Kategorien
Uncategorized

LG Köln – Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsverletzung durch Veröffentlichung einer Berichterstattung über angebliche Skandale aus Privatleben von Jogi Löw

Das LG Köln hat mit Urteil
vom 05.07.2017, Az. 28 O 9/17
entschieden, dass dem Trainer der deutschen
Fußballnationalmannschaft Jogi Löw eine Geldentschädigung wegen
Persönlichkeitsverletzung durch Veröffentlichung einer Berichterstattung über
angebliche Skandale aus seinem Privatleben zusteht.  

Der Kläger, Joachim
Löw, ist als der Trainer der deutschen Fußballnationalmannschaft einer der
bekanntesten Deutschen und verfügt in der Öffentlichkeit über einen
einwandfreien Ruf. Im Sommer des Jahres 2016 trennte sich der Kläger von seiner
Ehefrau. Die Beklagte ist verantwortlich für diverse Zeitschriften. Sie
veröffentlichte insgesamt elf Berichterstattungen über den Kläger, die sich
u.a. mit seinem Privat- und Liebesleben, insbesondere mit seiner Ehe, seiner
Trennung von seiner Ehefrau, seinen Urlauben, einem angeblichen Flirt und einer
angeblichen Liaison mit seiner Patentochter beschäftigen und die weit
überwiegend mit Fotos des Klägers bebildert sind, die ihn – auch in Badehose –
während seiner Urlaubreisen am Strand und in einem Straßencafé in Berlin
zeigen. Mit anwaltlichen Schreiben forderte der Kläger die Beklagte erfolgreich
zur Abgabe von strafbewehrten Unterlassungserklärungen auf. Erfolglos blieb
indes die Aufforderung zur Zahlung einer Geldentschädigung i.H.v. mindestens
120.000 Euro. Mit der Klage begehrt der Kläger u.a. die Zahlung einer
angemessenen Geldentschädigung.
Die Berufung ist vor
dem Oberlandesgericht Köln unter dem Aktenzeichen  15 U 103/17 anhängig.
Leitsatz:
Über eine Person des
öffentlichen Lebens (hier: Jogi Löw) darf in größerem Umfang berichtet werden
als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden
Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die
Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat und die Abwägung keine
schwerwiegenden Interessen des Betroffenen ergibt, die einer Veröffentlichung
entgegenstehen. Allerdings kann eine Prominenter, der ständig im Fokus der
medialen Berichterstattung steht, die berechtigte Erwartung haben, nicht auch
noch während des Urlaubs oder eines Café-Besuchs in den Medien abgebildet zu
werden. Eine Berichterstattung, die den Prominenten in Badehose bekleidet zeigt
und die lediglich dessen Privat- und Liebensleben, insbesondere seine Ehe, die
Trennung von seiner Ehefrau, einen angeblichen Flirt und eine angebliche
Liaison mit seiner Patentochter zum Inhalt hat, stellt insoweit eine mit einer Geldentschädigung
auszugleichende Persönlichkeitsrechtsverletzung dar.

Tenor:
Die Beklagte wird
verurteilt, an den Kläger eine Geldentschädigung in Höhe von 220.000,- EUR
nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der
Europäischen Zentralbank seit dem 21.03.2017 zu zahlen.
Die Beklagte wird
verurteilt, an den Kläger weitere 516,69 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten
über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem
21.03.2017 zu zahlen.
Die Kosten des
Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags
vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger ist seit
2006 der Trainer der deutschen Fußballnationalmannschaft, einer der
bekanntesten Deutschen und verfügt in der Öffentlichkeit über einen
einwandfreien Ruf. Im Sommer des Jahres 2016 trennte sich der Kläger von seiner
Ehefrau. Die Beklagte ist verantwortlich für die Zeitschriften „X6“, „X1“,
„X2“, „X3“ und „X4“. Die Zeitschrift „X6“ hatte im ersten Quartal 2016 eine
verkaufte Auflagenhöhe von 369.708 Exemplaren und eine Leserreichweite von 1,79
Millionen. Die Zeitschrift „X1“ hat im ersten Quartal 2016 eine verkaufte
Auflagenhöhe von 254.230 Exemplaren und eine Leserreichweite von 1,35
Millionen. Die Zeitschriften „X2“ und „X3“ hatten im ersten Quartal 2016 eine
verkaufte Auflagenhöhe von 751.748 Exemplaren und eine Leserreichweite von 3,83
Millionen.
In den Ausgaben der
Zeitschrift „X6“ Nr. 31 vom 30.07.2016, Nr. 36 vom 03.09.2016, Nr. 37 vom
10.09.2016 Nr. 5 vom 28.01.2017, in den Ausgaben der Zeitschrift „X1“ Nr. 32
vom 03.08.2016, Nr. 34 vom 17.08.2016, Nr. 37 vom 07.09.2016 und Nr. 42 vom
12.10.2016, in der Ausgabe der Zeitschrift „X2“ Nr. 31 vom 01.08.2016, in der
Ausgabe der Zeitschrift „X3“ Nr. 32 vom 03.08.2016 und in der Ausgabe der
Zeitschrift „X4“ Nr. 32 vom 03.08.2016 veröffentlichte die Beklagte insgesamt
elf Berichterstattungen über den Kläger, die sich u.a. mit seinem Privat- und
Liebesleben, insbesondere mit seiner Ehe, seiner Trennung von seiner Ehefrau,
seinen Urlauben, einem angeblichen Flirt und einer angeblichen Liaison mit
seiner Patentochter beschäftigen und die weit überwiegend mit Fotos des Klägers
bebildert sind, die ihn – auch in Badehose – während seiner Urlaubreisen am
Strand und in einem Straßencafé in Berlin zeigen. Hinsichtlich der Einzelheiten
wird auf die Anlagen K2, K6, K 10, K 14, K 18, K 20, K 22, K 26, K 28, K 30 und
K 38 Bezug genommen.
Mit anwaltlichen
Schreiben vom 19.09.2016, 20.09.2016, 21.09.2016, 22.09.2016, 26.09.2016,
21.10.2016 und vom 08.02.2017 forderte der Kläger die Beklagte erfolgreich zur
Abgabe von strafbewehrten Unterlassungserklärungen auf.
Mit anwaltlichem
Schreiben vom 01.12.2016 forderte der Kläger die Beklagte erfolglos zur Zahlung
einer Geldentschädigung i.H.v. 120.000,- EUR auf.
Der Kläger ist der
Auffassung, dass eine Geldentschädigung in Höhe von mindestens 120.000,- EUR
gerechtfertigt sei, weil die Beklagte – unstreitig – in nur zwei Monaten zehn
Artikel sowie trotz der anhängigen Klage am 28.01.2017 erneut einen Artikel
veröffentlichte, die – so meint er – ausschließlich seine Privatsphäre
beträfen, an der kein seine Interessen überwiegendes öffentliches
Informationsinteresse bestehe, zumal er sich – so behauptet er – weder zu
seinem Privatleben noch zu seiner Trennung öffentlich geäußert habe und seine
Ehefrau ihn nahezu nie zu öffentlichen Auftritten begleitet habe, weder
Interviews gegeben habe noch sonst in der Öffentlichkeit an seiner Seite
präsent gewesen sei. Hinzu komme, dass – unstreitig – sieben von diesen elf –
seines Erachtens – rechtswidrigen Berichterstattungen großformatige
Titelseitenstories waren und dass nahezu alle dieser elf – seines Erachtens –
rechtswidrigen Berichterstattungen mit 24 Paparazzi-Bildern bebildert gewesen
seien, welche – so behauptet er – aus weiter Entfernung mittels Teleobjektiv
oder anderer technischer Hilfsmittel heimlich und ohne seine Kenntnis aufgenommen
worden seien und die ihn – unstreitig – überwiegend mit nacktem Oberkörper in
drei unterschiedlichen Badehosen am Strand oder auf dem Hotelgelände zeigten.
Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte auf sieben Titelseiten –
unstreitig – über sein Liebesleben spekulierte und ihm insbesondere eine Affäre
mit seiner Patentochter andichtete.
Vor diesem Hintergrund
ist er der Meinung, dass die Beklagte sowohl sein Recht am eigenen Bild als
auch seine Privatsphäre schwerwiegend und vorsätzlich verletzt habe. Aufgrund
der Intensität der einzelnen Persönlichkeitsrechtsverletzungen, der Art und
Weise der jeweiligen Veröffentlichung und ihrer hohen Verbreitung sowie
aufgrund des Umstandes, dass die Berichterstattungen über angebliche Skandale
aus seinem privaten Alltag allein den kommerziellen Interessen der Beklagten
und der Befriedigung der Neugier ihrer Leserschaft dienten, sei in Anbetracht
der Tatsache, dass die Beklagte sich aus eigenen wirtschaftlichen Interessen
rücksichtslos und hartnäckig über seine Rechte hinweg gesetzt habe, mindestens
die beantragte Geldentschädigung zuzuerkennen, um sowohl seinem
Genugtuungsinteresse ausreichend Rechnung zu tragen als auch einen echten
Hemmungseffekt zu bewirken. Hinzu komme, dass es sich – so meint er weiter –
bei den seitens der Beklagten eingereichten Berichterstattungen (Anlagen B3 bis
B9) nicht um mit den streitgegenständlichen Berichterstattungen vergleichbare
Artikel handele, zumal er diese vor diesem Rechtsstreit nicht zur Kenntnis
genommen, mithin auch nicht geduldet habe.
Schließlich ist er der
Auffassung, dass die Beklagte ihm vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe
von weiteren 15.460,82 EUR zu erstatten habe, da es sich bei den einzelnen
Abmahnungen nicht um dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG handele.
Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Seiten 25-31 der
Klageschrift, Bl. 25 – 31 GA, sowie Seite 3 f. des Schriftsatzes vom
21.03.2017, Bl. 48 f. GA, Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu
verurteilen, an ihn eine angemessene Geldentschädigung zu zahlen, deren Höhe in
das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die jedoch mindestens 120.000,- EUR
nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der
Europäischen Zentralbank seit dem 21.03.2017 betragen sollte;
2. die Beklagte zu
verurteilen, an ihn 15.460,82 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem
jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 21.03.2017 zu
zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der
Auffassung, dass dem Kläger weder für die einzelnen Artikel noch wegen eines –
vermeintlich – hartnäckigen Verhaltens ihrerseits eine Geldentschädigung
zuzuerkennen sei. Es sei zu berücksichtigen, dass sowohl an dem Kläger als eine
der berühmtesten Persönlichkeiten Deutschlands als auch an seiner Ehefrau ein
erhebliches öffentliches Interesse bestehe und dass der nicht der Privatsphäre
zuzuordnende Umstand, dass sich der Kläger und seine Ehefrau im Sommer 2016
trennten, bundesweit – unstreitig – für Schlagzeilen sorgte. Außerdem sei
hinsichtlich der Beiträge zwischen dem 30.07.2016 und dem 03.08.2016 zu
berücksichtigen, dass sich die streitgegenständlichen Beiträge nicht nur mit
der Urlaubssituation des Klägers beschäftigten, sondern auch einen Bezug zu der
vergangenen Europameisterschaft, dem Erholungsbedürfnis des Klägers danach und
zu der während der Europameisterschaft nicht anwesenden Ehefrau des Klägers
hätten. Die Artikel, die zwischen dem 17.08.2016 und dem 10.09.2016 erschienen,
beschäftigten sich sodann mit der zwischenzeitlich bekannt gewordenen Trennung
des Klägers von seiner Ehefrau. Hierbei handele es sich insgesamt um Themen,
deren Berichterstattung von einem hohen Informationsinteresse getragen werde,
zumal der Kläger mit Ausnahme des Artikels, welcher ihm eine Liaison mit seiner
Patentochter unterstelle, in einem positiven Licht dargestellt werde. Zudem sei
zu beachten, dass der Kläger – unstreitig – Anfang Oktober 2016 in der „X5“ zu
der Trennung von seiner Ehefrau Stellung nahm, was von anderen Medien
aufgegriffen wurde, und auch bei anderen Gelegenheiten zu seinem Privatleben
Stellung nahm. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlagen B1 und B2
sowie B10 Bezug genommen. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass – so meint
sie – mit den streitgegenständlichen Fotos vergleichbare Aufnahmen in den
letzten Jahren von anderen Medien veröffentlicht worden seien, ohne dass sich
der Kläger – unstreitig – bislang hiergegen wehrte. Hinsichtlich der
Einzelheiten wird auf die Anlagen B3 bis B9 Bezug genommen. Schließlich ist sie
der Meinung, dass auch der Umstand, dass der Kläger – unstreitig – wiederholt
seinen Urlaub mit seiner deutlich jüngeren Patentochter verbrachte, vor dem
Hintergrund seines diesbezüglichen Auftretens am Strand und der Trennung von
seiner Ehefrau ein berichtenswerter Umstand gewesen sei. Hinsichtlich der
Einzelheiten der diesbezüglichen Argumentation wird auf die Seiten 5 und 8 des
Schriftsatzes vom 25.04.2017 Bezug genommen. Außerdem sei zu beachten, dass der
Kläger auf den streitgegenständlichen Fotos äußerst vorteilhaft aussehe, diese
– mit Ausnahme derjenigen in der Zeitschrift „X6“ Nr. 5/2017 – in einem
öffentlichen Raum gefertigt worden seien und diese hinsichtlich der jeweils
beschriebenen Urlaubssituation eine Belegfunktion hätten. Hinzu komme
schließlich, dass der Kläger – so behauptet die Beklagte – sich – wie das am
02.10.2016 veröffentlichte Interview (Anlage B10) zeige – an den
streitgegenständlichen Berichterstattungen nicht in der erforderlichen
erheblichen Art störe, sodass eine Geldentschädigung mangels
Genugtuungsinteresses nicht zuzuerkennen sei.
Zuletzt ist die
Beklagte der Meinung, dass hinsichtlich der seitens des Klägers geltend
gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten bezüglich der
Unterlassungsansprüche aufgrund eines einheitlichen Auftrags dieselbe
Angelegenheit i.s.d. § 15 Abs. 2 RVG vorliege.
Wegen der weiteren
Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist weit
überwiegend begründet.
1.
Der Kläger hat gegen
die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung gemäß § 823
Abs. 1 BGB i.V.m. Artt. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG in Höhe von 220.000,- EUR.
Eine schuldhafte
Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts begründet einen auf den
grundgesetzlichen Gewährleistungen der Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG fußenden
(vgl. BVerfG, NJW 2004, 591) Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich
um einen schwerwiegenden Eingriff handelt, die Beeinträchtigung nicht in
anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann und deswegen eine
Geldentschädigung erforderlich ist. Ob ein derart schwerer Eingriff anzunehmen
und die dadurch verursachte nicht vermögensmäßige Einbuße auf andere Weise
nicht hinreichend ausgleichbar ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des
Einzelfalles beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und
Tragweite des Eingriffs, also das Ausmaß der Verbreitung der Veröffentlichung,
die Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- oder Rufschädigung des
Verletzten, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines
Verschuldens zu berücksichtigen. Außerdem ist der besonderen Funktion der Geldentschädigung
bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen Rechnung zu tragen, die sowohl in einer
Genugtuung des Verletzten für den erlittenen Eingriff besteht als auch ihre
sachliche Berechtigung in dem Gedanken findet, dass das Persönlichkeitsrecht
gegenüber erheblichen Beeinträchtigungen anderenfalls ohne ausreichenden Schutz
bliebe. Zudem soll die Geldentschädigung der Prävention dienen. Dabei ist
allerdings zu berücksichtigen, dass die Geldentschädigung nicht eine Höhe
erreichen darf, die die Pressefreiheit unverhältnismäßig einschränkt (vgl. BGH,
NJW 2015, 2500; NJW 2014, 2029).
a.
Diese Voraussetzungen
liegen hinsichtlich der angegriffenen Bildberichterstattungen vor.
Die Zulässigkeit der
Bildveröffentlichung beurteilt sich nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§
22, 23 KUG (vgl. BGH, GRUR 2009, 150; NJW 2012, 762).
Bildnisse einer Person
dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 S. 1
KUG). Das Recht am eigenen Bild ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts. Daraus ergibt sich, dass grundsätzlich allein dem
Abgebildeten die Befugnis zusteht, darüber zu befinden, ob und in welcher Weise
er der Öffentlichkeit im Bild vorgestellt wird (vgl. BGH, a.a.O.).
Der Kläger hat
unstreitig nicht gemäß § 22 S. 1 KUG in die Veröffentlichung der Aufnahmen
eingewilligt.
Bei den
streitgegenständlichen Bildnissen handelt es sich nicht um Bildnisse der
Zeigeschichte i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG.
Bei der Beurteilung, ob
Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG
vorliegen, ist eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1
Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK und den Rechten der Presse aus Art. 5
Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK vorzunehmen, weil § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG nach Sinn und
Zweck der Regelung und nach der Intention des Gesetzgebers in Ausnahme von dem
Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse
der Öffentlichkeit und auf die Rechte der Presse nimmt. Dabei ist der
Beurteilung ein normativer Maßstab zu Grunde zu legen, welcher der
Pressefreiheit und zugleich dem Schutz der Persönlichkeit und ihrer
Privatsphäre ausreichend Rechnung trägt (vgl. BGH, a.a.O.).
Der Kläger ist zwar auf
Grund seiner Tätigkeit als Bundestrainer als Person des öffentlichen Interesses
anzusehen.
Diese Einstufung hat
auch nach der Rechtsprechung des BVerfG (GRUR 2008, 539) zur Folge, dass über
eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere
Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit
Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende
Sachdebatte hat und die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des
Betroffenen ergibt, die einer Veröffentlichung entgegenstehen.
Maßgebend für die
Frage, ob es sich bei den veröffentlichten Fotos um Bildnisse aus dem Bereich
der Zeitgeschichte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG handelt, ist das Zeitgeschehen.
Dieses ist vom Informationsinteresse der Öffentlichkeit her zu bestimmen und
umfasst nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung oder
spektakuläre und ungewöhnliche Vorkommnisse, sondern ganz allgemein alle Fragen
von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Auch durch unterhaltende Beiträge
kann Meinungsbildung stattfinden. Solche Beiträge können die Meinungsbildung
unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene
Informationen. Selbst die Normalität des Alltagslebens prominenter Personen
darf der Öffentlichkeit vor Augen geführt werden, wenn dies der Meinungsbildung
zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen kann (vgl. BGH, a.a.O.).
Das
Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht jedoch nicht schrankenlos. Der
Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten wird durch den Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs
immer zulässig ist. Nicht alles, wofür sich die Menschen aus Langeweile,
Neugier und Sensationslust interessieren, rechtfertigt dessen visuelle
Darstellung in der breiten Medienöffentlichkeit. Wo konkret die Grenze für das
berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen
Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der
jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden (vgl. BGH, a.a.O.).
Dabei gehört es zum
Kern der Pressefreiheit, dass die Presse innerhalb der gesetzlichen Grenzen
einen ausreichenden Spielraum besitzt, in dem sie nach ihren publizistischen
Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht. Dazu zählt
auch die Entscheidung, ob und wie ein Presseerzeugnis bebildert wird.
Bildaussagen nehmen an dem verfassungsrechtlichen Schutz des Berichts teil,
dessen Bebilderung sie dienen. Eine solche Personalisierung bildet ein
wichtiges publizistisches Mittel zur Erregung von Aufmerksamkeit. Sie weckt
vielfach erst das Interesse an Problemen und begründet den Wunsch nach
Sachinformationen. Prominente Personen stehen überdies für bestimmte
Wertvorstellungen und Lebenshaltungen. Sie werden zu Kristallisationspunkten
für Zustimmung oder Ablehnung und erfüllen Leitbild- oder Kontrastfunktion.
Darin hat das öffentliche Interesse an den verschiedensten Lebensbezügen
solcher Personen seinen Grund (vgl. BGH, a.a.O.).
Die Presse- und
Informationsfreiheit ist mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht desjenigen
abzuwägen, in dessen Privatsphäre die Presse unter namentlicher Nennung und
Abbildung eingreift. Durch Abwägung der betroffenen Rechtsgüter ist zu
ermitteln, ob das Informationsinteresse der Öffentlichkeit den Eingriff in die
Privatsphäre nach Art und Reichweite gestattet und ob dieser in angemessenem
Verhältnis zur Bedeutung der Berichterstattung steht. Das
Selbstbestimmungsrecht der Presse umfasst nicht auch die Entscheidung, wie das
Informationsinteresse zu gewichten ist; diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung
mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen obliegt im Fall eines
Rechtsstreits vielmehr den Gerichten (vgl. BGH, a.a.O.).
Je größer der
Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das
Schutzinteresse dessen, über den informiert wird, hinter den
Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch
der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der
Informationswert für die Allgemeinheit ist. Das schließt es freilich nicht aus,
dass je nach Lage des Falls für den Informationswert einer Berichterstattung
auch der Bekanntheitsgrad des Betroffenen von Bedeutung sein kann (vgl. BGH,
a.a.O.).
Kommt es mithin für die
Abwägung maßgeblich auf den Informationswert der Abbildung an, kann, wenn die
beanstandeten Abbildungen im Zusammenhang mit einer Wortberichterstattung
verbreitet worden sind, bei der Beurteilung die zugehörige
Wortberichterstattung nicht unberücksichtigt bleiben (vgl. BGH, a.a.O.).
Art. 5 Abs. 1 GG
gebietet allerdings nicht generell zu unterstellen, dass mit jeder visuellen
Darstellung aus dem Privat- und Alltagsleben prominenter Personen ein Beitrag
zur Meinungsbildung verbunden sei, der es für sich allein rechtfertigte, die
Belange des Persönlichkeitsschutzes zurückzustellen. Bei der Abwägung spielt
eine entscheidende Rolle, ob die Presse eine neue und wahre Information von
allgemeinem Interesse für die öffentliche Meinungsbildung ernsthaft und
sachbezogen erörtert und damit einen Beitrag zu irgendeiner Diskussion von
allgemeinem Interesse für Staat und Gesellschaft leistet oder ob der
Informationswert für die Öffentlichkeit wesentlich in der Unterhaltung ohne
gesellschaftliche Relevanz besteht. Im letzten Fall besteht kein
berücksichtigenswertes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, das eine
Bildveröffentlichung entgegen dem Willen des Abgebildeten erlaubte (vgl. BGH,
a.a.O.).
Für die Gewichtung der
Belange des Persönlichkeitsschutzes bei der Bildberichterstattung sind zudem
die Umstände der Gewinnung der Abbildung, etwa durch Ausnutzung von
Heimlichkeit oder beharrliche Nachstellung, zu bedenken sowie in welcher
Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Das Gewicht der
mit der Abbildung verbundenen Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts ist
erhöht, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise der
öffentlichen Erörterung entzogenen Einzelheiten thematisch die Privatsphäre
berührt. Gleiches gilt, wenn der Betroffene typischerweise die berechtigte
Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden oder die
Medienberichterstattung den Betroffenen in Momenten der Entspannung oder des
Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und
Alltags erfasst (vgl. BGH, a.a.O.).
Vor diesem Hintergrund
überwiegen die Interessen des Klägers diejenigen der Beklagten hinsichtlich
aller angegriffenen Fotos. Es ist zwar zu berücksichtigen, dass der Kläger
zweifelsohne einer der bekanntesten Deutschen ist und folglich auch ein
nachvollziehbares Interesse an seinem Privatleben besteht, zumal er sich zu der
Trennung von seiner Ehefrau bei einer Gelegenheit äußerte. Eingedenk dessen hat
der Kläger auch im privaten Bereich eine Leitbild- und Kontrastfunktion, die
der Leserschaft der Beklagten ein gewisses Maß an Orientierung geben kann.
Ferner gehört die Entscheidung, auf welche Art und Weise ein Artikel bebildert
wird, zu den Kernbereichen der Pressefreiheit der Beklagten. Insofern darf
selbst die Normalität des Alltagslebens prominenter Personen der Öffentlichkeit
vor Augen geführt werden, wenn dies der Meinungsbildung zu Fragen von
allgemeinem Interesse dienen kann. Letzteres ist jedoch nicht der Fall. Denn
die streitgegenständlichen Aufnahmen zeigen den Kläger lediglich beim Besuch
eines Cafés oder im Urlaub, der auch bei Prominenten zum grundsätzlich
geschützten Kernbereich der Privatsphäre gehört (vgl. BGH, GRUR 2007, 527).
Denn gerade der Urlaub ist für einen Prominenten von besonderer Bedeutung, um
sich zumindest für den Zeitraum des Urlaubs aus der medialen Öffentlichkeit
zurückziehen zu können. Das Gewicht der mit der jeweiligen Abbildung
verbundenen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers ist auch
erhöht, weil die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise der
öffentlichen Erörterung entzogenen Einzelheiten – hier des Urlaubs oder eines
Café-Besuchs – thematisch die Privatsphäre berührt. Zudem konnte der Kläger,
der ständig im Fokus der medialen Berichterstattung steht, die berechtigte
Erwartung haben, nicht auch noch während des Urlaubs – gerade nach der
Europameisterschaft oder der Trennung 
von seiner Ehefrau – oder eines Café-Besuchs in den Medien abgebildet zu
werden. Überdies zeigen die Aufnahmen den Kläger in einem Moment der
Entspannung und des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die
Pflichten des Berufs und Alltags, was sich bereits an seiner jeweiligen
Bekleidung zeigt. Zudem ist zu berücksichtigten, dass die Fotos erkennbar in
Unkenntnis des Klägers und damit heimlich gemacht wurden. Aus einem heimlichen
Vorgehen bei der Erlangung einer Fotoaufnahme kann sich jedoch ein besonderer
Schutzbedarf ergeben (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793), den die Kammer hier als
gegeben ansieht, da die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen hat, dass der
Kläger die Fertigung der Fotos wahrgenommen hat. Zuletzt kann die Beklagte auch
nicht die Entscheidung des BVerfG (NJW 2017, 1376) zu ihren Gunsten ins Feld
führen, da es in dem dortigen Verfahren um die Veröffentlichung von Fotos eines
bekannten Moderators im Vorhinein einer Hauptverhandlung im Rahmen des gegen
ihn geführten Strafverfahrens ging und folglich nicht um eine
Berichterstattung, die mit der hier streitgegenständlichen vergleichbar ist.
b.
Diese eingangs
genannten Voraussetzungen liegen auch hinsichtlich der angegriffenen
Wortberichterstattungen vor, da in diesen Details des Urlaubs des Klägers
mitgeteilt werden, dreimal über einen vermeintlichen Flirt des Klägers mit
einer jungen Frau am Strand, zweimal über eine vermeintliche Liebesbeziehung
des Klägers mit seiner Patentochter und einmal über eine vermeintliche neue
Frau an seiner Seite spekuliert wird.
Bei der Verletzung des
Allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich um einen sogenannten offenen
Tatbestand, d.h. die Rechtswidrigkeit ist nicht durch die Tatbestandsmäßigkeit
indiziert, sondern im Rahmen einer Gesamtabwägung der widerstreitenden Interessen
unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles und
Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit positiv festzustellen (Sprau
in: Palandt, Kommentar zum BGB, 75. Auflage 2016, § 823 BGB, Rn. 95 m.w.N.).
Stehen sich als widerstreitende Interessen – wie vorliegend – die
Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und das Allgemeine Persönlichkeitsrecht
(Artt. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG) gegenüber, kommt es für die Zulässigkeit einer
Äußerung im Regelfall maßgeblich darauf an, ob es sich um Tatsachenbehauptungen
oder Meinungsäußerungen handelt. Während Meinungsäußerungen in weitgehendem
Maße frei sind, sind Tatsachenbehauptungen grundsätzlich nur zu dulden, soweit
sie der Wahrheit entsprechen. Unabdingbare Voraussetzung für eine zutreffende Einordnung
einer Äußerung ist die Ermittlung des Aussagegehalts. Dabei darf nicht isoliert
auf den durch den Antrag herausgehobenen Text abgestellt werden. Vielmehr ist
dieser im Zusammenhang mit dem gesamten Aussagetext zu deuten. Dabei ist auf
den objektiven Sinn der Äußerung aus der Sicht eines unvoreingenommenen
Durchschnittslesers abzustellen (vgl. BGH NJW 1998, 3047). Maßgeblich für das
Verständnis der Behauptung ist dabei weder die subjektive Sicht des sich
Äußernden noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen,
sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und
verständigen Durchschnittspublikums hat (vgl. BVerfG NJW 2006, 207).
Vor diesem Hintergrund
sind alle angegriffenen Wortberichterstattungen rechtswidrig, da die Mitteilung
von Details des Urlaubs des Klägers und die Spekulation über vermeintliche
Liebesbeziehungen seiner Privatsphäre zuzuordnen sind und diese das
Berichterstattungsinteresse der Beklagten überwiegt.
Der Schutz der
Privatsphäre betrifft in thematischer Hinsicht Angelegenheiten, die von dem
Betroffenen einer öffentlichen Erörterung oder Zurschaustellung entzogen zu
werden pflegen. In räumlicher und thematischer Hinsicht gehört zur Privatsphäre
ein Rückzugsbereich des Einzelnen, der das Bedürfnis verwirklichen hilft, von
der öffentlichen Erörterung verschont gelassen zu werden (vgl. BVerfG, NJW
2008, 1793; BGH NJW 2012, 767). Unter diesen Bereich fallen nicht nur Vorgänge,
deren öffentliche Erörterung als unschicklich gilt, deren Bekanntwerden als
peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst (vgl.
BGH NJW 2012, 771). Vielmehr gehören zur Privatsphäre alle Angelegenheiten, die
dem Betroffenen nicht nur im häuslichen, sondern auch im außerhäuslichen
Bereich die Möglichkeit des Zu-Sich-Selbst-Kommens und der Entspannung sichern
(vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793). Die Privatsphäre umfasst persönliche
Informationen, von denen der Betroffene berechtigterweise erwarten kann, dass
sie nicht ohne seine Einwilligung veröffentlicht werden (EGMR, Urt. v. 6.4.2010
– 25576/04 Nr. 75– Flinkkilä u. a./Finnland). Darunter fallen Informationen
über das Beziehungsleben, unabhängig davon, ob sie der Intimsphäre zuzurechnen
sind (BGH NJW 2009, 1502), und Informationen über das Urlaubsverhalten von
Prominenten (vgl. BVerfG, NJW 2008, 1793; NJW 2012, 756; BGH, NJW 2007, 1308).
Dieser Ausschnitt der Privatsphäre ist gegen ungenehmigte Bild- und
Wortberichterstattungen geschützt (vgl. BVerfG, AfP 2010, 562).
Im Rahmen der Abwägung
ist zwar zu berücksichtigen, dass die Leserschaft der Beklagten aufgrund der
Prominenz des Klägers ein nachvollziehbares Informationsinteresse auch an dem
Privatleben des Klägers hat, zumal der Kläger sich von seiner Ehefrau trennte
und dies bei einer Gelegenheit gegenüber den Medien kommentierte. Die
streitgegenständlichen Äußerungen befriedigen jedoch allein die Neugier und die
Sensationslust der Rezipienten, möglichst detailreich über das Privatleben des
Klägers informiert zu werden. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die
Verbreitung der Gerüchte über vermeintliche Flirts, eine vermeintliche
Liebesbeziehung zu seiner Patentochter oder zu einer neuen Frau den Kernbereich
der Privatsphäre des Klägers betreffen, ohne dass ein berechtigtes Interesse
der Beklagten an der Streuung derartiger Gerüchte zu erkennen ist.
c.
Diese Eingriffe in das
Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers sind rechtswidrig, obwohl der
Kläger in der Vergangenheit vereinzelt auf Fragen der Presse zu seiner
Privatsphäre antwortete.
Zwar kann eine
Selbstöffnung des Privaten deren Schutz begrenzen (vgl. BVerfG, NJW 2000, 1021,
1022 – Caroline von Monaco; BGH, NJW 2005, 594, 595 – Uschi Glas). Insbesondere
können auch Prominente nicht einerseits bereitwillige Einblicke gewähren, nach
Bedarf aber diesen Einblick wieder verschließen. Vielmehr muss „die Erwartung,
dass die Umwelt die Angelegenheiten oder Verhaltensweisen in einem Bereich mit
Rückzugsfunktion nur begrenzt oder nicht zur Kenntnis nimmt, …
situationsübergreifend und konsistent zum Ausdruck gebracht werden“ (vgl. BGH,
NJW 2004, 594, 595 mit Hinweis auf die Selbstkommerzialisierung BVerfG, NJW
2000, 1021, 1023 – Caroline von Monaco). Auch dies gilt nicht nur im Bereich
der Bild-, sondern auch bei der Wortberichterstattung (OLG Köln, NJW-RR 2014,
1069, 1070).
Eine solche
Selbstöffnung des Klägers liegt jedoch nicht vor.
Denn der Kläger hat
sich gegenüber der Presse weder zu seinen Urlauben noch zu vermeintlichen
Flirts oder vermeintlichen Liebesbeziehungen geäußert noch der Presse
Urlaubsfotos übermittelt. Allein darum geht es jedoch. Selbst der –
unterstellte – Umstand, dass der Kläger in der Vergangenheit vereinzelt
Berichte über seine Ehe und Veröffentlichungen von Urlaubsfotos duldete sowie
sich pauschal zu der Trennung von seiner Ehefrau äußerte, hat nicht zur Folge,
dass eine Selbstöffnung hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen bzw.
hier inkriminierten Fotos anzunehmen ist.
Auch die seitens der
Beklagten vorgelegten Urlaubsfotos des Klägers, die in anderen Medien
veröffentlicht wurden, führen nicht zu einem Ausschluss des
Geldentschädigungsanspruchs. Denn eine Persönlichkeitsrechtsverletzung kann
nicht damit gerechtfertigt werden, dass sie auch von Anderen begangen wurde.
Auf die Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung und das Bedürfnis für eine
Entschädigung können sich Vorveröffentlichungen vielmehr allenfalls dann
auswirken, wenn und soweit das Interesse der von dem streitgegenständlichen
Beitrag angesprochenen Personen durch sie bereits verringert war. Letzteres
kann aber nicht durch zeitlich und sachlich zusammenhängende
(Vor-)Veröffentlichungen bewirkt werden, sondern allenfalls dann, wenn
gegebenenfalls auch rechtswidrige Vorveröffentlichungen nach Ablauf einer
gewissen Zeit zu einem „Negativ-Image“ des Betroffenen im Hinblick auf die
jeweils konkret in Rede stehende schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung
geführt haben (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2013 – VI ZR 211/12). Letzteres ist
jedoch offensichtlich nicht der Fall.
d.
Sowohl die Bild- als
auch die Wortberichterstattungen stellen jeweils schwerwiegende
Persönlichkeitsrechtsverletzungen dar.
Die
Bildberichterstattungen der Beklagten stellen aufgrund der abgebildeten
Situationen und der Umstände ihres Entstehens jeweils einen schwerwiegenden
Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers dar.
Bei einer
Bildberichterstattung sind für die Gewichtung der Belange des
Persönlichkeitsschutzes auch der Anlass und die Umstände zu berücksichtigen,
unter denen die Aufnahme entstanden ist, etwa die Ausnutzung von Heimlichkeit
oder beharrlicher Nachstellung. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der
Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die Beeinträchtigung des
Persönlichkeitsrechts wiegt schwerer, wenn die visuelle Darstellung durch
Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten
des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt oder wenn der
Betroffene nach den Umständen typischerweise die berechtigte Erwartung haben
durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer
durch räumliche Privatheit geprägten Situation, sondern außerhalb örtlicher
Abgeschiedenheit auch in Momenten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens
außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall
sein (vgl. BGH, NJW 2008, 3138).
Mit den
Bildberichterstattungen ist ein schwerwiegender Eingriff in die
Persönlichkeitsrechte des Klägers verbunden, da die Veröffentlichung der Bilder
einen erheblichen Eingriff in die Privatsphäre des Klägers darstellt. Insofern
ist zu berücksichtigen, dass der Kläger 14mal (2mal davon auf der Titelseite)
nur bekleidet mit einer Badehose am Strand, sechsmal mit einer nur mit einem
Bikini bekleideten jungen Frau am Strand, viermal liegend auf Badeliegen,
zweimal laufend am Strand (einmal davon auf der Titelseite) und einmal in einem
Café in Berlin gezeigt wird. Bei all diesen Vorgängen handelt es sich um
Vorgänge, die seinem Privatleben zuzuordnen sind. Als schwerwiegend ist die
Persönlichkeitsrechtsverletzung durch die Beklagte insbesondere deshalb
einzustufen, weil der Kläger sich in den betreffenden Situationen im Urlaub
bzw. in seiner Freizeit befand und die Bildnisse nur entstehen konnten, weil
sie heimlich gefertigt wurden. Hinzu kommt, dass die Verbreitung der
streitgegenständlichen Fotos in den Medien der Beklagten weit über diejenige
Beeinträchtigung hinausgeht, die der Kläger durch die zufällige Beobachtung von
anderen Urlaubern zu gegenwärtigen hatte. Da es sich zudem um Berichte in einer
Publikumszeitschrift mit hoher Verbreitungswirkung handelt, ist die
Berichterstattung auch in quantitativer Hinsicht intensiv.
Auch Anlass und
Beweggrund des Handelns der Beklagten, insbesondere die subjektive Absicht
hinter der Veröffentlichung, tragen die Wertung als schwere
Persönlichkeitsrechtsverletzung. Denn die Veröffentlichung der
streitgegenständlichen Fotos diente allein der Befriedigung der voyeuristischen
Interessen der Leserschaft der Beklagten an der bildlichen Darstellung des
Klägers im Urlaub bzw. in einem Café in Berlin. Ein berechtigtes oder
nachvollziehbares Informationsinteresse, das über diese Neugier hinausginge,
ist vor dem Hintergrund, dass der Kläger sich zu solchen privaten Details
seines außerhalb seiner Berufstätigkeit anzusiedelnden Lebens nicht detailreich
geäußert hat, nicht ersichtlich.
Schließlich ist zu
berücksichtigen, dass eine Geldentschädigung auch bei Verletzung der
persönlichen Eigensphäre in Betracht kommt und dass die Zubilligung derselben
in Fällen der Verletzung des Rechts am eigenen Bild angesichts der fehlenden
Abwehrmöglichkeit des Betroffenen bereits bei weniger schwerwiegenden
Eingriffen geboten sein kann (vgl. Burkhard in Wenzel, Das Recht der Wort- und
Bildberichterstattung, 5. Auflage, Kap. 14, Rn. 103 m.w.N.).
Auch die
streitgegenständlichen Wortberichterstattungen stellen jeweils für sich
betrachtet schwerwiegende Verletzungen des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts
des Klägers dar. Dies bedarf nach Auffassung der Kammer hinsichtlich der
anlasslosen Spekulationen über eine vermeintliche Liebesbeziehung zu seiner
Patentochter (2mal), zu einem vermeintlichen Flirt am Strand (3mal) oder einer
neuen Frau an seiner Seite (1mal) keiner weiteren Begründung. Denn es handelt
sich schlichtweg um haltlose Spekulationen über das Privat- und Liebesleben des
Klägers, die der Kläger auch als Persönlichkeit des öffentlichen Lebens nicht
hinnehmen muss. Der Fall gibt auch keinen Anlass, den möglichen Wahrheitsgehalt
der Äußerungen in die Betrachtung einzubeziehen. Soweit eine Berichterstattung
aus der Privatsphäre in Rede steht, kann diese gerade nicht damit
gerechtfertigt werden, dass die mitgeteilten Tatsachen möglicherweise der
Wahrheit entsprechen. Der Kern der Verletzung liegt in der Aufdeckung des
Privaten, nicht in der Verfälschung der Wirklichkeit.
e.
Die Beklagte handelte
schuldhaft sowohl hinsichtlich der Wort- als auch hinsichtlich der
Bildberichterstattungen. In beiden Fällen ist zumindest von bedingtem Vorsatz
auszugehen, da die Beklagte zumindest billigend in Kauf nahm, dass ihre
Spekulationen über eine vermeintliche Liebesbeziehung zu seiner Patentochter
(2mal), zu einem vermeintlichen Flirt am Strand (3mal) oder einer neuen Frau an
seiner Seite (1mal) unzutreffend sowie mangels überwiegendem
Berichterstattungsinteresse rechtswidrig bzw. die Veröffentlichung von Urlaubs-
und Freizeitbildern des Klägers unzulässig waren.
f.
Es gibt im konkreten
Fall auch keine andere Ausgleichsmöglichkeit für die begangenen
Rechtsverletzungen, weshalb auch ein unabwendbares Bedürfnis für die
Zuerkennung einer Geldentschädigung anzunehmen ist.
Ein unabwendbares
Bedürfnis für die Geldentschädigung hinsichtlich der Wortberichterstattungen
besteht, weil der Eingriff nicht in anderer Weise ausgeglichen werden kann. Bei
Eingriffen in die – wie hier der Fall – Privatsphäre ist dies stets der Fall.
Die Privatsphäre ist nämlich nach ihrer Öffnung unwiederbringlich, weder
Gegendarstellung noch Beseitigung oder Widerruf können sie wieder herstellen,
zumal eine Veröffentlichung einer Gegendarstellung oder eines Widerrufs – das
Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen unterstellt – die Eingriffe in das
Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers nur vertiefen würden, weil seine
Privatsphäre gegenüber der Öffentlichkeit erneut offenbart würde.
Hinsichtlich der Bildberichterstattungen
besteht die Besonderheit darin, dass dem Verletzten gegen eine solche
Rechtsverletzung keine anderen Abwehrmöglichkeiten als ein Anspruch auf eine
Geldentschädigung zur Verfügung stehen. Denn die einmal bewirkte Verletzung der
Privatsphäre durch die Veröffentlichung der Bildnisse kann nicht rückgängig
gemacht werden, auch nicht durch gegen die Beklagte erwirkte
Unterlassungstitel, welche die Rechtsverletzung nicht vollständig beseitigen
kann (vgl. BGH, NJW 2015, 2500). Daraus folgt, dass in einem solchen Fall an
die Zubilligung eines Entschädigungsanspruchs geringere Anforderungen als in
anderen Fällen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung zu stellen sind (vgl. BGH,
Urt. v. 5.10.2004 – VI ZR 255/03; BGH, Urt. v. 12.12.1995 – VI ZR 223/94).
Auch die seitens der
Beklagten jeweils abgegebenen Unterlassungserklärungen führen nicht zum
Entfallen eines unabwendbaren Bedürfnisses für die Zuerkennung einer
Geldentschädigung. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung ist zwar ein erwirkter
Unterlassungstitel zu berücksichtigen, weil dieser und die damit
zusammenhängenden Ordnungsmittelandrohungen den Geldentschädigungsanspruch
beeinflussen und im Zweifel sogar ausschließen können (vgl. BGH, Beschluss vom
30.06.2009 – VI ZR 340/08). Es ist allerdings zu beachten, dass dem gegen eine
Bildberichterstattung erwirkten Unterlassungstitel wegen seiner nur in äußerst
engen Grenzen bestehenden Vollstreckungsmöglichkeiten, die auf identische,
allenfalls nahezu identische Wiederholungen beschränkt sind (vgl. BGH, VersR
2009, 1271), von Haus aus nur eine geringe Genugtuungs- und Präventivfunktion
beigemessen werden kann. Denn die Aussichten, dass die Beklagte den
streitgegenständlichen Bildbeitrag in identischer oder nahezu identischer Weise
erneut veröffentlichen wird, sind als gering einzuschätzen. Die mit einem
erwirkten Verbot und dessen Ordnungsmittelandrohung dem Kläger in die Hand
gegebene Vollstreckungsmöglichkeit kann angesichts dessen nur eine geringe
Genugtuung verschaffen, was das Erfordernis der Zubilligung einer
Geldentschädigung zum befriedigenden Ausgleich der erlittenen Beeinträchtigung
jedenfalls nicht zu beeinträchtigen vermag, zumal die Beklagte trotz des
laufenden Rechtsstreits erneut Urlaubsfotos des Klägers veröffentlichte und
über sein Liebesleben spekulierte. Vor diesem Hintergrund führt auch
hinsichtlich der Wortberichterstattungen allein die wiederholte Abgabe von
Unterlassungserklärungen nicht zu einem Entfallen des Erfordernisses der
Zuerkennung einer Geldentschädigung.
Schließlich führt auch
der Umstand, dass sich der Kläger in einem Interview mit der „X5“, welches am
02.10.2016 veröffentlicht wurde, zu den Berichterstattungen über ihn äußerte,
nicht zu einem Entfallen des Geldentschädigungsanspruchs, da weder den seitens
der Beklagten zitierten Passagen noch dem gesamten Interview zu entnehmen ist,
dass dem Kläger hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Veröffentlichungen
das erforderliche Genugtuungsinteresse fehlt. Vielmehr führt er hinsichtlich
der von ihm gefertigten Fotos am Strand explizit aus, dass –gleichwohl er sich
seiner Rolle als Person des öffentlichen Lebens bewusst sei und er
grundsätzlich mit der Fertigung und Veröffentlichung von Fotos seiner Person
umgehen könne – im konkreten Fall auch durch die Beeinträchtigung Dritter
„Grenzen überschritten“ worden seien.
g.
Bei der Bemessung der
Geldentschädigung sind zu berücksichtigen die Eingriffsintensität, der Grad des
Verschuldens, der Verbreitungsgrad, das Verhalten des Betroffenen und die
Funktionen des Geldentschädigungsanspruchs, Ausgleich und Genugtuung zu
gewähren, aber auch künftige Verletzungen der Persönlichkeitssphäre zu
verhindern (vgl. BGH, NJW 1996, 984; BGH, NJW 1996, 985).
Vor diesem Hintergrund
erachtet die Kammer in Anbetracht der bereits dargestellten Umstände,
insbesondere des vorsätzlichen Verhaltens der Beklagten, des deutschlandweiten
Verbreitungsgrades der von der Beklagten verlegten Zeitschriften, der hohen
Eingriffsintensität sowohl der Bild- als auch der Wortberichterstattung, des
hieraus resultierenden hohen Genugtuungsinteresses des Klägers sowie des
ebenfalls zu berücksichtigenden Präventionsgedankens folgende
Geldentschädigungen für angemessen:
 „X6“ Nr. 31 vom 30.07.2016:
– Titelseitenfoto:
10.000,- EUR
– vier weitere Fotos am
Strand i.V.m. der Spekulation über einen Flirt und die Mitteilung von
Urlaubsdetails: 20.000,- EUR;
 „X6“ Nr. 36 vom 03.09.2016:
– Titelseitenfoto mit
Patentochter am Strand i.V.m. der Spekulation über eine Liebesbeziehung zur
Patentochter: 30.000,- EUR
– drei Fotos mit
Patentochter am Strand i.V.m. der Spekulation über eine Liebesbeziehung zur
Patentochter: 30.000,- EUR
 „X6“ Nr. 37 vom 10.09.2016:
– (erneut) drei Fotos
mit Patentochter am Strand i.V.m. der Spekulation über eine Liebesbeziehung zur
Patentochter: 30.000,- EUR
 „X6“ Nr. 5 vom 28.01.2017:
– ein Foto in Badehose
am Strand und zwei Fotos auf einer Strandliege neben einer Frau i.V.m. der
Spekulation einer neuen Liaison: 30.000,- EUR
 „X1“ Nr. 32 vom 03.08.2016:
– ein Foto mit einer
Frau am Strand: 5.000,- EUR
 „X1“ Nr. 34 vom 17.08.2016:
– ein Foto mit einer
Frau am Strand und ein Foto auf einer Strandliege: insgesamt 10.000,- EUR
 „X1“ Nr. 37 vom 07.09.2016:
– Titelseitenfoto:
10.000,- EUR
– ein Foto mit einer
Frau am Strand und ein Foto beim Laufen: insgesamt 10.000,- EUR
 „X1“ Nr. 42 vom 12.10.2016:
– ein Foto im Café in
Berlin: 5.000,- EUR
 „X2“ Nr. 31 vom 01.08.2016:
– zwei Fotos mit einer
Frau am Strand und ein Foto in Badehose i.V.m. der Spekulation über einen
Flirt: insgesamt 20.000,- EUR
 „X3“ Nr. 32 vom 03.08.2016:
– ein Foto in Badehose
am Strand: 5.000,- EUR
 „X4“ Nr. 32 vom 03.08.2016:
– ein Foto beim
Duschen: 5.000,- EUR
Insgesamt: 220.000,-
EUR
Der Zinsanspruch folgt
aus den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
2.
Der Kläger hat gegen
die Beklagte einen Schadenersatzanspruch auf Zahlung vorgerichtlicher
Rechtsanwaltskosten gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.H.v. 516,69 EUR.
Denn bei der
Geltendmachung der Unterlassungsansprüche hinsichtlich der Berichterstattungen
bis zum 10.09.2016 und der entsprechenden Abmahnungen zwischen dem 19.09.2016
und 26.09.2016  handelt es sich um
dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG, während dies hinsichtlich der
weiteren Berichterstattungen vom 12.10.2016 und vom 28.01.2017 nicht der Fall
ist.
Auftragsgemäß erbrachte
anwaltliche Leistungen betreffen in der Regel ein und dieselbe Angelegenheit,
wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich
als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem
einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann. Die
Frage, ob von einer oder von mehreren Angelegenheiten auszugehen ist, lässt
sich nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der
jeweiligen Lebensverhältnisse beantworten, wobei insbesondere der Inhalt des
erteilten Auftrags maßgebend ist. Die Annahme derselben Angelegenheit im
gebührenrechtlichen Sinne setzt nicht voraus, dass der Anwalt nur eine
Prüfungsaufgabe zu erfüllen hat. Von einem einheitlichen Rahmen der
anwaltlichen Tätigkeit kann vielmehr grundsätzlich auch dann noch gesprochen
werden, wenn der Anwalt zur Wahrnehmung der Rechte des Geschädigten
verschiedene, in ihren Voraussetzungen voneinander abweichende
Anspruchsgrundlagen zu prüfen bzw. mehrere getrennte Prüfungsaufgaben zu
erfüllen hat. Denn unter derselben Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne
ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den
Auftraggeber besorgen soll. Ihr Inhalt bestimmt den Rahmen, innerhalb dessen
der Rechtsanwalt tätig wird. Die Angelegenheit ist von dem Gegenstand der
anwaltlichen Tätigkeit abzugrenzen, der das konkrete Recht oder Rechtsverhältnis
bezeichnet, auf das sich die anwaltliche Tätigkeit bezieht. Eine Angelegenheit
kann mehrere Gegenstände umfassen. Für die Annahme eines einheitlichen Rahmens
der anwaltlichen Tätigkeit ist es grundsätzlich ausreichend, wenn die
verschiedenen Gegenstände in dem Sinne einheitlich vom Anwalt bearbeitet werden
können, dass sie verfahrensrechtlich zusammengefasst bzw. in einem
einheitlichen Vorgehen geltend gemacht werden können. Ein innerer Zusammenhang
ist zu bejahen, wenn die verschiedenen Gegenstände bei objektiver Betrachtung
und unter Berücksichtigung des mit der anwaltlichen Tätigkeit nach dem Inhalt
des Auftrags erstrebten Erfolgs zusammengehören (vgl. BGH Urteil vom 27.07.2010
– VI ZR 261/09). Abweichendes mag gelten, wenn es um – auch unternehmerisch –
eigenständige Publikationen geht (LG Hamburg Urt. v. 22.12.2009 – 325 S 2/09).
Unter Berücksichtigung
dieser Grundsätze liegt hinsichtlich der Berichterstattungen bis zum 10.09.2016
dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG vor, da aufgrund des Inhalts der
Berichterstattungen, der teilweise mehrfach verwendeten Fotos und des Petitums
des Klägers ein innerer Zusammenhang zwischen den Beiträgen anzunehmen ist,
zumal vor dem Hintergrund der vorgelegten Vollmacht (Anlage B16) ein
einheitlicher Auftrag zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen vorlag.
Gegen die Annahme einer Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG spricht nicht,
dass es sich um mehrere Gegenstände bzw. Prüfungsaufgaben handelte, da die
verschiedenen Gegenstände bei objektiver Betrachtung und unter Berücksichtigung
des mit der anwaltlichen Tätigkeit nach dem Inhalt des Auftrags erstrebten
Erfolgs zusammengehören. Ferner hätten die verschiedenen Gegenstände in dem
Sinne einheitlich vom Prozessbevollmächtigten des Klägers bearbeitet werden
können, dass sie verfahrensrechtlich zusammengefasst bzw. in einem
einheitlichen Vorgehen geltend gemacht hätten werden können.
Für die zwei weiteren
Artikel vom 12.10.2016 und vom 28.01.2017 liegen die eingangs genannten
Voraussetzungen demgegenüber nicht vor, da diese Berichterstattungen entweder
nicht im zeitlichen Zusammenhang mit den Berichterstattungen aus dem Zeitraum
zwischen Ende Juli und Anfang September stehen oder inhaltlich nicht mit den
übrigen Berichterstattungen übereinstimmen, weil es sich – wie bei der
Berichterstattung in der „X1“ vom 12.10.2016- nicht um ein Urlaubsfoto, sondern
um ein Foto des Klägers im Café handelt.
Die vorgerichtlichen
Rechtsanwaltskosten hinsichtlich der Berichterstattungen bis zum 10.09.2016
sind deshalb unter Zugrundelegung der nachfolgend dargestellten Streitwerte:
– „X6“ Nr. 31 vom
30.07.2016:
Streitwert: 120.000,-
EUR
– „X6“ Nr. 36 vom
03.09.2016:
Streitwert: 140.000,-
EUR
– „X6“ Nr. 37 vom
10.09.2016:
Streitwert: 20.000,-
EUR
– „X1“ Nr. 32 vom
03.08.2016:
Streitwert: 20.000,-
EUR
– „X1“ Nr. 34 vom
17.08.2016:
Streitwert:: 40.000,-
EUR
– „X1“ Nr. 37 vom
07.09.2016:
Streitwert:: 100.000,-
EUR
– „X2“ Nr. 31 vom
01.08.2016:
Streitwert:: 80.000,-
EUR
– „X3“ Nr. 32 vom
03.08.2016:
Streitwert:: 20.000,-
EUR
– „X4“ Nr. 32 vom
03.08.2016:
Streitwert:: 20.000,-
EUR
aufgrund eines
Gesamtstreitwerts von 560.000,- EUR und unter Zugrundelegung einer 1,3
Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 RVG-VV sowie einer Telekommunikationspauschale
gemäß Nr. 7002 RVG-VV nebst Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 RVG-VV i.H.v. 5.458,41
EUR zu erstatten.
Hinsichtlich der
Berichterstattung in der „X1“ Nr. 42 vom 12.10.2016 ergibt sich unter
Zugrundelegung eines Streitwerts von 20.000,- EUR und einer 1,3 Geschäftsgebühr
gemäß Nr. 2300 RVG-VV sowie einer Telekommunikationspauschale gemäß Nr. 7002 RVG-VV
nebst Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 RVG-VV ergibt sich ein Anspruch i.H.v.
1.171,67 EUR.
Hinsichtlich der
Berichterstattung in der Zeitschrift „X6“ Nr. 5 vom 28.01.2017 ergibt sich
unter Zugrundelegung eines Streitwerts von 80.000,- EUR und einer 1,3
Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 RVG-VV sowie einer Pauschale gemäß Nr. 7002
RVG-VV nebst Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 RVG-VV ergibt sich ein Anspruch i.H.v.
2.085,95 EUR.
Dieser Gesamtbetrag
i.H.v. 8.716,03 EUR ist durch Zahlung i.H.v. 8.199,34 EUR gemäß § 362 Abs. 1
BGB erfüllt, sodass ein Anspruch i.H.v. 516,69 EUR verbleibt.
Der Zinsanspruch folgt
aus den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
3.
Die prozessualen
Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 709 ZPO.
Streitwert: 235.460,82
EUR
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen dieses Urteil ist
das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in
seinen Rechten benachteiligt ist,
1. wenn der Wert des
Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
2. wenn die Berufung in
dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
Die Berufung muss
innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils
schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln,
eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum
des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet
wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde,
enthalten.
Die Berufung ist,
sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach
Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu
begründen.
Die Parteien müssen
sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen,
insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von
einem solchen unterzeichnet sein.
Mit der
Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des
angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
LG Köln, 05.07.2017, 28
O 9/17
Entscheidungsanalyse:
Das LG Köln hat dem
Kläger eine Geldentschädigung in Höhe von 220.000 Euro zugesprochen. Das
Gericht ist überzeugt, dass die Bild- und Textberichterstattung des Beklagten
den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt hat. Nach
ständiger Rechtsprechung beurteilt sich die Zulässigkeit der
Bildveröffentlichung nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG. Wenn
die abgebildete Person nicht in die Veröffentlichung der Aufnahmen eingewilligt
hat, dürfen die Bildnisse nur dann veröffentlicht werden, wenn es sich um
solche der Zeitgeschichte handelt. Dass der Kläger auf Grund seiner Tätigkeit
als Bundestrainer als Person des öffentlichen Interesses anzusehen ist, hat zur
Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf
als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden
Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit
interessierende Sachdebatte hat und die Abwägung keine schwerwiegenden
Interessen des Betroffenen ergibt, die einer Veröffentlichung entgegenstehen.
Maßgebend für die Frage, ob es sich bei den veröffentlichten Fotos um Bildnisse
aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist das Zeitgeschehen. Dieses ist
vom Informationsinteresse der Öffentlichkeit her zu bestimmen und umfasst auch
Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Selbst die Normalität des
Alltagslebens prominenter Personen darf der Öffentlichkeit in unterhaltenden
Beiträgen vor Augen geführt werden, wenn dies der Meinungsbildung zu Fragen von
allgemeinem Interesse dienen kann. Allerdings besteht das Informationsinteresse
der Öffentlichkeit nicht schrankenlos. Das Gericht führt in seiner Entscheidung
aus, dass der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt wird, so dass eine Berichterstattung
keineswegs immer zulässig ist. Bei der Abwägung spielt eine entscheidende
Rolle, ob die Presse eine neue und wahre Information von allgemeinem Interesse
für die öffentliche Meinungsbildung ernsthaft und sachbezogen erörtert und
damit einen Beitrag zu irgendeiner Diskussion von allgemeinem Interesse für
Staat und Gesellschaft leistet oder ob der Informationswert für die
Öffentlichkeit wesentlich in der Unterhaltung ohne gesellschaftliche Relevanz
besteht. Das LG Köln stellt in seiner Entscheidung dar, dass für die Gewichtung
der Belange des Persönlichkeitsschutzes bei der Bildberichterstattung zudem die
Umstände der Gewinnung der Abbildung, etwa durch Ausnutzung von Heimlichkeit
oder beharrliche Nachstellung, zu bedenken sind. Das Gewicht der mit der
Abbildung verbundenen Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts ist erhöht,
wenn der Betroffene typischerweise die berechtigte Erwartung haben durfte,
nicht in den Medien abgebildet zu werden oder die Medienberichterstattung den
Betroffenen in Momenten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens außerhalb
der Einbindung in die Pflichten des Berufs und Alltags erfasst. Davon ausgehend
überwiegen die Interessen des Klägers diejenigen der Beklagten hinsichtlich
aller angegriffenen Fotos. Das Gericht hat zwar berücksichtigt, dass ein
nachvollziehbares Interesse am Privatleben des prominenten Klägers besteht,
zumal er sich zu der Trennung von seiner Ehefrau bei einer Gelegenheit äußerte.
Selbst die Normalität des Alltagslebens prominenter Personen darf der
Öffentlichkeit vor Augen geführt werden, wenn dies der Meinungsbildung zu
Fragen von allgemeinem Interesse dienen kann. Letzteres ist jedoch nach
Dafürhalten des Gerichts nicht der Fall. Die streitgegenständlichen und
heimlich angefertigten Aufnahmen zeigen den Kläger beim Besuch eines Cafés oder
im Urlaub, der auch bei Prominenten zum grundsätzlich geschützten Kernbereich
der Privatsphäre gehört. Gerade der Urlaub ist für einen Prominenten von
besonderer Bedeutung, um sich zeitweise aus der medialen Öffentlichkeit
zurückziehen zu können. Zudem konnte der Kläger, der ständig im Fokus der
medialen Berichterstattung steht, die berechtigte Erwartung haben, nicht auch
noch während des Urlaubs oder eines Café-Besuchs in den Medien abgebildet zu
werden. Die Voraussetzungen einer persönlichkeitsrechtsverletzenden
Berichterstattung liegen auch hinsichtlich der angegriffenen
Wortberichterstattungen vor. Im Rahmen der Abwägung ist zwar zu
berücksichtigen, dass die Leserschaft der Beklagten aufgrund der Prominenz des
Klägers ein nachvollziehbares Informationsinteresse auch an dem Privatleben des
Klägers hat, zumal der Kläger sich von seiner Ehefrau trennte und dies bei
einer Gelegenheit gegenüber den Medien kommentierte. Die streitgegenständlichen
Äußerungen befriedigen jedoch allein die Neugier und die Sensationslust der
Rezipienten, möglichst detailreich über das Privatleben des Klägers informiert
zu werden. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Verbreitung der Gerüchte
über vermeintliche Flirts, eine vermeintliche Liebesbeziehung zu seiner
Patentochter oder zu einer neuen Frau den Kernbereich der Privatsphäre des
Klägers betreffen, ohne dass ein berechtigtes Interesse der Beklagten an der
Streuung derartiger Gerüchte zu erkennen ist. Diese Eingriffe in das Allgemeine
Persönlichkeitsrecht des Klägers sind auch unter Berücksichtigung des Umstandes
rechtswidrig, dass der Kläger in der Vergangenheit vereinzelt auf Fragen der
Presse zu seiner Privatsphäre antwortete. Eine den Schutz des Privaten
begrenzende Selbstöffnung hat das LG Köln vorliegend verneint, da der Kläger
sich gegenüber der Presse weder zu seinen Urlauben noch zu vermeintlichen
Flirts oder vermeintlichen Liebesbeziehungen geäußert noch der Presse
Urlaubsfotos übermittelt hat. Die Wort- und Bildberichterstattungen der
Beklagten stellen aufgrund der abgebildeten Situationen und der Umstände ihres
Entstehens jeweils einen schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht
des Klägers dar. Das Gericht hat die Persönlichkeitsrechtsverletzung durch die
Beklagte insbesondere deshalb als schwerwiegend eingestuft, weil der Kläger
sich in den betreffenden Situationen im Urlaub bzw. in seiner Freizeit befand
und die Bildnisse nur entstehen konnten, weil sie heimlich gefertigt wurden. Da
es sich zudem um Berichte in einer Publikumszeitschrift mit hoher
Verbreitungswirkung handelt, ist die Berichterstattung auch in quantitativer
Hinsicht intensiv. Daneben tragen Anlass und Beweggrund des Handelns der
Beklagten die Wertung als schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung. Denn die
Veröffentlichung der streitgegenständlichen Fotos diente allein der
Befriedigung der voyeuristischen Interessen der Leserschaft der Beklagten an
der bildlichen Darstellung des Klägers im Urlaub bzw. in einem Café in Berlin.
Ein berechtigtes oder nachvollziehbares Informationsinteresse, das über diese
Neugier hinausginge, ist vor dem Hintergrund, dass der Kläger sich zu solchen
privaten Details seines außerhalb seiner Berufstätigkeit anzusiedelnden Lebens
nicht detailreich geäußert hat, nicht ersichtlich. Bei der Bemessung der
Geldentschädigung sind zu berücksichtigen die Eingriffsintensität, der Grad des
Verschuldens, der Verbreitungsgrad, das Verhalten des Betroffenen und die
Funktionen des Geldentschädigungsanspruchs, Ausgleich und Genugtuung zu
gewähren, aber auch künftige Verletzungen der Persönlichkeitssphäre zu
verhindern. Vor diesem Hintergrund hat die Kammer in Anbetracht der bereits
dargestellten Umstände, insbesondere des vorsätzlichen Verhaltens der
Beklagten, des deutschlandweiten Verbreitungsgrades der von der Beklagten
verlegten Zeitschriften, der hohen Eingriffsintensität sowohl der Bild- als
auch der Wortberichterstattung, des hieraus resultierenden hohen
Genugtuungsinteresses des Klägers sowie des ebenfalls zu berücksichtigenden
Präventionsgedankens eine Geldentschädigung in Höhe von 220.000 Euro für
angemessen erachtet.
Praxishinweis:
Die Zulässigkeit einer
Bildveröffentlichung in der Presse beurteilt sich nach dem abgestuften
Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG (vgl. Urteil des BGH vom 28.10.2008 – VI ZR
307/07 – und Urteil des BGH vom 18.10.2011 – VI ZR 5/10). Liegt keine
Einwilligung des Abgebildeten vor, ist im Rahmen der Frage, ob die Abbildung
einem Geschehen der Zeitgeschichte zuzuordnen ist, eine Abwägung der Presse-
und Informationsfreiheit mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des
Abgebildeten vorzunehmen. Das LG Köln hat vorliegend nicht überraschend dem
allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers den Vorrang gegeben. Das Gericht
hat die beanstandete Wort- und Bildberichterstattung der Privatsphäre des
Prominenten zugeordnet. Zur Privatsphäre gehören u.a. alle persönlichen Informationen,
von denen der Betroffene berechtigterweise erwarten kann, dass sie nicht ohne
seine Einwilligung veröffentlicht werden. Darunter fallen Informationen über
das Beziehungsleben und Informationen über das Urlaubsverhalten von Prominenten
(vgl. Beschluss des BVerfG vom 08.12.2011 – 1 BvR 927/08). Ein Prominenter muss
nicht damit rechnen, im Urlaub oder in seiner Freizeit spärlich bekleidet
abgelichtet zu werden. Die ausgeurteilte Entschädigungssumme ist sowohl den
Umständen der heimlichen Bildgewinnung, den hartnäckigen Spekulationen über das
Privatleben des Prominenten sowie der sich hieraus ergebenden
Genugtuungsfunktion der Geldentschädigung geschuldet.

Kategorien
Uncategorized

LG Köln – Unzumutbarkeit der Nachbesserung durch Software-Update

Dat LG
Köln hat mit Urteil vom 21.12.2017, Az. 2 O 137/17
entschieden, dass für
einen Käufer eines Pkw mit EA-189-Motor eine Nachbesserung durch
Software-Update unzumutbar ist. Dies folgt unter anderem daraus, dass die
Herstellerin des Motors arglistig gehandelt hat. Der hierdurch verursachte
Vertrauensverlust des Käufers schlägt auch auf dessen Verhältnis zur
Verkäuferin durch, weil diese zur Nachbesserung auf das von der Herstellerin
entwickelte Software-Update angewiesen ist. Eine Feststellungsklage gegen die
Herstellerin oder deren Konzernmutter auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht
wegen befürchteter Steuerschäden, Stilllegungskosten oder körperlicher Schäden
des Käufers ist unzulässig, wenn die Wahrscheinlichkeit von Vermögensschäden
und die Möglichkeit anderer Schäden nicht dargelegt werden.
Leitsätze:
Für den Käufer eines
Pkw mit EA-189-Motor ist eine Nachbesserung durch Software-Update unzumutbar.
Dies folgt unter anderem daraus, dass die Herstellerin des Motors arglistig
gehandelt hat. Der hierdurch verursachte Vertrauensverlust des Käufers schlägt
auch auf dessen Verhältnis zur Verkäuferin durch, weil diese zur Nachbesserung
auf das von der Herstellerin entwickelte Software-Update angewiesen ist.
Eine Feststellungsklage
gegen die Herstellerin oder deren Konzernmutter auf Feststellung einer
Schadensersatzpflicht wegen befürchteter Steuerschäden, Stilllegungskosten oder
körperlicher Schäden des Käufers ist unzulässig, wenn die Wahrscheinlichkeit
von Vermögensschäden und die Möglichkeit anderer Schäden nicht dargelegt werden.

 

Tenor:
1. Die Beklagte zu 1
wird verurteilt, an den Kläger 25.852,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. Dezember 2016 Zug um Zug
gegen Übereignung und Herausgabe des PKW Audi A6 2,0 l TDI, FIN: ####### zu zahlen.
2. Es wird
festgestellt, dass sich die Beklagte zu 1 mit der Rücknahme des im Tenor zu 1
genannten PKW in Annahmeverzug befindet.
3. Im Übrigen wird die
Klage abgewiesen.
4. Die Gerichtskosten
und die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen dieser zu 1/7 und die
Beklagte zu 1 zu 6/7. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 trägt
der Kläger. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
5. Das Urteil ist
vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils
zu vollstreckenden Betrags.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von
der Beklagten zu 1, einer Audi-Vertragshändlerin,  die Rückabwicklung eines Kaufvertrags, der
durch eine sogenannte „Verbindliche Bestellung“ vom 23. Juni 2015 zustande kam.
Mit diesem Vertrag erwarb der Kläger von der Beklagten zu 1 einen gebrauchten
PKW Audi A6 2.0 TDI, der erstmals im Mai 2012 zugelassen worden war, mit einer
Laufleistung von 62.925 km zum Preis von 30.000 €.
Die Laufleistung betrug
im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung 88.787 km.
Der Motor des Fahrzeugs
hat den Typ EA 189. Die zur Motorsteuerung aufgespielte Software verfügt über
zwei Modi. Im Modus 1, der automatisch auf Prüfständen aktiviert wird, ist der
Stickoxidausstoß erheblich reduziert und erfüllt die Vorgaben der Norm Euro 5.
Im Modus 0, der in allen anderen Situationen, also auch im Straßenverkehr,
automatisch eingestellt ist, wird der Stickoxidausstoß weniger stark reduziert.
Am 10. August 2016 gab
das Kraftfahrtbundesamt eine vom Volkswagen-Konzern entwickelte Software frei,
mit welcher der Motor von PKW des streitgegenständlichen Typs so gesteuert
werden kann, dass der Stickoxidausstoß auch im Straßenverkehr die Vorgaben der
Euro-5-Norm erfüllt. Dieses Update kann von einer Vertragswerkstatt in weniger
als einer Stunde aufgespielt werden.
Mit anwaltlichem
Schreiben vom 27. Dezember 2016 (K 2, Bl. 79) an die Beklagte zu 1 ließ der
Kläger den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten und ließ
„hilfsweise“ den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären. Zugleich setzte der Kläger
der Beklagten zu 1 eine Frist zur Rückabwicklung des Kaufvertrags bis zum 10.
Januar 2017.
Die Beklagte zu 1
verweigerte mit Schreiben vom 29. Dezember 2016 (K 3, Bl. 83) die Rücknahme des
Fahrzeugs und verwies auf den Umstand, dass ein Software-Update zur Verfügung
stehe.
Mit der Klageschrift
wiederholt der Kläger die Anfechtungs- und Rücktrittserklärungen.
Mit dem Klageantrag zu
2 nimmt der Kläger die Beklagte zu 2 als Konzernmutter der Audi AG, die das
Fahrzeug herstellte, auf Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung in
Anspruch. Hierzu behauptet der Kläger, durch die ursprüngliche Motorsoftware drohten
ihm Steuernachforderungen, Stilllegungsschäden und Körperschäden, deren Höhe
noch nicht bezifferbar sei.
Der Kläger beantragt
sinngemäß,
1. die Beklagte zu 1 zu
verurteilen, an ihn 30.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 29. Dezember 2016 Zug um Zug gegen Übereignung und
Herausgabe des PKW Audi A6 2,0 l TDI, FIN: ####### und Zug um Zug gegen Zahlung
einer von der Beklagten zu 1 noch darzulegenden Nutzungsentschädigung für die
Nutzung des PKW zu zahlen;
2. festzustellen, dass
die Beklagte zu 2 verpflichtet ist, dem Kläger Ersatz zu leisten für Schäden,
die aus der Manipulation des im Klageantrag zu 1 genannten PKW durch die
Beklagte zu 2 resultieren;
3. festzustellen, dass
sich die Beklagte zu 1 mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1 genannten PKW
im Annahmeverzug befindet;
4. die Beklagten zu
verurteilen, den Kläger von den durch die Beauftragung seiner
Prozessbevollmächtigten entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten
freizustellen.
Die Beklagten
beantragen,
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage gegen die
Beklagte zu 1 ist zulässig und hat überwiegend Erfolg. Der Kläger hat gegen die
Beklagte zu 1 einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises von 30.000 €
abzüglich gezogener Gebrauchsvorteile in Höhe von 4.147,32 €, mithin 25.852,68
€, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des im Tenor bezeichneten
Fahrzeugs (§§ 346 Abs. 1, 348, 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 BGB).
Die Klage gegen die
Beklagte zu 2 ist unzulässig.
Im Einzelnen:
1. Die Anfechtung des
Klägers wegen arglistiger Täuschung hat keinen Erfolg. Es ist nicht dargelegt,
dass die Beklagte zu 1 im Zeitpunkt des Kaufvertrags (Juni 2015) wusste, dass
eine Abschalt-Software verbaut war.
Jedoch ist der Kläger
wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten. Die Rücktrittserklärung, die
„hilfsweise“ erfolgte, ist als vorsorgliche auszulegen. Auch bei
Anwaltsschreiben darf die Auslegung nicht am Wortlaut haften.
2. Das Fahrzeug wies im
Zeitpunkt der Übergabe an den Kläger einen Sachmangel auf, weil es die
Euro-5-Abgasnorm jedenfalls in Bezug auf den Stickoxidausstoß nicht erfüllte.
Die Einhaltung dieser Norm war geschuldet, weil es der üblichen Beschaffenheit
entspricht, dass ein Pkw-Motor die Abgasvorschriften einhält, die in den technischen
Daten der Prospekte angegeben sind.
Dass das Fahrzeug die
Vorgaben der Norm nicht einhielt, folgt schon aus dem Umstand, dass die
Abgasbehandlung in zwei verschiedenen Modi vorgenommen wurde, von denen einer
für die Situation auf Prüfständen galt. In diesem Modus war der
Stickoxidausstoß so stark reduziert, dass die Vorgaben der Norm erfüllt wurden.
Eine solche differenzierte Motorsteuerung je nach Situation war aus Sicht der
Entwickler nur dann nötig, wenn das Fahrzeug im anderen Modus – auf der Straße
– die Euro-5-Norm in Bezug auf Stickoxid nicht einhielt.
Die Ansicht der
Beklagten, es komme rechtlich nur auf die Situation auf dem Prüfstand an, ist
abwegig. Abgas- und Verbrauchswerte auf dem Prüfstand müssen zwar nicht mit
denen im Straßenbetrieb übereinstimmen; Letztere sind höher. Jedoch muss die
Motorsteuerung in beiden Situationen gleich sein, damit die Werte auf dem
Prüfstand und auf der Straße zumindest korrelieren (so auch LG Krefeld, Urteil
vom 14. September 2016 – 2 O 72/16, Rn 25).
3. Die
Pflichtverletzung der Beklagten zu 1 ist nicht unerheblich. Entgegen der
Ansicht der Beklagten ist dabei nicht nur auf die Kosten des Software-Updates
in Relation zum Kaufpreis abzustellen. Vielmehr ist eine umfassende Abwägung
der beiderseitigen Interessen im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung nötig. Bei
dieser fallen weitere Faktoren ins Gewicht, wie sie in den Urteilen des
Landgerichts Köln vom 2. März 2017 (2 O 317/16) und vom 18. Mai 2017 (2 O
422/16) dargelegt worden sind:
a) Die Erheblichkeit
wird indiziert, wenn der Mangel einen für den Gläubiger wesentlichen
Qualitätsaspekt betrifft. Dies ist anzunehmen, denn die Einordnung in die
Euro-5-Norm ist auch Voraussetzung für die möglichst weitgehende räumliche
Benutzbarkeit des Autos, da der Betrieb von umweltschädlichen Pkw jedenfalls im
Zentrum von Großstädten in den letzten Jahren eingeschränkt wurde und
anzunehmen ist, dass weitere Einschränkungen folgen werden.
b) Arglist des
Vertragspartners führt in der Regel dazu, dass die Pflichtverletzung nicht
unerheblich ist. Arglistig gehandelt hat vorliegend der Volkswagen-Konzern,
nicht die Beklagte zu 1. Jedoch spielt die Arglist der Herstellerin auch in
dieser Konstellation eine Rolle: Ein Software-Update kann der Kläger nicht von
der Beklagten zu 1 beziehen, sondern nur von der Herstellerin (über die
Beklagte zu 1 oder eine andere Vertragswerkstatt). Der Kläger hat wenig Anlass,
der Herstellerin in Bezug auf Motorsoftware zu vertrauen, nachdem diese sowohl
die Behörden als auch ihre Kunden über Jahre hinweg systematisch irregeführt
hat.
c) Die Motorsteuerung
ist ein besonders sensibler Bereich eines Autos. Nicht ohne Grund erlischt die
Hersteller-Garantie, wenn im Wege des sogenannten Chip-Tunings die Software
eines nicht autorisierten Drittanbieters aufgespielt wird. So wie der Hersteller
beim Chip-Tuning befürchtet, dass es zu Spätschäden am Motor kommt, hat
vorliegend der Kläger Grund zur Sorge, das 
Software-Update könne bislang unbekannte Folgen für seinen Motor haben,
die erst nach längerem Betrieb zu Tage treten.
d) Ebenso wenig kann
ausgeschlossen werden, dass das Fahrzeug auch nach Aktualisierung der Software
mit einem Makel behaftet ist, der den Wiederverkaufswert mindert. Dem steht
nicht entgegen, dass bisherige Marktuntersuchungen keinen Wertverfall von Pkw
mit EA-189-Motor ergeben haben. Es ist allgemein bekannt, dass in ganz
Deutschland eine Vielzahl von Klagen, die auf Rückabwicklung gerichtet sind,
anhängig ist. Dies indiziert, dass eine Vielzahl von Käufern die Absicht hat,
sich – vorzeitig – von ihrem Fahrzeug zu trennen. Dieses zusätzliche Angebot
ist derzeit noch nicht auf dem Markt, weil die Käufer zunächst den Ausgang
ihrer Prozesse abwarten.
Entgegen der Ansicht
der Beklagten sind ein möglicherweise verbleibender Makel sowie ein möglicher
späterer Motorschaden nicht deswegen außer Betracht zu lassen, weil es sich
(nur) um „Spekulation“ handelt. Es geht insoweit nicht um die Frage, ob ein
Sachmangel vorliegt oder nicht. Zu fragen ist vielmehr, ob der Mangel mehr als
nur unerheblich ist. Unter diesem Blickwinkel fallen auch solche künftigen
Umstände ins Gewicht, die nicht sicher prognostiziert werden können, aber
jedenfalls nicht fernliegen.
Die genannten Umstände
wiegen in der Gesamtbetrachtung deutlich schwerer als der vergleichsweise
geringe Kostenaufwand eines Software-Updates.
4. Eine Fristsetzung
zur Nacherfüllung war nicht erforderlich. Eine Nacherfüllung kommt aus
tatsächlichen Gründen nur in Gestalt der Nachbesserung durch ein
Software-Update in Betracht. Ein Software-Update ist dem Kläger jedoch nicht
zumutbar, § 440 S. 1 Var. 3 BGB. Die Unzumutbarkeit folgt aus den oben (Ziffer
3 b – d) genannten Gründen.
Nach Auffassung des
Gerichts ist auch im Rahmen der Unzumutbarkeit nicht Arglist der Beklagten zu 1
erforderlich, sondern es genügt, dass die Herstellerin arglistig gehandelt hat.
§ 440 S. 1 Var. 3 BGB geht weiter als § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB, der eine Abwägung
der beiderseitigen Interessen verlangt. § 440 S. 1 Var. 3 BGB erfasst darüber
hinaus alle Fälle, in denen das Vertrauensverhältnis der Vertragsparteien
erheblich gestört ist; dazu zählt auch ein Vertrauensverlust, der primär aus
dem früheren Verhalten der Herstellerin folgt, aber auf das Verhältnis der
Vertragsparteien durchschlägt. Dies wiederum ist vorliegend der Fall, weil die
Nachbesserung zwar von der Beklagten zu 1 vorgenommen werden kann, aber nur
unter Verwendung eines von der Herstellerin entwickelten Software-Updates.
5. Die
Gebrauchsvorteile des Klägers sind mit 3.933,27 € anzusetzen. Das
streitgegenständliche Fahrzeug ist mit einem 2,0l-TDI-Motor ausgestattet, der
grundsätzlich langlebig ist; eine Gesamtlaufleistung von 250.000 km kann
berechtigt erwartet werden. Der Kläger erwarb das Fahrzeug mit einer
Laufleistung von 62.925 km, so dass er noch 187.075 km mit dem Pkw hätte zurücklegen
können. Tatsächlich ist er bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung 25.862 km
mit dem Wagen gefahren (88.787 km ./. 62.925 km). Die Gebrauchsvorteile
errechnen sich demnach wie folgt: 25.862 km ÷ 187.075 km × 30.000 € = 4.147,32
€.
6. Der gegen die
Beklagte zu 2 gerichtete Feststellungsantrag ist unzulässig. Soweit er sich auf
Vermögensschäden bezieht, ist nicht dargelegt, dass diese wahrscheinlich sind
(Zöller-Vollkommer, ZPO, 32. Aufl, § 256, Rn 9). Hinsichtlich möglicher
körperlicher Schäden des Klägers fehlt jede Darlegung, dass solche (welche
genau?) gerade durch das streitgegenständliche Fahrzeug möglich sind. Die
Tatsache, dass Stickoxide generell gesundheitsschädlich sind, genügt insoweit
nicht. Der Kläger hat das Fahrzeug zudem erst Mitte des Jahres 2015 erworben
und konnte es bereits ab Sommer 2016 nachrüsten lassen.
7. Seit dem Ablauf der
Frist zur Rücknahme des Fahrzeugs (10.1.2017) befindet sich die Beklagte zu 1
in Annahmeverzug.
8. Vorgerichtliche
Anwaltskosten kann der Kläger nicht ersetzt verlangen. Die Anwaltskosten sind
mit Beauftragung der klägerischen Prozessbevollmächtigten entstanden und damit
vor Eintritt des Verzugs der Beklagten zu 1 mit der Nacherfüllung.
Ein vertraglicher
Anspruch auf Schadensersatz in Form der Anwaltskosten ist nicht ersichtlich.
Die Beklagte zu 1 trifft an dem Mangel kein Verschulden.
In Bezug auf die
Beklagte zu 2 fehlt es schon an einer Hauptforderung, so dass erst recht nicht
Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten verlangt werden kann.
9. Die
Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.
Streitwert: 35.000 €
Darin sind 5.000 € für
den Antrag zu 2 enthalten. Die Anträge zu 3 und 4 erhöhen den Streitwert nicht.

Kategorien
Uncategorized

LG Köln – Zurückverweisung bei Beweisantizipation in einem Filesharing-Fall

Das Landgericht
Köln hat mit Urteil vom 01.06.2017, Az.  14
S 42/16
in einem Rechtstreit wegen  Filesharing den Rechtsstreit an das  Amtsgericht Köln zurückverwiesen, da dieses zu
Unrecht den entscheidungserheblichen Beweisantritten der Klägerin für die
Richtigkeit des von ihr behaupteten Ermittlungsergebnisses, ferner für die
Aktivlegitimation der Klägerin sowie der Täterschaft der Beklagten nicht
nachgegangen sei.

Für die
Richtigkeit des Ermittlungsergebnisses hat die Klägerin bereits in der
Anspruchsbegründung die Einvernahme des Zeugen T zum Beweis der Behauptung
angeboten, dass der streitgegenständliche Pornofilm von dem Anschluss der
Beklagten im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse zum Download angeboten worden
sei. Zur Zuverlässigkeit der zum Zweck der Ermittlung eingesetzten Software
FileGuard Version 1.0.0.0. hat die Klägerin ein Gutachten des Dipl.-Ing. H vom
28.02.2013 vorgelegt.

Das AG
Köln hatte mit Urteil vom 14.07.2016, Az. 137 C 113/15
diese Beweismittel
wie folgt als unnötig abgewiesen:
Die angebotene Vernehmung der Zeugen ist nicht geeignet,
die Zuverlässigkeit der Ermittlungen der Rechtsverletzungen durch die Software
„G.Guard“ festzustellen, da sich dies nicht auf Grundlage der Wahrnehmung von
Zeugen beurteilen lässt. Auch die Beauftragung eines Sachverständigen ist
vorliegend nicht geboten, da es bereits an den erforderlichen Anknüpfungstatsachen
fehlt, eine nachträgliche Untersuchung der eingesetzten Software durch das
Gericht mit ungewissem Ausgang, ist nicht zum Nachweis im maßgebenden Zeitpunkt
geeignet. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass es nicht Aufgabe des
Sachverständigen und mit den Beibringungsgrundsatz durch die Parteien
unvereinbar ist, dass sich ein Sachverständiger durch ein „Nachstellen“ oder
eine Rekonstruktion durch (nochmaliges) Anbieten der streitgegenständlichen
Filmwerks in einer Tauschbörse diese Anknüpfungstatsachen selbst beschaffen
soll. Gleiches gilt für den vorgelegten Hashwert, der regelmäßig lediglich
einer sogenannten Torrent-Datei zugeordnet ist und den Internetstandort eines
Zieldownloads angibt. Bei der Ermittlung eines einzigen Verletzungszeitpunkts
können Fehler aber auch bei einer grundsätzlich zuverlässigen Software nicht
ohne weiteres mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden.

Nun muss das AG Köln sich noch einmal mit dem Fall und auch den Beweismitteln befassen.

Vorinstanz:

Tenor:
Auf die Berufung
der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 14.07.2016, Az. 137 C
113/16 mit dem ihm zugrundeliegenden Verfahren aufgehoben.
Der Rechtsstreit
wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Köln
zurückverwiesen.
Die Entscheidung
über die Kosten auch des Berufungsverfahrens, bleibt dem erstinstanzlichen
Gericht vorbehalten.
Gerichtsgebühren
für die Berufungsinstanz werden nicht erhoben.
Das Urteil ist
vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird
nicht zugelassen.
Gründe:


I.      
Die Klägerin
macht Ansprüche gegen die Beklagte wegen unberechtigter öffentlicher
Zugänglichmachung eines Pornofilmes im Rahmen eines Filesharing-Netzwerkes im
Internet geltend. Sie begehrt Zahlung von Lizenzschadensersatz i.H.v. 600,00 €
sowie Erstattung vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 215,00 €, jeweils
zuzüglich Zinsen. Zum Beleg ihrer Aktivlegitimation, der Richtigkeit des
Ermittlungsergebnisses, sowie zur Täterschaft der Beklagten hat die Klägerin
jeweils Beweis durch Benennung von Zeugen angetreten.   
Wegen der
erstinstanzlichen tatsächlichen Feststellungen und der Einzelheiten der
erstinstanzlichen Entscheidung wird auf das angefochtene Urteil vom 14.07.2016
Bl. 172 ff. d.A., Bezug genommen, § 540 ZPO.    
Das AG Köln hat
die Klage ohne Beweiserhebung abgewiesen. Das AG Köln hat zur Begründung im
Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei unbegründet, da der darlegungs- und
beweisbelasteten Klägerin der Nachweis einer Urheberverletzung nicht gelungen
sei. Im Hinblick darauf, dass nur ein einziger angeblicher Verletzungszeitpunkt
ermittelt worden sei, komme ein Ermittlungsfehler von vornherein ernsthaft in
Betracht. Die angebotene Vernehmung der Zeugen sei nicht geeignet, die
Zuverlässigkeit der Ermittlungen der Rechtsverletzung durch die eingesetzte
Software „FileGuard“ festzustellen, da sich dies nicht auf Grundlage der
Wahrnehmung von Zeugen beurteilen lasse. Auch sei die Beauftragung eines
Sachverständigen nicht geboten, da bei der Ermittlung eines einzigen Verletzungszeitpunkt
Fehler auch bei einer grundsätzlich zuverlässigen Software nicht ohne weiteres
mit erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden könnten. 
Die Klägerin hat
gegen das ihr am 15.07.2016 zugestellte Urteil form- und fristgerecht Berufung
eingelegt. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und
vertritt insbesondere die Auffassung, dass das Amtsgericht verfahrensfehlerhaft
die angebotenen Beweise nicht erhoben habe. Die Ansicht des Amtsgerichts, die
Vernehmung des von der Klägerin benannten Zeugen T sei nicht geeignet, die
Zuverlässigkeit der Ermittlungen festzustellen, sei falsch und nicht in
Einklang zu bringen mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11.06.2015
– I ZR 19/14 (Tauschbörse I). Der BGH habe klargestellt, dass der Beweis der
korrekten Ermittlung durch Erläuterung des Ermittlungsvorgangs durch einen
Mitarbeiter des Unternehmens geführt werden könne. Auch beruhe die Begründung
des Amtsgerichts, von einer möglichen Fehlerhaftigkeit des
Ermittlungsergebnisses sei auszugehen, auf reiner Spekulation, da konkrete
Gründe für eine Fehlerhaftigkeit nicht genannt würden.      
Die Klägerin
beantragt deshalb die Aufhebung des Urteils und des Verfahrens und
Zurückverweisung der Sache an das Prozessgericht erster Instanz.   
In der Sache
verfolgt die Klägerin weiter den folgenden Antrag,         
unter Abänderung
des am 14.07.2016 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Köln (Az.: 137 C 113/16)
die Beklagte zu verurteilen, an sie ein Schadenersatzbetrag i.H.v. 600,00 €
nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit, sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 215,00 €
nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit zu zahlen. 
Die Beklagte
schließt sich dem Antrag der Klägerin auf Aufhebung des Urteils und des
Verfahrens und Zurückverweisung der Sache an das Prozessgericht erster Instanz
an. 
In der Sache
beantragt die Beklagte, 
die Berufung
zurückzuweisen. 
Die Beklagte
wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Ansicht,
sie habe der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast genügt, indem sie
weitere Nutzer des Anschlusses benannt und „den Angriff ihres Routers“
dargelegt habe. 
II.     
Die zulässige
Berufung der Klägerin, die primär die Aufhebung der amtsgerichtlichen
Entscheidung und Zurückverweisung beantragt hat, ist begründet. Sie führt zur
Aufhebung des angefochtenen Urteils und des diesem zugrunde liegenden Verfahren
sowie zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Amtsgericht. Das Verfahren
des ersten Rechtszugs leidet an wesentlichen Verfahrensmängeln, die eine
umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich machen, § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO.
Soweit sich das
Amtsgericht die Überzeugung gebildet hat, dass der Klägerin der Nachweis einer
Urheberverletzung der Beklagten nicht gelungen sei, beruht diese Überzeugungsbildung
auf einem wesentlichen Verfahrensfehler (§ 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Das
Amtsgericht ist zu Unrecht den entscheidungserheblichen Beweisantritten der
Klägerin für die Richtigkeit des von ihr behaupteten Ermittlungsergebnisses,
ferner für die Aktivlegitimation der Klägerin sowie der Täterschaft der
Beklagten nicht nachgegangen.
Für die
Richtigkeit des Ermittlungsergebnisses hat die Klägerin bereits in der
Anspruchsbegründung die Einvernahme des Zeugen T zum Beweis der Behauptung angeboten,
dass der streitgegenständliche Pornofilm von dem Anschluss der Beklagten im
Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse zum Download angeboten worden sei (Bl. 11
GA). Zur Zuverlässigkeit der zum Zweck der Ermittlung eingesetzten Software
FileGuard Version 1.0.0.0. hat die Klägerin ein Gutachten des Dipl.-Ing. H vom
28.02.2013 vorgelegt (Bl. 106-122 GA).
Die Klägerin hat
ferner Beweis für ihre Aktivlegitimation angetreten durch Benennung der Zeugin
Q (Anspruchsbegründung vom 08.04.2016, Bl. 10 GA und Schriftsatz vom
08.06.2016, Bl. 86 GA) sowie Beweis für die Täterschaft der Beklagten durch
Benennung der Zeugen L und M (Schriftsatz vom 08.06.2016, Bl. 88 GA).    
Der angebotene
Zeugenbeweis zur Richtigkeit des Ermittlungsergebnisses war zu erheben. Es
stellt eine unzulässige Beweisantizipation dar, wenn ein angebotener
Zeugenbeweis deshalb nicht erhoben wird, weil das Gericht dessen Bekundungen
wegen seiner bereits gewonnenen Überzeugung kein Gewicht mehr beimisst. Art.
103 Abs. 1 GG i.V.m. den Grundsätzen der Zivilprozessordnung gebietet die
Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge (BVerfG, NJW-RR 2001, 1006). Die
Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots, die im Prozessrecht
keine Stütze hat, verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG und stellt einen
wesentlichen Verfahrensmangel dar (vgl. BGH, Urteil vom 22.01.2016 – V ZR
196/14, juris).         
Das Amtsgericht
hat für den konkreten Fall nicht nachvollziehbar begründet, worauf es seine
Überzeugung stützt, dass, unabhängig von dem Ergebnis einer Beweiserhebung
durch Einvernahme des Zeugen T sowie gegebenenfalls Einholung eines
Sachverständigengutachtens, die Richtigkeit des streitgegenständlichen
Ermittlungsergebnisses nicht zu beweisen sei.   
Konkrete
Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der Ermittlungen sind von der Beklagten
nicht vorgetragen und von dem Amtsgericht nicht aufgeführt worden, über die
generelle Möglichkeit hinaus, dass Ermittlungsfehler auftreten könnten. 
Entgegen der
Ansicht des Amtsgerichts war der von der Klägerin angebotene Zeugenbeweis auch
nicht von vornherein ungeeignet, zum Beweis der von der Klägerin vorgetragenen
Tatsachen einer zutreffenden Ermittlung zu dienen. Zu Recht weist die Klägerin
darauf hin, dass nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil
vom11.06.2015 – I ZR 19/14 – Tauschbörse I) der Beweis der korrekten Ermittlung
durch Erläuterung des Ermittlungsvorgangs durch einen Mitarbeiter des
Unternehmens geführt werden kann. Dies entspricht der Erfahrung der erkennenden
Kammer in einer Reihe gleich gelagerter Verfahren, in welchen die Kammer Beweis
zur Richtigkeit des Ermittlungsergebnisses durch Einvernahme von mit den
Ermittlungsvorgängen betrauten Zeugen erhoben hat. In einer Reihe von Fällen
haben die Zeugen, gestützt auf von ihnen anlässlich der Ermittlung gefertigte
Unterlagen, zur Überzeugung der Kammer glaubhaft die Richtigkeit des jeweiligen
Ermittlungsergebnisses bekundet.         
Verfahrensfehlerhaft
ist ferner, dass das Amtsgericht das von der Klägerin zur Zuverlässigkeit der
eingesetzten Ermittlungssoftware vorgelegte Privatgutachten nicht gewürdigt und
von vornherein die Einholung eines Sachverständigengutachtens ausgeschlossen
hat, ohne die Klägerin gemäß § 139 ZPO auf Bedenken hinsichtlich der
Zuverlässigkeit des Gutachtens hinzuweisen.  
Aufgrund der
Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör leidet das erstinstanzliche
Verfahren an einem so erheblichen Mangel, dass es keine ordnungsgemäße
Grundlage für eine die Instanz beendet Entscheidung sein kann (vgl. BGH NJW
2001, 1500). 
Die zu erwartende
Beweisaufnahme erfüllt auch die Voraussetzungen des § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.        
Im Sinne von §
538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO notwendig ist eine umfangreiche oder aufwändige
Beweisaufnahme, wenn sie durch oder infolge der Korrektur des wesentlichen
Verfahrensfehler sicher zu erwarten ist (BGH, Urteil vom 22.01.2016 – V ZR
196/14, juris Rn. 19, Urteil vom 02.03.2017 -VII ZR 154/15, juris Rn. 11).
Diese Voraussetzung ist vorliegend gegeben. Der Verfahrensfehler des erstinstanzlichen
Gerichts, welcher in der Übergehung der Beweisantritte der Klägerin liegt, kann
nur dadurch korrigiert werden, dass die Beweiserhebung nachgeholt wird. 
Die
durchzuführende Beweisaufnahme ist auch umfangreich. Sie beschränkt sich nicht
allein auf die Einvernahme des Zeugen T.    
Voraussetzung für
die Begründetheit des Anspruchs der Klägerin ist nicht nur die Richtigkeit des
Ermittlungsergebnisses, zu der der von der Klägerin benannte Zeuge T zu hören
ist und gegebenenfalls, sofern das Amtsgericht Zweifel an der Zuverlässigkeit
der eingesetzten Software FileGuard hat, auch ein Sachverständigengutachten
einzuholen ist.   
Je nach Ergebnis
der Beweisaufnahme ist weiter zur Aktivlegitimation der Klägerin, sofern die
Parteien diese nicht unstreitig stellen, die Zeugin Q zu hören. Abhängig von
der materiell-rechtlichen Bewertung des Parteivorbringens durch das Amtsgericht
sind, sofern das Amtsgericht von der Erfüllung der sekundären Darlegungslast
der Beklagten ausgeht, ferner die von Klägerseite zur Täterschaft der Beklagten
benannten Zeugen L und M zu hören.        
Mit Rücksicht auf
die vorgenannten Gesichtspunkte und unter Würdigung sämtlicher weiterer
Umstände des vorliegenden Falles erschien es geboten, die Sache unter Aufhebung
des angefochtenen Urteils sowie des ihm zugrundeliegenden Verfahrens zur
erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Köln
zurückzuverweisen.     
Der erkennenden
Kammer der bewusst, dass das Berufungsgericht gemäß § 538 Abs. 1 ZPO
grundsätzlich gehalten ist, selbst die notwendigen Beweise zu erheben und in
der Sache zu entscheiden (BGH Urteil vom 02.03.2017 – VII ZR 154/15, juris).
Die Entscheidung zwischen der Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 ZPO und der
eigenen Sachentscheidung gemäß § 538 Abs. 1 ZPO steht im pflichtgemäßen
Ermessen des Berufungsgerichts. Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung ist
insbesondere auch zu erwägen, dass eine Zurückverweisung der Sache in aller
Regel zu einer Verteuerung und Verzögerung des Rechtsstreits führen wird und
dies den Interessen der Parteien entgegenstehen kann (vgl. BGH Urteil vom
14.05.2013 – II ZR 76/12 – NJW-RR 2013, 1013, juris; BGH, Urteil vom 02.03.2017
– VII ZR 154/15, juris). Dabei muss stets auch das Interesse der klagenden
Partei im Auge behalten werden, in einer angemessenen Zeit einen
vollstreckbaren Titel über die geltend gemachten Ansprüche zu erhalten (BGH
Urteil vom 12.01.2006 – VII ZR 207/04, NJW-RR 2006, 1221, juris).
Nach sorgfältiger
Abwägung sämtlicher Umstände ist die Kammer zu der Einschätzung gelangt, dass
das Interesse der Parteien an der Durchführung eines verfahrensfehlerfreien
erstinstanzlichen Verfahrens die vorgenannten Gesichtspunkte der
Prozessökonomie überwiegt. Dabei ist maßgeblich ins Gewicht gefallen, dass die
aufgezeichneten erstinstanzlichen Verfahrensfehler als schwerwiegend anzusehen
sind, da sie den Anspruch der Klägerin aus Art. 103 Abs. 1 GG auf Gewährung
rechtlichen Gehörs beeinträchtigt haben. Die Klägerin hat ein schützenswertes
Interesse daran, dass das Verfahren nicht mit solchen Mängeln belastet wird.
Dass sie dieses Interesse auch selbst verfolgen möchte, hat die Klägerin
dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie einen Antrag auf Aufhebung und
Zurückverweisung gestellt hat. Dadurch hat die Klägerin auch zu verstehen
gegeben, dass sie ihr Anliegen, in einer angemessenen Zeit einen
vollstreckbaren Titel über die geltend gemachten Ansprüche zu erhalten, durch
eine Aufhebung und Zurückverweisung nicht als beeinträchtigt ansieht (vgl. OLG
Hamm, Urteil vom 30.07.2013 – 21 U 84/12, juris). Da auch die Beklagte sich dem
Antrag der Klägerin angeschlossen hat, erweist sich die aufgrund der
Zurückweisung eintretende Verzögerung des Rechtsstreits nicht als besonders
berücksichtigenswert. Vor diesem Hintergrund muss der durch die
Zurückverweisung entstehende grundsätzliche Nachteil, dass eine gewisse
Verzögerung und Verteuerung des Prozesses eintritt, hingenommen werden, wenn,
wie hier, ein ordnungsgemäßes Verfahren in erster Instanz nachzuholen ist und
den Parteien die vom Gesetz zur Verfügung gestellten zwei Tatsachenrechtszüge
erhalten bleiben soll (vgl. OLG München, Urteil vom 30. 2015,10 U 2283/14,
juris Rn. 39.       
III.    
1.      
Die Entscheidung
über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten,
da der endgültige Erfolg der Berufung erst nach der abschließenden Entscheidung
beurteilt werden kann.
Die
Gerichtskosten waren gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 GKG niederzuschlagen, weil ein
wesentlicher Verfahrensmangel – nur ein solcher kann zur Aufhebung und
Zurückverweisung führen (§ 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) – denknotwendig eine
unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 21 Abs. 1 S. 1 GKG darstellt (OLG
München, Urteil vom 30.04.2015 – 10 U 2283/14, juris Rn. 42, vgl. auch OLG
Hamm, Urteil vom 30.07.2013 – 21 U 84/12, juris; OLG Nürnberg, Urteil vom
03.02.2016 – 4 U 1078/15, juris).
2.      
Gemäß § 708 Nr.
10 S. 1 ZPO war das Urteil für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Auch im
Falle einer Aufhebung und Zurückweisung ist im Hinblick auf §§ 775 Nr. 1, 776
ZPO ein Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit geboten (BGH JZ 1977,
232; OLG München, Urteil vom 30.04.2015 – 10 U 2283/14, juris Rn. 43). Der
Ausspruch einer Abwendungsbefugnis kommt – weil das Urteil einen
vollstreckungsfähigen Inhalt im eigentlichen Sinne nicht aufweist – nicht in
Betracht (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.01.2009 – 6 U 256/07, juris Rn.
86; OLG Hamm Urteil vom 30.07.2013 – 21 U 84/12, juris Rn. 102).       
3.      
Gründe für die
Zulassung der Revision bestehen nicht.   

Die Rechtssache
hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts
oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Revisionsgerichts (§ 541 Abs. 2 ZPO).
Kategorien
Uncategorized

LG Köln – Sekundäre Darlegungslast und Vortrag zum Nutzungsverhalten von Hausgenossen

Das Landgericht Köln hat mit Urteil vom  14.06.2017, Az. 14 S 94/15) bekräftigt,
dass bloße Hinweise auf abstrakte Nutzungsmöglichkeiten Dritter den
Anschlussinhaber in Filesharing Streitigkeiten nicht entlasten.

Auch wenn diese Einzelfallentscheidung des Gerichts, bei
der das Vorbringen der Anschlussinhaberin zu den Gesamtumständen der Nutzung
des Internetanschlusses durch im Haus lebende Söhne aufgrund seiner
Widersprüchlichkeit und des mehrfach geänderten Vorbringens nicht
wahrheitsgemäß und glaubhaft wirkt, sondern als an der jeweiligen
Prozesssituation orientiert und damit unbeachtlich war, nicht für das große Rad
taugt, so ist den Anschlussinhaber zu raten, zumindest das Erinnerungsvermögen
noch soweit zurückreicht, genaustes zu klären, wer wann wie den
Internetanschluss genutzt haben könnte oder dies regelmäßig auf bestimmte Art
und Weise macht.

Denn auch wenn der BGH seine ständige Rechtsprechung
unbeständig wirken lässt und die einzige Beständigkeit in der Unbeständigkeit
liegt, gelingt es den Abmahnanwälten immer mal wieder Gerichte davon zu
überzeugen, dass Anschlussinhaber auch
nach Jahren noch wissen müssen und Wissen können sollen, wer wann wie den PC
für was angeschlossen hat und auf welchen Seiten da gesurft worden ist.

So auch hier beim LG Köln bei der ansonsten lebensnahen
14. Kammer.


Gründe:
I.      
Die Klägerin macht wegen der von ihr behaupteten
Verletzung ausschließlicher Nutzungsrechte an dem Computerspiel „R“ gegen
die Beklagte Ansprüche auf Zahlung von Lizenzschadensersatz und Erstattung
vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren geltend.    
Das streitgegenständliche Computerspiel wurde von der
Firma H GmbH produziert und von der Firma L GmbH erstmals am 04.05.2012
veröffentlicht. In der Folge wurde das Computerspiel ohne Zustimmung der
Rechteinhaber in Peer-to-Peer-Netzwerken, so genannten Filesharing-Tauschbörsen,
anderen Nutzern zum kostenlosen Download angeboten.      
Im Rahmen von der Klägerin hierzu veranlasster
Ermittlungen stellte die von der Klägerin beauftragte Firma M der Klägerin mit,
dass streitgegenständliche Computerspiel zu nachfolgenden Zeitpunkten unter den
angegebenen IP-Adressen von Nutzern eines Filesharing-Netzwerkes anderen
Nutzern zum Download angeboten worden war:    
18.05.2012 19:48:52 Uhr IP-Adresse ###    
18.05.2012 21: 36:49 Uhr IP-Adresse ###   
19.05.2012 11:06:26 Uhr IP-Adresse ###    
19.05.2012 18:39:16 Uhr IP- Adresse ###   
Die Beklagte lebte im Jahr 2012 mit ihren zum damaligen
Zeitpunkt bereits erwachsenen Söhnen, den Zeugen S2 und S, unter der im Rubrum
angegebenen Adresse in einem gemeinsamen Haushalt. Die Beklagte war Inhaberin
eines von der E AG zur Verfügung gestellten Internetanschlusses mit LAN- und
WLAN-Verbindung, welcher mittels WPA2-Verschlüsselung gesichert war.      
Die E AG erteilte der Klägerin aufgrund eines von dieser
bei dem Landgericht Köln zu Az.: 230 O 74/12 gemäß § 101 Abs. 9 UrhG erwirkten
Gestattungsbeschlusses vom 06.06.2012 (Bl. 66 ff GA) am 10.07.2012 die Auskunft
(Bl. 70 f GA), dass obenstehende IP-Adressen zu den angegebenen Tatzeitpunkten
jeweils dem Internetzugang der Beklagten zugewiesen waren.       
Die Klägerin ließ die Beklagte mit Schreiben ihrer
jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 20.12.2012 abmahnen und zur Zahlung von
Lizenzschadensersatz auffordern. Diesbezüglich begehrt die Klägerin Erstattung
von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 368,00 € (Anspruchsbegründung
vom 07.06.2013, Bl. 19 GA). Mit Schreiben vom 02.04.2012, der Klägerin
zugegangen am 04.10.2012, gab die Beklagte eine Unterlassungserklärung ab und
lehnte Zahlungen an die Klägerin ab.
Im Oktober 2013 wurde von dem Anschluss der Beklagten zu
der im Rubrum angegebenen Adresse das Computerspiel „T“ im Rahmen eines
Filesharing-Netzwerkes zum Download angeboten. Zu diesem Zeitpunkt lebte die
Beklagte nicht mehr mit ihren Söhnen in einem gemeinsamen Haushalt. Die
Klägerin mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 13.03.2014 ab. Diese
Rechtsverletzungen sind vorliegend nicht streitgegenständlich.
Die Klägerin hat behauptet, die Firma L Media GmbH habe
die Firma H GmbH gegründet und sich von dieser sämtliche Nutzung- und
Verwertungsrechte an dem streitgegenständlichen Computerspiel „R“
einräumen lassen, wie aus Anl. K1, Bl. 21 GA und K4, Bl. 58 GA ersichtlich. Mit
Vertrag vom 05./08.03.2012 („Terms Summary“ und „General Distribution
Terms and Conditions“, Anlage K 2, Bl. 22-25 GA) habe die Klägerin u.a.
für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland von der Firma L Media GmbH
sämtliche physischen Nutzungs- und Verwertungsrechte an der Software sowie das
Recht zum Vertrieb über Internetdienste erworben.        
Die Klägerin hat weiter behauptet, die Beklagte habe zu
den oben genannten Zeitpunkten am 18.05.2012 und 19.05.2012 unter den
aufgeführten IP-Adressen das streitgegenständliche Computerspiel im Rahmen
einer Filesharing-Tauschbörse zum Download angeboten. Die Ermittlungen seien
zutreffend erfolgt, was sie näher ausführt. Indiz für die Täterschaft der
Beklagten seien auch die nachfolgenden Rechtsverletzungen aus Oktober 2013, die
nur von der Beklagten begangen worden sein könnten.        
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr stehe wegen
der Rechtsverletzungen im Zeitraum 18.05. – 19.05.2012 ein Anspruch auf Zahlung
von Lizenzschadensersatz gegen die Beklagte zu, welcher wegen der Aktualität
des streitgegenständlichen Computerspieles im Zeitpunkt der Rechtsverletzungen
sowie der kostenaufwändigen Herstellung mit weit über 500,00 EUR zu bemessen
sei. Hiervon hat die Klägerin einen Teil-Lizenzschadensersatz von 500,00 EUR
geltend gemacht.    
Die Beklagte hat bestritten, die Rechtsverletzung
begangen zu haben und behauptet, weder habe sie Filesharing-Software auf einem
Computer installiert noch genutzt. Sie habe das streitgegenständliche
Computerspiel weder heruntergeladen und damit Dritten angeboten, noch dieses
Dritten ermöglicht. Sie nutzte ihren Computer nicht für PC-Spiele und habe dies
auch in der Vergangenheit nicht getan.      
Sie sei am 16.05.2012 zu einem Urlaub in Schweden
aufgebrochen und erst am 20.05.2012 zurückgekehrt. Ihre Söhne hätten sich
derweil unter der im Rubrum genannten Wohnanschrift befunden. Diese hätten
jeweils mit eigenen Computern den Internetanschluss nutzen können. Auf
Nachfrage hätten ihre Söhne bestritten, Filesharing-Software zu nutzen oder das
streitgegenständliche Werk heruntergeladen zu haben.   
Sie habe ein Notebook genutzt. Der Router sei jeweils nur
für die Zeit der Internetnutzung dieses Computers in Betrieb genommen und
anschließend abgeschaltet worden (Schriftsatz vom 02.08.2013). Sie habe vor
ihrem Urlaub alle ihr zur Verfügung stehenden Computer ausgestellt. Ihre Söhne
hätten den Internetanschluss weiter genutzt. Nach Rückkehr sei der von ihr
genutzte Computer ausgestellt gewesen (Schriftsatz vom 21.10.2014).  
Nach Erhalt der Abmahnung vom 20.09.2012 habe sie ihren
Sohn S2 (Schriftsatz I vom 02.08.2013) / ihre Söhne (Schriftsatz II vom
21.10.2014) / gebeten, alle im Haushalt vorhandenen (Schriftsatz I) / deren
Computer (Schriftsatz II) zu untersuchen. Der Zeuge S2 habe weder
Filesharing-Software noch den streitgegenständlichen Titel vorfinden können
(Schriftsatz I) / die Söhne versicherten, die ihnen zur Verfügung zu stehenden
Computer zu untersuchen (Schriftsatz II).        
Sie sei Anfang Oktober 2013 nach Dannewerk verzogen.         
Zum weiteren erstinstanzlichen Vorbringen der Beklagten
wird auf die Schriftsätze vom 02.08.2013 und 21.10.2014 (Bl. 39 ff, 176 ff GA)
Bezug genommen.
Mit Urteil vom 16.12.2013 hat das Amtsgericht die Klage
auf die von der Beklagten erhobene Rüge der örtlichen Zuständigkeit als unzulässig
abgewiesen. Dieses Urteil hat die erkennende Kammer mit Urteil vom 26.06.2014,
Az.: 14 S 9/14, mit dem zugrundeliegenden Verfahren aufgehoben und den
Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht
zurückverwiesen.        
Die Klägerin hat die Zeugen S2 und S zum Beweis dafür
benannt, dass diese zum Tatzeitraum den Internetanschluss der Beklagten nicht
selbständig nutzen konnten und die Rechtsverletzung nicht begangen haben. Im
Rahmen der von dem Amtsgericht Köln mit Beschluss vom 08.12.2014 (Bl. 189-191
GA) angeordneten Beweiserhebung haben sich die Zeugen jeweils auf ihr
Zeugnisverweigerungsrecht berufen. 
Das Amtsgericht Köln hat mit Urteil vom 21.10.2015 (Bl.
247 ff. GA) die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt,
der Klägerin stünden gegen die Beklagte bereits deshalb keine Zahlungsansprüche
zu, da die Beklagte, Aktivlegitimation und Richtigkeit des
Ermittlungsergebnisses als wahr unterstellt, jedenfalls der ihr als
Anschlussinhaberin obliegenden sekundären Darlegungslast nachgekommen sei. Der
Vortrag der Beklagten sei ausreichend, um von der ernsthaften Möglichkeit der
Alleintäterschaft eines Dritten auszugehen, weshalb eine gegen die Beklagte als
Anschlussinhaberin sprechende Vermutung der Täterschaft jedenfalls erschüttert
sei. Der Vortrag der Beklagten zu ihrem eigenen Nutzungsverhalten sowie zu dem
ihrer Söhne erfülle die der Beklagten obliegende sekundäre Darlegungslast. Es
dürfe dem Inhaber eines Internetanschlusses kein Vortrag abverlangt werden, von
dem kein Erkenntnisgewinn zu erwarten sei. Aus diesem Grunde dürften keine
hohen Anforderungen an den Vortrag zum Internet-Nutzungsverhalten der Personen,
die selbstständigen Zugang zum Internetanschluss hatten und als Täter der
Rechtsverletzungen Betracht kommen, gestellt werden. Es liege auf der Hand,
dass der Anschlussinhaber das Nutzungsverhalten anderer Personen mit
selbstständigem Zugang zum Internetanschluss nicht konkret beschreiben könne,
sondern dazu nur vage Angaben machen könne. Die Beklagte sei auch ihrer
Nachforschungspflicht im Rahmen des Zumutbaren nachgekommen. Sie habe ihre
Söhne zu der Rechtsverletzung befragt und deren Antwort mitgeteilt, zudem ihre
Söhne aufgefordert, nach Filesharing-Software und dem Computerspiel auf ihren
Computer nachzuforschen. Zu mehr sei die Beklagte nicht verpflichtet,
insbesondere nicht gehalten, selbst die Computer volljähriger
Familienangehöriger zu durchsuchen. Die Klägerin habe den von ihr als
Anspruchstellerin zu führenden Beweis der Täterschaft der Beklagte nicht zu
führen vermocht.
Die Beklagte hafte auch nicht als Störerin wegen der
Überlassung ihres Internetanschlusses an ihre Söhne auf Ersatz der
Abmahnkosten. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei die Beklagte
nicht zu einer Belehrung oder ansatzlosen Kontrolle des Nutzungsverhaltens
ihrer zur Tatzeit volljährigen Söhne verpflichtet gewesen sei. Anhaltspunkte
dafür, dass bereits vor dem 18.05.2012 die Beklagte Kenntnis von möglichen
Urheberrechtsverletzungen ihrer Söhne im Rahmen der Internetnutzung hätte haben
können, seien nicht ersichtlich.     
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in
dem angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 ZPO.
Gegen das ihr am 27.10.2015 zugestellte Urteil hat die
Klägerin mit Schriftsatz vom 27.11.2015, bei Gericht eingegangen am selben
Tage, Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten
Berufungsbegründungsfrist mit am 28.01.2016 (Montag) bei Gericht eingegangenem
Schriftsatz begründet.  
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren
erstinstanzlichen Vortrag. Sie vertritt die Ansicht, das Amtsgericht habe
verkannt, dass die Beklagte der Gegenbeweis für das Vorliegen solcher Umstände
obliege, auf die sich die Annahme der Möglichkeit der Alleintäterschaft eines
Dritten stützen könne. Zumindest sei nach diesen Grundsätzen die Beklagte für
den sie begünstigenden Sachvortrag, dass ihre Söhne ihren Internetanschluss
überhaupt hätten nutzen können, beweispflichtig. Das aus der
Zeugnisverweigerung der Söhne der Beklagten resultierende non liquet habe aus
diesem Grunde zulasten der Beklagten berücksichtigt und der Klage stattgegeben
werden müssen.        
Die Klägerin ist ferner der Ansicht, das Amtsgericht habe
die Anforderungen an die der Beklagte als Anschlussinhaberin obliegenden
sekundären Darlegungslast verkannt. Nach den von dem Bundesgerichtshof hierzu
aufgestellten Grundsätzen sei es nicht ausreichend, lediglich pauschal die
theoretische Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers
lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss zu behaupten. Darüber gehe der
Vortrag der Beklagten jedoch nicht hinaus. Auch sei die Beklagte ihre
Nachforschungspflicht nicht nachgekommen. Diese beinhalte, dass die Beklagte
das (ganze) Ergebnis der Nachforschungen mitteilen müsse und sich nicht darauf
beschränken dürfe, lediglich ihr vorteilhafte Sachverhaltsdetails zu erklären.
So habe die Beklagte zwar vorgetragen, dass sie ihre Söhne aufgefordert habe,
deren Computer auf der Filesharing-Programme hin zu untersuchen, sich aber
nicht dazu erklärt, ob ihre Söhne dieser angeblichen Aufforderung nachgekommen
seien und, falls ja, zu welchem Ergebnis diese Untersuchung geführt habe.
Die Klägerin beantragt,  
das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 21.10.2015, Az. 137
C 263/13, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,      
wie erkannt.
Die Beklagte beantragt,  
die Berufung zurückzuweisen. 
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie
ist der Ansicht, sie sei der ihr obliegenden Darlegungslast umfassend
nachgekommen und nimmt Bezug auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Die Beklagte
trägt vor, sie sei davon überzeugt, dass ihre Söhne auch zum Tatzeitpunkt ihren
Internetanschluss genutzt hätten (Schriftsatz vom 30.05.2016, Seite 5, Bl. 308
GA). Ihre Söhne hätten ihr gegenüber eingeräumt, in ihrer Abwesenheit den
Internetanschluss genutzt zu haben. Sie habe Kenntnis davon, dass ihre Söhne
zum streitgegenständlichen Tatzeitpunkt den Anschluss genutzt hätten
(Schriftsatz vom 25.08.2016, Bl. 321 GA).         
Unzutreffend sei die Ansicht der Klägerin, sie habe das
Ergebnis der Untersuchungen der im Haushalt befindlichen Computer nicht
mitgeteilt. Hierzu behauptet die Beklagte (Schriftsatz vom 30.05.2016 Seite 6,
Bl. 309 GA), bereits 2013 habe sie ihren Sohn S gebeten, die im Haushalt
vorhandenen Computer zu untersuchen. Ihr Sohn habe ihr mitgeteilt, dass weder
der streitgegenständliche Titel noch Filesharing-Software vorgefunden wurde.   Abs. 37
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und
Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien
gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien vorgelegten Unterlagen und
Schriftstücke Bezug genommen.       
II.     
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.     
1.      
Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung
von Teil-Schadensersatz in Höhe von 500,00 EUR gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG
i.V.m. §§ 69 a Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4, 69 c Nr. 4, 69 b Abs. 1, 31 UrhG sowie auf
Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von 358,00 EUR gemäß § 97 a
Abs. 1 S. 2 UrhG a.F..   
a.      
Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Die Klägerin hat
ausweislich der Vertragsbedingungen mit Vereinbarung vom 05./08.03.2012 (Terms
Summary, Anlage K 2, Bl. 22 – 25 GA) von der Firma L GmbH u.a. das
ausschließliche Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung (§ 69 c Nr. 4 UrhG)
des streitgegenständlichen Computerspiels für das Gebiet der Bundesrepublik
Deutschland erworben. Der Vertrag ist von den Geschäftsführern der Klägerin L2
und H2 unterzeichnet unter Angabe ihrer Funktion als Geschäftsführer. Als
solche vertreten diese gemäß § 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG die in Österreich ansässige
Klägerin und nicht etwa eine GmbH gleichen Namens mit Sitz in Deutschland, für
die, auch nach Beklagtenvortrag die Herren Dres. L2 und H2 nicht
geschäftsführungsbefugt sind.        
Die Firma L Media GmbH war auch in der Lage, der Klägerin
das ausschließliche Recht zur Zugänglichmachung des streitgegenständlichen
Computerspiels zu lizenzieren, da die Firma H GmbH, unstreitig die Produzentin
des Computerspieles und damit originäre Rechteinhaberin (§ 69 b Abs. 1 UrhG),
der Firma L GmbH zuvor die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Spiel eingeräumt
hatte (§§ 69 a Abs. 4, 31 UrhG). Die Beklagte ist dem diesbezüglichen Vortrag
der Kläger nicht mehr entgegengetreten, nachdem die Klägerin einen Auszug aus
dem Internetauftritt der Firma H Studios GmbH vorgelegt hat, aus welchem
hervorgeht, dass die Firma H GmbH von der Firma L Media GmbH gegründet wurde
und letztere spezialisiert auf die Veröffentlichung von Computerspielen ist.      
b) Das streitgegenständliche Computerspiel ist als
Computerprogramm gemäß § 69 a Abs. 1, 3 S. 1 UrhG urheberrechtlich geschützt.
Bei Programmen von nicht unerheblichem Umfang wie dem streitgegenständlichen,
das ausweislich der Beschreibung in Anlage K 1 (Bl. 21 GA) über eine aufwändige
Grafik verfügt und eine Spieldauer von mehreren Stunden ermöglicht, spricht der
Beweis des ersten Anscheins für die Schutzfähigkeit (Dreier in: Dreier/Schulze,
UrhG, 5.Aufl. 2016 § 69a Rn. 29 m.w.N.). Dem ist die Beklagte nicht
entgegengetreten.     
c) Die Beklagte ist passivlegitimiert, weil über ihren
Internetanschluss in der Zeit vom 18.05.2012 bis 19.05.2012 zu den obenstehend
genannten vier Tatzeitpunkten das Computerspiel „R“, unter drei
verschiedenen IP-Adresse über eine Internettauschbörse zum Download angeboten
wurde. Dies stellt ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne von § 69 c Nr. 4
UrhG dar.       
Erheblichen Vortrag, wonach die Ermittlungen fehlerhaft
gewesen sein könnten, hat die Beklagte nicht vorgebracht. Sie hat lediglich
bestritten, dass der Klägerin die in der Anspruchsbegründung vorgetragenen
Auskünfte erteilt wurden und nach Vorlage der Auskunft der E AG
(Anlagenkonvolut K 5, Bl. 59 – 71 GA) hierzu nicht mehr vorgetragen.       
Im Hinblick auf die vierfachen Erfassungen des
Internetanschlusses der Beklagten unter drei unterschiedlichen IP-Adressen zu
Downloadangeboten desselben Computerspiel innerhalb von zwei Tagen ist von der
Richtigkeit des von der Klägerin vorgetragenen Ermittlungsergebnisses
auszugehen. Denn dass es kurz nacheinander mehrfach zu Fehlern bei der
Erfassung und Zuordnung gekommen sein könnte, liegt so fern, dass Zweifel an
der Richtigkeit der Anschlussidentifizierung schweigen (§ 286 ZPO) (vgl. OLG
Köln, Urteil vom 16.05.2012 – 6 U 239/11, juris Rn. 4).       
d) Die Beklagte ist auch täterschaftlich dafür
verantwortlich, dass das streitgegen-ständlichen Computerspiel zu den hier
fraglichen Zeitpunkten am 18.05.2012 und 19.05.2012 öffentlich zugänglich
gemacht worden ist.         
Zwar trägt die Klägerin nach den allgemeinen Grundsätzen
als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die
Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf (Lizenz-) Schadensersatz
sowie auf Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich
ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass die Beklagte für die von ihr
behauptete Urheberrechtsverletzung als Täterin verantwortlich ist (BGH, Urteil
vom 15.11.2012 – I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 – Morpheus;
Urteil vom 08.01.2014 – I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 14 – BearShare, Urteil
vom 11.06.2015 – I 75/14 – Tauschbörse III; Urteil am 12.05.2016 – I ZR 48/15 –
Everytime we touch; Urteil vom 06.10.2016 – I ZR 140/15 Afterlife).        
Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine
Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung
keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die
tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist
anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht
hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen
wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine
sekundäre Darlegungslast. Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast
noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138
Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem
Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu
verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast
vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls
welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten
und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der
Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur
Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer
eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat (BGH Urteil vom 11.06.2015 – I
75/14 – Tauschbörse III Rn. 37; Urteil am 12.05.2016 – I ZR 48/15 – Everytime
we touch, juris Rn. 33; Urteil vom 06.10.2016 I ZR 154/15 – Afterlife, juris
Rn. 15). Diesen Anforderungen wird die pauschale Behauptung der bloß
theoretischen Möglichkeit von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden
Dritten auf seinen Internetanschluss nicht gerecht (BGH, a.a.O., Tauschbörse
III, juris Rn. 37, 42; Everytime we touch, juris Rn. 50; Afterlife, Rn. 15).   
Dabei betrifft die sekundäre Darlegungslast die der
Feststellung der Täterschaft vorgelagerte Frage, ob die Voraussetzungen für die
tatsächliche Vermutung vorliegen, der Anschlussinhaber sei der Täter. Erst wenn
der Anschlussinhaber dieser sekundären Darlegungslast genügt, trifft den
Anspruchsteller die Last der dann erforderlichen Beweise; genügt der
Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast dagegen nicht, so muss er zur
Widerlegung der dann für den Anspruchsteller streitenden tatsächlichen
Vermutung den Gegenbeweis erbringen (OLG München, Urteil vom 14.01.2016 – 29 U
2593/15 – Loud, juris Rn. 38; vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 75/14 –
Tauschbörse III; Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 48/15 – Everytime we touch;
BGH, Urteil vom 06.10.2016 – Afterlife, juris Rn. 15).     
Nach diesen Grundsätzen ist von der Täterschaft der
Beklagten auszugehen.       
Zugunsten der Klägerin greift die tatsächliche Vermutung
der Täterschaft der Beklagten, da der Internetanschluss der Beklagten zu den
Verletzungszeitpunkten hinreichend gesichert war (aa) und der Internetanschluss
zwar nach Vortrag der Beklagten bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen
war, die Beklagte aber insoweit ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt
hat (bb).        
aa) Es ist nicht davon auszugehen, dass die
streitgegenständlichen Rechtsverletzungen von Seiten eines unbekannten Dritten
begangen wurden. Da der WLAN-Anschluss der Beklagten mit einer
WPA2-Verschlüsselung gesichert war, welcher als zum damaligen Zeitpunkt
hinreichend sicher anerkannt ist (vgl. OLG Köln, Urteil vom 14.03.2014 – 6 U
210/12, juris; BGH, Urteil vom 24.11.2016 – I ZR 220/15 – WLAN-Schlüssel, juris
Rn. 18), erscheint ein „Hackerangriff“ denklogisch fernliegend (OLG Köln,
Urteil vom 14.03.2014 – 6 U 210/12). Hiervon geht auch die Beklagte aus.        
bb) Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe ihren
Internetanschluss im Zeitraum der Verletzungshandlungen bewusst anderen
Personen, ihren beiden Söhnen, überlassen. Die Klägerin hat dies bestritten und
damit vorgetragen, allein die Beklagte habe auf den Internetanschluss zugreifen
können. 
Aus diesen Gründen ist die Beklagte nach obigen
Grundsätzen verpflichtet, zu den Umständen der Nutzung des Internetanschlusses
vorzutragen und dabei im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen und zur
Mitteilung der gewonnenen Erkenntnisse verpflichtet. Die Beklagte hat der ihr als
Anschlussinhaberin obliegenden sekundären Darlegungslast hinsichtlich der
Nutzung des Anschlusses durch Dritte nicht genügt.        
Das Verteidigungsvorbringen der Beklagten erschöpft sich
darin, dass die Beklagte ihre eigene Täterschaft bestreitet und stattdessen auf
ihre damals bereits volljährigen Söhne verweist, die beide mittels eigener
Computer über den Anschluss der Beklagten die Zugriffsmöglichkeit auf das
Internet gehabt hätten, ohne konkret zum Nutzungsverhalten der Söhne und deren
Zugriffsmöglichkeiten auf den Internetanschluss zu den vier
Verletzungszeitpunkten vorzutragen. Auch hat die Beklagte die aus ihren
Nachforschungen gewonnen Erkenntnisse nur unvollständig mitgeteilt.  
So hat die Beklagte ausgeführt, sie wisse von ihren
Söhnen, dass diese das Internet „wohl intensiver als sie“ nutzten, um
„insbesondere über soziale Medien zu kommunizieren“ (Schriftsatz vom
21.10.2014, Bl. 176 f GA). Welches Nutzungsverhalten die Söhne der Beklagten im
Übrigen – neben „insbesondere“ – mitgeteilt haben, erklärt die
Beklagte nicht. Relevant für die Beurteilung, ob die Söhne der Beklagten als
mögliche Täter in Frage kommen, ist dies aber insbesondere vor dem Hintergrund,
dass der Begriff „soziale Medien“ das Spielen von Computerspielen umfassen
kann, wenn diese in der Version „Multiplayer“ genutzt werden, nicht aber
zwangsläufig umfassen muss. Der von der Beklagten gewählte Begriff bleibt damit
bewusst vage.   
Gleiches gilt bezüglich des Vortrags der Beklagten zur
Nutzung des Internetanschlusses durch ihre Söhne.       
Zum Umfang der Darlegungslast hat der Bundesgerichtshof
in der Entscheidung „Everytime we touch“ (Urteil vom 12.05.2016, I ZR
48/15, juris Rn. 34) weiter ausgeführt:  
Entgegen der Auffassung der Revision kommt ein Eingreifen
der tatsächlichen Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers auch dann in
Betracht, wenn der Internetanschluss – wie bei einem Familienanschluss –
regelmäßig von mehreren Personen genutzt wird. Für die Frage, wer als Täter
eines urheberrechtsverletzenden Downloadangebotes haftet, kommt es nicht auf
die Zugriffsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern auf die
Situation im Verletzungszeitpunkt an (BGH, GRUR 2016, 91 Rn. 39 – Tauschbörse
III). Der Inhaber eines Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundären
Darlegungslast in Bezug darauf, ob andere Personen als Täter der
Rechtsverletzung in Betracht kommen, erst gerecht, wenn er nach vollziehbar
vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und
Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche
Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen.   
Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof in der
Entscheidung „Afterlife“ (Urteil vom 06.10.2016 – I ZR 154/15, juris Rn.
26) im Fall der Nutzung eines Internetanschlusses durch ein Ehepaar ausgeführt: 
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der
Beklagte vorgetragen, seine Ehefrau habe über einen Computer Zugang zu seinem
Internetanschluss gehabt, ohne nähere Einzelheiten zu Zeitpunkt und Art der
Internetnutzung durch seine Ehefrau mitzuteilen. Dies war allerdings auch nicht
erforderlich. Weitergehende Nachprüfungen dahingehend, ob die Ehefrau
hinsichtlich der von der Klägerin behaupteten Zugriffszeiten oder wegen der Art
der Internetnutzung als Täterin der geltend gemachten Rechtsverletzung in
Betracht kommt, waren dem Beklagten nicht zumutbar….auch unter Berücksichtigung
des für die Klägerin sprechenden Eigentumsschutzes (Art. 17 Abs. 2
EU-Grundrechtecharta und des Art. 14 GG (steht) der zugunsten des
Anschlussinhabers wirkende grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie (Art. 7
EU-Grundrechtecharta und Art 6 Abs. 1 GG) der Annahme weitergehender
Nachforschungs- und Mitteilungspflichten entgegen…
Vorliegend kann dahinstehen, ob der Bundesgerichtshof
damit von seiner ständigen Rechtsprechung zum Umfang der Darlegungslast des
Anschlussinhabers abrücken wollte, wie von dem Landgericht München
(EuGH-Vorlage vom 17.03.2017 – 21 O 24454/14, juris) angenommen. Dies erscheint
der Kammer allerdings zweifelhaft im Hinblick auf die Pressemitteilung zu dem
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 30.03.2017 (Pressemitteilung Nr. 46/2017 vom
30.03.2017 zu Az.: I ZR 19/16 – Loud, juris), wonach der Anschlussinhaber zur
Vermeidung eigener Haftung gehalten sei, das ihm als Täter bekannte
Familienmitglied zu benennen.       
Denn vorliegend genügt der Vortrag der Beklagten nicht
einmal den Anforderungen an die Darlegungslast, die auch in dem Urteil des
Bundesgerichtshofs „Afterlife“ (Urteil vom 06.10.2016, I ZR 154/15, juris
Rn. 15, 27) aufgestellt werden. Auch in der vorgenannten Entscheidung führt der
Bundesgerichtshof aus, dass die pauschale Behauptung der bloß theoretischen
Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den
Internetanschluss nicht genügt, des Weiteren der Anschlussinhaber zu den
Umständen seiner eignen Internetnutzung vorzutragen hat und dabei auch zur
Angabe verpflichtet sein kann, ob auf dem von ihm genutzten Computer
Filesharing-Software vorhanden ist (BGH, a.a.O., Afterlife juris Rn. 15, 27).   
Hierzu hat die Beklagte nur unvollständig und
widersprüchlich vorgetragen. Gegen die Richtigkeit des Vortrags der Beklagten,
sie sei nicht Täterin der Rechtsverletzungen, spricht bereits ihr
Prozessverhalten. 
So hat die Beklagte zunächst vorgetragen (Schriftsatz vom
02.08.2013, Bl. 39 ff GA), der Router sei jeweils nur für die Dauer der Nutzung
ihres Notebooks in Betrieb genommen, anschließend abgeschaltet worden. Nach
Erhalt der Abmahnung der Klägerin vom 20.09.2012 habe ihr Sohn S die im Haus
befindlichen Computer auf Filesharing Software untersucht und solche nicht
vorgefunden, ebenso wenig wie den streitgegenständlichen Titel (Schriftsatz vom
02.08.2013, Seite 8, Bl. 46 GA).        
Nach diesem Vorbringen war denklogisch ausgeschlossen,
dass die Söhne der Beklagten die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen
hätten begehen können. Wenn weder der Router in Abwesenheit der Beklagten
eingeschaltet wurde, noch auf einem der im Haus befindlichen Computer
Filesharing-Software installiert war, war die Teilnahme an einer
Filesharing-Tauschbörse unmöglich. Nach diesem Vorbringen handelte es sich bei
der Abmahnung der Klägerin vom 20.09.2012 um den ersten Vorfall dieser Art, so
dass nicht ersichtlich ist, dass die Söhne der Beklagten Veranlassung gehabt,
hätten, installierte Filesharing-Software vor Eingang der Abmahnung der
Klägerin vom 20.09.2012 vorsorglich zu deinstallieren. Auf Grundlage dieses
Vorbringens waren die Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte begründet, da
die Beklagte eine Täterschaft ihre Söhne ausgeschlossen hatte und damit keine
andere Person den Internetanschluss der Beklagten hatte nutzen können.        
Mit Verfügung vom 01.08.2014 (Bl. 161 GA) hat das
Amtsgericht die Beklagte darauf hingewiesen hatte, dass es von der Richtigkeit
des vorgetragenen Ermittlungsergebnisses ausgehe und der Vortrag der Beklagten
nicht geeignet sei, „die tatsächliche Vermutung der täterschaftlichen
Anschlussverantwortlichkeit zu erschüttern“, insbesondere wenn die
Beklagte keine Zweifel an der Richtigkeit der Angaben der Familienangehörigen
vortrage.     
Daraufhin hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 21.10.2014
(Bl. 176 f) ihren Vortrag, der Router sei nach Beendigung der Nutzung ihres
Notebooks ausgeschaltet worden, geändert und stattdessen vorgetragen, sie habe
vor Reiseantritt am 16.05.2012 „alle ihr zur Verfügung stehenden Computer“
ausgeschaltet, ihre Söhne hätten den Internetanschluss weitergenutzt. Welche
Computer der Beklagten „zur Verfügung“ standen, die die Beklagte
ausschalten konnte, ohne ihre Söhne an einer Weiternutzung des Internets zu
hindern, hat die Beklagte nicht angegeben. Weiter hat die Beklagte ausgeführt,
„der von ihr genutzte Computer“ sei bei ihrer Rückkehr ausgeschaltet
gewesen.    
Der Vortrag der Beklagten zur eigenen Nutzung von im
Haushalt vorhandenen internetfähigen Geräten ist damit bereits aufgrund seiner
Widersprüchlichkeit unbeachtlich.
Gleiches gilt für die Überprüfung der im Haus
befindlichen Computer auf das Vorhandensein von Filesharing-Software sowie im
Hinblick auf das Ergebnis der Überprüfung. Die Beklagte nennt hierzu für die
erstmalige Überprüfung der Computer durch den Zeugen S zwei Zeitpunkte („nach
der Erhalt der Abmahnung vom 20.09.2012″ / „bereits im Jahr 2013″),
die nicht zugleich zutreffen können.        
Mit Schriftsatz vom 02.08.2013 hatte die Beklagte
vorgetragen, der Zeuge S habe keine Filesharing-Software auf den im Haus
befindlichen Computern vorfinden können. Mit Schriftsatz vom 30.05.2016 lässt
die Beklagte offen, ob dieses Untersuchungsergebnis zutreffend sei, zu welchem
Ergebnis ihr Sohn S2 bei der Untersuchung seines Computers gekommen sei, teilt
die Beklagte nicht mit. Gründe für den Wechsel im Parteivorbringen, die nicht
dem Hinweis des Amtsgerichts geschuldet sind, trägt die Beklagte nicht vor.        
Da die Beklagte mit Schriftsatz vom 21.10.2014 (erstmals)
erklärt hat, sie könne nicht beurteilen, ob auf einem Computer
Filesharing-Software installiert sei, ist nach dem Beklagtenvorbringen nicht
ausgeschlossen, dass auch auf dem/den von ihr (mit) genutzten Computern
Filesharing-Software installiert war. Gleichermaßen ist das Vorbringen der
Beklagten, sie habe zu keinem Verletzungszeitpunkt das streitgegenständliche
Computerspiel heruntergeladen und damit Dritten zum Download angeboten, nicht
zur Entlastung der Beklagten geeignet. Denn damit hat die Beklagte nicht die
Möglichkeit ausgeschlossen, dass das streitgegenständliche Computerspiel zu den
streitgegenständlichen Verletzungszeitpunkten bereits auf einem von ihr
genutzten Computer installiert war und nicht heruntergeladen, sondern (nur) zum
Download angeboten wurde.
Schließlich ist auch das Vorbringen der Beklagten zur
Nutzung des Internetanschlusses durch ihre Söhne wechselnd und widersprüchlich:       
Hierzu trägt die Beklagte vor: Der Router sei von ihr
ausgeschaltet worden (Schriftsatz vom 02.08.2013), ihre Söhne hätten den
Internetanschluss weiterhin genutzt (Schriftsatz vom 21.10.2014), ihre Söhne
hätten dies eingeräumt (Schriftsatz vom 25.08.2016), sie sei überzeugt davon,
dass ihre Söhne auch zum Tatzeitpunkt ihren Internetanschluss genutzt hätten
(Schriftsatz vom 30.05.2016), sie habe Kenntnis davon, dass ihre Söhne zum
streitgegenständlichen Zeitpunkt ihren Internetanschluss genutzt hätten
(Schriftsatz vom 25.08.2016). 
Da streitgegenständlich vier Tatzeitpunkte sind und mit
den Söhnen der Beklagten zwei potentielle Täter von der Beklagten genannt
werden, bleibt der Vortrag der Beklagten damit im Ungenauen, obgleich nach dem
Vorbringen der Beklagten diese zumindest hinsichtlich einer Tatzeit Kenntnis
von dem Zugriff eines oder beider Söhne auf ihren Internetanschluss hatte.       
Die Widersprüche in ihrem Vorbringen hat die Beklagte
nicht nachvollziehbar erläutert. Insgesamt ist das Vorbringen der Beklagten
dadurch gekennzeichnet, dass diese Sachvortrag zur Nutzung des
Internetanschlusses nur bruchstückhaft, soweit für die Beklagte vorteilhaft,
erklärt und dabei ihr Parteivorbringen der jeweiligen Prozesssituation anpasst.
Schließlich erscheint auch das Vorbringen der Beklagten, sie könne nicht
kontrollieren, ob Filesharingsoftware auf einem Computer installiert sei, vor
dem Hintergrund des eigenen Nutzungsverhaltens der Beklagten unglaubhaft. Auch
zu Zwecken der „Internetrecherche“, des Onlinebankings oder des
E-Mail-Versands, welche die Beklagte nach eigenem Vorbringen mit ihrem Notebook
vornahm, ist es zunächst erforderlich, entsprechende Programme zu installieren.
Wenn die Beklagte ihr Notebook bedienen konnte, ist aus diesem Grund nicht
nachzuvollziehen, dass sie nicht in der Lage gewesen sein will, das
Programmverzeichnis des Notebooks oder eines anderen Computers aufzurufen. Dies
gilt umso mehr, als zwischen den Parteien unstreitig ist, dass von dem
Anschluss der Beklagten erneut ein Computerspiel zum Download angeboten wurde,
als die Söhne der Beklagten nicht mehr mit dieser in häuslicher Gemeinschaft
lebten. Der – einzige – diesbezügliche Einwand der Beklagten, sie sei vor
Erfassung ihres Internetanschlusses bereits nach Dannewerk verzogen, verfängt
nicht. Es ist gerichtsbekannt, dass die Nutzung eines Internetanschlusses unter
der von dem Anbieter mitgeteilten Benutzerkennung ortsungebunden möglich ist,
der Internetanbieter, hier die E AG, die Auskunft jedoch nur stets zu der
Anschrift erteilen kann, die ihr von ihrem Vertragspartner (dem Nutzer des
Internetanschlusses) mitgeteilt worden ist (vgl. Urteil der erkennenden Kammer
vom 06.04.2017 – 14 S 104/15).      
Zweifel an der Richtigkeit des geänderten Vortrags der
Beklagten bestehen insbesondere, da die Beklagte mit ihrer Einlassung zunächst
ihre Söhne als Täter ausgeschlossen hatte und ihren Vortrag zur Handhabung des
Routers, ihren mangelnden Computerkenntnissen sowie möglichen Zweifeln an dem
Ergebnis der Computeruntersuchung ihres Sohnes S nicht, obgleich naheliegend,
mit der Klageerwiderung, sondern erst auf den Hinweis des Amtsgerichts auf die
fehlende Erfolgsaussicht der ursprünglichen Rechtsverteidigung vorgetragen hat. 
Bei seinen tatsächlichen Feststellungen hat das Gericht
auch ohne förmliche Beweisaufnahme unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts
der Verhandlungen nach freier Überzeugung zu entscheiden, welchen vorgetragenen
Sachverhalt es als wahr oder nicht wahr erachtet (§ 286 ZPO) (OLG Köln, Urteil
vom 14.03.2014 – 6 U 109/13; zur grundsätzlichen Zulässigkeit der
Berücksichtigung der Modifizierung des Prozessvortrages im Laufe eines
Prozesses im Rahmen der Beurteilung gemäß § 286 ZPO vgl. auch BGH, Urteil vom
11.05.2016 – I ZR 75/14 Rn. 31 m.w.N.). Zusammenfassend ist festzuhalten, dass
das Vorbringen der Beklagten zu den Gesamtumständen der Nutzung des
Internetanschlusses aufgrund seiner Widersprüchlichkeit und des mehrfach
geänderten Vorbringens der Beklagten nicht wahrheitsgemäß und glaubhaft wirkt,
sondern als an der jeweiligen Prozesssituation orientiert und damit
unbeachtlich.
Nichts anderes folgt aus der von der Beklagten zitierten
Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Afterlife“ (Urteil vom 06.102.106 – I
ZR 154/15, juris). Selbst wenn aus dieser Entscheidung abzuleiten wäre, dass in
Bezug auf Familienangehörige als mögliche Täter aus Gründen der Zumutbarkeit
unter Berücksichtigung des Schutzes von Ehe und Familie(Art. 6 GG) auf die
Mitteilung näherer Einzelheiten zu Zeitpunkt und Art der Internetnutzung
allgemein und nicht nur in dem konkret von dem Bundesgerichtshof entschiedenen
Fall zu verzichten wäre, entbindet dies eine Partei nicht von der Verpflichtung
zu wahrheitsgemäßem Vortrag (§ 138 Abs. 1 ZPO). Der Vortrag, den eine Partei in
den Prozess einführt, hat gemäß § 138 Abs. 1 ZPO wahrheitsgemäß zu erfolgen,
auch soweit die Partei nicht verpflichtet gewesen wäre, sich zu Details
überhaupt zu erklären. Es besteht im Rahmen des Zivilprozesses für eine
beklagte Partei nicht das Recht zur Lüge, auch nicht im Interesse von
Familienangehörigen. Deshalb ist auch vorliegend wie geschehen das Vorbringen
der Beklagten insgesamt zu würdigen.        
dd) Da die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast zum
Zugriff Dritter auf ihren Internetanschluss nicht genügt hat, greift zugunsten
der Klägerin die gegen die Beklagte als Anschlussinhaberin sprechende
Vermutung, dass diese die streitgegen-ständlichen Rechtsverletzungen begangen
habe.        
Diese tatsächliche Vermutung hat die Beklagte nicht durch
Führung des Gegenbeweises erschüttert. Zwar behauptet die Beklagte, ihre Söhne
hätten „zum streitgegenständlichen Zeitpunkt“, damit zumindest zum
Zeitpunkt einer der Verletzungshandlungen, Zugriff auf den Internetanschluss
der Beklagten gehabt. Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme
ist die Beklagte jedoch beweisfällig geblieben, da sich die als Zeugen benannten
Söhne der Beklagten auf das ihnen jeweils gemäß § 381 Abs. 1 Nr. 3 ZPO
zustehende Zeugnisverweigerungsrecht berufen haben.  
Ist – wie hier nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen
Beweisaufnahme, in welcher die Söhne der Beklagte das Zeugnis verweigert haben
– nicht feststellbar, dass ein Dritter selbständigen Zugang zu dem
Internetanschluss des Anschlussinhabers hatte und danach allein verantwortlich
für die Rechtsverletzung sein kann, bleibt es bei der tatsächlichen Vermutung,
dass der Anschlussinhaber für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. In einem
solchen Fall fehlt es an einer tatsächlichen Grundlage für die Annahme, ein
Dritter könnte die Verletzungshandlung mit – alleiniger – Tatherrschaft
begangen haben (BGH, Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 50/14 – Tauschbörse III,
juris Rn. 48).   
Aus diesem Grund war dem Beweisangebot der Beklagten,
dass sie sich während des Tatzeitraums in Schweden aufgehalten habe, nicht
nachzugehen. Denn auch der Aufenthalt der Beklagten in Schweden als zutreffend
unterstellt, wäre es dennoch denkbar, dass die Beklagte die
streitgegenständlichen Rechtsverletzungen mittels der „ihr zur Verfügung
stehenden Computer“ begehen konnte. Das Hochladen einer Datei im Rahmen
einer Filesharing-Tauschbörse setzt nicht voraus, dass der Handelnde zum
Zeitpunkt des Hochladens persönlich anwesend bzw. aktiv ist. Vielmehr kann im
Rahmen einer Tauschbörse ein zu einem anderen Zeitpunkt in Gang gesetzter
Vorgang selbstständig weiterlaufen (vgl. OLG München, Urteil vom 14.01.2016 –
29 U 2593/15 – Loud, juris Rn. 49; BGH, Urteil vom 12.05.2016 – I ZR 48/15 –
Everytime we touch, juris Rn. 55). Das fortdauernde Downloadangebot wäre auch
nicht denknotwendig in Abwesenheit der Beklagten durch eine Zwangstrennung des
Internetanschlusses nach 24 Stunden beendet worden, da bei entsprechender
Voreinstellung des Routers bzw. Computers eine automatische Wiederherstellung
der Internetverbindung unter neuer IP-Adresse erfolgt. Auf das Fehlen eines
persönlichen Interesses der Beklagten an dem zum Download angebotenen
Computerspiel kommt es gleichfalls nicht an, weil der Teilnahme an Filesharing
auch anderweitige Interessen – wie die zur Überlassung an Dritte –
zugrundeliegen können (vgl. BGH, Urteile vom 11.06.2015 – I ZR 19/14 –
Tauschbörse I, juris Rn. 49; I ZR 75/14 – Tauschbörse III,, juris Rn. 43;
Urteil vom 12.05.2016 – I ZR 48/15 – Everytime we touch; juris Rn. 55).       
Auch den Aufenthalt der Beklagten in Schweden als
zutreffend unterstellt, fehlt es an einer tatsächlichen Grundlage für die
Annahme, ein Dritter könnte die Verletzungshandlung mit – alleiniger –
Tatherrschaft begangen haben. In einem solchen Fall verbleibt es bei der gegen
den Anschlussinhaber sprechenden Vermutung der Täterschaft (vergleiche BGH,
Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 75/14 – Tauschbörse III, juris Rn. 52; auch
Urteil vom 06.10.2016 – I ZR 154/15 Afterlife).    
d) Die öffentliche Zugänglichmachung des
streitgegenständlichen Computerspieles war auch rechtswidrig, da es ohne
Zustimmung der Rechteinhaber erfolgte.     
e) Die Beklagte hat auch schuldhaft gehandelt. Der
Beklagten war nach ihrem eigenen Vorbringen jedenfalls im Grundsatz die
tatsächliche und rechtliche Problematik des Filesharings bekannt. Dabei spielt
keine Rolle, dass möglicherweise davon auszugehen sein könnte, dass die
Beklagte keine vertiefte Kenntnis über die Funktionsweise von
Filesharing-Tauschbörsen hatte. Denn nach ihrem eigenen Vorbringen war ihr
jedenfalls bekannt, dass es sich bei der Teilnahme an einer derartigen
Tauschbörse um ein rechtswidriges Verhalten gehandelt hat. Dies genügt;
insbesondere reicht einfache Fahrlässigkeit (§ 276 BGB) aus.    
f) Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus vorstehenden
Gründen ein Anspruch auf Lizenzschadensersatz wegen der unberechtigten
öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Computerspieles in
Filesharing-Netzwerken zu, §§ 97 Abs. 2, 69 c Nr. 4 UrhG. Der geltend gemachte
Anspruch auf Teil-Schadensersatz von 500,00 EUR ist auch der Höhe nach
begründet.   
Die Höhe der zu zahlenden Lizenzgebühr hat der Tatrichter
gemäß § 287 ZPO unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nach
seiner freien Überzeugung zu bemessen (vgl. BGH Urteil vom 29.04.2010 – I ZR
68/08 – Restwertbörse I; Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 19/14 – Tauschbörse I).
Nicht entscheidend ist hingegen, ob der Verletzte überhaupt beabsichtigte, eine
Lizenzierung vorzunehmen; die Zuerkennung einer angemessenen Lizenzgebühr kommt
selbst dann in Betracht, wenn die vorherige Erteilung der Zustimmung als
schlechthin undenkbar erscheint (vgl. BGH GRUR 1993, 55 – Tchibo/Rolex II) oder
ob der Verletzer selbst bereit gewesen wäre, für seine Benutzungshandlungen
eine Vergütung zu zahlen (vgl. BGH NJW-RR 1995, 1320, 1321). Zur Ermittlung der
angemessenen Lizenzgebühr ist zu fragen, was ein vernünftiger Lizenzgeber und
ein vernünftiger Lizenznehmer anstelle der Parteien für die Übertragung des
Rechts auf die Beklagten vereinbart hätten, infolge dessen diese das
streitgegenständliche Computerspiel im Internet im Rahmen eines Netzwerks für
eine Vielzahl von Teilnehmern zum Download bereit halten durfte.        
Für den Schadensersatzanspruch entspricht es unter
Anwendung dieser Grundsätze der Rechtsprechung der Kammer, als Anhaltspunkt für
die Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO auf die Beträge abzustellen, die für
vergleichbare Nutzungsarten vereinbart werden. Der Kammer ist aus einer Reihe
von Fällen gerichtsbekannt, dass bereits für die zeitlich und räumlich
beschränkte Lizenz zum Anbieten einer Single im Internet Lizenzgebühren im
vierstelligen Euro-Bereich vereinbart werden. Auch aus diesem Grund setzt die
Kammer in ständiger Rechtsprechung für das Angebot von Musikaufnahmen über
Filesharingnetzwerke im Internet für den Regelfall jeweils 200,00 EUR pro
Musiktitel als angemessenen Schadensersatz an. Dies entspricht der
obergerichtlichen (vgl. etwa OLG Köln, Urteil vom 06.02.2015 – 6 U 209/13; OLG
Hamburg, Urteil vom 05.11.2013 – 5 U 222/10; OLG Frankfurt, Urteil vom
15.07.2014 – 11 U 115/13; Urteil vom 16.12.2014 – 11 U 27/14) und auch der
höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Urteile vom 11.06.2015 zu I ZR 4/14, I
ZR 19/14 und I ZR 75/14 – Tauschbörse I-III; Urteil vom 12.05.2016 – I ZR 48/15
– Everytime we touch).       
Vor diesem Hintergrund hält die Kammer ebenfalls in ständiger
Rechtsprechung Schadensersatzverlangen im Bereich von 400,00 EUR bis 600,00 EUR
für das rechtswidrige Download-Angebot im Internet im Rahmen eines
Filesharingnetzwerks für einen kompletten Film und auch ein Computerspiel für
angemessen. So hat die Kammer in vergleichbaren Fällen einen Lizenzschaden von
500,00 EUR bezüglich eines Computerspiels als angemessen angesehen (Urteil vom
11.02.2016 – 14 S 23/14; vgl. zu einem Schadensersatzbegehren in Höhe von
510,00 EUR auch den Rechtstreit vor der Kammer 14 O 277/13, bestätigt durch
Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 24.01.2016 – 6 W 7/14). Im Hinblick
darauf, dass die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen unmittelbar nach
Erstveröffentlichung des Computerspieles erfolgten und damit in besonderem Maße
geeignet waren, die der Klägerin gleichfalls zustehenden ausschließlichen
Vertriebsrechte zu beeinträchtigen, erachtet die Kammer vorliegend einen 500,00
EUR übersteigenden Schadensersatzanspruch für angemessen. Der von der Klägerin
geltend gemachte Teil-Schadensersatz von nur 500,00 € ist deshalb jedenfalls
begründet.        
2. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf
Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren für die Abmahnung vom
20.09.2012 ist gemäß § 97 a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. in der geltend gemachten Höhe
von 368,00 EUR begründet.    
Der Anspruch der Klägerin ist gemäß § 97 a UrhG a.F. in
der bis 08.10.2013 geltenden Fassung zu beurteilen. Für den Anspruch auf
Erstattung von Abmahnkosten kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der
Abmahnung an (BGH, Urteile v. 12.05.2016 – I ZR 272/14 – Die Päpstin, juris Rn.
19; m.w.N.).     
Die Abmahnung der Beklagten vom 20.09.2012 war
berechtigt, da der Klägerin aus vorstehenden Gründen gegen die Beklagte ein
Unterlassungsanspruch gemäß §§ 97 Abs. 1, 69 c Nr. 4 UrhG wegen der
unberechtigten öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen
Computerspiels zustand; die durch die vorangegangene Rechtsverletzung
indizierte Wiederholungsgefahr war erst durch die Unterlassungserklärung der
Beklagten vom 02.10.2012 beseitigt worden.  
Der Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten ist nicht
gemäß § 97 a Abs. 2 UrhG a.F. auf 100,00 EUR beschränkt. Bei der Ermittlung der
Rechtsverletzung in so genannten Filesharing Netzwerken wie im vorliegenden
Fall und der Durchsetzung der daraus folgenden Ansprüche handelt es sich nicht
um einen einfach gelagerten Fall im Sinne von § 97 a UrhG in der bis 08.10.2013
geltenden Fassung (ständige Rechtsprechung der Kammer; bestätigend schon OLG
Köln, Beschluss vom 13.09.2013 – 6 W 152/13; jetzt höchstrichterlich bestätigt
durch BGH, Urteil vom 12.05.2016 – I ZR 1/15 – Tannöd). Die zu erstattenden
Rechtsanwaltsgebühren bemessen sich aus diesem Grund nach dem vollen
Gegenstandswert der Abmahnung.      
Bei der öffentlichen Zugänglichmachung eines aktuellen,
durchschnittlich erfolgreichen Computerspieles im Rahmen einer
Filesharing-Tauschbörse ist von einem Gegenstandswert für den
Unterlassungsanspruch von nicht unter 15.000,00 EUR auszugehen (BGH, Urteil vom
12.05.2016 – I ZR 43/15, juris Rn. 48).  
Die Rechtsanwaltsgebühren bestimmen sich danach
grundsätzlich anhand einer 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG nach einem
Gegenstandswert von 15.000,00 EUR, zuzüglich einer Post- und Telekommunikationspauschale
nach Nr. 7300 VV RVG in Höhe von 20,00 EUR. Die von der Klägerin geltend
gemachten Rechtsanwaltskosten von 368,00 EUR liegen unter einer 1,0
Geschäftsgebühr, welche nach Anl. 2 a.F. zu § 13 Abs. 1 RVG bereits 566,00 €
betrug.        
5. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280 Abs. 2, 286
Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 S. 2, 247 BGB. 291, 288 Abs. 1 BGB. Anspruch auf
Zahlung von Verzugszinsen kann die Klägerin erst ab Zugang des jegliche Zahlung
verweigernden Schreibens der Beklagten vom 02.10.2012 geltend machen, da für
einen für eine frühere, verzugsbegründende Mahnung nichts dargetan ist. Die
Zinspflicht beginnt mit dem auf den Zugang des Schreibens (04.10.2012)
folgenden Tag (§ 187 BGB), mithin ab 05.10.2012.
Hinsichtlich des weitergehenden Zinsanspruchs war aus
diesem Grund die Klage abzuweisen und war die weitergehende Berufung
zurückzuweisen. 
III.    
Die Kostenentscheidung beruht §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr.
1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Kosten des Rechtsstreits waren der Beklagten insgesamt
aufzuerlegen, da das Unterliegen der Klägerin nur einen geringen Teil der
geltend gemachten Zinsforderung betraf und keine besonderen Kosten verursacht
hat.     
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt
sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO.    
IV.    
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind
nicht erfüllt. Die Kammer weicht mit dieser Entscheidung weder von einer
Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab, noch hat die Sache über die
Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung oder ist zur
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (543 Abs. 2 ZPO).       
Die Entscheidung beruht auf der tatrichterlichen
Anwendung gesetzlicher und höchstrichterlich durch zahlreiche Urteile des
Bundesgerichtshofs geklärter Rechtsgrundsätze in einem Einzelfall unter
Berücksichtigung der individuellen Besonderheiten des konkreten Sachverhaltes. 
V.     
Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Klägerin vom
10.05.2017 und der Beklagten vom 17.05.2017 haben vorgelegen, geben jedoch
keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO).        

Die Beschwer im Berufungsverfahren wird auf 868,00 EUR
festgesetzt.
Kategorien
Uncategorized

Softwarerecht – LG Köln: Nachbesserung eines Pkw durch Software-Update unzumutbar

Das LG
Köln hat sich im Urteil vom 18.05.2017, Az. 2 O 422/16,
mit der Unzumutbarkeit
der Nachbesserung eines Pkw durch Software-Update beschäftigt.
Leitsätze:
1.Es entspricht der
üblichen Beschaffenheit, dass der Motor eines Pkw die Abgasvorschriften
einhält, die in den technischen Daten in den Prospekten des Pkw angegeben sind.
2. Bei der Frage, ob
die Nichteinhaltung von Abgasvorschriften den Käufer zum Rücktritt berechtigt,
ist eine umfassende Abwägung der beiderseitigen Interessen nötig. Dabei fallen
auch solche künftigen Umstände ins Gewicht, die nicht sicher prognostiziert
werden können, aber jedenfalls nicht fernliegen. Dazu zählt, dass ein
EA-189-Motor nach dem Software-Update eine geringere Haltbarkeit aufweisen und
das Fahrzeug mit einem Makel, der den Wiederverkaufswert mindert, behaftet sein
kann.
3. Für den Käufer
eines Pkw mit EA-189-Motor ist eine Nachbesserung durch Software-Update
unzumutbar. Dies folgt unter anderem daraus, dass die Herstellerin des Motors
arglistig gehandelt hat. Der hierdurch verursachte Vertrauensverlust des
Käufers schlägt auch auf dessen Verhältnis zur Verkäuferin durch, weil diese
zur Nachbesserung auf das von der Herstellerin entwickelte Software-Update
angewiesen ist.
Tatbestand:
Abs. 1
Der Kläger verlangt
von der Beklagten, einer Y-Vertragshändlerin, die Rückabwicklung eines
Kaufvertrags, der durch eine sogenannte „Verbindliche Bestellung“ vom 29.
September 2012 zustande kam. Mit diesem Vertrag erwarb der Kläger von der
Beklagten einen gebrauchten Pkw Audi Q3 2.0 TDI, der erstmals im Mai 2012
zugelassen worden war, mit einer Laufleistung von 16.271 km zum Preis von
30.000 €.      
Der Kläger
finanzierte den Kaufpreis über ein Darlehen der Y Bank GmbH. Mittlerweile ist
das Darlehen abgelöst. Die Laufleistung betrug im Zeitpunkt des Schlusses der
mündlichen Verhandlung 46.915 km.         
Der Motor des
Fahrzeugs hat den Typ EA 189. Die zur Motorsteuerung aufgespielte Software
verfügt über zwei Modi. Im Modus 1, der automatisch auf Prüfständen aktiviert
wird, ist der Stickoxidausstoß erheblich reduziert und erfüllt die Vorgaben der
Norm Euro 5. Im Modus 0, der in allen anderen Situationen, also auch im
Straßenverkehr, automatisch eingestellt ist, wird der Stickoxidausstoß weniger
stark reduziert.         
Am 1. Juni 2016 gab
das Kraftfahrtbundesamt eine vom Y-Konzern entwickelte Software frei, mit
welcher der Motor von Pkw des streitgegenständlichen Typs so gesteuert werden
kann, dass der Stickoxidausstoß auch im Straßenverkehr die Vorgaben der
Euro-5-Norm erfüllt. Dieses Update kann von einer Vertragswerkstatt in weniger
als einer Stunde aufgespielt werden. Der Y-Konzern bietet den Eigentümern von
Pkw des streitgegenständlichen Typs ein solches Update seit dem 30. September
2016 an.           
Mit anwaltlichem
Schreiben vom 26. Oktober 2016 (K 5, Bl. 32) erklärte der Kläger den Rücktritt
vom Kaufvertrag und setzte der Beklagten für die Rückabwicklung des Vertrags
eine Frist bis zum 3. November 2016.         
Der Kläger hat
ursprünglich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 30.000 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.2.2016
Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs und abzüglich einer
Nutzungsentschädigung in Höhe von 2.970,94 € zu zahlen. Des Weiteren hat er die
nachfolgend unter Ziffern 2 und 3 wiedergegebenen Anträge angekündigt.          
Nach Hinweis des
Gerichts, dass die bloße Übergabe des Fahrzeugs nicht ausreiche, hat der Kläger
den Klageantrag zu 1 neu gefasst.     
Der Kläger beantragt
nunmehr sinngemäß,      
1. die Beklagte zu
verurteilen, an ihn 30.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 4. November 2016 Zug um Zug gegen Übergabe und
Übereignung des Fahrzeuges Audi Q3 2.0 TDI mit der Fahrgestellnummer ##### mit
der zugehörigen Zulassungsbescheinigung Teil II abzüglich einer
Nutzungsentschädigung in Höhe von 2.970,94 €zu zahlen; 
2. festzustellen,
dass sich die Beklagte spätestens seit dem 4. November 2016 mit der Rücknahme
des im Klageantrag zu 1 bezeichneten Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet;              
3. die Beklagten zu
verurteilen, an den Kläger außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe
von 1.564,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 4. Novemberj
2016 zahlen.      
Die Beklagte
beantragt,              
die Klage abzuweisen. 
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage
hat weit überwiegend Erfolg. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch
auf Rückzahlung des Kaufpreises von 30.000 € abzüglich gezogener
Gebrauchsvorteile in Höhe von 3.933,27 €, mithin 26.066,73 €, Zug um Zug gegen
Rückgabe und Rückübereignung des im Tenor bezeichneten Fahrzeugs (§§ 346 Abs.
1, 348, 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 BGB). Lediglich die Gebrauchsvorteile waren
geringfügig höher anzusetzen, und es besteht kein Anspruch auf Erstattung der
vorgerichtlichen Anwaltskosten.    
1. Das Fahrzeug wies
im Zeitpunkt der Übergabe an den Kläger einen Sachmangel auf, weil es die
Euro-5-Abgasnorm jedenfalls in Bezug auf den Stickoxidausstoß nicht erfüllte.
Die Einhaltung dieser Norm war geschuldet, weil es der üblichen Beschaffenheit
entspricht, dass ein Pkw-Motor die Abgasvorschriften einhält, die in den
technischen Daten der Prospekte angegeben sind.            
Dass das Fahrzeug die
Vorgaben der Norm nicht einhielt, folgt schon aus dem Umstand, dass die
Abgasbehandlung in zwei verschiedenen Modi vorgenommen wurde, von denen einer
für die Situation auf Prüfständen galt. In diesem Modus war der
Stickoxidausstoß so stark reduziert, dass die Vorgaben der Norm erfüllt wurden.
Eine solche differenzierte Motorsteuerung je nach Situation war aus Sicht der
Entwickler nur dann nötig, wenn das Fahrzeug im anderen Modus – auf der Straße
– die Euro-5-Norm in Bezug auf Stickoxid nicht einhielt.       
Die Ansicht der
Beklagten, es komme rechtlich nur auf die Situation auf dem Prüfstand an, ist
abwegig. Abgas- und Verbrauchswerte auf dem Prüfstand müssen zwar nicht mit
denen im Straßenbetrieb übereinstimmen; Letztere sind höher. Jedoch muss die
Motorsteuerung in beiden Situationen gleich sein, damit die Werte auf dem
Prüfstand und auf der Straße zumindest korrelieren (so auch LG Krefeld, Urteil
vom 14. September 2016 – 2 O 72/16, Rn 25).              
2. Die
Pflichtverletzung der Beklagten ist nicht unerheblich. Entgegen der Ansicht der
Beklagten ist dabei nicht nur auf die Kosten des Software-Updates in Relation
zum Kaufpreis abzustellen. Vielmehr ist eine umfassende Abwägung der
beiderseitigen Interessen im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung nötig. Bei
dieser fallen weitere Faktoren ins Gewicht, wie sie im Urteil des Landgerichts
Köln vom 2. März 2017 (2 O 317/16) dargelegt worden sind:        
a) Die Erheblichkeit
wird indiziert, wenn der Mangel einen für den Gläubiger wesentlichen
Qualitätsaspekt betrifft. Dies ist anzunehmen, denn die Einordnung in die
Euro-5-Norm ist auch Voraussetzung für die möglichst weitgehende räumliche
Benutzbarkeit des Autos, da der Betrieb von umweltschädlichen Pkw jedenfalls im
Zentrum von Großstädten in den letzten Jahren eingeschränkt wurde und
anzunehmen ist, dass weitere Einschränkungen folgen werden.      
b) Arglist des
Vertragspartners führt in der Regel dazu, dass die Pflichtverletzung nicht
unerheblich ist. Arglistig gehandelt hat vorliegend der Y-Konzern, nicht die
Beklagte. Jedoch spielt die Arglist der Herstellerin auch in dieser
Konstellation eine Rolle: Ein Software-Update kann die Klägerin nicht von der
Beklagten beziehen, sondern nur von der Herstellerin (über die Beklagte oder
eine andere Vertragswerkstatt). Die Klägerin hat wenig Anlass, der Herstellerin
in Bezug auf Motorsoftware zu vertrauen, nachdem diese sowohl die Behörden als
auch ihre Kunden über Jahre hinweg systematisch irregeführt hat.               
c) Die Motorsteuerung
ist ein besonders sensibler Bereich eines Autos. Nicht ohne Grund erlischt die
Hersteller-Garantie, wenn im Wege des sogenannten Chip-Tunings die Software
eines nicht autorisierten Drittanbieters aufgespielt wird. So wie der
Hersteller beim Chip-Tuning befürchtet, dass es zu Spätschäden am Motor kommt,
hat vorliegend der Kläger Grund zur Sorge, das Software-Update könne bislang
unbekannte Folgen für seinen Motor haben, die erst nach längerem Betrieb zu
Tage treten.               
d) Ebenso wenig kann
ausgeschlossen werden, dass das Fahrzeug auch nach Aktualisierung der Software
mit einem Makel behaftet ist, der den Wiederverkaufswert mindert. Dem steht
nicht entgegen, dass bisherige Marktuntersuchungen keinen Wertverfall von Pkw
mit EA-189-Motor ergeben haben. Es ist allgemein bekannt, dass in ganz
Deutschland eine Vielzahl von Klagen, die auf Rückabwicklung gerichtet sind,
anhängig ist. Dies indiziert, dass eine Vielzahl von Käufern die Absicht hat,
sich – vorzeitig – von ihrem Fahrzeug zu trennen. Dieses zusätzliche Angebot
ist derzeit noch nicht auf dem Markt, weil die Käufer zunächst den Ausgang
ihrer Prozesse abwarten.            
Entgegen der Ansicht
der Beklagten sind ein möglicherweise verbleibender Makel sowie ein möglicher
späterer Motorschaden nicht deswegen außer Betracht zu lassen, weil es sich
(nur) um „Spekulation“ handelt. Es geht insoweit nicht um die Frage, ob
ein Sachmangel vorliegt oder nicht. Zu fragen ist vielmehr, ob der Mangel mehr
als nur unerheblich ist. Unter diesem Blickwinkel fallen auch solche künftigen
Umstände ins Gewicht, die nicht sicher prognostiziert werden können, aber
jedenfalls nicht fernliegen.          
Die genannten
Umstände wiegen in der Gesamtbetrachtung deutlich schwerer als der vergleichsweise
geringe Kostenaufwand eines Software-Updates.         
3. Eine Fristsetzung
zur Nacherfüllung war nicht erforderlich. Eine Nacherfüllung kommt aus
tatsächlichen Gründen nur in Gestalt der Nachbesserung durch ein
Software-Update in Betracht. Ein Software-Update ist dem Kläger jedoch nicht
zumutbar, § 440 S. 1 Var. 3 BGB. Die Unzumutbarkeit folgt aus den oben (Ziffer
2 b – d) genannten Gründen.               
Nach Auffassung des
Gerichts ist auch im Rahmen der Unzumutbarkeit nicht Arglist der Beklagten erforderlich,
sondern es genügt, dass die Herstellerin arglistig gehandelt hat. § 440 S. 1
Var. 3 BGB geht weiter als § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB, der eine Abwägung der
beiderseitigen Interessen verlangt. § 440 S. 1 Var. 3 BGB erfasst darüber
hinaus alle Fälle, in denen das Vertrauensverhältnis der Vertragsparteien
erheblich gestört ist; dazu zählt auch ein Vertrauensverlust, der primär aus
dem früheren Verhalten der Herstellerin folgt, aber auf das Verhältnis der
Vertragsparteien durchschlägt. Dies wiederum ist vorliegend der Fall, weil die
Nachbesserung zwar von der Beklagten vorgenommen werden kann, aber nur unter
Verwendung eines von der Herstellerin entwickelten Software-Updates.        
4. Die
Gebrauchsvorteile des Klägers sind mit 3.933,27 € anzusetzen. Das streitgegenständliche
Fahrzeug ist mit einem 2,0l-TDI-Motor ausgestattet, der grundsätzlich langlebig
ist; eine Gesamtlaufleistung von 250.000 km kann berechtigt erwartet werden.
Der Kläger erwarb das Fahrzeug mit einer Laufleistung von 16.271 km, so dass er
noch 233.729 km mit dem Pkw hätte zurücklegen können. Tatsächlich ist er bis
dato 30.644 km mit dem Wagen gefahren (46.915 km ./. 16.271 km). Die
Gebrauchsvorteile errechnen sich demnach wie folgt: 30.644 km ÷ 223.729 km ×
30.000 € = 3.933,27 €.              
5. Seit dem Ablauf
der Frist zur Rücknahme des Fahrzeugs (4.11.2016) befindet sich die Beklagte in
Annahmeverzug. Das Datum des Beginns des Annahmeverzugs muss allerdings nicht
tenoriert werden, weil der Kläger ein Feststellungsinteresse nur daran hat, dass
Annahmeverzug besteht.  
6. Vorgerichtliche
Anwaltskosten kann der Kläger nicht ersetzt verlangen. Die Anwaltskosten sind
mit Beauftragung der klägerischen Prozessbevollmächtigten entstanden und damit
vor Eintritt des Verzugs der Beklagten mit der Nacherfüllung.               
Ein vertraglicher
Anspruch auf Schadensersatz in Form der Anwaltskosten ist nicht ersichtlich.
Die Beklagte trifft an dem Mangel kein Verschulden.         
7. Der Schriftsatz
des Klägers vom 27. April 2017, der in weiten Teilen nicht vom gewährten
Schriftsatznachlass gedeckt ist, bietet keinen Anlass zur Wiedereröffnung der
mündlichen Verhandlung, § 156 ZPO. Dies gilt auch, soweit in diesem Schriftsatz
angekündigt wird, den Klageantrag zu 1 nach Maßgabe des gerichtlichen Hinweises
„umstellen“ zu wollen. Der Kläger übersieht, dass sein
Prozessbevollmächtigter bereits in der mündlichen Verhandlung auf den Hinweis
reagiert und den Klageantrag zu 1 geändert hat.       
8. Die
Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Es sind keine Mehrkosten
dadurch entstanden, dass die Gebrauchsvorteile etwas höher zu bemessen sind als
vom Kläger angesetzt.  
Die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.
Streitwert: 27.029,06
Euro.        

Kategorien
Uncategorized

OLG Köln: Bestätigung des Verbots der Nutzung von Kohl-Zitaten im Buch „Vermächtnis – die Kohl-Protokolle“

Der
15. Zivilsenat des OLG Köln hat mit Urteil vom 05.05.2015, Az. 15 U 193/14 die Berufung der
Beklagten gegen das Urteil des LG Köln vom 13. November 2014, Az. 14 O 315/14, die Verwendung und
Veröffentlichung von Zitaten Dr. Kohls in dem Buch „Vermächtnis – die
Kohl-Protokolle“ zu untersagen, in vollem Umfang zurückgewiesen. Das
Landgericht hatte mit Urteil vom 13.11.2014 entschieden, dass die Beklagten –
die Autoren Dr. Heribert Schwan und Tilman Jens sowie der Verlag Random House –
den überwiegenden Teil der Zitate, die dem Autor Herrn Dr. Schwan im Rahmen
seiner Arbeit an den Memoiren des Klägers zwischen 2000 und 2001 zur Verfügung
gestellt wurden, nicht weiter verwenden und veröffentlichen dürfen. Auf die vom
Kläger eingelegte Berufung hin hat der Senat das Urteil des Landgerichts nicht
nur bestätigt, sondern ist mit dem Verbot weiterer Zitate, die die Vorinstanz
noch für zulässig erachtet hatte, im Umfang noch über dieses Urteil
hinausgegangen.
Nach
Ansicht des Senats war den Beklagten die Veröffentlichung sämtlicher Zitate,
die Gegenstand des Berufungsverfahrens waren, verboten. Den Beklagten zu 2) –
Herr Dr. Schwan – habe eine vertragliche Pflicht zur Geheimhaltung getroffen,
die im Rahmen der Vereinbarung der Zusammenarbeit zur Erstellung der
Biographien Herrn Dr. Kohls konkludent verabredet worden sei und Herrn Dr.
Schwan hindern sollte, die auf den Tonbändern fixierten Äußerungen ohne
Einverständnis des Klägers zu veröffentlichen. Die Pflicht ergebe sich aus dem
besonderen Gefüge der Verträge zwischen dem Drömer Verlag und Kohl bzw. dem
Verlag und Schwan, insbesondere den darin den Parteien zugewiesenen Funktionen
und Befugnissen. So sollte Herr Dr. Kohl die Entscheidungshoheit über die
Verwendung seiner Äußerungen als solche sowie den konkreten Inhalt und den
Zeitpunkt der Veröffentlichung zustehen. Herr Dr. Schwan hingegen sei als
Ghostwriter eine lediglich dienende Funktion zugewiesen worden. Zudem folge die
Geheimhaltungsverpflichtung aus der Zweckbindung der Tonbandaufzeichnungen als
lediglich allgemeiner Stoffsammlung für die geplanten Memoiren. Mit der
Geheimhaltungsabrede habe der Beklagte zu 2) auf sein diesbezügliches Recht auf
freie Meinungsäußerung verzichtet.
Die
Beklagten zu 1) und 3) – Tilman Jens und der Verlag Random House – hätten die
maßgeblichen Äußerungen ebenfalls nicht veröffentlichen dürfen. Dieses
Unterlassungsgebot folge nicht aus einer vertraglichen Bindung, sondern aus der
Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers in Form der
Vertraulichkeitssphäre und des Rechts am gesprochenen Wort. Zum Schutz der
Pressefreiheit sei zwar nicht jede Veröffentlichung rechtswidrig erlangter
Informationen ausgeschlossen. Ein absolutes Verwertungsverbot bestehe aber
dann, wenn Tonbandaufzeichnungen in wörtlicher Rede ungenehmigt weitergegeben
werden sowie dann, wenn sich die Presse in rücksichtsloser Weise über die
schützenswerten Belange des Betroffenen hinwegsetze. Eine solche
Fallkonstellation sei vorliegend anzunehmen. Den Beklagten zu 1) und 3) seien
sowohl die konkreten Umstände bekannt gewesen, unter denen der Beklagte zu 2)
die vertraulich erfolgten Äußerungen des Klägers aufgenommen habe, als auch das
spätere Zerwürfnis, welches eine weitere Zusammenarbeit beendet habe. Zudem
seien sie an der Erstellung des streitgegenständlichen Buches verantwortlich
beteiligt gewesen. Die Beklagten hätten selbst stets betont, bei der
Entwicklung des Buchprojekts durchgängig als Team gewirkt zu haben. So hätten
sie bei der Auswahl  der Inhalte
zusammengearbeitet, diese gemeinsam redigiert und die Texte ausgeformt. Diese
Art der Informationsgewinnung und –verwertung stehe einer weiteren Verwendung
und Veröffentlichung entgegen und rechtfertige es, die Verwendung der
Äußerungen insgesamt zu untersagen.
Das
Urteil im Volltext:
Tenor
Auf
die Berufung des Verfügungsklägers wird unter teilweiser Abänderung des Urteils
des Landgerichts Köln vom 13.11.2014 (14 O 315/14) dem Verfügungsbeklagten zu
2) unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt, über die im
angefochtenen Urteil untersagten Passagen hinaus die weitere folgende Passage
aus dem im I-Verlag erschienenen Buch von Dr. I2 T und U K „Vermächtnis –
Die Kohl-Protokolle“ in diesem Buch oder anderweitig wörtlich oder sinngemäß
zu veröffentlichen oder zu verbreiten:
Seite
96 f.: „XXX.“
Auf
die Berufung des Verfügungsklägers wird weiter unter teilweiser Abänderung des
Urteils des Landgerichts Köln vom 13.11.2014 (14 O 315/14) den
Verfügungsbeklagten zu 1) und 3) unter Androhung der gesetzlichen
Ordnungsmittel untersagt, über die im angefochtenen Urteil untersagten Passagen
hinaus weitere folgende Passagen aus dem im I-Verlag erschienenen Buch von Dr.
I2 T und U K „Vermächtnis – Die Kohl-Protokolle“ in diesem Buch oder
anderweitig wörtlich oder sinngemäß zu veröffentlichen oder zu verbreiten:
Seite
49: „[…]XXX.“
Seite
61: „[…]XXX“
Seite
96 f.: Zu Christian Wulff:
„XXX.“
Seite
102 f.: u.a. zu Klaus Töpfer:
„XXX.“
Seite
110: Zu Manfred Stolpe:
„XXX.“
Seite
143: Zu Franz Josef Strauß:
„XXX“.“
Seite
164 f.: Zu Richard von Weizäcker:
„XXX.“
Seite
169: Zu Richard von Weizäcker:
„XXX.“
Seite
192: „XXX“
Seite
193: „XXX?“
Seite
198: zum jüdischen Weltkongress
„XXX.“
Seite
212 f.: „XXX“
Die
Berufung der Verfügungsbeklagten zu 1) bis 3) gegen das Urteil des Landgerichts
Köln vom 13.11.2014 (14 O 315/14) wird zurückgewiesen.
Die
Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Verfügungsbeklagten zu
1) bis 3) zu je 1/3.
Gründe
I.
Der
Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger) nimmt die Verfügungsbeklagten (im
Folgenden: Beklagten) auf Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung von
Äußerungen in Anspruch, die Gegenstand von Tonbandaufnahmen aus den Jahren 2001
und 2002 sind und von den Beklagten in dem am 7.10.2014 erschienenen Buch
„Vermächtnis – Die Kohl-Protokolle“ veröffentlicht wurden.
Hinsichtlich des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien sowie ihrer Anträge
wird Bezug auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung genommen.
Mit
Urteil vom 13.11.2014 hat das Landgericht dem Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung überwiegend stattgegeben und ihn im Übrigen
zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte zu 2) sei zur
Unterlassung verpflichtet, weil er eine mit dem Kläger geschlossene
Geheimhaltungsverpflichtung verletzt habe. Es habe eine konkludente Einigung
zwischen den Parteien gegeben, wonach der Beklagte zu 2) Stillschweigen über
solche Informationen bewahren müsse, die nicht vorbekannt waren bzw. bei denen
keine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht vorlag. Die Bereitschaft des
Beklagten zu 2), als Ghostwriter an den Memoiren des Klägers mitzuwirken und zu
diesem Zwecke im Rahmen eines Auftragsverhältnisses Tonbandaufnahmen nach Weisungen
des Klägers zu erstellen, sei eine konkludente Willenserklärung hinsichtlich
einer Verschwiegenheitsverpflichtung. Der Kläger habe diese Erklärung
konkludent durch Beginn der Zusammenarbeit angenommen. Die Beklagten zu 1) und
3) seien als Mittäter des Beklagten zu 2) zur Unterlassung verpflichtet, weil
sie das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt hätten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen
Entscheidung (Bl. 762 ff. d.A.) Bezug genommen.
Mit
der Berufung verfolgt der Kläger sein Unterlassungsbegehren gegen den Beklagten
zu 2) – entsprechend der vom Landgericht vorgenommenen Nummerierung der Anträge
– hinsichtlich der Äußerung Nr. 43 sowie gegen die Beklagten zu 1) und 3)
hinsichtlich der Äußerungen Nr. 9, 10, 43, 51, 61, 72, 81, 87, 100, 101, 104,
113 weiter. Die Beklagten greifen mit ihrer Berufung die Verurteilung zur
Unterlassung – soweit vom Landgericht ausgesprochen – an und wollen die
vollständige Abweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
erreichen.
Der
Kläger macht geltend, die Tonbänder seien in den Jahren 2001 und 2002 allein
zum Zwecke der Erstellung seiner Memoiren besprochen worden. Sie seien selbst
nicht zur Veröffentlichung vorgesehen gewesen, sondern hätten als Stoffsammlung
dienen sollen, die einer Endkontrolle durch ihn unterliegen sollte. Ausweislich
der beiden Verlagsverträge vom 12.11.1999 sei der Beklagte zu 2) als jederzeit
kündbarer Mitarbeiter und nicht etwa als Journalist für eine Interviewsituation
verpflichtet worden, dem er, der Kläger, Zugang zu Archiven und zu Sperrfristen
unterliegenden Unterlagen verschafft habe. Er habe sowohl in den bisher
erschienenen Bänden der Memoiren als auch in dem unter Mitarbeit des Beklagten
zu 2) erschienenen Werk „Mein Tagebuch“ bewusst Schärfen und
Zuspitzungen vermieden, weil er keine „Bücher der Rache“ habe
schreiben wollen. Da das Manuskript nach den Regelungen der Verlagsverträge vor
Veröffentlichung von ihm durchgearbeitet, korrigiert und freigegeben werden
sollte und dem Beklagten zu 2) keinerlei Urheberrechte zugebilligt wurden, ist
der Kläger der Ansicht, die Beklagten seien aufgrund dieser Gesamtumstände
nicht berechtigt, seine Äußerungen ohne Genehmigung und erst recht nicht zum
eigenen wirtschaftlichen Vorteil zu verwenden. Zu einem angeblich erklärten
Einverständnis seinerseits mit einer Veröffentlichung durch den Beklagten zu 2)
habe dieser zum einen außergerichtlich und gerichtlich wechselnde Angaben
gemacht und zum anderen sei ein solches auch nicht erklärt worden. Der Kläger
ist der Ansicht, hilfsweise sei die Unterlassungspflicht des Beklagten zu 2)
aus den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter bzw. aus
einer Verletzung des Urheberrechts herzuleiten, da seine Zitate jedenfalls als
Sprachwerk nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG schutzfähig seien.
Der
Kläger beantragt,
1.
unter teilweise Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 13.11.2014 (14
O 315/14) dem Beklagten zu 2) unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel
zu untersagen, über die zuerkannten Passagen hinaus weitere folgende Passage
aus dem im I-Verlag erschienenen Buch von Dr. I2 T und U K „Vermächtnis –
Die Kohl-Protokolle“ in diesem Buch oder anderweitig wörtlich oder
sinngemäß zu veröffentlichen oder zu verbreiten:
Seite
96 f.: „XXX.“
2.
unter teilweise Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 13.11.2014 (14
O 315/14) die Beklagten zu 1) und 3) unter Androhung der gesetzlichen
Ordnungsmittel zu untersagen, über die zuerkannten Passagen hinaus weitere folgende
Passagen aus dem im I-Verlag erschienenen Buch von Dr. I2 T und U K
„Vermächtnis – Die Kohl-Protokolle“ in diesem Buch oder anderweitig
wörtlich oder sinngemäß zu veröffentlichen oder zu verbreiten:
Seite
49: „[…]XXX.“
Seite
61: „[…]XXX.“
Seite
96 f.: Zu Christian Wulff:
„XXX.“
Seite
102 f.: u.a. zu Klaus Töpfer:
„XXX.“
Seite
110: Zu Manfred Stolpe:
„XXX.“
Seite
143: Zu Franz Josef Strauß:
„XXX“.“
Seite
164 f.: Zu Richard von Weizäcker:
„XXX.“
Seite
169: Zu Richard von Weizäcker:
„XXX.“
Seite
192: „XXX…“
Seite
193: „XXX?“
Seite
198: zum jüdischen Weltkongress
„XXX
.“
Die
Beklagten beantragen,
das
Urteil des Landgerichts Köln vom 13.11.2013 dahin abzuändern, dass die
einstweilige Verfügung aufgehoben und der zu Grunde liegende Antrag auch im
Übrigen zurückgewiesen wird.
Die
Parteien beantragen ferner, die jeweilige Berufung der Gegenseite
zurückzuweisen.
Die
Beklagten sind der Ansicht, ein vertraglicher Unterlassungsanspruch gegen den
Beklagten zu 2) scheitere daran, dass eine Geheimhaltungsverpflichtung nicht,
auch nicht konkludent, vereinbart worden und der Beklagte zu 2) als Journalist
zur Verwertung der Äußerungen auch ohne Zustimmung des Klägers berechtigt sei.
Der Kläger habe den konkreten Abschluss einer Geheimhaltungsverpflichtung schon
nicht dargelegt und glaubhaft gemacht. Es habe kein konkretes Verhalten des
Beklagten zu 2) gegeben, das als konkludentes Angebot zum Abschluss einer
Verschwiegenheitsvereinbarung habe angesehen werden können. Das Landgericht
habe auch keine Feststellungen dazu getroffen, durch welches konkrete Verhalten
der Kläger wann und wo gegenüber dem Beklagten zu 2) eine Annahme dieses
konkludenten Angebots erklärt habe oder nach welcher Verkehrssitte die
Annahmeerklärung entbehrlich gewesen sein solle. Der im Verlagsvertrag durch
den Beklagten zu 2) erklärte Verzicht auf die Urheberbenennung sei kündbar, wie
auch inzwischen erfolgt, so dass sich der Kläger auf diesen Umstand nicht habe
verlassen können. Die Tonbandaufzeichnungen seien nicht ausschließlich zum
Zwecke der Stoffsammlung für die Memoiren erstellt worden, sondern sollten auch
dem Zweck dienen, die Erinnerungen des Klägers für die Nachwelt aufzubewahren.
Dies zeige sich schon daran, dass im Zuge der Aufnahmen auch andere, teilweise
tagesaktuelle, Themen besprochen worden seien, die keine Aufnahme in die
Memoiren hätten finden sollen. Auch der Zeuge Dr. T3 sei davon ausgegangen,
dass er die Materialien später würde verwenden dürfen. Der Kläger habe zu
keinem Zeitpunkt geäußert, dass er eine Veröffentlichung nicht wünsche.
Lediglich in wenigen Situationen – deren zugrundeliegende Äußerungen unstreitig
nicht Eingang in das Buch gefunden haben – habe der Kläger gebeten, das Tonband
abzustellen oder hinterher geäußert: „Das schreiben wir aber nicht“.
Solche Äußerungen würden keinen Sinn ergeben, wenn der Beklagte zu 2) schon
einer generellen Geheimhaltungsverpflichtung unterlegen hätte. Er habe vielmehr
dem Beklagten zu 2) gegenüber erklärt: „Das kannst Du später mal schreiben“,
womit eine Einwilligung hinsichtlich aller Äußerungen vorliege, die nicht zu
den Memoiren gehörten. Die Beklagten sind der Ansicht, dass die Verlagsverträge
hinsichtlich einer Geheimhaltungsverpflichtung eine ausdrücklich gelassene
Lücke enthielten, so dass es dem Kläger als „Medienprofi“ oblegen
hätte, diese zu schließen. Selbst wenn eine Veröffentlichungsherrschaft des
Klägers anerkannt würde, beziehe sie sich nur auf die Memoiren und nicht auf
sonstigen Äußerungen zu anderen, teilweise tagesaktuellen Geschehnissen. Der
Verlagsvertrag des Beklagten zu 2) sei kein Vertrag mit Schutzwirkung für den
Kläger und überdies könnten daraus nur Schadensersatzansprüche hergeleitet
werden. Eine Verletzung des Rechts zur Selbstbestimmung über das gesprochene
Wort liege ebenfalls nicht vor, weil das Buch unstreitig wahre Zitate enthalte,
die der Kläger mit Wissen und Wollen ihrer Aufzeichnung für die Nachwelt auf
Band gesprochen habe. Soweit das Landgericht dem Beklagten zu 2) die
Veröffentlichung der Äußerungen des Klägers ohne eine Interessenabwägung im
Einzelfall untersagt habe, verstoße dies gegen Art. 5 Abs. 1 GG. Darüber hinaus
habe das Landgericht auch Werturteile des Beklagten zu 2) verboten, die
jedenfalls von der Pflicht zur Geheimhaltung nicht umfasst sein könnten. Ein
eventueller Bruch der Vertraulichkeit durch den Beklagten zu 2) könne den
Beklagten zu 1) und 3) nicht ohne weiteres zugerechnet werden. An den
betreffenden Äußerungen des Klägers bestehe ein hohes öffentliches
Informationsinteresse, so dass er, bei dem nur die Sozialsphäre betroffen sei,
eine Veröffentlichung durch die Beklagten hinzunehmen habe. Dem Antrag des
Klägers fehle es – jedenfalls hinsichtlich des Beklagten zu 3) – an der
erforderlichen Dringlichkeit.
II.
Die
Berufung des Klägers ist begründet, so dass das landgerichtliche Urteil im
Umfang der klägerischen Anfechtung abzuändern und die Verpflichtung der
Beklagten zu 1) bis 3) auszusprechen war, auch die Veröffentlichung der
weiteren vom Kläger beanstandeten Äußerungen zu unterlassen. Denn dem Kläger
steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch in vollem Umfang zu. Die
Berufung der Beklagten zu 1) bis 3) bleibt aus diesem Grunde ohne Erfolg.
Im
Einzelnen:
1.
Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten zu 2) auf Unterlassung einer
wörtlichen oder sinngemäßen Verbreitung bzw. Veröffentlichung der im
erstinstanzlichen Urteil tenorierten sowie der mit der Berufung weitergehend
beanstandeten Äußerungen.
a.
Der Kläger kann seinen Unterlassungsanspruch allerdings nicht unter Berufung
auf die Grundsätze eines Vertrages zugunsten Dritter auf die Regelungen aus dem
Verlagsvertrag zwischen dem Beklagten zu 2) und dem E-Verlag stützen. Nach §
328 Abs. 1 BGB kann zwar durch einen Vertrag zwischen dem Versprechendem und
dem Versprechensempfänger eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung
bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu
fordern. Es ist jedoch nicht feststellbar, dass der Verlagsvertrag des
Beklagten zu 2) mit dem E-Verlag unmittelbare Ansprüche des Klägers begründen
soll:
Aus
§ 8 des Verlagsvertrages des Beklagten zu 2) kann kein solcher Anspruch des
Klägers auf Geheimhaltung hinsichtlich der Gesprächsinhalte hergeleitet werden.
Denn sowohl ihrem Wortlaut als auch ihrem Sinn und Zweck nach bezieht sich die
dort geregelte Geheimhaltungsverpflichtung darauf, dass und mit welchem Inhalt
zwischen den dortigen Parteien ein Verlagsvertrag geschlossen wurde. Es sollte
erkennbar verhindert werden, dass das geplante Buchprojekt, zu dessen
Erstellung sich der Beklagte zu 2) verpflichtet hatte, frühzeitig der
Öffentlichkeit bekannt wird bzw. dass bekannt wird, zu welchem Modalitäten sich
der Beklagten zu 2) als Ghostwriter verpflichtet hatte. Die Informationen, die
der Beklagte zu 2) im Rahmen seiner Tätigkeit vom Kläger erhalten würde, um auf
dieser Grundlage das Manuskript für die Memoiren zu erstellen, sind aber weder
„Vertragsabschluss“ noch „Bestimmung des Vertrages“ im
Sinne von § 8 des Verlagsvertrages des Beklagten zu 2).
Auch
den weiteren Regelungen des Verlagsvertrages des Beklagten zu 2) ist ein
unmittelbarer Anspruch des Klägers gegen den Beklagten zu 2) auf Geheimhaltung
nicht mit hinreichender Bestimmtheit zu entnehmen: Nach § 1 Abs. 5 darf die
Fertigstellung des Werkes zwar nur nach Zustimmung durch den Kläger erklärt
werden und dieser ist nach § 1 Abs. 6 zu jeglichen Änderungen ohne Angabe von
Gründen berechtigt. Weiter steht nach § 4 Abs. 2 das Manuskript im Eigentum des
Klägers. Diese Regelungen, die nach § 1 Abs. 7 auch bei Kündigung oder
sonstiger Beendigung des Vertrages fortbestehen, räumen zwar dem Kläger das
alleinige Bestimmungsrecht über den Inhalt der Veröffentlichung zu. Es ist
jedoch im Rahmen einer Auslegung nicht hinreichend sicher festzustellen, dass
die Parteien damit einen Vertrag zugunsten Dritter im Sinne von § 328 Abs. 1
BGB abschließen wollten. Denn die entsprechenden Rechte des Klägers sind
ebenfalls in § 4 Abs. 3 seines eigenen Verlagsvertrages als entsprechende
Zusicherung des E-Verlages aufgeführt. Eine solche ausdrückliche Regelung
eigener Ansprüche spricht dagegen, dass nach dem Willen der Parteien bereits im
Verlagsvertrag des Beklagten zu 2) unmittelbare Rechte des Klägers gegen diesen
begründet werden sollten.
b.
Letztlich kann diese Frage jedoch im Ergebnis dahinstehen. Denn der Kläger hat
gegen den Beklagten zu 2) einen vertraglichen Unterlassungsanspruch (§ 241 BGB)
aus einer konkludent geschlossenen Geheimhaltungsabrede, weil er die durch
Unterschrift des Beklagten zu 2) unter den Verlagsvertrag geäußerte
Bereitschaft, zu den dort geregelten Konditionen als Ghostwriter an der
Erstellung der Memoiren mitzuwirken, als Angebot hinsichtlich einer
Geheimhaltungsabrede verstehen durfte und sie seinerseits durch die im Beginn
der Stoffsammlung liegende Aufnahme der Zusammenarbeit im Keller des
klägerischen Hauses angenommen hat. Ob und in welchem Umfang dem tatsächlichen
Verhalten einer Person der Wille zur Abgabe einer rechtsverbindlichen Erklärung
bzw. zu deren Annahme zukommt, ist durch Auslegung des objektiv erkennbaren
Willens sowie der erkennbaren äußeren Umstände zu ermitteln. Im vorliegenden
Fall ergibt sich bei Würdigung der Gesamtumstände der Zusammenarbeit zwischen
den Parteien, namentlich der Regelungen in den jeweiligen Verlagsverträgen
sowie der Zweckbindung der in Form von Tonbandaufnahmen erfolgten Stoffsammlung
ein erkennbarer Wille des Beklagten zu 2), sich gegenüber dem Kläger zu
verpflichten, die im Rahmen der Tonbandaufnahmen gemachten Äußerungen nicht
ohne Einwilligung des Klägers zu veröffentlichen sowie eine Annahme dieses
Angebotes durch den Kläger.
Im
Einzelnen:
aa.
Dass der Beklagte zu 2) sich gegenüber dem Kläger vertraglich verpflichten
wollte, den Inhalt der Stoffsammlung für die Memoiren gegenüber der Öffentlichkeit
geheim zu halten, ergibt sich zunächst aus seiner Rolle im dreiseitigen
Verhältnis zwischen ihm, dem Kläger und dem E-Verlag. Der Beklagte zu 2) hat
sich durch seine Unterschrift unter den Verlagsvertrag zu einer Zusammenarbeit
mit dem Kläger bereit erklärt, in der er weitgehend die Rolle eines anonym
bleibenden Zuarbeiters einnahm. Er hatte keinen Anspruch darauf, mit dem Kläger
tatsächlich bis zur endgültigen Fertigstellung des Manuskripts
zusammenzuarbeiten (§ 1 Abs. 1 S. 3), er hatte die schriftliche Abfassung des
Werkes nach den Vorgaben und Angaben des Klägers vorzunehmen (§ 1 Abs. 2), dem
Kläger stand ein jederzeitiges Einsichtsrecht in das Manuskript zu (§ 1 Abs.
3), welches in seinem Eigentum stand (§ 4 Abs. 2), er hatte ein Recht zu jeglichen
Änderungen und zur Erklärung der Fertigstellung (§ 2 Abs. 5 und 6) und
schließlich hatte der Beklagte zu 2) in § 2 soweit zulässig auf eventuelle
Urheberrechte verzichtet. Diese Regelungen machen in einer Gesamtschau
deutlich, dass dem Kläger sämtliche Entscheidungsbefugnisse sowohl im Hinblick
auf die Erstellung als auch auf die abschließende Fertigstellung des Werkes
zustanden. Musste der Beklagte zu 2) damit jeglichen Änderungswünschen des
Klägers sowohl im Hinblick auf den Inhalt des Manuskriptes als auch im Hinblick
auf seine eigene Person nachkommen und konnte eine Fertigstellung des Werkes
nur durch den Kläger erklärt werden, so folgt daraus, dass der Beklagte zu 2)
durch seine Akzeptanz dieser vertraglichen Regelungen auch dem Kläger gegenüber
die konkludente Erklärung abgab, nicht eigenmächtig mit dem Inhalt der Memoiren
bzw. der Stoffsammlung zu verfahren. Angesichts der ihm in den Verträgen
zugedachten „dienenden“ Stellung im Rahmen des Memoiren-Projektes
konnte er auch nicht davon ausgehen, vom Kläger als Journalist wahrgenommen zu
werden, der im Rahmen einer Interviewsituation Informationen zu einem
bestimmten Themengebiet sammelt und mit diesen dann nach eigenem Gutdünken
verfahren darf. Vielmehr war ihm aufgrund der Kenntnis der jeweiligen vertraglichen
Regelungen klar, dass der Kläger ihn als einen letztlich austauschbaren
Mitarbeiter ansehen musste, der Hilfestellung bei der Stoffsammlung und
Formulierung erbringen sollte, jedoch keine eigenen Entscheidungen im Hinblick
auf Art und Inhalt der Veröffentlichung treffen durfte.
Das
Zustandekommen einer konkludenten Geheimhaltungsabrede zwischen dem Kläger und
dem Beklagten zu 2) wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die jeweiligen
Verlagsverträge in § 4 Abs. 2 S. 3 (Kläger) bzw. § 1 Abs. 4 S. 2 (Beklagter zu
2)) eine bewusste Lücke enthielten, die nur durch eine ausdrückliche
Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) hätte geschlossen
werden können. Denn die entsprechende Regelung, wonach die „Einzelheiten
der Zusammenarbeit“ zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2)
„direkt besprochen“ werden sollten, bezieht sich sowohl ihrem
Wortlaut als auch ihrem Sinn und Zweck nach auf die in der praktischen
Zusammenarbeit auftretenden Fragen, wann, wo und wie konkret die Gespräche ablaufen
oder wann welche Unterlagen übergeben bzw. zur Einsicht zur Verfügung gestellte
werden sollten. Dagegen lässt sich den betreffenden Regelungen nicht entnehmen,
dass eine Geheimhaltungsverpflichtung des Beklagten zu 2) nur dann bestehen
sollte, wenn sie Gegenstand einer ausdrücklichen Regelung zwischen ihm und dem
Kläger geworden war.
bb.
Für eine konkludent geäußerte Bereitschaft des Beklagten zu 2) zum Abschluss
einer Geheimhaltungsabrede mit dem Kläger spricht des Weiteren auch die
Zweckbindung der Tonbandaufnahmen. Diese Aufnahmen hatten keinen eigenständigen
Zweck, insbesondere waren sie als solche nicht zur Veröffentlichung vorgesehen,
sondern dienten vielmehr als Stoffsammlung für die zu erstellenden Memoiren des
Klägers. Schon aus dieser Zweckbindung ergibt sich die objektiv erkennbare
Pflicht des Beklagten zu 2), mit den betreffenden Äußerungen und Informationen
vertraulich zu verfahren. Denn zum einen ist eine Stoffsammlung etwas
Vorläufiges, bei der per definitionem noch nicht feststeht, ob und in welchem
Umfang die einzelnen Teile jemals Eingang in das spätere Werk finden werden.
Zum anderen bezog sich die Tätigkeit des Beklagten zu 2) auf eine Stoffsammlung
für ein ganz bestimmtes Werk: Die Zusammenarbeit des Beklagten zu 2) mit dem
Kläger war nicht etwa darauf gerichtet, ein kritisches Sachbuch zu schreiben
oder geschichtliche Zusammenhänge aus historischer bzw. politischer Sicht zu
beleuchten. Vielmehr war Ziel des Projektes, dass der Kläger seine
(notwendigerweise subjektiv geprägten) Lebenserinnerungen zu Papier bringen
sollte, womit ihm – unabhängig von den ausdrücklichen Regelungen in den
Verlagsverträgen – schon der Natur der Sache nach das Letztbestimmungsrecht
über den konkreten Inhalt der Veröffentlichung zustand. Auch der Beklagte zu 2)
hat nicht in Abrede gestellt, dass dies in der Zusammenarbeit mit dem Kläger
auch so gehandhabt wurde (vgl. Seite 49: „Hatte ich hundert Seiten
beisammen, fuhr ich mit meinem Manuskript zur Begutachtung nach Oggersheim.
Vorab lesen wollte Kohl nichts. Ihm war es wichtig, Zeile um Zeile gemeinsam
durchzusehen. Um sicherzugehen, hatte der ewig Mißtrauische stets auch noch
einen seiner persönlichen Referenten einbestellt. Schließlich galt es, für die
Ewigkeit zu formulieren.“). Die sich damit aus der Zweckbindung der
Stoffsammlung ergebende Geheimhaltungspflicht des Beklagten zu 2) bestand nicht
nur gegenüber dem E-Verlag, dessen Memoiren-Projekt durch die (Vorab-)
Veröffentlichung von Äußerungen des Klägers möglicherweise gefährdet worden
wäre. Vielmehr bestand eine solche Pflicht auch gegenüber dem Kläger. Denn
unabhängig von der Frage, ob der Kläger gegebenenfalls durch die
Veröffentlichung einzelner – insbesondere der in ihrer Wortwahl mitunter
drastischen – Äußerungen in Schwierigkeiten hätte geraten können, widersprach
bereits aufgrund der Eigenschaft als Stoffsammlung und damit einer nur
vorläufiger Zusammenstellung der Erinnerungen des Klägers jede Veröffentlichung
dem gemeinsamen Vertragszweck „Erstellung der Memoiren“, zu dem der
Beklagte zu 2) Hilfestellung zu leisten hatte.
Soweit
sich der Beklagte zu 2) in diesem Zusammenhang darauf beruft, die Gespräche mit
dem Kläger seien thematisch gerade nicht auf die Memoiren beschränkt gewesen,
sondern ihr Zweck sei weitergehend auch gewesen, die Erinnerungen des Klägers
für die Nachwelt aufzubewahren, zumal auch andere, teilweise tagesaktuelle
Themen besprochen worden seien, zwingt dies nicht zu einer abweichenden
Bewertung. Denn zum einen ist zu berücksichtigen, dass die Memoiren des Klägers
ausweislich § 1 Abs. 1 seines auch dem Beklagten zu 2) bekannten
Verlagsvertrages wie folgt definiert sind: „Das Werk hat den Charakter der
Autobiographie von Helmut Kohl. Es umfasst den Zeitraum von der Geburt bis zur
Gegenwart und soll dem Leser einen nachhaltigen Eindruck von dem Menschen
Helmut Kohl und seiner Zeit sowie dem „homo politicus“ Helmut Kohl
und den politischen Ereignissen, die er wesentlich mitprägte, vermitteln“.
Insofern enthält die Werkbeschreibung schon dem Wortlaut nach keine Einschränkung
dahingehend, dass die Memoiren nicht auch gegebenenfalls Themen von im
Zeitpunkt der Tonbandaufnahmen tagesaktueller Bedeutung mit umfassen können
bzw. dass nicht auch durch die zu solchen Themen getätigten Äußerungen des
Klägers dem Leser ein Eindruck von ihm als Mensch und Politiker vermittelt
wird. Selbst die Bejahung einer zeitlichen und/oder inhaltlichen Beschränkung
des Gegenstands der Memoiren und damit des Vertragszwecks stützt aber nicht die
von den Beklagten gezogene Schlussfolgerung. Denn jedenfalls war im Zeitpunkt
der Tonbandaufnahmen überhaupt nicht absehbar, welche der Äußerungen des
Klägers in welchem Umfang in den späteren Memoiren Verwendung finden würden, so
dass zu diesem Zeitpunkt auch kein Teil der Tonbandaufnahmen identifiziert
werden konnte, für die die Geheimhaltungsverpflichtung des Beklagten zu 2)
keine Geltung hätte beanspruchen sollen. Dass der Umfang des gemeinsamen
Projektes sich gegenüber der ursprünglich in den Verlagsverträgen enthaltenen
Annahmen erheblich ausgeweitet hat, ist schon daran zu erkennen, dass die
Verlagsverträge von ca. 200 Stunden Gesprächen zwischen dem Kläger und dem
Beklagten zu 2) sowie einem Manuskript von ca. 500 Seiten ausgingen, während
die gemeinsamen Gespräche tatsächlich über 600 Stunden dauerten und die bisher
erschienenen drei Bände der Memoiren ca. 2.300 Seiten umfassen, ohne dass das
Projekt damit sein beabsichtigtes Ende gefunden hätte.
Soweit
der Beklagte zu 2) im Berufungsverfahren geltend macht (Bl. 949 d.A.), die
Tonbandprotokolle seien auch im Zusammenhang mit dem Projekt „Mein
Tagebuch“ gefertigt worden, so dass eine Zweckbindung an die Memoiren und
eine eventuell diesbezüglich bestehende Geheimhaltungspflicht entfalle, greift
auch dies nicht durch: Dabei kann dahinstehen, ob eine solche Schlussfolgerung
angesichts der historischen Abläufe überhaupt gerechtfertigt ist. Denn im
Vorwort des streitgegenständlichen Buches (vgl. Seite 29) führt der Beklagte zu
2) selbst aus, dass man gerade dabei war, die Gespräche hinsichtlich der
Memoiren zu beginnen, als am XX.XX.1999 X M L2 zur Fahndung ausgeschrieben
wurde und die sog. Spendenaffäre begann. Im Februar 2000 habe er dann mit dem
Kläger vereinbart, rückwirkend ein Tagebuch für die Jahre 1998 bis 2000 zu
schreiben (vgl. Seite 31). Dieses bestand jedoch zum einen nur teilweise aus
Äußerungen des Klägers und wurde zum anderen im Spätsommer/Herbst 2000 auf den
Markt gebracht, so dass im Anschluss daran die Gespräche für die Memoiren
weitergingen (Seite 39: „Der Erfolgsautor will unbedingt weitermachen.
„Den Menschen draußen im Lande“, wie er einst gerne sagte, gibt es
noch viel zu erklären. Also auf ans Werk, zurück zu den Memoiren! Jetzt saß ich
in der Kohl-Falle fest“). Nach den eigenen Schilderungen des Beklagten zu
2) ist damit allenfalls ein Teil der Stoffsammlung für das Projekt „Mein
Tagebuch“ verwendet worden, denn ein nicht unerheblicher Teil der
Gespräche fand erst nach Erscheinen dieses Werkes statt (vgl. Seite 40:
„Allein 2001 haben wir uns einundsiebzigmal getroffen“). Im Übrigen
behauptet der Beklagte zu 2) auch in diesem Zusammenhang nicht, dass die
entsprechenden Veröffentlichungen in dem Werk „Mein Tagebuch“ ohne
Einwilligung des Klägers erfolgt sind und damit als Rechtfertigung dafür dienen
könnten, nunmehr im streitgegenständlichen Buch ebenfalls Äußerungen des
Klägers ohne dessen Einwilligung zu veröffentlichen.
Das
damit aus den Gesamtumständen folgende Angebot des Beklagten zu 2) zum
Abschluss einer Geheimhaltungsverpflichtung hat der Kläger durch Aufnahme der
Zusammenarbeit auch angenommen.
cc.
Die damit vom Landgericht zutreffend angenommene konkludente Abrede des Klägers
mit dem Beklagten zu 2) über eine Geheimhaltungsverpflichtung kann auch von den
Berufungsangriffen nicht in Frage gestellt werden.
(1)
Der Einwand des Beklagten zu 2), sein Verzicht auf die Rechte aus § 13 UrhG,
nämlich die Anerkennung der Urheberschaft bzw. Anbringung einer
Urheberbezeichnung sei kündbar, so dass der Kläger sich auf die Geheimhaltung
der Urheberschaft des Beklagten zu 2) nicht habe verlassen können (Bl. 832
d.A.), steht der Annahme einer konkludent vereinbarten Geheimhaltungspflicht
nicht entgegen. Denn selbst wenn der Beklagte zu 2) den Vertrag mit dem Verlag
gekündigt haben sollte, ist in der von ihm vorgelegten Aufhebungsvereinbarung
vom 9.10./9.10.2009 (Anlage AG 11) unter Ziffer 4.2 geregelt: „Der Autor
verzichtet ausdrücklich und unwiderruflich auf sein Nennungsrecht im
Zusammenhang mit den Werken“. Darüber hinaus steht die Kündbarkeit eines
Verzichts auf die Rechte nach § 13 UrhG nicht der Annahme entgegen, dass der
Kläger das Verhalten des Beklagten zu 2) als konkludentes Angebot zum Abschluss
einer Geheimhaltungsabrede verstehen durfte. Denn eine Kündigung des Verzichts
auf die Rechte des § 13 UrhG hätte lediglich zur Folge, dass der Beklagte zu 2)
Forderungen dahingehend stellen könnte, bei Veröffentlichung der Memoiren als
Miturheber genannt zu werden. Dagegen ist mit dieser Kündigungsmöglichkeit aus
Sicht eines objektiven Dritten in der Person des Klägers nicht die Erwartung
verbunden, dass der als Ghostwirter engagierte Mitarbeiter eigenmächtig über
die Stoffsammlung verfügen wird.
(2)
Unerheblich ist des Weiteren der Einwand des Beklagten zu 2), die
Geheimhaltungsverpflichtung gemäß § 8 seines Verlagsvertrages enthalte keine
Fortgeltungsklausel (Bl. 833 d.A.). Denn nicht diese Regelung, sondern die
konkludente Geheimhaltungsabrede zwischen ihm und dem Kläger ist Grundlage des
vertraglichen Unterlassungsanspruchs. Diese gilt auch nach Beendigung des
Verlagsvertrages weiter, da unstreitig das gemeinsame Projekt, nämlich die
Erstellung der klägerischen Memoiren, noch nicht abgeschlossen ist und es der
Entscheidung des Klägers bzw. des E-Verlages obliegt, ob und gegebenenfalls mit
welchem (neuen) Mitarbeiter der Kläger das Projekt fortsetzen wird. Auch der
Umstand, dass der Verlagsvertrag des Beklagten zu 2) zwischenzeitlich mit einer
entsprechenden Abgeltungsklausel aufgehoben wurde (vgl. Anlage AG 11), steht
der Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs durch den Kläger nicht
entgegen. Denn dieser Aufhebungsvertrag kann lediglich die Rechte und Pflichten
zwischen dem Beklagten zu 2) und dem Verlag betreffen; eine Abgeltung von
eventuellen Ansprüchen des Klägers ist – unabhängig von bestehenden rechtlichen
Bedenken – in diesem Vertrag ersichtlich nicht beabsichtigt.
(3)
Entgegen der Ansicht des Beklagten zu 2) (Bl. 838 d.A.) unterliegt das
Landgericht auch keinem unzulässigen Zirkelschluss, wenn es den dem Beklagten
zu 2) gewährten Zugang zu Verschlußsachen des Bundeskanzleramtes bzw. zur
Stasiakte des Klägers als weiteren Beleg für den konkludent geäußerten Willen
nach einer Geheimhaltungspflicht ansieht. Unstreitig sind der Beklagte zu 2)
und sein Umfeld einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen worden (Seite 48). Der
einzige Sinn einer solchen Überprüfung besteht darin, von zuständiger Seite
abschätzen zu können, ob die betreffende Person der von ihr erwarteten
Geheimhaltungspflicht nachkommen wird. Der Beklagte zu 2) führt in seinem
Vorwort selbst die Umstände aus, die in eindeutiger Weise für seine als
selbstverständlich vorausgesetzte Verpflichtung zur Geheimhaltung sprechen und
die er als solche auch erkannt und zutreffend eingeschätzt hat (Seite 48:
„Als erster Journalist und Historiker überhaupt konnte ich Quellen
einsehen, die noch Jahrzehnte kein Kollege zu Gesicht bekommen wird“).
Soweit der Beklagte zu 2) in diesem Zusammenhang darauf abstellt, weder aus den
geheimen Akten des Bundeskanzleramtes noch aus den Stasiakten des Klägers
zitiert zu haben (Bl. 949, 951 d.A.), ist dies unerheblich. Denn vorliegend
steht nicht das Verbot gerade solcher Zitate im Streit, sondern es ist der
Umstand, dass der Beklagte zu 2) Zugang zu solch geheimen Unterlagen erhalten
hat, als Anhaltspunkt für das Vorliegen einer konkludenten
Geheimhaltungsvereinbarung zu werten.
(4)
Der Umstand, dass der Kläger während der Gespräche mit dem Beklagten zu 2)
nicht ausdrücklich geäußert hat, keine „ungefilterte“
Veröffentlichung seiner Äußerungen zu wünschen, steht dem Abschluss einer konkludenten
Geheimhaltungsverpflichtung ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass er im
Zuge der Gespräche teilweise das Tonband hat abstellen lassen oder im Anschluss
an Schilderungen erklärt hat „das schreiben wir aber nicht“ (vgl. Bl.
839 d.A.). Das Fehlen einer ausdrücklichen Erklärung ist schon deshalb
unschädlich, weil es vorliegend gerade um den Abschluss einer Vereinbarung
durch konkludentes Verhalten geht, welche keine ausdrückliche Willenserklärung
erfordert. Auch wenn der Kläger im Einzelfall seine Äußerungen bereits im
Moment der Tonbandaufnahme von einer Veröffentlichung ausnahm, kann daraus
nicht im Umkehrschluss ein Einverständnis abgeleitet werden, dass alle anderen
Äußerungen „so wie gesprochen“ veröffentlicht werden sollen. Die
Bemerkung lässt sich zwangslos dahin denken, dass schon eine Aufnahme der
entsprechenden Äußerung in den Memoiren-Entwurf auf keinen Fall die Billigung
des Klägers finden würde. Erst recht tragen die Beklagten keine Anhaltspunkte
dafür vor, dass der Kläger – zumal vor endgültiger Fertigstellung des
Gesamtprojektes „Memoiren“ – eine eigenmächtige Veröffentlichung
durch den Beklagten zu 2) genehmigen wollte. Der Beklagte zu 2) hat das
Procedere selbst so geschildert, dass er mit den fertigen Manuskriptteilen zum
Kläger fuhr und man diese gemeinsam durchgearbeitet habe, wobei
„notgedrungen so manches mit staatsmännischem Gestus zu glätten war“
(Seite 9). Selbst bei denjenigen Äußerungen, die der Kläger also nicht mit
einem „Das schreiben wir aber nicht“ kommentiert hat, war demnach
eine Veröffentlichung im Wortlaut bzw. ohne Freigabeentscheidung des Klägers
objektiv erkennbar nicht vorgesehen.
2.
Abweichend von der Entscheidung des Landgerichts ist dem Beklagten zu 2) auf
die Berufung des Klägers die Veröffentlichung der Äußerung Nr. 43 auch
hinsichtlich des Textteils „XXX“ zu untersagen.
Zutreffend
hat das Landgericht zwar die vertragliche Geheimhaltungspflicht des Beklagten
zu 2) auf sämtliche vom Kläger im Rahmen der Gespräche mitgeteilte oder zur
Verfügung gestellte Informationen bezogen soweit sie nicht vorbekannt waren
oder der Kläger den Beklagten zu 2) von seiner Verpflichtung zur
Verschwiegenheit entbunden hatte. Jedoch ist unter Berücksichtigung der
Reichweite der Geheimhaltungsverpflichtung des Beklagten zu 2) auch die
vorstehend aufgeführte Äußerung zu untersagen. Denn die vom Beklagten zu 2)
verwendete Formulierung „XXX“ nimmt die Wertung des Klägers auf, die
dieser im Rahmen der geheimhaltungspflichtigen Gespräche geäußert hat. Die
Formulierungen „XXX“ könnten zwar auch als eigene Wertung des
Beklagten zu 2) angesehen werden, sie stehen jedoch im engen Kontext mit der
Formulierung „XXX“ und lassen damit beim Leser der Eindruck
entstehen, dass eine im Gespräch geäußerte Wertung des Klägers vom Beklagten zu
2) lediglich wiederholt wird. Gerade im vorliegenden Fall drängt sich dieser
Eindruck deshalb auf, weil auch das wörtliche Zitat des Klägers am Beginn der
Textstelle die betreffende Formulierung ebenfalls enthält („XXX“).
Der Umstand, dass Christian Wulff im Jahre 2003 Ministerpräsident geworden ist,
ist zwar eine allgemein bekannte Tatsache, ihre Veröffentlichung wird dem
Beklagten zu 2) jedoch nicht generell, sondern lediglich im Kontext der hier
streitgegenständlichen Textstelle untersagt.
3.
Gegenüber dem Unterlassungsanspruch des Klägers kann sich der Beklagte zu 2)
nicht auf seine Rechte aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen. Denn auch das dem
Beklagten zu 2) zustehende Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ändert nichts
daran, dass die von ihm vorgenommene Veröffentlichung der Äußerungen des
Klägers rechtswidrig ist. Zwar unterfällt auch die Mitteilung fremder Meinungen
dem Schutzbereich dieser Regelung. Jedoch hat der Beklagte zu 2) aufgrund der
im Verhältnis zum Kläger vertraglich übernommenen Verschwiegenheitsverpflichtung
auf sein Recht zur freien Meinungsäußerung in zulässiger Weise verzichtet. Eine
entsprechende vertragliche Verpflichtung eines Ghostwirters wäre sinnlos, wenn
sie nachträglich durch ein Berufen auf Art. 5 Abs. 1 GG umgangen werden könnte.
Insofern verletzt die fehlende Interessenabwägung den Beklagten zu 2) auch
nicht in seinen Grundrechten.
Soweit
die Beklagten anführen, dass der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom
10.3.1987 (VI ZR 244/85) trotz einer ausdrücklich getroffenen Geheimhaltungsvereinbarung
zwischen dem dortigen Kläger und seinem Co-Autor gerade keine vertraglichen
Unterlassungsansprüche geprüft habe, sondern lediglich deliktische Ansprüche
wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit Durchführung einer
entsprechenden Interessenabwägung im Einzelfall, führt dies im vorliegenden
Fall zu keiner abweichenden Beurteilung. Der BGH hatte schon deshalb keinen
Anlass mehr, sich mit Bestand oder Reichweite eines vertraglichen
Unterlassungsanspruchs zu beschäftigen, weil die im dortigen Verfahren
angefochtene landgerichtliche Entscheidung gegen den Co-Autor – nur zwischen
diesem und dem Kläger bestand eine vertragliche Bindung – bereits rechtskräftig
war und das Revisionsverfahren nur noch von der Verlagsgesellschaft sowie zwei
Redakteuren betrieben wurde, denen der Co-Autor das (Tonband-)Material zur
Verfügung gestellt hatte.
Der
Beklagte zu 2) kann auch nicht geltend machen, dass das Landgericht im Rahmen
der bereits erstinstanzlich tenorierten Unterlassungsverpflichtungen
unzulässigerweise eigene Werturteile des Beklagten zu 2) erfasst habe, so dass
schon aus diesem Grunde die angefochtene Entscheidung abzuändern sei. Soweit
die veröffentlichten Äußerungen aus eigenen Werturteilen des Beklagten zu 2)
bestehen, kann in deren Veröffentlichung zwar grundsätzlich keine
Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers liegen. Jedoch ist im vorliegenden
Fall nicht eine etwaige Persönlichkeitsrechtsverletzung entscheidend, sondern
vielmehr der Umstand, dass der Beklagte zu 2) aufgrund seiner Bindung an die
vertragliche Geheimhaltungspflicht überhaupt keine Inhalte der Gespräche mit
dem Kläger veröffentlichen darf. Werden die in diesen Gesprächen gewonnenen
Informationen jedoch zum Gegenstand von Werturteilen gemacht, dann liegt darin
gleichzeitig eine mittelbare Bekanntmachung des Gesprächsinhalts, die
unzulässig ist. Wenn die Autoren beispielsweise ausführen: „Kurz: Helmut
Kohl XXX. Er XXX“ (Seite 61), dann ist dies keine eigenständige Wertung
ihrerseits, sondern eine wertende Wiedergabe der Mitteilung des Klägers, dass
er zum damaligen Zeitpunkt eine XX.XXX DM-Spende von E2 wegen Geringfügigkeit
zurückgewiesen hat. Entsprechendes gilt, wenn die wörtlichen Zitate des Klägers
über Richard von Weizäcker mit dem Ausspruch kommentiert werden: „Mag
XXX“, denn dadurch wird mittelbar die durch den Beklagten zu 2) eigentlich
geheim zu haltende Tatsache wiedergegeben, dass der Kläger sich im Rahmen der
Gespräche G über Herrn von Weizäcker geäußert hat. Insgesamt zeichnen sich die
betreffenden Textstellen dadurch aus, dass die jeweiligen Wertungen der Autoren
derart eng mit den entsprechenden Äußerungen des Klägers verbunden sind, dass
eine Wiedergabe der Wertung ohne einen Bruch der vertraglichen
Geheimhaltungspflicht nicht möglich ist.
4.
Der Kläger hat ebenso einen Anspruch gegen die Beklagten zu 1) und 3) auf
Unterlassung der in seinem Antrag aufgeführten Äußerungen aus §§ 823, 830, 1004
BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, da die Veröffentlichung des
vertraulich gesprochenen Wortes des Klägers sein allgemeines
Persönlichkeitsrecht verletzt. Da dieser deliktische Anspruch gegenüber den
Beklagten zu 1) und 3) in demselben Umfang besteht wie der vertragliche
Unterlassungsanspruch gegenüber dem Beklagten zu 2), war die landgerichtliche Entscheidung
auf die Berufung des Klägers entsprechend abzuändern und zu ergänzen.
Im
Einzelnen:
a.
Die Beklagten zu 1) und 3) sind zwar, anders als der Beklagte zu 2), nicht
aufgrund einer vertraglichen Abrede mit dem Kläger zur Verschwiegenheit über
die Äußerungen des Klägers verpflichtet. Ihre Unterlassungsverpflichtung
resultiert vielmehr aus einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
des Klägers in Form der Vertraulichkeitssphäre sowie des Rechtes am
gesprochenen Wort. Jedoch ist auch ihnen die Veröffentlichung der beanstandeten
Äußerungen umfassend zu untersagen, weil aufgrund der besonderen Umstände des
Einzelfalls – namentlich der Art der Informationsgewinnung sowie ihres Beitrags
bei der Erstellung des streitgegenständlichen Buches – eine Abwägung der
Persönlichkeitsrechte des Klägers mit dem entgegenstehenden Grundrecht aus Art.
5 Abs. 1 GG im Hinblick auf ein überwiegendes öffentliches
Informationsinteresse nicht zu erfolgen hat bzw. eine Abwägung unterstellt,
diese zu Gunsten des Klägers ausfallen würde.
b.
Die Privatsphäre des Klägers ist vorliegend ungeachtet der Tatsache betroffen,
dass er sich in den Gesprächen mit dem Beklagten zu 2) überwiegend zu seiner
beruflichen Laufbahn geäußert hat. Denn vorliegend steht nicht die Preisgabe
von Begebenheiten aus dem privaten oder beruflichen Leben des Klägers im
Vordergrund, sondern die Privatheit seiner Gespräche mit dem Beklagten zu 2),
die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sind, sondern nur als
Grundlage für das zu erstellende Manuskript dienen sollten. Abzustellen ist
daher nicht auf die Verbreitung der in diesen Gesprächen gewonnenen
Informationen, sondern auf den Umstand, dass die betreffenden Informationen als
Äußerungen des Klägers weitergegeben wurden, obwohl er sie nicht für die
Öffentlichkeit, sondern nur für den Beklagten zu 2) als seiner Hilfskraft im
Rahmen der Erstellung der Memoiren zu dessen Unterrichtung gemacht hat.
c.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 19.12.1978 – VI ZR
137/77, juris Rn. 14; Urt. v. 10.3.1987 – VI ZR 244/85, juris Rn. 14 f.; Urt.
v. 30.9.2014 – VI ZR 490/12, juris Rn. 15) dürfen Aufzeichnungen mit
vertraulichem Charakter im Hinblick auf das Recht am eigenen Wort grundsätzlich
nur mit Zustimmung des Verfassers und nur in der von ihm gebilligten Weise
veröffentlicht werden. Während sich der Umstand der Vertraulichkeit in den
Entscheidungen vom 19.12.1978 (VI ZR 137/77) und vom 30.9.2014 (VI ZR 490/12)
daraus ergab, dass ein Telefongespräch zwischen dem Kläger und seinem
Parteikollegen abgehört und transskribiert worden war bzw. dass private Emails
eines Politikers von seinem abhanden gekommenen Laptop veröffentlicht worden
waren, handelt es sich bei der Entscheidung vom 10.3.1987 (VI ZR 244/85) um
einen dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbaren Fall, in welchem ein Co-Autor
unter Verstoß gegen eine vertragliche Geheimhaltungsabrede die Inhalte von den
zur Stoffsammlung dienenden Gesprächen an die Presse weitergegeben hatte. Ein
absolutes Verwertungsverbot für die Presse wird zwar aufgrund der für sie
bestehenden Verfassungsgarantie auch dann nicht bejaht, wenn ihr Informant sich
die Aufzeichnung in strafbarer Weise verschafft hat (vgl. BGH, Urt. v.
19.12.1978 – VI ZR 137/77, juris Rn. 18). Jedoch sind zwei Ausnahmefälle
anerkannt:
aa.
Ein Veröffentlichungsverbot wird zum einen dann angenommen, wenn es um die
ungenehmigte Weitergabe von Tonbandaufzeichnungen in wörtlicher Rede geht, weil
das Recht zur Selbstbestimmung über das gesprochene Wort verletzt wird. Soweit
deshalb der Beklagte zu 2) Tonbandaufzeichnungen von den Äußerungen des Klägers
ohne dessen Einwilligung an die Beklagten zu 1) und 3) weitergegeben hat und
diese in wörtlicher Rede veröffentlicht wurden, hat er schon aus diesem Grund
das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt. Dasselbe hat auch für die
Beklagten zu 1) und 3) zu gelten, denen bei Publikation unstreitig bekannt war,
dass der Kläger eine Veröffentlichung seiner wörtlichen Rede von den
Tonbandaufzeichnungen nicht wünschte (vgl. BGH, Urt. v. 10.3.1987 – VI ZR
244/85, juris Rn. 17 und 24). Daraus ergibt sich, dass die Wiedergabe
wörtlicher Zitate des Klägers auch den Beklagten zu 1) und 3) unabhängig vom
Grad eines eventuell bestehenden öffentlichen Informationsinteresses nicht
gestattet ist.
bb.
Ein Veröffentlichungsverbot wird aber auch dann bejaht, wenn sich die Presse
rücksichtslos über die schützenswerten Belange des Betroffenen hinwegsetzt. Ein
solches rücksichtsloses Hinwegsetzen wird dann angenommen, wenn sich das
Presseorgan am Rechtsbruch des Informanten beteiligt, ihm das Ausmaß der
Bloßstellung des Klägers bewusst ist bzw. eine Veröffentlichung in dem
Bewusstsein geschieht, dass die fraglichen Äußerungen ins Unreine gemacht
wurden und nur als Stoffsammlung dienen sollten (vgl. BGH, Urt. v. 10.3.1987 –
VI ZR 244/85, juris Rn. 23 f.). Diese Voraussetzungen sind auch im vorliegenden
Fall gegeben, so dass den Beklagten zu 1) und 3) über die wörtlichen Zitate
hinaus auch die Veröffentlichung aller sonstigen Äußerungen zu untersagen ist.
Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
(1)
Bei der Beurteilung der Frage eines rücksichtslosen Hinwegsetzens über die
schützenswerten Belange des Klägers ist zunächst zu berücksichtigen, dass den
Beklagten zu 1) und 3) die konkreten Umstände bekannt waren, unter denen der
Beklagte zu 2) die Äußerungen des Klägers auf Tonband aufgenommen hat. Sie
wussten, dass er für den Kläger als Ghostwriter tätig geworden und dass im Rahmen
dieser Tätigkeit eine Stoffsammlung erstellt worden war, die nicht
veröffentlicht werden, sondern lediglich als Grundlage der später zu
verfassenden Bände der Memoiren dienen sollte. Sie wussten weiter, dass
aufgrund eines Zerwürfnisses zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) deren
gemeinsame Zusammenarbeit im Jahre 2009 beendet worden war und die ausstehenden
Teile der Memoiren wenn überhaupt dann jedenfalls nicht unter Mithilfe des
Beklagten zu 2) erstellt werden würden. Eine solche Kenntnis der Gesamtumstände
kann zwar im Hinblick auf die Erlangung des Inhalts der Tonbänder nicht als
vorsätzlicher Rechtsbruch eingestuft werden, weil die Beklagten zu 1) und 3)
gegenüber dem Kläger eben keiner vertraglichen Geheimhaltungspflicht
unterlagen. Der betreffende Sachverhalt geht jedoch auf der anderen Seite über
das Szenario des bloßen Zuspielens von geheimen Informationen an
„unbeteiligte“ Presseorgane qualitativ hinaus.
(2)
Für eine solche Bewertung der Rolle der Beklagten zu 1) und 3) spricht weiter auch
ihre Beteiligung an der Erstellung des streitgegenständlichen Buches. Die
Beklagten zu 1) und 3) haben vom Beklagten zu 2) nicht lediglich die
Tonbandprotokolle „zugespielt“ bekommen, wie dies in der Entscheidung
des BGH vom 30.9.2014 (VI ZR 490/12) der Fall war, sondern haben nach
gemeinschaftlichem Abhören der gesamten Aufnahmen untereinander abgestimmt,
welche Äußerungen der Protokolle auf welche Art und Weise in dem betreffenden
Buch dargestellt werden sollten (vgl. S. 10: „Deshalb die hier vorgelegte
Dokumentation, die im Teamwork entstanden ist. Wir – I2 T, der Hüter des
Schatzes, der Ghostwriter der Kanzlermemoiren, der L 2001 und 2002 in schier
endlosen Sitzungen befragte und der Journalist und Buchautor U K – haben uns
noch einmal durch sein monumentales Vermächtnis gekämpft: die
Kohl-Protokolle.“). Die den Beklagten zu 2) bindende
Vertraulichkeitsabrede kann zwar – darauf hat bereits das Landgericht
zutreffend hingewiesen – keine eigene vertragliche Verpflichtung der Beklagten
zu 1) und 3) gegenüber dem Kläger begründen. Sie ist jedoch auch im Rahmen der
Frage, in welchem Umfang das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt wurde,
zu berücksichtigen. Den Beklagten zu 1) und 3) war bekannt und bei der
Veröffentlichung auch bewusst, dass der Kläger mit einer Veröffentlichung
seiner Äußerungen nicht einverstanden war und der Beklagte zu 2) die mit ihm
bestehende vertragliche Abrede sowie das in ihn gesetzte Vertrauen bei Einsicht
in die einer Sperrfrist unterliegenden Unterlagen verletzt bzw. missbraucht
hat. Im Hinblick auf die auch von den Beklagten zu 1) und 3) erkannte
rechtliche Problematik wurden, wie der Justitiar der Beklagten zu 1) in der
mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erklärt hat, in gemeinschaftlicher
Arbeit gerade diejenigen Zitate ausgesucht und in einer Art und Weise im
streitgegenständlichen Buch „verarbeitet“, wie sie aus Sicht der
Beklagten noch zulässig sein würden.
(3)
Des weiteren war den Beklagten zu 1) und 3) auch bekannt, in welchem Ausmaß die
Wiedergabe der Äußerungen den Kläger bloßstellen würde. Denn wie der Beklagte
zu 2) im Vorwort des streitgegenständlichen Buches selbst ausführt (Seite 10:
„(Den) Protokollen, deren Qualität nicht zuletzt in ihrer direkten
Wörtlichkeit liegt …“; Seite 58: „Nun aber wird nichts mehr
gefiltert.“), beruhte das journalistische Interesse der Beklagten an den
Äußerungen des Klägers unter anderem darauf, dass diese in ungewöhnlicher
Offenheit und ohne die im politischen Bereich oftmals übliche sprachliche und
inhaltliche Glättung gemacht wurden. Insofern ist die Motivation für eine
Veröffentlichung den Beweggründen vergleichbar, die die Redakteure des
„T2“ im Jahre 1978 veranlasst haben, den Wortlaut eines Telefonats
zwischen dem Kläger und L3 C zu veröffentlichen, nämlich „um zu zeigen,
welcher Sprache sich der Erstkläger als Kanzlerkandidat bedient, wenn er nicht
vor dem Mikrofon steht“ (vgl. BGH, Urt. v. 19.12.1978 – VI ZR 137/77,
juris Rn. 25). Gerade solche Gründe hat der BGH in seiner Entscheidung vom
19.12.1978 als nicht ausreichend eingestuft, um eine Aufdeckung der Eigensphäre
zu rechtfertigenden. Auch wenn die Motive der Beklagten zu 1) und 3) im
vorliegenden Fall vielschichtiger gewesen sein mögen, ist bei der Bewertung des
Eingriffes in die Vertraulichkeitssphäre des Klägers auch zu berücksichtigen,
dass hinsichtlich eines Großteils der Äußerungen die erfolgte Veröffentlichung
nicht dazu geeignet ist, politisches Zeitgeschehen sowie dessen Bewertung durch
den Kläger zu schildern, sondern eher geschieht, um den Kläger in seiner
„direkten Wörtlichkeit“ darzustellen. Dies wird insbesondere aus dem
Umstand deutlich, dass die Mehrzahl der verwendeten Zitate keinem konkreten
politischen oder historischen Ereignis zuzuordnen ist, sondern (teilweise
despektierliche) Charakterisierungen oder auch Beschimpfungen des Klägers
gegenüber seinen politischen Gegnern bzw. Weggefährten beinhalten.
Ein
weiteres Motiv der Beklagten bezüglich der Veröffentlichung ist darin zu sehen,
dass es ihren Zielen widerspricht, die Familie des Klägers über die Art und
Weise der Veröffentlichung bestimmen zu lassen (vgl. Seite 10: „Seine
Frau, N L-S, will sich augenscheinlich die alleinige Deutungshoheit sichern und
die Gesprächsprotokolle möglicherweise für Jahrzehnte wegschließen.“;
Seite 56: „Die neue Frau an seiner Seite hat offenbar kein Interesse an
einer Auseinandersetzung mit den Jahren 1995 bis 2002, die wir uns für den
vierten Band vorgenommen hatte. … Und sie verlangt, darauf deutet alles für
mich hin, nach der alleinigen Deutungshoheit über Helmut Kohls Leben.“).
Auch dies zeigt, dass nicht die Aufdeckung politischer oder sonstiger Mißstände
im Vordergrund der Veröffentlichung stand, sondern vielmehr der Umstand, dass
die Beklagten zu 1) und 3) in Unterstützung des Beklagten zu 2) die von diesem
reklamierte Position der Deutungshoheit in Anspruch nehmen wollten. Dafür
sprechen auch die gegebenen zeitlichen Abläufe: Dem Beklagten zu 2) waren die
betreffenden Äußerungen des Klägers sei dem Jahre 2001 bekannt und er hat zu
diesem Zeitpunkt keinen Anlass gesehen, sie eigenmächtig an die Öffentlichkeit
zu bringen. Vielmehr hatte er sich damit abgefunden, dass sie im Rahmen der
ersten Bände der Memoiren „staatsmännisch geglättet“ wurden. Auch
nach Aufkündigung der Zusammenarbeit des Klägers mit dem Beklagten zu 2) im
Jahre 2009 haben die Beklagten keinen Anlass für eine Veröffentlichung gesehen,
sondern es hat noch weitere fünf Jahre bis zur Geltendmachung des
Herausgabeanspruchs hinsichtlich der Tonbänder durch den Kläger gedauert. Damit
zeigen die Beklagten, dass sie sich rücksichtslos über die Interessen des
Klägers hinwegsetzen, der kein Einverständnis mit einer solchen
Veröffentlichung erklärt hat, indem sie für sich in Anspruch nehmen, die der
Öffentlichkeit preiszugebenden Äußerungen des Klägers nach ihrem Ermessen
auswählen zu können.
In
diesem Zusammenhang können sich die Beklagten zu 1) und 3) auch nicht auf die
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 14.1.2014
(Ruusunen v. Finland – 73579/10) berufen. Denn der dieser Entscheidung zugrunde
liegende Sachverhalt ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar: Die
Beschwerdeführerin hatte sich dagegen gewandt, wegen Verbreitung von die
Persönlichkeitsrechte verletzenden Informationen zu einer Geldstrafe verurteilt
worden zu sein, weil sie ein Buch über ihre 9 Monate dauernde Liebesbeziehung
zum ehemaligen finnischen Ministerpräsidenten veröffentlicht hatte. Diese
Verurteilung zu einer Geldstrafe war von den finnischen Gerichten darauf
gestützt worden, dass das Buch Passagen enthielt, welche Einzelheiten der
intimen Treffen der Beschwerdeführerin mit dem Premierminister schilderten und
damit unzulässigerweise den Kernbereich seines Privatlebens verletzten. Der
Umstand, dass der Premierminister zuvor selbst Teile seines Privatlebens veröffentlicht
habe, würde nicht bedeuten, dass er überhaupt keinen Schutz in Anspruch nehmen
könne. Diese Verurteilung zu einer Geldstrafe hat der Europäische Gerichtshof
für Menschenrechte auch im Hinblick auf das Recht aus Art. 10 EMRK gebilligt.
Daraus
kann jedoch nicht der von Beklagten vertretene Schluss gezogen werden, dass die
Veröffentlichung von Informationen, die Bereiche außerhalb des Sexuallebens der
Betroffenen betreffen, im Lichte von Art. 10 EMRK von den nationalen Gerichten
nicht untersagt werden darf. Der Vergleich des vorliegenden Sachverhalts mit
Entscheidung des EMRK vom 14.1.2014 krankt schon daran, dass sich der ehemalige
finnische Ministerpräsident und die Beschwerdeführerin nicht mit dem
gemeinsamen Ziel getroffen haben, eine Stoffsammlung zu erstellen und auf Basis
dieser Stoffsammlung ein Buch zu verfassen, bezüglich dessen Inhalts dem
ehemaligen Ministerpräsidenten ein Letztentscheidungsrecht über Art und Umfang
der enthaltenen Äußerungen zusteht.
d.
Der damit in der Art der Informationsgewinnung und -verarbeitung liegende
rücksichtslose Verstoß der Beklagten zu 1) und 3) gegen die Privatsphäre des
Klägers führt aber auch dann zur Unzulässigkeit der Veröffentlichung im
tenorierten Umfang, wenn eine Güterabwägung mit der verfassungsrechtlich
gleichfalls geschützten Meinungs- und Pressefreiheit vorgenommen wird. Denn an
den betreffenden Äußerungen besteht kein derartig überragendes öffentliches
Informationsinteresse, dass die von den Beklagten zu 1) und 3) vorgenommene Art
der Informationsgewinnung und der darin liegende Eingriff in die Privatsphäre
des Klägers gerechtfertigt wäre.
Im
Einzelnen:
aa.
Betroffen ist vorliegend die Privatsphäre des Klägers in Form der
Vertraulichkeitssphäre und des Rechtes am gesprochenen Wort, die als besonders
zu schützende Bereiche der persönlichen Selbstbestimmung und -verwirklichung
anerkannt sind. Einem Eingriff in die Privatsphäre des Klägers steht nicht
entgegen, dass dieser sich in den Gesprächen mit dem Beklagten zu 2)
überwiegend zu seiner beruflichen Laufbahn geäußert hat. Denn vorliegend steht
nicht die Preisgabe von Begebenheiten aus dem privaten oder beruflichen Leben
des Klägers im Vordergrund, sondern die Privatheit seiner Gespräche mit dem
Beklagten zu 2), deren Inhalt nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war,
sondern „ins Unreine“ gesprochen wurde, um als Grundlage für das zu
erstellende Manuskript zu dienen. Primär abzustellen ist daher nicht auf die
Verbreitung der in diesen Gesprächen gewonnenen Informationen, sondern auf den
Umstand, dass die betreffenden Informationen als Äußerungen des Klägers
weitergegeben wurden, obwohl er sie nicht für die Öffentlichkeit, sondern nur
für den Beklagten zu 2) als seiner Hilfskraft im Rahmen der Erstellung der
Memoiren zu dessen Unterrichtung gemacht hat.
bb.
Hinsichtlich der Beklagten zu 1) und 3) ist das Recht auf Meinungs- und
Medienfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK und das
Informationsinteresse der Öffentlichkeit zu berücksichtigen. Im Rahmen der
Abwägung reicht jedoch zur Berufung auf die Kontroll- und Überwachungsfunktion
der Medien nicht das Vorliegen eines Mißstandes von erheblichem Gewicht (vgl.
BGH, Urt. v. 30.9.2014 – VI ZR 490/12) aus, um eine Veröffentlichung der
entsprechenden Äußerung des Klägers zu rechtfertigen. Vielmehr muss vor dem
Hintergrund der den Beklagten zu 2) treffenden Geheimhaltungspflicht und der
Art und Weise der Informationsgewinnung der Beklagten zu 1) und 3) die
jeweilige Information einen Inhalt aufweisen, dessen öffentliche Mitteilung zur
Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen im Sinne von § 201 Abs. 2 S. 3
StGB geboten ist. Diesem Maßstab wird jedoch keine der vom Kläger mit seinem
Verfügungsantrag angegriffenen Äußerungen gerecht, so dass sie bei Stattgabe
der Berufung des Klägers sowie Zurückweisung der Berufung der Beklagten zu 1)
und 3) sämtlich zu untersagen sind.
Im
Einzelnen:
(1)
Soweit bereits in der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts die
Veröffentlichung einer Vielzahl von Äußerungen verboten wurde, bleibt die
Berufung der Beklagten zu 1) und 3) ohne Erfolg.
Die
Äußerungen Nr. 1 – 6, 8, 11 – 16, 18 – 22, 24 – 26, 28 – 32, 36, 37, 40, 42,
45, 47, 48, 55 – 60, 62 – 66, 68, 71, 79, 82 – 84, 88 – 91, 95 – 98, 102, 103,
105, 107 – 111 und 115 enthalten wörtliche Zitate des Klägers, teilweise
verbunden mit persönlichen Einschätzungen seinerseits, die jedoch schon keinen
Mißstand von erheblichem Gewicht offenbaren und deren Veröffentlichung erst
Recht nicht zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen erforderlich
ist. Auch die Äußerungen Nr. 17, 23, 27, 33 – 35, 38, 39, 41, 43, 44, 46, 49,
50, 52 – 54, 67, 69, 73, 74 – 78, 80, 85, 86, 92, 99, 106 und 114 geben
persönliche Einschätzungen des Klägers wieder, die jeweils mit der Schilderung
eines Tatsachenkern verbunden sind. Auch sie offenbaren schon keinen Mißstand
von erheblichem Gewicht und erst Recht ist ihre Veröffentlichung nicht zur
Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen erforderlich. Schließlich
enthalten auch die Äußerungen Nr. 70, 93, 94 und 112 die Schilderung
tatsächlicher Geschehnisse durch den Kläger, an deren Offenbarung kein
überragendes öffentliches Interesse besteht und bei denen daher der
Vertraulichkeitssphäre des Klägers der Vorrang einzuräumen ist. Die Äußerung
Nr. 70 befasst sich mit einem Streit des Klägers mit seinen Söhnen anlässlich
der Beerdigung seiner Frau. Auch wenn der Kläger in seiner politischen Laufbahn
sein Familienleben gegenüber der Presse geöffnet hat, besteht doch ein
erheblicher Unterschied zwischen der willentlichen Veröffentlichung von
Familienfotos der Kanzlerfamilie einerseits und der Mitteilung von Einzelheiten
eines familieninternen Streits über die Gästeliste der Beerdigung andererseits.
Eine Selbstöffnung des Klägers durch Veröffentlichung der Urlaubsfotos
berechtigt keine Veröffentlichung dieser sehr persönlichen Äußerungen. Dass N2
U2 auf den G7-Gipfeln gerne einnickte, wenn es spät wurde und dabei beinah vom
Stuhl kippte (Äußerung Nr. 93) bzw. die Minister X2 und H „immer ins
Bett“ wollten (Äußerung Nr. 94), dient ausschließlich der Befriedigung der
Neugier der Leser. Gleiches gilt für Äußerung Nr. 112, wonach Q C2 nach
Einschätzung des Klägers „nicht einmal die Herausgeber der FAZ
gekannt“ habe.
(2)
Soweit der Kläger mit seiner Berufung die Untersagung weiterer Äußerungen
verlangt, die von der angefochtenen Entscheidung des Landgericht als zulässig
erachtet wurden, hat sein Rechtsmittel unter Berücksichtigung der oben
dargestellten Grundsätze Erfolg.
(a)
Äußerung Nr. 9 (Seite 49):
Soweit
der Beklagte zu 2) aus den Verschlusssachen des Bundeskanzleramtes berichtet,
denen sich ein Telefonat zwischen K2 B und dem Kläger entnehmen lässt, in
welchem ersterer um finanzielle Unterstützung der Palästinenser bittet, handelt
es sich um eine wahre Tatsachenbehauptung, die einer Wertung durch den
Beklagten zu 2) („XXX“) unterzogen wird. Der entsprechende Passus
betrifft zwar keine Äußerung des Klägers. Seine Privatsphäre in Form der
Vertraulichkeitssphäre ist aber dennoch betroffen, weil der Beklagte zu 2) aus
Telefonaten des Klägers berichtet, die nach dessen Willen sowie aufgrund
gesetzlicher Sperrfristen geheim bleiben sollten und der Öffentlichkeit nicht
zugänglich gemacht werden durften. Den Beklagten zu 1) und 3) waren diese
Umstände bekannt und dennoch haben sie die fraglichen Angaben veröffentlicht,
wobei sie sich nicht auf die Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen
im oben dargelegten Sinne berufen können. Denn ob und in welcher Form die
Führung der Palästinenser im damaligen Zeitpunkt den Kläger um finanzielle
Unterstützung gebeten hat, ist für die öffentliche Diskussion schon deshalb
ohne Belang, weil die Antwort des Klägers auf diese Bitte nicht mitgeteilt
wird, seine Haltung zu der Finanzierungsbitte also offen bleibt. Erst recht
ergibt sich aus diesem Telefonat keine Information, die zur Wahrung eines
überragenden öffentlichen Interesses hätte mitgeteilt werden müssen.
(b)
Äußerung Nr. 10 (Seite 61):
Soweit
mit diesem Passus ein wörtliches Zitat des Klägers bzw. eine durch die
Beklagten durchgeführte Zusammenfassung seiner Äußerungen mitgeteilt wird, ist
die Veröffentlichung ebenfalls unzulässig. Zwar werden damit, worauf bereits
das Landgericht zutreffend hingewiesen hat, Mißstände von erheblichem Ausmaß
geschildert, nämlich das Einwerben von Parteispenden durch den Kläger, die er
in einer bestimmten Höhe erwartete. Entsprechend der obigen Ausführungen reicht
allein dies jedoch nicht aus, um im vorliegenden Fall den Eingriff in die
Vertraulichkeitssphäre des Klägers zu rechtfertigen. Durch sie werden
überragende öffentliche Interessen nicht wahrgenommen.
(c)
Äußerung Nr. 43 (Seite 96 f.):
Es
handelt sich bei dieser Äußerung – wie bereits oben ausgeführt – der Sache nach
um eine zusammenfassende Wiedergabe der in den Tonbandaufnahmen zutage
getretenen Einstellung des Klägers zum ehemaligen Bundespräsidenten Christian
Wulff und damit um ein wörtliches Zitat, welches schon keine besonderen
Mißstände offenbart und deren Veröffentlichung erst recht nicht zur Wahrnehmung
überragender öffentlicher Interessen erforderlich ist. Der emotional geprägte
Groll des Klägers bzw seine Abneigung gegen Herrn Wulff mögen in dem geäußerten
Ausmaß bisher der Öffentlichkeit unbekannt gewesen sein. Es ist jedoch nicht
ersichtlich, welches überragende öffentliche Interesse mit der Veröffentlichung
der entsprechenden Bemerkungen des Klägers gewahrt werden soll.
(d)
Gleiches gilt für Äußerung Nr. 51 (Seite 102 f.), einem wörtliche Zitat zu
einem Zwischenfall hinsichtlich der Parteifinanzierung der saarländischen CDU
sowie für die Äußerung Nr. 61 (Seite 110), einem wörtlichen Zitat zur
angeblichen Stasi-Belastung von Manfred Stolpe. Zwar wird – worauf das
Landgericht zutreffend hingewiesen hat – jeweils ein erheblicher Mißstand
thematisiert, jedoch sind keine überragenden öffentlichen Interessen erkennbar,
zu deren Wahrnehmung das Zitat hätte veröffentlicht werden müssen.
(e)
Äußerung Nr. 72 (Seite 143):
Es
handelt sich bei dieser Äußerung um ein wörtliches Zitat, welche schon keine
besonderen Mißstände offenbart und deren Veröffentlichung erst recht nicht zur
Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen erforderlich ist. Mit welchem
Ergebnis der Kläger aus seiner subjektiven Sicht die Haltung des verstorbenen
CSU-Vorsitzenden Franz-Josef Strauß zu politisch Verfolgten und den Vereinten
Nationen bewertete, ist aufgrund der rein persönlichen Prägung dieser
Charakterisierung nicht geeignet, überragende öffentliche Interessen
wahrzunehmen.
(f)
Äußerungen Nr. 81 (Seite 164 f.) und Nr. 87 (Seite 169 f.):
Es
handelt sich um wörtliche Zitat, welches das Ziel Richard von Weizäckers
offenbart, zum damaligen Zeitpunkt Bundespräsident werden zu wollen. Daneben
wird die Einschätzung des Klägers wiedergegeben, dass er die Äußerung eines
solchen Wunsches vor dem Hintergrund der anstehenden Nachrüstungsdebatte für
unangemessen hielt. Weder diese Äußerung noch die Äußerung Nr. 87, die sich mit
der Einschätzung des Klägers zur Qualität seines Verhältnisses mit Richard von
Weizäcker beschäftigt, ist geeignet, überragende öffentliche Interessen
wahrzunehmen. Soweit das Landgericht darauf abstellt, dass das Verhältnis der
beiden Politiker aufgrund der von diesen bekleideten höchsten Staatsämtern von
öffentlichem Interesse sei, reicht dies angesichts der völlig allgemein
gehaltenen Formulierungen nicht aus, um den Eingriff in die Vertraulichkeitssphäre
des Klägers zu rechtfertigen.
(g)
Äußerung Nr. 100 (Seite 192):
Entsprechend
den Ausführungen des Landgerichts zur Äußerung Nr. 61 besteht an der
Veröffentlichung dieses Zitates zwar durchaus ein erhebliches öffentliches
Interesse, weil es die Haltung des Klägers zu den Mitgliedern der Waffen-SS
verrät und die Formulierung „XXX“ – insbesondere in Verbindung mit
der Charakterisierung „XXX“ – in tatsächlicher Hinsicht eine
pauschale Verharmlosung dieses paramilitärischen Verbandes darstellt, der die
bei einem ehemaligen Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland auch in
vertraulicher Atmosphäre zu erwartende Sensibilität für dieses Thema
ersichtlich fehlen dürfte. Jedoch gilt auch hier, dass die Veröffentlichung der
Äußerung zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen nicht
erforderlich ist. Gleiches gilt für die weiteren Äußerung Nr. 101 (Seite 193),
Nr. 104 (Seite 198) und Nr. 113 (Seite 212 f.).
5.
Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Kosten für das
Berufungsverfahren auf § 91 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der Kosten des
Rechtsstreits in erster Instanz auf § 92 Abs. 2 ZPO. Der Kläger hat zwar die
(teilweise) Abweisung seines Antrags hinsichtlich der Äußerungen Nr. 7, 39, 49,
86, 102 durch das angefochtene Urteil nicht mit der Berufung angegriffen, was
zur Folge hat, dass er insoweit mit seinem Unterlassungsantrag unterlegen ist.
Dies führt jedoch unter Anwendung der Grundsätze des § 92 Abs. 2 ZPO nicht zu
einer Kostentragungspflicht des Klägers. Im Hinblick darauf, dass die teilweise
Abweisung des Antrages in erster Instanz, die mit der Berufung des Klägers
nicht angegriffen wurde, sich nur auf insgesamt fünf von 115 Äußerungen bezog
und bei diesen überwiegend (Äußerungen Nr. 39, 49, 102) nicht die
Veröffentlichung der Äußerung des Klägers, sondern nur die der erklärende
Zusätze der Beklagten zu 2) und 3) vom Landgericht für zulässig erachtet
wurden, handelt es sich um eine im Sinne von § 92 Abs. 2 ZPO verhältnismäßig
geringfügige Zuvielforderung, die keine höheren Kosten veranlasst hat.

Streitwert:
50.000 €
Kategorien
Uncategorized

Persönlichkeitsrecht: LG Köln – Untersagung der Verbreitung von in sozialem Netzwerk getätigten Äußerungen über Beziehung eines Profisportlers

Das Landgericht Köln
hat mit Urteil vom 10.06.2015, Az. 28
O 547/14
 entschieden, dass eine Veröffentlichung von privaten
Facebook-Nachrichten oder Whats-App-Protokollen über die Beziehung eines
Prominenten (hier: Fußballspieler) eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts
darstellt. Über das Bestehen einer Beziehung hinaus seien vom Klägers keine
Beziehungsdetails öffentlich gemacht worden, so dass keine Selbstöffnung
vorliege, welche die Privatsphäre einschränke.

Damit wurde die Beklagte verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes in
Höhe von bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, zu unterlassen, in
Bezug auf den Kläger unter anderem folgende Äußerungen zu tätigen:

“‘N ist immer wieder in unsere Beziehung
gegrätscht‘ (…) M veröffentlichte kurzzeitig ein längeres
WhatsApp-Chatprotokoll zwischen T und N. Der vereinslose Profi M (…) erhebt in
Y schwere Vorwürfe gegen Nationalspieler N: ‚N weiß sehr gut mit dem Ball
umzugehen. In dem Fall ist er immer wieder in unsere Beziehung gegrätscht und
hat sein Fame (…) ausgenutzt. Nicht fein! ‘”.

Und:

“Auslöser dürften die Enthüllungen von
Ex-Bayern-Profi M (…) sein (…). Der machte ‚WhatsApp‘-Protokolle zwischen
seiner Ex-Freundin T (…) und N öffentlich, die Raum für Spekulationen bieten.
Und legte gestern sogar noch einmal intime Details nach, die er süffisant
kommentierte (‚#auchindirsteckteinweltmeister‘). Pikant: Zum Zeitpunkt des
Flirts waren N und D schon ein Paar…”.

Das Urteil im
Volltext:
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei
Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden
Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an deren
Vorstandsvorsitzenden,
zu unterlassen,
a) in Bezug auf den Kläger zu
veröffentlichen und/ oder zu verbreiten und/ oder veröffentlichen und/ oder
verbreiten zu lassen:
aa) “‘N ist immer wieder in unsere
Beziehung gegrätscht‘ (…) M veröffentlichte kurzzeitig ein längeres
WhatsApp-Chatprotokoll zwischen T und N. Der vereinslose Profi M (…) erhebt in
Y schwere Vorwürfe gegen Nationalspieler N: ‚N weiß sehr gut mit dem Ball
umzugehen. In dem Fall ist er immer wieder in unsere Beziehung gegrätscht und
hat sein Fame (…) ausgenutzt. Nicht fein! ‘“
wenn dies geschieht wie in der Zeitung Y
vom 00.00.00.
sowie
bb) “Auslöser dürften die Enthüllungen von
Ex-Bayern-Profi M (…) sein (…). Der machte ‚WhatsApp‘-Protokolle zwischen
seiner Ex-Freundin T (…) und N öffentlich, die Raum für Spekulationen bieten.
Und legte gestern sogar noch einmal intime Details nach, die er süffisant
kommentierte (‚#auchindirsteckteinweltmeister‘). Pikant: Zum Zeitpunkt des
Flirts waren N und D schon ein Paar…“
wenn dies geschieht wie in der Zeitung Y
vom 00.00.00.
b) das nachfolgend wiedergegebene Bild des
Antragstellers zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder
veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen:
(Es folgt eine Bilddarstellung)
wie in der Zeitung Y vom 17. 10. 2014
geschehen,
c) zu veröffentlichen und/oder zu
verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen:
„N mit anderer Frau in Las Vegas (…) Jetzt
taucht auch noch ein Foto aus Las Vegas auf – mit dem Fußballer und einer
unbekannten Frau (…) N feiert im Club des ‚C‘-Hotels in Las Vegas. Eine
unbekannte Frau hat die Hände auf seine Schultern gelegt (…) Wer ist diese
Frau? (…) N feiert 8300 Kilometer von D entfernt (…) N… lächelt entspannt,
eine junge Frau legt ihm zärtlich die Hände auf die Schultern. Aber: Das ist
nicht seine Freundin D…! Dieses Foto von N ist das erste des WM-Helden nach den
pikanten Vorwürfen von Fußballer M… Der hatte auf Facebook die
‚WhatsApp‘-Protokolle zwischen seiner Ex-Freundin T (…) und N veröffentlicht
(…) Und dieses Foto tröstet sie gewiss nicht: N macht Party in Las Vegas! Rund
8300 Kilometer Luftlinie von D entfernt.
 (…) Feierte im Club des Hotels mit
Freunden und der unbekannten jungen Frau
 – und sogar mit Rockstar F…“
wenn dies geschieht wie in der Zeitung Y
vom 00.00.00.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die
Beklagte.
4. Das Urteil ist hinsichtlich des Tenors
zu 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,- EUR, im Übrigen gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags
vorläufig vollstreckbar.
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei
Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden
Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an deren
Vorstandsvorsitzenden,
zu unterlassen,
a) in Bezug auf den Kläger zu
veröffentlichen und/ oder zu verbreiten und/ oder veröffentlichen und/ oder
verbreiten zu lassen:
aa) “‘N ist immer wieder in unsere
Beziehung gegrätscht‘ (…) M veröffentlichte kurzzeitig ein längeres
WhatsApp-Chatprotokoll zwischen T und N. Der vereinslose Profi M (…) erhebt in
Y schwere Vorwürfe gegen Nationalspieler N: ‚N weiß sehr gut mit dem Ball
umzugehen. In dem Fall ist er immer wieder in unsere Beziehung gegrätscht und
hat sein Fame (…) ausgenutzt. Nicht fein! ‘“
wenn dies geschieht wie in der Zeitung Y
vom 00.00.00.
sowie
bb) “Auslöser dürften die Enthüllungen von
Ex-Bayern-Profi M (…) sein (…). Der machte ‚WhatsApp‘-Protokolle zwischen
seiner Ex-Freundin T (…) und N öffentlich, die Raum für Spekulationen bieten.
Und legte gestern sogar noch einmal intime Details nach, die er süffisant
kommentierte (‚#auchindirsteckteinweltmeister‘). Pikant: Zum Zeitpunkt des
Flirts waren N und D schon ein Paar…“
wenn dies geschieht wie in der Zeitung Y
vom 00.00.00.
b) das nachfolgend wiedergegebene Bild des
Antragstellers zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder
veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen:
 (Es
folgt eine Bilddarstellung)
wie in der Zeitung Y vom 17. 10. 2014
geschehen,
c) zu veröffentlichen und/oder zu
verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen:
 „N
mit anderer Frau in Las Vegas (…) Jetzt taucht auch noch ein Foto aus Las Vegas
auf – mit dem Fußballer und einer unbekannten Frau (…) N feiert im Club des
‚C‘-Hotels in Las Vegas. Eine unbekannte Frau hat die Hände auf seine Schultern
gelegt (…) Wer ist diese Frau? (…) N feiert 8300 Kilometer von D entfernt
(…) N… lächelt entspannt, eine junge Frau legt ihm zärtlich die Hände auf die
Schultern. Aber: Das ist nicht seine Freundin D…! Dieses Foto von N ist das
erste des WM-Helden nach den pikanten Vorwürfen von Fußballer M… Der hatte auf
Facebook die ‚WhatsApp‘-Protokolle zwischen seiner Ex-Freundin T (…) und N
veröffentlicht (…) Und dieses Foto tröstet sie gewiss nicht: N macht Party in
Las Vegas! Rund 8300 Kilometer Luftlinie von D entfernt.
 (…) Feierte im Club des Hotels mit
Freunden und der unbekannten jungen Frau
 – und sogar mit Rockstar F…“
wenn dies geschieht wie in der Zeitung Y
vom 00.00.00.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die
Beklagte.
4. Das Urteil ist hinsichtlich des Tenors
zu 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,- EUR, im Übrigen gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags
vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger ist ein bekannter
Fußballspieler und Mitglied der deutschen Nationalmannschaft, mit der er im
Sommer 2014 in Brasilien die Weltmeisterschaft gewann. Er führte seit dem
Sommer 2013 eine Beziehung zu der Sängerin und Moderatorin D. Nach vorherigen
medialen Gerüchten veröffentlichte diese im Juni 2013 auf ihrer Twitter- und
Facebook-Seite ein Foto der beiden, welches sie offiziell als Paar darstellte.
Diese Beziehung stand seitdem unter hohem medialem Interesse. In der Folge kam
es gelegentlich zu weiteren Veröffentlichungen durch D über diese sozialen
Netzwerke, etwa zum Anlass des Bezugs einer gemeinsamen Wohnung in London. Der
Kläger beantwortete diese über die gleichen Kanäle und veröffentlichte auf
seiner Facebook-Seite gelegentlich ähnliche Fotos von dem Paar. D äußerte sich
zudem in Interviews zu der Beziehung zu dem Kläger. Der Kläger antwortete
ebenfalls in einem mit der Hamburger Morgenpost zu sportlichen Themen geführten
Interview auf Fragen der Journalisten zu seiner Beziehung zu D. Im zeitlichen
Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Veröffentlichungen beendeten der
Kläger und seine Lebensgefährtin ihre Beziehung. Zu den Einzelheiten der
Veröffentlichungen wird auf die von der Beklagten als K1-K6 eingereichten
Anlagen Bezug genommen.
Am 15.10. 2014 berichtete die Beklagte auf
der „Letzten Seite“ der von ihr verlegten Y über Facebook-Veröffentlichungen
des ehemaligen Fußballprofis M, welcher seiner ehemaligen Lebensgefährtin, dem
Modell T, und dem Kläger im Hinblick auf seine Trennung von dieser Vorwürfe
machte und auf seiner privaten Facebook-Seite vermeintliche Protokolle des
Nachrichtendienstes „WhatsApp“ zwischen dem Kläger und T veröffentlicht hatte.
In diesem Artikel heißt es u.a.:
 „‘N
ist immer wieder in unsere Beziehung gegrätscht‘ … M veröffentlichte kurzzeitig
ein längeres WhatsApp-Chatprotokoll zwischen T und N. Der vereinslose M …
erhebt in Y schwere Vorwürfe gegen Nationalspieler N: ‚N weiß sehr gut mit dem
Ball umzugehen. In dem Fall ist er immer wieder in unsere Beziehung gegrätscht
und hat sein Fame … ausgenutzt. Nicht fein!“
In der Y vom 00.00.00 veröffentlichte sie
sodann den Artikel „D & N! Hat ihre Liebe noch eine Chance?“ in
dem es u.a. heißt:
 „Auslöser
dürften die Enthüllungen von Ex-Bayern-Profi M…sein…Der machte
‚Whats-App‘-Protokolle zwischen seiner Ex-Freundin T….und N öffentlich, die
Raum für Spekulationen bieten. Und legte gestern sogar noch einmal intime
Details nach, die er süffisant kommentierte(,#auchindirsteckteinweltmeister‘).
Pikant: Zum Zeitpunkt des Flirts waren N und D schon ein Paar…“
Schließlich veröffentlicht die Beklagte in
der Y vom 00.00.00 auf der Titelseite ein Foto, welches den sitzenden Kläger
zeigt, dem eine hinter ihm stehende Frau ihre Hände auf die Schulter legt. In
der Bildbeschreibung heißt es:
 „N
mit anderer Frau in Las Vegas…Jetzt taucht auch noch ein Foto aus Las Vegas auf
– mit dem Fußballer und einer unbekannten Frau.“
Auf S. 4 wird das Foto erneut gezeigt und
im dortigen Text u.a. berichtet:
 „N
feiert im Club des ‚C‘-Hotels in Las Vegas. Eine unbekannte Frau hat die Hände
auf seine Schultern gelegt … Wer ist diese Frau? … N feiert 8300 Kilometer von
D entfernt … N … lächelt entspannt, eine junge Frau legt ihm zärtlich die Hände
auf die Schultern. Aber: Das ist nicht seine Freundin D…! Dieses Foto von N ist
das erste des WM-Helden nach den pikanten Vorwürfen von Fußballer M … Der hatte
auf Facebook die ‚WhatsApp‘-Protokolle zwischen seiner Ex-Freundin T… und N
veröffentlicht … Und dieses Foto tröstet sie gewiss nicht: N macht Party in Las
Vegas! Rund 8300 Kilometer Luftlinie von D entfernt. Der Nationalspieler
bräunte seinen durchtrainierten, tätowierten Oberkörper in der Sonne, relaxte
am Pool des 5-Sterne Hotels ‚C‘ (ab 420 Euro/ die Nacht). Feierte im Club des
Hotels mit Freunden und der unbekannten jungen Frau – und sogar mit Rockstar
F…“
Mit außergerichtlichem Schreiben vom 16.
und 00.00.00 forderte der Kläger erfolglos die Abgabe von Unterlassungserklärungen
von der Beklagten ein. Mit Beschluss vom 27.10.2014 (Az. 28 O 464/14) hat die
Kammer antragsgemäß eine einstweilige Verfügung erlassen.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die
Veröffentlichung der Textpassagen sowie des Fotos unzulässig seien, da er
dadurch in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt werde. Das folge insbesondere
daraus, dass diese den Bereich der Privat-und Intimsphäre des Klägers betreffen
würden. Das Kommunikationsverhalten des Klägers über Textnachrichten mit
Dritten gehe niemanden etwas an. Zudem verbreite die Klägerin die unwahre
Behauptung Ms über eine außereheliche Beziehung des Klägers zu T über ein
Massenmedium. Durch das Zitat und die Kommentierung der Aussage
„#auchindirsteckteinweltmeister“ werde zudem direkt in die Intimsphäre des
Klägers eingegriffen. Ein berechtigtes Interesse an diesen Informationen
bestehe nicht. Insbesondere liege keine Selbstöffnung vor, da der Kläger
niemals Details zu seiner Beziehung zu D preisgegeben habe. Informationen seien
höchstens durch D mitgeteilt worden – eine Selbstöffnung durch Dritte sei
jedoch ausgeschlossen. Schließlich seien die Berichterstattung und die Nutzung
des Fotos in Bezug auf den Aufenthalt des Klägers in Las Vegas unzulässig.
Dieser habe sich dort im Urlaub befunden, wobei der Kernbereich der
Privatsphäre betroffen sei, da er einen persönlichen Rückzugspunkt gesucht
habe. Insbesondere das streitgegenständliche Foto sei außerhalb der
Öffentlichkeit entstanden. Hierzu behauptet der Kläger, dass dieses – ohne
seine Einwilligung – auf einer privaten Geburtstagsfeier des Klägers in
abgetrennten Räumlichkeiten des C-Hotels entstanden sei.
Der Kläger beantragt,
der Beklagten bei Meidung eines vom
Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis
zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs
Monaten, letztere zu vollziehen an dem Vorstandsvorsitzenden zu untersagen,
A. in Bezug auf den Kläger zu
veröffentlichen und/ oder zu verbreiten und/ oder veröffentlichen und/ oder
verbreiten zu lassen:
a.             
“‘N ist immer wieder in unsere Beziehung gegrätscht‘… M veröffentlichte
kurzzeitig ein längeres WhatsApp-Chatprotokoll zwischen T und N. Der
vereinslose Profi M … Erhebt in Y schwere Vorwürfe gegen Nationalspieler N: ‚N
weiß sehr gut mit seinem dem Ball umzugehen. In dem Fall ist er immer wieder in
unsere Beziehung gegrätscht und hat sein Fame … ausgenutzt. Nicht fein! ‘“
sowie
b.             
“ Auslöser dürften die Enthüllungen von Ex-Bayern-Profi M … sein … Der machte
‚WhatsApp‘-Protokolle zwischen seiner Ex-Freundin T … und N öffentlich, die
Raum für Spekulationen bieten. Und legte gestern sogar noch einmal intime
Details nach, die er süffisant kommentiert (‚#auchindirsteckteinweltmeister‘).
Pikant: Zum Zeitpunkt des Flirts waren N und D schon Paar…“
B. das nachfolgend wiedergegebene Bild des
Antragstellers zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder
veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen:
36
(Es folgt eine Bilddarstellung)
wie auf der Titelseite von Y vom 00.00.00
sowie im Innenteil auf Seite 4 geschehen,
C. zu veröffentlichen und/oder zu
verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen
 „N
mit anderer Frau in Las Vegas… Jetzt taucht auch noch ein Foto aus Las Vegas
auf – mit dem Fußballer und einer unbekannten Frau… N feiert im Club des
‚C‘-Hotels in Las Vegas. Eine unbekannte Frau hat die Hände auf seine Schultern
gelegt… Wer ist diese Frau? … N feiert 8300 Kilometer von D entfernt…N…
lächelt entspannt, eine junge Frau legt ihm zärtlich die Hände auf die
Schultern. Aber: Das ist nicht seine Freundin D …! Dieses Foto von N ist das
erste des WM-Helden nach den pikanten Vorwürfen von Fußballer M… Der hatte auf
Facebook die ‚WhatsApp‘-Protokolle zwischen seiner Ex-Freundin T… und N
veröffentlicht… Und dieses Foto tröstet sie gewiss nicht: N macht Party in Las
Vegas! Rund 8300 Kilometer Luftlinie von D entfernt. Der Nationalspieler
bräunte seinen durchtrainierten, tätowierten Oberkörper in der Sonne, relaxte
am Pool des 5-Sterne Hotels ‚C‘ (ab 420 Euro /die Nacht). Feierte im Club des
Hotels mit Freunden und der unbekannten jungen Frau – und sogar mit Rockstar F…“
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, eine rechtswidrige
Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers liege nicht vor. Bei der
Abwägung der betroffenen Grundrechte überwiege das legitime
Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Beim überwiegenden Teil der
angegriffenen Äußerungen handele es sich um wahre Tatsachen, deren Verbreitung
der Kläger hinnehmen müsse. Zudem seien die Grundsätze der
Verdachtsberichterstattung gewahrt worden. Die – auf dessen Facebook-Seite
getätigten –  Äußerungen Ms habe sie lediglich wiedergegeben. Die
Beziehungsverhältnisse des Klägers seien zudem von großem öffentlichem
Interesse, da es sich dabei um einen der bedeutendsten deutschen Fußballprofis
handele, der gerade die Weltmeisterschaft gewonnen habe. Zudem habe er seine
Beziehung zu D selbst über soziale Medien der Öffentlichkeit angetragen und bei
Interviews auch eigeninitiativ zu der Beziehung Stellung genommen, sodass eine
klassische Selbstöffnung vorliege. Bei den im Zusammenhang mit den Äußerungen
Ms entstandenen Artikeln seien auch ausschließlich Prominente beteiligt
gewesen, sodass ein hohes Interesse an den Informationen bestand. Schließlich
sei auch die bebilderte Berichterstattung über den Urlaub im C-Hotel in Las
Vegas zulässig. Denn er habe sich dabei nicht zurückgezogen, sondern sich der
Öffentlichkeit zum ersten Mal nach den vorherigen Berichten wieder – etwa auch
mit dem Musiker F – gezeigt. Zudem begründe schon der Umstand ein öffentliches
Interesse, dass er, statt mit seiner Mannschaft zu trainieren, dort Urlaub
mache. Zu der Herkunft des streitgegenständlichen Fotos behauptet sie, dieses
zeige den Kläger nicht in einem abgesperrten Teilbereich des Hotelclubs bei
einer Privatfeier. Vielmehr habe dieser lediglich VIP-Tische in dem öffentlich
zugänglichen Club „Z“ des Hotels gebucht, welche nur durch einfache
Absperrungen vom Rest des Clubs abgetrennt seien.
Zum weiteren Sach- und Streitstand wird
auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist überwiegend
begründet.
1.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen
Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1,
1 Abs. 1 GG  hinsichtlich der Äußerung “‘N ist immer wieder in
unsere Beziehung gegrätscht‘… M veröffentlichte kurzzeitig ein längeres
WhatsApp-Chatprotokoll zwischen T und N. Der vereinslose Profi M … Erhebt in Y
schwere Vorwürfe gegen Nationalspieler N: ‚N weiß sehr gut mit seinem dem Ball umzugehen.
In dem Fall ist er immer wieder in unsere Beziehung gegrätscht und hat sein
Fame … ausgenutzt. Nicht fein! ‘“
Durch das Verbreiten der durch M erhobenen
Vorwürfe liegt ein Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts des Klägers vor. Denn dessen Äußerungen betreffen –
unabhängig davon, ob diese wahr oder unwahr sind – den privaten
Kommunikationsverkehr des Klägers und darüber hinaus die privaten
Beziehungsverhältnisse des Klägers.
Dieser Eingriff ist auch rechtswidrig geschehen.
Bei dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht handelt es sich dabei um einen
sogenannten offenen Tatbestand, d.h. die Rechtswidrigkeit ist nicht durch die
Tatbestandsmäßigkeit indiziert, sondern im Rahmen einer Gesamtabwägung der
widerstreitenden Interessen unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände des
konkreten Einzelfalles und Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit
positiv festzustellen (Palandt-Sprau, Kommentar zum BGB, 74. Auflage
2015, § 823 BGB, Rn. 95 m.w.N.). Eine solche abwägende Berücksichtigung der
kollidierenden Rechtspositionen ist dabei auch bei unterhaltender
Berichterstattung über Prominente angezeigt. Dabei gilt, dass auch diese eine
berechtigte Erwartung auf Achtung und Schutz ihres Privatlebens haben (EGMR NJW
2010, S. 751). Bei der Gewichtung des Informationsinteresses im Verhältnis zu
dem kollidierenden Persönlichkeitsschutz kommt dem Gegenstand der
Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu, etwa der Frage, ob private
Angelegenheiten ausgebreitet werden, die lediglich die Neugier befriedigen
(BVerfG NJW 2008, 1793 Rn. 65 – Caroline von Hannover). Insofern ist jedoch zu
berücksichtigen, dass auch unterhaltende Beiträge eine meinungsbildende
Funktion erfüllen, denn sie können Realitätsbilder vermitteln und
Gesprächsgegenstände zur Verfügung stellen, die sich auf Lebenseinstellungen,
Werthaltungen und Verhaltensmuster beziehen (BVerfG, a.a.O.) Prominente
Persönlichkeiten können dabei für das Publikum eine Leitbild- und
Kontrastfunktion einnehmen. Bei der vorzunehmenden Abwägung ist auch zu
berücksichtigen, in welcher Schutzsphäre der Prominente durch die
Berichterstattung berührt wird. So wiegt ein Eingriff in die Sozialsphäre
weniger schwer wie ein Eingriff in die Privatsphäre oder die grundsätzlich
vorbehaltslos geschützte Intimsphäre. Die Sozialsphäre kennzeichnet dabei einen
Bereich, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit
der Umwelt vollzieht, so insbesondere das berufliche und politische Wirken des
Individuums (BGH, NJW 2012, S. 771). Demgegenüber umfasst die Privatsphäre
sowohl in räumlicher als auch in thematischer Hinsicht den Bereich, zu dem
andere grundsätzlich nur Zugang haben, soweit er ihnen gestattet wird; dies
betrifft in thematischer Hinsicht Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts
typischerweise als „privat“ eingestuft werden, etwa weil ihre öffentliche
Erörterung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird
oder nachteilige Reaktionen in der Umwelt auslöst (BGH, a.a.O. m.w.N.). Dabei
ist zu berücksichtigen, dass der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher
Kenntnisnahme dort entfallen oder zumindest im Rahmen der Abwägung zurücktreten
kann, wo sich der Betroffene selbst damit einverstanden gezeigt hat, dass
bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich gemacht
werden; denn niemand kann sich auf ein Recht zur Privatheit hinsichtlich
solcher Tatsachen berufen, die er selbst der Öffentlichkeit preisgegeben hat
(BGH, a.a.O. m.w.N.) Dies bedeutet, dass eine Person – ohne konkret in die
Verbreitung einer Information eingewilligt zu haben – aufgrund einer
Selbstöffnung eine Berichterstattung grundsätzlich hinnehmen muss, welche
thematisch denselben Ausschnitt der Privatsphäre betrifft, den er in der
Vergangenheit selbst geöffnet hat  und eine ähnliche Intensität hat
(BVerfG NJW 2006, 2838). Eine insofern reduzierte Privatheitserwartung kann
daher im Einzelfall etwa daraus folgen, dass der Betreffende in Interviews
„Einzelheiten über sein Privatleben“ offenbart hat (EGMR NJW 2012, S. 1058).
Nach diesen Grundsätzen überwiegt im
konkreten Fall bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen
dasjenige des Klägers auf Schutz seiner Privatsphäre.
Dabei kann im Ausgangspunkt ein
öffentliches Interesse an der Person des Klägers nicht bezweifelt werden.
Dieses stützt sich bereits auf seine Stellung als bedeutender und bekannter
Fußballprofi und Nationalspieler, welcher in dieser Funktion regelmäßig in der
Öffentlichkeit steht. Die im Artikel getätigten Äußerungen betreffen jedoch
nicht diese auf seine berufliche Tätigkeit bezogene Sozialsphäre des Klägers.
Zwischen seiner öffentlich exponierten Stellung als Fußballprofi und den
streitgegenständlichen Vorfällen besteht keine maßgebliche Verbindung über den
Umstand hinaus, dass M selbst als Fußballprofi tätig war und sich zur
Verdeutlichung seines Vorwurfs sprachbildlicher Vergleiche zu fußballerischen
Vorgängen bedient. Insofern ist vielmehr die Privatsphäre des Klägers
betroffen, da der Artikel im Gesamtkontext von dem Verhalten des Klägers in
Zusammenhang mit einer mutmaßlichen Beziehung zu T und seiner Beziehung zu D
handelt. Die Privatsphäre ist auch im Hinblick auf die Information des
Kommunikationsverhaltens zwischen dem Kläger und Dritten betroffen, deren
Inhalt ebenfalls einen – in dem Artikel zwar nicht mitgeteilten – jedoch
privaten Charakter hat. Die Nutzung dieser Informationen tangiert dabei
zugleich das Recht des Klägers am gesprochenen bzw. geschriebenen Wort als
Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, da dieser selbst darüber
entscheiden kann, inwiefern solche Kommunikationsdaten veröffentlicht werden.
Zugunsten des Klägers spricht bei der Abwägung dabei auch, dass der von M
aufgeworfene Vorwurf einer parallelen Beziehung zwischen dem Kläger und T und D
dabei auch geeignet ist, dessen Bild in der Öffentlichkeit maßgeblich zu
schädigen. Insofern kommt dem Interesse an der Verbreitung solch ungesicherter
Gerüchte kein hoher Stellenwert zu. Dies wird auch nicht deshalb aufgewogen, da
– wie die Beklagte meint – lediglich Prominente an dem Vorfall beteiligt seien.
Es handelt sich insofern nicht um Vorgänge, welche die Bekanntheit der
einzelnen Charaktere betreffen, sondern jeweils deren Privatleben. Schließlich
ist auch nicht ersichtlich, dass durch den Bericht neben dem Ziel der
Unterhaltung ein Beitrag zu einer die Allgemeinheit interessierenden
Sachdebatte geleistet wird.
Schließlich liegt auch keine relevante
Selbstöffnung vor, welche die Privatheitserwartung des Klägers im Hinblick auf
die angegriffenen Äußerungen reduzieren würde. Dabei kann es dahinstehen, ob
und inwiefern ein Verhalten der ehemaligen Lebensgefährtin des Klägers, D,
überhaupt zu einer den Kläger betreffenden Selbstöffnung beitragen könnte. Denn
selbst wenn man diese Möglichkeit unterstellt, liegt eine solche Öffnung der
Privatsphäre, welche thematisch und von der Intensität die angegriffene
Berichterstattung rechtfertigen würde, nicht vor. Denn weder der Kläger noch D
haben maßgebliche Details über ihr Beziehungsleben öffentlich bekannt gemacht.
Die von der Beklagten zur Akte gereichten Anlagen lassen einen solchen Schluss
nicht zu. Aus diesen ergibt sich lediglich, dass der Kläger und seine damalige
Lebensgefährtin D über soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter und Instagram
ihren Beziehungsstatus (Zusammenkommen, Beziehen einer gemeinsamen Wohnung)
öffentlich kommentiert haben und auf Nachfrage auch in Interviews in
allgemeiner Form hierzu Stellung genommen haben, ohne Details preiszugeben.
Dass sie sich als Paar bewusst, aktiv und nachhaltig in der Öffentlichkeit
platziert hätten, ist nicht ersichtlich. D veröffentlichte das erste Foto,
welches sie und den Kläger als Paar zeigt und kommunizierte ihre
Geburtstagsüberraschung für den Kläger in der Londoner Wohnung öffentlich über
die sozialen Netzwerke. Sie äußerte sich auch über die Beziehung in einem
exklusiven Interview mit der A und in dem von der Beklagten eingereichten
Fernsehinterview. Ihre Äußerungen bleiben jedoch im Allgemeinen und entsprechen
insofern auch der von ihr im TV-Interview aufgestellten Aussage, dass der
Kläger und sie möglichst wenig an die Öffentlichkeit preisgeben wollen. Die von
der Beklagten eingereichten Anlagen belegen insofern lediglich, dass die Medien
die spärlichen, durch D veröffentlichten Informationen bereitwillig aufgenommen
und weiterverbreitet haben. Noch hinter dem Verhalten von D zurück bleibt im
Hinblick auf eine mögliche Selbstöffnung jedoch das Verhalten des Klägers
selbst. Dieser veröffentlichte zwar auch über seine sozialen Netzwerke Fotos
von sich und seiner ehemaligen Lebensgefährtin als Grußbotschaften an seine
Anhänger oder reagierte auf die Eintragungen von D. Dabei ist jedoch
ersichtlich, dass der Großteil der Eintragung in den sozialen Netzwerken der
Eigenvermarktung in Bezug auf seine sportlich-berufliche Karriere diente, was
die Vielzahl der sportbezogenen Einträge zeigt. Details über den Umstand
hinaus, dass er in seiner Beziehung glücklich sei, wurden jedoch damit nicht
kommuniziert. Auch das von der Beklagten angeführte Interview mit der Hamburger
Morgenpost belegt keineswegs die aufgestellte These, dass der Kläger
eigeninitiativ Beziehungsdetails in die Öffentlichkeit gebracht hat. Hierbei
ging es vielmehr primär um die fußballerische Karriere des Klägers und die
kommende Weltmeisterschaft. Wenn er am Ende diese Interviews dann direkt und
suggestiv auf seine Beziehung angesprochen wird, antwortet er sehr allgemein,
dass er glücklich sei und seine Lebensgefährtin ihm Halt gebe.
Eine relevante Selbstöffnung lässt sich
damit lediglich insoweit annehmen, dass dies eine Berichterstattung über den
Umstand rechtfertigen würde, dass sich der Kläger und D getrennt haben, nachdem
sie diese Beziehung zuvor regelmäßig öffentlich bestätigt haben. Dies umfasst
jedoch weder thematisch noch hinsichtlich der Intensität Fragen, zu welchen
Personen der Kläger sonst eine irgendwie geartete Beziehung unterhält und wem
er Nachrichten schreibt.
Auch die Wiederholungsgefahr als
materielle Anspruchsvoraussetzung des Unterlassungsanspruchs ist gegeben. Diese
wurde bereits durch die Erstbegehung indiziert (Burkhardt, in: Wenzel, Das
Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 12, Rn. 17 m.w.N.) und ist
bislang nicht ausgeräumt.
2.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen
Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1,
1 Abs. 1 GG  hinsichtlich der Äußerung “Auslöser dürften die
Enthüllungen von Ex-Bayern-Profi M (…) sein (…). Der machte ‚WhatsApp‘-Protokolle
zwischen seiner Ex-Freundin T (…) und N öffentlich, die Raum für Spekulationen
bieten. Und legte gestern sogar noch einmal intime Details nach, die er
süffisant kommentierte (‚#auchindirsteckteinweltmeister‘). Pikant: Zum
Zeitpunkt des Flirts waren N und D schon ein Paar…“
Hinsichtlich der Abwägung gilt das unter
1. Ausgeführte entsprechend. Die Beeinträchtigung der Privatsphäre wird hierbei
jedoch zusätzlich dadurch verstärkt, dass die Beklagte die Vorgänge explizit in
Verbindung mit der Beziehung des Klägers zu D setzt und insofern den Lesern
„Raum für Spekulationen“ mitteilt.
Eine Wiederholungsgefahr liegt vor.
3.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen
Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG
hinsichtlich der Verbreitung der streitgegenständlichen Fotografie.
Nach § 22 Satz 1 KUG dürfen Bildnisse
einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden, an der
es im vorliegenden Fall fehlt. Von dem Einwilligungserfordernis besteht nach §
23 Abs. 1 Nr. 1 KUG aber eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem
Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt indes nicht für eine
Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden,
§ 23 Abs. 2 KUG. Auch bei Personen, die unter dem Blickwinkel des
zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne
ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist eine
Verbreitung der Abbildung unabhängig davon, ob sie sich an Orten der
Abgeschiedenheit aufgehalten haben, nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte
Interessen des Abgebildeten verletzt werden, § 23 Abs. 2 KUG (vgl. zu diesem
abgestuften Schutzkonzept u. a. BGH, NJW 2007, 1977; BVerfG NJW 2008, 1793 ff).
Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nimmt
nach Sinn und Zweck der Regelung und nach der Intention des Gesetzgebers in
Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das
Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit. Die
Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwägung zwischen den
Rechten der Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG
einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 EMRK und Art. 5 Abs. 1
GG andererseits. Bei der Bestimmung der Reichweite des durch Art. 8 Abs. 1 EMRK
dem privaten Leben des Einzelnen gewährten Schutzes ist der situationsbezogene
Umfang der berechtigten Privatheitserwartung des Einzelnen zu berücksichtigen
(BGH NJW 2008, 3138). Da jedoch Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 Abs. 1 EMRK die
Veröffentlichung von Fotoaufnahmen zur Bebilderung der Medienberichterstattung
einschließen, sind die kollidierenden Grundrechtspositionen gegeneinander
abzuwägen. Dies kann nach durchgeführter Abwägung dazu führen, dass die
Veröffentlichung von Bildnissen des Betroffenen aus seinem Alltagsleben, wie
beispielsweise während des Rückzugs in seinem Urlaub, einen rechtswidrigen
Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht darstellt. Auch insofern ist
bei der Abwägung zu berücksichtigen, ob die Berichterstattung eine
Angelegenheit betrifft, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt und
inwiefern die mögliche Leitbild- und Kotrastfunktion des Prominenten berührt
wird.
Es kann dahinstehen, ob es sich hier bei
der Fotografie, welche den Kläger mit einer Frau und weiteren Personen beim
Feiern zeigt, um ein Bildnis der Zeitgeschichte handelt. Jedenfalls überwiegen
insofern die Interessen des Klägers gegenüber denjenigen der Beklagten und dem
Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Das Foto ist dabei zum einen im
Urlaub des Klägers in Las Vegas entstanden und dort zum anderen bei einer
Feierlichkeit – deren Rahmen zwischen den Parteien umstritten ist. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass auch Prominente im Urlaub besonders geschützt sind.
Dieser gehört als persönliche Rückzugsmöglichkeit in den Kernbereich der
Privatsphäre (BGH GRUR 2007, S. 523). Bereits der Umstand, dass der Kläger
seinen Urlaub außerhalb Europas – und damit außerhalb seines üblichen
Tätigkeitsorts –  und in dem exklusiven Hotel C verbringt, sprechen
zunächst dafür, dass der Kläger damit eine Situation aufgesucht hat, in welcher
er ohne eigenes Zutun begründet und auch für Dritte erkennbar davon ausgehen
darf, den Blicken der Öffentlichkeit nicht ausgesetzt zu sein. Dies gilt auch
innerhalb des Urlaubs konkret für den Besuch der Räumlichkeiten des Hotels, in
denen die Fotografie entstanden ist. Es kann dahinstehen, ob – wie der Kläger
unter Beweisantritt behauptet – das Foto auf einer privaten Geburtstagsfeier in
einem abgetrennten Bereich des Hotels angefertigt wurde hat oder – wie die
Beklagte behauptet – der Kläger lediglich einzelne VIP-Tische im öffentlich
zugänglichen Clubbereich des Hotels gebucht hat und das Foto dort aufgenommen
wurde. Dies ist letztlich nicht erheblich, sodass von einer Beweisaufnahme
abzusehen war. Denn selbst wenn man den Vortrag der Beklagten unterstellt,
fällt die Abwägung zu Gunsten des Klägers aus. So ist in der Rechtsprechung
anerkannt, dass sich der Betroffene auch in öffentlich zugänglichen Räumen
stattfindenden Vorgängen gegenüber visuellen Darstellungen auf den Schutz
seiner Privatsphäre berufen kann, wenn der Betroffene nach den Umständen
typischer Weise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet
zu werden (OLG Köln, AfP 2013, S. 512). Unstreitig befand sich der Kläger nicht
auf einer Veranstaltung, welcher selbst Außenwirksamkeit zukam, wie es etwa bei
einer Aftershowparty eines öffentlichen Events oder eines im medialen Interesse
stehenden Balls der Fall wäre. Vielmehr befand er sich dort in rein privater
Funktion zum Feiern, konnte abschalten und sich gehen lassen. In einer solchen
Situation muss er grundsätzlich nicht davon ausgehen, dass er von Dritten zum
Zwecke einer späteren Veröffentlichung fotografiert wird. Dass er aufgrund der
technischen Möglichkeiten heutzutage jederzeit damit rechnen muss, erkannt und
mit Hilfe eines Smartphones unentdeckt fotografiert zu werden, ändert insofern
nichts an der grundsätzlichen Unzulässigkeit der Verwendung eines solchen
Fotos. Denn ansonsten wäre es für einen Prominenten unmöglich, unbeschwert
außerhalb der eigenen vier Wände privat aufzutreten.
An der Unzulässigkeit der Verwendung des
konkreten Fotos ändert auch nichts, dass der Kläger während seines Urlaubs auch
öffentliche Veranstaltungen – wie etwa das Konzert der Band Blink 182 –
aufsuchte und sich dort offensichtlich einverständlich mit dem Künstler F
ablichten ließ. Denn hierdurch hat er nicht zu verstehen gegeben, dass er
nunmehr seinen gesamten Urlaub und jegliche Unternehmungen in diesem der
öffentlichen Wahrnehmung öffnen wollte. Schließlich verschiebt auch der
Gesamtkontext der Berichterstattung die Abwägung nicht zugunsten der Beklagten.
Der von ihr angeführte Umstand, dass sich der Kläger nur aufgrund einer
Freistellung durch seinen Arbeitgeber im Urlaub befinden konnte, rechtfertigt
die konkrete Berichterstattung schon deshalb nicht, da dies lediglich in einem
Nebensatz angerissen wird, um zu betonen, dass sich der Kläger im Zusammenhang
mit vorherigen Berichten und der möglichen Trennung von D mit einer der
Öffentlichkeit unbekannten Frau zeige. Ein inhaltlicher Bezug zu seiner Arbeit
oder zur vorherigen Weltmeisterschaft ist ebenso wenig zu erkennen wie der
Vortrag nachzuvollziehen ist, dass sich der Kläger hier bewusst das erste Mal
nach den Vorwürfen Ms der Öffentlichkeit gezeigt habe. Soweit zu diesen
Vorgängen ein Bezug besteht, rechtfertigt dies keine (Y-)Berichterstattung,
sodass auf die Ausführungen zu 1. Bezug genommen wird. In der Abwägung spricht
gegen eine Veröffentlichung des Fotos schließlich auch, dass dieses den Kläger
zwar nicht negativ darstellt, jedoch im Zusammenhang mit der begleitenden
Wortberichterstattung zum Beleg weiterer Spekulationen über das Privatleben des
Klägers genutzt wird.
Auch insofern liegt die
Wiederholungsgefahr vor.
4.
Schließlich besteht ein
Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte gemäß den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1
BGB, Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG  hinsichtlich der Äußerung „N
mit anderer Frau in Las Vegas (…) Jetzt taucht auch noch ein Foto aus Las Vegas
auf – mit dem Fußballer und einer unbekannten Frau (…) N feiert im Club des
‚C‘-Hotels in Las Vegas. Eine unbekannte Frau hat die Hände auf seine Schultern
gelegt … Wer ist diese Frau? … N feiert 8300 Kilometer von D entfernt … N …
lächelt entspannt, eine junge Frau legt ihm zärtlich die Hände auf die
Schultern. Aber: Das ist nicht seine Freundin D…! Dieses Foto von N ist das
erste des WM-Helden nach den pikanten Vorwürfen von Fußballer M … Der hatte auf
Facebook die ‚WhatsApp‘-Protokolle zwischen seiner Ex-Freundin T… und N
veröffentlicht … Und dieses Foto tröstet sie gewiss nicht: N macht Party in Las
Vegas! Rund 8300 Kilometer Luftlinie von D entfernt.
 Der
Nationalspieler bräunte seinen durchtrainierten, tätowierten Oberkörper in der
Sonne, relaxte am Pool des 5-Sterne Hotels ‚C‘ (ab 420 Euro/ die Nacht).
Feierte im Club des Hotels mit Freunden und der unbekannten jungen Frau –
und sogar mit Rockstar F…“
 lediglich in dem durch Unterstreichungen
hervorgehobenen Umfang.
Hinsichtlich derjenigen Aussagen, welche
der Beschreibung des streitgegenständlichen Fotos dienen, wird auf die
Ausführungen hierzu unter 3. Bezug genommen.
Hinsichtlich der Aussagen hinsichtlich der
Berichterstattung über Ms Vorwürfe, wird auf die Ausführungen hierzu unter 1.
Bezug genommen.
Unbegründet ist der Antrag schließlich
jedoch hinsichtlich derjenigen Aussagen, welche sich allein darauf beziehen,
dass der Kläger im C-Hotel im Urlaub ist. Insofern hat er diesen grundsätzlich
geschützten Rückzugsraum teilweise geöffnet, indem er sich – unstreitig – dort
mit dem Musiker F im Rahmen des Konzerts im Hotelclub zeigte und ablichten
ließ. Soweit hierüber im Einzelfall berichtet werden kann, ist auch die
Mitteilung der wahren Tatsachenbehauptung über die Preise des Hotels zulässig.
Soweit des Weiteren mitgeteilt wird, dass der Kläger dort in der Sonne lag und
am Pool entspannte, handelt es sich schließlich um allgemeine Beschreibungen
desjenigen, was ein Urlaubsgast gewöhnlich in diesem Hotel tut –
Persönlichkeitsrechte des Klägers werden damit erkennbar nicht über die
Information hinaus, dass er dort Urlaub macht, tangiert.
Auch insofern liegt die
Wiederholungsgefahr vor.
5.
Die prozessualen Nebenentscheidungen
beruhen auf den §§ 92 Abs. 2, 709 ZPO.
6.

Streitwert: 70.000 EUR
Kategorien
Uncategorized

Der Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe Köln e.V. verschickt wettbewerbsrechtliche Abmahnungen wegen des Verstoßes gegen § 126 MarkenG (geographische Herkunftsangaben) – Himalaya-Salz

Der Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe Köln e.V. verschickt
derzeit Abmahnungen wegen angeblicher irreführender Werbung  auf der
Internetplattform www.rakuten.de .
Gegenstand der Abmahnung sind somit Verstöße gegen das UWG (Gesetz gegen den
unlauteren Wettbewerb)
und das Markengesetz weil für ein
Produkt mit geografischen Eigenschaften geworben wird, welche das Produkt nicht
haben soll.
Die Anforderungen hierfür sind  in § 126 MarkenG
geregelt.
In dem abgemahnten Angebot wurde für ein Himalaya-Salz geworben. Dies ist nach den Entscheidungen des LG
Köln (Urteil
vom 18. März 2010 · Az. 31 O 660/09
)  und des OLG Köln (Urteil
vom 01.10.2010 –
6 U 71/10
)  verboten, da irreführend.
Beide Gerichte haben entschieden, dass das Anbieten eines ca. 200 km vom
Himalaya Hochgebirgsmassiv entfernt abgebauten Salzes als
„Himalaya-Salz“ und/oder „Himalaya-Kristallsalz“  irreführend ist.
Das OLG Köln schreibt zur Begründung:
Wie das Landgericht zutreffend
ausgeführt hat, verbindet der durchschnittlich informierte deutsche Verbraucher
mit der Angabe „Himalaya“ die Vorstellung von einer Hochgebirgsregion mit den
höchsten Erhebungen der Erde. Durch die Aufmachung mit dem Bild eines
schneebedeckten Gipfels wird diese Vorstellung noch verstärkt. Der aufmerksame
Verbraucher, der nach Aufklappen des Faltetiketts erfährt, dass
„Himalaya-Kristallsalz“ vor mehr als 250 Mio. Jahren durch die Austrocknung
eines Urmeeres entstanden sei, wird zwar kaum annehmen, dass der Salzabbau in
extremer, gefahrvoller Höhe über dem heutigen Meeresspiegel außerhalb jeder
Zivilisation unter Schnee und Eis erfolge. Trotz seiner Gewöhnung an werbliche
Übertreibungen wird er aber zumindest davon ausgehen, dass das Salz in einem
Tal oder am Fuß des Hochgebirgsmassivs gewonnen wird. Weniger zu Misstrauen
veranlassen als in seinem Irrtum bestätigen wird ihn dabei das von der Berufung
angeführte Beispiel des „Bad Reichenhaller“ Markensalzes, für das mit dem Bild
schneebedeckter Berge und der Angabe „Alpensalz“ auf der Verpackung geworben
wird (Anlage BB 3, Bl. 302 d.A.); denn dieses Salz stammt tatsächlich aus einer
Saline am Alpenrand und gerade nicht aus der Fränkisch-Schwäbischen Alb oder
dem äußersten Alpenvorland. Dagegen findet der Abbau des von der Beklagten
angebotenen Steinsalzes unstreitig im Tagebau in einer vom Himalaya-Massiv
durch eine dichtbesiedelte Ebene getrennten, rund 200 km entfernten
Hügellandschaft statt. Damit rechnet auch kein besonders aufmerksamer
Verbraucher, der den englischsprachigen Text auf dem Etikett entziffert, wo von
Salzminen Alexanders des Großen in den Regionen Karakorum (mit dem zweithöchsten
Berg der Erde) und Kaschmir (am Hindukusch) die Rede ist.
Eine solche Werbung stellt nicht nur einen Verstoß gegen § 126 MarkenG mit
den Folgen des §§
14 ff. MarkenG
dar, sondern auch einen Verstoß gegen §§ 3, 5 UWG.
Es wird gemäß § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 2 Nr. 3 UWG die Beseitigung
der Wettbewerbsverstöße,  nach § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 2 Nr. 3
UWG die Unterlassung und dies dokumentiert durch Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung.
Darüber hinaus fordert der Verein gegen Unwesen in Handel und
Gewerbe Köln e.V.
  gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG den Ersatz der
durch ihre Inanspruchnahme verursachten Kosten in Höhe von 194,98 € .
Der wichtigste Rat:
Handeln Sie nicht überstürzt: Unterschreiben Sie die vorformulierte
Unterlassungserklärung nicht ohne vorherige fachkundige Prüfung des
Sachverhaltes durch einen Fachanwalt.
Nutzen Sie die von dem  Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe
Köln e.V.
 gesetzte Frist, sich fachanwaltlich beraten zu lassen. Die
von dem  Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe Köln e.V.  gesetzten
Fristen sollten aber unbedingt beachtet werden, da andernfalls eine teure
gerichtliche Auseinandersetzung droht.
Eine optimale fachanwaltliche Beratung wird Ihnen dagegen aufzeigen können,
dass durch die für Ihren speziellen Einzelfall passende Strategie die Belastung
durch eine modifizierte Unterlassungserklärung oder die überzogene
Kostenforderung auf ein erträgliches Minimum reduziert werden kann. Selbst mit
den Kosten für die fachanwaltliche Beratung werden Sie in der Regel die
Angelegenheit kostengünstiger klären und lösen können, als wenn Sie vorschnell
mit dem  Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe Köln e.V.  Kontakt
aufnehmen.

Von noch größerer Bedeutung ist, dass abgemahnte Shopbetreiber jedenfalls
vor Abgabe einer wenn auch modifizierten Unterlassungserklärung ihren
Onlineshop und/oder ihren eBay-Account rechtssicher gestalten lassen. Nur so
können mögliche Vertragsstrafen-Ansprüche aus der Unterlassungserklärung und
weitere Abmahnungen verhindert werden.
Kategorien
Uncategorized

Rechtsanwalt Urmann: „bei den Streaming-Abmahnungen wohl mit der Rechtekette etwas nicht in Ordnung“

Laut Focus-Online räumt der Rechtsanwalt Thomas Urmann ein, dass bei den Streaming-Abmahnungen im Auftrag des abgeblichen Rechteinhabers The Archive AG etwas mit der Rechtekette nicht in Ordnung sein könne.

Das was viele Rechtsanwälte schon vermutet hatten, und zwar schon direkt nach Versendung der Abmahnungen im Dezember hat jetzt auch den abmahnenden Rechtsanwalt erreicht. Sehr beachtlich.

Die Presse mutmaßte dies bereits auch im Dezember, Redtube als Streaming-Portal auf welchem die Pornos angesehen worden sein sollen hatte gegen The Archive AG eine einstweilige Verfügung erwirken können, mit welcher es The Archive AG untersagt worden ist, weiter Abmahnungen für Filme auf dem Portal auszusprechen, dass alles reichte nicht aus um den Kollegen Urmann der Kanzlei Urmann + Collegen davon zu überzeugen, dass er mit seiner Rechtsansicht allein auf weiter Flur steht.

Unzählige Straf- und Kammeranzeigen gegen ihn persönlich und die Kanzlei ließen den Kollegen noch gestern behaupten, dass es weitere Streaming-Abmahnungen geben soll, auch war ihm die Rechtsansicht der Bundesregierung zum Thema Urheberrechtsverletzung mittels Streaming egal, als diese verlautbaren lies, dass sie Streaming für urheberrechtlich unbedenklich erachtet.

Und nun? Zieht da etwa jemand den Schwanz ein? Will der Kollege den Rückzug antreten? Oder einfach nur retten was eventuell nicht mehr zu retten ist?

Das LG Köln müsste zumindest mit den jetzigen Aussagen des Rechtsanwalts Urmann sämtliche Auskunftsansprüche in den Fällen der Streaming-Abmahnungen kassieren, denn es sollte nun als gerichtsbekannt gelten, dass mit den Anträgen nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist.

Es bleibt spannend.

Kategorien
Uncategorized

Die Urheberrechtskammern (14. und 28.) des LG Köln haben bei den Redtube-Anträgen genauer hingeschaut

Wie ausführlich hier
und
hier
und
hier
berichtet, wurden wohl zehntausende Anschlussinhaber von der Regensburger
Kanzlei U+C Rechtsanwälte wegen des angeblichen Ansehens von Pornofilmen auf
der Streaming-Plattform Redtube abgemahnt und zur Abgabe einer
Unterlassungserklärung und Zahlung eines Betrages von 250,00 € aufgefordert.


Namen und Anschriften der abgemahnten Anschlussinhaber erhielten U+C Rechtsanwälte
aufgrund vom LG Köln im Rahmen von Auskunftsverfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG
erlassenen Auskunftsbeschlüssen von dem Provider des Anschlussinhabers.


Die entsprechenden Auskunftsanträge beim LG Köln wurden von dem Berliner
Rechtsanwalt
Daniel
Sebastian
, auch kein Unbekannter in Sachen Filesharing-Abmahnungen,  im Namen der Rechteinhaberin The Archive AG gestellt.


Rechtsanwalt Daniel Sebastian beantragte insgesamt 89 Auskunftsbeschlüsse,
von denen 62 durchgewinkt und 27 abgelehnt wurden. In den jetzt vom LG Köln veröffentlichten
Auskunftsbeschlüssen geht es um Beschlussanträge, denen die Richter nicht
gefolgt sind.


Da mag sich der rechtliche Laie zu Recht die Frage stellen: Wie kann es zu
diesen unterschiedlichen Entscheidungen kommen?


Die Begründung ist ganz einfach. Die Anträge wurden von unterschiedlichen
Kammern beim LG Köln bearbeitet  und
nicht jede Kammer des LG Köln verfügt über vertiefte Kenntnis im Urheberrecht.


Aufgrund der vom LG Köln als örtlich zuständigem Gericht für die Deutsche
Telekom AG zu bearbeitenden Antragsflut, gerade auch in Filesharing-Fällen,  muss jede Zivil-Kammer, auch die mit anderen Spezialisierungen,  am LG Köln im
Rotationsprinzip Auskunftsanträge bearbeiten und bescheiden.


In den Redtube Verfahren wurden jetzt zwei der ablehnenden
Auskunftsbeschlüsse im Volltext veröffentlicht (LG Köln, Beschluss vom
17.10.2013, und 214 O 190/13 und LG Köln, Beschluss
vom 02.12.2013, 228 O 173/13).


Auffällig ist, dass es sich bei der 14. Zivilkammer und der 28. Zivilkammer
um die beiden Urheberrechtskammern des LG Köln handelt. Da die Begründungen nahezu
wortgleich die Auskunftsanträge ablehnen, ist davon auszugehen, dass sich die
Richter, die über entsprechende Expertise im Urheberrecht verfügen,
abgesprochen haben


In den Beschlüssen betonen die Kammern nicht nur, dass es streitig ist, ob
durch Streaming das urheberrechtliche Vervielfältigungsrecht nach § 16 UrhG
verletzt wird, sondern bemängeln auch, dass der Rechteinhaber (The Archive AG)
die ordnungsgemäße Ermittlung der IP-Adressen nicht hinreichend glaubhaft
gemacht hat.


In dem Beschluss zum Verfahren unter dem Az.: 228 O 173/13 heißt es wie folgt:


„Die Voraussetzungen für eine Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG liegen
nicht vor.


Die Kammer sieht dabei von weiteren Ermittlungen ab, da nach dem
bisherigen Vorbringen der Beteiligten nichts Sachdienliches mehr zu erwarten
ist (… ). Im Einzelnen gilt folgendes:


Das Vorliegen einer offensichtlichen Rechtsverletzung ist nicht
glaubhaft gemacht. Der Antrag knüpft an einen Download des geschützten Rechts
und damit an einen Verstoß gegen das Vervielfältigungsrecht gemäß § 16 UrhG.
Zur Form des Downloads und der Identität des jeweiligen Webhosters, fehlt es
indes an jedwedem Vortrag, so dass nicht beurteilt werden kann, ob eine
Speicherung auf der Festplatte erfolgt oder ein Fall des Cachings oder
Streamings vorliegt, bei dem streitig ist, ob hierdurch urheberrechtliche
Vervielfältigungsrechte verletzt werden. Insoweit begründen sowohl die unklare
Tatsachenlage als auch die ungeklärte Rechtsfrage Zweifel an der erforderlichen
Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung.


Weiterhin ist auch die ordnungsgemäße Ermittlung der IP-Adressen nicht
hinreichend glaubhaft gemacht. Das vorgelegte Gutachten befasst sich mit der
Erfassung des selbst initiierten Downloadvorgangs. Dass auch Downloads von
anderen Rechnern zuverlässig erfasst würden, ergibt sich hieraus nicht.
Insoweit erschließt sich der Kammer auch nicht, wie das eingesetzte
Ermittlungsprogramm in der Lage sein soll, die IP-Adresse des Downloaders zu
erfassen, der lediglich mit dem Server kommuniziert, auf dem das Werk
hinterlegt ist. Es stellt sich mithin die Frage, wie das Programm in diese
zweiseitige Verbindung eindringen kann.


Auf diese Bedenken ist die Antragstellerseite bereits mit Schreiben vom
06.09.2013 hingewiesen worden, ohne darauf Stellung zu nehmen.“


Die Frage ist nach diesen Veröffentlichungen nur, ob man lachen oder weinen soll.

Freuen kann der IT- und Urheberrechtler darüber, dass zumindest die Fachkammern genau hingeschaut haben und nicht alle Anträge einfach haben passieren lassen.

Weinen aber eher darüber, dass auf Grund der Masse an Auskunftsanträgen in Filesharingsachen, man spricht von monatlich 600, auch Kammern mit der Thematik betraut werden, die nicht über die notwendige Fachkenntnis verfügen und deshalb nicht die Vollständigkeit oder besser die Unvollständigkeit der Anträge gerügt haben.

Da das Jahr 2014 gerade beginnt darf man zumindest den Wunsch äußern und die Hoffnung hegen, dass in Zukunft alle Kammern bei entsprechenden Anträgen genauer hinschauen oder sich von Richter-Kolleginnen und -Kollegen schlau machen lassen, bevor sie entscheiden.