtsverletzung verantwortlich ist und daraus ergibt sich eine sekundäre
Darlegungslast des Anschlussinhabers, der geltend gemacht, eine andere Person
habe die Rechtsverletzung begangen.
Die Annahme eines solchen Erfahrungssatzes kann in Mehrpersonenhaushalten
jedoch keinen Bestand haben. In einer Gesellschaft, in der ein Großteil der
Bevölkerung täglich auf das Internet zurückgreift, entspricht es vielmehr der allgemeinen Lebenserfahrung, dass neben dem .Anschlussinhaber auch die
sonstigen Mitbewohner den Internetanschluss selbstständig nutzen, ohne dass der
Anschlussinhaber die Art oder den Umfang der Nutzung kontrolliert, geschweige
denn bestimmt (AG Bielefeld, Urt. v. 20.8.2014, Az.: 42 C 257/14; AG Bielefeld, Urt.
v. 14.08.2014, Az.: 42 C 165/14 m.w.N.). In diesen Fällen genügt der
Anschlussinhaber daher seiner sekundären Darlegungslast, wenn er seine
Täterschaft bestreitet und darlegt, dass seine Hausgenossen selbstständig auf den
Internetanschluss zugreifen können, weil sich daraus bereits die ernsthafte
Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufes als der seiner Alleintäterschaft
ergibt. Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die beiden Beklagten der ihnen
obliegenden sekundären Darlegungslast jeweils vollumfänglich nachgekommen,
indem sie vorgetragen haben, dass sie die behauptete Rechtsverletzung nicht
begangen hätten und der Internetanschluss im Haushalt noch von der Ehefrau bzw.
dem Ehemann genutzt werde. Damit hat jeder Beklagte für sich einen Sachverhalt
vorgetragen, bei dem die ernsthafte Möglichkeit der Alleintäterschaft einer anderen
Person in Betracht kommt. Bezüglich des Beklagten zu 1) bedeutet dies, dass nach
seinem Vorbringen möglicherweise auch die Beklagte zu 2) als Täterin in Betracht
kommt, während nach dem Vorbringen der Beklagten zu 2) als möglicher Täter auch
der Beklagte zu 1) in Betracht kommt. Die vom BGH aufgestellte tatsächliche
Vermutung besagt nämlich gerade nicht, dass mehrere Anschlussinhaber als
Gesamtschuldner für die über ihren Anschluss begangene Urheberrechtsverletzung
verantwortlich sind. Eine gemeinschaftliche Tatbegehung liegt in derartigen Fällen
bereits aufgrund der Natur der Sache nicht vor. Die Klägerin· hat insoweit vorzutragen
und gegebenenfalls nachzuweisen, welcher der beiden Anschlussinhaber konkret für
die behauptete Rechtsverletzung verantwortlich ist.