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LG Frankfurt a. Ma. – Zur Einordnung des Begriffs „Plagiat“ als Meinungsäußerung oder Tatsachenbehauptung

Das LG Frankfurt a.M.  hat im Urteil vom
14.03.2019, Az. 2-03 O 440/18
eine Einordnung des Begriffs
„Plagiat“ als Meinungsäußerung oder Tatsachenbehauptung vorgenommen.
Leitsatz
Ob die Äußerung, es
liege ein „Plagiat“ vor, als Meinungsäußerung oder Tatsachenbehauptung
anzusehen ist, hängt von der konkreten Äußerung im Gesamtkontext ab. Hierbei
kann es – neben dem Empfängerhorizont – insbesondere darauf ankommen, ob der
Äußerung konkrete und überprüfbare Anknüpfungspunkte zu entnehmen sind, z.B.
indem konkrete Seitenangaben im angeblich plagiierten Werk bezeichnet werden
und die fehlende Nennung bzw. Zitation der Quelle moniert wird.
Zum Begriff des
„Dritten“ als Empfänger einer Äußerung.

Tenor
Die einstweilige
Verfügung – Beschluss – der Kammer vom 16.11.2018 wird mit der Maßgabe
bestätigt, dass es dem Verfügungsbeklagten bei Meidung von Ordnungsgeld bis
250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs
Monaten, zu vollstrecken an seinem Vorstand, für jeden Fall der Zuwiderhandlung
untersagt wird,
Dritten gegenüber zu
behaupten,
„Die ‚A‘ sind ein
Plagiat aus dem Buch des X. Dieser wird in Z Buch nicht genannt.“,
wenn dies in Gestalt
der E-Mail gemäß Seiten 1 und 2 der Antragsschrift (Anlage 8) geschieht.
Im Übrigen wird die
einstweilige Verfügung – Beschluss – der Kammer vom 16.11.2018 aufgehoben und
der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.
Von den Kosten des
Eilverfahrens haben die Verfügungsklägerin 20% und der Verfügungsbeklagte 80%
zu tragen.
Das Urteil ist
vorläufig vollstreckbar. Die Verfügungsklägerin kann die Vollstreckung durch
den Verfügungsbeklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund
des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der
Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des
jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Parteien (im
Folgenden statt und statt ) streiten im Wege des einstweiligen
Verfügungsverfahrens um die Zulässigkeit von Äußerungen in einer E-Mail.
Die Klägerin ist seit
dem Jahr … als … aktiv. Sie ist Autorin verschiedener Bücher und Rednerin.
Der Beklagte ist ein
Verband mit über 1800 Mitgliedern in Deutschland, die im Bereich … tätig
sind. Zu seinen Aufgaben gehören die … etc. Die Mitgliederzeitschrift des
Beklagten („…“) erscheint seit dem Jahr … im B Verlag.
Die Klägerin ist u.a.
Autorin des Sachbuchs „A“, das erstmals im Jahr 2006 im B Verlag
erschien und mittlerweile in 3. Auflage (…) erhältlich ist. Sie war bis Ende
2017 Mitglied des Beklagten.
Anfang November 2018
wurde der Beklagte darauf aufmerksam gemacht, dass in dem streitgegenständlichen
Buch der Klägerin ein Hinweis auf eine Akkreditierung des Beklagten mit Abdruck
des Logos des Beklagten enthalten sei. Der Vorstand des Beklagten trat sodann
zusammen und beschloss, in einer gemeinsam abgestimmten E-Mail den Geschäftsführer
des B Verlages zu bitten, die entsprechenden Stellen aus dem Buch zu entfernen.
Am 08.11.2018 versandte
der Beklagte unter der E-Mail-Adresse „v“ die aus Anlage 8 (Bl. 62
d.A.) ersichtliche E-Mail, die an Herrn D vom B Verlag gerichtet war und in
„CC“ an sechs weitere Personen geleitet wurde. Die E-Mail hat unter
anderem folgenden Inhalt:
„Lieber Herr D,
eine Journalistin kam
mit der Bitte auf uns zu, eine Klärung der Behauptung von Frau Z
herbeizuführen, dass sie eine Y-Akkreditierung einer ‚Ausbildung zum …‘
hätte.
Hierzu stellt der
Vorstand der Y fest:
Frau Z hat niemals eine
Akkreditierung für eine derartige Aus-/ oder Weiterbildung durch die Y erhalten
Die Akkreditierung
wurde der Kollegin … erteilt. Sie hat diese 2016 zurückgezogen (siehe Anhang)
Frau Z ist seit Ende
2017 nicht mehr Mitglied in der Y
Die ‚A‘ sind ein
Plagiat aus dem Buch des … X: <Titel, Jahr, Verlag>, 1997; S. 227 ff.
Dieser wird in Frau Z Buch nicht genannt oder gar zitiert.Der Vorstand der Y
bittet Sie hiermit, diese Informationen zur Kenntnis zu nehmen und die Nutzung
des Y Logos und die Behauptung, der Akkreditierung zu unterlassen. Beides ist
für die Y, die … und schlussendlich auch für den B Verlag als der die
‚Zeitschrift für … veröffentlichen Verlag diskreditierend.‘ Wenn das Werk
noch ausgeliefert wird, dann bitten wir Sie hiermit, die entsprechenden Stellen
zu schwärzen oder die Auslieferung zu stoppen.Mit freundlichen GrüßenIhr
…“
Bei den als
„CC“ in der E-Mail genannten Empfänger handelt es sich – mit einer
Ausnahme – um Mitglieder des Vorstands des Beklagten. Die ebenfalls in
„CC“ gesetzte Frau E betreut beim B Verlag die „Zeitschrift für
…“.
Die Klägerin ließ den
Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 09.11.2018 erfolglos abmahnen (Anlage
15, Bl. 69 d.A.).
Auf den Antrag vom
10.11.2018 hin hat die Kammer mit Beschluss vom 16.11.2018 – einstweilige
Verfügung (Bl. 74 d.A.) – unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel
untersagt,
Dritten gegenüber zu
behaupten,
„Die ‚A‘ sind ein
Plagiat aus dem Buch des X. Dieser wird in Z Buch nicht genannt oder gar
zitiert.“,
wenn dies in Gestalt
der E-Mail gemäß Seiten 1 und 2 der Antragsschrift (Anlage 8) geschieht.
Gegen die einstweilige
Verfügung hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 07.01.2019 Widerspruch
eingelegt.
Darüber hinaus erwirkte
die Klägerin vor dem Landgericht Deggendorf eine einstweilige Verfügung (Az: 32
O 591/18) gegen den Vorstandsvorsitzenden des Beklagten, die am 14.11.2018
erging. Das Landgericht Deggendorf hob die einstweilige Verfügung mit Urteil
vom 19.02.2019 auf (Anlage AG 7, Anlage ASt 15).
Die Klägerin behauptet,
dass sie zu keinem Zeitpunkt behauptet habe, eine Akkreditierung der Y zu
besitzen. Lediglich in der (aktuellen) 3. Auflage des streitgegenständlichen
Buches sei auf S. 275 und 276 eine Werbeanzeige der „Akademie …“
enthalten (Anlage 9, Bl. 63 d.A.), aber nicht mehr in der neuen Auflage, die
zurzeit in Arbeit sei. Bei der genannten Akademie handele es sich um ein
gemeinsames Projekt der Klägerin zusammen mit einer Kollegin namens …, die
eine entsprechende Akkreditierung bis 2016 hatte.
Die Klägerin trägt vor,
dass X in seinem Buch auf insgesamt 7 Seiten auf die … eingehe (dort S. 228
ff.) (Anlage 11, Bl. 65 d.A.). Es handele sich um eine fernöstliche These, die
in dieser Form schon seit Jahrtausenden praktiziert werde. Bei ihrem Werk
handele es sich nicht um ein Plagiat, sondern um die Weiterentwicklung einer
Idee. Auf den Ideengeber und dessen Publikationen habe die Klägerin in ihrem
Werk mehrfach hingewiesen, nämlich in den Angaben in ihrem Buch zur Autorin
sowie im Literaturverzeichnis auf S. 272 (Anlage 13, Bl. 67 d.A.). Hierbei habe
sie auch auf den Titel der Originalpublikation des Buchs von X verwiesen,
„…“.
Die Klägerin habe nicht
den Text von X übernommen und diesen als eigenen dargestellt.
Die Klägerin ist der
Auffassung, dass es sich bei der streitgegenständlichen Äußerung um eine
konkrete und widerlegbare Tatsachenbehauptung handele. Diese sei auch Dritten
gegenüber erfolgt, jedenfalls in Person des Geschäftsführers des B Verlages und
seiner Assistentin.
Auch der Begriff des
Zitats sei nicht feststehend. Es sei insbesondere nicht erforderlich, dass eine
Nennung in Fußnoten erfolge, was auch in Publikationen des Antragsgegners nicht
durchgehend praktiziert werde.
beantragt,
die einstweilige
Verfügung – Beschluss – der Kammer vom 16.11.2018 zu bestätigen.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung der
einstweiligen Verfügung vom 16.11.2018 den Antrag der Antragstellerin vom
10.11.2018 zurückzuweisen.
Der Beklagte trägt vor,
dass der Empfänger der E-Mail der Geschäftsführer des B Verlages und ein
jahrzehntelanger enger Geschäftspartner des Beklagten sei. Es treffe zu, dass
die Klägerin X auf keiner Seite ihres Buches zitiere. Die Beklagte habe X
vielmehr lediglich versteckt erwähnt und Werke von X in ihrem
Literaturverzeichnis aufgeführt. Hinweise auf das Werk von X im Text selbst
fänden sich nicht.
Der Beklagte ist der
Auffassung, dass ihm eine Aussage untersagt worden sei, die er so tatsächlich
nicht getätigt habe. Die Klägerin könne nicht die Unterlassung der Behauptung
„gegenüber Dritten“ verlangen. Es fehle an der Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr.
Der Beklagte habe schon
keine Behauptung aufgestellt. Der Empfängerkreis der streitgegenständlichen
E-Mail bestehe aus einem geschlossenen Kreis und dem Geschäftsführer des B
Verlages. Es handele sich im Hinblick auf die Vorstandsmitglieder um eine reine
„Selbstinformation“, in Bezug auf den Geschäftsführer des Verlages um
eine interne Äußerung ohne Außenwirkung. Die Plagiatseinschätzung in der E-Mail
habe der Vorstand des Beklagten lediglich beiläufig geäußert. Die Aufforderung,
Stellen zu schwärzen, beziehe sich unmissverständlich auf die Schwärzung des
Logos und der unwahren Akkreditierungsbehauptung.
Die Äußerung, es
handele sich um ein Plagiat, sei als Meinungsäußerung anzusehen, da ihm die
erforderliche Beweiszugänglichkeit fehle. Der Beklagte habe zum Ausdruck
gebracht, dass die von der Antragstellerin bearbeiteten „Z“ ein
Plagiat „aus“ dem X-Buch sein, nämlich von dessen „…“.
Es fehle auch an einem
Verfügungsgrund.
Der Beklagte rügt
ferner eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Zur Begründung führt er
insbesondere die kurze Fristsetzung in der klägerischen Abmahnung an, wobei in
der sehr kurzen Frist noch ein Wochenende enthalten gewesen sei.
Wegen der weiteren
Einzelheiten wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze
nebst Anlagen sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Auf den Widerspruch war
die einstweilige Verfügung – Beschluss – vom 16.11.2018 auf ihre Rechtmäßigkeit
hin zu überprüfen. Dies führte zu ihrer teilweisen und im Übrigen zu ihrer
Aufhebung.
Die Klägerin hat gegen
den Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen
Äußerung gemäß den §§ 823, 1004 BGB, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG wegen eines
unzulässigen Eingriffs in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht, wenn auch nicht
im begehrten Umfang.
Wegen der Eigenart des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite
nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden
grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen
Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen
der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu
berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann
rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen
Belange der anderen Seite überwiegt (BGH NJW 2016, 789 Rn. 20; BGH NJW 2016, 56
Rn. 29; BGH NJW 2014, 2029 Rn. 22; jew. m.w.N.).
Hier ist das
Schutzinteresse der Klägerin aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG mit dem Recht des
Beklagten auf Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK
abzuwägen.
Bei der angegriffenen
Äußerung handelt es sich um eine .
aa.
Bei der Frage, ob eine
Äußerung ihrem Schwerpunkt nach als Tatsachenbehauptung oder als
Meinungsäußerung anzusehen ist, kommt es entscheidend auf den Gesamtkontext der
fraglichen Äußerung an (vgl. BVerfG AfP 2013, 389 , juris-Rn. 18). Von einer
Tatsachenbehauptung ist auszugehen, wenn der Gehalt der Äußerung entsprechend
dem Verständnis des Durchschnittsempfängers der objektiven Klärung zugänglich
ist und als etwas Geschehenes grundsätzlich dem Beweis offen steht. Soweit eine
Tatsachenbehauptung mit einem Werturteil verbunden ist bzw. beides ineinander übergeht,
ist darauf abzustellen, was im Vordergrund steht und damit überwiegt. Wird eine
Äußerung in entscheidender Weise durch die Elemente der Stellungnahme, des
Dafürhaltens oder Meinens geprägt oder ist der tatsächliche Gehalt der Äußerung
so substanzarm, dass er gegenüber dem Wertungscharakter in den Hintergrund
tritt, liegt eine Meinungsäußerung vor. Vom Überwiegen des tatsächlichen
Charakters ist auszugehen, wenn die Wertung sich als zusammenfassender Ausdruck
von Tatsachenbehauptungen darstellt (vgl. Wenzel/Burkhardt, Recht der Wort- und
Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap. 4 Rn. 50 ff.).
Maßgeblich für die
Ermittlung des Aussagegehalts ist grundsätzlich nicht der Sinn, den der
Äußernde der Äußerung beilegen wollte, sondern der in der Aussage objektivierte
Sinngehalt, der durch Auslegung zu ermitteln ist (BVerfGE 82, 43, 51 ff.;
BVerfG NJW 2005, 1341 – vollzugsfeindlich; BGH NJW 1982, 1805 – Schwarzer Filz;
Löffler/Steffen, PresseR, 6. Aufl. 2015, § 6 Rn. 90 m.w.N.), wobei auf das
Verständnis des Empfängers abzustellen ist, an den sich die Äußerung unter
Berücksichtigung der für ihn wahrnehmbaren, den Sinn der Äußerung
mitbestimmenden Umstände richtet (BVerfGE 93, 266, 295 – Soldaten sind Mörder
II; BVerfG NJW 2003, 1303 – Benetton-Werbung; Löffler/Steffen, a.a.O., § 6 Rn.
90). Maßgeblich hierfür ist der Durchschnittsleser (Löffler/Steffen, a.a.O., §
6 Rn. 90 m.w.N.).
bb.
Die Rechtsprechung hat
sich bereits mehrfach mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Bezeichnung als
Plagiat als Meinungsäußerung oder als Tatsachenbehauptung anzusehen sei.
Im Fall des OLG München
(OLG München GRUR-RR 2004, 309) waren die Parteien Wettbewerber auf dem Markt
von Zeitschriften, die Zeitschriften mit den Titeln „Frau im Trend“
und „Frau von heute“ herausgaben. Streitgegenständlich war dort die
Äußerung: „Wer das Original mit einem billigen Plagiat angreift, muss damit
rechnen, dass wir uns zur Wehr setzen – wenn es sein muss auch mit gleichen
Mitteln.“ Das OLG München führte aus, dass der Begriff des Plagiats im
allgemeinen Sprachgebrauch als unrechtmäßige Nachahmung eines von einem anderen
geschaffenen Werks verstanden werde. Dabei sei die Unrechtmäßigkeit der
Nachahmung wesentlicher Begriffsbestandteil, wie die Überlegung zeigt, dass
dessen Verwendung für eine vom Schöpfer der Vorlage gestattete Nachahmung
gänzlich unüblich wäre. Dass es bei dem Begriff „Plagiat“ an einer
solchen Beweiszugänglichkeit fehlt, ergebe sich schon daraus, dass damit die
Unrechtmäßigkeit einer Handlung zum Ausdruck gebracht werden solle. Zwar
könnten einfache Rechtsbegriffe wie „Eigentum“ oder „Leihe“
im allgemeinen Sprachgebrauch als Tatsachenbehauptungen aufgefasst werden. Die
Frage nach der Unrechtmäßigkeit einer Nachahmung sei aber angesichts deren
generellen Zulässigkeit von derart vielschichtiger und durch Bewertungen
geprägter Art, dass sie rechtlichen und nicht tatsächlichen Gehalt hat und
deshalb einem Beweis nicht zugänglich sei. Weitere Angaben, die den Vorwurf im
Tatsächlichen konkretisiert hätten, seien nicht gemacht worden. Bei dieser
Sachlage sei die Verwendung des Begriffs „Plagiat“ zu substanzarm,
als dass sie als wahr oder unwahr eingestuft werden könne, und müsse als reine
Meinungsäußerung angesehen werden.
Im Fall des LG Hamburg
(LG Hamburg, Urt. v. 16.09.2016 – 324 O 510/15, BeckRS 2016, 21501; bestätigt
durch OLG Hamburg, Urt. v. 29.01.2019 – 7 U 192/16 – noch nicht veröffentlicht)
stritten die Parteien um eine umfangreiche Äußerung, bei der sich der Beklagte
kritisch mit Entscheidungen des LG Frankfurt am Main und des OLG Frankfurt am
Main im Zusammenhang mit Urheberrechtsverletzungen auseinandersetzte und die
Schutzlosigkeit wissenschaftlicher Autoren monierte. Obwohl der dortige
Beklagte Überschriften wortgleich übernommen und Texte teils nur umformuliert
habe, sei das Landgericht Frankfurt a.M. dem Einwand gefolgt, er habe sich
lediglich an die Gedankengänge „angelehnt“. Gerade weil Wissenschaftsprosa
sachlich und neutral daherkomme, dürfe – immer aus urheberrechtlicher Sicht –
abgeschrieben werden. Erstaunlicherweise betone das Landgericht Frankfurt a.M.,
dass bloße Abschnittsumstellungen genügten, um einem etwaigen Schutz als
wissenschaftlicher Konzeption auszuweichen. Mit seinem Hilfsantrag griff der
Kläger unter anderem die Äußerungen an, er habe sich „daraus
bedient“, aus dem Werk „abgeschrieben“ und „Überschriften
wortwörtlich übernommen“. Das LG Hamburg befand, dass es sich bei diesen
Äußerungen im Gesamtkontext um Meinungsäußerungen handele. So dürfe die
Übernahme kleinerer Satzfragmente, die gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig
anzusehen waren, wertend und zusammenfassend mit der Äußerung „daraus
bedient“ beschrieben werden. Gleiches gelte für die Äußerung in Bezug auf
das „Abschreiben“. Die Äußerung, der Kläger habe „Überschriften
wortwörtlich übernommen“ sei im Gesamtkontext als Meinungsäußerung
anzusehen, da der Beklagte die Urteilsgründe wertend zusammengefasst und
dargestellt habe. Prozessual sei davon auszugehen, dass der Kläger einzelne
Gliederungs- oder Kapitelüberschriften wörtlich als Thema verwendet habe.
Soweit die Behauptung als Tatsachenbehauptung verstanden werde, sei diese wahr.
Der EGMR (NJW 2015, 759
Rn. 61) betrachtete die Äußerung, Dr. ID habe in seinem „Mutter’s
Buch“ aus dem Buch von Dr. Spock „Baby und Kinderfürsorge“
abgeschrieben, als eindeutige Tatsachenbehauptungen und nicht als Werturteil.
Das sei unumstritten. Tatsächlich habe sich der Beschwerdeführer darüber
beklagt, dass er wegen der Parteilichkeit der Sachverständigen keine
Gelegenheit gehabt habe, die Richtigkeit seiner Behauptungen zu beweisen.
Der BGH hat den gegen
einen Schriftsteller erhobenen Vorwurf des Plagiats nicht als bloße
Meinungsäußerung in Form einer persönlich gefärbten Schlussfolgerung aus
Tatsachen angesehen, sondern um eine Behauptung tatsächlicher Art, die geeignet
ist, den Betroffenen in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen (BGH GRUR
1960, 500, 502). Es entspreche der Lebenserfahrung, dass man mit dem Begriff
des Plagiats die Vorstellung von einem geistigen Diebstahl verbinde, bei dem
fremdes Geistesgut als eigenes ausgegeben werde (BGH GRUR 1960, 500, 503).
Das OLG Köln geht davon
aus, dass der Begriff des Plagiats vom konkreten Verwendungszusammenhang
abhängt (OLG Köln NJW-RR 2002, 1341, 1342 ). Der auf ein bestimmtes Unternehmen
bezogene Plagiatsvorwurf hinsichtlich eines Taschenlampenmodells in einer
Publikumszeitschrift sei – ohne Darstellung der tatsächlichen Gegebenheiten – als
Meinungsäußerung anzusehen.
Das OLG Frankfurt a.M.
hat einen Plagiatsvorwurf nicht lediglich eine Meinungsäußerung im Sinne eines
bloßen Werturteils angesehen, da er zugleich die tatsächliche Behauptung des
Vorliegens eines Nachahmungstatbestands enthalte, der als Vorwurf geistigen
Diebstahls geeignet ist, den Betroffenen in der öffentlichen Meinung
herabzuwürdigen (OLG Frankfurt a.M. (6. Senat) GRUR 1991, 687 ).
Die Kammer hat in einem
der in der Äußerung vor dem LG Hamburg diskutierten Verfahren die Äußerung, der
(dortige) Kläger habe zwei Hauptkapitel der Habilitationsschrift beinahe
vollständig abgeschrieben und ein Plagiat begangen, als Tatsachenbehauptung
angesehen (LG Frankfurt a.M., Urt. v. 05.12.2013 – 2-03 O 26/13), wobei auch
insoweit der konkrete Kontext und das Verschweigen anderer Informationen eine
Rolle spielten.
cc.
In Anwendung der oben
dargestellten Grundsätze und unter Berücksichtigung der Umstände des hiesigen
Einzelfalls ist die streitgegenständliche Äußerung, bei den „Z“
handele es sich um ein Plagiat aus dem Buch von X, der nicht genannt oder gar
zitiert werde, nach Auffassung der Kammer als Tatsachenbehauptung anzusehen.
Denn der Beklagte
bezieht sich mit seiner Äußerung auf ganz konkrete Textstellen im Buch von X,
nämlich dort die Seiten 227 ff. Er erhebt ferner den Vorwurf, dass die Klägerin
diese Quelle nicht genannt oder zitiert habe. Der Durchschnittsleser in der
Rolle des hiesigen Empfängers, der einen Verlag leitet und darin auch
Zeitschriften herausgibt, versteht die streitgegenständliche Äußerung daher so,
dass die Klägerin Elemente und Texte aus dem Buch von X übernommen habe, ohne
dies in irgend einer Form zu kennzeichnen oder den Ursprungsautor zu nennen
bzw. zu zitieren. Im Bereich des Verlagswesens – also aus Sicht des Empfängers
– ist von einem Verständnis des Plagiats auszugehen, bei dem wissenschaftliche
Standards berücksichtigt werden. In diesem Empfängerkreis ist der Vorwurf des
Plagiats daher umso mehr dahingehend zu verstehen, dass eine Übernahme
konkreter Inhalte – hier sogar bezeichnet mit Seitenangaben – erfolgt sein
soll. Darüber hinaus bittet der Beklagte den Empfänger konkret um Anpassungen
im streitgegenständlichen Buch der Klägerin, auch wenn sich dies wohl auf die
Angabe zur Akkreditierung und der Verwendung des Logos beziehen dürfte. Aus der
Aufforderung wird jedoch für den Empfänger deutlich, dass sich der Beklagte
konkret gegen bestimmte Inhalte im Buch der Klägerin, das im Verlag des
Empfängers herausgegeben wurde, wendet.
Ob diese Form der
Übernahme aus einem Buch in ein anderes Buch ohne Angabe von Quellen erfolgt
ist, ist dem Beweis zugänglich, da der Beklagte hier konkrete Anknüpfungspunkte
beibringt.
Die Äußerung ist in
dieser Form unwahr. Die Darlegungs- und Beweislast für die Unwahrheit einer
Behauptung trägt hier der Beklagte, da sich um eine Äußerung handelt, die als
ehrenrührig anzusehen ist.
Der Beklagte hat die
konkrete Übernahme von Texten oder Teilen hieraus im vorliegenden Fall jedoch
nicht konkret dargelegt. Vielmehr hat die Klägerin dargelegt, dass sie die
Ideen von X weiter entwickelt und weiter ausgeführt habe und dass sich X auf
sieben Seiten seines Buches mit den „…“ auseinandersetze, während
sie hierauf aufbauend ein ganzes Buch konzipiert habe.
Die danach gebotene
Abwägung der gegenseitigen Interessen fällt hier zulasten des Beklagten aus. An
der Aufrechterhaltung und Weiterverbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen
besteht in der Regel – und auch hier – auch unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit
kein schützenswertes Interesse (BVerfG NJW 2012, 1643 Rn. 33 – Grüne
Gentechnik; BGH NJW 2016, 56 Rn. 31).
Soweit der Beklagte
argumentiert, dass die streitgegenständliche Passage in seiner E-Mail lediglich
beiläufig und ohne weitere Bedeutung vorgebracht worden sei, folgt die Kammer
dem nicht. Die streitgegenständliche E-Mail ist aus Sicht des Empfängers zu
betrachten. In ihr heißt es, dass der Vorstand des Beklagten bestimmte Dinge
feststelle. Nach dem sich anschließenden Doppelpunkt folgt eine Auflistung von
vier „Bullet Points“. Diese enthalten jeweils ganz konkrete
Äußerungen (niemals eine Akkreditierung, Akkreditierung wurde Frau … erteilt,
Klägerin seit Ende 2017 nicht mehr Mitglied) und im – weder optisch noch sonst
wie getrennt oder abgehoben – vierten Punkt die hier streitgegenständliche
Äußerung, die dementsprechend aus Sicht des Empfängers gleichberechtigt neben
den ersten drei Punkten steht. Darüber hinaus hat die Kammer berücksichtigt,
dass es sich bei der E-Mail – erkennbar auch für den Empfänger – um einen
abgestimmten Text handelt („Hierzu stellt der Vorstand der Y fest
…“) und nicht um eine spontane E-Mail mit quasi heruntergetippten, nicht
wohlüberlegten Gedanken.
Hiergegen spricht auch
nicht der anschließende Absatz, in dem der Beklagte sich nur noch auf die
Nutzung seines Logos und die Behauptung einer Akkreditierung bezieht und
diesbezüglich um Schwärzung bittet. Denn dadurch werden einzelne Stellen im
Buch bezeichnet, die geschwärzt werden sollen. Die Äußerung, dass es sich bei
dem Werk der Klägerin insgesamt um ein Plagiat handele, bleibt hiervon
unberührt.
Die Klägerin kann
hingegen nicht verlangen, dass der Beklagte die Äußerung, die Klägerin
„zitiere“ X nicht, unterlässt. Denn insoweit hat die Klägerin nicht
glaubhaft gemacht, dass sie X an einer Stelle des Buchs zitiert hat. Es trifft
zu, dass die Klägerin Werke von X in ihrem Literaturverzeichnis aufgeführt hat
und dass sie ihn in der Selbstdarstellung als Inspiration nennt. Die Klägerin
argumentiert, dass es sich bei ihrem Werk nicht um eine wissenschaftliche
Publikation, sondern um ein Sachbuch handele. Die Angabe von Werken im
Literaturverzeichnis sei insoweit ausreichend, da dies den entsprechenden
Gepflogenheiten entspreche.
Der Beklagte hat jedoch
vorgetragen, dass die Klägerin an keiner Stelle in ihrem Buch eine Quelle
„zitiere“. Der „Duden“ definiert den Begriff des
„Zitierens“ als „eine Stelle aus einem gesprochenen oder
geschriebenen Text unter Berufung auf die Quelle wörtlich wiedergeben“.
Unter einem Zitat wird im Rahmen schriftlicher Texte entweder die wörtliche
Wiedergabe in Anführungszeichen unter Angabe einer Quelle verstanden, im hier
streitgegenständlichen Kontext kann hier auch die Benennung in einer Fußnote
(oder Endnote) zu einer konkreten Textstelle oder eine anderen Form der
Quellenangabe verstanden werden. Beide Alternativen als Äußerung des Beklagten
sind nach bisherigem Stand wahr, da die Beklagte zwar Literatur nennt, diese
aber eben nicht einer konkreten Textstelle zuordnet.
Soweit der Beklagte die
Auffassung vertritt, dass er die streitgegenständliche Äußerung nicht getätigt
habe und schon deshalb die einstweilige Verfügung aufzuheben sei, folgt die
Kammer dem nicht. Die streitgegenständliche Äußerung im Tenor des Beschlusses
der Kammer stellt eine Verkürzung der Äußerung des Beklagten in der
streitgegenständlichen E-Mail dar, die durch die Bezugnahme auf die konkrete
Gestalt in Anlage 8 und gleichzeitig durch Wiedergabe der E-Mail in der
Antragsfassung hinreichend konkret die Äußerung des Beklagten in ihrem
Gesamtkontext erfasst.Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der
Verbotstenor des Beschlusses der Kammer auch nicht zu weit. Der Beklagte ist
insoweit der Auffassung, dass ihm nicht untersagt werden könne, „Dritten
gegenüber“ die Äußerung zu tätigen. Hierbei verkennt der Beklagte, dass
jedenfalls der Empfänger der streitgegenständlichen E-Mail für den Beklagten
als Dritter anzusehen ist. Gleiches dürfte für die in „CC“ genannte
weitere Mitarbeiterin des Verlages gelten, wobei es hierauf letztlich nicht
mehr ankommt.
Zu „Dritten“
gehören – insoweit ist dem Beklagten zu folgen – nicht die Personen eines
Unternehmens, die Leitungs- und Aufsichtsbefugnisse innehaben (vgl. zum
Wettbewerbsrecht Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl. 2019, § 4 Rn. 2.18d
m.w.N.), also insbesondere nicht die Mitglieder des Vorstands des Beklagten.
Der Geschäftsführer des B Verlages und seine Assistentin stehen jedoch
außerhalb des Beklagten und sind somit als Dritte anzusehen.
Auch die für den
Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ist gegeben. Im
Regelfall indiziert die Erstbegehung die Wiederholungsgefahr (ständige
Rechtsprechung BGH GRUR 1997, 379, 380 – Wegfall der Wiederholungsgefahr II).
Im Allgemeinen gelingt eine Widerlegung der Wiederholungsgefahr durch Abgabe
einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, die jedoch beklagtenseits
verweigert wurde. Damit zeigt Beklagte, dass nach wie vor Wiederholungsgefahr
besteht (vgl. BGH GRUR 1998, 1045, 1046 – Brennwertkessel).
Die Entscheidung über die
Androhung eines Ordnungsmittels beruht auf § 890 ZPO.
Der Verfügungsgrund der
Dringlichkeit liegt vor. Die E-Mail wurde am 08.11.2018 versandt, die Klägerin
hat ihren Antrag unter dem 12.11.2018 eingereicht.
Soweit der Beklagte
eine Verletzung des rechtlichen Gehörs oder des Rechts auf prozessuale
Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1, 20 Abs. 3 GG rügt, führte dies nicht zur
Aufhebung der einstweiligen Verfügung. Denn selbst wenn ein solcher Verstoß
vorgelegen haben sollte, wäre er mit der Möglichkeit des Widerspruchs und
Durchführung der mündlichen Verhandlung als geheilt anzusehen (vgl. BVerfG NJW
2017, 2985 Rn. 7).
Die Kostenentscheidung
beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, da jede Partei teils obsiegt hat, teils unterlegen
ist.
Die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.

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LG Frankfurt a. M. – Veröffentlichung von Intimfotos auf Facebook

Das LG Frankfurt a.M.: hat mit Urteil
vom 21.12.2017, Az. 2-03 O 130/17
entschieden, dass die Veröffentlichung
der Tatsache, dass der Äußernde zuvor eine Beziehung zu einer Minderjährigen
geführt hat, sowie Details hierzu,  in
die Intim- bzw. Privatsphäre der Betroffenen eingreift.
Leitsätze:
1.Die Veröffentlichung der Tatsache, dass der Äußernde zuvor
eine Beziehung zu einer Minderjährigen geführt hat, sowie Details hierzu,
greift in die Intim- bzw. Privatsphäre der Betroffenen ein.
2.Daraus, dass die Betroffene Aktaufnahmen im Playboy veröffentlicht
hat und selbst ein Facebook-Profil betreibt, ist der Bereich ihrer Privatsphäre
nicht einer so umfassenden Selbstöffnung zugeführt worden, dass es dem
Äußernden gestattet wäre, jegliche Details aus dem Privatleben der Betroffenen
zu offenbaren.
3. Eine Äußerung kann insgesamt verboten werden
(Gesamtverbot), wenn sie im Gesamtkontext die Darstellung enthält, wie aus
Sicht des Beklagten die Beziehung der Parteien begann und sich entwickelte und
die Äußerung von der Darstellung durchzogen ist, dass die Parteien eine intime
Beziehung geführt haben, dies aus der Aufmachung erkennbar ist und der Sinn der
angegriffenen Äußerung durch Streichung einzelner Passagen massiv verändert
würde.
4. Nach Ende einer Beziehung sind Bilder der Betroffenen mit
Intimbezug zu löschen.
5. Anders als bei Bildern, kann bei privaten Briefen mit
teils intimen Inhalt, die während einer mittlerweile beendeten intimen
Beziehung ausgetauscht wurden, nicht ohne Weiteres Löschung, wohl aber die
Unterlassung der Weitergabe verlangt werden.

Tatbestand:
Die Parteien streiten um Ansprüche wegen der Verletzung des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
Die Klägerin ist Studentin und heute 20 Jahre alt.           
Der Beklagte ist der ehemalige Lehrer der Klägerin an einer
Realschule in A.    
Nachdem die Klägerin die Realschule verlassen hatte, nahm
sie nach ihrem 16. Geburtstag im August 2012 an einer Freizeitfahrt teil, an
der auch der Beklagte beteiligt war. Die Parteien führten sodann zwischen
August 2012 und September 2013 eine Beziehung. Während dieser Beziehung
fertigten die Parteien verschiedene Fotografien, die die Klägerin teilweise
unbekleidet zeigen und die mit Einwilligung der Klägerin erstellt wurden. Der
Beklagte ist noch im Besitz von solchen Fotografien, jedenfalls in Kopie.
Ferner ist der Beklagte im Besitz von privaten (Liebes-)Briefen der Klägerin an
den Beklagten. Fotos und Briefe wurden teilweise durch die Ermittlungsbehörden
im Rahmen einer Hausdurchsuchung beim Beklagten zu Beweiszwecken im Strafverfahren
beschlagnahmt.              
Nach Ende der Beziehung versandte der Beklagte an den neuen
Freund der Klägerin ein Foto, das die Klägerin unbekleidet zeigt.    
Die Klägerin erwirkte 2015 und 2016 mehrere
Gewaltschutzanordnungen gegen den Beklagten, nach denen es dem Beklagten
untersagt war, sich der Wohnung der Klägerin oder ihr selbst auf weniger als
20m zu nähern, ihr aufzulauern, mit ihr Kontakt aufzunehmen oder sonstwie ein
Zusammentreffen mit der Klägerin herbeizuführen.        
Die Klägerin stellte gegen den Beklagten ferner
Strafanzeige. Wegen Verstoßes gegen § 4 GewSchG in sieben Fällen wurde der
Beklagte vom Amtsgericht M nach Durchführung der Hauptverhandlung am …2016
und …2016 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung verurteilt
(Anlage K1, Bl. 24 d.A.). Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der Beklagte hat
Berufung erhoben. Ferner wurde der Beklagte von seinem Arbeitgeber suspendiert.            
Im Vorfeld der mündlichen Verhandlung im Strafprozess
informierte der Beklagte Pressevertreter und übergab diesen private
Liebesbriefe der Klägerin an ihn sowie private Fotografien. Es kam mehrfach zu
Berichterstattungen, insbesondere der B-Zeitung, beispielsweise am …2016 mit
der Überschrift „…“, auf Anlage K2, Bl. 38 ff. d.A., wird Bezug
genommen. Der Beklagte gab in der Folgezeit und anlässlich der im … 2016
stattfindenden Hauptverhandlung privaten Fernsehsendern und der Presse
Interviews.
Am ….2016 stellte der Beklagte einen Beitrag auf seiner
Facebook-Seite ein, in dem er seine Sicht auf die Beziehung mit der Klägerin
und das laufende Verfahren mitteilte (Anlage K3, Bl. 51 d.A.). Zum Abschluss
des Beitrages forderte er die Leser zum „Teilen“ des Beitrages auf.
Am ….2016 veröffentlichte der Beklagte einen weiteren Beitrag, in dem er die
Klägerin namentlich erwähnte (Anlage K4, Bl. 57 d.A.).
Der Beklagte gab B ein Interview, das als Video
veröffentlicht wurde, in dem der Beklagte den Vornamen der Klägerin nannte und
das den Inhalt wie im Antrag zu 1 b) hat. Für den Inhalt wird weiter auf die CD
in Anlage K6 Bezug genommen.
Die Klägerin ist nebenberuflich als Model tätig. Im … 2016
erschienen im „Playboy“ Aktfotografien von der Klägerin, die mit
ihrer Einwilligung erstellt worden waren.           
Die Klägerin ließ den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben
vom ….2016 abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung auffordern. Ferner forderte sie ihn auf, sämtliche in
seinem Besitz befindlichen Briefe und Fotografien der Klägerin zu vernichten
und zu löschen, sowie Auskunft zu erteilen und eine dem Grunde nach bestehende
Schadensersatzpflicht gegenüber der Klägerin anzuerkennen (Anlage K5, Bl. 58
d.A.).
Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe ihr nach dem Ende
der Beziehung nachgestellt.     
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die angegriffenen
Beiträge sie in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht rechtswidrig treffen.
Sie sei in dem Beitrag erkennbar. Der Beitrag umfasse Angaben zu ihrer
Intimsphäre. Besonders zu berücksichtigen sei, dass der Beklagte Angaben zum
sexuellen Verhalten der Klägerin gemacht habe, die einen Zeitpunkt betreffen,
als die Klägerin noch minderjährig war. Das Recht auf Achtung der Privat- und
Intimsphäre umfasse auch das Recht, selbst darüber entscheiden zu können, ob,
in welcher Form und wem ein Blick in die Intimsphäre und das eigene
Geschlechtsleben gewährt werde. Der angegriffene Beitrag sei in seiner
Gesamtheit zu betrachten und zu verbieten. Der Beitrag könne nicht in einzelne
– zulässige und unzulässige – Äußerungen und Passagen aufgespalten werden, da
der Beklagte historisch aufbauend den Ablauf der intimen Beziehung zu der
Klägerin schildere und die späteren Abschnitte mit den vorangegangenen
„vernäht“ seien. Die Klägerin könne die Löschung aller Lichtbilder
und Briefe der Klägerin verlangen, die im Besitz des Beklagten seien. Dies
gelte nicht nur für intime Lichtbilder. Denn die Klägerin sei zum Zeitpunkt der
Anfertigung der Aufnahmen und der Briefe noch minderjährig gewesen. Die Briefe
zeigten das sexuelle Empfinden und die Gefühlswelt der Klägerin zu einer Zeit
als sie noch minderjährig war. Die Klägerin könne vom Beklagten Schmerzensgeld
verlangen, hierfür sei die beantragte Auskunft erforderlich.    
Die Klägerin beantragt,
1.           
den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines
Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR oder Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs
Monaten zu unterlassen,
Angaben über eine intime Beziehung zur Klägerin zu
veröffentlichen und/oder öffentlich zugänglich zu machen, wenn dies wie
nachstehend wiedergegeben geschieht:   
a)           
           
wenn dies geschieht wie in Anlage K3 ersichtlich,          
b)          
…,          
wenn dies geschieht wie aus der CD in Anlage K6 ersichtlich,   
1.
den Beklagten zu verurteilen, sämtliche privaten Briefe der
Klägerin und von ihm selbst oder der Klägerin angefertigte private Fotografien
der Klägerin – auch in digitaler Form – , die sich in seinem Besitz befinden,
zu vernichten und zu löschen;
hilfsweise: es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu
250.000,00 EUR oder Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten zu
unterlassen, private Briefe und private Fotografien der Klägerin Dritten zum
Zwecke der Veröffentlichung zu überlassen,       
1.           
den Beklagten im Wege der Stufenklage zu verurteilen,            
a)           
der Klägerin Auskunft zu erteilen,         
aa.         
in welchem Zeitraum der im Klageantrag zu 1) wiedergegebene
Text auf seiner Facebook-Seite öffentlich zugänglich gemacht wurde;             
bb.        
wie viele Aufrufe des im Klageantrag zu Ziff 1)
wiedergegebenen Textes auf seiner Facebook-Seite im fraglichen Zeitraum erfolgt
sind;      
cc.         
welche Personen den Artikel auf der jeweils eigenen Facebook-Seite
veröffentlicht haben (unter Angabe von Namen und Anschrift);         
dd.        
wem der Artikel aktiv bekannt gemacht oder zugesandt wurde
(auch per Mail);           
ee.        
welche privaten Briefe und Fotografien der Klägerin der
Beklagte an Presseorgane oder andere Dritte gegeben hat;
ff.          
in welchem Zeitraum das Interview gem. Antrag 1. lit. b)
online zugänglich war und wieviele Zugriffe es hierauf gab;
an die Klägerin Schadensersatz in einer nach Erteilung der
Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.      
Der Beklagte beantragt,             
die Klage abzuweisen. 
Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Klägerin sich
vorliegend nicht auf den Schutz ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts berufen
könne. Die Klägerin wende sich selbst an die Öffentlichkeit und bezeichne sich
auf Ihrer Facebook-Seite selbst als Person des öffentlichen Lebens. Sie
präsentiere ihr Sexualleben der Öffentlichkeit. Die Klägerin könne sich auch
nicht darauf berufen, dass es um Vorgänge aus der Zeit ginge, als sie noch
minderjährig war, da sie mittlerweile 20 Jahre alt ist.      
Der Beklagte habe sich mit seinem Beitrag in zulässiger
Weise öffentlich gegen die Vorwürfe der Klägerin zur Wehr gesetzt. Durch das
Strafverfahren gegen ihn seien die Vorwürfe auch bereits öffentlich gewesen.       
Nachdem im Berufungs(-straf-)verfahren vor dem Landgericht M
erörtert worden ist, ob der Beklagte im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt
hat, wendet der Beklagte dies auch für das vorliegende Verfahren ein. 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die
zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den
sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.   
Gründe:
Die Klage ist zulässig und weit überwiegend begründet.            
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht
Frankfurt a.M. gemäß § 32 ZPO örtlich zuständig. Insoweit war zu
berücksichtigen, dass der Beklagte seine Äußerung über eine bundesweit
abrufbare Facebook-Seite veröffentlicht hat, dass sein Beitrag unstreitig
mehrfach geteilt worden ist und dass der Beklagte am Schluss seines Beitrages
die Leser ausdrücklich zum weiteren Teilen des Beitrages aufgefordert hat. Der
Beklagte wollte sich mit seinem Beitrag offenkundig nicht nur an einen
begrenzten Personenkreis wenden, sondern seine Sicht der Dinge einem weiteren
Empfängerkreis zur Verfügung stellen. Im Übrigen war zu berücksichtigen, dass
über das Verhältnis zwischen den Parteien bereits zuvor bundesweit in der
Presse und im Fernsehen berichtet worden war, so dass damit zu rechnen war,
dass auch der Beitrag des Beklagten nicht lediglich ein örtlich begrenztes
Interesse finden würde.   
Im Übrigen hat sich der Beklagte in der mündlichen
Verhandlung rügelos eingelassen, § 39 ZPO.          
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf
Unterlassung der Gesamtäußerung gemäß Antrag zu 1.a) aus den §§ 823, 1004 BGB
i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.
Die Klägerin ist durch die angegriffene Äußerung erkennbar.
An die Erkennbarkeit werden grundsätzlich keine hohen Anforderungen gestellt.
Es kommt insoweit nicht darauf an, ob alle oder ein erheblicher Teil der Leser
oder gar die Durchschnittsleser die gemeinte Person identifizieren können.
Vielmehr reicht die Erkennbarkeit im Bekanntenkreis aus (OLG Frankfurt a.M.
GRUR-RR 2017, 120 Rn. 44 – Dschihadist; Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl.
2013, § 13 Rn. 37). Ausreichend ist es, wenn der Betroffene begründeten Anlass
zu der Annahme hat, dass über das Medium persönlichkeitsverletzende
Informationen auch an solche Empfänger gelangen, die aufgrund ihrer sonstigen
Kenntnisse in der Lage sind, anhand der mitgeteilten individualisierenden
Merkmale die Person zu identifizieren, auf die sich die Aussagen beziehen
(BVerfG NJW 2004, 3619, 3620 (BVerfG 14.07.2004 – 1 BvR 263/03)). Die
Erkennbarkeit kann sich auch aus dem Zusammenhang mit anderen
Veröffentlichungen ergeben (Dreier/Schulze-Specht, UrhG, 5. Aufl. 2015, § 22
KUG Rn. 3 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen waren hier gegeben. Aus der
angegriffenen Äußerung geht hervor, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der
Äußerung 20 Jahre alt war (Nr. 37), der Beklagte der Lehrer der Klägerin an
einer Schule in M war, dass diese im Alter von 16 Jahren die Schule verlassen
hat und im September 20xx erotische Bilder von ihr veröffentlicht wurden.
Ferner seien in Print- und Online-Medien Bilder von ihm und der Klägerin zu
sehen gewesen (Nr. 27), die Klägerin habe ihren Körper im „Playboy“
zur Schau gestellt (Nr. 36). Darüber hinaus ist zwischen den Parteien
unstreitig, dass der Beklagte den Nachnamen der Klägerin in einem wenige Tage
später veröffentlichten Beitrag unter Bezugnahme auf die vorangegangene
Äußerung genannt hat.          
Die angegriffene Äußerung greift unzulässig in das
Persönlichkeitsrecht der Klägerin ein.         
Die Veröffentlichung einer Liebesbeziehung greift
grundsätzlich in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des
durch die Veröffentlichung Betroffenen ein. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG, Art. 8
Abs. 1 EMRK gewährleisten das Recht auf Achtung der Privatsphäre, das jedermann
einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zugesteht, in dem er seine
Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Hierzu
gehört auch das Recht, für sich zu sein, sich selbst zu gehören und den
Einblick durch andere auszuschließen (BGH GRUR 2017, 850 (BGH 02.05.2017 – VI
ZR 262/16) Rn. 19 – Tim B.).            
Der Schutz der Privatsphäre ist sowohl thematisch als auch
räumlich bestimmt. Er umfasst insbesondere Angelegenheiten, die wegen ihres
Informationsgehalts typischerweise als „privat“ eingestuft werden
(BGH GRUR 2017, 304 (BGH 29.11.2016 – VI ZR 382/15) Rn. 9 – Michael Schumacher;
BGH GRUR 2013, 91 Rn. 12 – Comedy-Darstellerin; BGH NJW 2012, 763 (BGH
22.11.2011 – VI ZR 26/11) Rn. 10; BVerfG GRUR 2000, 446 – Caroline von Monaco).
Zur Privatsphäre gehören demnach auch Informationen über das Bestehen einer
Liebesbeziehung, deren Bekanntwerden der Betroffene – aus welchen Gründen auch
immer – nicht wünscht, sondern vielmehr geheim halten möchte (BGH GRUR 2017,
850 (BGH 02.05.2017 – VI ZR 262/16) Rn. 19 – Tim B.). Weiter gehört hierzu auch
die Information über Erkrankungen des Betroffenen (BGH NJW 2017, 1550 – Michael
Schumacher; BGH NJW 2012, 3645 (BGH 18.09.2012 – VI ZR 291/10); OLG Frankfurt
a.M. NJW-RR 2015, 102, 103).     
Darüber hinaus gewährt das Grundgesetz dem Bürger einen
unantastbaren Bereich zur Entfaltung der Persönlichkeit im Kernbereich
höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung, der der Einwirkung der
öffentlichen Gewalt entzogen ist. Wegen seiner besonderen Nähe zur
Menschenwürde ist der Kernbereich privater Lebensgestaltung absolut geschützt,
ohne dass dieser Schutz einer Abwägung nach Maßgabe des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zugänglich ist (BVerfG NJW 2009, 3357 Rn. 25
m.w.N.). Diesem Kernbereich gehören insbesondere Ausdrucksformen der Sexualität
an (BVerfG NJW 2008, 39 (BVerfG 13.06.2007 – 1 BvR 1783/05)). Im Übrigen hängt
die Beurteilung, ob ein Sachverhalt diesem Kernbereich zuzuordnen ist, davon
ab, ob der Betroffene ihn geheim halten will, ob er nach seinem Inhalt
höchstpersönlichen Charakters ist und in welcher Art und Intensität er aus sich
heraus die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt (BVerfG NJW
2009, 3357 (BVerfG 10.06.2009 – 1 BvR 1107/09) Rn. 25). Dementsprechend
betreffen Details über den Austausch von Intimitäten in einer Liebesbeziehung
nicht nur den Bereich der Privat-, sondern den der Intimsphäre.               
Weiter kann auch bei Heranwachsenden die Berichterstattung
über eine Beziehung einen Eingriff in einen besonders sensiblen Bereich
darstellen. Heranwachsende sollen eine gewisse Schutzbedürftigkeit dahingehend
genießen, so dass es ihnen zugestanden sein soll, auf dem Weg zu einer
gereiften Persönlichkeit unbeeinträchtigt Beziehungen zu Partnern führen zu
können, ohne dabei von einer breiten Öffentlichkeit beobachtet zu werden (LG
Hamburg NJOZ 2017, 1444).
Nach diesen Grundsätzen greift die angegriffene Äußerung
insgesamt jedenfalls in den Bereich der Privatsphäre, teilweise auch in den
Bereich der Intimsphäre der Klägerin ein, wobei es auf letzteres im Ergebnis
nicht mehr ankam.  
Denn der Beklagte offenbart in der angegriffenen Äußerung,
dass er sich von der Klägerin habe verführen lassen und später für sie seine
Frau und seine Familie im Stich gelassen habe, dass die Klägerin bereits mit 14
Jahren amouröse Gefühle für ihn gehegt habe, dass die Parteien sexuelle
Handlungen vorgenommen haben und dass die Parteien letztlich eine heimliche
Liebesbeziehung führten. Die Parteien hätten sich gegenseitig als Verlobte
bezeichnet. Weiter offenbart der Beklagte, dass die Klägerin aus seiner Sicht
ein abnormales Verhalten mit psychosomatischer Ursache an den Tag gelegt habe.
Ferner legt der Beklagte offen, dass er im Besitz von intimen Bildnissen der
Klägerin gewesen sei, die die Klägerin unbekleidet auf seinem Sofa zeigten.
Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als
eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst
durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange
bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen
Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention
interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das
Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des
Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH NJW
2016, 789 (BGH 15.09.2015 – VI ZR 175/14) Rn. 20; BGH NJW 2016, 56 (BGH
28.07.2015 – VI ZR 340/14) Rn. 29; BGH NJW 2014, 2029 (BGH 17.12.2013 – II ZB
6/13) Rn. 22; jew. m.w.N.).  
Hier ist das Schutzinteresse aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG
mit dem Recht auf Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG, Art. 10 Abs. 1
EMRK abzuwägen.            
Die Kammer hat bei der danach gebotenen Abwägung
berücksichtigt, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der vom Beklagten dargestellten
Begebenheiten und damit zum Zeitpunkt der von den Parteien geführten Beziehung
minderjährig war, während sie zum Zeitpunkt der angegriffenen Äußerung des
Beklagten die Volljährigkeit erreicht hatte. Die Kammer hat weiter einbezogen,
dass – auch auf Betreiben der Klägerin – gegen den Beklagten ein Strafverfahren
geführt worden ist, in dem der Umstand, dass die Parteien eine Beziehung
geführt haben, in öffentlicher Verhandlung offenbart wurde, wobei die
Hauptverhandlung jedoch erst nach Veröffentlichung der Äußerung des Beklagten
durchgeführt wurde. In die Abwägung hat die Kammer auch eingestellt, dass die
Klägerin zum Zeitpunkt der Äußerung bereits selbst mit Aktaufnahmen im Playboy
an die Öffentlichkeit getreten war und jedenfalls insoweit selbst die
Öffentlichkeit gesucht hat. Allerdings war insoweit einzustellen, dass die
Parteien vor mehreren Jahren eine Beziehung geführt hatten und die Klägerin
erst anschließend in die Öffentlichkeit getreten ist. Eine innere Beziehung
zwischen beiden Begebenheiten besteht daher nicht. Insbesondere ist daraus,
dass die Klägerin Aktaufnahmen hat fertigen lassen und selbst ein
Facebook-Profil betreibt, der Bereich der Privatsphäre der Klägerin nicht einer
so umfassenden Selbstöffnung zugeführt worden, dass es dem Beklagten gestattet
wäre, jegliche Details aus dem Privatleben der Klägerin zu offenbaren.         
Die Klägerin ist auch entgegen der Auffassung des Beklagten
nicht als Person des öffentlichen Lebens anzusehen. Sie ist mit Prominenten
oder Politikern in keiner Weise zu vergleichen. Hieran ändert auch nichts, dass
die Klägerin in einer bundesweit erscheinenden Zeitschrift mit Aktaufnahmen an
die Öffentlichkeit getreten ist und sich auch über Facebook öffentlich
präsentiert. 
Weiter hat die Kammer eingestellt, dass auch der Beklagte
einräumt, dass die Parteien ihre Beziehung jeweils geheim gehalten haben. Auch
der Beklagte trägt nicht vor, dass die Klägerin mit dem Umstand, dass die
Parteien eine Liebesbeziehung geführt haben, selbst zuvor – insbesondere vor
der öffentlichen mündlichen Strafverhandlung – an die Öffentlichkeit getreten
sei.       
Weiter hat die Kammer berücksichtigt, dass über die
Beziehung zwischen den Parteien auch vor der Äußerung des Beklagten bereits
öffentlich und bundesweit berichtet worden war. Insoweit ist jedoch zwischen
den Parteien unstreitig, dass dies jedenfalls auch auf Betreiben des Beklagten
erfolgte und dass der Beklagte insoweit Bildnisse und Liebesbriefe der Klägerin
an die Presse weitergereicht hatte. Eine Einwilligung der Klägerin in diese
Weitergabe hat auch der Beklagte nicht vorgetragen.         
Das ausgesprochene Verbot erstreckt sich vorliegend auch auf
die Gesamtäußerung, wie sie im Antrag zu 1 a) wiedergegeben ist. Unter
Berücksichtigung der Umstände des hiesigen Einzelfalls ist ein Gesamtverbot
zulässig.        
Ein Gesamtverbot ist dann nicht unverhältnismäßig, wenn die
beanstandeten Textteile für die Gesamtkonzeption eines Werks beziehungsweise
für das Verständnis des mit ihm verfolgten Anliegens von Bedeutung sind (BGH
NJW 1975, 1882, 1884 (BGH 03.06.1975 – VI ZR 123/74); BGH NJW 2005, 2844 (BGH
21.06.2005 – VI ZR 122/04) Rn. 28; BVerfG NJW 2008, 39 (BVerfG 13.06.2007 – 1
BvR 1783/05) Rn. 104 – Esra). Dies kann auch bei einer Berichterstattung der Fall
sein, wenn die einzelnen Teile der Gesamtäußerung gedanklich so verklammert
sind, dass ein Herausschälen eine Sinnveränderung zur Folge hätte
(Löffler/Steffen, a.a.O., § 6 Rn. 270; Wenzel/Burkhardt, Recht der Wort- und
Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap. 12 Rn. 82; vgl. auch Soehring/Hoene,
a.a.O., § 30 Rn. 29c m.w.N.). Enthält der Gesamtbeitrag einen unzulässigen
Angriff, weil etwa die Gesamtaussage ein verfälschendes Persönlichkeitsbild in
einer Art zeigt, dass dem nicht durch das Verbot einzelner Textstellen begegnet
werden kann, kann ein Verbot auf die gesamte Äußerung erstreckt werden
(Löffler/Steffen, a.a.O., § 6 Rn. 270). Dies kann insbesondere in Betracht
kommen, wenn es nicht nur um persönlichkeitsrechtsverletzende Unwahrheiten,
sondern um eine Verletzung der Privat- oder Intimsphäre geht. Äußerungen, die
die Privat- oder Intimsphäre verletzen, brauchen im Unterlassungsantrag daher
nicht notwendigerweise Einzelnen aufgeführt zu werden (BGH NJW 1981, 1366 –
Wallraff II; Wenzel/Burkhardt, a.a.O., Kap. 12 Rn. 94). Es ist in einem solchen
Fall nicht Aufgabe eines Gerichts, bestimmte Streichungen vorzunehmen, um die
Persönlichkeitsrechtsverletzung auf das gerade noch zulässige Maß zu
reduzieren, da es eine Vielzahl möglicher Varianten gäbe, wie diese Änderungen
vorgenommen werden müssten und die Gesamtäußerung durch solche Eingriffe eine
erhebliche Änderung erfahren würde (vgl. LG Frankfurt a.M., Urt. v. 08.09.2011
– 2-03 O 195/11).        
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die angegriffene
Äußerung enthält in ihrem Gesamtkontext die Darstellung, wie aus Sicht des
Beklagten die Beziehung der Parteien begann und sich entwickelte. Die gesamte
Äußerung ist durchzogen von der Darstellung, dass die Parteien eine intime
Beziehung geführt haben. Dies ist auch durch die Aufmachung der Äußerung
erkennbar. So beinhaltet der Beitrag eine Einleitung, in der der Beklagte
darlegt, dass er nun die Begebenheiten darstellen wolle, wie sie sich aus
seiner Sicht zugetragen haben. Anschließend stellt er in weitgehend
chronologischer Reihenfolge tatsächliche Begebenheiten oder Einordnungen
seinerseits dar, die aufsteigend nummeriert sind. Es ist bei der Betrachtung
des Gesamtkontextes erkennbar, dass die einzelnen Abschnitte jeweils
aufeinander aufbauen oder jedenfalls in ihrem Gesamtsinn miteinander verknüpft
sind. Würde man versuchen, aus der Gesamtäußerung Bezugnahmen auf die Beziehung
zwischen den Parteien zu streichen, wäre die Gesamtäußerung bis auf einige
Teiläußerungen zu streichen oder erheblich zu verändern. Der gesamte Sinn der
angegriffenen Äußerung würde dadurch massiv verändert.
Im Übrigen ist zu beachten, dass die Klägerin im Tenor ihres
Antrages die Äußerung nicht schlechthin verbieten lassen will, sondern in
dieser ausdrücklich die Veröffentlichung von „Angaben über eine intime
Beziehung zur Klägerin“ angreift. Hierdurch greift die Klägerin das
Unzulässige durch Abstrahierung in zulässiger Weise auf und schränkt
gleichzeitig den Verbotsumfang ein (vgl. insoweit Löffler/Steffen, a.a.O., § 6
Rn. 270).
Soweit der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung
eingewandt hat, dass der Antrag zu weit gefasst sei, da ihm auch Äußerungen im
Rahmen von behördlichen oder Strafverfahren untersagt würden, folgt die Kammer
dem nicht. Solche Äußerungen sind hier zum einen nicht streitgegenständlich,
vielmehr geht es hier um konkrete Äußerungen auf der Facebook-Seite des
Beklagten. Auch der Klägervertreter hat im Termin zur mündlichen Verhandlung
nicht darauf gedrungen, dem Beklagten auch im Zusammenhang mit behördlichen
oder Strafverfahren jegliche Äußerungen zur Beziehung der Parteien verbieten zu
lassen. Solche Äußerungen gegenüber Behörden wären äußerungsrechtlich auch
privilegiert (vgl. Soehring/Hoene, a.a.O., § 15 Rn. 22 m.w.N.). 
Die Klägerin kann vom Beklagten auch die Unterlassung der
Äußerung gemäß Antrag zu 1.b), die im Rahmen eines Interviews des Beklagten
getätigt wurde, aus den §§ 823, 1004 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG
verlangen.           
Auch die in dieser angegriffenen Äußerung enthaltene
Offenbarung, dass die Klägerin ein Interesse am Beklagten gezeigt habe und
diesen letzten Endes verführt habe, stellt einen unzulässigen Eingriff in die
Privatsphäre der Klägerin darf. Die Klägerin ist aus dem Beitrag auch
erkennbar, nachdem sie bildlich dargestellt wird. Auf die obigen Ausführungen
wird im Übrigen verwiesen.
Die Klägerin kann vom Beklagten hinsichtlich der sie
zeigenden Bilder teils Löschung und teils – nach ihrem Hilfsantrag –
Unterlassung verlangen (Antrag zu 2.).               
(Bilder)
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf
Löschung von sie zeigenden Bildnissen aus den §§ 823, 1004 BGB, jedoch nicht im
begehrten, vollständigen Umfang.       
Die Klägerin begehrt mit ihrem Hauptantrag zu 2) die
Vernichtung und Löschung von „privaten Fotografien der Klägerin“, die
von der Klägerin oder dem Beklagten angefertigt wurden.
Ein solcher Anspruch auf Löschung von Bildnissen, die sich
im Besitz eines Dritten befinden, kann nicht auf die §§ 22, 23 KUG gestützt
werden, da diese Schutz nur gegen die Veröffentlichung von Bildnissen gewähren
(BGH NJW 2016, 1094 (BGH 13.10.2015 – VI ZR 271/14) Rn. 30 f.). Durch die
Sonderregelung des § 22 KUG wird ein Rückgriff auf das Persönlichkeitsrecht
jedoch nicht verwehrt.    
Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewähren kein
allgemeines oder gar umfassendes Verfügungsrecht über die Darstellung der
eigenen Person. Das Recht am eigenen Bild gewährleistet dem Einzelnen aber
Einfluss- und Entscheidungsmöglichkeiten, soweit es um die Anfertigung und
Verwendung von Bildaufzeichnungen seiner Person durch andere geht. Das
Schutzbedürfnis ergibt sich vor allem aus der Möglichkeit, das auf eine
bestimmte Situation bezogene Erscheinungsbild eines Menschen davon zu lösen und
das Abbild jederzeit unter für den Betroffenen nicht überschaubaren und/oder
nicht beherrschbaren Voraussetzungen vor Dritten zu reproduzieren. Je leichter
dies ist, umso größer kann das Schutzbedürfnis sein. So sind mit dem
Fortschritt der Aufnahmetechniken wachsende Möglichkeiten der Gefährdung von
Persönlichkeitsrechten verbunden (BGH NJW 2016, 1094 Rn. 30). Zum rechtlich
geschützten Bereich des Persönlichkeitsrechts gehört in Ausformung der
verfassungsrechtlichen Wertentscheidung der Art. 1 und 2 GG zu Gunsten des
freien, eigenverantwortlichen Individuums auch, dass der Einzelne grundsätzlich
allein zur Verfügung über die Verwendung seines Bildnisses – nicht nur in der
Öffentlichkeit, sondern auch sonst – berechtigt ist (BGH, a.a.O., Rn. 31).
Danach kann unter besonderen Umständen schon das Innehaben
der Verfügungsmacht über Bildaufnahmen durch einen Dritten gegen den Willen des
Abgebildeten, sei es nur durch Behalten und Betrachten, dessen
Persönlichkeitsrecht verletzen. Dem Einzelnen steht mit dem Kernbereich
höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung ein unantastbarer Bereich zur
Entfaltung der Persönlichkeit zu, der wegen seiner besonderen Nähe zur
Menschenwürde absolut geschützt und einer Einschränkung durch Abwägung nach
Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht zugänglich ist. Die
Beurteilung, ob ein Sachverhalt diesem Kernbereich zuzuordnen ist, hängt davon
ab, ob der Betroffene ihn geheim halten will, ob er nach seinem Inhalt
höchstpersönlichen Charakters ist und in welcher Art und Intensität er aus sich
heraus die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt.  
Vor diesem Hintergrund kann bereits die Funktionsherrschaft
eines Dritten über intime Aufnahmen gegen den Willen des Abgebildeten diesem
Kernbereich zuzuordnen sein. Wer nämlich Bildaufnahmen oder Fotografien, die
einen anderen darstellen, besitzt, erlangt allein durch diesen Besitz eine
gewisse Herrschafts- und Manipulationsmacht über den Abgebildeten, selbst wenn
eine Verbreitung oder Weitergabe an Dritte nicht beabsichtigt oder untersagt
ist. Diese Macht ist umso größer, wenn Aufnahmen eine vollständige Entblößung
des gänzlich Privaten, der grundsätzlich absolut geschützten Intimsphäre des
Einzelnen, insbesondere im Zusammenhang mit gelebter Sexualität, zeigen. Diese
Entblößung wird von dem Abgebildeten regelmäßig als peinlich und beschämend
empfunden, wenn sich der Situationszusammenhang wie hier durch die Beendigung
der Beziehung geändert hat. Die zur Anregung des gemeinsamen Sexuallebens
erbrachte Entblößung wird als demütigend wahrgenommen, wenn das gemeinsame
Erleben entfällt, sie aber dauerhaft sichtbar bleibt, wenn das aktive Subjekt
gegen seinen Willen zum reinen Objekt des Bildbetrachters wird (BGH NJW 2016,
1094 (BGH 13.10.2015 – VI ZR 271/14) Rn. 35 m.w.N.).
Der Schutz des Persönlichkeitsrechts für solche Fotografien
kann allerdings entfallen oder zumindest im Rahmen der Abwägung zurücktreten,
wenn der Grundrechtsträger den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung von
sich aus öffnet, bestimmte, an sich dem unantastbaren Kernbereich zuzurechnende
Angelegenheiten der Öffentlichkeit zugänglich macht und damit zugleich die
Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt. Denn niemand kann
sich auf den Schutz seiner Intim- oder Privatsphäre hinsichtlich solcher
Tatsachen berufen, die er selbst der Öffentlichkeit preisgegeben hat (BGH,
a.a.O., Rn. 36). Eine solche Selbstöffnung liegt aber nicht vor, wenn die
Einwilligung in den Besitz von Bildnissen auf die Dauer einer Beziehung begrenzt
ist (BGH, a.a.O., Rn. 37 ff.).    
Nach diesen Grundsätzen ist der Beklagte verpflichtet,
sämtliche Bilder der Klägerin mit Intimbezug zu löschen.          
Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Parteien
eine Liebesbeziehung geführt haben und in diesem Zusammenhang Fotografien der
Klägerin erstellt oder dem Beklagten überlassen worden sind. Die Klägerin macht
insoweit auch geltend, dass sie eine eventuelle Einwilligung widerrufen hat,
wobei der Beklagte dem nicht entgegen getreten ist. Weiter ist zu
berücksichtigen, dass die Klägerin gegen den Beklagten auch Verfahren nach dem
GewSchG angestrengt sowie Strafanzeige erstattet hat. Das Verhältnis der
Parteien ist dementsprechend zerrüttet und von einer Fortdauer der – konkludent
nur für die Dauer der Beziehung erteilten – Einwilligung ist nicht auszugehen.        
Die auch insoweit gebotene Abwägung fällt zu Lasten des
Beklagten aus, soweit Bildnisse betroffen sind, die intimen Inhalt haben,
namentlich solche, die die Klägerin        
-in unbekleidetem Zustand,     
-in teilweise unbekleidetem Zustand, soweit der Intimbereich
der Klägerin (Brust und/oder Geschlechtsteil) zu sehen ist,
-lediglich ganz oder teilweise nur mit Unterwäsche
bekleidet,
zeigen (vgl. insoweit OLG Koblenz, Urt. v. 20.05.2014 – 3 U
1288/13, BeckRS 2014, 10308).          
Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass solche Bildnisse
den Intimbereich der Klägerin betreffen, diese zum Zeitpunkt der Aufnahmen noch
minderjährig war und der Beklagte zudem solche Bildnisse unstreitig bereits
Dritten zur Verfügung gestellt hat. Die von der Klägerin erteilte Einwilligung
erlaubt dem Beklagten unter Zugrundelegung der oben dargestellten Grundsätze
auch nicht den weiteren Besitz solcher Bildnisse der Klägerin.        
Die Kammer konnte der Klägerin diesen – im Umfang begrenzten
– Anspruch auch gemäß § 308 ZPO zusprechen, da es sich um ein Minus gegenüber
dem ursprünglich gestellten, umfassenden Löschungsanspruch beinhaltet (vgl. BGH
NJW 2016, 1094 Rn. 17). In dieser Fassung ist der Tenor auch gemäß § 253 Abs. 2
Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt (vgl. BGH NJW 2016, 1094 (BGH 13.10.2015 – VI ZR
271/14) Rn. 18).   
Darüber hinaus bestand der Anspruch der Klägerin jedoch
nicht, insbesondere also nicht hinsichtlich von Bildnissen, die die Klägerin –
ggf. mit dem Beklagten – zeigen, ohne dass ein Bezug zum Intimbereich besteht
(vgl. insoweit das Bild auf Bl. 40 d.A.). Lichtbilder, die den Betroffenen in
bekleidetem Zustand in Alltags- oder Urlaubssituationen zeigen, tangieren das
allgemeine Persönlichkeitsrecht in einem geringeren Maße und sind weniger
geeignet, das Ansehen des Betroffenen gegenüber Dritten zu beeinträchtigen. Es
ist allgemein üblich, dass etwa bei Feiern, Festen und in Urlauben Fotos von
Personen in deren Einverständnis gemacht werden und mit diesem Einverständnis
zugleich das Recht eingeräumt wird, diese Fotos auf Dauer besitzen und nutzen
zu dürfen. Insoweit kann es geboten sein, dass der Abgebildete sich an seiner
einmal erteilten Einwilligung festhalten lässt (OLG Koblenz, Urt. v. 20.05.2014
– 3 U 1288/13 Rn. 64, BeckRS 2014, 10308).
So lag der Fall auch hier. Die Klägerin hat vorgetragen,
dass der Beklagte – auch – Bilder von ihr mit Intimbezug im Besitz hat, aber
eben auch solche, die lediglich die Parteien gemeinsam zeigen. Der Besitz des
Beklagten an diesen Bildnissen greift in erheblich geringerem Umfang in das
Persönlichkeitsrecht der Klägerin ein. Hierbei hat die Kammer auch
berücksichtigt, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Anfertigung der Bildnisse
noch minderjährig war. Das Ergebnis dieser Abwägung wird durch die
gesetzgeberischen Entscheidungen in Bezug auf den Schutz von Daten allgemein
gestützt. Aus dem Anwendungsbereich des BDSG ist der – ansonsten eher strengere
– Schutz für die Nutzung von Daten „ausschließlich für persönliche oder
familiäre Tätigkeiten“ ausgenommen. Auch nach der im kommenden Jahr in
Kraft tretenden DSGVO gilt eine solche Ausnahme gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. c)
DSGVO (vgl. auch ErwGr 18 DSGVO).
(Hilfsantrag Bilder)        
Die Klägerin kann vom Beklagten jedoch gemäß ihrem
Hilfsantrag nach den §§ 823, 1004 BGB, 22, 23 KUG die Unterlassung der
Überlassung von Fotografien an Dritte verlangen, 
soweit diese nicht nach dem Hauptantrag zu löschen sind.       
Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen ist nach dem
abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen (BGH GRUR 2007, 527 –
Winterurlaub m.w.N.). Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur
mit ihrer Einwilligung verbreitet werden (§ 22 S. 1 KUG). Hiervon besteht
allerdings gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse
aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für
eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten gemäß § 23
Abs. 2 KUG verletzt werden (BGH GRUR 2013, 1065 (BGH 28.05.2013 – VI ZR 125/12)
Rn. 10 – Eisprinzessin Alexandra).               
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Es handelt sich –
zwischen den Parteien unstreitig – bei den Bildnissen, die die Klägerin zeigen,
insgesamt um private Bildnisse, bei denen die Klägerin eine Einwilligung zur
Veröffentlichung oder Weitergabe nicht erteilt hat. Die Bildnisse sind auch
nicht dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen, sondern sind – ebenfalls unstreitig
– im Rahmen der von den Parteien vor der Allgemeinheit stets verheimlichten
Beziehung entstanden. An dieser Bewertung ändert es auch nichts, dass die
Klägerin – nach dem Ende der Beziehung mit dem Beklagten – freiwillig
Aktfotografien hat fertigen und veröffentlichen lassen. Denn weder wirkt sich
dies auf die hier streitgegenständlichen Bildnisse noch auf das Interesse der
Klägerin an der Nichtveröffentlichung zuvor entstandener Bildnisse aus.               
(Briefe)               
Die Klägerin kann vom Beklagten nicht die Vernichtung
privater Briefe aus den §§ 823, 1004 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG
verlangen, aber nach ihrem Hilfsantrag die begehrte Unterlassung.          
aa.         
Wie oben dargestellt, verbleibt jedem ein Kernbereich des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts, der umfassend geschützt ist, sofern keine
Selbstöffnung vorliegt.             
Dieser Schutz kann grundsätzlich auch das geschriebene Wort
umfassen. Die Klägerin hat auch dargelegt, dass der Beklagte solche Briefe mit
intimem Inhalt an Dritte weitergegeben hat. Der Beklagte hat dies auch nicht in
Abrede gestellt. Im Beitrag bei B vom ….2016 gemäß Anlage K2 (Bl. 42 d.A.)
findet sich ein – in Handschrift der Klägerin abgebildeter – Brief der
Klägerin, die über ihre tiefe Liebe zum Beklagten auch aus einer Zeit
berichtet, als er noch ihr Lehrer war. In diesem Brief offenbart die Klägerin
Umstände aus ihrem Innersten, die der Einsicht der Allgemeinheit ebenso wie
ihres unmittelbaren Umkreises vollständig entzogen sind.  
Darüber hinaus enthält der Bericht ein Zitat aus einem
weiteren Brief an den Beklagten (Bl. 44 d.A.), in dem die Klägerin über
sexuelle Fantasien mit dem Beklagten berichtet.
Auch dieser Brief betrifft den absolut geschützten
Intimbereich.          
Allerdings wäre auch insoweit ein Schutz allein auf solche
Briefe zu erstrecken, die intimen Inhalt haben. Ein solches Verbot –
„Briefe mit intimem Inhalt“ – wäre jedoch, entgegen der obigen
Abgrenzung von Bildnissen anhand objektiv zu beurteilender Kriterien, nicht
hinreichend bestimmt nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, da die Frage, ob ein
geschriebener Text dem Bereich der Intim- oder („nur“) der
Privatsphäre unterfällt, im Einzelfall schwierig zu beurteilen ist.          
Ein umfassendes Löschungsgebot, das alle Briefe der Klägerin
an den Beklagten erfasst, wäre wiederum zu weitgehend. Denn die Klägerin hat
dem Beklagten die Briefe aus eigenen Stücken zur Verfügung gestellt. Es ist
auch nicht ungewöhnlich, dass Erinnerungsstücke an eine Beziehung auch nach
Ende der Beziehung aufgehoben werden.          
bb. Die Klägerin kann jedoch aus ihrem Hilfsantrag vom
Beklagten aus den §§ 823, 1004 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 2 GG verlangen,
dass er es künftig unterlässt, die ihm überlassenen privaten Briefe Dritten
zugänglich zu machen.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt vor einer
Beeinträchtigung der Privat- oder Intimsphäre, vor herabsetzenden, vor allem
ehrverletzenden Äußerungen oder davor, dass einem Betroffenen Äußerungen
unterschoben werden, die er nicht getan hat. Besonderen Schutz genießen in
diesem Zusammenhang Briefe oder sonstige private Aufzeichnungen. Sie dürfen in
der Regel nicht ohne Zustimmung des noch lebenden Verfassers veröffentlicht
werden (BGHZ 13, 334, 341 – Leserbrief; KG Berlin, Urt. v. 18.04.2011 – 10 U
149/10, ZUM 2011, 570, Rn. 4 – juris).     
Dieser Bereich ist jedoch nicht absolut geschützt, sondern –
wie auch im Übrigen – ist eine Abwägung der sich gegenüber stehenden Interessen
erforderlich. Wesentlicher Abwägungsfaktor ist hierbei das Gewicht des
öffentlichen Informationsinteresses (KG Berlin, Urt. v. 18.04.2011 – 10 U
149/10, ZUM 2011, 570, Rn. 4 – juris).
Diese Abwägung fällt vorliegend zu Gunsten der Klägerin aus.
Insoweit war zu berücksichtigen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Erstellung
und Absendung der Briefe minderjährig war und diese im Vertrauen auf die
private und geheim gehaltene Beziehung der Parteien dem Beklagten überlassen
hat. Ein Informationsinteresse des Beklagten gegenüber der Allgemeinheit oder
ein Interesse der Allgemeinheit ist bezüglich dieser Briefe nicht zu erkennen.       
Auch die für die Unterlassungsansprüche jeweils
erforderliche Wiederholungsgefahr ist gegeben. Im Regelfall indiziert die
Erstbegehung die Wiederholungsgefahr (ständige Rechtsprechung BGH GRUR 1997,
379, 380 (BGH 16.11.1995 – I ZR 229/93) – Wegfall der Wiederholungsgefahr II).
Im Allgemeinen gelingt eine Widerlegung der Wiederholungsgefahr durch Abgabe
einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, die jedoch beklagtenseits
verweigert wurde. Damit zeigt Beklagte, dass nach wie vor Wiederholungsgefahr
besteht (vgl. BGH GRUR 1998, 1045, 1046 (BGH 19.03.1998 – I ZR 264/95) –
Brennwertkessel).        
Die Entscheidung über die Androhung eines Ordnungsmittels
beruht jeweils auf § 890 ZPO.   
Die Klägerin kann vom Beklagten gemäß ihrem Antrag zu 3. aus
§ 242 BGB auch Auskunft darüber verlangen, in welchem Umfang die
Rechtsverletzung gemäß dem Klageantrag zu 1) geschehen ist, jedoch nicht im
begehrten Umfang.
Nach § 242 BGB kann der Betroffene Auskunft über den
Verbreitungsumfang einer Veröffentlichung verlangen, wenn sie zur
Rechtsverfolgung erforderlich ist und der Verletzer sie unschwer erteilen kann
(Wenzel/Burkhardt, a.a.O., Kap. 15 Rn. 7 m.w.N.)
Nach diesen Grundsätzen kann die Klägerin vom Beklagten
Auskunft darüber verlangen, in welchem Zeitraum der gemäß Klageantrag zu 1 a)
auf der Facebook-Seite des Beklagten veröffentlichte Text zugänglich war
(Antrag zu 3. a) aa.).    
Genauso kann die Klägerin verlangen, dass der Kläger
Auskunft darüber erteilt, wie viele Aufrufe des Textes erfolgt sind (Antrag zu
3. a) bb.). Der Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass er über diese
Informationen nicht verfüge.           
Die Klägerin kann jedoch nicht Auskunft verlangen, welche
Personen den Text selbst veröffentlicht haben (Antrag zu 3. a) cc.).      
Die Klägerin trägt insoweit vor, dass der Beklagte seine
Leser dazu aufgefordert habe, seinen Beitrag auf die eigene Facebook-Seiten zu
übernehmen, von wo aus dieser weiter habe geteilt werden können (Bl. 22 d.A.).            
Eine solche Aufforderung ergibt sich jedoch weder aus dem
Beitrag in Anlage K3, noch aus dem Beitrag in Anlage K4. Vielmehr fordert der
Kläger seine Leser am Ende seiner Äußerung auf, diesen Beitrag zu
„teilen“, nicht aber ihn auf andere Webseiten zu kopieren. Die
Klägerin hat auch nicht substantiiert vorgetragen, dass Dritte den Beitrag auf
ihre eigene Facebook-Seite übernommen haben. 
Im Übrigen ist Voraussetzung eines Auskunftsanspruchs nach §
242 BGB, dass der Auskunftssuchende nicht Kenntnis von den jeweiligen Umständen
hat, während der in Anspruch Genommene diese Auskunft unschwer erteilen kann.
Es ist vorliegend aber nicht ersichtlich, warum der Beklagte unschwer (und besser
als die Klägerin) Auskunft darüber erteilen können soll, wer seinen Beitrag in
anderer Form als durch ein „Teilen“ übernommen hat.        
Die Klägerin kann vom Beklagten aber auch verlangen, dass er
mitteilt, welchen Personen er den angegriffenen Beitrag aktiv bekannt gemacht
hat (Antrag zu 3. a) dd.) (vgl. dazu Wenzel/Burkhardt, a.a.O., Kap. 15 Rn. 8).   
Die Klägerin hat auch einen Anspruch darauf, dass der
Beklagte ihr mitteilt, welche Briefe und Fotografien der Beklagte von ihr an
Dritte weitergegeben hat (Antrag zu 3. a) ee.).  
Es ist hingegen nicht ersichtlich oder vorgetragen, warum
der Beklagte dazu etwas sagen können soll, in welchem Umfang sein Interview
Verbreitung gefunden hat, insbesondere nicht die Anzahl der Zugriffe hierauf .
Die Klägerin trägt auch nicht vor, dass der Beklagte dazu irgendwelche
Informationen hätte (Antrag zu 3. a) ff.).    
Soweit der Beklagte auf seine möglicherweise bestehende
Schuldunfähigkeit hingewiesen hat, kam es für die hier geltend gemachten
Ansprüche darauf nicht an. Im Übrigen hat der für seine möglicherweise
bestehende Schuldunfähigkeit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. BGH
NJW-RR 2004, 173, 174 (BGH 29.10.2003 – IV ZR 16/03); MünchKommBGB/Wagner, 7.
Aufl. 2017, § 827 Rn. 14 m.w.N.) diesbezüglich keinerlei tatsächlichen Vortrag
gehalten.               
Die Kostenentscheidung war einer Schlussentscheidung vorzubehalten.          
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt
sich jeweils aus § 709 ZPO.  

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LG Frankfurt: Zur Reichweite einer Creative Commons Lizenz bei Nutzungsrechten für Bilder

Das LG Frankfurt hat mit Urteil vom 16.08.2018, Az. 2-03 O32/17 entschieden, dass der Nutzer eines unter einer Creative Commons-Lizenz
stehenden Bildes die Nutzungsrechte nach § 158 Abs. 2 BGB verliert, wenn er die
nach der Lizenz geforderten Angaben nicht tätigt (z.B. Kopie der
Lizenzbedingungen, Nennung des Bildtitels). Ein Schadensersatzanspruch gegen
den Verletzer könne auch bestehen, jedoch finde die MFM-Tabelle keine Anwendung
für die Berechnung der Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr. Für einen
kostenpflichtigen Lizenzerwerb eines unter einer Creative Commons-Lizenz
stehenden Bildes könne nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie lediglich
dasjenige gefordert werden, was vernünftige Parteien für eine Befreiung von den
Vorgaben der Creative Commons-Lizenzen vereinbart hätten, nicht jedoch das, was
für ein anderes Bild, das nicht auch kostenlos genutzt werden kann, anzusetzen
gewesen wäre.
Leitsatz:
1.
Führt der Nutzer eines unter einer Creative Commons-Lizenz
stehenden Bildes die nach der Lizenz geforderten Angaben (Kopie der bzw. URL zu
den Lizenzbedingungen, Nennung des Bildtitels) nicht auf, führt dieser Verstoß
nach § 158 Abs. 2 BGB zum Entfall der Nutzungsrechte.
2.
Die MFM-Tabelle kann bei einem unter Creative Commons-Lizenz
stehenden Bild nicht zur Berechnung der angemessenen Lizenzgebühr angewendet
werden.
3.
Werden die Lizenz und der Name des Fotografen nicht genannt,
so kann davon ausgegangen werden, dass ein vernünftiger Lizenzgeber bei
vertraglicher Einräumung des Nutzungsrechts eine Lizenzzahlung gefordert und
ein vernünftiger Lizenznehmer eine solche gewährt hätte und der Wert der Lizenz
für die streitgegenständlichen Fotografien nicht mit € 0,- anzusetzen wäre. Der
Urheber eines unter Creative Commons-Lizenz stehenden Werks kann ein Interesse
daran haben, neben dem kostenlosen Angebot seiner Werke für die Befreiung von
den Bedingungen der Creative Commons-Lizenz eine Vergütung zu fordern. Jedoch ist
der Umstand, dass der Fotograf ein Lichtbild unter eine Creative Commons-Lizenz
gestellt hat, bei der Bemessung der Höhe des zu fordernden
Schadensersatzbetrags zu berücksichtigen, was dazu führen kann, dass für eine
Schätzung im konkreten Fall angesichts des nicht hinreichenden Vortrags des
Fotografen kein Raum bleibt.
4.
Zur Prozessführungsbefugnis eines Fotografenverbandes als
Vereinigung zur Geltendmachung von Rechten.

Tenor:
Das Versäumnisurteil der Kammer vom 22.02.2018 wird aufrecht
erhalten.
Der Beklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu
tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110%
des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar. Die
Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil vom 22.02.2018 darf nur
fortgesetzt werden, wenn diese Sicherheit geleistet ist.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wege der negativen
Feststellungsklage um urheberrechtliche Ansprüche auf Basis einer Creative
Commons-Lizenz.
Bei der Klägerin handelt es sich um den Landesverband ….
Der Beklagte macht Rechte wegen einer angeblichen
Urheberrechtsverletzung an einem Werk des Herrn F geltend. Er betreibt die
Webseite http://… , auf der Fotografen die Durchsetzung ihrer Rechte
gegenüber Verletzern angeboten wird (Anlage K1, Bl. 31 d.A.).
Herr F und der Beklagte schlossen unter dem 10.03.2016 den
aus Anlage K2 (Bl. 36 d.A.) ersichtlichen Vertrag über die Abtretung von
Schadensersatzansprüchen aufgrund einer Urheberrechtsverletzung. In diesem
Vertrag heißt es unter anderem:
(3.) Der Rechteinhaber tritt hiermit alle
Schadensersatzansprüche, die ihm aufgrund der vertragsgegenständlichen
Urheberrechtsverletzung gegen den Verletzer erwachsen sind, an die
Abtretungsempfängerin ab. …
(4.) Als Gegenleistung … wird der Rechteinhaber … durch
eine pauschale Zahlung in Höhe von 50,00 € (brutto) abgefunden.
(5.) Die Parteien sind sich darüber einig, dass weitere
(zukünftige) Urheberrechtsverletzungen an dem vertragsgegenständlichen
Bildmaterial verhindert werden sollen.
Aus diesem Grund sollen von der Abtretungsempfängerin
Unterlassungsansprüche gegen den Urheberrechtsverletzer geltend gemacht werden.
Der Abtretungsempfängerin wird daher von dem Rechteinhaber die Befugnis
erteilt, Unterlassungsansprüche gegen den Verletzer im eigenen Namen geltend zu
machen. Dabei soll die Abtretungsempfängerin auch berechtigt sein, alle
weiteren Urheberpersönlichkeitsrechte im eigenen Namen durchzusetzen,
insbesondere das Recht auf Namensnennung.
(6.) Die Parteien sind sich darüber einig, dass die
Abtretungsempfängerin die Rechte, …, im eigenen Namen und auf eigenes Risiko
durchsetzt.
Die Klägerin nutzte auf ihrer Webseite das Lichtbild des
Herrn F wie aus Anlage B2, Bl. 90 d.A. ersichtlich. Unter dem Bild brachte die
Klägerin – ohne weitere Angaben wie den Titel des Bildes oder einen Link –
sinngemäß folgenden Hinweis an:
string
Das Lichtbild hatte Herr F auf der Bilderplattform Flickr
unter dem Titel „…“ auf www.flickr.com veröffentlicht, wobei das
Lichtbild unter einer Creative Commons-Lizenz gemäß Anlage B1 (Bl. 86 d.A.)
(Namensnennung – Keine Bearbeitung 2.0, CC-BY-ND 2.0, abrufbar unter
https://creativecommons.org/licenses/by-nd/2.0/de/legalcode) stand. In deren
Ziffern 4 und 7 heißt es u.a.:
4. Beschränkungen. Die Einräumung der Nutzungsrechte gemäß
Ziffer 3 erfolgt ausdrücklich nur unter den folgenden Bedingungen:
a. Sie dürfen den Schutzgegenstand ausschließlich unter den
Bedingungen dieser Lizenz vervielfältigen, verbreiten oder öffentlich
wiedergeben, und Sie müssen stets eine Kopie oder die vollständige
Internetadresse in Form des Uniform-Resource-Identifier (URI) dieser Lizenz
beifügen …
b. Wenn Sie den Schutzgegenstand … vervielfältigen,
verbreiten oder öffentlich wiedergeben, müssen Sie alle Urhebervermerke für den
Schutzgegenstand unverändert lassen und die Urheberschaft oder
Rechtsinhaberschaft in einer der von Ihnen vorgenommenen Nutzung angemessenen
Form anerkennen, indem Sie den Namen (oder das Pseudonym, falls ein solches
verwendet wird) des Urhebers oder Rechteinhabers nennen, wenn dieser angegeben
ist. Dies gilt auch für den Titel des Schutzgegenstandes, wenn dieser angeben
ist, sowie – in einem vernünftigerweise durchführbaren Umfang – für die mit dem
Schutzgegenstand zu verbindende Internetadresse in Form des Uniform-Resource-Identifier
(URI), wie sie der Lizenzgeber angegeben hat, sofern dies geschehen ist, es sei
denn, diese Internetadresse verweist nicht auf den Urhebervermerk oder die
Lizenzinformationen zu dem Schutzgegenstand. …
7. Vertragsende
Dieser Lizenzvertrag und die durch ihn eingeräumten
Nutzungsrechte enden automatisch bei jeder Verletzung der Vertragsbedingungen
durch Sie. …
Der Beklagte ließ die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben
vom 14.12.2016 (Anlage K3, Bl. 38 d.A.) abmahnen und zur Abgabe einer
Unterlassungserklärung und Zahlung von Schadensersatz gemäß MFM-Tabelle in Höhe
von € 829,25 sowie von Rechtsverfolgungskosten in Höhe einer
1,3-Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von € 6.829,25 zuzüglich
Pauschale, insgesamt € 546,50, auffordern. Dem Abmahnschreiben war eine
vorgefertigte Unterlassungsverpflichtungserklärung beigefügt (Bl. 40R d.A.).
Mit anwaltlichem Schreiben vom 06.01.2017 gab die Klägerin
gegenüber Herrn F eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab und bot ihm den
Ersatz eventuell entstandenen Schadens an (Anlage K4, Bl. 42 d.A.).
Mit weiterem anwaltlichen Schreiben vom 06.01.2017 (Anlage
K5, Bl. 45 d.A.) wies die Klägerin die Ansprüche des Beklagten zurück und
forderte den Beklagten seinerseits zum Ersatz der Kosten für die
Rechtsverteidigung in Höhe einer 1,3-Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert
von € 6.829,25 zuzüglich Pauschale und Mehrwertsteuer, insgesamt € 650,34 auf.
Ferner forderte die Klägerin vom Beklagten die Erklärung des Verzichts auf den
geltend gemachten Unterlassungsanspruch. Der Beklagte antwortete mit Schreiben
vom 11.01.2017 (Anlage K6, Bl. 55 d.A.) und kündigte Klageerhebung für den Fall
an, dass die Klägerin ihre Meinung nicht ändere.
Die Klägerin rügt die Prozessführungsbefugnis des Beklagten.
Die isolierte Abtretung von Unterlassungsansprüchen sei ausgeschlossen, da es
sich um höchstpersönliche Rechte handele. Der Beklagte könne sich auch nicht
auf ein eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse berufen, da ihm keinerlei
Nutzungsrechte übertragen worden seien. Außerdem sei durch die Abgabe der
Unterlassungserklärung gegenüber dem Fotografen die Wiederholungsgefahr
entfallen.
Der Beklagte könne auch keinen Schadensersatz fordern. Die
Abtretung sei bereits nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 398 BGB. Es sei
auch zu berücksichtigen, dass der Fotograf für die Abtretung lediglich einen
Betrag von maximal € 50,- erhalten habe, in der Abmahnung jedoch ein Vielfaches
hiervon gefordert werde. Ferner könne sich der Beklagte nicht auf die
MFM-Tabelle berufen, da diese nur für Berufsfotografen gelte. Für einen
geringeren Satz spreche schon der Umstand, dass der Fotograf lediglich einen geringen
Betrag erhalten habe. Der Schaden liege hier jedoch ohnehin lediglich bei €
0,-, da der „objektive Wert“ schon grundsätzlich mit Null anzusetzen
sei. Ein wirtschaftlicher Wert der Namensnennung des Urhebers sei nicht
ersichtlich.
Die Abmahnung sei rechtsmissbräuchlich und unzulässig.
Der Beklagte könne auch aus dem Grunde keinen Ersatz von
Abmahnkosten verlangen, da er nach der Rechtsprechung in der Lage sein müsse
die außergerichtliche Abmahnung ohne anwaltliche Hilfe auszusprechen.
Die Klägerin hat zunächst beantragt,
1.
festzustellen, dass die Klägerin nicht gegenüber der
Beklagten verpflichtet ist, es zu unterlassen, Bildmaterial von Herrn F ohne
entsprechende Erlaubnis im Internet öffentlich zugänglich zu machen,
2.
festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, an
die Beklagte einen Betrag i.H.v. € 829,25 als Schadensersatz zu zahlen,
3.
festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, der
Beklagten die Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe einer 1,3-Geschäftsgebühr aus
einem Gegenstandswert in Höhe von € 6.829,25 zu erstatten,
4.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Kosten der
Rechtsverteidigung in Höhe von € 650,34 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten
über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.01.2017 zu erstatten.
Die Kammer hat sodann aufgrund der Säumnis des Beklagten am
22.02.2018 ein klagestattgebendes Versäumnisurteil erlassen (Bl. 204 d.A.).
Gegen das dem Beklagten am 01.03.2018 zugestellte Versäumnisurteil hat der
Beklagte am 05.03.2018 Einspruch eingelegt.
Die Klägerin beantragt,
das Versäumnisurteil der Kammer vom 22.02.2018 aufrecht zu
erhalten.
Der Beklagte beantragt,
das Versäumnisurteil der Kammer vom 22.02.2018 aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, bei ihm handele es sich um einen
nicht eingetragenen Verein, dem sich x Fotografen als Mitglieder angeschlossen
hätten, darunter Herr F. In seiner Satzung habe der Beklagte es sich zur
Aufgabe gemacht, Urheberrechtsverletzungen zulasten seiner Mitglieder im
eigenen Namen durchzusetzen. Im Falle einer Verletzung der Urheberrechte an
einer Fotografie ermächtige der Fotograf den Beklagten durch einen Vertrag, den
ihm zustehenden Unterlassungsanspruch im eigenen Namen geltend zu machen und
trete hierfür Schadensersatzansprüche gegen eine Vergütung an den Beklagten ab.
Dies diene dazu, den Mitgliedern das Kostenrisiko aufgrund von Gebühren- und
Gerichtskostenvorschüssen abzunehmen.
Die Klägerin habe bei der Verwendung des Lichtbildes von Herrn
F die zugrundeliegenden Lizenzbedingungen nicht erfüllt.
Der Beklagte ist der Auffassung, er sei im Wege der
gewillkürten Prozessstandschaft zur Geltendmachung der hier
streitgegenständlichen Rechte berechtigt. Herr F habe ihn ermächtigt, die
Ansprüche im eigenen Namen geltend zu machen. Der Beklagte nehme dadurch seine
satzungsmäßigen Aufgaben zu Gunsten eines Vereinsmitglieds war.
Es habe der Klägerin oblegen, den Bildtitel zu nennen und
einen Link auf die Creative Commons-Lizenz sowie einen Link auf die Unterseite
des Herrn F auf www.flickr.com zu setzen. Die Nennung des Titels und der Quelle
des Bildes sei erforderlich, um potenziellen Interessenten den Erwerb von
Lizenzen direkt vom Fotografen zu ermöglichen.
Zur Berechnung des Schadensersatzanspruches könne sich der
Beklagte auf die MFM-Tabelle berufen, für die Berechnung wird auf Bl. 82 d.A.
Bezug genommen. Die Klägerin habe das Lichtbild auch zu Werbezwecken verwendet,
was den entsprechenden Aufschlag rechtfertige.
Die Klägerin könne die Feststellung des Nichtbestehens eines
Unterlassungsanspruchs nicht verlangen, da der Beklagte nach der Abgabe der
Unterlassungserklärung gegenüber Herrn F durch die Klägerin sich keines
Unterlassungsanspruchs berühmt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die
zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den
sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Prozess war gemäß § 342 ZPO in die Lage vor der Säumnis
zurückzuversetzen, da der eingelegte Einspruch zulässig war. Der Einspruch ist
statthaft gemäß § 341 ZPO, da er sich gegen ein echtes Versäumnisurteil
richtet. Er entspricht auch der Form des § 340 ZPO. Ferner wurde er binnen der
Zweiwochenfrist des § 339 ZPO erhoben.
Die Klage ist zulässig. Soweit der Beklagte zunächst die
Rüge der sachlichen Unzuständigkeit angekündigt hat, hat er sich im Termin zur
mündlichen Verhandlung gemäß § 39 ZPO rügelos eingelassen.
Auch das für die Anträge zu 1) – 3) gemäß § 256 Abs. 1 ZPO
erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Der Beklagte hat
entsprechende Forderungen erhoben, so dass ein Interesse der Klägerin daran
vorliegt, deren Nichtbestehen gerichtlich zu klären. Soweit der Beklagte
einwendet, dass er nach der Abgabe der Unterlassungserklärung gegenüber Herrn F
(Drittunterwerfung) sich einer Unterlassungsforderung gemäß des Antrages zu 1)
nicht erneut berühmt habe, ändert dies am Feststellungsinteresse nichts, zumal
der Beklagte mit Schreiben vom 11.01.2017 (Anlage K6, Bl. 55 d.A.) angekündigt
hat, dass die Klägerin „die geltend gemachten Ansprüche vollständig
erfüllen“ solle, ansonsten werde er ohne weitere Ankündigung Klage
erheben. Aus Sicht der Klägerin drohte damit die Geltendmachung auch der
Unterlassungsansprüche durch den Beklagten.
Die Klägerin ist als Landesverband einer Partei gemäß § 3
ParteiG auch partei- und prozessfähig (vgl. Musielak/Voit-Weth, ZPO, 15. Aufl.
2018, § 50 Rn. 24).
Die Klage ist auch begründet.
1. Die Klägerin kann verlangen, dass festgestellt wird, dass
dem Beklagten der mit der Abmahnung vom 14.12.2016 geltend gemachte
Unterlassungsanspruch nicht zusteht (Antrag zu 1)).
a. Der Beklagte ist bereits nicht aktivlegitimiert.
Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche sind akzessorisch
zu dem jeweiligen Recht, für das die Ansprüche geltend gemacht werden. Daher
kann grundsätzlich nur der Rechteinhaber selbst auch Unterlassungs- und
Beseitigungsansprüche geltend machen. Eine isolierte Abtretung solcher
Ansprüche ist zudem im Hinblick auf die damit verbundene Veränderung des
Leistungsinhalts ausgeschlossen (BGH GRUR 2002, 248, 250 – SPIEGEL-CD-ROM).
Auch die Wahrnehmung fremder Rechte durch einen Dritten im eigenen Namen ist
grundsätzlich ausgeschlossen (Fromm/Nordemann, UrhG, 11. Aufl. 2014, § 97 Rn.
138). Eine Wahrnehmung von Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen durch
einen Dritten ist allerdings grundsätzlich im Wege der gewillkürten
Prozessstandschaft möglich. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der
Rechteinhaber den Anspruchsteller entsprechend ermächtigt und der Dritte ein
eigenes berechtigtes Interesse an der Anspruchsdurchsetzung besitzt (BGH GRUR
1961, 635, 636 – Stahlrohrstuhl; BGH GRUR 1998, 376 [BGH 11.12.1997 – I ZR
170/95] – Coverversion; Schricker/Loewenheim-Leistner, UrhG, 5. Aufl. 2017, §
97 Rn. 49; BeckOK-UrhR/Reber, 20. Ed. 2018, § 97 Rn. 27). Für das berechtigte
Interesse kommt es darauf an, ob der Ermächtigte aufgrund der besonderen
Beziehung zum Rechtsinhaber ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der
Rechtsverfolgung hat (Fromm/Nordemann, a.a.O., § 97 Rn. 140 m.w.N.). Dies kann
beispielsweise der Fall sein, wenn ein Berufsverband von Fotografen, dessen
Satzungszweck auch die Rechtsverfolgung deckt, Ansprüche für seine Mitglieder
geltend macht (BGH GRUR 2002, 248, 250 [BGH 05.07.2001 – I ZR 311/98] –
SPIEGEL-CD-ROM). Auch der Inhaber einfacher Nutzungsrechte kann sich auf ein
berechtigtes Interesse berufen. Anerkannt ist ferner, dass verbundene
Unternehmen ein hinreichendes Interesse haben (Fromm/Nordemann, a.a.O., § 97
Rn. 140 m.w.N.), ferner, wenn z.B. für die Mitglieder eines Konzertorchesters
eine Einziehungsermächtigung für Lizenzgebühren vorliegt (BGH GRUR 1960, 630,
631 – Orchester Graunke; BeckOK-UrhR/Reber, a.a.O., § 97 Rn. 29).
Eine Aktivlegitimation liegt andererseits beispielsweise
nicht vor, wenn eine Gesellschaft nur für die Geltendmachung eines Anspruchs
gegründet wurde (LG München I ZUM-RD 2001, 203, 206 f.; Fromm/Nordemann,
a.a.O., § 97 Rn. 140). Auch Verwaltungsgesellschaften, denen durch ihre
Mitglieder lediglich Inkassovollmacht erteilt wurde, können Ansprüche ihrer
Mitglieder nicht im eigenen Namen geltend machen (BGH GRUR 1994, 800, 801 [BGH
30.06.1994 – I ZR 32/92]; Fromm/Nordemann, a.a.O., § 97 Rn. 140).
Der Beklagte ist vorliegend nicht als Berufsverband im
obigen Sinne anzusehen, sondern lediglich als Vereinigung zur Geltendmachung
von Rechten. Der Beklagte trägt selbst vor, dass er gegründet wurde, um die
Rechtsverletzungen gegenüber seinen Mitgliedern geltend zu machen. Er erwirbt
mittels der vorgelegten Verträge von seinen Mitgliedern die Rechte an den
Fotografien. Von einem Berufsverband unterscheidet ihn daher bereits, dass er
nicht generell die Interessen seiner Mitglieder vertritt, sondern nur singulär
für die Durchsetzung von ganz bestimmten Rechten seiner Mitglieder gegründet
wurde. Er kann sich daher, abgesehen von der – streitigen – Mitgliedschaft und
den Ermächtigungsverträgen, nicht auf eine besondere Beziehung zu seinen
Mitgliedern berufen. Der Beklagte ist vielmehr vergleichbar einem
Inkassounternehmen, das Forderungen kauft, um sie im eigenen Namen und auf
eigene Rechnung geltend zu machen. Der Beklagte selbst trägt vor, dass Zweck
seiner Gründung war, den betroffenen Mitgliedern das Risiko der Geltendmachung
ihrer Rechte zu nehmen. Dies allein begründet jedoch kein hinreichendes
berechtigtes Interesse des Beklagten, sondern liegt allein im Interesse seiner
Mitglieder, die ohne Weiteres auch im eigenen Namen ihre Rechte geltend machen
könnten. Dabei könnte der Beklagte, statt sich zur Geltendmachung im eigenen
Namen ermächtigen zu lassen und dadurch – für den jeweils betroffenen
Anspruchsgegner nachteilhaft – als weiterer Gläubiger zur Verfügung zu stehen,
seine Mitglieder dadurch unterstützen, dass diese höhere Beträge zahlen und der
Beklagte dafür ihre Kosten der Rechtsverfolgung bei Geltendmachung im eigenen
Namen übernimmt.
b. Darüber hinaus ist der Feststellungsantrag begründet,
weil der geltend gemachte Unterlassungsanspruch jedenfalls aufgrund fehlender
Wiederholungsgefahr zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht besteht.
Vorliegend ist die erforderliche Wiederholungsgefahr durch
die von der Klägerin dem Fotografen F gegenüber abgegebene strafbewehrte – vom
Beklagten nicht angegriffene – Unterlassungserklärung in Form einer
Drittunterwerfung entfallen (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl.
2018, § 12 Rn. 1.240 f. m.w.N.).
Der Beklagte hat sich auch eines Unterlassungsanspruchs
berühmt. Dies gilt auch für den Zeitpunkt nach Abgabe der
Unterlassungserklärung durch die Klägerin.
Der Beklagte stellt sich auf den Standpunkt, dass er sich
nach der Abgabe der Unterlassungserklärung durch die Klägerin einer
Unterlassungsforderung gemäß des Antrags zu 1) nicht erneut berühmt habe. Mit
seinem weiteren Schreiben sei es ihm um die Zahlungsansprüche gegangen, von
einer Unterlassung sei keine Rede gewesen. Dieser Anspruch sei erfüllt gewesen.
Dem folgt die Kammer nicht. Nach Abgabe der
Unterlassungserklärung durch die Klägerin hat der Beklagte mit Schreiben vom
11.01.2017 (Anlage K6, Bl. 55 d.A.) dargelegt, dass er zur Kenntnis nehme, dass
die Klägerin eine außergerichtliche Einigung ablehne. Er hat ferner
angekündigt, dass die Klägerin „die geltend gemachten Ansprüche
vollständig erfüllen“ solle, ansonsten werde er ohne weitere Ankündigung
Klage erheben. Der Wortlaut dieses Schreibens ist nicht anders zu verstehen,
als dass der Beklagte auf der Erfüllung aller in der Abmahnung geltend
gemachten Ansprüche besteht und dementsprechend auch die Abgabe einer
Unterlassungserklärung weiterhin fordert.
2. Dem Beklagten steht ferner der vorgerichtlich geltend
gemachte Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz nicht zu (Antrag zu 2)). Ein
solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 97 Abs. 2 UrhG.
a. Der Beklagte ist für den streitgegenständlichen Schadensersatzanspruch
aktivlegitimiert. Denn urheberrechtliche Schadensersatzansprüche können
grundsätzlich gemäß § 398 BGB abgetreten werden (Fromm/Nordemann, a.a.O., § 97
Rn. 137; Schricker/Loewenheim-Leister, a.a.O., § 97 Rn. 49).
Die Abtretung ist auch entgegen der Auffassung der Klägerin
hinreichend bestimmt, da aus der Vereinbarung gemäß Anlage K2 deutlich wird,
dass es um Schadensersatzansprüche wegen der hier streitgegenständlichen
angeblichen Rechtsverletzung durch die Klägerin geht.
b. Die Klägerin hat das Urheberrecht des Herrn F
widerrechtlich verletzt.
Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass Herr F die
streitgegenständliche Fotografie gefertigt hat. Es ist ferner unstreitig, dass
die Klägerin die Fotografie verwendet hat und hierbei zwar den Namen des
Fotografen genannt und durch Symbole auf die Lizenz hingewiesen hat. Es ist
jedoch ebenfalls unstreitig, dass die Klägerin die Creative Commons-Lizenz
nicht verlinkt und jedenfalls die Nennung des Bildtitels unterlassen hat (vgl.
Anlage B2, Bl. 90 d.A.). Auf die Frage, ob die Klägerin auf eine von Herrn F
angegebene URL bei www.flickr.com verwiesen hat oder nicht, kam es nicht mehr
an. Insoweit ist allerdings bereits unklar, ob Herr F, wie es Ziffer 4 lit. b)
S. 2 2. Hs. der CC-BY-ND 2.0 verlangt („… wie sie der Lizenzgeber
angegeben hat“), auf seiner Webseite eine solche URL überhaupt angegeben
hat.
Die Klägerin kann sich aufgrund dieser Verletzung der
Lizenzbedingungen für ihre Nutzung nicht auf die Einräumung eines Nutzungsrechts
durch Herrn F berufen. Denn die Klägerin hat gegen die Bedingungen des
entsprechenden Lizenzvertrages gemäß Ziffern 4 lit. a) und b) des
Lizenzvertrages (Anlage B1) verstoßen, indem sie die dort geforderten Angaben
nicht aufführte. Diese Verletzung führte dazu, dass die im Vertrag vereinbarte
auflösende Bedingung nach § 158 Abs. 2 BGB mit der Folge des Entfalls der
Nutzungsrechte eingetreten ist (vgl. OLG Köln NJW 2015, 789, 793 [OLG Köln
31.10.2014 – 6 U 60/14] – Creative-Commons-Lizenz; LG Köln MMR 2014, 478, 479
m. Anm.; LG Berlin MMR 2011, 763 m. Anm.; Rauer/Ettig, WRP 2015, 153, 156;
Wagner, MMR 2017, 216, 219).
c. Die Klägerin handelte insoweit auch schuldhaft,
jedenfalls in Form der Fahrlässigkeit. Die Rechtsprechung stellt im Bereich des
Urheberrechts strenge Anforderungen an die Ausschöpfung der gegebenen
Prüfungsmöglichkeiten (BGH GRUR 2009, 864 [BGH 20.05.2009 – I ZR 239/06] Rn. 22
– CAD-Software; Fromm/Nordemann, a.a.O., § 97 Rn. 63 m.w.N.). Wer ein
geschütztes Werk verwenden will, muss sich danach Gewissheit über die
Rechtmäßigkeit seiner Handlungen verschaffen. Er muss sich die Legitimation
desjenigen, von dem er das Recht erworben haben will, ggf. nachweisen lassen
(BGH GRUR 1959, 331, 334 – Dreigroschenroman II). Das Risiko eines
Sachverhalts- oder Rechtsirrtums trägt grundsätzlich der Verwerter (BGH GRUR
2000, 699, 702 [BGH 17.02.2000 – I ZR 194/97] – Kabelfernsehen; BGH GRUR 1999,
984 [BGH 29.04.1999 – I ZR 65/96] – Laras Tochter; BGH GRUR 1999, 923, 928 [BGH
06.05.1999 – I ZR 199/96] – Tele-Info-CD). Erforderlichenfalls ist
rechtskundiger Rat einzuholen (Fromm/Nordemann, a.a.O., § 97 Rn. 64). Diesen
Anforderungen hat die Klägerin vorliegend nicht genügt.
d. Folge einer solchen Rechtsverletzung kann grundsätzlich
auch sein, dass derjenige, der gegen die Bedingungen der Creative
Commons-Lizenz verstößt, gemäß § 97 Abs. 2 UrhG zur Zahlung von Schadensersatz
in Form der Lizenzanalogie verpflichtet ist. Die Höhe dieses Schadensersatzes
kann im Wege der Lizenzanalogie grundsätzlich nach § 287 ZPO geschätzt werden.
Maßstab hierfür ist, was als angemessene und übliche Lizenzgebühr vereinbart
worden wäre. Dabei ist grundsätzlich vorrangig die Lizenzpraxis des Verletzten
zu berücksichtigen. Liegt eine solche nicht vor, können in der Regel
branchenübliche Sätze als Grundlage für die Schätzung dienen. Existiert kein
marktüblicher Lizenzsatz, sind die Umstände des Einzelfalls, insbesondere der
wirtschaftliche Wert des verletzten Immaterialguts und die Art sowie Intensität
der Verletzung maßgeblich (LG Frankfurt a.M., Urt. v. 15.09.2016 – 2-03 O
502/14; Rinken in: Cepl/Voß, Prozesskommentar GewRS, § 287 Rn. 41 m.w.N.). Dem
Gericht steht bei der Schätzung grundsätzlich ein Ermessen zu. Eine Schätzung
kann aber nicht erfolgen, wenn sie mangels greifbarer Anhaltspunkte in der Luft
hängen würde (Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 287 Rn. 4).
aa. Der Beklagte kann sich für die Schätzung des
Lizenzschadens vorliegend – entgegen seiner Auffassung – nicht auf die
MFM-Tabelle berufen. Einerseits hat der insoweit darlegungs- und
beweisbelastete Beklagte schon nicht hinreichend dargelegt und unter Beweis
gestellt, dass F als Berufsfotograf tätig ist. Hierauf kam es im Ergebnis
jedoch nicht an, da einer Anwendung der MFM-Tabelle bereits entgegensteht, dass
der Beklagte seine Fotografien auch kostenlos unter den Bedingungen der
Creative Commons-Lizenzen anbietet (vgl. OLG Köln NJW 2015, 789, 794 [OLG Köln
31.10.2014 – 6 U 60/14] – Creative Commons-Lizenz). Im Rahmen der Bestimmung
des nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie zu zahlenden Schadensersatzes kommt
es nämlich auf dasjenige an was ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und eine
vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide die im Zeitpunkt der
Entscheidung gegebene Sachlage gekannt hätten (BGH GRUR 1990, 1008 [BGH
22.03.1990 – I ZR 59/88] – Lizenzanalogie). Nach den Grundsätzen der
Lizenzanalogie muss daher auch Berücksichtigung finden, dass der potentielle
Erwerber eines Nutzungsrechts an der streitgegenständlichen Fotografie stets
die Möglichkeit hat, dieses Werk auch kostenlos zu lizenzieren. Für den
kostenpflichtigen Lizenzerwerb kann daher nach den Grundsätzen der
Lizenzanalogie lediglich dasjenige gefordert werden, was vernünftige Parteien
für eine Befreiung von den Vorgaben der Creative Commons-Lizenzen vereinbart
hätten, nicht jedoch das, was für ein anderes Bild, das nicht auch kostenlos
genutzt werden kann, anzusetzen gewesen wäre.
bb. Vorliegend kann die Kammer auf der Grundlage des
Vortrages der Parteien und auch unter Anwendung der großzügigen Grundsätze des
§ 287 ZPO keinen Lizenzsatz bestimmen. Dieser hinge in der Luft, so dass eine
Schätzung im konkreten Fall unzulässig wäre.
Es konnte insoweit offen bleiben, ob die Tatsache, dass das
Lichtbild unter Einhaltung dieser Lizenzbedingungen auch kostenlos genutzt
werden konnte, dazu führt, dass den Lichtbildern im Rahmen der Bewertung der
Lizenzanalogie gar kein Wert beizumessen wäre (so OLG Köln NJW 2015, 789, 794
[OLG Köln 31.10.2014 – 6 U 60/14] – Creative Commons-Lizenz; OLG Köln, Beschl.
v. 29.06.2016 – 6 W 72/16). Insoweit ist jedoch zu beachten, dass auch das OLG
Köln einen Schadensersatzanspruch nicht völlig ausschließt, sondern darauf
abstellt, dass die Schätzung eines Mindestschadens im Wege der Lizenzanalogie
ausscheiden kann, wenn der Fotograf keine sonstige Lizenzierungspraxis darlegt
(OLG Köln GRUR-RR 2018, 280 – Speicherstadt).
Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass der Fotograf ein
Interesse daran hat, dass die Lizenzbedingungen eingehalten und sein Name sowie
die Lizenz genannt werden. Wenn diese Voraussetzungen nicht eingehalten sind,
so kann davon ausgegangen werden, dass ein vernünftiger Lizenzgeber bei
vertraglicher Einräumung des Nutzungsrechts eine Lizenzzahlung gefordert und
ein vernünftiger Lizenznehmer eine solche gewährt hätte und der Wert der Lizenz
für die streitgegenständlichen Fotografien nicht mit € 0,- anzusetzen wäre (so
Schweinoch, NJW 2015, 794, 795; Weller, jurisPR-ITR 2/2015, Anm. 2; Schäfer,
MMR 2015, 470; Rauer/Ettig, WRP 2015, 153, 157; Mantz, GRURInt 2008, 20;
differenzierend König, Das einfache, unentgeltliche Nutzungsrecht für
jedermann, 2016, S. 274; a.A. OLG Köln NJW 2015, 789, 794 [OLG Köln 31.10.2014
– 6 U 60/14] – Creative Commons-Lizenz; OLG Köln, Beschl. v. 29.06.2016 – 6 W
72/16; vgl. auch AG Frankfurt a.M., Urt. v. 14.07.2016 – 32 C 1272/16 (90)).
Die Lizenzbestimmungen der Creative Commons-Lizenz sehen
unter anderem vor, dass der Verwender stets den Urheber benennen, auf die
Quelle der Fotografie hinweisen und auf die Lizenz hinweisen muss. Nach
Einschätzung der Kammer kann aus Sicht eines vernünftigen Lizenznehmers
durchaus ein – vermögenswertes – Interesse daran bestehen, ein Werk auch ohne
diese Vorgaben nutzen zu können. So können z.B. gestalterische oder
drucktechnische Erfordernisse der Namensnennung oder der Anbringung des
Lizenztextes im Einzelfall entgegenstehen, auch mag es bei der Verwendung im
gewerblichen Kontext für den Verwender vorteilhaft sein, nicht offenlegen zu
müssen, dass der Verwender das Bild (kostenlos) von einem Dritten lizenziert
hat. Auf der anderen Seite kann für den Urheber, der seine Werke unter die
Bedingungen einer Creative Commons-Lizenz stellt, durchaus ein Interesse daran
bestehen, neben dem kostenlosen Angebot seiner Werke insbesondere mit der Verpflichtung
des Verwenders zur Urhebernennung und dessen werbliche Bedeutung (vgl. LG
München I MMR 2015, 467, 469) für die Befreiung von den Bedingungen der
Creative Commons-Lizenz eine Vergütung zu fordern.
Jedoch ist der Umstand, dass der Beklagte das Lichtbild
unter eine Creative Commons-Lizenz gestellt hat, bei der Bemessung der Höhe des
zu fordernden Schadensersatzbetrags zu berücksichtigen (vgl. auch LG München I
MMR 2015, 467, 469). Denn jedenfalls ein Teil der potenziellen Verwender eines
auch kostenlos angebotenen Werks wird von der Möglichkeit der kostenlosen
Nutzung – auch unter zusätzlichen Bedingungen – Gebrauch machen, so dass
gegenüber anderen der Kammer bekannten Lizenzsätzen ein Abschlag vorzunehmen
wäre. Auf dieser Grundlage mag in Fällen, in denen ein unter einer Creative
Commons-Lizenz stehendes Lichtbild unter Verstoß gegen alle Vorgaben der Lizenz
– insbesondere Angabe des Urhebers sowie der Lizenz und der weiteren Vorgaben –
ein Wert zur Befreiung von diesen Bedingungen – insbesondere der Urhebernennung
– bestehen (vgl. LG München I MMR 2015, 467, 469).
Im vorliegenden Fall ist jedoch auch für eine solche
Schätzung, die insbesondere das Interesse des Urhebers an seiner Nennung
berücksichtigt, kein Raum. Denn unstreitig hat die Klägerin den Fotografen als
Urheber benannt. Auch hat die Klägerin – zumindest durch Verwendung der
entsprechenden Symbole, die jedenfalls von einem Teil der angesprochenen Kreise
als solche erkannt werden dürften – darauf hingewiesen, dass die Fotografie
unter einer Lizenz steht, die die Namensnennung erfordert und Bearbeitungen
untersagt. Damit sind zwar nicht alle Interessen des Fotografen erfüllt, jedoch
bietet der Vortrag des Beklagten, der sich maßgeblich nur auf die
Geltendmachung der Lizenzsätze nach der MFM-Tabelle stützt, keinerlei
Anhaltspunkte, die für einen solchen Fall, in dem insbesondere eine Nennung des
Namens des Fotografen erfolgte, eine Schätzung ermöglichen würde. Die Kammer
vermag eine solche Schätzung auch nicht aufgrund Erfahrungen mit anderen
Fotografien oder mit Ansprüchen nur gestützt auf die Verletzung des § 13 UrhG
vorzunehmen.
Insoweit kann auch nicht auf die vom Beklagten mit dem
Fotografen vereinbarte Vergütung abgestellt werden, da diese gerade nicht als
Entgelt für eine Lizenz ausgestaltet ist, sondern vielmehr eine Einmalzahlung
für konkrete Ansprüche aus einer Rechtsverletzung darstellt.
Nach alledem kam es nicht mehr darauf an, ob der Beklagte im
Hinblick auf höchstpersönliche Ansprüche, wie hier die Verletzung von § 13
UrhG, überhaupt Zahlung an sich selbst oder nur an den Urheber verlangen konnte
(vgl. BeckOK-UrhR/Reber, a.a.O., § 97 Rn. 30).
3. Die Klägerin kann auch die Feststellung verlangen, dass
dem Beklagten ein Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten nicht zusteht (Antrag zu
3)). Ein solcher Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 97a Abs. 3 S. 1 UrhG.
Dem Beklagten fehlte insoweit bereits die erforderliche
Aktivlegitimation für die Geltendmachung des streitgegenständlichen
Unterlassungsanspruchs (siehe oben), so dass es an einer Berechtigung im Sinne
von § 97a Abs. 3 S. 1 UrhG fehlt.
Darüber hinaus muss ein Verband grundsätzlich auch ohne anwaltlichen
Rat in der Lage sein, typische und durchschnittlich schwer zu verfolgende
Verstöße zu erkennen und abzumahnen. Denn er muss nach seiner personellen,
sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sein, die satzungsmäßigen
Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher
Interessen tatsächlich wahrzunehmen (BGH GRUR 2017, 926 [BGH 06.04.2017 – I ZR
33/16] – Anwaltsabmahnung II). Nichts anderes kann für den hiesigen Beklagten
gelten, der nach dem Vortrag des Beklagten sogar ausdrücklich nur für die
Geltendmachung von Rechtsverletzungen gegründet wurde und zu dessen Zweck es
ausdrücklich gehört, solche Rechtsverletzungen zu verfolgen.
4. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf
Ersatz der Kosten für die Verteidigung gegen die streitgegenständliche
Abmahnung aus § 97a Abs. 4 UrhG in der geltend gemachten Höhe (Antrag zu 4)).
Nach § 97a Abs. 4 UrhG kann der Abgemahnte Ersatz der für die
Rechtsverteidigung gegen eine unberechtigte oder unwirksame Abmahnung erforderlichen
Aufwendungen verlangen, es sei denn, es war für den Abmahnenden zum Zeitpunkt
der Abmahnung nicht erkennbar, dass die Abmahnung unberechtigt war.
Die Abmahnung des Beklagten war unberechtigt, denn es fehlte
bereits an einer Berechtigung zum Ausspruch der Abmahnung (siehe oben).
Anhaltspunkte dafür, dass es für den – insoweit darlegungs- und
beweisbelasteten – Beklagten nicht erkennbar war, dass die Abmahnung
unberechtigt war, sind nicht erkennbar.
Es konnte dahinstehen, ob der Beklagte auch die Kosten für
den geltend gemachten Schadensersatzanspruch im Rahmen der Aussprache der
Abmahnung geltend machen konnte, da auch dieser Anspruch im Ergebnis nicht
bestand (siehe oben).
Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 286, 288, 291 BGB.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, da der
Beklagte voll unterlegen ist.
6. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt
sich aus § 709 S. 3 ZPO.

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LG Frankfurt: Keine generelle Vermutung in Filesharing-Sachen dass Anschlussinhaber Täter der Urheberrechtsverletzung – Ausübung Zeugnisverweigerungsrecht von Familienangehörigen unschädlich

Das LG Frankfurt hat mit Urteil
vom 20.09.2018, Az. 2-03 S 20/17
entschieden, dass keine generelle
Vermutung in Filesharing-Sachen besteht, dass der Anschlussinhaber Täter einer
Urheberrechtsverletzung ist. Die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrecht von
Familienangehörigen ist unschädlich und darf ohne Hinzutreten weiterer belastender
Umstände nicht zu einer faktischen Beweislastumkehr führen.

Tenor:
Die Berufung der Berufungsklägerin gegen das am 10.03.2017
verkündete Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main (29 C 2884/16 (85)) wird
zurückgewiesen.
Die Berufungsklägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens
zu tragen.
Dieses Urteil und das Urteil des Amtsgerichts sind vorläufig
vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um Ansprüche auf Schadensersatz und
Abmahnkosten aufgrund einer angeblichen Urheberrechtsverletzung durch
sogenanntes Filesharing.
Es wird gemäß der §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO auf
den Tatbestand des angegriffenen Urteils des Amtsgerichts Frankfurt Main vom
10.03.2017 Bezug genommen.
Die Berufungsklägerin (im Folgenden: „Klägerin“)
ist Produzentin und Vermarkterin von digitalen Entertainment-Produkten. Sie
tritt auch unter dem – als Marke eingetragenen – Label „Deep Silver“
auf.
Das Computerspiel „Risen 2: Dark Waters“ wurde am
27.04.2012 veröffentlicht. Auf dem Datenträger ist die Klägerin in einem
„©“-Vermerk genannt (Bl. 3R d.A.).
Die Klägerin macht eine Rechtsverletzung im Zeitraum vom
20.05.2013 bis 22.05.2013 geltend. Sie ließ den Beklagten mit anwaltlichem
Schreiben vom 29.08.2013 abmahnen und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung
und Zahlung von Schadensersatz und Abmahnkosten auffordern. Der Beklagte gab
eine Unterlassungserklärung ab, leistete jedoch keine Zahlungen.
Die Klägerin behauptet, der Berufungsbeklagte (im Folgenden:
„Beklagter“) habe im Zeitraum vom 20.05.2013 bis 22.05.2013 über
seinen Internetanschluss das Computerspiel „Risen 2“ zum Download
angeboten. Dies habe die … festgestellt.
Sie sei ausweislich des als Anlage K1 (Bl. 65 d.A.)
vorgelegten Vertrages mit der Entwicklerin des Computerspiels „Risen2:
Dark Waters“, der …, vom 28.07.2009 Inhaberin ausschließlicher
Nutzungsrechte.
Die vom Beklagten benannten Personen hätten zu den
streitgegenständlichen Zeitpunkten keinen selbständigen Zugriff auf den
Internetanschluss des Beklagten gehabt. Der Beklagte wisse, wer die
Rechtsverletzung begangen habe.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie hinreichend zu
ihrer Aktivlegitimation vorgetragen habe. Der Beklagte habe seiner sekundären
Darlegungslast nicht genügt.
Der Beklagte behauptet, dass seine Ehefrau, Stiefsohn,
Stieftochter und Sohn bei ihm gewohnt und den Internetanschluss mit eigenen
Endgeräten zu den angeblichen Verstoßzeitpunkten genutzt hätten. Er habe seinen
damals 12 Jahre alten Sohn … vor Nutzung des Internetanschlusses belehrt,
keine Urheberrechtsverletzungen zu begehen und insbesondere keine Tauschbörsen
zu nutzen. Er habe seine Familienmitglieder befragt, diese hätten die Begehung
der geltend gemachten Rechtsverletzung verneint. Ferner hat der Beklagte
mitgeteilt, dass die Familienmitglieder jeweils eigene Computer gehabt und zu welchen
Zwecken diese den Internetanschluss genutzt hätten. Er habe selbst auf seinem
Computer keine Filesharing-Software installiert gehabt.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat
es ausgeführt, dass der Beklagte seiner ihm obliegenden sekundären
Darlegungslast genügt habe, so dass die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast
trage. Der Beweis der Täterschaft habe im Wesentlichen durch Parteivernehmung
erfolgen können, der die Klägerin jedoch widersprochen habe. Die von der
Klägerin angebotenen Zeugen, die lediglich eine indirekte Beweisführung
ermöglichten, müssten nicht vernommen werden. Denn selbst wenn alle in Betracht
kommenden Indiztatsachen zu Gunsten der Klägerin als wahr unterstellt werden,
also alle in Betracht kommenden Zeugen bekunden, dass sie selbst die
Urheberrechtsverletzung nicht begangen haben, sei der Schluss auf eine
Täterschaft des Beklagten nicht zwingend. Denn allein aus der Bekundung der
Zeugen, die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung nicht begangen zu haben,
ließe sich nicht gleichsam eines Wiederauflebens der tatsächlichen Vermutung
bezüglich der Täterschaft des Beklagten der einem Vollbeweis gleichkommende
Rückschluss ziehen, dass dann der Beklagte die streitgegenständliche Datei
öffentlich zugänglich gemacht haben müsse. Die von der Klägerin benannten
Zeugen seien auch nicht zu vernehmen, da sie mit Schreiben des Beklagten vom
23.02.2017 mitgeteilt hätten, dass sie sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht
berufen würden.
Die Klägerin rügt, dass das Amtsgericht die Anforderungen an
die sekundäre Darlegungslast des Beklagten sowie die Reichweite der
tatsächlichen Vermutung für die Verantwortlichkeit des Beklagten für
Rechtsverletzungen, die über seinen Internetanschluss begangen werden, verkannt
habe.
Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die
zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den
sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen
…, …, … und … gemäß Beweisbeschluss vom 22.03.2018. Für das Ergebnis
der Beweisaufnahme wird auf Bl. 236 d.A. Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und
fristgerecht eingelegt. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das
Amtsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf
Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 UrhG oder auf Ersatz von Abmahnkosten gemäß §
97a Abs. 3 UrhG.
Insoweit konnte letztlich offen bleiben, ob die Klägerin
hinsichtlich der hier geltend gemachten Ansprüche aktivlegitimiert ist. Denn
jedenfalls fehlt es vorliegend an einer Passivlegitimation des Beklagten.
Nach der Rechtsprechung des BGH kann eine tatsächliche
Vermutung zu Lasten des Anschlussinhabers bestehen, wenn über seinen
Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen wurde und nicht die ernsthafte
Möglichkeit bestand, dass Dritte den Internetanschluss genutzt haben (BGH GRUR
2014, 657 = K&R 2014, 513 – BearShare; LG Frankfurt, Urt. v. 08.07.2015 –
2-06 S 8/15). Es besteht hingegen keine generelle Vermutung, dass der
Anschlussinhaber Täter einer Urheberrechtsverletzung ist, die von seinem
Anschluss aus begangen worden ist und die er widerlegen oder erschüttern
müsste, nur weil er Inhaber des Anschlusses ist. Dies kommt nur in Betracht,
wenn für die Täterschaft des Anschlussinhabers der bei typischen
Geschehensabläufen eingreifende Beweis des ersten Anscheins (Anscheinsbeweis)
spricht. Für die Annahme, der Inhaber eines Internetanschlusses sei ohne das
Hinzutreten weiterer Umstände regelmäßig der Täter einer mittels dieses
Anschlusses begangenen Urheberrechtsverletzung, fehlt es an einer hinreichenden
Typizität des Geschehensablaufs. Angesichts der naheliegenden Möglichkeit, dass
der Anschlussinhaber Dritten Zugriff auf seinen Anschluss einräumt, besteht für
die Annahme der Täterschaft des Anschlussinhabers keine hinreichend große
Wahrscheinlichkeit (BGH GRUR 2017, 1233 [BGH 30.03.2017 – I ZR 19/16] Rn. 18 f.
– Loud).
Dem Anspruchsgegner obliegt daher eine sekundäre
Darlegungslast. Diese führt aber weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu
einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 ZPO)
hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle
für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Es besteht
nämlich keine generelle Vermutung, dass der Anschlussinhaber Täter einer
Urheberrechtsverletzung ist, die von seinem Anschluss aus begangen worden ist
und die er widerlegen oder erschüttern müsste, nur weil er Inhaber des
Anschlusses ist (BGH GRUR 2017, 386 [BGH 06.10.2016 – I ZR 154/15] Rn. 18 ff. –
Afterlife; BGH GRUR 2017, 1233 [BGH 30.03.2017 – I ZR 19/16] Rn. 18 ff. –
Loud).
Im Hinblick auf den Umfang der dem Anschlussinhaber
obliegenden sekundären Darlegungslast sind die unter dem grundrechtlichen
Schutz des Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und des Art. 14 Abs. 1 GG
stehenden urheberrechtlichen Positionen auf der einen Seite und die gemäß Art.
7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Rechte des
Anschlussinhabers und seiner Familienmitglieder zu berücksichtigen (BGH GRUR
2017, 386 [BGH 06.10.2016 – I ZR 154/15] Rn. 22 f. – Afterlife; BGH GRUR 2017,
1233 [BGH 30.03.2017 – I ZR 19/16] Rn. 20 ff. – Loud).
Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast
in diesem Fall dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls
welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten
und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Weitergehende
Nachprüfungen dahingehend, ob die Familienmitglieder hinsichtlich der
behaupteten Zugriffszeiten oder wegen der Art der Internetnutzung als Täter der
geltend gemachten Rechtsverletzung in Betracht kommen, sind dem
Anschlussinhaber hingegen nicht zumutbar. Ferner ist es dem Anschlussinhaber
nicht zumutbar, die Internetnutzung seiner Familienmitglieder einer Dokumentation
zu unterwerfen, um im gerichtlichen Verfahren seine täterschaftliche Haftung
abwenden zu können. Auch kann vom Anschlussinhaber nicht die Untersuchung des
Computers seiner Familienmitglieder im Hinblick auf die Existenz von
Filesharing-Software verlangt werden (BGH GRUR 2017, 386 Rn. 26 – Afterlife;
BGH NJW 2018, 68 [BGH 27.07.2017 – I ZR 68/16] Rn. 18 – Ego-Shooter). Im Rahmen
des Vortrags zu Umständen, die seine eigene Internetnutzung betreffen, kann der
Anschlussinhaber aber zu der Angabe verpflichtet sein, ob auf dem von ihm
genutzten Computer Filesharing-Software vorhanden war (BGH GRUR 2017, 386 [BGH
06.10.2016 – I ZR 154/15] Rn. 27 – Afterlife).
Der Beklagte hat hier vorgetragen, dass seine Ehefrau,
Stiefsohn, Stieftochter und Sohn den Internetanschluss zu den angeblichen
Verstoßzeitpunkten genutzt haben. Der Beklagte hat weiter vorgetragen, dass er
seine Familienmitglieder befragt habe und hat das Ergebnis dieser Befragung
mitgeteilt. Ferner hat er mitgeteilt, dass die Familienmitglieder jeweils
eigene Computer gehabt hätten und zu welchen Zwecken diese den
Internetanschluss genutzt hätten. Weiter, dass er selbst auf seinem Computer
keine Filesharing-Software installiert gehabt habe.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Beklagte damit seiner
sekundären Darlegungslast nicht genügt habe. In seinem Urteil „Loud“
habe der BGH festgehalten, dass umfassend zu den Fähigkeiten und Kenntnissen
der Familienmitglieder vorgetragen werden müsse (BGH GRUR 2017, 1233 [BGH
30.03.2017 – I ZR 19/16] – Loud).
Dem folgt die Kammer nicht. Denn der Beklagte hat vorliegend
nicht nur die theoretische Möglichkeit der Nutzung durch seine
Familienmitglieder vorgetragen. Die Behauptung der Klägerin, der Beklagte
wisse, wer die Tat begangen habe, erfolgte ersichtlich ins Blaue hinein.
Zu beachten ist insoweit auch, dass bis auf den damals
12-jährigen Sohn die Familienmitglieder volljährig waren.
Damit oblag der Klägerin die volle Darlegungs- und
Beweislast. Diesen Beweis hat die Klägerin nicht erfolgreich geführt. Die
Klägerin hat insoweit die benannten Familienmitglieder als Zeugen dafür
benannt, dass diese keinen Zugang zum Internetanschluss hatten und dass diese
als Täter ausschieden (Bl. 59 d.A.).
aa. Die Kammer hat die benannten Zeugen vernommen. Insoweit
hat das Amtsgericht zu Unrecht die Vernehmung der Zeugen mit Verweis auf deren
Zeugnisverweigerung unterlassen.
Der Beklagtenvertreter hatte im amtsgerichtlichen Verfahren
„nach Rücksprache mit dem Beklagten“ mitgeteilt, dass die
Familienangehörigen sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen würden. Das
Amtsgericht hat daraufhin klageabweisendes Urteil erlassen. Es hat ausgeführt,
dass die Zeugen nicht mehr vernommen werden müssten, da sich die Zeugen auf ihr
Zeugnisverweigerungsrecht berufen hätten. Dem folgt die Kammer nicht.
Zwar können aus einer Zeugnisverweigerung im Rahmen der
Beweiswürdigung keine nachteiligen Schlüsse gezogen werden
(Musielak/Voit-Huber, ZPO, 14. Aufl. 2017, § 384 Rn. 2; MünchKommZPO/Damrau, 5.
Aufl. 2016, § 384 Rn. 4). Allein in Verbindung mit anderen Ergebnissen des
Verfahrens kann ein nachteiliger Schluss zulässig sein (zweifelnd, aber im
Ergebnis offen BGH NJW 2018, 68 Rn. 28 – Ego-Shooter), so z.B. im Fall der
Beweisvereitelung (BGH NJW 2018, 68 [BGH 27.07.2017 – I ZR 68/16] Rn. 28 –
Ego-Shooter). Dies könnte in Übereinstimmung mit den Ausführungen des
Amtsgerichts zu dem Ergebnis führen, dass bei einer wirksamen
Zeugnisverweigerung gemäß § 386 ZPO die Vernehmung der Zeugen unterbleiben
konnte.
Hier lagen die entsprechenden Voraussetzungen jedoch nicht
vor. Zwar kann ein Zeuge vor seiner Vernehmung schriftlich das Zeugnis
verweigern, wobei er die Gründe angeben muss, auf die er die Weigerung gründet
(§ 386 Abs. 1 ZPO). Diese Erklärung muss jedoch durch den Zeugen selbst
erfolgen und nicht – wie hier – „nach Rücksprache“ mit der Partei
durch den Parteivertreter und ohne Angabe von Gründen.
bb. Auch soweit das Amtsgericht ausführt, dass die
Vernehmung der Zeugen lediglich indizielle Wirkung hätte und deshalb ihre
Vernehmung entbehrlich sei, folgt die Kammer dem nicht.
Nach der Rechtsprechung des BGH kann eine tatsächliche
Vermutung zu Lasten des Anschlussinhabers bestehen, wenn über seinen
Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen wurde und nicht die ernsthafte
Möglichkeit bestand, dass Dritte den Internetanschluss genutzt haben. Genügt
der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, trägt die Klägerin die volle
Darlegungs- und Beweislast.
Es kann der Klägerin jedoch nach Auffassung der Kammer nicht
abgeschnitten werden, die Tatsachen, die Grundlage des Vortrages des
Anschlussinhabers sind, durch Zeugenbeweis zu widerlegen. Gelingt ihr die
Widerlegung der Tatsachen, die eine Erfüllung der sekundären Darlegungslast
bewirken, hat dies im Ergebnis zur Folge, dass die sekundäre Darlegungslast
nicht erfüllt ist, da feststünde, dass die vom Anschlussinhaber vorgetragene,
ernsthafte Möglichkeit der Begehung der streitgegenständlichen Tat durch einen
Dritten – hier der Familienmitglieder des Beklagten – gerade nicht vorlag. Es
bliebe dann – und nur dann – bei der tatsächlichen Vermutung zu Lasten des
Anschlussinhabers.
cc. Die Beweislast für die klägerischen Behauptungen lag
nach alledem bei der Klägerin. In der Vernehmung durch die Kammer hat die
Zeugin … erklärt, dass sie schon im Jahr 2013 Zugang zum Internetanschluss
des Beklagten gehabt habe. Ihr Ehemann habe sie damals möglicherweise auch auf
das Schreiben der Klägerin angesprochen, er habe zur ihr gesagt, was das
überhaupt sei und „Wir machen doch sowas nicht“. Sie könne nicht mehr
sagen, ob sie bereits 2013 über einen eigenen Laptop verfügt habe. Ob
Tauschbörsensoftware auf den Computern drauf gewesen sei, könne sie nicht
sagen, das seien für sie alles „böhmische Dörfer“.
Die übrigen Zeugen haben nach Belehrung entsprechend § 383
Abs. 1 Nr. 3 ZPO von ihrem – auch den Stiefkindern des Beklagten zustehenden
(vgl. BeckOK-ZPO/Scheuch, 29. Ed. 2018, § 383 Rn. 8; Staudinger/Coester, Neub.
2011, § 1590 Rn. 2) – Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.
Insoweit ist der Klägerin der entsprechende Beweis nicht
gelungen. Die Zeugin … hat die Angaben des Beklagten – soweit ihre Erinnerung
reichte – bestätigt, aber jedenfalls nicht widerlegt. Die Kammer erachtet die
Aussage der Zeugin auch als glaubhaft und die Zeugin als glaubwürdig. Sie hat
insbesondere ruhig und offen dargelegt, woran sie sich erinnert.
Soweit die übrigen Zeugen das Zeugnis verweigert haben,
gereicht dies nicht dem Beklagten zur Last.
Aus einer Zeugnisverweigerung können im Rahmen der
Beweiswürdigung keine nachteiligen Schlüsse gezogen werden
(Musielak/Voit-Huber, ZPO, 15. Aufl. 2018, § 384 Rn. 2; MünchKommZPO/Damrau,
ZPO, 5. Aufl. 2016, § 384 Rn. 4). Allein in Verbindung mit anderen Ergebnissen
des Verfahrens kann ein nachteiliger Schluss zulässig sein (zweifelnd, aber im
Ergebnis offen BGH NJW 2018, 68 Rn. 28 – Ego-Shooter), so z.B. im Fall der
Beweisvereitelung (BGH NJW 2018, 68 [BGH 27.07.2017 – I ZR 68/16] Rn. 28 –
Ego-Shooter).
Damit fällt im Ergebnis die Zeugnisverweigerung der insoweit
beweisbelasteten Partei zur Last, hier also der Klägerin (vgl. BGH NJW 2018, 68
Rn. 28 – Ego-Shooter; LG Frankfurt a.M., Beschl. v. 18.09.2015 – 2-03 S 30/15;
LG Frankfurt a.M., Beschl. v. 18.09.2017 – 2-03 S 10/17; vgl. auch OLG
Düsseldorf, Urt. v. 21.07.2015 – I-20 U 172/14). Nach dem Vortrag des Beklagten,
der die ernsthafte Möglichkeit eröffnete, dass neben dem Beklagten ein Dritter
den Anschluss nutzte, oblag es der Klägerin, zu beweisen, dass der Beklagte
Täter ist oder die Nutzung des Anschlusses durch Dritte nicht möglich war. Die
oben dargestellte sekundäre Darlegungslast bewirkt nämlich gerade keine
Beweislastumkehr (BGH GRUR 2017, 386 [BGH 06.10.2016 – I ZR 154/15] Rn. 15 ff.
– Afterlife; BGH NJW 2018, 68 [BGH 27.07.2017 – I ZR 68/16] Rn. 15 ff. –
Ego-Shooter; LG Frankfurt a.M., Beschl. v. 18.09.2015 – 2-03 S 30/15).
Die Entscheidung zu den Kosten ergibt sich aus § 97 Abs. 1
ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.
10, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Sache keine
grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Revisionsgerichts erfordern, § 543 Abs. 2 ZPO.

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LG Frankfurt – Facebook-Sperre zulässiger Meinungsäußerungen als Hasskommentar erlaubt

Das Landgericht Frankfurt am Main entschied mit Beschluss vom 10.09.2018, Az. 2-03 O 310/18:, dass der Betreiber eines sozialen Netzwerks
seine Verhaltensregeln durchsetzen kann, indem er rechtswidrigen Inhalt
entfernt oder oder einen Nutzer-Account sperrt. Im Einzelfall dürfen auch
Äußerungen gelöscht werden, die grundsätzlich durch die Meinungsfreiheit gemäß
Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt sind.

Dem  Beschluss lag
folgender Fall  zu Grunde:
Der Antragsteller verfasste auf Facebook als Reaktion auf
einen Online-Artikel der Zeitung „Welt“ mit dem Titel „Eskalation in Dresden –
50 Asylbewerber attackieren Polizisten – Beamte werden getreten und geschlagen“
folgenden Kommentar:
„Wasser marsch,
Knüppel frei und dann eine Einheit Militärpolizisten! Dann ist schnell Ruhe!
Und jeden ermittelten Gast Merkels ab in die Heimat schicken.“
Facebook sperrte den Antragsteller am 21.07.2018 für 30
Tage. Hiergegen beantragte der gesperrte Facebook-Nutzer den Erlass einer
einstweiligen Verfügung gerichtet auf die Unterlassung der Sperre sowie
Entfernung eines „Posts“ bei Facebook wegen einer von ihm verfassten Äußerung.
Das Landgericht wies den Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung als unbegründet zurück. Es fehle an einem
Verfügungsanspruch. Der Antragsteller könne von der Antragsgegnerin nicht, auch
nicht gestützt auf die §§ 241 Abs. 2, 1004 BGB, die Unterlassung der Sperre
(und der Löschung) aufgrund der streitgegenständlichen Äußerung verlangen.
Grundsätzlich könne der Betreiber eines sozialen Netzwerks seine
Verhaltensregeln auch durch Entfernung eines rechtswidrigen Inhalts oder durch
Sperrung eines Nutzeraccounts durchsetzen.
Leitsatz:
1.
Der Betreiber eines sozialen Netzwerks kann seine
Verhaltensregeln grundsätzlich auch durch Entfernung eines rechtswidrigen
Inhalts oder durch Sperrung eines Nutzeraccounts durchsetzen.
2.
Der zwischen dem Nutzer und dem Plattformbetreiber
geschlossene Vertrag beinhaltet jedoch Schutzpflichten des Plattformbetreibers
gemäß § 241 Abs. 2 BGB, in deren Rahmen – im Wege der mittelbaren Drittwirkung
– die Grundrechte der Betroffenen zu berücksichtigen sind. Dies schließt
einerseits das Recht auf Meinungsfreiheit des Antragstellers gemäß Art. 5 Abs.
1 GG, andererseits die Rechte des Plattformbetreibers gemäß Art. 12 GG ein.
3.
Die Abwägung der Interessen der Betroffen führt, dass im
Einzelfall auch Äußerungen gelöscht werden dürfen, die grundsätzlich durch die
Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt sind. Das in den Bedingungen
der Antragsgegnerin niedergelegte Verbot von Hassrede und Gewaltaufrufen ist
daher nicht von vornherein als unzulässig anzusehen. Bei der Abwägung hat die
Kammer auch berücksichtigt, dass nach der Rechtsprechung des EGMR ein Verbot
von Hassrede und Aufruf zur Gewalt zulässig sein kann.

Tenor:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom
18.08.2018 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Eilverfahrens werden dem Antragsteller
auferlegt.
Der Streitwert wird auf 7.500,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt den Erlass einer einstweiligen
Verfügung gerichtet auf die Unterlassung einer Sperre sowie Entfernung eines
„Posts“ bei Facebook wegen einer von ihm verfassten Äußerung.
Die Antragsgegnerin betreibt die Webseite www.facebook.com.
Der Antragsteller ist Nutzer des von der Antragsgegnerin angebotenen Dienstes
und dort angemeldet.
Der Antragsteller verfasste auf der Plattform der
Antragsgegnerin als Reaktion auf einen Online-Artikel der Zeitung
„Welt“ mit dem Titel „Eskalation in Dresden – 50 Asylbewerber
attackieren Polizisten – Beamte werden getreten und geschlagen“ folgenden
Kommentar:
„Wasser marsch, Knüppel frei und dann eine Einheit
Militärpolizisten! Dann ist schnell Ruhe! Und jeden ermittelten Gast Merkels ab
in die Heimat schicken.“
Die Antragsgegnerin sperrte den Antragsteller am 21.07.2018
für 30 Tage.
Zuvor war der Antragsteller bereits im April 2018 wegen des
Kommentars „…“ gesperrt worden, ferner im Mai 2018 wegen einer von
ihm geäußerten Kritik an Asylbewerbern, die versuchen, ihre Abschiebung durch
tätliche Angriffe auf Polizisten zu verhindern.
Der Antragsteller forderte die Antragsgegnerin mit E-Mail
vom 01.08.2018 (Bl. 184 d.A.) u.a. auf, die Sperre aufzuheben und gelöschte
Beiträge unverzüglich wieder frei zu schalten. Die Antragsgegnerin reagierte
nicht.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, der
darauf gerichtet ist, es dem Antragsgegner bei Meidung der gesetzlichen
Ordnungsmittel zu untersagen,
den Antragsteller für das Einstellen des nachfolgend genannten
Textes (wörtlich oder sinngemäß)
„Wasser marsch, Knüppel frei und dann eine Einheit
Militärpolizisten! Dann ist schnell Ruhe! Und jeden ermittelten Gast Merkels ab
in die Heimat schicken.“
auf www.facebook.com zu sperren (inbesondere, ihm die Nutzung
der Funktionen von www.facebook.com wie Posten von Beiträge, Kommentieren
fremder Beiträge und Nutzung des Nachrichtensystems vorzuenthalten) oder den
Beitrag zu löschen,
wenn sich der Beitrag auf Berichte über randalisierende
Asylbewerber bezieht, die Polizeibeamte angreifen,
ist unbegründet.
Es fehlt an einem Verfügungsanspruch.
Der Antragsteller kann von der Antragsgegnerin nicht, auch
nicht gestützt auf die §§ 241 Abs. 2, 1004 BGB, die Unterlassung der Sperre
(und der Löschung) aufgrund der streitgegenständlichen Äußerung verlangen.
Die Parteien haben nach dem glaubhaft gemachten Vortrag des
Antragstellers einen Vertrag über die Nutzung des sozialen Netzwerks der
Antragsgegnerin geschlossen, bei dem es sich um einen schuldrechtlichen Vertrag
mit miet-, werk- und dienstvertraglichen Elementen handelt (vgl. KG Berlin
DNotZ 2018, 286 [KG Berlin 31.05.2017 – 21 U 9/16] Rn. 56 m.w.N.; OLG München,
Beschl. v. 24.08.2018 – 18 W 1294/18: wohl Vertrag sui generis). Gegenstand
dieses Vertrages sind auch die von der Antragsgegnerin gestellten
Verhaltensregeln als AGB.
Grundsätzlich kann der Betreiber eines sozialen Netzwerks
seine Verhaltensregeln auch durch Entfernung eines rechtswidrigen Inhalts oder
durch Sperrung eines Nutzeraccounts durchsetzen (Schwartmann/Ohr in
Schwartmann, Praxishandbuch IT-, Urheber- und Medienrecht, 4. Aufl. 2018, Kap.
11 Rn. 40; Elsaß/Labusga/Tichy, CR 2017, 234, 236 [OLG Köln 30.09.2016 – 20 U
83/16]; Feldmann/Heidrich, CR 2006, 406, 411; vgl. zu einer Facebook-Seite auch
VG München, Urt. v. 27.10.2017 – M 26 K 16.5928; VG Mainz, Urt. v. 13.04.2018 –
4 K 762/17.MZ, BeckRS 2018, 10857).
Eine solche Sperre ist jedoch nicht voraussetzungslos
möglich, z.B. lediglich aufgrund einer ungeprüften Beschwerde eines anderen
Nutzers. Der zwischen dem Nutzer und dem Plattformbetreiber geschlossene
Vertrag beinhaltet Schutzpflichten des Plattformbetreibers gemäß § 241 Abs. 2
BGB. Im Rahmen dieser Schutzpflichten sind – im Wege der mittelbaren
Drittwirkung – die Grundrechte der Betroffenen zu berücksichtigen (vgl. BVerfG
NJW 2018, 1667 [BVerfG 11.04.2018 – 1 BvR 3080/09] – Stadionverbot; LG
Karlsruhe, Beschl. v. 12.06.2018 – 11 O 54/18).
Voraussetzung einer solchen Sperre ist daher zunächst, dass
der Ausschluss sachlich gerechtfertigt und nicht willkürlich ist (LG Frankfurt
a.M., Beschl. v. 14.05.2018 – 2-03 O 182/18; LG Frankfurt a.M., Beschl. v.
19.07.2018 – 2-03 O 265/18; LG Frankfurt a.M., Beschl. v. 23.07.2018 – 2-03 O
238/18; LG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.08.2018 – 2-03 O 285/18; in Bezug auf
ein „virtuelles Hausrecht“ LG Bonn MMR 2000, 109 [LG Bonn 16.11.1999
– 10 O 457/99]; dazu Ladeur, MMR 2001, 787; vgl. insoweit auch VG München, Urt.
v. 27.10.2017 – M 26 K 16.5928 Rn. 17 – juris, für die Facebook-Seite eines
öffentlich-rechtlichen Trägers; zur mittelbaren Wirkung der Grundrechte, insb.
Art. 3 Abs. 1 GG, auf das Verhältnis von Privaten BVerfG a.a.O. –
Stadionverbot).
Danach kann eine Sperre auch unter Berücksichtigung der dem
Äußernden zu Gebote stehenden Meinungsfreiheit einerseits gemäß Art. 5 Abs. 1
GG gerechtfertigt sein, wenn der Äußernde mehrfach den Tatbestand der
Beleidigung erfüllt und damit sowohl die Rechte anderer Nutzer verletzt als
auch den Diskussionsverlauf nachhaltig gestört hat (VG München MMR 2018, 418,
Urt. v. 27.10.2017 – M 26 K 16.5928 Rn. 19 – juris). Hierbei kann auch
Berücksichtigung finden, ob das Verhalten des Äußernden geeignet ist, eine
weitere sachliche Diskussion zu verhindern bzw. andere Nutzer fernzuhalten
(vgl. VG München MMR 2018, 418 Rn. 27). Bei nachhaltigem, beleidigendem
Verhalten soll der Betreiber nicht verpflichtet sein, den Nutzer weiterhin zu
dulden (vgl. VG München MMR 2018, 418 Rn. 30; VG Mainz, Urt. v. 13.04.2018 – 4
K 762/17.MZ, BeckRS 2018, 10857 Rn. 82).
Diesen Einschränkungen der Möglichkeit des
Plattformbetreibers, den Nutzer zu sperren, stehen grundsätzlich auch nicht die
Nutzungsbedingungen der Antragsgegnerin entgegen. Diese können zwar als
Auslegungshilfe dienen, aufgrund der Drittwirkung der Grundrechte können
zulässige Meinungsäußerungen jedoch grundsätzlich nicht untersagt werden (OLG
München, Beschl. v. 24.08.2018 – 18 W 1294/18; LG Frankfurt a.M., Beschl. v.
14.05.2018 – 2-03 O 182/18; vgl. LG Bonn MMR 2000, 109 [LG Bonn 16.11.1999 – 10
O 457/99]; LG Köln Urt. v. 4.5.2005 – 9 S 17/05, BeckRS 2005, 10688; VG
München, Urt. v. 27.10.2017 – M 26 K 16.5928 Rn. 17 – juris).
Unter Berücksichtigung der mittelbaren Wirkung der
Grundrechte in das Verhältnis zwischen den Parteien und der insoweit
einzustellenden gegenseitigen Interessen kann die Löschung einer Äußerung
andererseits aber im Einzelfall selbst dann zulässig sein, wenn die Äußerung selbst
noch von Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt ist.
Gemäß Art. 5 Abs. 2 GG findet das Grundrecht der
Meinungsfreiheit Schranken (allein) in den Vorschriften der allgemeinen
Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht
der persönlichen Ehre, wobei nach der „Lüth“-Rechtsprechung des
BVerfG eine Wechselwirkung zwischen Schutzbereich und Schranken dergestalt
besteht, dass die Schranken zwar dem Wortlaut nach dem Grundrecht Grenzen
setzen, ihrerseits aber aus der Erkenntnis der grundlegenden Bedeutung dieses
Grundrechts im freiheitlich demokratischen Staat ausgelegt und so in ihrer das
Grundrecht begrenzenden Wirkung selbst wieder eingeschränkt werden müssen
(BVerfGE 7, 198, 208 f. [BVerfG 15.01.1958 – 1 BvR 400/51] – Lüth; Maunz/Dürig-Grabenwarter,
GG, 82. EL 2018, Art. 5 Abs. 1 Rn. 139). In diesem Zusammenhang ist zu
beachten, dass die Grundrechte hier mittelbar auf das Verhältnis der Parteien
wirken und dass daher in die verfassungsrechtlich vorgegebene Abwägung auch die
anderen im Einzelfall betroffenen Grundrechte einzubeziehen sind
(Maunz/Dürig-Grabenwarter, a.a.O., Art. 5 Abs. 1 Rn. 145 m.w.N.). Zur Bewertung
des Verhaltens der Antragsgegnerin sind daher vorliegend auch ihre
grundrechtlich geschützten Interessen zu beachten und in die Abwägung
einzustellen. In Bezug auf eine konkrete Äußerung ist daher bei der Beurteilung
der mittelbaren Wirkung der Grundrechte das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte
Interesse der Antragsgegnerin am Betrieb ihrer Plattform einzubeziehen (vgl.
insoweit auch Holznagel, CR 2018, 369 Rn. 21).
Der Kammer ist bekannt, dass durch störendes Verhalten und
Hassrede in den letzten Jahren vermehrt Foren und Diskussionen, teils zu
einzelnen Artikeln geschlossen wurden (s. nur Heise-Online v. 08.10.2017,
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Amazon-schliesst-Diskussionsforen-3852250.html;
Netzpolitik.org v. 04.03.2016,
https://netzpolitik.org/2016/umfrage-zeitungsredaktionen-schraenken-kommentarfunktionen-2015-weiter-ein;
jeweils abgerufen am 10.09.2019). Das Portal „Legal Tribune Online“
(LTO) hat kürzlich die Kommentarfunktion deaktiviert, weil das Forum unter dem
Deckmantel der Meinungsfreiheit zunehmend missbraucht worden sei, um Hass zu
verbreiten (vgl. Lorenz, LTO v. 26.07.2018, https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/in-eigener-sache-lto-keine-kommentare-mehr-meinungsvielfalt-hass-hetze/,
abgerufen am 10.09.2019). Der Kammer ist weiter bekannt, dass Nutzer teilweise
die Beteiligung an Diskussionen bei bestimmten Themen oder aufgrund bestimmter
vorangegangener Äußerungen einschränken und sich einer Meinungsäußerung
enthalten (vgl. insoweit auch VG München MMR 2018, 418; VG Mainz, Urt. v.
13.04.2018 – 4 K 762/17.MZ, BeckRS 2018, 10857 Rn. 82).
Die Kammer verkennt nicht, dass Nutzer von
Internetplattformen grundsätzlich ohne Furcht vor Sperren zulässige
Meinungsäußerungen auf den Plattformen kundtun können sollen und sich insoweit
auch auf die Maßstäbe, die Art. 5 Abs. 1 GG setzt, berufen können. Demgegenüber
bezieht die Kammer jedoch auch ein, dass durch die oben dargestellten
Beeinträchtigungen von Diskussionen die Interessen der Antragsgegnerin nach
Art. 12 Abs. 1 GG betroffen sind (vgl. VG München MMR 2018, 418 Rn. 27;
Holznagel, CR 2018, 369 Rn. 20).
Die Kammer erachtet vor diesem Hintergrund das in ihren Bedingungen
niedergelegte Verbot der Antragsgegnerin von Hassrede und Gewaltaufrufen nicht
von vornherein als unzulässig, auch wenn dadurch im Einzelfall Äußerungen
erfasst werden können, die grundsätzlich noch als zulässige Meinungsäußerung
anzusehen sind (ausdrücklich offengelassen OLG München, Beschl. v. 24.08.2018 –
18 W 1294/18).
Insoweit hat die Kammer auch berücksichtigt, dass ein durch
staatliche Organe verfügtes Verbot von Hassrede zwar nach den Maßstäben von
Art. 5 Abs. 1 GG unzulässig wäre (vgl. BVerfG NJW 2010, 47 [BVerfG 04.11.2009 –
1 BvR 2150/08] – Wunsiedel, auch zur Sonderrechtslehre und dem Verbot nach §
130 Abs. 4 StGB), sich ein solches Verbot aber nach den vom EGMR aufgestellten
Grundsätzen im Einzelfall als zulässig darstellen kann, weil hierdurch die
Grundrechte Dritter ernsthaft beeinträchtigt werden (vgl. EGMR NJW 2017, 2091 –
Magyar Tartalomszolgáltatók Egyesülete u. Index.hu Zrt/Ungarn zu Hassrede in
Kommentaren eines Internetproviders; EGMR NJW 2015, 2863 – Delfi AS/Estland zu
Internet-Nachrichtenportalen; EGMR NJW 2006, 1645 – Pedersen u.
Baadsgaard/Dänemark; EGMR NJW-RR 2011, 981 Rn. 50 – Ruokanen u. a./Finnland;
EGMR, Urt. v. 17.12.2004 – 33348/96 Rn. 115 – Cumpana u. Mazare/Rumänien; vgl.
zur EGMR-Rechtsprechung zu Hassrede im Verhältnis zur Rechtsprechung des BVerfG
auch Hong, ZaöRV 2010, 73).
Der EGMR hat insoweit u.a. ausgeführt (EGMR NJW 2015, 2863 –
Delfi AS/Estland Rn. 110, 136, 140, 157):
„Beleidigende und andere Formen eindeutig
rechtswidriger Äußerungen einschließlich Hassreden und Aufrufe zur
Gewaltanwendung können wie nie zuvor in Sekundenschnelle weltweit verbreitet
werden und bleiben manchmal sehr lange online verfügbar. … Weil die der
Konvention zu Grunde liegenden Werte geschützt werden müssen und die in Art. 10
und 8 EMRK garantierten Rechte gleiche Achtung verdienen, muss ein Ausgleich
hergestellt werden, der den Wesensgehalt beider Rechte bewahrt. Bei der
Ausübung der Meinungsfreiheit kann das Internet von großem Vorteil sein, die
Haftung für beleidigende oder sonst rechtswidrige Äußerungen muss aber
grundsätzlich bestehen bleiben und Geschädigte müssen bei Verletzung von
Persönlichkeitsrechten einen wirksamen Rechtsbehelf einlegen können. …
Außerdem hat der Gerichtshof entschieden, dass Äußerungen,
die mit den von der Konvention proklamierten und garantierten Rechten nicht
vereinbar sind, wegen Art. 17 EMRK (Verbot des Missbrauchs der Rechte) nicht
von Art. 10 EMRK geschützt werden. Das hat er zum Beispiel für Äußerungen
entschieden, die den Holocaust leugneten, eine Nazipolitik rechtfertigten, alle
Muslime mit einer terroristischen Tat in Verbindung bringen oder Juden als
Ursprung allen Übels in Russland bezeichnen …
Die Kommentare der Nutzer … waren eindeutig rechtswidrig.
… Die meisten enthielten Hassreden und Aufrufe zu Gewalt und waren deswegen
nicht von Art. 10 EMRK geschützt (o. Nr. 136). Um die Freiheit der
Meinungsäußerung der Verfasser der Kommentare geht es also nicht, sondern
darum, ob die estnischen Gerichte das in Art. 10 EMRK garantierte Recht der Bf.
verletzt haben, Informationen weiterzugeben, indem sie sie für die von Dritten
abgegebenen Kommentare verantwortlich gemacht haben. …
Wegen der vielen Möglichkeiten, die jeder hat, sich im
Internet Gehör zu verschaffen, kann die Verpflichtung eines großen
Nachrichtenportals, wirksame Maßnahmen zur Einschränkung von Hassreden und
Aufrufen zu Gewalt wie hier zu treffen, in keiner Weise mit einer
„privaten Zensur“ gleichgestellt werden. Die wichtige Rolle des
Internet bei der Verbesserung des Zugangs zu Nachrichten und der Verbreitung
von Informationen im Allgemeinen ist anzuerkennen …, es darf aber auch die
Gefahr nicht verkannt werden, dass andere durch Mitteilungen von Informationen
und ihren Inhalt geschädigt werden …“
Insoweit darf die Rechtsprechung die Bestimmungen der EMRK
und die Rechtsprechung des EGMR auch auf der Ebene des Verfassungsrechts als
Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten
über den Einzelfall hinaus anwenden (BVerfG NJW 2018, 2695 Rn. 130 –
Streikverbot für Beamte; dazu s. auch Haug, NJW 2018, 2674). Insoweit soll die
Rechtsprechung gar die nach der Rechtsprechung des EGMR im Rahmen einer
Verhältnismäßigkeitsprüfung würdigen (BVerfG NJW 2018, 2695 Rn. 190 – Streikverbot
für Beamte).
Unter Berücksichtigung dieser Umstände und unter
Einbeziehung der Grundrechte der Parteien, die im Rahmen der Drittwirkung der
Grundrechte im Vertragsverhältnis der Parteien zu einem Ausgleich gebracht
werden müssen, erachtet die Kammer es daher im Einzelfall und unter
Berücksichtigung der Maßstäbe, die der EGMR aufgestellt hat, als zulässig, wenn
der Betreiber einer Plattform Äußerungen, die als – noch zulässige – Hassrede
zu qualifizieren sind, löscht. Denn durch solche Äußerungen kann das Interesse
des Betreibers einer Plattform, das sich auch auf sachbezogene Diskussionen und
die Ermöglichung der freien Rede für alle Nutzer richtet, in erheblichem Maße
beeinträchtigt werden.
In Anwendung dieser Grundsätze stellt sich die streitgegenständliche
Löschung und Sperre als zulässig dar, da die Äußerung des Antragstellers als
Hassrede anzusehen ist.
aa. Die hier betroffene Äußerung ist zunächst als
Meinungsäußerung zu qualifizieren.
Bei der Frage, ob eine Äußerung ihrem Schwerpunkt nach als Tatsachenbehauptung
oder als Meinungsäußerung anzusehen ist, kommt es entscheidend auf den
Gesamtkontext der fraglichen Äußerung an (vgl. BVerfG AfP 2013, 389 [BVerfG
24.07.2013 – 1 BvR 444/13], juris-Rn. 18). Von einer Tatsachenbehauptung ist
auszugehen, wenn der Gehalt der Äußerung entsprechend dem Verständnis des
Durchschnittsempfängers der objektiven Klärung zugänglich ist und als etwas
Geschehenes grundsätzlich dem Beweis offen steht. Soweit eine
Tatsachenbehauptung mit einem Werturteil verbunden ist bzw. beides ineinander
übergeht, ist darauf abzustellen, was im Vordergrund steht und damit überwiegt.
Wird eine Äußerung in entscheidender Weise durch die Elemente der
Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt oder ist der tatsächliche
Gehalt der Äußerung so substanzarm, dass er gegenüber dem Wertungscharakter in
den Hintergrund tritt, liegt eine Meinungsäußerung vor. Vom Überwiegen des
tatsächlichen Charakters ist auszugehen, wenn die Wertung sich als
zusammenfassender Ausdruck von Tatsachenbehauptungen darstellt (vgl.
Wenzel/Burkhardt, Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003,
Kap. 4 Rn. 43, 50 ff.).
Hierbei sind Äußerungen entsprechend dem Verständnis des
unbefangenen Durchschnittsempfängers zu interpretieren (Wenzel/Burkhardt,
a.a.O., Kap. 4 Rn. 4; Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl. 2013, § 14 Rn. 4a;
jew. m.w.N.).
Die Äußerung des Antragstellers versteht der
Durchschnittsempfänger als eine Reaktion auf den Beitrag, der das Verhalten von
Flüchtlingen in einem Flüchtlingsheim thematisiert und zwar dahingehend, dass
gegen solches Verhalten Gewalt in Form von Wasserwerfern, Knüppel und
Militärpolizei anzuwenden sei, um dem Verhalten der Flüchtlinge entgegen zu
treten. Die Äußerung ist damit wesentlich durch meinende und wertende Teile
geprägt.
Die Äußerung ist auch nicht aus dem Grunde nach dem Maßstab
des Art. 5 Abs. 1 GG als unzulässig anzusehen, dass sie Schmähkritik darstellen
würde.
Meinungsäußerungen sind nur als unzulässig zu behandeln,
wenn sie die Grenze zur Schmähkritik überschreiten. Grundsätzlich liegt
Schmähkritik nur vor, wenn eine Äußerung jeglichen sachlichen Bezug vermissen
lässt, die inhaltliche Auseinandersetzung zurücktritt und eine Diffamierung im
Vordergrund steht, die jenseits polemischer und überspitzter Kritik in erster
Linie herabsetzen soll (OLG Frankfurt NJW 2013, 798, 799; Wenzel/Burkhardt,
a.a.O., Kap. 5 Rn. 97). Dies ist bei einer die Öffentlichkeit wesentlich
berührenden Frage nur ausnahmsweise der Fall und eher auf die Privatfehde
beschränkt (BVerfG NJW 2012, 3712 [BVerfG 17.09.2012 – 1 BvR 2979/10] Rn. 30
m.w.N.). Wegen seines die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts ist der
Begriff der Schmähkritik eng zu verstehen. Auch eine überzogene oder gar
ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur
Schmähung. Eine Äußerung nimmt diesen Charakter erst dann an, wenn nicht mehr
die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im
Vordergrund steht (BVerfG NJW 2016, 2870 Rn. 17 m.w.N.). Nur dann, wenn der abwertende
Vorwurf auch vom Standpunkt des Äußernden aus völlig grundlos, d.h.
willkürlich, nicht sachbezogen und von vornherein außerhalb jedes in einer
Sachauseinandersetzung wurzelnden Verwendungskontextes ist, kann dies auf
dessen Absicht hindeuten, den Betroffenen zu diffamieren (BVerfG NJW 2016, 2870
[BVerfG 29.06.2016 – 1 BvR 2646/15] Rn. 17 f.; OLG Saarbrücken, Urt. v.
04.06.2014 – 5 U 81/13, BeckRS 2015, 07789 Rn. 44). Insoweit sind auch als
Hassrede zu qualifizierende Äußerungen grundsätzlich dem Schutz der
Meinungsfreiheit unterstellt (vgl. Maunz/Dürig-Grabenwarter, a.a.O., Art. 5
Abs. 1 Rn. 73).
Die Voraussetzungen einer unzulässigen Schmähkritik liegen
hier nicht vor. Aus Sicht des Antragstellers bestand durchaus ein Anlass für
seine Äußerung, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die
Diffamierung im Vordergrund stand, während im Übrigen die Äußerung außerhalb
jedes Sachzusammenhangs erfolgt wäre.
Die streitgegenständliche Äußerung verstößt – anders als in
den bisher von der Kammer entschiedenen Fällen – gegen die
Gemeinschaftsstandards der Antragsgegnerin.
Die Antragsgegnerin definiert den Begriff der
„Hassrede“ in ihren Gemeinschaftsbedingungen u.a. wie folgt:
„Wir definieren Hassrede als direkten Angriff auf
Personen aufgrund geschützter Eigenschaften: ethnische Zugehörigkeit, nationale
Herkunft, religiöse Zugehörigkeit, sexuelle Orientierung, Geschlecht,
Geschlechtsidentität, Behinderung oder Krankheit. Auch Einwanderungsstatus ist
in gewissem Umfang eine geschützte Eigenschaft. Wir definieren Angriff als
gewalttätige oder entmenschlichende Sprache, Aussagen über Minderwertigkeit
oder Aufrufe, Personen auszuschließen oder zu isolieren. Wir teilen Angriffe
wie unten beschrieben in drei Schweregrade ein.
Angriffe mit Schweregrad 1 sind Angriffe, die auf eine
Person oder Personengruppe abzielen, auf die eine der oben aufgeführten
Eigenschaften oder der Einwanderungsstatus zutrifft (einschließlich aller
Untergruppen, außer denen, die Gewaltverbrechen oder Sexualstraftaten begangen
haben). Ein Angriff wird hier wie folgt definiert:
• Jedwede gewalttätige Äußerung oder Unterstützung in
schriftlicher oder visueller Form
• Entmenschlichende Sprache oder Bilder. Hierzu gehört unter
anderem Folgendes:
Angriffe mit Schweregrad 2 sind Angriffe, die auf eine
Person oder Personengruppe abzielen, auf die eine der oben aufgeführten
Eigenschaften zutrifft. Ein Angriff wird hier wie folgt definiert:
• Aussagen über Minderwertigkeit oder Bilder, die
implizieren, dass eine Person oder eine Gruppe körperliche, geistige oder
moralische Defizite aufweist
• Körperlich (unter anderem „verunstaltet“,
„unterentwickelt“, „abscheulich“, „hässlich“)
• Geistig (unter anderem „zurückgeblieben“,
„behindert“, „niedriger IQ“, „dumm“,
„Idiot“)
• Moralisch (unter anderem „Schlampe“,
„Betrüger“, „billig“, „Schnorrer“)
• Ausdrücke von Verachtung oder ihre bildliche Entsprechung,
wie u. a.:
Angriffe mit dem Schweregrad 3 sind Angriffe, die zum
Ausschluss oder der Isolation einer Person oder Personengruppe aufgrund der
oben aufgeführten Eigenschaften aufrufen. Wir lassen Kritik an
Einwanderungsgesetzen und Diskussionen über die Einschränkung dieser Gesetze
zu.“
Ferner untersagt die Antragsgegnerin „Gewalt und
kriminelles Verhalten“.
Die Äußerung des Antragstellers fällt unter die
Hassrede-Bedingungen der Antragsgegnerin, da sie zu Gewalt gegen die hier
betroffenen Flüchtlinge aufruft. Denn der Durchschnittsempfänger kann die
Äußerung nur so verstehen, dass Wasserwerfer, Knüppel und ggf. weitere
Maßnahmen gegen Flüchtlinge angewendet werden sollen.
Die Äußerung ist ferner auch nach den oben dargestellten
Maßstäben des EGMR als Hassrede anzusehen.
In der konkreten Abwägung der Interessen der Parteien
überwiegt vorliegend das Interesse der Antragsgegnerin am Betrieb ihrer
Plattform, durch den es auch den übrigen Nutzern ermöglicht werden soll, die
Plattform zu nutzen.
Insoweit hat die Kammer zu Gunsten des Antragstellers
berücksichtigt, dass die Maßnahmen der Antragsgegnerin seine Möglichkeit zur
Äußerung – jedenfalls auf der Plattform der Antragsgegnerin – einschränken. Ihm
wird dadurch die konkrete Äußerung unmöglich gemacht, darüber hinaus kann er
sich für einen gewissen Zeitraum über die Plattform der Antragsgegnerin gar
nicht äußern.
Die Kammer hat ferner berücksichtigt, dass der Antragsteller
in der Vergangenheit bereits mehrfach von der Antragsgegnerin gesperrt wurde,
darunter einmal wegen einer Kritik an Asylbewerbern. Da der Antragsteller
jedoch die konkrete Äußerung nicht mehr vorgetragen hat, konnte die Kammer
nicht prüfen, ob insoweit ebenfalls Hassrede vorlag oder nicht. Dementsprechend
misst die Kammer diesem Umstand in der Abwägung eine geringere Bedeutung bei.
Auf Seiten der Antragsgegnerin hat die Kammer – wie oben
dargestellt – das Interesse der Antragsgegnerin am geregelten Betrieb ihrer
Plattform und der Ermöglichung von freier Rede für alle Nutzer berücksichtigt.
Denn durch die Veröffentlichung von Hassrede kann der Diskussionsverlauf
nachhaltig gestört werden, so dass andere Nutzer von einer weiteren Beteiligung
absehen (vgl. VG München MMR 2018, 418 Rn. 27).
Weiter war einzustellen, dass Löschung und Sperre durch die
Antragsgegnerin mit einem allgemeinen Äußerungsverbot, wie es z.B. § 130 Abs. 4
StGB vorsieht, nicht zu vergleichen sind. Denn durch Äußerungsdelikte wie § 130
Abs. 4 StGB oder die in § 1 Abs. 3 NetzDG genannten Vorschriften werden bestimmte
Äußerungen kriminalisiert und damit in allen Kontexten und allen
Verbreitungswegen strafbewehrt untersagt. Ebenso sind bei äußerungsrechtlichen
Unterlassungsverfügungen einzelne Äußerungen – jedenfalls im Rahmen und unter
den Voraussetzungen der Kerntheorie – generell und unabhängig vom
Verbreitungsweg zu unterlassen.
Demgegenüber geht es vorliegend darum, dass dem
Antragsteller die Wiederholung seiner Äußerung allein auf der Plattform der
Antragsgegnerin untersagt wird. Es geht also gerade nicht darum, dass der
Antragsteller sich überhaupt nicht derart äußern kann, dies steht ihm außerhalb
der Plattform der Antragsgegnerin unabhängig vom hiesigen Antrag frei (LG
Frankfurt a.M., Beschl. v. 20.08.2018 – 2-03 O 306/18; kritisch insoweit im
Rahmen der Prüfung des Verfügungsgrundes OLG München, Beschl. v. 24.08.2018 –
18 W 1294/18). Der Eingriff in die Rechte des Antragstellers ist daher
insgesamt gegenüber einer äußerungsrechtlichen Unterlassungsverfügung oder
durch die genannten Äußerungsdelikte deutlich eingeschränkt. Hierbei verkennt
die Kammer nicht, dass die Antragsgegnerin eine – möglicherweise sogar
marktbeherrschende – Plattform zur Verfügung stellt, damit einen wesentlicher
Marktplatz für Informationen darstellt und ein großes Interesse für den Antragsteller
daran besteht, seine Meinung auf dieser konkreten Plattform äußern zu können.
Der Eingriff in die Rechte des Antragstellers ist hier zweifelsohne erheblich,
er enthält jedoch kein Gesamtverbot und ist damit jedenfalls im Vergleich dazu
weniger schwerwiegend. Auf der anderen Seite ist das Interesse der
Antragsgegnerin an der Sperre solcher Äußerungen wie oben dargestellt ebenfalls
erheblich und jedenfalls unter Zugrundelegung der Maßstäbe des EGMR auch
berechtigt.
Die Löschung und Sperre waren darüber hinaus auch nicht als
willkürlich anzusehen, da sie jedenfalls aufgrund der Einordnung der Äußerung
des Antragstellers als Hassrede den Bedingungen der Antragsgegnerin entsprechen
(vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.06.2018 – 15 W 86/18; OLG Dresden, Beschl.
v. 08.08.2018 – 4 W 477/18, BeckRS 2018, 18249; LG Heidelberg, Beschl. v.
28.08.2018 – 1 O 71/18; offen gelassen OLG München, Beschl. v. 24.08.2018 – 18
W 1294/18).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über den Streitwert ergibt sich aus den §§
3 ZPO, 53 Abs. 1 GKG. Hierbei hat die Kammer die Streitwertangabe in der
Antragsschrift berücksichtigt, der indizielle Bedeutung zukommt. Ferner hat die
Kammer einbezogen, dass der Antragsteller vorliegend nicht nur gegen die Löschung
eines „Posts“ vorgeht (vgl. insoweit LG Frankfurt a.M., Beschl. v.
20.08.2018 – 2-03 O 306/18: Streitwert in der Hauptsache 1.000,- EUR), sondern
auch gegen die ihm gegenüber verhängte Sperre von immerhin 30 Tagen, die ihm in
diesem Zeitraum jedwede Äußerung auf Facebook und nach seinem Vortrag auch die
Verwendung von Facebook zum Einloggen in andere Dienste unmöglich macht (vgl.
auch OLG München, Beschl. v. 02.08.2018 – 18 W 1173/18).

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LG Frankfurt a.M.: Zur Anwendbarkeit des NetzDG auf Messenger-Dienste

Das LG Frankfurt a.M.  hat mit Beschluss vom 14.05.2018,
2-03 O 182/18
zur Anwendbarkeit des NetzDG auf Messenger-Dienste  entschieden, dass der Betreiber eines sozialen
Netzwerks seine Verhaltensregeln grundsätzlich auch durch Entfernung eines
rechtswidrigen Inhalts oder durch Sperrung eines Nutzeraccounts durchsetzen
kann.
Leitsätze:
1.Der Betreiber eines sozialen Netzwerks kann seine
Verhaltensregeln grundsätzlich auch durch Entfernung eines rechtswidrigen
Inhalts oder durch Sperrung eines Nutzeraccounts durchsetzen.
2. Der zwischen dem Nutzer und dem Plattformbetreiber
geschlossene Vertrag beinhaltet jedoch Schutzpflichten des Plattformbetreibers
gemäß § 241 Abs. 2 BGB, in deren Rahmen – im Wege der mittelbaren Drittwirkung
– die Grundrechte der Betroffenen zu berücksichtigen sind.
3. Voraussetzung einer Sperre ist daher, dass der Ausschluss
sachlich gerechtfertigt und nicht willkürlich ist. Eine Sperre und Löschung
wegen einer Äußerung ist dann nicht gerechtfertigt, wenn die Äußerung von der
Meinungsfreiheit gedeckt ist.

Gründe:
I.            
Der Antragsteller begehrt den Erlass einer einstweiligen
Verfügung gerichtet auf die Unterlassung einer Sperre sowie Entfernung eines
Posts bei Facebook wegen einer von ihm verfassten Äußerung.       
Die Antragsgegnerin betreibt die Webseite www.facebook.com.
Der Antragsteller ist Nutzer des von der Antragsgegnerin angebotenen Dienstes
und dort angemeldet. 
Der Antragsteller verfasste auf der Plattform der
Antragsgegnerin folgenden Kommentar:     
„Die pseudo-linke T ist ein Kriegstreiber erste Klasse!
War es nicht dieses Hetzblättchen, was kürzlich rum flennte, dass sie vor der
Pleite stünden? KEIN VERLUST! ist meine Meinung!“   
Die Antragsgegnerin entfernte diesen Post am 22.04.2018 mit
folgender Begründung:              
„Offenbar entspricht ein von Dir geposteter Inhalt
nicht unseren Gemeinschaftsstandards. Wir entfernen Beiträge, die Personen
basierend auf Rasse, Identität, nationale Herkunft, Religionszugehörigkeit,
sexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität oder Behinderung angreifen.“     
Ferner sperrte die Antragsgegnerin den Antragsteller für 30
Tage.       
Der Antragsteller forderte die Antragsgegnerin mit E-Mail
vom 25.04.2018 (Anlage KTB4) u.a. auf, die Sperre aufzuheben und gelöschte
Beiträge unverzüglich wieder frei zu schalten. Die Antragsgegnerin reagierte
unter dem 09.05.2018 mit der Mitteilung, dass nach weiterer Prüfung der Inhalt
wieder hergestellt sei.          
II.           
1. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist das LG
Frankfurt a.M. national und örtlich zuständig gemäß § 32 ZPO. Denn die Sperre
und die Entfernung des Posts wirken sich am Wohnsitz des Antragstellers im
Gerichtsbezirk des LG Frankfurt a.M. aus.      
2. Der Antragsteller kann von der Antragsgegnerin gestützt
auf die §§ 241 Abs. 2, 1004 BGB die Unterlassung der Sperre und der Löschung
aufgrund der streitgegenständlichen Äußerung verlangen.
a. Die Parteien haben nach dem glaubhaft gemachten Vortrag
des Antragstellers einen Vertrag über die Nutzung des sozialen Netzwerks der
Antragsgegnerin geschlossen, bei dem es sich um einen schuldrechtlichen Vertrag
mit miet-, werk- und dienstvertraglichen Elementen handelt (vgl. KG Berlin
DNotZ 2018, 286 (KG Berlin 31.05.2017 – 21 U 9/16) Rn. 56 m.w.N.). Gegenstand
dieses Vertrages sind auch die von der Antragsgegnerin gestellten
Verhaltensregeln als AGB. 
b. Grundsätzlich kann der Betreiber eines sozialen Netzwerks
seine Verhaltensregeln auch durch Entfernung eines rechtswidrigen Inhalts oder
durch Sperrung eines Nutzeraccounts durchsetzen (Schwartmann/Ohr in
Schwartmann, Praxishandbuch IT-, Urheber- und Medienrecht, 4. Aufl. 2018, Kap.
11 Rn. 40; vgl. zu einer Facebook-Seite auch VG München, Urt. v. 27.10.2017 – M
26 K 16.5928).               
Eine solche Sperre ist jedoch nicht voraussetzungslos
möglich, z.B. lediglich aufgrund einer ungeprüften Beschwerde eines anderen
Nutzers. Der zwischen dem Nutzer und dem Plattformbetreiber geschlossene
Vertrag beinhaltet Schutzpflichten des Plattformbetreibers gemäß § 241 Abs. 2
BGB. Im Rahmen dieser Schutzpflichten sind – im Wege der mittelbaren
Drittwirkung – die Grundrechte der Betroffenen zu berücksichtigen (vgl. BVerfG,
Beschl. v. 11.04.2018 – 1 BvR 3080/09, BeckRS 2018, 6483), was insbesondere
dazu führt, dass der Nutzer grundsätzlich ohne Furcht vor Sperren zulässige
Meinungsäußerungen auf der Plattform kundtun darf.
Voraussetzung einer solchen Sperre ist daher zunächst, dass
der Ausschluss sachlich gerechtfertigt und nicht willkürlich ist (in Bezug auf
ein „virtuelles Hausrecht“ LG Bonn MMR 2000, 109 (LG Bonn 16.11.1999
– 10 O 457/99); dazu Ladeur, MMR 2001, 787; vgl. insoweit auch VG München, Urt.
v. 27.10.2017 – M 26 K 16.5928 Rn. 17 – juris, für die Facebook-Seite eines
öffentlich-rechtlichen Trägers; zur mittelbaren Wirkung der Grundrechte, insb.
Art. 3 Abs. 1 GG, auf das Verhältnis von Privaten BVerfG, Beschl. v. 11.04.2018
– 1 BvR 3080/09, BeckRS 2018, 6483 zu einem bundesweiten Stadionverbot).   
Danach kann eine Sperre auch unter Berücksichtigung der dem
Äußernden zu Gebote stehenden Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG
gerechtfertigt sein, wenn der Äußernde mehrfach den Tatbestand der Beleidigung
erfüllt und damit sowohl die Rechte anderer Nutzer verletzt als auch den
Diskussionsverlauf nachhaltig gestört hat (VG München, Urt. v. 27.10.2017 – M
26 K 16.5928 Rn. 19 – juris). Hierbei kann auch Berücksichtigung finden, ob das
Verhalten des Äußernden geeignet ist, eine weitere sachliche Diskussion zu
verhindern bzw. andere Nutzer fernzuhalten (vgl. VG München, Urt. v. 27.10.2017
– M 26 K 16.5928 Rn. 27 – juris). Bei nachhaltigem, beleidigenden Verhalten
soll der Betreiber nicht verpflichtet sein, den Nutzer weiterhin zu dulden
(vgl. VG München, Urt. v. 27.10.2017 – M 26 K 16.5928 Rn. 30 – juris).
Diesen Einschränkungen der Möglichkeit des
Plattformbetreibers, den Nutzer zu sperren, stehen grundsätzlich auch nicht die
Nutzungsbedingungen der Antragsgegnerin (Anlagen KTB1, KTB2) entgegen. Diese können
zwar als Auslegungshilfe dienen, aufgrund der Drittwirkung der Grundrechte
können zulässige Meinungsäußerungen jedoch grundsätzlich nicht untersagt werden
(vgl. LG Bonn MMR 2000, 109 (LG Bonn 16.11.1999 – 10 O 457/99); LG Köln Urt. v.
4.5.2005 – 9 S 17/05, BeckRS 2005, 10688; VG München, Urt. v. 27.10.2017 – M 26
K 16.5928 Rn. 17 – juris).   
Fraglich ist weiter, ob vor einer Sperre der Nutzer angehört
bzw. abgemahnt werden muss (so KG Berlin NJW-RR 2005, 1630 (KG Berlin
05.08.2005 – 13 U 4/05) zur Sperrung eines eBay-Accounts; AG Kerpen MMR 2017,
642 (AG Kerpen 10.04.2017 – 102 C 297/16) zur Kündigung eines
Internet-Forennutzungsvertrages; a.A. OLG Brandenburg MMR 2017, 258 (OLG
Brandenburg 09.01.2017 – 6 W 95/16) zur Sperrung eines eBay-Accounts).            
Nichts anderes ergibt sich im Übrigen aus dem vom
Antragsteller ebenfalls angeführten NetzDG (vgl. zum Anwendungsbereich LG
Frankfurt a.M., Beschl. v. 30.04.2018, 2-03 O 430/17; zur Frage der
Verfassungswidrigkeit des NetzDG vgl. nur Liesching, MMR 2018, 26;
Kalscheuer/Hornung, NVwZ 2017, 2593; Gersdorf, MMR 2017, 439; Hong, Das NetzDG
und die Vermutung für die Freiheit der Rede, Verfassungsblog v. 09.01.2018,

Das NetzDG und die Vermutung für die Freiheit der Rede


§ 3 Abs. 1 NetzDG sieht vor, dass der Anbieter eines sozialen Netzwerks – hier
die Antragsgegnerin – ein wirksames und transparentes Verfahren für den Umgang
mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte vorhalten muss. Nach § 3 Abs. 2
NetzDG muss das Verfahren insbesondere gewährleisten, dass rechtswidrige
Inhalte unverzüglich entfernt oder gesperrt werden. Rechtswidrige Inhalte in
diesem Sinne sind nach § 1 Abs. 3 NetzDG Inhalte, die den Tatbestand der §§ 86,
86a, 89a, 91, 100a, 111, 126, 129 bis 129b, 130, 131, 140, 166, 184b in
Verbindung mit 184d, 185 bis 187, 201a, 241 oder 269 StGB erfüllen und nicht
gerechtfertigt sind.         

c. Die streitgegenständliche Äußerung rechtfertigte ihre
Löschung und die Sperrung des Antragstellers nicht. Sie stellt eine noch von
der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG gedeckte Meinungsäußerung dar.      
Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als
eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst
durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange
bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die
betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen
Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der
Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das
Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite
überwiegt (BGH NJW 2016, 789 (BGH 15.09.2015 – VI ZR 175/14) Rn. 20; BGH NJW
2016, 56 (BGH 28.07.2015 – VI ZR 340/14) Rn. 29; BGH NJW 2014, 2029 (BGH
17.12.2013 – II ZB 6/13) Rn. 22; jew. m.w.N.).  
Bei der Frage, ob eine Äußerung ihrem Schwerpunkt nach als
Tatsachenbehauptung oder als Meinungsäußerung anzusehen ist, kommt es
entscheidend auf den Gesamtkontext der fraglichen Äußerung an (vgl. BVerfG AfP
2013, 389 (BVerfG 24.07.2013 – 1 BvR 444/13), juris-Rn. 18). Von einer
Tatsachenbehauptung ist auszugehen, wenn der Gehalt der Äußerung entsprechend
dem Verständnis des Durchschnittsempfängers der objektiven Klärung zugänglich
ist und als etwas Geschehenes grundsätzlich dem Beweis offen steht. Soweit eine
Tatsachenbehauptung mit einem Werturteil verbunden ist bzw. beides ineinander
übergeht, ist darauf abzustellen, was im Vordergrund steht und damit überwiegt.
Wird eine Äußerung in entscheidender Weise durch die Elemente der
Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt oder ist der tatsächliche
Gehalt der Äußerung so substanzarm, dass er gegenüber dem Wertungscharakter in
den Hintergrund tritt, liegt eine Meinungsäußerung vor. Vom Überwiegen des
tatsächlichen Charakters ist auszugehen, wenn die Wertung sich als
zusammenfassender Ausdruck von Tatsachenbehauptungen darstellt (vgl.
Wenzel/Burkhardt, Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003,
Kap. 4 Rn. 43, 50 ff.).            
Hierbei sind Äußerungen entsprechend dem Verständnis des
unbefangenen Durchschnittsempfängers zu interpretieren (Wenzel/Burkhardt,
a.a.O., Kap. 4 Rn. 4; Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl. 2013, § 14 Rn. 4a;
jew. m.w.N.).           
Meinungsäußerungen sind danach nur als unzulässig zu
behandeln, wenn sie die Grenze zur Schmähkritik überschreiten. Grundsätzlich
liegt Schmähkritik nur vor, wenn eine Äußerung jeglichen sachlichen Bezug
vermissen lässt, die inhaltliche Auseinandersetzung zurücktritt und eine
Diffamierung im Vordergrund steht, die jenseits polemischer und überspitzter
Kritik in erster Linie herabsetzen soll (OLG Frankfurt NJW 2013, 798, 799;
Wenzel/Burkhardt, a.a.O., Kap. 5 Rn. 97). Dies ist bei einer die Öffentlichkeit
wesentlich berührenden Frage nur ausnahmsweise der Fall und eher auf die
Privatfehde beschränkt (BVerfG NJW 2012, 3712 (BVerfG 17.09.2012 – 1 BvR
2979/10) Rn. 30 m.w.N.). Wegen seines die Meinungsfreiheit verdrängenden
Effekts ist der Begriff der Schmähkritik eng zu verstehen. Auch eine überzogene
oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur
Schmähung. Eine Äußerung nimmt diesen Charakter erst dann an, wenn nicht mehr
die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im
Vordergrund steht (BVerfG NJW 2016, 2870 Rn. 17 m.w.N.). Nur dann, wenn der
abwertende Vorwurf auch vom Standpunkt des Äußernden aus völlig grundlos, d.h.
willkürlich, nicht sachbezogen und von vornherein außerhalb jedes in einer
Sachauseinandersetzung wurzelnden Verwendungskontextes ist, kann dies auf
dessen Absicht hindeuten, den Betroffenen zu diffamieren (BVerfG NJW 2016, 2870
(BVerfG 29.06.2016 – 1 BvR 2646/15) Rn. 17 f.; OLG Saarbrücken, Urt. v.
04.06.2014 – 5 U 81/13, BeckRS 2015, 07789 Rn. 44).       
d. Der Antragsteller hat vorliegend die Zeitung
„t“ als  
– „pseudo-links“,            
– „Kriegstreiber erste Klasse“ und          
– „Hetzblättchen“
bezeichnet.      
Insoweit ist eine Unzulässigkeit der Äußerung nicht bereits
aus dem Grunde ausgeschlossen, dass die „t“ als juristische Person
z.B. nicht beleidigungsfähig wäre (vgl. Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl.
2013, § 13 Rn. 13 m.w.N.), zumal durch die Bezeichnung durch den Antragsteller
auch ihre leitenden Personen betroffen sein können.           
Die Äußerungen sind nach den oben dargestellten Grundsätzen
jedoch jeweils als zulässig anzusehen.           
Die Äußerung „pseudo-links“ stellt eine zulässige
Meinungsäußerung dar, die die Grenze zur Schmähkritik nicht überschreitet. Die
„t“ ist, wie der Kammer bekannt ist, eine Zeitung, die durchaus auch
für politische Meinungen bekannt ist und dementsprechend auch solche –
wertenden – Bezeichnungen grundsätzlich hinnehmen muss. Zwar ist aus Sicht des
Durchschnittsempfängers der Äußerung möglicherweise der Vorwurf zu entnehmen,
dass die „t“ tatsächlich nicht „links“ eingestellt sei.
Dies ist jedoch Bestandteil der zulässigen Meinungsäußerung des Antragstellers.         
Auch die Bezeichnung als „Kriegstreiber erste
Klasse“ ist nicht als Schmähkritik anzusehen (vgl. insoweit auch BGH NJW
1974, 1762). Bereits die Konnotierung mit „erster Klasse“ legt eine
wertende Betrachtung nahe. Die Bezeichnung als „Kriegstreiber“ ist
aus Sicht des Durchschnittslesers erkennbar darauf gerichtet, dass das
Verhalten der „t“ in eine bestimmte Richtung hin gewertet werden
solle. Der Durchschnittsleser entnimmt dem die Wertung des Antragstellers, dass
die „t“ bzw. Autoren der „t“ gegenüber Kriegen eine
bestimmte – ggf. befürwortende – Position einnimmt bzw. einnehmen, wobei dies
aus Sicht des Durchschnittslesers erkennbar überspitzt ist. Bei der Bezeichnung
als „Kriegstreiber“ musste der Antragsteller auch nicht diejenigen
Tatsachen mitteilen, auf die er seine Bewertung möglicherweise stützt (vgl. BGH
NJW 1974, 1762 (BGH 18.06.1974 – VI ZR 16/73)).  
Wie oben dargestellt, ist die „t“ als
meinungsstarkes Medium bekannt. Sie muss daher im Meinungskampf ggf. auch harte
und möglicherweise ausfallende Kritik hinnehmen, sofern diese nicht
willkürlich, nicht sachbezogen und von vornherein außerhalb jedes in einer
Sachauseinandersetzung wurzelnden Verwendungskontextes ist. Dies ist hier der
Fall.         
Auch die Äußerung, dass die „t“ ein
„Hetzblättchen“ sei, ist nach den oben dargestellten Grundsätzen als
noch zulässige Meinungsäußerung anzusehen. Denn auch insoweit können
meinungsstarke Äußerungen von Autoren der „t“ eine solche
Überspitzung unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit rechtfertigen. Dass
die Grenze zur Schmähkritik nicht überschritten ist, ist für die Kammer hier
nicht ersichtlich.         
Die Kammer hat im Übrigen im Rahmen der Interessen der
hiesigen Antragsgegnerin auch berücksichtigt, dass die Antragsgegnerin ihre
Entscheidung (lediglich) damit begründet hat, dass sie Beiträge entferne,
„die Personen basierend auf Rasse, Identität, nationaler Herkunft,
Religionszugehörigkeit, sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität oder
Behinderung angreifen“, was entsprechend ihren Gemeinschaftsstandards den „Hassbotschaften“
entspricht.
Auf die hier streitgegenständliche Äußerung trifft jedoch
keiner dieser Punkte zu. Der Antragsteller macht der „t“ insofern
„nur“ politische Vorwürfe, jedoch nicht solche, die die von der
Antragsgegnerin angeführten Gründe wie Rasse, Identität etc. enthalten.
Auch die übrigen von der Antragsgegnerin gestellten
Nutzungsbedingungen bzw. Gemeinschaftsstandards rechtfertigen die Sperre hier
nicht. In Ziffer 5.1 der Nutzungsbedingungen erlegt die Antragsgegnerin den
Nutzern auf, keine „Rechte einer anderen Person“ zu verletzen. In
Ziffer 5.2 der Nutzungsbedingungen behält sich die Antragsgegnerin vor, Inhalte
zu entfernen,        
„wenn wir der Ansicht sind, dass diese gegen diese
Erklärung bzw. unsere Richtlinien verstoßen.“      
Anlage KTB3 enthält die Gemeinschaftsstandards der
Antragsgegnerin. In diesen kündigt sie an, Berichte mit „bedrohlicher
Sprache“ zu prüfen und „glaubwürdige körperliche Bedrohungen, die
sich an einzelne Personen richten“ zu entfernen. Ferner untersagt sie u.a.
„Mobbing und Belästigung“, was die Antragsgegnerin als Inhalte
versteht, mit denen „absichtlich Privatpersonen getroffen werden sollen,
um diese herabzuwürdigen oder zu beschämen“ und
„Hassbotschaften“, die der dem Antragsteller gegebenen Begründung
entsprechen.         
Unabhängig davon, ob unter Berücksichtigung der Drittwirkung
der Grundrechte eine Sperre allein auf diese Bedingungen gestützt werden
könnte, liegen hier – wie oben dargestellt – bereits die entsprechenden
Voraussetzungen der angeführten Löschgründe nicht vor.     
Ob die Antragsgegnerin den Antragsteller jedenfalls vor der
Sperre hätte anhören müssen (s.o.), konnte offenbleiben, da nicht ersichtlich
ist, dass eine solche Anhörung erfolgt ist.         
Es konnte ferner offenbleiben, ob im Einzelfall eine
Sperrung von Nutzern auch bei Äußerungen zulässig sein kann, die für sich
genommen zwar noch zulässig sind, aber in Gesamtschau des vorangegangenen
Verhaltens des Nutzers – ggf. unter Verstoß gegen die Richtlinien des
Plattformbetreibers – wegen einer anhaltenden Störung der Abläufe (vgl.
insoweit LG Bonn, MMR 2000, 109, 110 (LG Bonn 16.11.1999 – 10 O 457/99); VG
München, Urt. v. 27.10.2017 – M 26 K 16.5928 Rn. 30 – juris; vgl. wohl auch VG
Mainz, Urt. v. 13.04.2018 – 4K 762/17.Mz – noch ohne Begründung) eine Sperre rechtfertigen
könnten. Denn insoweit ist weder in der Begründung der Antragsgegnerin für die
Sperre noch auf die Abmahnung des Antragstellers hin ersichtlich bzw.
dargelegt, dass solche Umstände hier vorlagen.       
d. Wenn nach alledem die Löschung und Sperrung aufgrund der
streitgegenständlichen Äußerung im Ergebnis nicht gerechtfertigt werden kann,
dann kann der Antragsteller auch verlangen, dass die Antragsgegnerin die
Löschung und Sperrung aufgrund dieser Äußerung künftig unterlässt (vgl.
insoweit auch LG Berlin, Beschl. v. 23.03.2018 – 31 O 21/18 – als
Beschlussverfügung ohne Begründung – juris).               
e. Auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche
Wiederholungsgefahr ist gegeben. Im Regelfall indiziert die Erstbegehung die
Wiederholungsgefahr (ständige Rechtsprechung BGH GRUR 1997, 379, 380 (BGH
16.11.1995 – I ZR 229/93) – Wegfall der Wiederholungsgefahr II).               
Im Allgemeinen gelingt eine Widerlegung der
Wiederholungsgefahr durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung.
Die Antragsgegnerin hat auf die Abmahnung des Antragstellers hin zwar die
Sperre wieder aufgehoben, jedoch keine Unterlassungserklärung abgegeben. Damit
besteht nach wie vor Wiederholungsgefahr (vgl. BGH GRUR 1998, 1045, 1046 (BGH
19.03.1998 – I ZR 264/95) – Brennwertkessel).             
f. Die Entscheidung über die Androhung eines Ordnungsmittels
beruht auf § 890 ZPO.              
3. Auch der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung
nötige Verfügungsgrund liegt vor.    
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Bemessung
des Streitwerts auf en §§ 3 ZPO, 53 Abs. 1 GKG.

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LG Frankfurt a.M. – Löschungsanspruch bei Veröffentlichung von Intimfotos auf Facebook

Das LG Frankfurt am Main hat mit Urteil
vom 21.12.2017, Az. 2-03 O 130/17
entschieden, dass ein
Unterlassungsanspruch gegen einen Facebook-Nutzer besteht, wenn dieser bei
Facebook intime Details und Fotos aus einer Beziehung veröffentlicht.
Die Berufung ist anhängig: 
OLG Frankfurt am Main – AZ: 16 U 12/18

Leitsätze:

1.Die Veröffentlichung der Tatsache, dass der Äußernde zuvor
eine Beziehung zu einer Minderjährigen geführt hat, sowie Details hierzu,
greift in die Intim- bzw. Privatsphäre der Betroffenen ein.
2.Daraus, dass die Betroffene Aktaufnahmen im Playboy
veröffentlicht hat und selbst ein Facebook-Profil betreibt, ist der Bereich
ihrer Privatsphäre nicht einer so umfassenden Selbstöffnung zugeführt worden,
dass es dem Äußernden gestattet wäre, jegliche Details aus dem Privatleben der
Betroffenen zu offenbaren.
3. Eine Äußerung kann insgesamt verboten werden
(Gesamtverbot), wenn sie im Gesamtkontext die Darstellung enthält, wie aus
Sicht des Beklagten die Beziehung der Parteien begann und sich entwickelte und
die Äußerung von der Darstellung durchzogen ist, dass die Parteien eine intime
Beziehung geführt haben, dies aus der Aufmachung erkennbar ist und der Sinn der
angegriffenen Äußerung durch Streichung einzelner Passagen massiv verändert
würde.
4. Nach Ende einer Beziehung sind Bilder der Betroffenen mit
Intimbezug zu löschen.
5. Anders als bei Bildern, kann bei privaten Briefen mit
teils intimen Inhalt, die während einer mittlerweile beendeten intimen
Beziehung ausgetauscht wurden, nicht ohne Weiteres Löschung, wohl aber die
Unterlassung der Weitergabe verlangt werden.

Tatbestand:
Die Parteien streiten um Ansprüche wegen der Verletzung des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
Die Klägerin ist Studentin und heute 20 Jahre alt.           
Der Beklagte ist der ehemalige Lehrer der Klägerin an einer
Realschule in A.    
Nachdem die Klägerin die Realschule verlassen hatte, nahm
sie nach ihrem 16. Geburtstag im August 2012 an einer Freizeitfahrt teil, an
der auch der Beklagte beteiligt war. Die Parteien führten sodann zwischen
August 2012 und September 2013 eine Beziehung. Während dieser Beziehung
fertigten die Parteien verschiedene Fotografien, die die Klägerin teilweise
unbekleidet zeigen und die mit Einwilligung der Klägerin erstellt wurden. Der Beklagte
ist noch im Besitz von solchen Fotografien, jedenfalls in Kopie. Ferner ist der
Beklagte im Besitz von privaten (Liebes-)Briefen der Klägerin an den Beklagten.
Fotos und Briefe wurden teilweise durch die Ermittlungsbehörden im Rahmen einer
Hausdurchsuchung beim Beklagten zu Beweiszwecken im Strafverfahren
beschlagnahmt.              
Nach Ende der Beziehung versandte der Beklagte an den neuen
Freund der Klägerin ein Foto, das die Klägerin unbekleidet zeigt.    
Die Klägerin erwirkte 2015 und 2016 mehrere
Gewaltschutzanordnungen gegen den Beklagten, nach denen es dem Beklagten
untersagt war, sich der Wohnung der Klägerin oder ihr selbst auf weniger als
20m zu nähern, ihr aufzulauern, mit ihr Kontakt aufzunehmen oder sonstwie ein
Zusammentreffen mit der Klägerin herbeizuführen.        
Die Klägerin stellte gegen den Beklagten ferner
Strafanzeige. Wegen Verstoßes gegen § 4 GewSchG in sieben Fällen wurde der
Beklagte vom Amtsgericht M nach Durchführung der Hauptverhandlung am …2016
und …2016 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung
verurteilt (Anlage K1, Bl. 24 d.A.). Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der
Beklagte hat Berufung erhoben. Ferner wurde der Beklagte von seinem Arbeitgeber
suspendiert.            
Im Vorfeld der mündlichen Verhandlung im Strafprozess
informierte der Beklagte Pressevertreter und übergab diesen private
Liebesbriefe der Klägerin an ihn sowie private Fotografien. Es kam mehrfach zu
Berichterstattungen, insbesondere der B-Zeitung, beispielsweise am …2016 mit
der Überschrift „…“, auf Anlage K2, Bl. 38 ff. d.A., wird Bezug
genommen. Der Beklagte gab in der Folgezeit und anlässlich der im … 2016
stattfindenden Hauptverhandlung privaten Fernsehsendern und der Presse
Interviews.
Am ….2016 stellte der Beklagte einen Beitrag auf seiner
Facebook-Seite ein, in dem er seine Sicht auf die Beziehung mit der Klägerin
und das laufende Verfahren mitteilte (Anlage K3, Bl. 51 d.A.). Zum Abschluss
des Beitrages forderte er die Leser zum „Teilen“ des Beitrages auf.
Am ….2016 veröffentlichte der Beklagte einen weiteren Beitrag, in dem er die
Klägerin namentlich erwähnte (Anlage K4, Bl. 57 d.A.).
Der Beklagte gab B ein Interview, das als Video
veröffentlicht wurde, in dem der Beklagte den Vornamen der Klägerin nannte und
das den Inhalt wie im Antrag zu 1 b) hat. Für den Inhalt wird weiter auf die CD
in Anlage K6 Bezug genommen.               
Die Klägerin ist nebenberuflich als Model tätig. Im … 2016
erschienen im „Playboy“ Aktfotografien von der Klägerin, die mit
ihrer Einwilligung erstellt worden waren.           
Die Klägerin ließ den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben
vom ….2016 abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung auffordern. Ferner forderte sie ihn auf, sämtliche in
seinem Besitz befindlichen Briefe und Fotografien der Klägerin zu vernichten
und zu löschen, sowie Auskunft zu erteilen und eine dem Grunde nach bestehende
Schadensersatzpflicht gegenüber der Klägerin anzuerkennen (Anlage K5, Bl. 58 d.A.).
Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe ihr nach dem Ende
der Beziehung nachgestellt.     
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die angegriffenen
Beiträge sie in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht rechtswidrig treffen.
Sie sei in dem Beitrag erkennbar. Der Beitrag umfasse Angaben zu ihrer
Intimsphäre. Besonders zu berücksichtigen sei, dass der Beklagte Angaben zum
sexuellen Verhalten der Klägerin gemacht habe, die einen Zeitpunkt betreffen,
als die Klägerin noch minderjährig war. Das Recht auf Achtung der Privat- und
Intimsphäre umfasse auch das Recht, selbst darüber entscheiden zu können, ob,
in welcher Form und wem ein Blick in die Intimsphäre und das eigene
Geschlechtsleben gewährt werde. Der angegriffene Beitrag sei in seiner Gesamtheit
zu betrachten und zu verbieten. Der Beitrag könne nicht in einzelne – zulässige
und unzulässige – Äußerungen und Passagen aufgespalten werden, da der Beklagte
historisch aufbauend den Ablauf der intimen Beziehung zu der Klägerin schildere
und die späteren Abschnitte mit den vorangegangenen „vernäht“ seien.
Die Klägerin könne die Löschung aller Lichtbilder und Briefe der Klägerin
verlangen, die im Besitz des Beklagten seien. Dies gelte nicht nur für intime
Lichtbilder. Denn die Klägerin sei zum Zeitpunkt der Anfertigung der Aufnahmen
und der Briefe noch minderjährig gewesen. Die Briefe zeigten das sexuelle
Empfinden und die Gefühlswelt der Klägerin zu einer Zeit als sie noch
minderjährig war. Die Klägerin könne vom Beklagten Schmerzensgeld verlangen, hierfür
sei die beantragte Auskunft erforderlich.    
Die Klägerin beantragt,
1.           
den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines
Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR oder Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs
Monaten zu unterlassen,
Angaben über eine intime Beziehung zur Klägerin zu
veröffentlichen und/oder öffentlich zugänglich zu machen, wenn dies wie
nachstehend wiedergegeben geschieht:   
a)           
           
wenn dies geschieht wie in Anlage K3 ersichtlich,          
b)
…,           wenn dies
geschieht wie aus der CD in Anlage K6 ersichtlich,
1.           
den Beklagten zu verurteilen, sämtliche privaten Briefe der
Klägerin und von ihm selbst oder der Klägerin angefertigte private Fotografien
der Klägerin – auch in digitaler Form – , die sich in seinem Besitz befinden,
zu vernichten und zu löschen;               
hilfsweise: es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu
250.000,00 EUR oder Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten zu
unterlassen, private Briefe und private Fotografien der Klägerin Dritten zum
Zwecke der Veröffentlichung zu überlassen,       
1.           
den Beklagten im Wege der Stufenklage zu verurteilen,            
a)           
der Klägerin Auskunft zu erteilen,         
aa.         
in welchem Zeitraum der im Klageantrag zu 1) wiedergegebene
Text auf seiner Facebook-Seite öffentlich zugänglich gemacht wurde;             
bb.        
wie viele Aufrufe des im Klageantrag zu Ziff 1)
wiedergegebenen Textes auf seiner Facebook-Seite im fraglichen Zeitraum erfolgt
sind;      
cc.         
welche Personen den Artikel auf der jeweils eigenen
Facebook-Seite veröffentlicht haben (unter Angabe von Namen und Anschrift);         
dd.        
wem der Artikel aktiv bekannt gemacht oder zugesandt wurde
(auch per Mail);           
ee.        
welche privaten Briefe und Fotografien der Klägerin der
Beklagte an Presseorgane oder andere Dritte gegeben hat;
ff.           Abs. 43
in welchem Zeitraum das Interview gem. Antrag 1. lit. b)
online zugänglich war und wieviele Zugriffe es hierauf gab; 
an die Klägerin Schadensersatz in einer nach Erteilung der
Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.      
Der Beklagte beantragt,             
die Klage abzuweisen. 
Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Klägerin sich
vorliegend nicht auf den Schutz ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts berufen
könne. Die Klägerin wende sich selbst an die Öffentlichkeit und bezeichne sich
auf Ihrer Facebook-Seite selbst als Person des öffentlichen Lebens. Sie
präsentiere ihr Sexualleben der Öffentlichkeit. Die Klägerin könne sich auch
nicht darauf berufen, dass es um Vorgänge aus der Zeit ginge, als sie noch
minderjährig war, da sie mittlerweile 20 Jahre alt ist.      
Der Beklagte habe sich mit seinem Beitrag in zulässiger
Weise öffentlich gegen die Vorwürfe der Klägerin zur Wehr gesetzt. Durch das
Strafverfahren gegen ihn seien die Vorwürfe auch bereits öffentlich gewesen.       
Nachdem im Berufungs(-straf-)verfahren vor dem Landgericht M
erörtert worden ist, ob der Beklagte im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt
hat, wendet der Beklagte dies auch für das vorliegende Verfahren ein.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die
zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den
sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.   
Gründe:
Die Klage ist zulässig und weit überwiegend begründet.            
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht
Frankfurt a.M. gemäß § 32 ZPO örtlich zuständig. Insoweit war zu
berücksichtigen, dass der Beklagte seine Äußerung über eine bundesweit abrufbare
Facebook-Seite veröffentlicht hat, dass sein Beitrag unstreitig mehrfach
geteilt worden ist und dass der Beklagte am Schluss seines Beitrages die Leser
ausdrücklich zum weiteren Teilen des Beitrages aufgefordert hat. Der Beklagte
wollte sich mit seinem Beitrag offenkundig nicht nur an einen begrenzten
Personenkreis wenden, sondern seine Sicht der Dinge einem weiteren
Empfängerkreis zur Verfügung stellen. Im Übrigen war zu berücksichtigen, dass
über das Verhältnis zwischen den Parteien bereits zuvor bundesweit in der
Presse und im Fernsehen berichtet worden war, so dass damit zu rechnen war,
dass auch der Beitrag des Beklagten nicht lediglich ein örtlich begrenztes
Interesse finden würde.   
Im Übrigen hat sich der Beklagte in der mündlichen Verhandlung
rügelos eingelassen, § 39 ZPO.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf
Unterlassung der Gesamtäußerung gemäß Antrag zu 1.a) aus den §§ 823, 1004 BGB
i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.
Die Klägerin ist durch die angegriffene Äußerung erkennbar.
An die Erkennbarkeit werden grundsätzlich keine hohen Anforderungen gestellt.
Es kommt insoweit nicht darauf an, ob alle oder ein erheblicher Teil der Leser
oder gar die Durchschnittsleser die gemeinte Person identifizieren können.
Vielmehr reicht die Erkennbarkeit im Bekanntenkreis aus (OLG Frankfurt a.M.
GRUR-RR 2017, 120 Rn. 44 – Dschihadist; Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl.
2013, § 13 Rn. 37). Ausreichend ist es, wenn der Betroffene begründeten Anlass
zu der Annahme hat, dass über das Medium persönlichkeitsverletzende
Informationen auch an solche Empfänger gelangen, die aufgrund ihrer sonstigen
Kenntnisse in der Lage sind, anhand der mitgeteilten individualisierenden
Merkmale die Person zu identifizieren, auf die sich die Aussagen beziehen
(BVerfG NJW 2004, 3619, 3620 (BVerfG 14.07.2004 – 1 BvR 263/03)). Die
Erkennbarkeit kann sich auch aus dem Zusammenhang mit anderen
Veröffentlichungen ergeben (Dreier/Schulze-Specht, UrhG, 5. Aufl. 2015, § 22
KUG Rn. 3 m.w.N.). 
Diese Voraussetzungen waren hier gegeben. Aus der
angegriffenen Äußerung geht hervor, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der
Äußerung 20 Jahre alt war (Nr. 37), der Beklagte der Lehrer der Klägerin an
einer Schule in M war, dass diese im Alter von 16 Jahren die Schule verlassen
hat und im September 20xx erotische Bilder von ihr veröffentlicht wurden.
Ferner seien in Print- und Online-Medien Bilder von ihm und der Klägerin zu
sehen gewesen (Nr. 27), die Klägerin habe ihren Körper im „Playboy“
zur Schau gestellt (Nr. 36). Darüber hinaus ist zwischen den Parteien
unstreitig, dass der Beklagte den Nachnamen der Klägerin in einem wenige Tage
später veröffentlichten Beitrag unter Bezugnahme auf die vorangegangene
Äußerung genannt hat.          
Die angegriffene Äußerung greift unzulässig in das
Persönlichkeitsrecht der Klägerin ein.         
Die Veröffentlichung einer Liebesbeziehung greift
grundsätzlich in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des
durch die Veröffentlichung Betroffenen ein. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG, Art. 8
Abs. 1 EMRK gewährleisten das Recht auf Achtung der Privatsphäre, das jedermann
einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zugesteht, in dem er seine
Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Hierzu
gehört auch das Recht, für sich zu sein, sich selbst zu gehören und den
Einblick durch andere auszuschließen (BGH GRUR 2017, 850 (BGH 02.05.2017 – VI
ZR 262/16) Rn. 19 – Tim B.).            
Der Schutz der Privatsphäre ist sowohl thematisch als auch
räumlich bestimmt. Er umfasst insbesondere Angelegenheiten, die wegen ihres
Informationsgehalts typischerweise als „privat“ eingestuft werden
(BGH GRUR 2017, 304 (BGH 29.11.2016 – VI ZR 382/15) Rn. 9 – Michael Schumacher;
BGH GRUR 2013, 91 Rn. 12 – Comedy-Darstellerin; BGH NJW 2012, 763 (BGH
22.11.2011 – VI ZR 26/11) Rn. 10; BVerfG GRUR 2000, 446 – Caroline von Monaco).
Zur Privatsphäre gehören demnach auch Informationen über das Bestehen einer
Liebesbeziehung, deren Bekanntwerden der Betroffene – aus welchen Gründen auch
immer – nicht wünscht, sondern vielmehr geheim halten möchte (BGH GRUR 2017,
850 (BGH 02.05.2017 – VI ZR 262/16) Rn. 19 – Tim B.). Weiter gehört hierzu auch
die Information über Erkrankungen des Betroffenen (BGH NJW 2017, 1550 – Michael
Schumacher; BGH NJW 2012, 3645 (BGH 18.09.2012 – VI ZR 291/10); OLG Frankfurt
a.M. NJW-RR 2015, 102, 103).     
Darüber hinaus gewährt das Grundgesetz dem Bürger einen
unantastbaren Bereich zur Entfaltung der Persönlichkeit im Kernbereich
höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung, der der Einwirkung der
öffentlichen Gewalt entzogen ist. Wegen seiner besonderen Nähe zur
Menschenwürde ist der Kernbereich privater Lebensgestaltung absolut geschützt,
ohne dass dieser Schutz einer Abwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes
zugänglich ist (BVerfG NJW 2009, 3357 Rn. 25 m.w.N.). Diesem Kernbereich
gehören insbesondere Ausdrucksformen der Sexualität an (BVerfG NJW 2008, 39
(BVerfG 13.06.2007 – 1 BvR 1783/05)). Im Übrigen hängt die Beurteilung, ob ein Sachverhalt
diesem Kernbereich zuzuordnen ist, davon ab, ob der Betroffene ihn geheim
halten will, ob er nach seinem Inhalt höchstpersönlichen Charakters ist und in
welcher Art und Intensität er aus sich heraus die Sphäre anderer oder die
Belange der Gemeinschaft berührt (BVerfG NJW 2009, 3357 (BVerfG 10.06.2009 – 1
BvR 1107/09) Rn. 25). Dementsprechend betreffen Details über den Austausch von
Intimitäten in einer Liebesbeziehung nicht nur den Bereich der Privat-, sondern
den der Intimsphäre.               
Weiter kann auch bei Heranwachsenden die Berichterstattung
über eine Beziehung einen Eingriff in einen besonders sensiblen Bereich
darstellen. Heranwachsende sollen eine gewisse Schutzbedürftigkeit dahingehend
genießen, so dass es ihnen zugestanden sein soll, auf dem Weg zu einer
gereiften Persönlichkeit unbeeinträchtigt Beziehungen zu Partnern führen zu
können, ohne dabei von einer breiten Öffentlichkeit beobachtet zu werden (LG
Hamburg NJOZ 2017, 1444).               
Nach diesen Grundsätzen greift die angegriffene Äußerung
insgesamt jedenfalls in den Bereich der Privatsphäre, teilweise auch in den
Bereich der Intimsphäre der Klägerin ein, wobei es auf letzteres im Ergebnis
nicht mehr ankam.  
Denn der Beklagte offenbart in der angegriffenen Äußerung,
dass er sich von der Klägerin habe verführen lassen und später für sie seine
Frau und seine Familie im Stich gelassen habe, dass die Klägerin bereits mit 14
Jahren amouröse Gefühle für ihn gehegt habe, dass die Parteien sexuelle
Handlungen vorgenommen haben und dass die Parteien letztlich eine heimliche
Liebesbeziehung führten. Die Parteien hätten sich gegenseitig als Verlobte
bezeichnet. Weiter offenbart der Beklagte, dass die Klägerin aus seiner Sicht
ein abnormales Verhalten mit psychosomatischer Ursache an den Tag gelegt habe.
Ferner legt der Beklagte offen, dass er im Besitz von intimen Bildnissen der
Klägerin gewesen sei, die die Klägerin unbekleidet auf seinem Sofa zeigten.
Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als
eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst
durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange
bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die
betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen
Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der
Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das
Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite
überwiegt (BGH NJW 2016, 789 (BGH 15.09.2015 – VI ZR 175/14) Rn. 20; BGH NJW
2016, 56 (BGH 28.07.2015 – VI ZR 340/14) Rn. 29; BGH NJW 2014, 2029 (BGH
17.12.2013 – II ZB 6/13) Rn. 22; jew. m.w.N.).
Hier ist das Schutzinteresse aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG
mit dem Recht auf Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG, Art. 10 Abs. 1
EMRK abzuwägen.            
Die Kammer hat bei der danach gebotenen Abwägung
berücksichtigt, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der vom Beklagten dargestellten
Begebenheiten und damit zum Zeitpunkt der von den Parteien geführten Beziehung
minderjährig war, während sie zum Zeitpunkt der angegriffenen Äußerung des
Beklagten die Volljährigkeit erreicht hatte. Die Kammer hat weiter einbezogen, dass
– auch auf Betreiben der Klägerin – gegen den Beklagten ein Strafverfahren
geführt worden ist, in dem der Umstand, dass die Parteien eine Beziehung
geführt haben, in öffentlicher Verhandlung offenbart wurde, wobei die
Hauptverhandlung jedoch erst nach Veröffentlichung der Äußerung des Beklagten
durchgeführt wurde. In die Abwägung hat die Kammer auch eingestellt, dass die
Klägerin zum Zeitpunkt der Äußerung bereits selbst mit Aktaufnahmen im Playboy
an die Öffentlichkeit getreten war und jedenfalls insoweit selbst die
Öffentlichkeit gesucht hat. Allerdings war insoweit einzustellen, dass die
Parteien vor mehreren Jahren eine Beziehung geführt hatten und die Klägerin
erst anschließend in die Öffentlichkeit getreten ist. Eine innere Beziehung
zwischen beiden Begebenheiten besteht daher nicht. Insbesondere ist daraus,
dass die Klägerin Aktaufnahmen hat fertigen lassen und selbst ein
Facebook-Profil betreibt, der Bereich der Privatsphäre der Klägerin nicht einer
so umfassenden Selbstöffnung zugeführt worden, dass es dem Beklagten gestattet
wäre, jegliche Details aus dem Privatleben der Klägerin zu offenbaren.         
Die Klägerin ist auch entgegen der Auffassung des Beklagten
nicht als Person des öffentlichen Lebens anzusehen. Sie ist mit Prominenten
oder Politikern in keiner Weise zu vergleichen. Hieran ändert auch nichts, dass
die Klägerin in einer bundesweit erscheinenden Zeitschrift mit Aktaufnahmen an
die Öffentlichkeit getreten ist und sich auch über Facebook öffentlich
präsentiert. 
Weiter hat die Kammer eingestellt, dass auch der Beklagte
einräumt, dass die Parteien ihre Beziehung jeweils geheim gehalten haben. Auch
der Beklagte trägt nicht vor, dass die Klägerin mit dem Umstand, dass die
Parteien eine Liebesbeziehung geführt haben, selbst zuvor – insbesondere vor
der öffentlichen mündlichen Strafverhandlung – an die Öffentlichkeit getreten
sei.       
Weiter hat die Kammer berücksichtigt, dass über die
Beziehung zwischen den Parteien auch vor der Äußerung des Beklagten bereits
öffentlich und bundesweit berichtet worden war. Insoweit ist jedoch zwischen
den Parteien unstreitig, dass dies jedenfalls auch auf Betreiben des Beklagten
erfolgte und dass der Beklagte insoweit Bildnisse und Liebesbriefe der Klägerin
an die Presse weitergereicht hatte. Eine Einwilligung der Klägerin in diese
Weitergabe hat auch der Beklagte nicht vorgetragen.         
Das ausgesprochene Verbot erstreckt sich vorliegend auch auf
die Gesamtäußerung, wie sie im Antrag zu 1 a) wiedergegeben ist. Unter
Berücksichtigung der Umstände des hiesigen Einzelfalls ist ein Gesamtverbot
zulässig.        
Ein Gesamtverbot ist dann nicht unverhältnismäßig, wenn die
beanstandeten Textteile für die Gesamtkonzeption eines Werks beziehungsweise
für das Verständnis des mit ihm verfolgten Anliegens von Bedeutung sind (BGH
NJW 1975, 1882, 1884 (BGH 03.06.1975 – VI ZR 123/74); BGH NJW 2005, 2844 (BGH
21.06.2005 – VI ZR 122/04) Rn. 28; BVerfG NJW 2008, 39 (BVerfG 13.06.2007 – 1
BvR 1783/05) Rn. 104 – Esra). Dies kann auch bei einer Berichterstattung der
Fall sein, wenn die einzelnen Teile der Gesamtäußerung gedanklich so
verklammert sind, dass ein Herausschälen eine Sinnveränderung zur Folge hätte
(Löffler/Steffen, a.a.O., § 6 Rn. 270; Wenzel/Burkhardt, Recht der Wort- und
Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap. 12 Rn. 82; vgl. auch Soehring/Hoene,
a.a.O., § 30 Rn. 29c m.w.N.). Enthält der Gesamtbeitrag einen unzulässigen
Angriff, weil etwa die Gesamtaussage ein verfälschendes Persönlichkeitsbild in
einer Art zeigt, dass dem nicht durch das Verbot einzelner Textstellen begegnet
werden kann, kann ein Verbot auf die gesamte Äußerung erstreckt werden
(Löffler/Steffen, a.a.O., § 6 Rn. 270). Dies kann insbesondere in Betracht
kommen, wenn es nicht nur um persönlichkeitsrechtsverletzende Unwahrheiten,
sondern um eine Verletzung der Privat- oder Intimsphäre geht. Äußerungen, die
die Privat- oder Intimsphäre verletzen, brauchen im Unterlassungsantrag daher
nicht notwendigerweise Einzelnen aufgeführt zu werden (BGH NJW 1981, 1366 –
Wallraff II; Wenzel/Burkhardt, a.a.O., Kap. 12 Rn. 94). Es ist in einem solchen
Fall nicht Aufgabe eines Gerichts, bestimmte Streichungen vorzunehmen, um die
Persönlichkeitsrechtsverletzung auf das gerade noch zulässige Maß zu
reduzieren, da es eine Vielzahl möglicher Varianten gäbe, wie diese Änderungen
vorgenommen werden müssten und die Gesamtäußerung durch solche Eingriffe eine
erhebliche Änderung erfahren würde (vgl. LG Frankfurt a.M., Urt. v. 08.09.2011
– 2-03 O 195/11).        
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die angegriffene
Äußerung enthält in ihrem Gesamtkontext die Darstellung, wie aus Sicht des
Beklagten die Beziehung der Parteien begann und sich entwickelte. Die gesamte
Äußerung ist durchzogen von der Darstellung, dass die Parteien eine intime
Beziehung geführt haben. Dies ist auch durch die Aufmachung der Äußerung
erkennbar. So beinhaltet der Beitrag eine Einleitung, in der der Beklagte
darlegt, dass er nun die Begebenheiten darstellen wolle, wie sie sich aus
seiner Sicht zugetragen haben. Anschließend stellt er in weitgehend
chronologischer Reihenfolge tatsächliche Begebenheiten oder Einordnungen
seinerseits dar, die aufsteigend nummeriert sind. Es ist bei der Betrachtung
des Gesamtkontextes erkennbar, dass die einzelnen Abschnitte jeweils
aufeinander aufbauen oder jedenfalls in ihrem Gesamtsinn miteinander verknüpft
sind. Würde man versuchen, aus der Gesamtäußerung Bezugnahmen auf die Beziehung
zwischen den Parteien zu streichen, wäre die Gesamtäußerung bis auf einige
Teiläußerungen zu streichen oder erheblich zu verändern. Der gesamte Sinn der
angegriffenen Äußerung würde dadurch massiv verändert.        
Im Übrigen ist zu beachten, dass die Klägerin im Tenor ihres
Antrages die Äußerung nicht schlechthin verbieten lassen will, sondern in
dieser ausdrücklich die Veröffentlichung von „Angaben über eine intime
Beziehung zur Klägerin“ angreift. Hierdurch greift die Klägerin das
Unzulässige durch Abstrahierung in zulässiger Weise auf und schränkt
gleichzeitig den Verbotsumfang ein (vgl. insoweit Löffler/Steffen, a.a.O., § 6
Rn. 270).
Soweit der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung
eingewandt hat, dass der Antrag zu weit gefasst sei, da ihm auch Äußerungen im
Rahmen von behördlichen oder Strafverfahren untersagt würden, folgt die Kammer
dem nicht. Solche Äußerungen sind hier zum einen nicht streitgegenständlich,
vielmehr geht es hier um konkrete Äußerungen auf der Facebook-Seite des
Beklagten. Auch der Klägervertreter hat im Termin zur mündlichen Verhandlung
nicht darauf gedrungen, dem Beklagten auch im Zusammenhang mit behördlichen
oder Strafverfahren jegliche Äußerungen zur Beziehung der Parteien verbieten zu
lassen. Solche Äußerungen gegenüber Behörden wären äußerungsrechtlich auch
privilegiert (vgl. Soehring/Hoene, a.a.O., § 15 Rn. 22 m.w.N.). 
Die Klägerin kann vom Beklagten auch die Unterlassung der
Äußerung gemäß Antrag zu 1.b), die im Rahmen eines Interviews des Beklagten
getätigt wurde, aus den §§ 823, 1004 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG
verlangen.           
Auch die in dieser angegriffenen Äußerung enthaltene
Offenbarung, dass die Klägerin ein Interesse am Beklagten gezeigt habe und
diesen letzten Endes verführt habe, stellt einen unzulässigen Eingriff in die
Privatsphäre der Klägerin darf. Die Klägerin ist aus dem Beitrag auch
erkennbar, nachdem sie bildlich dargestellt wird. Auf die obigen Ausführungen
wird im Übrigen verwiesen.      
Die Klägerin kann vom Beklagten hinsichtlich der sie
zeigenden Bilder teils Löschung und teils – nach ihrem Hilfsantrag –
Unterlassung verlangen (Antrag zu 2.).               
(Bilder)
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf
Löschung von sie zeigenden Bildnissen aus den §§ 823, 1004 BGB, jedoch nicht im
begehrten, vollständigen Umfang.       
Die Klägerin begehrt mit ihrem Hauptantrag zu 2) die
Vernichtung und Löschung von „privaten Fotografien der Klägerin“, die
von der Klägerin oder dem Beklagten angefertigt wurden.
Ein solcher Anspruch auf Löschung von Bildnissen, die sich
im Besitz eines Dritten befinden, kann nicht auf die §§ 22, 23 KUG gestützt
werden, da diese Schutz nur gegen die Veröffentlichung von Bildnissen gewähren
(BGH NJW 2016, 1094 (BGH 13.10.2015 – VI ZR 271/14) Rn. 30 f.). Durch die
Sonderregelung des § 22 KUG wird ein Rückgriff auf das Persönlichkeitsrecht
jedoch nicht verwehrt.
Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewähren kein
allgemeines oder gar umfassendes Verfügungsrecht über die Darstellung der
eigenen Person. Das Recht am eigenen Bild gewährleistet dem Einzelnen aber
Einfluss- und Entscheidungsmöglichkeiten, soweit es um die Anfertigung und
Verwendung von Bildaufzeichnungen seiner Person durch andere geht. Das
Schutzbedürfnis ergibt sich vor allem aus der Möglichkeit, das auf eine
bestimmte Situation bezogene Erscheinungsbild eines Menschen davon zu lösen und
das Abbild jederzeit unter für den Betroffenen nicht überschaubaren und/oder
nicht beherrschbaren Voraussetzungen vor Dritten zu reproduzieren. Je leichter
dies ist, umso größer kann das Schutzbedürfnis sein. So sind mit dem
Fortschritt der Aufnahmetechniken wachsende Möglichkeiten der Gefährdung von
Persönlichkeitsrechten verbunden (BGH NJW 2016, 1094 Rn. 30). Zum rechtlich
geschützten Bereich des Persönlichkeitsrechts gehört in Ausformung der
verfassungsrechtlichen Wertentscheidung der Art. 1 und 2 GG zu Gunsten des
freien, eigenverantwortlichen Individuums auch, dass der Einzelne grundsätzlich
allein zur Verfügung über die Verwendung seines Bildnisses – nicht nur in der
Öffentlichkeit, sondern auch sonst – berechtigt ist (BGH, a.a.O., Rn. 31).
Danach kann unter besonderen Umständen schon das Innehaben
der Verfügungsmacht über Bildaufnahmen durch einen Dritten gegen den Willen des
Abgebildeten, sei es nur durch Behalten und Betrachten, dessen
Persönlichkeitsrecht verletzen. Dem Einzelnen steht mit dem Kernbereich
höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung ein unantastbarer Bereich zur
Entfaltung der Persönlichkeit zu, der wegen seiner besonderen Nähe zur
Menschenwürde absolut geschützt und einer Einschränkung durch Abwägung nach
Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht zugänglich ist. Die
Beurteilung, ob ein Sachverhalt diesem Kernbereich zuzuordnen ist, hängt davon
ab, ob der Betroffene ihn geheim halten will, ob er nach seinem Inhalt
höchstpersönlichen Charakters ist und in welcher Art und Intensität er aus sich
heraus die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt.  
Vor diesem Hintergrund kann bereits die Funktionsherrschaft
eines Dritten über intime Aufnahmen gegen den Willen des Abgebildeten diesem
Kernbereich zuzuordnen sein. Wer nämlich Bildaufnahmen oder Fotografien, die
einen anderen darstellen, besitzt, erlangt allein durch diesen Besitz eine
gewisse Herrschafts- und Manipulationsmacht über den Abgebildeten, selbst wenn
eine Verbreitung oder Weitergabe an Dritte nicht beabsichtigt oder untersagt
ist. Diese Macht ist umso größer, wenn Aufnahmen eine vollständige Entblößung
des gänzlich Privaten, der grundsätzlich absolut geschützten Intimsphäre des
Einzelnen, insbesondere im Zusammenhang mit gelebter Sexualität, zeigen. Diese
Entblößung wird von dem Abgebildeten regelmäßig als peinlich und beschämend
empfunden, wenn sich der Situationszusammenhang wie hier durch die Beendigung
der Beziehung geändert hat. Die zur Anregung des gemeinsamen Sexuallebens erbrachte
Entblößung wird als demütigend wahrgenommen, wenn das gemeinsame Erleben
entfällt, sie aber dauerhaft sichtbar bleibt, wenn das aktive Subjekt gegen
seinen Willen zum reinen Objekt des Bildbetrachters wird (BGH NJW 2016, 1094
(BGH 13.10.2015 – VI ZR 271/14) Rn. 35 m.w.N.).
Der Schutz des Persönlichkeitsrechts für solche Fotografien
kann allerdings entfallen oder zumindest im Rahmen der Abwägung zurücktreten,
wenn der Grundrechtsträger den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung von
sich aus öffnet, bestimmte, an sich dem unantastbaren Kernbereich zuzurechnende
Angelegenheiten der Öffentlichkeit zugänglich macht und damit zugleich die
Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt. Denn niemand kann
sich auf den Schutz seiner Intim- oder Privatsphäre hinsichtlich solcher
Tatsachen berufen, die er selbst der Öffentlichkeit preisgegeben hat (BGH,
a.a.O., Rn. 36). Eine solche Selbstöffnung liegt aber nicht vor, wenn die
Einwilligung in den Besitz von Bildnissen auf die Dauer einer Beziehung
begrenzt ist (BGH, a.a.O., Rn. 37 ff.).    
Nach diesen Grundsätzen ist der Beklagte verpflichtet,
sämtliche Bilder der Klägerin mit Intimbezug zu löschen.          
Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Parteien
eine Liebesbeziehung geführt haben und in diesem Zusammenhang Fotografien der
Klägerin erstellt oder dem Beklagten überlassen worden sind. Die Klägerin macht
insoweit auch geltend, dass sie eine eventuelle Einwilligung widerrufen hat,
wobei der Beklagte dem nicht entgegen getreten ist. Weiter ist zu
berücksichtigen, dass die Klägerin gegen den Beklagten auch Verfahren nach dem
GewSchG angestrengt sowie Strafanzeige erstattet hat. Das Verhältnis der
Parteien ist dementsprechend zerrüttet und von einer Fortdauer der – konkludent
nur für die Dauer der Beziehung erteilten – Einwilligung ist nicht auszugehen.        
Die auch insoweit gebotene Abwägung fällt zu Lasten des
Beklagten aus, soweit Bildnisse betroffen sind, die intimen Inhalt haben,
namentlich solche, die die Klägerin        
-in unbekleidetem Zustand,     
-in teilweise unbekleidetem Zustand, soweit der Intimbereich
der Klägerin (Brust und/oder Geschlechtsteil) zu sehen ist,               
-lediglich ganz oder teilweise nur mit Unterwäsche
bekleidet,
zeigen (vgl. insoweit OLG Koblenz, Urt. v. 20.05.2014 – 3 U
1288/13, BeckRS 2014, 10308).          
Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass solche Bildnisse
den Intimbereich der Klägerin betreffen, diese zum Zeitpunkt der Aufnahmen noch
minderjährig war und der Beklagte zudem solche Bildnisse unstreitig bereits
Dritten zur Verfügung gestellt hat. Die von der Klägerin erteilte Einwilligung
erlaubt dem Beklagten unter Zugrundelegung der oben dargestellten Grundsätze
auch nicht den weiteren Besitz solcher Bildnisse der Klägerin.        
Die Kammer konnte der Klägerin diesen – im Umfang begrenzten
– Anspruch auch gemäß § 308 ZPO zusprechen, da es sich um ein Minus gegenüber
dem ursprünglich gestellten, umfassenden Löschungsanspruch beinhaltet (vgl. BGH
NJW 2016, 1094 Rn. 17). In dieser Fassung ist der Tenor auch gemäß § 253 Abs. 2
Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt (vgl. BGH NJW 2016, 1094 (BGH 13.10.2015 – VI ZR
271/14) Rn. 18).   
Darüber hinaus bestand der Anspruch der Klägerin jedoch
nicht, insbesondere also nicht hinsichtlich von Bildnissen, die die Klägerin –
ggf. mit dem Beklagten – zeigen, ohne dass ein Bezug zum Intimbereich besteht
(vgl. insoweit das Bild auf Bl. 40 d.A.). Lichtbilder, die den Betroffenen in
bekleidetem Zustand in Alltags- oder Urlaubssituationen zeigen, tangieren das
allgemeine Persönlichkeitsrecht in einem geringeren Maße und sind weniger
geeignet, das Ansehen des Betroffenen gegenüber Dritten zu beeinträchtigen. Es
ist allgemein üblich, dass etwa bei Feiern, Festen und in Urlauben Fotos von
Personen in deren Einverständnis gemacht werden und mit diesem Einverständnis
zugleich das Recht eingeräumt wird, diese Fotos auf Dauer besitzen und nutzen
zu dürfen. Insoweit kann es geboten sein, dass der Abgebildete sich an seiner
einmal erteilten Einwilligung festhalten lässt (OLG Koblenz, Urt. v. 20.05.2014
– 3 U 1288/13 Rn. 64, BeckRS 2014, 10308).               
So lag der Fall auch hier. Die Klägerin hat vorgetragen,
dass der Beklagte – auch – Bilder von ihr mit Intimbezug im Besitz hat, aber
eben auch solche, die lediglich die Parteien gemeinsam zeigen. Der Besitz des
Beklagten an diesen Bildnissen greift in erheblich geringerem Umfang in das
Persönlichkeitsrecht der Klägerin ein. Hierbei hat die Kammer auch
berücksichtigt, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Anfertigung der Bildnisse
noch minderjährig war. Das Ergebnis dieser Abwägung wird durch die
gesetzgeberischen Entscheidungen in Bezug auf den Schutz von Daten allgemein
gestützt. Aus dem Anwendungsbereich des BDSG ist der – ansonsten eher strengere
– Schutz für die Nutzung von Daten „ausschließlich für persönliche oder
familiäre Tätigkeiten“ ausgenommen. Auch nach der im kommenden Jahr in
Kraft tretenden DSGVO gilt eine solche Ausnahme gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. c)
DSGVO (vgl. auch ErwGr 18 DSGVO).
(Hilfsantrag Bilder)        
Die Klägerin kann vom Beklagten jedoch gemäß ihrem
Hilfsantrag nach den §§ 823, 1004 BGB, 22, 23 KUG die Unterlassung der
Überlassung von Fotografien an Dritte verlangen, 
soweit diese nicht nach dem Hauptantrag zu löschen sind.       
Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen ist nach dem
abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen (BGH GRUR 2007, 527 –
Winterurlaub m.w.N.). Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur
mit ihrer Einwilligung verbreitet werden (§ 22 S. 1 KUG). Hiervon besteht
allerdings gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse
aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für
eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten gemäß § 23
Abs. 2 KUG verletzt werden (BGH GRUR 2013, 1065 (BGH 28.05.2013 – VI ZR 125/12)
Rn. 10 – Eisprinzessin Alexandra).               
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Es handelt sich –
zwischen den Parteien unstreitig – bei den Bildnissen, die die Klägerin zeigen,
insgesamt um private Bildnisse, bei denen die Klägerin eine Einwilligung zur
Veröffentlichung oder Weitergabe nicht erteilt hat. Die Bildnisse sind auch
nicht dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen, sondern sind – ebenfalls
unstreitig – im Rahmen der von den Parteien vor der Allgemeinheit stets
verheimlichten Beziehung entstanden. An dieser Bewertung ändert es auch nichts,
dass die Klägerin – nach dem Ende der Beziehung mit dem Beklagten – freiwillig
Aktfotografien hat fertigen und veröffentlichen lassen. Denn weder wirkt sich
dies auf die hier streitgegenständlichen Bildnisse noch auf das Interesse der
Klägerin an der Nichtveröffentlichung zuvor entstandener Bildnisse aus.               
(Briefe)               
Die Klägerin kann vom Beklagten nicht die Vernichtung
privater Briefe aus den §§ 823, 1004 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG
verlangen, aber nach ihrem Hilfsantrag die begehrte Unterlassung.          
aa.         
Wie oben dargestellt, verbleibt jedem ein Kernbereich des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts, der umfassend geschützt ist, sofern keine
Selbstöffnung vorliegt.             
Dieser Schutz kann grundsätzlich auch das geschriebene Wort
umfassen. Die Klägerin hat auch dargelegt, dass der Beklagte solche Briefe mit
intimem Inhalt an Dritte weitergegeben hat. Der Beklagte hat dies auch nicht in
Abrede gestellt. Im Beitrag bei B vom ….2016 gemäß Anlage K2 (Bl. 42 d.A.)
findet sich ein – in Handschrift der Klägerin abgebildeter – Brief der
Klägerin, die über ihre tiefe Liebe zum Beklagten auch aus einer Zeit
berichtet, als er noch ihr Lehrer war. In diesem Brief offenbart die Klägerin
Umstände aus ihrem Innersten, die der Einsicht der Allgemeinheit ebenso wie
ihres unmittelbaren Umkreises vollständig entzogen sind.  
Darüber hinaus enthält der Bericht ein Zitat aus einem
weiteren Brief an den Beklagten (Bl. 44 d.A.), in dem die Klägerin über
sexuelle Fantasien mit dem Beklagten berichtet.
Auch dieser Brief betrifft den absolut geschützten Intimbereich.          
Allerdings wäre auch insoweit ein Schutz allein auf solche
Briefe zu erstrecken, die intimen Inhalt haben. Ein solches Verbot –
„Briefe mit intimem Inhalt“ – wäre jedoch, entgegen der obigen
Abgrenzung von Bildnissen anhand objektiv zu beurteilender Kriterien, nicht
hinreichend bestimmt nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, da die Frage, ob ein
geschriebener Text dem Bereich der Intim- oder („nur“) der
Privatsphäre unterfällt, im Einzelfall schwierig zu beurteilen ist.          
Ein umfassendes Löschungsgebot, das alle Briefe der Klägerin
an den Beklagten erfasst, wäre wiederum zu weitgehend. Denn die Klägerin hat
dem Beklagten die Briefe aus eigenen Stücken zur Verfügung gestellt. Es ist
auch nicht ungewöhnlich, dass Erinnerungsstücke an eine Beziehung auch nach
Ende der Beziehung aufgehoben werden.          
bb. Die Klägerin kann jedoch aus ihrem Hilfsantrag vom
Beklagten aus den §§ 823, 1004 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 2 GG verlangen,
dass er es künftig unterlässt, die ihm überlassenen privaten Briefe Dritten
zugänglich zu machen.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt vor einer
Beeinträchtigung der Privat- oder Intimsphäre, vor herabsetzenden, vor allem
ehrverletzenden Äußerungen oder davor, dass einem Betroffenen Äußerungen
unterschoben werden, die er nicht getan hat. Besonderen Schutz genießen in
diesem Zusammenhang Briefe oder sonstige private Aufzeichnungen. Sie dürfen in
der Regel nicht ohne Zustimmung des noch lebenden Verfassers veröffentlicht
werden (BGHZ 13, 334, 341 – Leserbrief; KG Berlin, Urt. v. 18.04.2011 – 10 U
149/10, ZUM 2011, 570, Rn. 4 – juris).     
Dieser Bereich ist jedoch nicht absolut geschützt, sondern –
wie auch im Übrigen – ist eine Abwägung der sich gegenüber stehenden Interessen
erforderlich. Wesentlicher Abwägungsfaktor ist hierbei das Gewicht des
öffentlichen Informationsinteresses (KG Berlin, Urt. v. 18.04.2011 – 10 U
149/10, ZUM 2011, 570, Rn. 4 – juris).          
Diese Abwägung fällt vorliegend zu Gunsten der Klägerin aus.
Insoweit war zu berücksichtigen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Erstellung
und Absendung der Briefe minderjährig war und diese im Vertrauen auf die
private und geheim gehaltene Beziehung der Parteien dem Beklagten überlassen
hat. Ein Informationsinteresse des Beklagten gegenüber der Allgemeinheit oder
ein Interesse der Allgemeinheit ist bezüglich dieser Briefe nicht zu erkennen.
Auch die für die Unterlassungsansprüche jeweils
erforderliche Wiederholungsgefahr ist gegeben. Im Regelfall indiziert die
Erstbegehung die Wiederholungsgefahr (ständige Rechtsprechung BGH GRUR 1997,
379, 380 (BGH 16.11.1995 – I ZR 229/93) – Wegfall der Wiederholungsgefahr II).
Im Allgemeinen gelingt eine Widerlegung der Wiederholungsgefahr durch Abgabe
einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, die jedoch beklagtenseits
verweigert wurde. Damit zeigt Beklagte, dass nach wie vor Wiederholungsgefahr
besteht (vgl. BGH GRUR 1998, 1045, 1046 (BGH 19.03.1998 – I ZR 264/95) –
Brennwertkessel).        
Die Entscheidung über die Androhung eines Ordnungsmittels
beruht jeweils auf § 890 ZPO.   
Die Klägerin kann vom Beklagten gemäß ihrem Antrag zu 3. aus
§ 242 BGB auch Auskunft darüber verlangen, in welchem Umfang die
Rechtsverletzung gemäß dem Klageantrag zu 1) geschehen ist, jedoch nicht im
begehrten Umfang.         
Nach § 242 BGB kann der Betroffene Auskunft über den
Verbreitungsumfang einer Veröffentlichung verlangen, wenn sie zur
Rechtsverfolgung erforderlich ist und der Verletzer sie unschwer erteilen kann
(Wenzel/Burkhardt, a.a.O., Kap. 15 Rn. 7 m.w.N.).            
Nach diesen Grundsätzen kann die Klägerin vom Beklagten
Auskunft darüber verlangen, in welchem Zeitraum der gemäß Klageantrag zu 1 a)
auf der Facebook-Seite des Beklagten veröffentlichte Text zugänglich war
(Antrag zu 3. a) aa.).    
Genauso kann die Klägerin verlangen, dass der Kläger
Auskunft darüber erteilt, wie viele Aufrufe des Textes erfolgt sind (Antrag zu
3. a) bb.). Der Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass er über diese
Informationen nicht verfüge.           
Die Klägerin kann jedoch nicht Auskunft verlangen, welche
Personen den Text selbst veröffentlicht haben (Antrag zu 3. a) cc.).      
Die Klägerin trägt insoweit vor, dass der Beklagte seine
Leser dazu aufgefordert habe, seinen Beitrag auf die eigene Facebook-Seiten zu
übernehmen, von wo aus dieser weiter habe geteilt werden können (Bl. 22 d.A.).            
Eine solche Aufforderung ergibt sich jedoch weder aus dem
Beitrag in Anlage K3, noch aus dem Beitrag in Anlage K4. Vielmehr fordert der
Kläger seine Leser am Ende seiner Äußerung auf, diesen Beitrag zu
„teilen“, nicht aber ihn auf andere Webseiten zu kopieren. Die
Klägerin hat auch nicht substantiiert vorgetragen, dass Dritte den Beitrag auf
ihre eigene Facebook-Seite übernommen haben.
Im Übrigen ist Voraussetzung eines Auskunftsanspruchs nach §
242 BGB, dass der Auskunftssuchende nicht Kenntnis von den jeweiligen Umständen
hat, während der in Anspruch Genommene diese Auskunft unschwer erteilen kann.
Es ist vorliegend aber nicht ersichtlich, warum der Beklagte unschwer (und
besser als die Klägerin) Auskunft darüber erteilen können soll, wer seinen
Beitrag in anderer Form als durch ein „Teilen“ übernommen hat.        
Die Klägerin kann vom Beklagten aber auch verlangen, dass er
mitteilt, welchen Personen er den angegriffenen Beitrag aktiv bekannt gemacht
hat (Antrag zu 3. a) dd.) (vgl. dazu Wenzel/Burkhardt, a.a.O., Kap. 15 Rn. 8).   
Die Klägerin hat auch einen Anspruch darauf, dass der
Beklagte ihr mitteilt, welche Briefe und Fotografien der Beklagte von ihr an
Dritte weitergegeben hat (Antrag zu 3. a) ee.).  
Es ist hingegen nicht ersichtlich oder vorgetragen, warum
der Beklagte dazu etwas sagen können soll, in welchem Umfang sein Interview
Verbreitung gefunden hat, insbesondere nicht die Anzahl der Zugriffe hierauf .
Die Klägerin trägt auch nicht vor, dass der Beklagte dazu irgendwelche
Informationen hätte (Antrag zu 3. a) ff.).    
Soweit der Beklagte auf seine möglicherweise bestehende
Schuldunfähigkeit hingewiesen hat, kam es für die hier geltend gemachten
Ansprüche darauf nicht an. Im Übrigen hat der für seine möglicherweise
bestehende Schuldunfähigkeit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. BGH
NJW-RR 2004, 173, 174 (BGH 29.10.2003 – IV ZR 16/03); MünchKommBGB/Wagner, 7.
Aufl. 2017, § 827 Rn. 14 m.w.N.) diesbezüglich keinerlei tatsächlichen Vortrag
gehalten.               
Die Kostenentscheidung war einer Schlussentscheidung
vorzubehalten.          
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt
sich jeweils aus § 709 ZPO.  

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Anwaltsrecht – LG Frankfurt am Main zur Verjährung beim herausgabeanspruch anwaltlicher Handakten

Das LG Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 01.03.2018, Az. 2-25 O 125/17 entschieden, dass der Anspruch des Auftraggebers auf Herausgabe anwaltlicher
Handakten  unabhängig von einer berufsrechtlichen Aufbewahrungspflicht
nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt .

Leitsatz:
Der Anspruch des Auftraggebers auf Herausgabe anwaltlicher
Handakten verjährt unabhängig von einer berufsrechtlichen Aufbewahrungspflicht
nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Herausgabe anwaltlicher
Handakten.       
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der A SE
(nachfolgend: Insolvenzschuldnerin), die vormals unter B SE firmierte.           
Die Beklagte ist eine Rechtsanwaltssozietät, die auf dem
Gebiet des Wirtschaftsrechts tätig ist.             Abs.
4
Aufgrund Mandatsvereinbarung vom 31.08.2011 (Anlage K 1, Bl.
9 ff. d.A.) wurde die Beklagte für die Insolvenzschuldnerin rechtsberatend
tätig, insbesondere in Fragen betreffend eine mögliche Restrukturierung der
Insolvenzschuldnerin.
In der Mandatsvereinbarung, auf die wegen ihrer Einzelheiten
verwiesen wird, heißt es auszugsweise wie folgt:        
„(…) 13. Aktenaufbewahrung  
Wir führen unsere Akten entweder in elektronischer oder
papiergebundener Form, Unterlagen bewahren wir für einen Zeitraum von 10 Jahren
nach Abschluss des Mandats auf. Danach sind wir berechtigt, Dateien zu löschen
bzw. Akten zu vernichten, soweit wir Ihnen nicht Originaldokumente zur
Aufbewahrung übergeben. (…)“   
Mit Beschluss des Amtsgerichts C vom 01.07.2012, Az. …,
wurde über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren
eröffnet und der Kläger als Insolvenzverwalter bestellt.
Mit E-Mail vom 23.12.2015 verlangte der
Prozessbevollmächtigte des Klägers von der Beklagten Herausgabe der bei der
Beklagten für die Insolvenzschuldnerin geführten Handakte und bat unter
Fristsetzung bis zum 08.01.2016 um einen Termin zur Abholung. Mit E-Mail vom
14.01.2016 lehnte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Herausgabe der
Handakte ab und erhob die Einrede der Verjährung. Wegen der weiteren
Einzelheiten der zwischen den Prozessbevollmächtigten geführten Korrespondenz
wird auf die Anlage K 3 (Bl. 17 ff. d.A.) verwiesen.             
Mit Schreiben vom 02.02.2016 (Anlage B1) erhob der Kläger
vor der Rechtsanwaltskammer D Beschwerde gegen zwei Partner der Beklagten wegen
der Verletzung einer berufsrechtlichen Pflicht zur Herausgabe der Handakten.
Mit Datum vom 18.05.2016 (Anlage B2) teilte die Rechtsanwaltskammer D dem
Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, dass sie die Beschwerde zurückgewiesen
habe und nannte als Begründung insbesondere, dass eine berufsrechtliche
Sanktion nur über den Umweg des § 43 BRAO in Verbindung mit §§ 675, 667 BGB
möglich sei, wobei ein zu fordernder grober Verstoß gegen eine zivilrechtliche
Pflicht angesichts der Erhebung der Einrede der Verjährung durch die Beklagte
nicht gegeben sei.                Abs. 11
Der Kläger behauptet, mit Abschluss der Mandatsvereinbarung
vom 31.08.2011 sei zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten im
Hinblick auf die Akten ein Verwahrungsvertrag im Sinne des § 688 BGB zustande
gekommen. Dies zeige Ziffer 13 der Mandatsvereinbarung. Der Kläger könne daher
aus § 695 Satz 1 BGB in Verbindung mit dem Verwahrungsvertrag Herausgabe der
Handakte verlangen. Sofern Zweifel bei der Auslegung der Mandatsvereinbarung
verblieben, gingen diese jedenfalls nach § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten der
Beklagten.  Abs. 12
Der Kläger ist der Auffassung, ein Herausgabeanspruch ergebe
sich zudem neben §§ 675, 667 BGB auch unmittelbar aus § 50 Abs. 3 BRAO. Dass es
sich bei § 50 Abs. 3 BRAO um eine eigenständige Anspruchsgrundlage handelt,
werde bereits daraus ersichtlich, dass mit dem am 18.04.2017 in Kraft
getretenen Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur
Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe (BGBl. I
2017, S. 1121) in § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO in der seit dem 18.05.2017 geltenden
Fassung (nachfolgend: n.F.) nunmehr klarstellend eine Herausgabepflicht des
Rechtsanwalts gegenüber dem Auftraggeber statuiert worden sei. Überdies habe er
nunmehr auch unmittelbar aus § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. einen Herausgabeanspruch.    
Der Kläger beantragt, wie folgt zu erkennen:   
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die von ihr
anlässlich der Beratung der B SE (heute firmierend unter A SE) auf Grundlage
der Mandatsvereinbarung vom 31. August 2011 geführten Handakten herauszugeben.     
Die Beklagte beantragt,              
die Klage abzuweisen. 
Hilfsweise für den Fall des Unterliegens beantragt die
Beklagte,            
ihr zu gestatten, dass sie die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung, die auch durch die schriftliche, unwiderrufliche,
unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb
befugten Kreditinstituts bewirkt werden kann, ungeachtet einer
Sicherheitsleistung des Klägers abwenden kann.          
Die Beklagte behauptet, die Insolvenzschuldnerin sei
umfangreich in die Korrespondenz mit der Beklagten einbezogen gewesen, sodass
diesbezüglich ein etwaiger Herausgabeanspruch ohnehin erfüllt sei.              
Die Beklagte hat ferner die Einrede der Verjährung erhoben. 
Sie ist der Auffassung, ein Herausgabeanspruch aus §§ 667,
675 Abs. 1 BGB sei nach den allgemeinen Verjährungsvorschriften der §§ 195, 199
Abs. 1 BGB verjährt. Eine berufsrechtliche Herausgabepflicht bestehe allenfalls
zivilrechtsakzessorisch, das heißt die Pflicht bestünde nur dann, wenn ein
korrespondierender zivilrechtlicher Herausgabeanspruch durchsetzbar wäre, was
aufgrund der Verjährung nicht der Fall sei. Im Übrigen ergäbe sich aus einer
berufsrechtlichen Herausgabepflicht, sei es nach § 50 BRAO alter oder neuer
Fassung, kein Anspruch des Klägers im Sinne von § 194 Abs. 1 BGB, also das
„Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen“. Die
Verletzung der Berufspflicht werde lediglich berufsrechtlich sanktioniert. Es
sei strikt zwischen zivilrechtlicher Anspruchsgrundlage und sanktionsfähiger
Berufspflicht zu unterscheiden. § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F., der
berufsrechtlich sanktioniert sei, sei überdies auf den vorliegenden Fall nicht
anwendbar. Dem stehe das Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG entgegen,
das sich auch auf die anwaltliche Ehrengerichtsbarkeit beziehe.             
Die Beklagte ist weiter der Ansicht, selbst wenn (was sie
bestreitet) mit Abschluss der Mandatsvereinbarung eine verwahrungsrechtliche
Abrede getroffen worden sei, so sei aufgrund des Schwerpunktes der
Mandatsvereinbarung im Recht der Geschäftsbesorgung einheitlich das hierfür
geltende Verjährungsrecht anzuwenden und nicht § 695 Satz 2 BGB.               
Der Kläger ist demgegenüber der Auffassung, die Beklagte
könne sich nicht auf die zivilrechtliche Einrede der Verjährung berufen, da sie
einer berufsrechtlichen und nicht einer zivilrechtlichen Herausgabepflicht
unterliege. Es wäre auch mit dem Berufsstand des Rechtsanwalts sowie mit der
Einheit der Rechtsordnung unvereinbar, wenn sich die Beklagte auf die
Verjährung des Herausgabeanspruchs berufen könnte, während sie berufsrechtlich
verpflichtet sei, die Handakten für einen Zeitraum von fünf Jahren nach
Beendigung des Auftrags aufzubewahren (§ 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO in der bis zum
17.05.2017 geltenden Fassung, nachfolgend: a.F.). Jedenfalls sei § 695 Satz 2
BGB entsprechend anzuwenden. Bezüglich eines Herausgabeanspruchs aus einem
Verwahrungsvertrag habe die Verjährungsfrist ohnehin gem. § 695 Satz 2 BGB erst
mit der Rückforderung und damit im Jahr 2015 zu laufen begonnen.    
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes
sowie wegen des weiteren Vorbringens wird auf die zu den Akten gereichten
Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.        
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen durchsetzbaren
Anspruch auf Herausgabe der bei der Beklagten aufgrund des Mandatsverhältnisses
zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten geführten Handakten.  
A.          
Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus §§ 667, 675 Abs.
1 BGB.         
I.            
Zwar ist ein solcher Anspruch entstanden.        
Zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten ist
aufgrund Mandatsvereinbarung vom 31.08.2011, die gemäß Buchstabe A. Ziffer 1.
die umfassende wirtschaftsrechtliche Beratung der Insolvenzschuldnerin zum
Gegenstand hatte (Anlage K1, Bl. 9 d.A.), unstreitig ein
Geschäftsbesorgungsvertrag im Sinne des § 675 Abs. 1 BGB zustande gekommen.
Gemäß § 667 BGB, der über § 675 Abs. 1 BGB Anwendung findet, ist die Beklagte
verpflichtet, dem Kläger alles, was sie zur Ausführung des Auftrags erhält und
was sie aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben. Unter § 667 BGB
fallen auch die von einem Rechtsanwalt geführten Handakten des Rechtsanwalts
(BGH, NJW 1990, 510 f.; LG Mannheim, NJOZ 2013, 287). Der Anspruch wird dabei
spätestens fällig mit Beendigung des Auftragsverhältnisses (BGH, NJW 1990, 510
(BGH 30.11.1989 – III ZR 112/88)), vorliegend mit Insolvenzeröffnung durch
Beschluss des Amtsgerichts C vom 01.07.2012, Az. …, § 115 Abs. 1, 116 Satz 1
InsO.    
II.           
Dieser Anspruch ist jedoch nicht mehr durchsetzbar, weil er
gem. §§ 195, 199 Abs. 1, 214 Abs. 1 BGB verjährt ist.        
1.           
Die Regelverjährung nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB findet auf
den Herausgabeanspruch nach § 667 BGB Anwendung (Sprau, in: Palandt, BGB, 77.
Aufl. 2018, § 667 Rn. 9). Dies gilt auch für den auf §§ 675 Abs. 1, 667 BGB
gestützten Anspruch auf Herausgabe der anwaltlichen Handakten (BGHZ 109, 260,
264 f.; Deckenbrock, NJW 2017, 1425, 1427).              
2.           
Dabei sind die §§ 195, 199 Abs. 1 BGB für den Anspruch eines
Auftraggebers auf Herausgabe der anwaltlichen Handakte nicht dahingehend
teleologisch zu reduzieren, dass Verjährung nicht vor Ablauf der in § 50 Abs. 1
Satz 1 BRAO in der seit dem 18.05.2017 geltenden Fassung (nachfolgend: n.F.)
oder in § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO in der bis zum 17.05.2017 geltenden Fassung
(nachfolgend: a.F.) normierten Aufbewahrungsfrist eintritt. Die allgemeinen
Vorschriften der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB sind nicht um einen Ausnahmetatbestand
im eben genannten Sinne zu ergänzen.            
Eine teleologische Reduktion setzt voraus, dass das Gesetz,
gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht und der ihm immanenten Teleologie
unvollständig ist, mithin eine nach dem Regelungsplan oder dem
Gesamtzusammenhang des Gesetzes zu erwartende Regel fehlt (Larenz/Canaris,
Methodenlehre, 3. Aufl. 1995, 196 f.) und dass die Ergänzung um einen
Ausnahmetatbestand wertungsmäßig geboten ist, was einerseits durch den Sinn und
Zweck der einzuschränkenden Norm selbst oder durch den insoweit vorrangigen
Zweck einer anderen Norm geboten sein kann, wobei jeweils das Gebot der
Gerechtigkeit, Ungleiches ungleich zu behandeln zu beachten ist
(Larenz/Canaris, Methodenlehre, 3. Aufl., 211).               
a)           
Für die vorliegende Fallgestaltung ist dem Gesetz bereits
keine planwidrige verdeckte Regelungslücke zu entnehmen.               
Zwar kann gegen das Bestehen einer Regelungslücke entgegen
der Auffassung der Beklagten nicht angeführt werden, eine Diskrepanz zwischen
Verjährungs- und Aufbewahrungsfrist bestehe bereits seit über 100 Jahren
(Schriftsatz vom 16.02.2018, Seite 5 f., 151 f. d.A.). Angesichts der vormals
geltenden allgemeinen Verjährungsfrist von dreißig Jahren gemäß § 195 BGB in
der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung und der kürzeren Aufbewahrungsfrist
von fünf Jahren gemäß § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO in der Fassung vom 01.10.1959
(BGBl. I 1959, S. 565) bestand keine Veranlassung dahingehend, die
Fallkonstellation einer Verjährung vor Ablauf der Aufbewahrungsfrist gesondert
zu regeln.               Abs. 43
Dagegen, dass das Gesetz in Bezug auf die Verjährung des
Herausgabeanspruchs lückenhaft ist, spricht jedoch, dass das Gesetz in § 51b
BRAO in der bis zum 14.12.2004 geltenden Fassung für Schadensersatzansprüche
des Auftraggebers durchaus eine spezielle Verjährungsregelung vorsah. Diese
Regelung wurde mit Gesetz vom 09.12.2004 (BGBl. I 2004, S. 3214) aufgehoben,
nachdem die kürzere Verjährungsfrist von drei Jahren mit derjenigen der
Regelverjährung zusammengefallen war. Dem ist zu entnehmen, dass der
Gesetzgeber sich mit der Verjährung von Ansprüchen des Auftraggebers gegen den
Rechtsanwalt auseinandergesetzt hat und eine speziell für den Anspruch auf
Herausgabe der Handakten geltende Verjährungsregel nicht eingeführt werden
sollte.              
Gegen eine planwidrige Regelungslücke spricht zudem, dass
der Gesetzgeber mit § 50 Abs. 1 BRAO in der Fassung vom 01.10.1959 (BGBl. I
1959, S. 565) hinsichtlich des Anspruchs auf Herausgabe der Handakte ein
Zurückbehaltungsrecht eingeführt hat. Das Zurückbehaltungsrecht findet sich
nunmehr in § 50 Abs. 3 BRAO in der Fassung vom 03.09.1994 (BGBl. I 1994, S.
2278). Das Gesetz enthält mithin für den Anspruch des Auftraggebers auf
Herausgabe der anwaltlichen Handakten eine Spezialregelung. Es wäre mithin zu
erwarten gewesen, dass das Gesetz auch hinsichtlich der Verjährung des
Herausgabeanspruchs eine eigene Vorschrift vorhält, sofern von den allgemeinen
Verjährungsvorschriften abgewichen werden sollte. 
Zuletzt hat der Gesetzgeber mit dem am 18.04.2017 in Kraft
getretenen Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur
Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe (BGBl. I
2017, S. 1121) den § 50 BRAO einer umfangreichen Novellierung zugeführt und
dabei ebenfalls von einer Regelung der Verjährung des Herausgabeanspruchs
abgesehen.      
Insgesamt besteht daher keine planwidrige verdeckte
Regelungslücke.            
b)          
Überdies ist die Ergänzung um einen wie oben dargestellten
Ausnahmetatbestand nicht wertungsmäßig geboten.   
Dabei ist zunächst der Zweck der Verjährung zu
berücksichtigen. Die Verjährung dient zum einen dazu, dem fälschlich als
Schuldner in Anspruch Genommenen die Abwehr unbegründeter Ansprüche zu
erleichtern. Soweit begründete Ansprüche betroffen sind, dient die Verjährung
zum einen dem Schuldnerschutz, da sich die Beweisposition und die
Regressmöglichkeiten mit dem Zeitablauf verschlechtern, und zum anderen dem
Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit (insgesamt s. Ellenberger, in: Palandt,
BGB, 77. Aufl. 2018, vor § 194 Rn. 7 ff.).
Was den Herausgabeanspruch selbst anbelangt, dient die
Verjährung nur in eingeschränktem Maße dem Schutz des Schuldners vor einer
Verschlechterung seiner Beweisposition. Außer vom Bestehen eines
Geschäftsbesorgungsvertrages wird der Herausgabeanspruch nicht von weiteren
Voraussetzungen – etwa einem berechtigten Interesse (vgl. etwa § 810 BGB) –
abhängig gemacht (s.o.), sodass im Hinblick auf die Abwehr des
Herausgabeanspruches eine Verschlechterung der Beweisposition nicht zu besorgen
ist. Auch ist nicht ersichtlich, dass Regressmöglichkeiten verloren gehen
könnten. Für den Anspruch des Auftraggebers auf Herausgabe der anwaltlichen
Handakte ist jedoch der Zweck der Schaffung und Erhaltung von Rechtsfrieden und
Rechtssicherheit von Bedeutung. Dabei ist zwar zu beachten, dass nach Ablauf
der zivilrechtlichen Verjährungsfrist und bis zum Ablauf der Frist der
Verfolgungsverjährung nach § 115 BRAO (fünf Jahre) noch berufsrechtliche
Sanktionen möglich sind, sodass der Schutz öffentlicher Interessen zurücktritt.
Denn auch mit Ablauf der allgemeinen zivilrechtlichen Verjährungsfrist wird
damit noch kein „Schlussstrich“ gezogen. Im Verhältnis zu seinem
Auftraggeber hat der Rechtsanwalt jedoch ein berechtigtes Interesse daran, nach
Ablauf einer gewissen Zeit davon ausgehen zu dürfen, diesem gegenüber nicht
mehr zur Herausgabe verpflichtet zu sein. Wie der vorliegende Fall zeigt, kann
der Herausgabeanspruch des Auftraggebers dazu dienen, Schadensersatzansprüche
gegen den Rechtsanwalt vorzubereiten. Insofern droht dem Rechtsanwalt als
Schuldner des Herausgabeanspruchs wiederum eine Verschlechterung seiner
Beweisposition, da Ansprüche, die auf Informationen aus der Handakte gestützt
werden, mit dem Zeitablauf möglicherweise – etwa wegen des Erinnerungsverlustes
von Zeugen – nur noch mit verringerten Erfolgsaussichten abgewehrt werden
können. Der Kläger hat vorgetragen, es bestehe die begründete Annahme dafür,
dass im Zusammenhang mit der Beratungsleistung Haftungsansprüche gegen die
Beklagte bestehen könnten (Schriftsatz vom 13.02.2017, Seite 2, Bl. 34 f.
d.A.). Die Beklagte habe es nach Ansicht des Klägers pflichtwidrig unterlassen,
auf eine spätestens am 23.01.2012 eingetretene Insolvenzreife der
Insolvenzschuldnerin und die bestehende Insolvenzantragspflicht hinzuweisen; es
bestünden daher Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte auf Ersatz der
Vertiefung der Überschuldung haften dürfte. Inhaltlich überschneide sich dieser
Anspruch mit einem vor dem Landgericht C geführten Parallelverfahren, in dem
der Kläger Vorstandsmitglieder der Insolvenzschuldnerin in Anspruch nehme. Der
dortige Gegenstandswert betrage … € (Schriftsatz vom 13.02.2017, Seite 3, Bl.
36 d.A.).            
Der soeben dargestellte Zweck der Verjährungsregelung hat
gegenüber dem Zweck der Aufbewahrungspflicht nicht zurückzutreten. Die
berufsrechtliche Pflicht zur Aufbewahrung der Handakte dient in erster Linie
Aufsichtszwecken (Deckenbrock, NJW 2017, 1425, 1427), nicht dem Schutz des
Auftraggebers. Dies folgt zum einen aus der systematischen Stellung des § 50 Abs.
2 Satz 1 BRAO a.F. beziehungsweise § 50 Abs. 1 Satz 2 BRAO n.F. Der erste
Abschnitt des Dritten Teils der Bundesrechtsanwaltsordnung hat primär zum Ziel,
die Achtung und das Vertrauen des Rechtssuchenden in die Integrität des
Berufsstandes zu erhalten. Dies zeigt bereits die in § 43 BRAO normierte
allgemeine Berufspflicht. Gemäß § 43 Satz 1 BRAO hat der Rechtsanwalt seinen
Beruf „gewissenhaft“ auszuüben. Diese Pflicht wird in § 43 Satz 2
BRAO dahingehend konkretisiert, der Anwalt habe sich innerhalb und außerhalb
des Berufes der Achtung und des Vertrauens, welche die Stellung des
Rechtsanwalts erfordert, würdig zu erweisen. Auch die in § 43a BRAO normierten
Grundpflichten werden demnach als berufsrechtliche Pflichten eingeordnet (für §
43a Abs. 4 BRAO s. etwa BGH, NJW 2016, 2561 (BGH 12.05.2016 – IX ZR 241/14)),
konkretisieren mithin die vorgenannte allgemeine berufsrechtliche Pflicht.            
Dass die Aufbewahrungspflicht primär aufsichtsrechtliche
Zwecke verfolgt, wird auch durch § 56 Abs. 1 Satz 1 BRAO belegt, wonach der
Rechtsanwalt verpflichtet ist, dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer oder einem
beauftragten Mitglied die Handakten vorzulegen. Zweck dieser Vorschrift kann
allein die Prüfung sein, ob das Berufsrecht eingehalten wurde und ob ein Antrag
auf Einleitung des anwaltsgerichtliche Verfahrens zu stellen ist (s. § 122 Abs.
1 BRAO).        
Der Gesetzesbegründung zur Novellierung des § 50 BRAO ist
entgegen der Ansicht des Klägers nicht zu entnehmen, dass der Regelungszweck
der Aufbewahrungspflicht vorrangig in dem Erhalt des Herausgabeanspruchs des
Auftraggebers zu sehen ist. Die Passage 
„Mandantinnen und Mandanten, die dem von ihnen
beauftragten Rechtsanwalt Dokumente übergeben haben, müssen sich darauf
verlassen können, diese von ihrem Rechtsanwalt auch wieder zurück zu bekommen,
soweit kein Fall des Absatzes 3 Satz 1 vorliegt.“ (BT-Drucks. 18/9521, S.
116, vorgelegt als Anlage K 4, Bl. 117 d.A.) lässt sich auch aus einer
berufsrechtlichen, auf den Erhalt der Achtung des Vertrauens des Rechtssuchenden
in die Integrität des Berufsstandes gerichteten Perspektive, lesen.              
Der vorgenannten Gesetzesbegründung lässt sich vielmehr
entnehmen, dass der primäre Regelungszweck der Aufbewahrungspflicht
aufsichtsrechtlicher Natur ist. So heißt es in der Gesetzesbegründung
(BT-Drucks. 18/9521, S. 115; Hervorhebungen durch den Verfasser):             
„Mit dem neuen Satz 2 wird erstmals eine
Aufbewahrungsfrist für diejenigen Teile der Handakte festgelegt, die nicht
unter § 50 Absatz 2 und 3 BRAO-E (derzeit § 50 Absatz 2 bis 4 BRAO) fallen.
Eine solche Fristbestimmungerscheint erforderlich, um klarzustellen, für welche
Dauer Handakten zum Zweck der Aufsicht zur Verfügungstehen müssen. Ein
datenschutzrechtlicher Löschungsanspruch der Mandantschaft ist während dieser
Zeit ausgeschlossen. Der Fristbestimmung kommt dabei die wichtige Funktion zu,
für alle Beteiligten auch im Hinblick auf die datenschutzrechtliche Vorgabe,
dass personenbezogene Daten jeweils nur so lange gespeichert werden dürfen, wie
ihre Speicherung erforderlich ist, allgemein und rechtssicher zu bestimmen, für
welche Frist eine Aufbewahrung der Handakte zulässig ist. Die sich derzeit noch
aus § 35 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 BDSG ergebende datenschutzrechtliche
Löschungsverpflichtung wird sich zukünftig voraussichtlich unmittelbar aus der
kurz vor der Verabschiedung stehenden Verordnung des Europäischen Parlaments
und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung
personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutzgrundverordnung)
ergeben. Gerade im Hinblick auf die dort sehr allgemeinen Regelungen zu
Löschungspflichten erscheint es sinnvoll und erforderlich, dass nicht jeder
einzelne Rechtsanwalt im Hinblick auf den Gegenstand jeder einzelnen Handakte
gegenüber der Datenschutzaufsichtsbehörde begründen muss, warum die
Aufbewahrung dieser Handakte zum Zweck der Aufsicht noch erforderlich ist,
sondern für einen bestimmten Zeitraum für alle Beteiligten die Erforderlichkeit
und Zulässigkeit der Aufbewahrung zu diesem Zweck gesetzlich klargestellt ist.
Anschließend sind die Handakten, da sie wohl immer personenbezogene Daten
enthalten werden, aufgrund der datenschutzrechtlichenVorgaben zu vernichten,
soweit sich nicht aus anderen Gründen eine Pflicht oder Befugnis zu ihrer weiteren
Aufbewahrung ergibt.             
Der Rechtsanwalt hat über die aufsichtsrechtlichen Aspekte
hinaus zumeist auch aus anderen Gründen ein Interesse daran, geordnete
Handakten zu führen. So kann er hierdurch den gegenüber seiner Mandantschaft
bestehenden Auskunfts-, Rechenschafts- und Herausgabepflichten nach den §§ 666,
667, 675 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und den §§ 11 und 23 BORA
nachkommen (vgl. Böhnlein in: Feuerich/Weyland, BRAO, 8. Auflage 2012, § 50
BRAO, Rn. 7).“               
Dieser Passage ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber mit
der Aufbewahrungspflicht vorrangig aufsichtsrechtliche Ziele verfolgt und
lediglich nachrangig auch die Erfüllung von zivilrechtlichen
Herausgabeansprüchen im Blick hat.  
Zwar ist dem Kläger insoweit beizupflichten, als vor diesem
Hintergrund die gesetzliche Regelung inkonsistent erscheint. Es erschließt sich
nicht, weshalb § 50 BRAO nicht die Vervollständigung der Handakte bei
Herausgabe an den Auftraggeber fordert, wenn der primäre Zweck
aufsichtsrechtlicher Natur ist (so auch Deckenbrock, NJW 2017, 1425, 1427).
Ebenso wenig ist die Regelung des § 50 Abs. 2 Satz 2 BRAO a.F. beziehungsweise
§ 50 Abs. 2 Satz 3 BRAO n.F., wonach der Rechtsanwalt die Aufbewahrungspflicht
abwenden kann, wenn er den Auftraggeber zur Entgegennahme aufgefordert hat, mit
der aufsichtsrechtlichen Zweckrichtung zu vereinbaren. Zu erwarten wäre auch
insoweit eine Pflicht zur Vervollständigung gewesen (Deckenbrock, NJW 2017,
1425, 1427). Dass das Gesetz seine Regelungsziele nicht konsequent verfolgt,
führt jedoch noch nicht dazu, dass diese – hier aus der systematischen
Stellung, der Regelung des § 56 Abs. 1 Satz 1 BRAO und dem gesetzgeberischen
Willen ableitbare – Regelungsziele obsolet werden.         
3.           
Ebenso wenig ist § 695 Satz 2 BGB auf den vorliegenden Fall
analog anzuwenden. § 695 Satz 2 BGB ist eine Sonderregelung, die den
Besonderheiten der §§ 688 ff. BGB Rechnung trägt. Da der Rückforderungsanspruch
des Hinterlegers bereits mit der Hinterlegung der Sache entsteht und dies dem
Hinterleger bekannt ist, hätte die Anwendbarkeit des § 199 Abs. 1 BGB zur
Folge, dass der Verwahrer nach Ende des vierten Jahres stets die Herausgabe der
Sache verweigern könnte (Sprau, in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, § 695 Rn. 1).
Dies widerspräche dem Wesen des verhaltenen Anspruchs aus § 695 Satz 1 BGB.               
Bei dem auf die Herausgabe der anwaltlichen Handakte
gerichteten Anspruch aus §§ 675 Abs. 1, 667 BGB besteht jedoch eine gegenüber §
695 BGB abweichende Interessenlage. Der Anspruch auf Herausgabe der
anwaltlichen Handakte wird spätestens fällig mit Beendigung des
Auftragsverhältnisses (BGH, NJW 1990, 510 (BGH 30.11.1989 – III ZR 112/88)), es
handelt sich mithin nicht um einen verhaltenen Anspruch (hierzu s. Ellenberger,
in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, § 199 Rn. 8). Wie bereits dargestellt wurde,
greift beim Anspruch auf Herausgabe der anwaltlichen Handakte auch der Zweck
der Verjährungsvorschriften, nämlich der Erhalt von Rechtsfrieden und der
Schutz des Schuldners vor einer Verschlechterung seiner Beweisposition.
4.           
Die Verjährungsfrist hat vorliegend gemäß § 199 Abs. 1 BGB
mit Schluss des Jahres 2012 begonnen. Der Anspruch ist mit Insolvenzeröffnung
fällig geworden. Dass der Kläger ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung von
den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis
hatte oder jedenfalls ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste, wird von dem
Kläger nicht in Abrede gestellt. Verjährung ist mithin mit Schluss des Jahres
2015 eingetreten. Eine Verjährungshemmung im Sinne des § 204 BGB ist nicht
ersichtlich. Nachdem die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben hat, ist
der Anspruch demnach nicht mehr durchsetzbar.               
B.           
Ein Herausgabeanspruch ergibt sich auch nicht aus § 695 Satz
1 BGB.   
Zwischen den Parteien ist kein Verwahrungsvertrag im Sinne
des § 688 BGB zustande gekommen.     
Vorrangig ist dabei die schriftliche und in Kopie als Anlage
K 1 (Bl. 9 ff. d.A.) zur Akte gereichte Mandatsvereinbarung auszulegen. Es
besteht eine Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für alle über ein
Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunden (BGH, NJW 1980, 1680, 1681). Wer eine im
Widerspruch zum Vertragsinhalt stehende für ihn günstige Vereinbarung
behauptet, ist hierfür darlegungs- und beweisbelastet (BGH, NJW 1980, 1680,
1681 (BGH 19.03.1980 – VIII ZR 183/79)). Gleichermaßen hat derjenige, der ein
ihm günstiges Auslegungsergebnis auf Umstände außerhalb der Urkunde stützt,
diese Umstände zu beweisen (BGH, NJW 1999, 1702 (BGH 05.02.1999 – V ZR
353/97)). Ebenso ist es Sache desjenigen, der ein vom Wortlaut und objektiven
Sinn abweichendes Verständnis der Erklärenden geltend macht, den abweichenden
(übereinstimmenden) Willen darzutun und nachzuweisen (BGH, NJW 1995, 3258; NJW
2001, 144, 145 (BGH 11.09.2000 – II ZR 34/99)).           
Ziffer 13 der Mandatsvereinbarung kann aus Sicht eines
objektiven Dritten bei vernünftiger Beurteilung der ihm bekannten oder
erkennbaren Umstände (zu diesem Maßstab s. BGH, NJW 2006, 286 f. (BGH
20.10.2005 – III ZR 37/05); NJW 2005, 3636 f.) nicht dahingehend verstanden
werden, dass die Parteien einen Verwahrungsvertrag geschlossen haben.               
Hiergegen spricht bereits, dass sich Ziffer 13 der
Mandatsvereinbarung auf die Pflicht zur Aufbewahrung von „Akten“
bezieht. Vertragstypische Pflicht des Verwahrungsvertrages ist es jedoch, dass
der Verwahrer verpflichtet wird, eine ihm von dem Hinterleger übergebene
bewegliche Sache aufzubewahren. Dies kann bei „Akten“, die erst im
Laufe des Mandatsverhältnisses nach und nach entstehen, bereits nur bezüglich
derjenigen Unterlagen der Fall sein, die von dem Mandanten an den Rechtsanwalt
übergeben werden. Ziffer 13 der Mandatsvereinbarung betrifft jedoch die
„Akten“ und damit auch solche Aktenbestandteile, die gar nicht
Gegenstand eines Verwahrungsvertrages sein können, etwa die Korrespondenz mit
Dritten oder dem Auftraggeber oder Schriftstücke oder sonstige Unterlagen, die
die Beklagte von Dritten erhalten würde. Darüber hinaus stellen die Handakten
des Rechtsanwalts, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat, dessen
Arbeitsgrundlage dar. Die vorgenannte Vertragsklausel bezieht sich mithin nicht
auf eine Übergabe beweglicher Sachen in die Obhut des Verwahrers zum Zwecke
fremdnütziger Aufbewahrung, wie es für den Verwahrungsvertrag typisch ist (dazu
s. Sprau, in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, § 688 Rn. 1).    
Weiterhin wird aus Satz 2 der vorgenannten Klausel deutlich,
dass die Vereinbarung einer Aufbewahrungsfrist im Hinblick auf die Berechtigung
zur Datenlöschung beziehungsweise Aktenvernichtung erfolgte, nicht jedoch im
Hinblick auf die Gewährung von Raum für eine bewegliche Sache und die Übernahme
der Obhut für sie.        
Nachdem die vorgenannte Vertragsklausel bereits eindeutig
nicht als Verwahrungsvertrag ausgelegt werden kann, verbleiben keine Zweifel
bei der Auslegung im Sinne des § 305c Abs. 2 BGB. Im Übrigen hat der Kläger
nicht dargelegt, dass es sich bei der vorgenannten Vertragsklausel um eine
solche handelt, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert ist und die
die Beklagte gestellt hat, § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern lediglich pauschal
auf § 305c Abs. 2 BGB Bezug genommen (s. Replik vom 17.01.2018, Seite 8, Bl.
111 d.A.).     
Der Kläger hat auch weder behauptet noch dargelegt, dass
eine im Widerspruch zum Vertrag stehende für ihn günstige Vereinbarung
geschlossen wurde noch dass die in seinem Sinne vorgenommene Vertragsauslegung
auf Umstände außerhalb der Urkunde zu stützen ist. Soweit er vorgetragen hat,
die Zeugen E und F hätten bei Vertragsschluss das Verständnis gehabt, dass für
einen Zeitraum von zehn Jahren nach Abschluss des Mandats offeriert worden sei,
die Unterlagen an den Mandanten herauszugeben (Schriftsatz vom 16.02.2018,
Seite 6, Bl. 164 d.A.), so hat er damit nicht ausreichend dargelegt, dass die
Vertragsparteien ein vom Wortlaut und objektiven Sinn der Mandatsvereinbarung
abweichendes übereinstimmendes Verständnis hatten. Der Kläger behauptet bereits
nicht, dass ein gegenüber der Mandatsvereinbarung abweichender
übereinstimmender Wille der Vertragsparteien bestand. Was den Vertreter der
Beklagten G anbelangt, so bestreitet der Kläger lediglich, dass dieser ein
anderes Verständnis gehabt habe als die vorgenannten Zeugen E und F. Sofern der
Kläger hiermit behaupten will, der Vertreter der Beklagten G habe das gleiche
Verständnis gehabt wie die Zeugen E und F, so handelt es sich um eine Behauptung
„aufs Geratewohl“ beziehungsweise „ins Blaue hinein“. Der
Kläger trägt dafür, dass der vorgenannte Vertreter der Beklagten entgegen dem
Inhalt der schriftlichen Mandatsvereinbarung ein solches Verständnis hatte,
keine greifbaren Anhaltspunkte vor, sodass sich diese Behauptung als
willkürlich darstellt. Demgegenüber hat die Beklagte vorgetragen, die Regelung
in Ziffer 13 der Mandatsvereinbarung sei vor dem Hintergrund
datenschutzrechtlicher Bestimmungen erfolgt; es sei darum gegangen,
unberechtigte Ersatzansprüche abwehren zu können (Klageerwiderung vom
13.06.2017, Seite 19, Bl. 80 d.A.). Wie sich aus der vorzitierten
Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 18/9521, S. 115) ergibt, kommen
datenschutzrechtliche Löschungspflichten des Rechtsanwalts durchaus in Betracht,
sodass ein berechtigtes Interesse an einer Verlängerung der
Aufbewahrungspflicht bestehen kann. Vor diesem Hintergrund hätte der Kläger
greifbare Anhaltspunkte dafür liefern müssen, dass der Vertreter der Beklagten
G ein vom Inhalt der Mandatsvereinbarung abweichendes mit demjenigen der Zeugen
E und F übereinstimmendes Verständnis hatte. Dies hat er nicht getan.            
C.           
Ein Herausgabeanspruch folgt auch nicht aus § 50 Abs. 3 Satz
1 BRAO. 
§ 50 Abs. 3 Satz 1 BRAO stellt entgegen der Auffassung des
Klägers bereits keine Grundlage für einen Anspruch auf Herausgabe der
anwaltlichen Handakte dar. Diese Vorschrift normiert lediglich ein
Zurückbehaltungsrecht des Rechtsanwalts bis zur Befriedigung wegen seiner
Gebühren und Auslagen.     
Dabei ist zunächst – worauf die Beklagte zu Recht
hingewiesen hat – streng zwischen zivilrechtlichem Anspruch und
berufsrechtlicher Pflicht zu unterscheiden. Das eine bedingt nicht zwangsläufig
das andere. Besteht ein zivilrechtlicher Anspruch im Verhältnis zwischen
Auftraggeber und Rechtsanwalt, so führt dessen Nichtbefriedigung nicht
zwangsläufig zu einer berufsrechtlichen Sanktion. Umgekehrt geht auch nicht
jede Verletzung einer berufsrechtlichen Pflicht mit einem zivilrechtlichen
Anspruch einher. Die grundsätzliche Unabhängigkeit der jeweiligen
Regelungsbereiche wird durch ihren unterschiedlichen Regelungszweck bedingt.
Während es zivilrechtlich um einen gerechten Ausgleich der Interessen im
Verhältnis zwischen Auftraggeber und Rechtsanwalt geht, verfolgt das
Berufsrecht – wie etwa § 43 Satz 2 BRAO zeigt – vorrangig den Zweck, die
Achtung und das Vertrauen der Rechtssuchenden in die Integrität des
Berufsstandes zu bewahren (s. auch BGH, NJOZ 2015, 501, 502, Rn. 8).    
Das von dem Kläger zitierte Urteil des Bundesgerichtshofes
vom 3.11.2014 (NJOZ 2015, 501) verhält sich nicht zu der Frage, ob § 50 Abs. 3
BRAO eine Anspruchsgrundlage zugunsten des Mandanten darstellt. In dem vom
Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ging es um die Frage, ob ein Rechtsanwalt,
der Handakten nicht herausgibt, berufsrechtlich gemäß §§ 113, 114 BRAO
sanktioniert werden kann, nicht jedoch um einen Herausgabeanspruch des
Mandanten. Der Bundesgerichtshof ist dabei zum Ergebnis gekommen, dass
unmittelbar aus § 50 Abs. 3 BRAO eine berufsrechtliche Herausgabepflicht
gefolgert werden müsse (BGH, NJOZ 2015, 501, 502 f., Rn. 9 ff.).     
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf die
Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie
und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe
(BGBl. I S. 1121) verweist, so folgt aus der Gesetzesbegründung nicht, dass §
50 Abs. 3 BRAO beziehungsweise die Gesamtregelung des § 50 BRAO in der bis zum
17.05.2017 geltenden Fassung (nachfolgend: a.F.) als Anspruchsgrundlage
zugunsten des Mandanten ausgestaltet war. Der Passage       
„Mit dem neuen Absatz 2 Satz 1 wird die derzeit
umstrittene Frage (…), ob neben der zivilrechtlichen Herausgabepflicht nach
den §§ 667, 675 BGB auch eine berufsrechtliche Herausgabepflicht besteht, der
Klärung zugeführt.“ (BT-Drucks. 18/9521, vorgelegt als Anlage K 4, Bl. 117
d.A.) lässt sich vielmehr entnehmen, dass der Gesetzgeber den vormals
herrschenden Streit über das Bestehen einer berufsrechtlich sanktionierbaren
Herausgabepflicht klären wollte. Eine Aussage dazu, ob § 50 Abs. 3 BRAO
beziehungsweise die Gesamtregelung des § 50 BRAO a.F. eine Anspruchsgrundlage
zugunsten des Mandanten darstellen, enthält die Gesetzesbegründung hingegen
nicht.         
Richtigerweise besteht zwar – wie vom Bundesgerichtshof
ausgeurteilt – eine aus § 50 Abs. 3 BRAO abgeleitete eigenständige und nicht
auf einen zivilrechtlichen Anspruch rekurrierende berufsrechtliche Pflicht zur
Herausgabe der anwaltlichen Handakte (BGH, NJOZ 2015, 501, 502 f., Rn. 9 ff.).
Dies hat die Rechtsanwaltskammer in dem hier durch den Kläger angestrengten
Beschwerdeverfahren (s. das Schreiben der Rechtsanwaltskammer D vom 18.05.2016,
Anlage B2) verkannt. Inzwischen wurde diese Herausgabepflicht für einen Teil
der Handakte in § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO ausdrücklich normiert.           
§ 50 Abs. 3 BRAO beziehungsweise die Gesamtregelung des § 50
BRAO a.F. stellen jedoch keine Anspruchsgrundlage zugunsten des Auftraggebers
dar. Bereits der Wortlaut lässt sich nicht in diese Richtung deuten. Ein
Anspruch ist nach der Legaldefinition des § 194 Abs. 1 BGB das „Recht, von
einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen“. § 50 Abs. 3 BRAO
normiert lediglich ein Zurückbehaltungsrecht des Rechtsanwalts und nimmt damit
auf einen anderweitig begründeten Anspruch Bezug. Auch die systematische
Stellung spricht gegen eine Anspruchsgrundlage zugunsten des Auftraggebers. Die
Bundesrechtsanwaltsordnung regelt das Berufsrecht der Rechtsanwälte und
verfolgt vorrangig das Ziel, die Achtung und das Vertrauen der Rechtssuchenden
in die Integrität des Berufsstandes zu bewahren (s.o.). Demgegenüber wird das
zwischen Auftraggeber und Rechtsanwalt bestehende Rechtsverhältnis durch die §§
675 ff. BGB geregelt. Eine in der Bundesrechtsanwaltsordnung normierte
zivilrechtliche Anspruchsgrundlage stellt sich mithin als systemfremd dar.
Letztlich besteht für einen zivilrechtlichen Herausgabeanspruch auch kein
Bedürfnis, weil die §§ 675 Abs. 1, 667 BGB dem Auftraggeber einen solchen
Anspruch gewähren (s.o.).           
D.          
Schließlich ergibt sich ein Herausgabeanspruch auch nicht
aus § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F.       
I.            
Dabei ist zunächst zu beachten, dass § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO
n.F. lediglich einen Teil der Handakte erfasst, nämlich Dokumente, die der
Rechtsanwalt aus Anlass seiner beruflichen Tätigkeit von dem Auftraggeber oder
für ihn erhalten hat.               
II.           
§ 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. stellt zwar eine
zivilrechtliche Anspruchsgrundlage zugunsten des Auftraggebers dar.      
Zwar spricht die Gesetzesbegründung zur Novellierung des §
50 BRAO gegen ein solches Verständnis. Dort heißt es:
„Mit dem neuen Absatz 2 Satz 1 wird die derzeit
umstrittene Frage (…), ob neben der zivilrechtlichen Herausgabepflicht nach
den §§ 667, 675 BGB auch eine berufsrechtliche Herausgabepflicht besteht, der
Klärung zugeführt. Dabei wird mit Offermann-Burckart (…) davon ausgegangen,
dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 50 BRAO auch eine berufsrechtliche
Herausgabepflicht angenommen hat, ohne diese dabei jedoch explizit zum Ausdruck
gebracht zu haben. Eine solche Pflicht erscheint auch inhaltlich sachgerecht:
Mandantinnen und Mandanten, die dem von ihnen beauftragten Rechtsanwalt
Dokumente übergeben haben, müssen sich darauf verlassen können, diese von ihrem
Rechtsanwalt auch wieder zurück zu bekommen, soweit kein Fall des Absatzes 3
Satz 1 vorliegt.“ (BT-Drucks. 18/9521, S. 116)      
Demnach sollte mit dem neuen § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO eine
berufsrechtliche Herausgabepflicht begründet werden, von einer zivilrechtlichen
Anspruchsgrundlage ist keine Rede.         
Allerdings ist der Wortlaut unmissverständlich. Die
Formulierung          
„(2) 1Dokumente, die der Rechtsanwalt aus Anlass seiner
beruflichen Tätigkeit von dem Auftraggeber oder für ihn erhalten hat, hat der
Rechtsanwalt seinem Auftraggeber auf Verlangen herauszugeben.“         
kann nicht anders verstanden werden, als dass dem
Auftraggeber ein Herausgabeanspruch eingeräumt wird. Die Novellierung wurde
entsprechend auch in der Literatur rezipiert (Deckenbrock, NJW 2017, 1425,
1427).           
III.         
§ 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. findet jedoch auf den
vorliegenden Fall keine Anwendung, weil für den Anspruch auf Herausgabe
derjenigen Dokumente, die die Beklagte aus Anlass des streitgegenständlichen
Mandatsverhältnisses von der Insolvenzschuldnerin oder für diese erhalten hat,
das zum Zeitpunkt des Abschlusses der Mandatsvereinbarung geltende Recht
maßgeblich ist.   
Eine Übergangsvorschrift findet sich im Gesetz zur Umsetzung
der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im
Bereich der rechtsberatenden Berufe (BGBl. I 2017, S. 1121) nicht. Es
entspricht jedoch einem allgemeinen Rechtsgedanken, dass ein Schuldverhältnis
in Bezug auf seine Voraussetzungen, seinem Inhalt und seinen Wirkungen dem
Recht untersteht, das zur Zeit der Verwirklichung seines
Entstehungstatbestandes galt (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018,
Einl. v. § 241 Rn. 14). Entsprechende Vorschriften finden sich etwa in Art.
170, 229 § 5 und 232 § 1 EGBGB. Ein Schuldverhältnis ist dabei eine
Sonderverbindung zwischen mindestens zwei Personen, kraft deren die eine von
der anderen eine Leistung zu fordern berechtigt ist, wobei es durch Vertrag,
einseitiges Rechtsgeschäft oder Gesetz entsteht (Grüneberg, in: Palandt, BGB,
77. Aufl. 2018, Einl. v. § 241 Rn. 3).        
Vorliegend ist mit Abschluss der Mandatsvereinbarung am
31.08.2011 zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten ein
Schuldverhältnis im vorgenannten entstanden. Es gilt nach dem eben
dargestellten Rechtsgrundsatz das zum Zeitpunkt der Entstehung dieses
Schuldverhältnisses geltende Recht. Der auf die Herausgabe der bei der
Beklagten geführten Handakte gerichtete Anspruch stützt sich auf §§ 675 Abs. 1,
667 BGB in Verbindung mit der vorgenannten Mandatsvereinbarung und ist mithin
in diesem Schuldverhältnis begründet.   
Die Einführung des § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. hat dabei
nicht die Wirkung, dass zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten ein
neues (gesetzliches) Schuldverhältnis entsteht mit der Wirkung, dass nunmehr §
50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. Anwendung findet und der Herausgabeanspruch in
unverjährter Form neu entsteht. Der Herausgabeanspruch nach § 50 Abs. 2 Satz 1
BRAO hat zur Voraussetzung, dass ein Geschäftsbesorgungsvertrag abgeschlossen
wurde. Der Auftraggeber kann sodann, auch noch vor Beendigung des Auftrags,
Herausgabe derjenigen Dokumente verlangen, die der Rechtsanwalt aus Anlass seiner
beruflichen Tätigkeit von dem Auftraggeber oder für ihn erhalten hat, ohne dass
weitere Voraussetzungen vorliegen müssen. § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. knüpft
mithin – wie auch der Anspruch aus §§ 675 Abs. 1, 667 BGB – an den Abschluss
des Geschäftsbesorgungsvertrages als Entstehungstatbestand an. Der auf §§ 675
Abs. 1, 667 BGB gestützte Herausgabeanspruch umfasst dabei auch solche
Dokumente, die der Rechtsanwalt aus Anlass des Mandatsverhältnisses von dem
Auftraggeber oder für diesen erlangt hat (s. zum Inhalt des Anspruchs aus §§
675 Abs. 1, 667 BGB BGH, NJW 1990, 510 f. (BGH 30.11.1989 – III ZR 112/88)),
sodass der Herausgabeanspruch nach § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. im
Herausgabeanspruch aus §§ 675 Abs. 1, 667 BGB aufgeht. Nach alledem entstand vorliegend
mit Einführung des § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. kein neues – auf die Herausgabe
von Dokumenten gerichtetes – Schuldverhältnis. Es verbleibt mithin bei der
Anwendung des zum Zeitpunkt des Abschlusses der Mandatsvereinbarung geltenden
Rechts unter Ausschluss des am 18.04.2017 in Kraft getretenen § 50 Abs. 2 Satz
1 BRAO n.F.  
IV.         
Der zwischen den Parteien geführte Streit, ob der Anwendung
des § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. das Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG
entgegensteht, ist demgegenüber nicht streiterheblich.            
Dabei hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass
Artikel 103 Abs. 2 GG zwar nicht nur für Kriminalstrafen, sondern auch für
staatliche Maßnahmen, die eine missbilligende hoheitliche Reaktion auf ein schuldhaftes
Verhalten enthalten und damit auch für ehrengerichtliche Strafen gilt (BVerfG
NJW 1969, 2192, 2194 f. (BVerfG 11.06.1969 – 2 BvR 518/66), s. auch BVerfG, NJW
1976, 1883). Vorliegend handelt es sich jedoch um einen Fall der
tatbestandlichen Rückanknüpfung und nicht um einen Fall der Rückbewirkung von
Rechtsfolgen, weil die Herausgabepflicht nach § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F.
lediglich daran anknüpft, dass sich beim Rechtsanwalt noch solche Dokumente
befinden, die aufgrund eines Mandatsverhältnisses aufbewahrt werden. Eine
tatbestandliche Rückanknüpfung liegt dann vor, wenn Tatbestände den späteren
Eintritt ihrer Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung
abhängig machen. Für diese Fälle wird kein genereller Vorrang der Rechtssicherheit
vor dem jeweils verfolgten gesetzgeberischen Anliegen angenommen (BVerfG, NJW
2004, 739, 748 (BVerfG 05.02.2004 – 2 BvR 2029/01) (Sicherungsverwahrung) für
den rechtsstaatlich begründeten Vertrauensschutz).       
Auf diese Streitfrage kommt es jedoch allein im Zusammenhang
mit der Verhängung berufsrechtlicher Sanktionen an. Für die Frage, welches
intertemporale Recht im zivilrechtlichen Verhältnis anzuwenden ist, ist auf die
oben dargestellten Grundsätze zurückzugreifen.   
E.           
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.     

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit
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Persönlichkeitsrecht – LG Frankfurt – Veröffentlichung von Intimfotos auf Facebook

Das Landgericht  Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 21.12.2017, Az. 2-03 O
130/17 entschieden, dass ein Unterlassungsanspruch gegen einen Facebook-Nutzer
besteht, wenn dieser bei Facebook intime Details und Fotos aus einer Beziehung
veröffentlicht.


Leitsätze:
1.Die Veröffentlichung der Tatsache, dass der Äußernde zuvor
eine Beziehung zu einer Minderjährigen geführt hat, sowie Details hierzu,
greift in die Intim- bzw. Privatsphäre der Betroffenen ein.
2.Daraus, dass die Betroffene Aktaufnahmen im Playboy veröffentlicht
hat und selbst ein Facebook-Profil betreibt, ist der Bereich ihrer Privatsphäre
nicht einer so umfassenden Selbstöffnung zugeführt worden, dass es dem
Äußernden gestattet wäre, jegliche Details aus dem Privatleben der Betroffenen
zu offenbaren.
3. Eine Äußerung kann insgesamt verboten werden
(Gesamtverbot), wenn sie im Gesamtkontext die Darstellung enthält, wie aus
Sicht des Beklagten die Beziehung der Parteien begann und sich entwickelte und
die Äußerung von der Darstellung durchzogen ist, dass die Parteien eine intime
Beziehung geführt haben, dies aus der Aufmachung erkennbar ist und der Sinn der
angegriffenen Äußerung durch Streichung einzelner Passagen massiv verändert
würde.
4. Nach Ende einer Beziehung sind Bilder der Betroffenen mit
Intimbezug zu löschen.
5. Anders als bei Bildern, kann bei privaten Briefen mit
teils intimen Inhalt, die während einer mittlerweile beendeten intimen
Beziehung ausgetauscht wurden, nicht ohne Weiteres Löschung, wohl aber die
Unterlassung der Weitergabe verlangt werden.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um Ansprüche wegen der Verletzung des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts.    
Die Klägerin ist Studentin und heute 20 Jahre alt.           
Der Beklagte ist der ehemalige Lehrer der Klägerin an einer
Realschule in A.    
Nachdem die Klägerin die Realschule verlassen hatte, nahm
sie nach ihrem 16. Geburtstag im August 2012 an einer Freizeitfahrt teil, an
der auch der Beklagte beteiligt war. Die Parteien führten sodann zwischen
August 2012 und September 2013 eine Beziehung. Während dieser Beziehung
fertigten die Parteien verschiedene Fotografien, die die Klägerin teilweise
unbekleidet zeigen und die mit Einwilligung der Klägerin erstellt wurden. Der
Beklagte ist noch im Besitz von solchen Fotografien, jedenfalls in Kopie.
Ferner ist der Beklagte im Besitz von privaten (Liebes-)Briefen der Klägerin an
den Beklagten. Fotos und Briefe wurden teilweise durch die Ermittlungsbehörden
im Rahmen einer Hausdurchsuchung beim Beklagten zu Beweiszwecken im
Strafverfahren beschlagnahmt.              
Nach Ende der Beziehung versandte der Beklagte an den neuen
Freund der Klägerin ein Foto, das die Klägerin unbekleidet zeigt.    
Die Klägerin erwirkte 2015 und 2016 mehrere
Gewaltschutzanordnungen gegen den Beklagten, nach denen es dem Beklagten
untersagt war, sich der Wohnung der Klägerin oder ihr selbst auf weniger als
20m zu nähern, ihr aufzulauern, mit ihr Kontakt aufzunehmen oder sonstwie ein
Zusammentreffen mit der Klägerin herbeizuführen.        
Die Klägerin stellte gegen den Beklagten ferner
Strafanzeige. Wegen Verstoßes gegen § 4 GewSchG in sieben Fällen wurde der
Beklagte vom Amtsgericht M nach Durchführung der Hauptverhandlung am …2016
und …2016 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung
verurteilt (Anlage K1, Bl. 24 d.A.). Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der
Beklagte hat Berufung erhoben. Ferner wurde der Beklagte von seinem Arbeitgeber
suspendiert.            
Im Vorfeld der mündlichen Verhandlung im Strafprozess
informierte der Beklagte Pressevertreter und übergab diesen private
Liebesbriefe der Klägerin an ihn sowie private Fotografien. Es kam mehrfach zu
Berichterstattungen, insbesondere der B-Zeitung, beispielsweise am …2016 mit
der Überschrift „…“, auf Anlage K2, Bl. 38 ff. d.A., wird Bezug genommen.
Der Beklagte gab in der Folgezeit und anlässlich der im … 2016 stattfindenden
Hauptverhandlung privaten Fernsehsendern und der Presse Interviews.
Am ….2016 stellte der Beklagte einen Beitrag auf seiner
Facebook-Seite ein, in dem er seine Sicht auf die Beziehung mit der Klägerin
und das laufende Verfahren mitteilte (Anlage K3, Bl. 51 d.A.). Zum Abschluss
des Beitrages forderte er die Leser zum „Teilen“ des Beitrages auf.
Am ….2016 veröffentlichte der Beklagte einen weiteren Beitrag, in dem er die
Klägerin namentlich erwähnte (Anlage K4, Bl. 57 d.A.).
Der Beklagte gab B ein Interview, das als Video
veröffentlicht wurde, in dem der Beklagte den Vornamen der Klägerin nannte und
das den Inhalt wie im Antrag zu 1 b) hat. Für den Inhalt wird weiter auf die CD
in Anlage K6 Bezug genommen.               
Die Klägerin ist nebenberuflich als Model tätig. Im … 2016
erschienen im „Playboy“ Aktfotografien von der Klägerin, die mit
ihrer Einwilligung erstellt worden waren.           
Die Klägerin ließ den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben
vom ….2016 abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung auffordern. Ferner forderte sie ihn auf, sämtliche in
seinem Besitz befindlichen Briefe und Fotografien der Klägerin zu vernichten und
zu löschen, sowie Auskunft zu erteilen und eine dem Grunde nach bestehende
Schadensersatzpflicht gegenüber der Klägerin anzuerkennen (Anlage K5, Bl. 58
d.A.).
Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe ihr nach dem Ende
der Beziehung nachgestellt.     
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die angegriffenen
Beiträge sie in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht rechtswidrig treffen.
Sie sei in dem Beitrag erkennbar. Der Beitrag umfasse Angaben zu ihrer
Intimsphäre. Besonders zu berücksichtigen sei, dass der Beklagte Angaben zum
sexuellen Verhalten der Klägerin gemacht habe, die einen Zeitpunkt betreffen,
als die Klägerin noch minderjährig war. Das Recht auf Achtung der Privat- und
Intimsphäre umfasse auch das Recht, selbst darüber entscheiden zu können, ob,
in welcher Form und wem ein Blick in die Intimsphäre und das eigene
Geschlechtsleben gewährt werde. Der angegriffene Beitrag sei in seiner
Gesamtheit zu betrachten und zu verbieten. Der Beitrag könne nicht in einzelne
– zulässige und unzulässige – Äußerungen und Passagen aufgespalten werden, da
der Beklagte historisch aufbauend den Ablauf der intimen Beziehung zu der
Klägerin schildere und die späteren Abschnitte mit den vorangegangenen
„vernäht“ seien. Die Klägerin könne die Löschung aller Lichtbilder
und Briefe der Klägerin verlangen, die im Besitz des Beklagten seien. Dies
gelte nicht nur für intime Lichtbilder. Denn die Klägerin sei zum Zeitpunkt der
Anfertigung der Aufnahmen und der Briefe noch minderjährig gewesen. Die Briefe
zeigten das sexuelle Empfinden und die Gefühlswelt der Klägerin zu einer Zeit
als sie noch minderjährig war. Die Klägerin könne vom Beklagten Schmerzensgeld
verlangen, hierfür sei die beantragte Auskunft erforderlich.    
Die Klägerin beantragt,
1.           
den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines
Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR oder Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs
Monaten zu unterlassen,        
Angaben über eine intime Beziehung zur Klägerin zu
veröffentlichen und/oder öffentlich zugänglich zu machen, wenn dies wie
nachstehend wiedergegeben geschieht:   
a)           
           
wenn dies geschieht wie in Anlage K3 ersichtlich,          
b)          
…,          
wenn dies geschieht wie aus der CD in Anlage K6 ersichtlich,   
1.           
den Beklagten zu verurteilen, sämtliche privaten Briefe der
Klägerin und von ihm selbst oder der Klägerin angefertigte private Fotografien
der Klägerin – auch in digitaler Form – , die sich in seinem Besitz befinden,
zu vernichten und zu löschen;               
hilfsweise: es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu
250.000,00 EUR oder Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten zu
unterlassen, private Briefe und private Fotografien der Klägerin Dritten zum
Zwecke der Veröffentlichung zu überlassen,       
1.           
den Beklagten im Wege der Stufenklage zu verurteilen,             Abs. 30
a)           
der Klägerin Auskunft zu erteilen,         
aa.         
in welchem Zeitraum der im Klageantrag zu 1) wiedergegebene
Text auf seiner Facebook-Seite öffentlich zugänglich gemacht wurde;             
bb.        
wie viele Aufrufe des im Klageantrag zu Ziff 1)
wiedergegebenen Textes auf seiner Facebook-Seite im fraglichen Zeitraum erfolgt
sind;      
cc.         
welche Personen den Artikel auf der jeweils eigenen
Facebook-Seite veröffentlicht haben (unter Angabe von Namen und Anschrift);         
dd.        
wem der Artikel aktiv bekannt gemacht oder zugesandt wurde
(auch per Mail);           
ee.        
welche privaten Briefe und Fotografien der Klägerin der
Beklagte an Presseorgane oder andere Dritte gegeben hat;
ff.          
in welchem Zeitraum das Interview gem. Antrag 1. lit. b)
online zugänglich war und wieviele Zugriffe es hierauf gab; 
an die Klägerin Schadensersatz in einer nach Erteilung der
Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.      
Der Beklagte beantragt,             
die Klage abzuweisen. 
Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Klägerin sich
vorliegend nicht auf den Schutz ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts berufen
könne. Die Klägerin wende sich selbst an die Öffentlichkeit und bezeichne sich
auf Ihrer Facebook-Seite selbst als Person des öffentlichen Lebens. Sie
präsentiere ihr Sexualleben der Öffentlichkeit. Die Klägerin könne sich auch
nicht darauf berufen, dass es um Vorgänge aus der Zeit ginge, als sie noch
minderjährig war, da sie mittlerweile 20 Jahre alt ist.      
Der Beklagte habe sich mit seinem Beitrag in zulässiger
Weise öffentlich gegen die Vorwürfe der Klägerin zur Wehr gesetzt. Durch das
Strafverfahren gegen ihn seien die Vorwürfe auch bereits öffentlich gewesen.       
Nachdem im Berufungs(-straf-)verfahren vor dem Landgericht M
erörtert worden ist, ob der Beklagte im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt
hat, wendet der Beklagte dies auch für das vorliegende Verfahren ein. 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die
zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den
sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.    Abs.
51

Gründe:
Die Klage ist zulässig und weit überwiegend begründet.            
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht
Frankfurt a.M. gemäß § 32 ZPO örtlich zuständig. Insoweit war zu
berücksichtigen, dass der Beklagte seine Äußerung über eine bundesweit
abrufbare Facebook-Seite veröffentlicht hat, dass sein Beitrag unstreitig
mehrfach geteilt worden ist und dass der Beklagte am Schluss seines Beitrages
die Leser ausdrücklich zum weiteren Teilen des Beitrages aufgefordert hat. Der
Beklagte wollte sich mit seinem Beitrag offenkundig nicht nur an einen
begrenzten Personenkreis wenden, sondern seine Sicht der Dinge einem weiteren
Empfängerkreis zur Verfügung stellen. Im Übrigen war zu berücksichtigen, dass
über das Verhältnis zwischen den Parteien bereits zuvor bundesweit in der
Presse und im Fernsehen berichtet worden war, so dass damit zu rechnen war,
dass auch der Beitrag des Beklagten nicht lediglich ein örtlich begrenztes
Interesse finden würde.   
Im Übrigen hat sich der Beklagte in der mündlichen
Verhandlung rügelos eingelassen, § 39 ZPO.          
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf
Unterlassung der Gesamtäußerung gemäß Antrag zu 1.a) aus den §§ 823, 1004 BGB
i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG.
Die Klägerin ist durch die angegriffene Äußerung erkennbar.
An die Erkennbarkeit werden grundsätzlich keine hohen Anforderungen gestellt.
Es kommt insoweit nicht darauf an, ob alle oder ein erheblicher Teil der Leser
oder gar die Durchschnittsleser die gemeinte Person identifizieren können.
Vielmehr reicht die Erkennbarkeit im Bekanntenkreis aus (OLG Frankfurt a.M.
GRUR-RR 2017, 120 Rn. 44 – Dschihadist; Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl.
2013, § 13 Rn. 37). Ausreichend ist es, wenn der Betroffene begründeten Anlass
zu der Annahme hat, dass über das Medium persönlichkeitsverletzende
Informationen auch an solche Empfänger gelangen, die aufgrund ihrer sonstigen
Kenntnisse in der Lage sind, anhand der mitgeteilten individualisierenden
Merkmale die Person zu identifizieren, auf die sich die Aussagen beziehen
(BVerfG NJW 2004, 3619, 3620 (BVerfG 14.07.2004 – 1 BvR 263/03)). Die
Erkennbarkeit kann sich auch aus dem Zusammenhang mit anderen
Veröffentlichungen ergeben (Dreier/Schulze-Specht, UrhG, 5. Aufl. 2015, § 22
KUG Rn. 3 m.w.N.). 
Diese Voraussetzungen waren hier gegeben. Aus der
angegriffenen Äußerung geht hervor, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der
Äußerung 20 Jahre alt war (Nr. 37), der Beklagte der Lehrer der Klägerin an
einer Schule in M war, dass diese im Alter von 16 Jahren die Schule verlassen
hat und im September 20xx erotische Bilder von ihr veröffentlicht wurden.
Ferner seien in Print- und Online-Medien Bilder von ihm und der Klägerin zu
sehen gewesen (Nr. 27), die Klägerin habe ihren Körper im „Playboy“
zur Schau gestellt (Nr. 36). Darüber hinaus ist zwischen den Parteien
unstreitig, dass der Beklagte den Nachnamen der Klägerin in einem wenige Tage
später veröffentlichten Beitrag unter Bezugnahme auf die vorangegangene
Äußerung genannt hat.          
Die angegriffene Äußerung greift unzulässig in das Persönlichkeitsrecht
der Klägerin ein.         
Die Veröffentlichung einer Liebesbeziehung greift
grundsätzlich in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des
durch die Veröffentlichung Betroffenen ein. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG, Art. 8
Abs. 1 EMRK gewährleisten das Recht auf Achtung der Privatsphäre, das jedermann
einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zugesteht, in dem er seine
Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Hierzu
gehört auch das Recht, für sich zu sein, sich selbst zu gehören und den
Einblick durch andere auszuschließen (BGH GRUR 2017, 850 (BGH 02.05.2017 – VI
ZR 262/16) Rn. 19 – Tim B.).            
Der Schutz der Privatsphäre ist sowohl thematisch als auch
räumlich bestimmt. Er umfasst insbesondere Angelegenheiten, die wegen ihres
Informationsgehalts typischerweise als „privat“ eingestuft werden
(BGH GRUR 2017, 304 (BGH 29.11.2016 – VI ZR 382/15) Rn. 9 – Michael Schumacher;
BGH GRUR 2013, 91 Rn. 12 – Comedy-Darstellerin; BGH NJW 2012, 763 (BGH
22.11.2011 – VI ZR 26/11) Rn. 10; BVerfG GRUR 2000, 446 – Caroline von Monaco).
Zur Privatsphäre gehören demnach auch Informationen über das Bestehen einer
Liebesbeziehung, deren Bekanntwerden der Betroffene – aus welchen Gründen auch
immer – nicht wünscht, sondern vielmehr geheim halten möchte (BGH GRUR 2017,
850 (BGH 02.05.2017 – VI ZR 262/16) Rn. 19 – Tim B.). Weiter gehört hierzu auch
die Information über Erkrankungen des Betroffenen (BGH NJW 2017, 1550 – Michael
Schumacher; BGH NJW 2012, 3645 (BGH 18.09.2012 – VI ZR 291/10); OLG Frankfurt
a.M. NJW-RR 2015, 102, 103).     
Darüber hinaus gewährt das Grundgesetz dem Bürger einen
unantastbaren Bereich zur Entfaltung der Persönlichkeit im Kernbereich
höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung, der der Einwirkung der
öffentlichen Gewalt entzogen ist. Wegen seiner besonderen Nähe zur
Menschenwürde ist der Kernbereich privater Lebensgestaltung absolut geschützt,
ohne dass dieser Schutz einer Abwägung nach Maßgabe des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zugänglich ist (BVerfG NJW 2009, 3357 Rn. 25
m.w.N.). Diesem Kernbereich gehören insbesondere Ausdrucksformen der Sexualität
an (BVerfG NJW 2008, 39 (BVerfG 13.06.2007 – 1 BvR 1783/05)). Im Übrigen hängt
die Beurteilung, ob ein Sachverhalt diesem Kernbereich zuzuordnen ist, davon
ab, ob der Betroffene ihn geheim halten will, ob er nach seinem Inhalt
höchstpersönlichen Charakters ist und in welcher Art und Intensität er aus sich
heraus die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt (BVerfG NJW
2009, 3357 (BVerfG 10.06.2009 – 1 BvR 1107/09) Rn. 25). Dementsprechend
betreffen Details über den Austausch von Intimitäten in einer Liebesbeziehung
nicht nur den Bereich der Privat-, sondern den der Intimsphäre.               
Weiter kann auch bei Heranwachsenden die Berichterstattung
über eine Beziehung einen Eingriff in einen besonders sensiblen Bereich
darstellen. Heranwachsende sollen eine gewisse Schutzbedürftigkeit dahingehend
genießen, so dass es ihnen zugestanden sein soll, auf dem Weg zu einer
gereiften Persönlichkeit unbeeinträchtigt Beziehungen zu Partnern führen zu
können, ohne dabei von einer breiten Öffentlichkeit beobachtet zu werden (LG
Hamburg NJOZ 2017, 1444).               
Nach diesen Grundsätzen greift die angegriffene Äußerung
insgesamt jedenfalls in den Bereich der Privatsphäre, teilweise auch in den
Bereich der Intimsphäre der Klägerin ein, wobei es auf letzteres im Ergebnis
nicht mehr ankam.  
Denn der Beklagte offenbart in der angegriffenen Äußerung,
dass er sich von der Klägerin habe verführen lassen und später für sie seine
Frau und seine Familie im Stich gelassen habe, dass die Klägerin bereits mit 14
Jahren amouröse Gefühle für ihn gehegt habe, dass die Parteien sexuelle
Handlungen vorgenommen haben und dass die Parteien letztlich eine heimliche
Liebesbeziehung führten. Die Parteien hätten sich gegenseitig als Verlobte
bezeichnet. Weiter offenbart der Beklagte, dass die Klägerin aus seiner Sicht
ein abnormales Verhalten mit psychosomatischer Ursache an den Tag gelegt habe.
Ferner legt der Beklagte offen, dass er im Besitz von intimen Bildnissen der
Klägerin gewesen sei, die die Klägerin unbekleidet auf seinem Sofa zeigten.
Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als
eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst
durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange
bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die
betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen
Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der
Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das
Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite
überwiegt (BGH NJW 2016, 789 (BGH 15.09.2015 – VI ZR 175/14) Rn. 20; BGH NJW
2016, 56 (BGH 28.07.2015 – VI ZR 340/14) Rn. 29; BGH NJW 2014, 2029 (BGH 17.12.2013
– II ZB 6/13) Rn. 22; jew. m.w.N.).  
Hier ist das Schutzinteresse aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG
mit dem Recht auf Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG, Art. 10 Abs. 1
EMRK abzuwägen.            
Die Kammer hat bei der danach gebotenen Abwägung
berücksichtigt, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der vom Beklagten dargestellten
Begebenheiten und damit zum Zeitpunkt der von den Parteien geführten Beziehung
minderjährig war, während sie zum Zeitpunkt der angegriffenen Äußerung des
Beklagten die Volljährigkeit erreicht hatte. Die Kammer hat weiter einbezogen,
dass – auch auf Betreiben der Klägerin – gegen den Beklagten ein Strafverfahren
geführt worden ist, in dem der Umstand, dass die Parteien eine Beziehung
geführt haben, in öffentlicher Verhandlung offenbart wurde, wobei die
Hauptverhandlung jedoch erst nach Veröffentlichung der Äußerung des Beklagten
durchgeführt wurde. In die Abwägung hat die Kammer auch eingestellt, dass die
Klägerin zum Zeitpunkt der Äußerung bereits selbst mit Aktaufnahmen im Playboy
an die Öffentlichkeit getreten war und jedenfalls insoweit selbst die
Öffentlichkeit gesucht hat. Allerdings war insoweit einzustellen, dass die
Parteien vor mehreren Jahren eine Beziehung geführt hatten und die Klägerin
erst anschließend in die Öffentlichkeit getreten ist. Eine innere Beziehung
zwischen beiden Begebenheiten besteht daher nicht. Insbesondere ist daraus,
dass die Klägerin Aktaufnahmen hat fertigen lassen und selbst ein
Facebook-Profil betreibt, der Bereich der Privatsphäre der Klägerin nicht einer
so umfassenden Selbstöffnung zugeführt worden, dass es dem Beklagten gestattet
wäre, jegliche Details aus dem Privatleben der Klägerin zu offenbaren.         
Die Klägerin ist auch entgegen der Auffassung des Beklagten
nicht als Person des öffentlichen Lebens anzusehen. Sie ist mit Prominenten
oder Politikern in keiner Weise zu vergleichen. Hieran ändert auch nichts, dass
die Klägerin in einer bundesweit erscheinenden Zeitschrift mit Aktaufnahmen an
die Öffentlichkeit getreten ist und sich auch über Facebook öffentlich
präsentiert. 
Weiter hat die Kammer eingestellt, dass auch der Beklagte
einräumt, dass die Parteien ihre Beziehung jeweils geheim gehalten haben. Auch
der Beklagte trägt nicht vor, dass die Klägerin mit dem Umstand, dass die
Parteien eine Liebesbeziehung geführt haben, selbst zuvor – insbesondere vor
der öffentlichen mündlichen Strafverhandlung – an die Öffentlichkeit getreten
sei.       
Weiter hat die Kammer berücksichtigt, dass über die
Beziehung zwischen den Parteien auch vor der Äußerung des Beklagten bereits
öffentlich und bundesweit berichtet worden war. Insoweit ist jedoch zwischen
den Parteien unstreitig, dass dies jedenfalls auch auf Betreiben des Beklagten
erfolgte und dass der Beklagte insoweit Bildnisse und Liebesbriefe der Klägerin
an die Presse weitergereicht hatte. Eine Einwilligung der Klägerin in diese
Weitergabe hat auch der Beklagte nicht vorgetragen.         
Das ausgesprochene Verbot erstreckt sich vorliegend auch auf
die Gesamtäußerung, wie sie im Antrag zu 1 a) wiedergegeben ist. Unter
Berücksichtigung der Umstände des hiesigen Einzelfalls ist ein Gesamtverbot
zulässig.        
Ein Gesamtverbot ist dann nicht unverhältnismäßig, wenn die
beanstandeten Textteile für die Gesamtkonzeption eines Werks beziehungsweise
für das Verständnis des mit ihm verfolgten Anliegens von Bedeutung sind (BGH
NJW 1975, 1882, 1884 (BGH 03.06.1975 – VI ZR 123/74); BGH NJW 2005, 2844 (BGH
21.06.2005 – VI ZR 122/04) Rn. 28; BVerfG NJW 2008, 39 (BVerfG 13.06.2007 – 1
BvR 1783/05) Rn. 104 – Esra). Dies kann auch bei einer Berichterstattung der
Fall sein, wenn die einzelnen Teile der Gesamtäußerung gedanklich so
verklammert sind, dass ein Herausschälen eine Sinnveränderung zur Folge hätte
(Löffler/Steffen, a.a.O., § 6 Rn. 270; Wenzel/Burkhardt, Recht der Wort- und
Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap. 12 Rn. 82; vgl. auch Soehring/Hoene,
a.a.O., § 30 Rn. 29c m.w.N.). Enthält der Gesamtbeitrag einen unzulässigen
Angriff, weil etwa die Gesamtaussage ein verfälschendes Persönlichkeitsbild in
einer Art zeigt, dass dem nicht durch das Verbot einzelner Textstellen begegnet
werden kann, kann ein Verbot auf die gesamte Äußerung erstreckt werden
(Löffler/Steffen, a.a.O., § 6 Rn. 270). Dies kann insbesondere in Betracht
kommen, wenn es nicht nur um persönlichkeitsrechtsverletzende Unwahrheiten,
sondern um eine Verletzung der Privat- oder Intimsphäre geht. Äußerungen, die
die Privat- oder Intimsphäre verletzen, brauchen im Unterlassungsantrag daher
nicht notwendigerweise Einzelnen aufgeführt zu werden (BGH NJW 1981, 1366 –
Wallraff II; Wenzel/Burkhardt, a.a.O., Kap. 12 Rn. 94). Es ist in einem solchen
Fall nicht Aufgabe eines Gerichts, bestimmte Streichungen vorzunehmen, um die
Persönlichkeitsrechtsverletzung auf das gerade noch zulässige Maß zu
reduzieren, da es eine Vielzahl möglicher Varianten gäbe, wie diese Änderungen
vorgenommen werden müssten und die Gesamtäußerung durch solche Eingriffe eine
erhebliche Änderung erfahren würde (vgl. LG Frankfurt a.M., Urt. v. 08.09.2011
– 2-03 O 195/11).        
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die angegriffene
Äußerung enthält in ihrem Gesamtkontext die Darstellung, wie aus Sicht des
Beklagten die Beziehung der Parteien begann und sich entwickelte. Die gesamte
Äußerung ist durchzogen von der Darstellung, dass die Parteien eine intime
Beziehung geführt haben. Dies ist auch durch die Aufmachung der Äußerung
erkennbar. So beinhaltet der Beitrag eine Einleitung, in der der Beklagte
darlegt, dass er nun die Begebenheiten darstellen wolle, wie sie sich aus
seiner Sicht zugetragen haben. Anschließend stellt er in weitgehend
chronologischer Reihenfolge tatsächliche Begebenheiten oder Einordnungen
seinerseits dar, die aufsteigend nummeriert sind. Es ist bei der Betrachtung
des Gesamtkontextes erkennbar, dass die einzelnen Abschnitte jeweils
aufeinander aufbauen oder jedenfalls in ihrem Gesamtsinn miteinander verknüpft
sind. Würde man versuchen, aus der Gesamtäußerung Bezugnahmen auf die Beziehung
zwischen den Parteien zu streichen, wäre die Gesamtäußerung bis auf einige
Teiläußerungen zu streichen oder erheblich zu verändern. Der gesamte Sinn der
angegriffenen Äußerung würde dadurch massiv verändert.        
Im Übrigen ist zu beachten, dass die Klägerin im Tenor ihres
Antrages die Äußerung nicht schlechthin verbieten lassen will, sondern in
dieser ausdrücklich die Veröffentlichung von „Angaben über eine intime
Beziehung zur Klägerin“ angreift. Hierdurch greift die Klägerin das
Unzulässige durch Abstrahierung in zulässiger Weise auf und schränkt
gleichzeitig den Verbotsumfang ein (vgl. insoweit Löffler/Steffen, a.a.O., § 6
Rn. 270).
Soweit der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung
eingewandt hat, dass der Antrag zu weit gefasst sei, da ihm auch Äußerungen im
Rahmen von behördlichen oder Strafverfahren untersagt würden, folgt die Kammer
dem nicht. Solche Äußerungen sind hier zum einen nicht streitgegenständlich,
vielmehr geht es hier um konkrete Äußerungen auf der Facebook-Seite des
Beklagten. Auch der Klägervertreter hat im Termin zur mündlichen Verhandlung
nicht darauf gedrungen, dem Beklagten auch im Zusammenhang mit behördlichen
oder Strafverfahren jegliche Äußerungen zur Beziehung der Parteien verbieten zu
lassen. Solche Äußerungen gegenüber Behörden wären äußerungsrechtlich auch
privilegiert (vgl. Soehring/Hoene, a.a.O., § 15 Rn. 22 m.w.N.). 
Die Klägerin kann vom Beklagten auch die Unterlassung der
Äußerung gemäß Antrag zu 1.b), die im Rahmen eines Interviews des Beklagten
getätigt wurde, aus den §§ 823, 1004 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG
verlangen.           
Auch die in dieser angegriffenen Äußerung enthaltene
Offenbarung, dass die Klägerin ein Interesse am Beklagten gezeigt habe und
diesen letzten Endes verführt habe, stellt einen unzulässigen Eingriff in die
Privatsphäre der Klägerin darf. Die Klägerin ist aus dem Beitrag auch
erkennbar, nachdem sie bildlich dargestellt wird. Auf die obigen Ausführungen wird
im Übrigen verwiesen.      
Die Klägerin kann vom Beklagten hinsichtlich der sie
zeigenden Bilder teils Löschung und teils – nach ihrem Hilfsantrag –
Unterlassung verlangen (Antrag zu 2.).               
(Bilder)
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf
Löschung von sie zeigenden Bildnissen aus den §§ 823, 1004 BGB, jedoch nicht im
begehrten, vollständigen Umfang.       
Die Klägerin begehrt mit ihrem Hauptantrag zu 2) die
Vernichtung und Löschung von „privaten Fotografien der Klägerin“, die
von der Klägerin oder dem Beklagten angefertigt wurden.
Ein solcher Anspruch auf Löschung von Bildnissen, die sich
im Besitz eines Dritten befinden, kann nicht auf die §§ 22, 23 KUG gestützt
werden, da diese Schutz nur gegen die Veröffentlichung von Bildnissen gewähren
(BGH NJW 2016, 1094 (BGH 13.10.2015 – VI ZR 271/14) Rn. 30 f.). Durch die
Sonderregelung des § 22 KUG wird ein Rückgriff auf das Persönlichkeitsrecht
jedoch nicht verwehrt.    
Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewähren kein
allgemeines oder gar umfassendes Verfügungsrecht über die Darstellung der
eigenen Person. Das Recht am eigenen Bild gewährleistet dem Einzelnen aber
Einfluss- und Entscheidungsmöglichkeiten, soweit es um die Anfertigung und
Verwendung von Bildaufzeichnungen seiner Person durch andere geht. Das
Schutzbedürfnis ergibt sich vor allem aus der Möglichkeit, das auf eine
bestimmte Situation bezogene Erscheinungsbild eines Menschen davon zu lösen und
das Abbild jederzeit unter für den Betroffenen nicht überschaubaren und/oder
nicht beherrschbaren Voraussetzungen vor Dritten zu reproduzieren. Je leichter
dies ist, umso größer kann das Schutzbedürfnis sein. So sind mit dem
Fortschritt der Aufnahmetechniken wachsende Möglichkeiten der Gefährdung von
Persönlichkeitsrechten verbunden (BGH NJW 2016, 1094 Rn. 30). Zum rechtlich
geschützten Bereich des Persönlichkeitsrechts gehört in Ausformung der
verfassungsrechtlichen Wertentscheidung der Art. 1 und 2 GG zu Gunsten des
freien, eigenverantwortlichen Individuums auch, dass der Einzelne grundsätzlich
allein zur Verfügung über die Verwendung seines Bildnisses – nicht nur in der
Öffentlichkeit, sondern auch sonst – berechtigt ist (BGH, a.a.O., Rn. 31).               
Danach kann unter besonderen Umständen schon das Innehaben
der Verfügungsmacht über Bildaufnahmen durch einen Dritten gegen den Willen des
Abgebildeten, sei es nur durch Behalten und Betrachten, dessen
Persönlichkeitsrecht verletzen. Dem Einzelnen steht mit dem Kernbereich
höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung ein unantastbarer Bereich zur
Entfaltung der Persönlichkeit zu, der wegen seiner besonderen Nähe zur
Menschenwürde absolut geschützt und einer Einschränkung durch Abwägung nach
Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht zugänglich ist. Die Beurteilung,
ob ein Sachverhalt diesem Kernbereich zuzuordnen ist, hängt davon ab, ob der
Betroffene ihn geheim halten will, ob er nach seinem Inhalt höchstpersönlichen
Charakters ist und in welcher Art und Intensität er aus sich heraus die Sphäre
anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt.  
Vor diesem Hintergrund kann bereits die Funktionsherrschaft
eines Dritten über intime Aufnahmen gegen den Willen des Abgebildeten diesem
Kernbereich zuzuordnen sein. Wer nämlich Bildaufnahmen oder Fotografien, die
einen anderen darstellen, besitzt, erlangt allein durch diesen Besitz eine
gewisse Herrschafts- und Manipulationsmacht über den Abgebildeten, selbst wenn
eine Verbreitung oder Weitergabe an Dritte nicht beabsichtigt oder untersagt
ist. Diese Macht ist umso größer, wenn Aufnahmen eine vollständige Entblößung
des gänzlich Privaten, der grundsätzlich absolut geschützten Intimsphäre des
Einzelnen, insbesondere im Zusammenhang mit gelebter Sexualität, zeigen. Diese
Entblößung wird von dem Abgebildeten regelmäßig als peinlich und beschämend
empfunden, wenn sich der Situationszusammenhang wie hier durch die Beendigung
der Beziehung geändert hat. Die zur Anregung des gemeinsamen Sexuallebens
erbrachte Entblößung wird als demütigend wahrgenommen, wenn das gemeinsame
Erleben entfällt, sie aber dauerhaft sichtbar bleibt, wenn das aktive Subjekt
gegen seinen Willen zum reinen Objekt des Bildbetrachters wird (BGH NJW 2016,
1094 (BGH 13.10.2015 – VI ZR 271/14) Rn. 35 m.w.N.).
Der Schutz des Persönlichkeitsrechts für solche Fotografien
kann allerdings entfallen oder zumindest im Rahmen der Abwägung zurücktreten,
wenn der Grundrechtsträger den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung von
sich aus öffnet, bestimmte, an sich dem unantastbaren Kernbereich zuzurechnende
Angelegenheiten der Öffentlichkeit zugänglich macht und damit zugleich die
Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt. Denn niemand kann
sich auf den Schutz seiner Intim- oder Privatsphäre hinsichtlich solcher
Tatsachen berufen, die er selbst der Öffentlichkeit preisgegeben hat (BGH,
a.a.O., Rn. 36). Eine solche Selbstöffnung liegt aber nicht vor, wenn die
Einwilligung in den Besitz von Bildnissen auf die Dauer einer Beziehung
begrenzt ist (BGH, a.a.O., Rn. 37 ff.).    
Nach diesen Grundsätzen ist der Beklagte verpflichtet,
sämtliche Bilder der Klägerin mit Intimbezug zu löschen.          
Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Parteien
eine Liebesbeziehung geführt haben und in diesem Zusammenhang Fotografien der
Klägerin erstellt oder dem Beklagten überlassen worden sind. Die Klägerin macht
insoweit auch geltend, dass sie eine eventuelle Einwilligung widerrufen hat,
wobei der Beklagte dem nicht entgegen getreten ist. Weiter ist zu
berücksichtigen, dass die Klägerin gegen den Beklagten auch Verfahren nach dem
GewSchG angestrengt sowie Strafanzeige erstattet hat. Das Verhältnis der
Parteien ist dementsprechend zerrüttet und von einer Fortdauer der – konkludent
nur für die Dauer der Beziehung erteilten – Einwilligung ist nicht auszugehen.        
Die auch insoweit gebotene Abwägung fällt zu Lasten des
Beklagten aus, soweit Bildnisse betroffen sind, die intimen Inhalt haben,
namentlich solche, die die Klägerin        
-in unbekleidetem Zustand,     
-in teilweise unbekleidetem Zustand, soweit der Intimbereich
der Klägerin (Brust und/oder Geschlechtsteil) zu sehen ist,               
-lediglich ganz oder teilweise nur mit Unterwäsche
bekleidet,
zeigen (vgl. insoweit OLG Koblenz, Urt. v. 20.05.2014 – 3 U
1288/13, BeckRS 2014, 10308).          
Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass solche Bildnisse
den Intimbereich der Klägerin betreffen, diese zum Zeitpunkt der Aufnahmen noch
minderjährig war und der Beklagte zudem solche Bildnisse unstreitig bereits
Dritten zur Verfügung gestellt hat. Die von der Klägerin erteilte Einwilligung
erlaubt dem Beklagten unter Zugrundelegung der oben dargestellten Grundsätze
auch nicht den weiteren Besitz solcher Bildnisse der Klägerin.        
Die Kammer konnte der Klägerin diesen – im Umfang begrenzten
– Anspruch auch gemäß § 308 ZPO zusprechen, da es sich um ein Minus gegenüber
dem ursprünglich gestellten, umfassenden Löschungsanspruch beinhaltet (vgl. BGH
NJW 2016, 1094 Rn. 17). In dieser Fassung ist der Tenor auch gemäß § 253 Abs. 2
Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt (vgl. BGH NJW 2016, 1094 (BGH 13.10.2015 – VI ZR
271/14) Rn. 18).   
Darüber hinaus bestand der Anspruch der Klägerin jedoch
nicht, insbesondere also nicht hinsichtlich von Bildnissen, die die Klägerin –
ggf. mit dem Beklagten – zeigen, ohne dass ein Bezug zum Intimbereich besteht
(vgl. insoweit das Bild auf Bl. 40 d.A.). Lichtbilder, die den Betroffenen in
bekleidetem Zustand in Alltags- oder Urlaubssituationen zeigen, tangieren das
allgemeine Persönlichkeitsrecht in einem geringeren Maße und sind weniger
geeignet, das Ansehen des Betroffenen gegenüber Dritten zu beeinträchtigen. Es
ist allgemein üblich, dass etwa bei Feiern, Festen und in Urlauben Fotos von
Personen in deren Einverständnis gemacht werden und mit diesem Einverständnis zugleich
das Recht eingeräumt wird, diese Fotos auf Dauer besitzen und nutzen zu dürfen.
Insoweit kann es geboten sein, dass der Abgebildete sich an seiner einmal
erteilten Einwilligung festhalten lässt (OLG Koblenz, Urt. v. 20.05.2014 – 3 U
1288/13 Rn. 64, BeckRS 2014, 10308).               
So lag der Fall auch hier. Die Klägerin hat vorgetragen,
dass der Beklagte – auch – Bilder von ihr mit Intimbezug im Besitz hat, aber
eben auch solche, die lediglich die Parteien gemeinsam zeigen. Der Besitz des
Beklagten an diesen Bildnissen greift in erheblich geringerem Umfang in das
Persönlichkeitsrecht der Klägerin ein. Hierbei hat die Kammer auch
berücksichtigt, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Anfertigung der Bildnisse
noch minderjährig war. Das Ergebnis dieser Abwägung wird durch die
gesetzgeberischen Entscheidungen in Bezug auf den Schutz von Daten allgemein
gestützt. Aus dem Anwendungsbereich des BDSG ist der – ansonsten eher strengere
– Schutz für die Nutzung von Daten „ausschließlich für persönliche oder
familiäre Tätigkeiten“ ausgenommen. Auch nach der im kommenden Jahr in
Kraft tretenden DSGVO gilt eine solche Ausnahme gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. c)
DSGVO (vgl. auch ErwGr 18 DSGVO).
(Hilfsantrag Bilder)        
Die Klägerin kann vom Beklagten jedoch gemäß ihrem
Hilfsantrag nach den §§ 823, 1004 BGB, 22, 23 KUG die Unterlassung der
Überlassung von Fotografien an Dritte verlangen, 
soweit diese nicht nach dem Hauptantrag zu löschen sind.       
Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen ist nach dem
abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen (BGH GRUR 2007, 527 –
Winterurlaub m.w.N.). Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur
mit ihrer Einwilligung verbreitet werden (§ 22 S. 1 KUG). Hiervon besteht
allerdings gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse
aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für
eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten gemäß § 23
Abs. 2 KUG verletzt werden (BGH GRUR 2013, 1065 (BGH 28.05.2013 – VI ZR 125/12)
Rn. 10 – Eisprinzessin Alexandra).               
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Es handelt sich –
zwischen den Parteien unstreitig – bei den Bildnissen, die die Klägerin zeigen,
insgesamt um private Bildnisse, bei denen die Klägerin eine Einwilligung zur
Veröffentlichung oder Weitergabe nicht erteilt hat. Die Bildnisse sind auch
nicht dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen, sondern sind – ebenfalls
unstreitig – im Rahmen der von den Parteien vor der Allgemeinheit stets
verheimlichten Beziehung entstanden. An dieser Bewertung ändert es auch nichts,
dass die Klägerin – nach dem Ende der Beziehung mit dem Beklagten – freiwillig
Aktfotografien hat fertigen und veröffentlichen lassen. Denn weder wirkt sich
dies auf die hier streitgegenständlichen Bildnisse noch auf das Interesse der
Klägerin an der Nichtveröffentlichung zuvor entstandener Bildnisse aus.               
(Briefe)               
Die Klägerin kann vom Beklagten nicht die Vernichtung
privater Briefe aus den §§ 823, 1004 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG
verlangen, aber nach ihrem Hilfsantrag die begehrte Unterlassung.          
aa.         
Wie oben dargestellt, verbleibt jedem ein Kernbereich des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts, der umfassend geschützt ist, sofern keine
Selbstöffnung vorliegt.             
Dieser Schutz kann grundsätzlich auch das geschriebene Wort
umfassen. Die Klägerin hat auch dargelegt, dass der Beklagte solche Briefe mit
intimem Inhalt an Dritte weitergegeben hat. Der Beklagte hat dies auch nicht in
Abrede gestellt. Im Beitrag bei B vom ….2016 gemäß Anlage K2 (Bl. 42 d.A.)
findet sich ein – in Handschrift der Klägerin abgebildeter – Brief der
Klägerin, die über ihre tiefe Liebe zum Beklagten auch aus einer Zeit
berichtet, als er noch ihr Lehrer war. In diesem Brief offenbart die Klägerin
Umstände aus ihrem Innersten, die der Einsicht der Allgemeinheit ebenso wie
ihres unmittelbaren Umkreises vollständig entzogen sind.  
Darüber hinaus enthält der Bericht ein Zitat aus einem
weiteren Brief an den Beklagten (Bl. 44 d.A.), in dem die Klägerin über
sexuelle Fantasien mit dem Beklagten berichtet.
Auch dieser Brief betrifft den absolut geschützten
Intimbereich.          
Allerdings wäre auch insoweit ein Schutz allein auf solche
Briefe zu erstrecken, die intimen Inhalt haben. Ein solches Verbot –
„Briefe mit intimem Inhalt“ – wäre jedoch, entgegen der obigen
Abgrenzung von Bildnissen anhand objektiv zu beurteilender Kriterien, nicht hinreichend
bestimmt nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, da die Frage, ob ein geschriebener Text
dem Bereich der Intim- oder („nur“) der Privatsphäre unterfällt, im
Einzelfall schwierig zu beurteilen ist.          
Ein umfassendes Löschungsgebot, das alle Briefe der Klägerin
an den Beklagten erfasst, wäre wiederum zu weitgehend. Denn die Klägerin hat
dem Beklagten die Briefe aus eigenen Stücken zur Verfügung gestellt. Es ist
auch nicht ungewöhnlich, dass Erinnerungsstücke an eine Beziehung auch nach
Ende der Beziehung aufgehoben werden.          
bb. Die Klägerin kann jedoch aus ihrem Hilfsantrag vom
Beklagten aus den §§ 823, 1004 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 2 GG verlangen,
dass er es künftig unterlässt, die ihm überlassenen privaten Briefe Dritten
zugänglich zu machen.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt vor einer
Beeinträchtigung der Privat- oder Intimsphäre, vor herabsetzenden, vor allem
ehrverletzenden Äußerungen oder davor, dass einem Betroffenen Äußerungen
unterschoben werden, die er nicht getan hat. Besonderen Schutz genießen in
diesem Zusammenhang Briefe oder sonstige private Aufzeichnungen. Sie dürfen in
der Regel nicht ohne Zustimmung des noch lebenden Verfassers veröffentlicht
werden (BGHZ 13, 334, 341 – Leserbrief; KG Berlin, Urt. v. 18.04.2011 – 10 U
149/10, ZUM 2011, 570, Rn. 4 – juris).     
Dieser Bereich ist jedoch nicht absolut geschützt, sondern –
wie auch im Übrigen – ist eine Abwägung der sich gegenüber stehenden Interessen
erforderlich. Wesentlicher Abwägungsfaktor ist hierbei das Gewicht des
öffentlichen Informationsinteresses (KG Berlin, Urt. v. 18.04.2011 – 10 U
149/10, ZUM 2011, 570, Rn. 4 – juris).          
Diese Abwägung fällt vorliegend zu Gunsten der Klägerin aus.
Insoweit war zu berücksichtigen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Erstellung
und Absendung der Briefe minderjährig war und diese im Vertrauen auf die
private und geheim gehaltene Beziehung der Parteien dem Beklagten überlassen
hat. Ein Informationsinteresse des Beklagten gegenüber der Allgemeinheit oder ein
Interesse der Allgemeinheit ist bezüglich dieser Briefe nicht zu erkennen.       
Auch die für die Unterlassungsansprüche jeweils
erforderliche Wiederholungsgefahr ist gegeben. Im Regelfall indiziert die
Erstbegehung die Wiederholungsgefahr (ständige Rechtsprechung BGH GRUR 1997,
379, 380 (BGH 16.11.1995 – I ZR 229/93) – Wegfall der Wiederholungsgefahr II).
Im Allgemeinen gelingt eine Widerlegung der Wiederholungsgefahr durch Abgabe
einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, die jedoch beklagtenseits verweigert
wurde. Damit zeigt Beklagte, dass nach wie vor Wiederholungsgefahr besteht
(vgl. BGH GRUR 1998, 1045, 1046 (BGH 19.03.1998 – I ZR 264/95) –
Brennwertkessel).        
Die Entscheidung über die Androhung eines Ordnungsmittels
beruht jeweils auf § 890 ZPO.   
Die Klägerin kann vom Beklagten gemäß ihrem Antrag zu 3. aus
§ 242 BGB auch Auskunft darüber verlangen, in welchem Umfang die
Rechtsverletzung gemäß dem Klageantrag zu 1) geschehen ist, jedoch nicht im
begehrten Umfang.         
Nach § 242 BGB kann der Betroffene Auskunft über den
Verbreitungsumfang einer Veröffentlichung verlangen, wenn sie zur
Rechtsverfolgung erforderlich ist und der Verletzer sie unschwer erteilen kann
(Wenzel/Burkhardt, a.a.O., Kap. 15 Rn. 7 m.w.N.).            
Nach diesen Grundsätzen kann die Klägerin vom Beklagten
Auskunft darüber verlangen, in welchem Zeitraum der gemäß Klageantrag zu 1 a)
auf der Facebook-Seite des Beklagten veröffentlichte Text zugänglich war
(Antrag zu 3. a) aa.).    
Genauso kann die Klägerin verlangen, dass der Kläger
Auskunft darüber erteilt, wie viele Aufrufe des Textes erfolgt sind (Antrag zu
3. a) bb.). Der Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass er über diese
Informationen nicht verfüge.           
Die Klägerin kann jedoch nicht Auskunft verlangen, welche
Personen den Text selbst veröffentlicht haben (Antrag zu 3. a) cc.).      
Die Klägerin trägt insoweit vor, dass der Beklagte seine
Leser dazu aufgefordert habe, seinen Beitrag auf die eigene Facebook-Seiten zu
übernehmen, von wo aus dieser weiter habe geteilt werden können (Bl. 22 d.A.).            
Eine solche Aufforderung ergibt sich jedoch weder aus dem
Beitrag in Anlage K3, noch aus dem Beitrag in Anlage K4. Vielmehr fordert der
Kläger seine Leser am Ende seiner Äußerung auf, diesen Beitrag zu
„teilen“, nicht aber ihn auf andere Webseiten zu kopieren. Die
Klägerin hat auch nicht substantiiert vorgetragen, dass Dritte den Beitrag auf
ihre eigene Facebook-Seite übernommen haben. 
Im Übrigen ist Voraussetzung eines Auskunftsanspruchs nach §
242 BGB, dass der Auskunftssuchende nicht Kenntnis von den jeweiligen Umständen
hat, während der in Anspruch Genommene diese Auskunft unschwer erteilen kann.
Es ist vorliegend aber nicht ersichtlich, warum der Beklagte unschwer (und
besser als die Klägerin) Auskunft darüber erteilen können soll, wer seinen
Beitrag in anderer Form als durch ein „Teilen“ übernommen hat.        
Die Klägerin kann vom Beklagten aber auch verlangen, dass er
mitteilt, welchen Personen er den angegriffenen Beitrag aktiv bekannt gemacht
hat (Antrag zu 3. a) dd.) (vgl. dazu Wenzel/Burkhardt, a.a.O., Kap. 15 Rn. 8).   
Die Klägerin hat auch einen Anspruch darauf, dass der
Beklagte ihr mitteilt, welche Briefe und Fotografien der Beklagte von ihr an
Dritte weitergegeben hat (Antrag zu 3. a) ee.).  
Es ist hingegen nicht ersichtlich oder vorgetragen, warum
der Beklagte dazu etwas sagen können soll, in welchem Umfang sein Interview
Verbreitung gefunden hat, insbesondere nicht die Anzahl der Zugriffe hierauf .
Die Klägerin trägt auch nicht vor, dass der Beklagte dazu irgendwelche
Informationen hätte (Antrag zu 3. a) ff.).    
Soweit der Beklagte auf seine möglicherweise bestehende
Schuldunfähigkeit hingewiesen hat, kam es für die hier geltend gemachten
Ansprüche darauf nicht an. Im Übrigen hat der für seine möglicherweise
bestehende Schuldunfähigkeit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. BGH
NJW-RR 2004, 173, 174 (BGH 29.10.2003 – IV ZR 16/03); MünchKommBGB/Wagner, 7.
Aufl. 2017, § 827 Rn. 14 m.w.N.) diesbezüglich keinerlei tatsächlichen Vortrag
gehalten.               
Die Kostenentscheidung war einer Schlussentscheidung
vorzubehalten.          
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt
sich jeweils aus § 709 ZPO.  

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LG Frankfurt a.M.: Zum Recht auf Vergessenwerden

Das LG Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 26.10.2017,
Az.  2-03 O 190/16 entschieden, dass sich
ein  Ex-Geschäftsführer einer Firma nicht
auf das sogenannte Recht auf Vergessen berufen kann. Es besteht gegen Google
kein Anspruch, die Verlinkung zu 6 Jahre alten Presseberichte zu löschen.





Leitsätze:

  1. Der Betreiber einer
    Suchmaschine ist nicht als Access Provider gemäß § 8 TMG anzusehen, da er in
    der Regel den Suchergebnissen nicht neutral gegenüber steht. 
  2. Das Recht auf
    Vergessenwerden gebietet nicht die Entfernung eines Suchergebnisses zu 6 Jahre
    alten Berichten über die Geschäftsführertätigkeit des Betroffenen, wenn ein
    öffentliches Interesse an der Berichterstattung besteht. 
  3. Enthält der hinter dem
    Suchergebnis stehende Beitrag Gesundheitsdaten des Betroffenen, ist eine
    Abwägung im Einzelfall möglich und erforderlich. Hierbei kann es eine Rolle
    spielen, ob die Angaben konkret oder lediglich unkonkret und allgemein sind.
    Zur Subsidiarität des Anspruchs nach dem Recht auf Vergessenwerden. 
  4. § 35 BDSG
    ist mit Blick auf das Recht auf Vergessenwerden nicht abschließend.


Tatbestand:
Die Parteien streiten um Ansprüche auf Entfernung von
Suchergebnissen wegen angeblich rechtsverletzender Inhalte.               
Der Kläger war bis April 2012 Geschäftsführer des A, der
über 500 Beschäftigte und mehr als 35.000 Mitglieder hat und bundesweit der
zweitgrößte Regionalverband des A ist. Der A organisiert und finanziert
Bauprojekte, Einrichtungen und Pflegedienste. 
Die Beklagte zu 2) betreibt die Suchmaschine Google, die
Beklagte zu 1) ist eine deutsche Zweigniederlassung der Beklagten zu 2). Als
Admin-C der Domain www.google.de ist Frau C eingetragen, für die als
„Organisation“ die Beklagte zu 1) angegeben ist. Frau C ist laut
LinkedIn Mitarbeiterin der Beklagten zu 2).     
Im Jahr 2011 wies der A ein finanzielles Defizit von knapp
einer Million Euro auf. Der Kläger meldete sich kurz zuvor aufgrund
gesundheitlicher Probleme krank.     
Über die finanzielle Schieflage berichtete die Presse
wiederholt, teils unter Nennung des Klägers, auf das Anlagenkonvolut K1, Bl. 10
ff. d.A., wird wegen des Inhalts der Berichterstattung Bezug genommen. In der
Berichterstattung der F vom 10.03.2012 heißt es beispielsweise (Bl. 11 d.A.):              
…           
Der Kläger verwendete am 17.05.2015 ein Formular der
Suchmaschine und verlangte die Entfernung von Links (Anlage K3, Bl. 24 d.A.).
Er habe ein Recht auf Anonymität. Mit E-Mail vom 01.09.2015 verlangte der
vorgerichtlich Bevollmächtigte des Klägers erneut Löschung. Die Beklagte zu 2)
kam dem Ansinnen teilweise nach, nicht aber in Bezug auf die hier
streitgegenständlichen Links.   
Der Kläger trägt vor, dass bei Eingabe seines Vor- und
Zunamens in die Suchmaschine Google die im Klageantrag genannten URLs
aufgezeigt werden.   
Der Kläger behauptet, die Beklagte zu 1) sei ebenfalls
Betreiberin der Suchmaschine Google.
Der Kläger ist der Auffassung, dass er die Entfernung der
streitgegenständlichen Suchergebnisse auf Grundlage des vom EuGH postulierten
„Rechts auf Vergessenwerden“ verlangen könne. Die Anzeige der Links
beeinträchtige ihn in seinem Persönlichkeitsrecht. Die zugrundeliegenden
Vorfälle seien mittlerweile sechs Jahre her, der letzte Artikel immerhin vier
Jahre. Die streitgegenständlichen Artikel enthielten Angaben zur Gesundheit des
Klägers. Er könne seinen Anspruch auch auf §§ 35 i.V.m. 28, 29 BDSG stützen.   
Die Beklagte zu 1) sei jedenfalls Störerin. Die Beklagten
seien personell miteinander verflochten, so dass auch die Beklagte zu 1) in
Anspruch genommen werden könne. 
Der Kläger beantragt nach teilweiser Umstellung seines
Antrages,       
die Beklagten zu verurteilen, es bei Meldung von
Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft
bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen,
folgende URLs bei den Suchergebnissen Ihrer Suchmaschine in Deutschland bei
einer Suche nach dem Vor- und Zunamen des Klägers, sowohl isoliert als auch in
Verbindung mit den geographischen Angaben Frankfurt und/oder Wetterau und/oder
Offenbach und/oder Karben und/oder Marburg, anzuzeigen:       
…           
wenn dies geschieht wie in den Suchanfragen in Anlage K1.     
Die Beklagten beantragen,        
die Klage abzuweisen. 
Die Beklagten behaupten, die Beklagte zu 1) sei nicht in der
Lage, die Anzeige der streitgegenständlichen Suchergebnisse zu unterlassen. Die
Entscheidung über die Sperre von Links liege allein bei der Beklagten zu 2).            
Die Beklagten sind der Auffassung, die Klage sei unzulässig,
da der Klageantrag unverständlich und unvollständig sei.               
Der Kläger habe nicht dargelegt, dass eine
„isolierte“ Suche nach seinem Namen zu den streitgegenständlichen
Suchergebnissen führe. Es werde bestritten, dass der Kläger die
streitgegenständlichen Links bei einer isolierten Suche nach seinem Namen
aufgefunden habe. Die Beklagte zu 1) sei nicht passivlegitimiert, da sie keine
Suchmaschine betreibe.               
Der Kläger könne nicht verlangen, dass Suchergebnisse bei
Suche nach seinem Namen in Verbindung mit geographischen Angaben entfernt
würden, sondern ausschließlich bei Suche nach seinem Namen.     
Der Anspruch auf Löschung nach § 35 BDSG sei abschließend.
Die Entscheidung des EuGH „Google Spain“ könne auf Presseartikel
nicht übertragen werden. Der Kläger habe nicht hinreichend konkret auf eine
Rechtsverletzung hingewiesen. Es fehle an einer offensichtlichen
Rechtsverletzung.    
Eine Abwägung falle hier zu Gunsten der Beklagten aus. Die
vom Kläger monierten Äußerungen gäben wahre Tatsachen wieder. Sie beträfen den
Kläger lediglich in seiner Sozialsphäre. Über den konkreten gesundheitlichen
Zustand des Klägers werde nichts offenbart, sensible Gesundheitsdaten im Sinne
von § 35 Abs. 2 Nr. 2 BDSG lägen nicht vor. Es bestehe ein erhebliches
öffentliches Interesse an der Berichterstattung. Die Vorfälle lägen noch nicht
lange zurück. Der Kläger müsse zunächst die Betreiber der angegriffenen
Webseiten in Anspruch nehmen. Die Beklagte sei nach §§ 8 oder 9 TMG von der
Haftung freigestellt.     
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die
zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den
sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.   

Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig.    
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klage nicht
aus dem Grunde wegen eines Verstoßes gegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig,
dass der Klageantrag unvollständig und unverständlich sei, u.a., weil nicht
klar sei, was mit den „und/oder“-Verknüpfungen gemeint sei. Der
Antrag ist jedenfalls in der in der mit Schriftsatz vom 20.10.2016 gestellten
Fassung hinreichend bestimmt und verständlich. Insoweit ist zur Auslegung auch
die Klagebegründung zu beachten. Hieraus ergibt sich hinreichend deutlich, dass
das Begehren des Klägers darin besteht, dass einerseits bei einer Suche nach
seinem Vor- und Zunamen und andererseits bei einer Suche nach einer Kombination
seines Vor- und Zunamens jeweils mit einem der im Antrag genannten Orten die
streitgegenständlichen Links im Suchergebnis nicht angezeigt werden sollen.               
Soweit die Beklagten rügen, dass der Kläger nicht dargelegt
habe, welche Äußerungen er im Einzelnen für rechtswidrig halte und der
Klageantrag deshalb über das Ziel hinausschieße, betrifft dies eine Frage der
Begründetheit, nicht der Zulässigkeit.      
Wenn die Beklagten ferner rügen, dass der Kläger gar nicht
dargelegt habe, dass bei einer „isolierten“ Suche nach seinem Vor-
und Zunamen die streitgegenständlichen Links angezeigt werden, betrifft auch
dies allein die Begründetheit. Im Übrigen hat der Kläger dies vorgetragen und
die Beklagten haben dies nicht bestritten, sondern lediglich fehlenden Vortrag
gerügt.               
Die Klage ist aber unbegründet. Der Kläger hat aus keinem
rechtlichen Grund einen Anspruch gegen die Beklagten auf Unterlassung der
Anzeige der streitgegenständlichen Links.    
1. Die Beklagte zu 1) ist insoweit bereits nicht
passivlegitimiert. Der Kläger hat zunächst vorgetragen, dass die Beklagte zu 1)
die Suchmaschine Google betreibe (S. 4 der Klageschrift, Bl. 4 d.A.), sich
sodann aber darauf bezogen, dass die Beklagte zu 1) eine Zweigniederlassung der
Beklagten zu 2) sei, die die Suchmaschine betreibe. Deshalb sei die Beklagte zu
1) Störerin (S. 8 der Klageschrift, Bl. 8 d.A.). Die Beklagte zu 1) hat
vorgetragen, dass sie die Suchmaschine Google nicht betreibe und die
Entscheidung, welche Suchergebnisse angezeigt werden, allein der Beklagten zu
2) obliege.          
Der Kläger hat sich sodann darauf berufen, dass zwischen den
Beklagten eine personelle Verflechtung bestehe und insbesondere, dass als
Admin-C Frau C eingetragen sei, für die bei der DeNIC als
„Organisation“ die Beklagte zu 1) genannt sei. Allerdings hat der
Kläger auch vorgetragen, dass Frau C nach seinen Erkenntnissen bei der
Beklagten zu 2) tätig ist. Jedenfalls hafte die Beklagte zu 1) aufgrund ihrer
Eigenschaft als Admin-C als Störerin.             
Mit seinem Vortrag hat der Kläger, der insoweit darlegungs-
und beweisbelastet ist, während der Beklagten zu 1) diesbezüglich eine
sekundäre Darlegungslast obliegen kann, die hier erfüllt wäre, nicht
hinreichend dargelegt, dass die Beklagte zu 1), die der Kläger selbst als
Zweigniederlassung bezeichnet, Entscheidungsgewalt über die in der Suchmaschine
angezeigten Ergebnisse hat. Der Kläger hat keine konkreten Anhaltspunkte dafür
vorgetragen, dass die Beklagte zu 1), die – wie der Kammer u.a. aus der
„Google Spain“-Entscheidung des EuGH (EuGH GRUR 2014, 895 – Google
Spain) bekannt ist – nur eines von mehreren Tochterunternehmen der Beklagten zu
2) bzw. der Alphabet-Gruppe ist, Einfluss auf Suchergebnisse nehmen kann.
Dementsprechend kann die Beklagte zu 1) auch nicht als Störerin für die
vorgetragenen Rechtsverletzungen der Beklagten zu 2) haften (vgl. insoweit auch
OLG Köln, Urt. v. 16.10.2016 – 15 U 173/15, Rn. 134 ff. – juris; LG Wiesbaden,
Urt. v. 09.08.2016 – 4 O 7/15, Anlagenkonvolut B3, Bl. 63 d.A.; LG Berlin CR
2015, 124 [LG Berlin 21.08.2014 – 27 O 293/14]; LG Hamburg, Urt. v. 29.01.2016
– 324 O 456/14 Rn. 38 f. – juris).          
Die Beklagte zu 1) haftet auch nicht aus dem Grunde als
Störerin, dass sie als Admin-C für die Domain www.google.de eingetragen ist.
Zum einen ist schon nach dem Vortrag des Klägers als Admin-C nicht die Beklagte
zu 1) eingetragen, sondern Frau C, die für die Beklagte zu 2) tätig sein soll.
Zum anderen ist allein die Stellung als Admin-C nicht ausreichend für eine
Haftung als Störer.       
2. Der Kläger kann auch von der Beklagten zu 2) nicht aus
den §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG die begehrte
Unterlassung der weiteren Anzeige der streitgegenständlichen Links verlangen.
Denn die Rechte des Klägers auf Anonymität und informationelle Selbstbestimmung
als Ausprägungen seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts werden durch die
Beklagte zu 2) bei Abwägung der vorliegenden widerstreitenden Interessen nicht
rechtswidrig verletzt.               
a. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin ist
vorliegend durch die von der Beklagten zu 2) erstellte Ergebnisliste mit den
streitgegenständlichen Treffern beeinträchtigt. Denn das allgemeine
Persönlichkeitsrecht beinhaltet das Recht des Einzelnen, in gewählter
Anonymität zu bleiben und die eigene Person nicht in der Öffentlichkeit
dargestellt zu sehen. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung flankiert
und erweitert den grundrechtlichen Schutz von Verhaltensfreiheit und
Privatheit. Es umfasst die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende
Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb
welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (BGH GRUR 2014,
200 [BGH 05.11.2013 – VI ZR 304/12] Rn. 11 – Mascha S.).    
Nach der Rechtsprechung des EuGH kann der Betreiber einer
Suchmaschine aus dem Grund auf Entfernung von Suchergebnissen haften, dass er
eine zusätzliche Beeinträchtigung des Betroffenen durch die Anzeige der Daten
verursacht, weil der Suchmaschinenbetreiber in der Masse der im Internet
vorhandenen Informationen dem Nutzer überhaupt erst die strukturierte Auffindbarkeit
personenbezogener Daten ermöglicht (EuGH GRUR 2014, 895 Rn. 35 – Google Spain).
Dabei kann die Organisation und Aggregation der im Internet veröffentlichten
Informationen bei einer anhand des Namens einer natürlichen Person
durchgeführten Suche dazu führen, dass die Nutzer der Suchmaschinen mit der
Ergebnisliste einen strukturierten Überblick über die zu der betreffenden
Person im Internet zu findenden Informationen erhalten, anhand dessen sie ein
mehr oder weniger detailliertes Profil der Person erstellen können (EuGH GRUR
2014, 895 Rn. 37 – Google Spain). Die Anzeige solcher Informationen in einem
Suchergebnis kann daher auf der Grundlage des „Rechts auf
Vergessenwerden“ eine zu unterlassende Persönlichkeitsrechtsverletzung
darstellen.     
b. Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 2) ist
auch nicht bereits aus dem Grunde ausgeschlossen, dass sich die Beklagte zu 2)
vorliegend auf die Privilegierung der §§ 8, 9 TMG berufen könnte und ihre
Haftung bereits aus diesem Grunde ausscheidet (im Ergebnis offen gelassen OLG
Köln, Urt. v. 13.10.2016 – 15 U 189/15, BeckRS 2016, 18916 Rn. 91 ff.).               
Zunächst ist festzustellen, dass nach ständiger
Rechtsprechung die §§ 8 ff. TMG nicht auf Unterlassungsansprüche Anwendung
finden (BGH GRUR 2007, 724 – Meinungsforum; BGH GRUR 2009, 1093 – Focus Online;
BGH GRUR 2012, 311 – Blog-Eintrag). Der EuGH hat diese Auffassung im Hinblick
auf die auch §§ 8-10 TMG zu Grunde liegenden Art. 12-15 der
E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG grundsätzlich bestätigt (EuGH EuZW 2016, 821 –
McFadden; näher dazu LG Frankfurt a.M., Urt. v. 09.02.2017 – 2-03 S 16/16, ZD
2017, 391).
Insoweit kann sich die Beklagte zu 2) auch nicht darauf
berufen, dass der Gesetzgeber im Rahmen des 3. TMG-ÄndG die
Haftungsprivilegierung des § 8 Abs. 1 TMG auf Unterlassungsansprüche ausweiten
wollte (BT-Drs. 18/12202; BT-Drs. 18/12496). Dieses Gesetz war zwar
beschlossen, aber bis zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung
noch nicht im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und damit nicht in Kraft
getreten. Das Gesetz gilt erst ab dem 13.10.2017. Dieser Umstand ist im Termin
zur mündlichen Verhandlung erörtert worden.               
Unabhängig davon, ob § 8 Abs. 1 TMG in der Fassung des 3.
TMG-ÄndG in Kraft ist, kann sich die Beklagte zu 2) im Rahmen des hiesigen
Klagebegehrens nicht auf die Haftungsprivilegierung des § 8 Abs. 1 TMG berufen.
Access Provider nach § 8 TMG ist, wer fremde Informationen in einem
Kommunikationsnetz übermittelt oder zu diesen den Zugang vermittelt und die
Übermittlung nicht veranlasst, den Adressaten der übermittelten Informationen
nicht ausgewählt und die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder
verändert hat. Grundlage für die Privilegierung ist, dass der Access Provider
sich im Hinblick auf die betroffenen Informationen in einer neutralen Rolle
befindet (vgl. OLG Köln, Urt. v. 13.10.2016 – 15 U 189/15, BeckRS 2016, 18916
Rn. 109; LG Frankfurt a.M., Urt. v. 09.02.2017 – 2-03 S 16/16, ZD 2017, 391;
zum Kriterium der Neutralität von Intermediären im Rahmen der Art. 12-15
E-Commerce-Richtlinie Ohly, ZUM 2015, 308).               
Es fehlt hier bereits am Merkmal der „Übermittlung
fremder Informationen in einem Kommunikationsnetz“. Im Streit steht
vorliegend nämlich nicht der Vorgang der Übermittlung fremder Informationen,
worunter man möglicherweise noch den Vorgang der reinen Verlinkung ansehen
könnte, wenn der Nutzer auf einen konkreten Link klickt, sondern die Anzeige
bestimmter Links in einer Ergebnisliste. Diese Ergebnisliste besteht – wie aus
der Akte ersichtlich und der Kammer bekannt ist – aus Links und kurzen
„Snippets“ aus dem Inhalt der hinter den Links liegenden Seiten.
Diese Inhalte übermittelt die Beklagte zu 2) – wie der Kammer bekannt ist –
nicht vom Server des Dritten, der die verlinkte Webseite ins Internet gestellt
hat, sondern von ihren eigenen Servern, da sie die entsprechenden Informationen
auf ihren eigenen Servern gespeichert und indexiert hat (vgl. auch
Sieber/Liesching, Die Verantwortlichkeit der Suchmaschinenbetreiber nach dem
Telemediengesetz, MMR-Beil. 2007, 1, 14). Wenn überhaupt, könnte sich die
Beklagte daher allenfalls auf die Privilegierung des § 9 TMG berufen, der die
Zwischenspeicherung von Daten Dritter umfasst (ebenso Sieber/Liesching, Die
Verantwortlichkeit der Suchmaschinenbetreiber nach dem Telemediengesetz,
MMR-Beil. 2007, 1, 15 ff., 29), aber Unterlassungsansprüche nicht erfasst
(s.o.).    
Es fehlt darüber hinaus – in Auslegung von § 8 Abs. 1 TMG
nach Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck – in Bezug auf die Anzeige der Ergebnisliste
daran, dass die Beklagte zu 2) Informationen „nicht auswählt“. Anders
als derjenige, der den Zugang zum Internet anbietet, vermittelt die Beklagte zu
2) nicht nur in rein neutraler Funktion den Zugang und wäre deshalb als
„neutral“ anzusehen, weil ein Zugriff auf die Masse an Informationen
im Internet ohne Suchmaschinen kaum möglich ist. Die Beklagte zu 2) speichert
und wählt die Informationen in der Ergebnisliste vielmehr – in gewissem Rahmen
– selbst aus. Nach ihren eigenen Bekundungen, die der Kammer bekannt sind,
zeigt die Beklagte zu 2) ihren Nutzern auf deren Interessen abgestimmte
Informationen an, so dass sich das Suchergebnis je nach Person des Suchenden
unterscheiden kann. Nicht jeder Nutzer bekommt bei der Suche nach einem
Suchbegriff eine identische Ergebnisliste. Vielmehr werden bestimmte –
möglicherweise für andere Personen relevantere – Informationen weggelassen oder
erst später in den Ergebnislisten aufgeführt und andere dafür angezeigt. Auch
ist der Kammer bekannt, dass die Beklagte zu 2) ihren Suchalgorithmus z.B.
anpasst, um trotz der Anstrengungen von Anbietern, die für Kunden Webseiten
derart gestalten, dass sie möglichst weit oben in den Ergebnislisten stehen
(„Search Engine Optimization“, SEO), den Suchenden möglichst
„relevante“ Ergebnisse zu präsentieren. Auch die EU-Kommission wirft
der Beklagten zu 2) vor, dass sie in 13 Ländern des Europäischen
Wirtschaftsraums ihre marktbeherrschende Stellung als Suchmaschine missbraucht
habe, indem sie den eigenen Preisvergleichsdienst in den Suchergebnissen
bevorzugt habe (EU-Kommission, MEMO/17/1785,
http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-17-1785_de.htm) und hat hierfür eine
Geldbuße verhängt, was ebenfalls dafür spricht, dass die Beklagte zu 2)
Einfluss auf die Suchergebnisse hat.         
Der Kläger hat im Schriftsatz vom 13.09.2017 auch
vorgetragen, dass die Beklagte zu 2) Einfluss auf die Suchergebnisse nimmt. Die
Beklagte zu 2) hat hierauf nicht mehr erwidert. In Anbetracht der oben
dargestellten Umstände ist daher festzustellen, dass die Beklagte zu 2) den
Informationen, die sie in ihren Suchergebnissen darstellt, nicht rein neutral
gegenübersteht, sondern selbst Einfluss auf die Auswahl der übermittelten Daten
nimmt (vgl. auch näher LG Frankfurt a.M., Urt. v. 09.02.2017 – 2-03 S 16/16, ZD
2017, 391; zur – hier fehlenden – Neutralität von Suchmaschinen vgl. auch
Trentmann, CR 2017, 26, 28 m.w.N.).    
Im Übrigen wird dieses Ergebnis auch durch eine historische
Auslegung gestützt. Die Frage, ob der Suchmaschinenbetreiber sich auf § 8 Abs.
1 TMG berufen kann, ist bereits seit längerer Zeit umstritten (vgl. nur
Sieber/Liesching, Die Verantwortlichkeit der Suchmaschinenbetreiber nach dem
Telemediengesetz, MMR-Beil. 2007, 1 m.w.N.). Der Gesetzgeber hat sich im Jahr
2016 entschieden, in § 8 Abs. 3 TMG klarzustellen, dass Betreiber von
öffentlichen Funknetzwerken (WLAN) in den Anwendungsbereich von § 8 Abs. 1 TMG
fallen sollen (BT-Drs. 18/6745). Hätte der Gesetzgeber das Anzeigen von
Suchergebnissen durch Suchmaschinen in den (streitigen) Anwendungsbereich des §
8 Abs. 1 TMG einschließen wollen, hätte er dies zu diesem Zeitpunkt tun können.
Ferner hat der Gesetzgeber erst kürzlich entschieden, den Anwendungsbereich von
§ 8 Abs. 1 TMG auf Unterlassungsansprüche zu erweitern. In diesem Zusammenhang
war ausschließlich von der Haftung des Betreibers von WLANs nach § 8 Abs. 3 TMG
sowie von „klassischen“ Access Providern die Rede, nicht aber von
Suchmaschinen (vgl. BT-Drs. 18/12202; BT-Drs. 18/12496). Die Ausweitung der
Privilegierung auch für Ergebnislisten der Suchmaschinenbetreiber war
offensichtlich nicht beabsichtigt.               
Im Rahmen des hier geltend gemachten Anspruchs ist die
Beklagte zu 2) daher nicht entsprechend § 8 Abs. 1 TMG privilegiert (vgl.
ebenso OLG Celle CR 2017, 551 [OLG Celle 01.06.2017 – 13 U 178/16]; OLG Köln,
Urt. v. 13.10.2016 – 15 U 189/15, BeckRS 2016, 18916 Rn. 91 ff.; LG Frankfurt
a.M., Urt. v. 09.02.2017 – 2-03 S 16/16, ZD 2017, 391;
Spindler/Schuster-Mann/Smid, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015,
Kap. PresseR Rn. 79 m.w.N.; Spindler/Schuster-Hoffmann, a.a.O., § 8 TMG Rn. 24;
Sieber/Liesching, Die Verantwortlichkeit der Suchmaschinenbetreiber nach dem
Telemediengesetz, MMR-Beil. 2007, 1, 29; die von der Beklagten zu 2) in Bezug
genommene Entscheidung des OLG Köln, Urt. v. 10.08.2017 – 15 U 188/16, Anlage
B10, Bl. 265 d.A., hat eine Nähe zum Access Provider zwar in der Abwägung
berücksichtigt, die Frage aber letztlich ebenfalls offen gelassen).        
Es ist im Übrigen auch vor dem Hintergrund, dass der EuGH
den auf das „Recht auf Vergessenwerden“ gestützten Anspruch aus der
Datenschutzrichtlinie 95/46/EG abgeleitet hat, fraglich, ob sich die Beklagte
zu 2) für diesen Anspruch auf die erweiterte Privilegierung des § 8 Abs. 1 TMG
berufen könnte. Nach Art. 1 Abs. 5 lit. b) der E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG
findet die E-Commerce-Richtlinie nämlich keine Anwendung auf Fragen betreffend
die Dienste der Informationsgesellschaft, die von den Richtlinien 95/46/EG und
97/66/EG erfasst werden. Gemäß dem dies erläuternden ErwGr 40 der
E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG ist der Schutz natürlicher
Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten ausschließlich Gegenstand der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG. Wenn man
also davon ausgeht, dass es sich beim Anspruch aus dem „Recht auf
Vergessenwerden“, auch wenn er vorliegend über §§ 823, 1004 BGB i.V.m. dem
allgemeinen Persönlichkeitsrecht verankert wird, um einen originär
datenschutzrechtlichen Anspruch handelt, wofür auch die Neuregelung in Art. 17
Abs. 1 DS-GVO spricht (dazu Trentmann, CR 2017, 26; Sydow/Peuker, DS-GVO, Art.
17 Rn. 11 ff.) könnte es für die Beklagte zu 2) ausgeschlossen sein, sich auf
Art. 12 der E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG, der § 8 Abs. 1 TMG zu Grunde
liegt, zu berufen (vgl. auch Sartor, IDPL 2013, Vol. 3, No. 1, 3, der für einen
vermittelnden Ansatz plädiert). Hierfür könnte auch sprechen, dass der EuGH
weder in der Sache „Google Spain“ (EuGH GRUR 2014, 895 – Google
Spain) noch in der Sache „Manni“ (EuGH CR 2017, 395 – Manni) die
Privilegierungen in Art. 12-15 der E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG erwähnt
hat, obwohl dort jeweils die Beklagte zu 2) als Intermediärin Partei war.
c. Der Kläger kann von der Beklagten dennoch nicht die
begehrte Unterlassung verlangen, da die Beklagte zu 2) nicht als Störerin
anzusehen ist. Mittelbarer Störer ist, wer, ohne unmittelbarer Störer zu sein
in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des
Rechtsguts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder
Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen,
sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit
zur Verhinderung dieser Handlung hatte (BGH GRUR 2016, 104 [BGH 28.07.2015 – VI
ZR 340/14]). Die Haftung als mittelbarer Störer darf aber nicht über Gebühr auf
Dritte erstreckt werden, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst
vorgenommen haben. Sie setzt deshalb die Verletzung von Verhaltenspflichten,
insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob
und inwieweit dem als mittelbaren Störer in Anspruch Genommenen nach den
Umständen des Einzelfalls eine Verhinderung der Verletzung zuzumuten ist (BGH
GRUR 2016, 855 – Ärztebewertungsportal III m.w.N.). Dies gilt auch für den Betreiber
einer Suchmaschine (vgl. BGH GRUR 2010, 628 – Vorschaubilder I; OLG Köln NJOZ
2016, 1814 Rn. 51).              
aa. Eine Haftung des Suchmaschinenbetreibers greift deshalb
erst, wenn der Betreiber einer Suchmaschine konkret auf die Rechtsverletzung
hingewiesen worden ist und für den Betreiber hierdurch die behauptete
Rechtsverletzung im Rahmen seiner Prüfung offensichtlich erkennbar ist (LG
Frankfurt a.M., Urt. v. 09.02.2017 – 2-03 S 16/16, ZD 2017, 391). Das
Inkenntnissetzungsschreiben des Betroffenen muss daher so detailliert über den
Sachverhalt informieren, dass sich die behauptete Rechtsverletzung sowohl in
tatsächlicher Hinsicht eindeutig darstellt als auch in rechtlicher Hinsicht die
nicht hinzunehmende Beeinträchtigung des Betroffenen auf der Hand liegt. Auf
Grund dieser Anforderungen darf sich der Betroffene folglich nicht darauf
beschränken, die beanstandeten Links zu nennen und zu behaupten, er werde durch
die Inhalte auf den durch die Links nachgewiesenen Seiten in seinen
Persönlichkeitsrechten verletzt (OLG Köln NJOZ 2016, 1814 Rn. 70). Ausreichend
kann insoweit im Klageverfahren auch die Inkenntnissetzung durch die
Klagebegründung sein (OLG Köln, Urt. v. 10.08.2017 – 15 U 188/16, S. 16, Anlage
B10, Bl. 265 d.A.). Diese Anforderungen sind hier erfüllt, nachdem der Kläger
die streitgegenständlichen Links und die dahinter liegenden Inhalte moniert und
sich insoweit auf eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts und
einen Anspruch auf Grundlage des „Rechts auf Vergessenwerden“ berufen
hat.           
bb. Der Kläger stützt seinen Anspruch auf eine Verletzung
seines Persönlichkeitsrechts. Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als
Rahmenrecht liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch
eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt
werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen
Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention
(EMRK) interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das
Persönlichkeitsrecht ist daher grundsätzlich nur dann rechtswidrig, wenn das
Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite
überwiegt (BGH GRUR 2016, 855 – Ärztebewertungsportal III m.w.N.).      
Auf Seiten des Betreibers einer Suchmaschine ist das eigene
wirtschaftliche Interesse am Betrieb der Suchmaschine zu berücksichtigen, das
für sich allein die grundrechtlich geschützte Position des Klägers nicht
überwiegen kann. Darüber hinaus kann sich die Beklagte zu 2) zwar nicht selbst
auf das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen. Denn anders als beim Betrieb
eines Bewertungsportals, welches aus Sicht des Nutzers den Anspruch erhebt, ein
vollständiges Bild über die abgegebenen und den vorgegebenen Richtlinien
entsprechenden Nutzerbewertungen zu zeichnen, besteht die Arbeit einer
Suchmaschine in einer rein technischen Verbreitung, deren Schutz durch Art. 5
Abs. 1 GG jedenfalls fraglich sein dürfte (OLG Köln, Urt. v. 31.05.2016 – 15 U
197/15, Rn. 62 m.w.N.). Allerdings sind auf Seiten der Beklagten zu 2) die
durch den Betreiber einer Suchmaschine gewährleisteten Rechte der Autoren und
Seiteninhaber zu berücksichtigen, deren Recht aus Art. 5 Abs. 1 GG auch den
Anspruch beinhaltet, mit ihrer Meinung gehört bzw. gefunden zu werden, bei
Medienorganen ferner das Recht auf Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG. Weiter
sind die Ansprüche der Nutzer zu berücksichtigen, die sich im Rahmen ihrer
Suche über im Netz vorgehaltene Inhalte informieren wollen (LG Frankfurt a.M., Urt.
v. 09.02.2017 – 2-03 S 16/16, ZD 2017, 391).
cc. Die hiernach gebotene Abwägung fällt vorliegend zu
Lasten des Klägers aus.           
Der Kläger wendet sich im Wesentlichen dagegen, dass bei
Suche nach seinem Namen durch die Beklagte zu 2) offenbart wird, dass er im
Jahr 2011, als der A in finanzielle Schwierigkeiten geriet, deren
Geschäftsführer war, ferner, dass er aufgrund einer Erkrankung nicht erreichbar
war, wobei die Erkrankung länger dauerte und eine Rehabilitationsmaßnahme
erforderlich machte. Diese über ihn getätigten Angaben sind sämtlich wahr.   
Durch die betroffenen Angaben und die Anzeige der
streitgegenständlichen Links in den Suchergebnissen ist der Kläger in seinem
allgemeinen Persönlichkeitsrecht betroffen. Die Beeinträchtigung ist aber in
der Abwägung der konkreten Umstände des Einzelfalls nicht als rechtswidrig
anzusehen.      
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Umstand, dass der
Kläger Geschäftsführer des A war, der Sozialsphäre des Klägers entstammt (zum
Anspruch der ehemaligen Geschäftsführerin einer Gesellschaft, über die kritisch
berichtet wurde OLG Celle NJW-RR 2017, 362 [OLG Celle 29.12.2016 – 13 U 85/16]
Rn. 16; ähnlich bei OLG Köln, Urt. v. 31.05.2016 – 15 U 197/15, Rn. 59 – juris;
LG Berlin NJOZ 2016, 534; vgl. zum Recht auf Vergessenwerden bei Daten aus der
Sozialsphäre auch OLG Köln, Urt. v. 10.08.2017 – 15 U 188/16; OLG Köln NJOZ
2016, 1814; OLG Celle, Urt. v. 01.06.2017 – 13 U 178/16 Rn. 21 – juris).  
Weiter ist einzustellen, dass – wie auch die umfassende
Berichterstattung gezeigt hat – ein erhebliches öffentliches Interesse daran
besteht, wenn und vor welchem Hintergrund über eine finanzielle Schieflage des
A berichtet wird. Denn der A als Ganzes ist in der Öffentlichkeit überaus
bekannt und für vielfältige soziale Tätigkeiten von Bedeutung. Dass also ein
großer Regionalverband des A finanzielle Schwierigkeiten hat, kann eine
Vielzahl von Personen unmittelbar betreffen, die von diesen Dienstleistungen
abhängig sind.              
Zu Gunsten des Klägers war aber zu berücksichtigen, dass es
sich bei der Angabe, dass der Kläger – längerfristig – erkrankt war, um besondere
Daten im Sinne von § 3 Abs. 9 BDSG, nämlich Gesundheitsdaten, handelt. Die
Veröffentlichung von besonderen Daten im Sinne von § 3 Abs. 9 BDSG ist nämlich
geeignet, den Betroffenen in besonderem Maße zu beeinträchtigen (vgl. ErwGr 33
der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG). Dies ist auch im Rahmen des „Rechts
auf Vergessenwerden“ einzubeziehen (Art. 29-Gruppe, WP 225, S. 5 f., 17).           
Zu den Gesundheitsdaten gehören nicht nur einzelne
Krankheiten sowie Ablauf und Inhalt einer medizinischen Behandlung, sondern
auch die Angabe, ob eine bestimmte Person (inzwischen) genesen oder überhaupt
völlig gesund ist (Simitis, BDSG, 8. Aufl. 2014, § 3 Rn. 260 m.w.N.).
„Sensitiv“ sind in diesem Zusammenhang alle Angaben, die direkt oder
indirekt Informationen zur Gesundheit vermitteln (Simitis, a.a.O., § 3 Rn. 263
m.w.N.). Die Betroffenheit von Gesundheitsdaten an sich führt jedoch nicht
dazu, dass die Verwendung der Daten per se unzulässig ist (ebenso Hof Den Haag,
Urt. v. 23.05.2017, ECLI:NL:GHDHA:2017:1360; wohl auch Art. 29-Gruppe, WP 225,
S. 5 f., 17; zur Problematik eingehend Kulk/Borgesius, Privacy, Freedom of
Expression, and the Right to Be Forgotten in Europe, in:
Polonetsky/Tene/Selinger, Cambridge Handbook of Consumer Privacy, abrufbar
unter https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2923722 m.w.N.).
Vielmehr ist auch insoweit eine Abwägung im Einzelfall geboten (vgl. BGH GRUR
2017, 304 Rn. 9 ff., 15 ff., 26 ff. – Michael Schumacher). So hat der BGH
beispielsweise darauf abgestellt, ob durch eine Berichterstattung über den
gesundheitlichen Zustand eines ehemaligen Rennfahrers dem Leser konkrete
Informationen über die (vermeintlichen) Auswirkungen eines erlittenen
Schädel-Hirn-Traumas auf den Gesundheitszustand und über das genaue Ausmaß der
gesundheitlichen Beeinträchtigungen vermittelt wird (BGH GRUR 2017, 304 Rn. 11
– Michael Schumacher). Solch konkrete Angaben hätten in der Öffentlichkeit
nichts zu suchen (BGH GRUR 2017, 304 Rn. 16 – Michael Schumacher). Zu
berücksichtigen kann insoweit auch sein, ob der Betroffene selbst Angaben zu
seinem Gesundheitszustand veröffentlicht und diese damit selbst der
Öffentlichkeit preisgegeben hat (BGH GRUR 2017, 304 Rn. 13 – Michael
Schumacher). Eine solche Selbstöffnung soll in Bezug auf die dem Leser konkret
vermittelten Informationen aber nicht bereits dann vorliegen, wenn der
Betroffene nur allgemeine Angaben zu seinem Gesundheitszustand gemacht hat (BGH
a.a.O.). Weiter kann in die Abwägung das öffentliche Interesse an den Angaben
auch zum Gesundheitszustand einzustellen sein (BGH GRUR 2017, 304 [BGH
29.11.2016 – VI ZR 382/15] Rn. 27 – Michael Schumacher).  
Die Angaben zur Erkrankung des Klägers sind vorliegend wenig
konkret. Offenbart wird lediglich, dass der Kläger länger erkrankt ist und
„Reha-Maßnahmen“ durchführt. Zwar handelt es sich um
Gesundheitsdaten, jedoch gerade nicht um Angaben, die das genaue Ausmaß der
gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers offenbaren. Das hohe
öffentliche Interesse an der Berichterstattung über die finanzielle Schieflage
des A umfasst hier – auch aufgrund der Art und Weise der Berichterstattung –
auch die gesundheitsbezogenen Angaben. In der Berichterstattung wird
insbesondere darauf Bezug genommen, dass der Kläger in der aktuellen Schieflage
nicht zur Verfügung stehe. Der Landesgeschäftsführer des A wird mit den
Aussagen wiedergegeben, dass aufgrund der Erkrankung lediglich schriftlicher
Kontakt bestehe, ein persönliches Gespräch aber vorteilhaft gewesen wäre. Es
fehle jemand, der Auskunft geben kann. An diesen Angaben und dem zu Grunde
liegenden Sachverhalt, nämlich der Erkrankung des Klägers, besteht ebenfalls
ein hohes öffentliches Interesse, da das Fehlen des Geschäftsführers des A in
einer Krisensituation und seine Verfügbarkeit als Auskunftsperson über die Hintergründe
der finanziellen Schieflage auch die Frage betreffen, ob und wie schnell der A
die finanzielle Schieflage überwinden und seinen Aufgaben weiter nachgehen
kann.    
Nach alledem muss der Kläger vorliegend die Anzeige der
streitgegenständlichen Suchergebnisse durch die Beklagte zu 2) hinnehmen.     
dd. Auch unter Berücksichtigung des „Rechts auf
Vergessenwerden“ und der Rechtsprechung des EuGH fällt die Abwägung nicht
zu Gunsten des Klägers aus. Denn auch insoweit überwiegt das öffentliche Interesse
an der Auffindbarkeit der betroffenen Artikel das Interesse des Klägers an
deren Nichtauffindbarkeit. In diesem Zusammenhang ist zusätzlich einzustellen,
dass der Vorfall hier sechs Jahre zurück liegt, die letzte Berichterstattung
sogar lediglich ca. vier Jahre. Der Fall „Google Spain“ des EuGH
betraf hingegen Angaben zum dortigen Kläger, die immerhin 16 Jahre zurück lagen
und deren Informationszweck bereits erfüllt war. In der Rechtsprechung sind
bisher Löschungsbegehren erörtert worden, bei denen der betroffene Vorfall –
bei jeweils bestehendem öffentlichen Interesse – jeweils lediglich vier (LG
Wiesbaden, Urt. v. 09.08.2016 – 4 O 7/15, Anlagenkonvolut B3, Bl. 63 d.A.),
sechs (OLG Köln, Urt. v. 31.05.2016 – 15 U 197/15), sieben (OLG Celle NJW-RR 2017,
362 [OLG Celle 29.12.2016 – 13 U 85/16]) oder acht Jahre (OLG Köln, Urt. v.
10.08.2017 – 15 U 188/16, Anlage B10, Bl. 265 d.A.) zurück lag. Diese wurden
jeweils aufgrund des fehlenden hinreichenden Zeitablaufs nicht nach dem
„Recht auf Vergessenwerden“ als begründet angesehen. So war dies aus
den oben genannten Gründen auch hier zu berurteilen.      
3. Der Kläger kann von der Beklagten zu 2) auch nicht aus
den §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 29 BDSG die Unterlassung der Anzeige der
beanstandeten Suchergebnisse verlangen.    
Zwar hat die Beklagte zu 2) personenbezogene Daten des
Klägers erhoben, verarbeitet und übermittelt. Die geschäftsmäßige Erhebung der
Daten zum Zwecke der Übermittlung ist jedoch nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG
zulässig, deren Übermittlung durch die Beklagte an die Nutzer in Form einer
Ergebnisliste nach § 29 Abs. 2 BDSG.       
a. Vorliegend ist auf die Nutzung der Daten durch die
Beklagte zu 2) § 29 BDSG und nicht § 28 BDSG anwendbar (vgl. insoweit OLG Köln,
Urt. v. 31.05.2016 -15 U 197/15 Rn. 88 ff. m.w.N.). 
b. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG ist das geschäftsmäßige
Erheben, Speichern, Verändern oder Nutzen personenbezogener Daten zum Zwecke
der Übermittlung zulässig, wenn die Daten aus allgemein zugänglichen Quellen
entnommen werden können, es sei denn, dass das schutzwürdige Interesse des
Betroffenen an dem Ausschluss der Erhebung, Speicherung oder Veränderung
offensichtlich überwiegt. Dies war hier der Fall, nachdem die Angaben über den
Kläger in im Internet abrufbaren Veröffentlichungen zugänglich gemacht wurden.
Das Interesse des Klägers als Betroffenem überwiegt insoweit nicht. Auf die
obigen Ausführungen wird verwiesen.
c. Auch die Datenübermittlung durch die Beklagte zu 2) an
die Nutzer war zulässig. Nach § 29 Abs. 2 BDSG ist die Übermittlung im Rahmen
der Zwecke nach § 29 Abs. 1 BDSG zulässig, wenn der Dritte, dem die Daten
übermittelt werden, ein berechtigtes Interesse an ihrer Kenntnis glaubhaft
dargelegt hat und kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein
schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung hat.    
Insoweit ist nach der Rechtsprechung in verfassungskonformer
Auslegung von § 29 Abs. 2 BDSG in Abweichung vom Wortlaut der Regelung nicht
erforderlich, dass die Nutzer einer Suchmaschine an den übermittelten
Informationen ein berechtigtes Interesse glaubhaft darlegen können, da § 29
Abs.1 S. 2 BDSG bei Suchmaschinen – ebenso wie bei Bewertungsportalen –
dahingehend auszulegen ist, dass es auf eine Abwägung des Persönlichkeitsrechts
des Betroffenen mit dem Informationsinteresse der Suchmaschinennutzer und dem
Interesse des Suchmaschinenbetreibers an einer Übermittlung der Daten führt
(OLG Köln, Urt. v. 31.05.2016 – 15 U 197/15 Rn. 95 ff. unter Bezug auf BGH NJW
2009, 2888 – spickmich.de). 
Der Übermittlung der Daten durch die Beklagte zu 2) an die
anfragenden Nutzer stehen schutzwürdige Interessen des Klägers nicht entgegen.
Schutzwürdige Interessen des Betroffenen, die bei der im Rahmen von § 29 Abs. 2
Nr. 2 BDSG vorzunehmenden Abwägung zu berücksichtigen sind, können in der
Wahrung seines Persönlichkeitsrechts, aber auch in der Abwehr von
wirtschaftlichen Nachteilen liegen, die bei der Veröffentlichung der Daten zu
besorgen sind. Bietet die am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausgerichtete
Abwägung keinen Grund zu der Annahme, dass die Übermittlung der in Frage
stehenden Daten zu dem damit verfolgten Zweck schutzwürdige Belange des
Betroffenen beeinträchtigt, ist die Übermittlung zulässig. 
Es ist daher auch hier eine Abwägung des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts des Klägers, des wirtschaftlichen Interesses der
Beklagten zu 2) sowie der von ihrer Tätigkeit ermöglichten bzw. unterstützten
Rechte auf Presse-, Informations- und Kommunikationsfreiheit der Nutzer nach
Art. 5 Abs. 1 GG vorzunehmen. Diese Abwägung fällt ebenfalls zu Lasten des
Klägers aus, auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen. Dies gilt auch
mit Blick auf die EuGH-Entscheidung „Google Spain“.              
4. Der Kläger kann von der Beklagten auch nicht gestützt auf
§ 35 Abs. 1 BDSG die Unterlassung der Anzeige der streitgegenständlichen Links
verlangen.             
Der in § 35 Abs. 1 BDSG normierte Anspruch auf Löschung
personenbezogener Daten, entspricht nicht dem Rechtsschutzziel des Klägers. Er
macht keine Verpflichtung der Beklagten geltend, eine eventuell vorhandene
statische Ergebnisliste in ihrem Speicher zu löschen, sondern will unter
Berufung auf das „Recht auf Vergessenwerden“ erreichen, dass die
Beklagte zu 2) bei Eingabe der beanstandeten Suchbegriffe im Rahmen einer
Internetsuche den Nutzern bestimmte Ergebnisse nicht mehr anzeigt. Insofern
kann ein Löschungsanspruch der Klägerin, der sich lediglich auf die auf den
Servern der Beklagten vorgehaltenen Informationen beziehen kann, dieses Ziel nicht
erreichen. Denn da die Tätigkeit der von der Beklagten betriebenen Suchmaschine
einen dynamischen Prozess darstellt, bei dem das Internet wiederholt durchsucht
und indexiert und hiervon ausgehend jeweils eine (neue) Ergebnisliste erstellt
wird, würde die Beklagte zu 2) nach Löschung der beanstandeten Treffer von
ihren Servern nach dem nächsten Indexierungsvorgang und bei einer erneuten
Suche diesen Treffer wieder an die Nutzer übermitteln können. Ein solches
Verhalten kann lediglich mit einem Unterlassungsanspruch verhindert werden, da
die Beklagte zu 2) dann verpflichtet wäre, dafür zu sorgen, dass der
entsprechende Treffer bei einer erneuten Suche künftig nicht mehr auf der
Ergebnisliste erscheint (vgl. OLG Köln, Urt. v. 31.05.2016 – 15 U 197/15, Rn.
105).         
Schon vor diesem Hintergrund war auch dem Argument der
Beklagten zu 2), dass § 35 BDSG abschließend sei und andere Ansprüche ohnehin
schon ausschieden, nicht zu folgen.            
5. Es kam im Ergebnis auch nicht mehr darauf an, ob der
Anspruch gegen die Beklagte zu 2) lediglich subsidiär geltend gemacht werden
kann (in diesem Sinne OLG Köln, Urt. v. 10.08.2017 – 15 U 188/16, das von einer
Ähnlichkeit von Suchmaschinen zu Access Providern ausgeht, dazu BGH GRUR 2016,
268 – Störerhaftung des Access Providers; gegen eine Subsidiarität OLG Celle CR
2017, 551 [OLG Celle 01.06.2017 – 13 U 178/16] Rn. 15). Allerdings hat der EuGH
in seiner Entscheidung „Google Spain“ deutlich gemacht, dass durch
die Anzeige der Suchergebnisse in Suchmaschinen ein eigener, sogar intensiverer
Eingriff besteht als bei der Ursprungsveröffentlichung (EuGH GRUR 2014, 895 Rn.
37 f. – Google Spain). Dies begründet er insbesondere durch die Möglichkeit,
dass der Nutzer durch die aggregierte und konzentrierte Information bei Suchmaschinen
zu einer Person die Gefahr einer Profilbildung bestehe (EuGH GRUR 2014, 895 Rn.
37 f. – Google Spain). Wenn jedoch dem Suchmaschinenbetreiber eine eigene,
sogar intensivere Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrecht des Betroffenen
vorzuwerfen ist, kann der Betroffene nicht ohne Weiteres darauf verwiesen
werden, zunächst einen Dritten in Anspruch zu nehmen. Im Übrigen wird auf die
obigen Ausführungen verwiesen.  
6. Weiter kam es nicht mehr darauf an, ob der Kläger das
„Recht auf Vergessenwerden“ allein auf die „isolierte“
Suche nach seinem Namen stützen oder auch Ergebnisse bei der Suche mit weiteren
Angaben (hier Ortsangaben) verbieten lassen kann (ablehnend OLG Köln, Urt. v.
10.08.2017 – 15 U 188/16).    
7. Auch kam es nicht mehr darauf an, ob der Kläger seinen
Antrag lediglich auf die Domain „google.de“ beschränken musste,
worauf die Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung hingewirkt haben
(dagegen OLG Köln, Urt. v. 16.10.2016 – 15 U 173/15, Rn. 101 ff.).   
8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, da der Kläger
voll unterlegen ist.        

9. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt
sich aus § 709 ZPO.