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LG München I – Begriff „Refurbished Certificate“ in einem Angebot ist kein hinreichender Hinweis auf gebrauchte Ware

Das LG München I hat mit
Urteil vom 30.07.2018 – 33 O 12885/17
geurteilt, dass Online-Händler
gebrauchte Waren ausdrücklich als solche kennzeichnen müssen. Der Hinweis
„refurbished certificate“ in der Produktbeschreibung reicht nicht aus. Dafür
reicht die Bezeichnung „Refurbished-Certificate“ nicht aus. Amazon wurde daher
wegen einer Wettbewerbsverletzung zur Unterlassung verurteilt.
Hintergrund war eine Auseinandersetzung zwischen dem
Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) und Amazon, das gebrauchte
Smartphones angeboten hatte, ohne ausdrücklich klarzustellen, dass es sich
nicht um Neuware handelt. Die Produktinformation enthielt zunächst keinen
Hinweis darauf, dass es sich um gebrauchte Ware handelte. Später ergänzte
Amazon die Information um den Zusatz „refurbished certificate“. Das LG
argumentierte nach den Angaben des vzbv, dass Amazon seinen Kunden damit eine
wesentliche Information über eine für die Kaufentscheidung wichtige
Produkteigenschaft vorenthielt. Das sei nach dem Wettbewerbsrecht unzulässig.
Der Hinweis im Online-Shop „refurbished certificate“ reiche nach der jetzt
ergangenen Entscheidung nicht aus. Ein durchschnittlicher Verbraucher sei mit
dem englischen Begriff „refurbished“ nicht vertraut und könne sich darunter
nichts vorstellen. Selbst wenn er den Zusatz wörtlich mit „wiederaufbereitetes
Zertifikat“ übersetze, erhalte er keinen Hinweis darauf, dass das
Smartphone gebraucht sei.
Leitsatz:
Der Zusatz „Refurbished Certificate“ ist nicht geeignet, den
Durchschnittsverbraucher über die Gebraucht-Eigenschaft eines angebotenen
Smartphones zu informieren, so dass das Fehlen eines weiteren Hinweises im
Angebot einen Verstoß gegen § 5a Abs. 2 Nr. 1 UWG darstellt. (Rn. 22) (red. LS
Dirk Büch)

Tenor
Die Beklagte … verurteilt, … bei Meidung eines für jeden
Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– EUR,
ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten,
diese zu vollstrecken an dem gesetzlichen Vertreter, zu unterlassen,
Verbrauchern … Internet unter www.amazon.de gebrauchte Smartphones zum Kauf
anzubieten, ohne darauf hinzuweisen, dass es sich um gebrauchte Ware handelt,
wenn dies geschieht wie in Anlage Verbrauchern im Internet unter www.amazon.de
gebrauchte Smartphones mit dem Zusatz „Refurbished Certificate“ zum Kauf
anzubieten, ohne darauf hinzuweisen, dass es sich … gebrauchte Ware handelt,
wenn dies geschieht wie in Anlage K2.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist in Ziffer I. gegen Sicherheitsleistung
in Höhe von 10.000,– EUR, Ziffer II. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110
Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger macht gegen die Beklagte einen
Unterlassungsanspruch wegen behaupteten Verstoßes gegen Vorschriften des UWG
bzw. EGBGB geltend.
2
Der Kläger ist der bundesweit tätige Dachverband aller 16.
Verbraucherzentralen der Bundesländer und weiterer 25 verbraucher- und
sozialorientierter Organisationen in Deutschland. Im Rahmen seiner
satzungsgemäßen Aufgaben verfolgt er unter anderem Verstöße gegen das UWG und
macht Unterlassungsansprüche nach dem UKlaG geltend. … ist in die Liste
qualifizierter Einrichtungen gemäß § 4 UKlaG eingetragen.
Die Beklagte verkauft auf der Internetseite „www.amazon.de“
Produkte aller Art.
Unter anderen bot sie auf der genannten Internetseite das in
den Anlagen … 1 und K 2 abgebildete Smartphone „BQ Aquaris M5 FHD“ an.
Dabei handelte es sich um ein gebrauchtes Produkt. Die von
der Beklagten den Kunden auf der Internetseite zur Verfügung gestellte
Produktinformation enthielt am 28.04.2017 keinen Hinweis auf diesen Umstand
(Anlage K 1). Am 04.05.2017 fügte die Beklagte den Produktinformationen den Hinweis
„Refurbished Certificate“ hinzu (Anlage K 2). Am 15.06.2017 enthielt die
Produktinformation einen Hinweis auf den gebrauchten Zustand des Smartphones
(Anlage K 3).
Mit Schreiben vom 09.05.2017 mahnte der Kläger die Beklagte
wegen des zunächst fehlenden Hinweises auf den gebrauchten Zustand des
angebotenen Smartphones ab (Anlage K 4). Die Beklagte gab keine
Unterlassungserklärung
Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte sei gemäß § 8
Abs. 1 UWG zur beantragten Unterlassung zu verurteilen. Denn das mit den
Anlagen K 1 und K 2 dokumentierte Angebot verstoße gegen § 5 a Abs. 2 UWG. Der
Umstand, dass es sich bei dem angebotenen streitgegenständlichen Smartphone um
ein gebrauchtes gehandelt hat, sei eine wesentliche Information im Sinne des §
5a Abs. 2 UWG. Der später hinzugefügte Zusatz „Refurbished Certificate“ ändere
daran nichts, da der angesprochene Verbraucher diesen Begriff nicht verstehe
und … her nicht erkenne, dass ein gebrauchtes Gerät angeboten werde.
Ferner liege ein Verstoß gegen § 3 a UWG in Verbindung mit
Art. 246 a § 1 Abs. … Nr. 1, § 4 Abs. 1 EGBGB vor, da die Beklagte gegen ihre
Pflicht verstoßen habe, die Verbraucher vor Abgabe ihrer Vertragserklärung in
klarer … verständlicher Weise über die wesentlichen Eigenschaften der Ware,
so auch ihren gebrauchten Zustand, zu informieren.
Soweit die Beklagte eine zu weite Anspruchsfassung rüge,
könne sie damit … gehört werden. Denn der Unterlassungsantrag nehme auf die
konkrete Verletzungsform Bezug. Hierdurch werde deutlich, dass Gegenstand des
Antrags allein die konkrete Werbehandlung sein solle (BGH, I ZR 252/02 –
Aktivierungskosten II).
die Beklagte zu verurteilen, … bei Vermeidung eines für
jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,–
Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6
Monaten, diese zu vollstrecken an dem gesetzlichen Vertreter, zu unterlassen,
1. Verbrauchern im Internet unter www.amazon.de gebrauchte
Smartphones zum Kauf anzubieten, ohne darauf hinzuweisen, dass es sich um
gebrauchte Ware handelt, wenn dies geschieht wie in Anlage K1
und/oder
2. Verbrauchern im Internet unter www.amazon.de gebrauchte
Smartphones mit dem Zusatz „Refurbished Certificate“ zum Kauf anzubieten, ohne
darauf hinzuweisen, dass es sich um gebrauchte Ware handelt, wenn dies
geschieht wie in Anlage K2.
Die Beklagte beantragt,
Klageabweisung.
Die Beklagte behauptet, bei dem streitgegenständlichen
Angebot aus der Anlage K 1 habe es sich um einen bedauerlichen Ausrutscher
gehandelt. Mit dem Zusatz „Refurbished Certificate“ gemäß der Anlage K 2 seien
die Verbraucher jedoch ausreichend deutlich auf den gebrauchten Zustand des
angebotenen Smartphones hingewiesen worden. Der Begriff „Refurbished“ sei
gerade im Zusammenhang mit elektrischen Geräten allgemein bekannt. Andere
Unternehmen böten ein ganzes Sortiment unter dem Begriff „Refurbished Produkte“
bzw. „Apple Certified Refurbished“ an.
12
Schließlich sei der Unterlassungsantrag zu weit gefast, da
er nicht auf das streitgegenständliche Smartphone beschränkt sei und daher
theoretisch alle von der Beklagten vertriebenen Produkte erfasse. Es sei jedoch
je nach angebotenem Produkt konkret zu beurteilen, was dessen wesentliche
Eigenschaften seien, über die informiert werden müsse. Wie ein Urteil des OLG
Hamm zeige (MMR 2014, 386), sei der Begriff „Gebrauchtwaren“ im Übrigen zu
unbestimmt, da er verschieden ausgelegt werden könne. Er sei daher zu
konkretisieren. Da auf der vom Klageantrag erfassten Internetseite
„www.amazon.de“ auch Produkte angeboten würden, für die es eine spezielle
Unterseite „Zertifiziert und generalüberholt“ gebe, sei der Klageantrag zu
weit. Denn der Verbraucher werde über die Eigenschaft des bereits erfolgten
Gebrauchs dieser Produkte durch das Angebot unter der Kategorie „Zertifiziert
und generalüberholt“ informiert.
Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst
Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.06.2018 (Bl.
30/33 d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Die Beklagte war gemäß §§
8 Abs. 1, Abs. 3, 3 Abs. 1, Abs. 2, 5 a Abs. 2 UWG wie tenoriert zu
verurteilen.
A.
Das streitgegenständliche Kaufangebot der Beklagten für das
Smartphone BQ Aquaris M5 FHD auf der Internetseite „www.amazon.de“ (Anlage K 1
und K 2) stellt einen Verstoß gegen §§ 3, 5 a Abs. 2 UWG dar. Denn das Angebot
hat jeweils dem Verbraucher unter Berücksichtigung aller Umstände des
Einzelfalls eine wesentliche Information in Form des gebrauchten Zustands des
Smartphones vorenthalten, die erforderlich für eine informierte geschäftliche
Entscheidung war und deren Vorenthalten geeignet war, den Verbraucher zu einer
Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
I.
Das Internetangebot stellt eine geschäftliche Handlung
gegenüber Verbrauchern … Sinne des § 2 Nr. 1 UWG dar.
2. Der gebrauchte Zustand des angebotenen Smartphones ist
unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls eine wesentliche
Information im Sinne des § 5 a Abs. 2 UWG.
a) § 5 a Abs. 2 UWG dient der Umsetzung von Art. 7
UGP-Richtlinie. Danach handelt unlauter, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern
im Sinne des § 3 Abs. 2 UWG dadurch beeinflusst, dass er im konkreten Fall
unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche
Information vorenthält, die der Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um
eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten
geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu
veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte.
Ausgangspunkt für die Beurteilung, ob … Information
„wesentlich“ im … § 5 a Abs. 2 UWG ist, ist der allgemeine Zweck der
UGP-Richtlinie, für ein hohes Verbraucherschutzniveau zu sorgen, und der
besondere Zweck des Art. 7 UGP-Richtlinie, eine informierte geschäftliche
Entscheidung des Verbrauchers, zu gewährleisten (vgl. Köhler, in:
Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Auflage, 2018, § 5 a Rdnr. 3.13). Die
Information muss daher einerseits ein solches Gewicht haben, dass sie für die
Entscheidung des durchschnittlichen Verbrauchers voraussichtlich und für den
Unternehmer erkennbar von maßgebender Bedeutung ist. Andererseits soll der
Unternehmer durch die Informationspflicht nicht unzumutbar belastet werden.
… vorliegend vom Kläger beanstandete … sich an den
allgemeinen Verkehr, zu dem auch die Mitglieder der erkennenden Kammer gehören.
Abzustellen ist folglich auf die Wahrnehmung des normal informierten und
angemessen aufmerksamen … verständigen Durchschnittsverbrauchers.
Dieser ist daran gewöhnt, bei zum Kauf angebotenen Waren
allgemein zwischen gebrauchten und ungebrauchten zu unterscheiden. Das deshalb,
weil die Frage, ob ein Produkt bereits gebraucht ist oder nicht, Einfluss auf
dessen Zustand und Lebensdauer hat bzw. haben kann und damit für die
Preisfindung mitentscheidend ist. Auch die Gewährleistung kann eine andere sein
(vgl. § 475 Abs. 2 BGB). Für Smartphones wie das streitgegenständlich
angebotene gilt nichts anderes. Dass es sich hierbei um ein Internetangebot
handelt, spielt insofern keine Rolle, als dass der Beklagten auch unter
Berücksichtigung dieses Umstandes zuzumuten ist, auf den gebrauchten Zustand
des von … angebotenen Produkts auf der Angebotsseite hinzuweisen.
Diese wesentliche Information wurde dem Verbraucher … der
Beklagten … den Angeboten gemäß der Anlage K 1 und K … Sinne eines Unterlassens
der Mitteilung vorenthalten.
… gilt auch hinsichtlich … von der Beklagten … den
Zusatz „Refurbished Certificate“ ergänzten Angebots (Anlage K 2).
Dieser Zusatz ist nicht geeignet, den erwähnten
Durchschnittsverbraucher über die Gebraucht-Eigenschaft des angebotenen
Smartphones zu informieren. Denn dieser kann sich unter diesem Zusatz
jedenfalls nichts in Bezug auf einen etwaigen gebrauchten Zustand vorstellen.
Der Durchschnittsverbraucher ist bereits mit dem englischen Terminus
„refurbished“ nicht vertraut. Ferner enthält der Zusatz für den
Durchschnittsverbraucher, selbst wenn er ihn wörtlich als „wiederaufbereitetes
Zertifikat“ übersetzte, keinen Hinweis darauf, dass das Smartphone selbst
gebraucht ist. Der von der Beklagten zum Beweis des Gegenteils vorgebrachte
Hinweis auf das Internetangebot des Elektronikhändlers „Conrad“ (Schriftsatz
vom 15.01.2018, Seite 3/Bl. 20 d.A.) bestätigt dieses Ergebnis. Denn das
Unternehmen „Conrad“ verwendet auf der eingelichteten Internetseite gerade
nicht den von der Beklagten benutzten Zusatz „Refurbished Certificate“, sondern
die Bezeichnung „Refurbished Produkte“
4. Der Hinweis auf den gebrauchten Zustand des angebotenen
Smartphones ist als wesentliche Information unter Berücksichtigung der Umstände
des Einzelfalls für eine informierte geschäftliche Entscheidung nötig, und das
Vorenthalten ist auch geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen
Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte.
a) Die Information über den gebrauchten Zustand des
Smartphones ist wesentlich und in der gemäß § 5 a Abs. 2 Nr. 1 UWG konkret zu
prüfenden Einzelfallsituation auch notwendig, damit der Verbraucher eine
informierte geschäftliche Entscheidung tätigen kann.
Da der Verbraucher für seine geschäftliche Handlung in Form
einer Entscheidung für oder gegen das Angebot der Beklagten dessen
Preis-Leistungs-Verhältnis beurteilen können muss und hierbei der Zustand des
Produkts (neu oder gebraucht) jedenfalls auch maßgeblich ist, benötigt er diese
wesentliche Information. Der Umstand, dass das Angebot auf einer Internetseite
erfolgt, führt zu keinem anderen Ergebnis (vgl. bereits oben 2. c)
… Vorenthalten ist geeignet, den Verbraucher zu einer
geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, welche er bei Kenntnis, dass ein
gebrauchtes Smartphone angeboten wird, nicht getroffen hätte.
Ob auch ein Verstoß gegen § 3 a UWG in Verbindung mit Art.
246 a § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 EGBGB vorliegt – wofür einiges spricht –,
kann dahin stehen, da die Beklagte bereits nach §§ 8 Abs. 1, Abs. 3, 3 Abs. 1,
Abs. 2, 5 a Abs. 2 UWG zur Unterlassung verpflichtet ist (Köhler, a.a.O., § 3 a
Rn).
Durch die erfolgte Verletzungshandlung ist die für den
geltend gemachten Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr
gegeben. Eine die Wiederholungsgefahr ausräumende strafbewehrte
Urrterlassungserklärung hat die klagte nicht abgegeben.
Der zuletzt gestellte … tenorierte Unterlassungsantrag ist
aufgrund der Aufnahme von „gebrauchte Smartphones“ anstatt „Gebrauchtwaren“ so
gefasst, dass er das beanstandete Verhalten abdeckt, ohne darüber
hinauszugehen. Denn der vom Kläger angegriffene Sachverhalt besteht in dem Angebot
des Smartphones BQ Aquaris M5 FHD auf der Internetseite „www.amazon.de“ gemäß
den Anlagen Anlage K … K 2. Genau das ist durch die Bezeichnung „gebrauchte
Smartphones“ Gegenstand des beantragten Unterlassungsanspruchs.
Der Klageantrag ist ferner bestimmt genug, da der Begriff
„gebrauchte“ ausreichend konkret ist. Damit ist klargestellt, dass solche Waren
erfasst sind, die bereits einmal in Gebrauch waren. Dass es daneben auch andere
Zustände von Waren gibt, die weder als neu(wertig) noch als gebraucht
bezeichnet werden können (vgl. OLG Hamm, MMR 2014, 386), ändert an der
Bestimmtheit des Begriffs „gebrauchte“ nichts. Im Übrigen handelt es sich dabei
um einen geläufigen Begriff zur Beschreibung des Zustands einer Ware, wie auch
die Verwendung Begriff „gebrauchter Güter“ in Art. 7 Abs. 1 UAbs. 2 der
Verbrauchsgüterrichtlinie 1999/44/EG des Europäische Parlaments und des Rates
vom 25. Mai 1999 zurückgeht.
B.
I.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Zwar könnte man annehmen, der ursprünglich gestellte Antrag
sei dem Wortlaut nach auf „Gebrauchtwaren“ und damit theoretisch auf alle von
der Beklagten angebotenen „Gebrauchtwaren“ gerichtet gewesen und nicht nur auf
„gebrauchte Smartphones“. Der Klageantrag nahm aber von Anfang an Bezug auf die
Anlagen K 1 und K 2, die allein das Angebot eines gebrauchten Smartphones
zeigen. Bereits insofern bestand eine Beschränkung des Klageantrags.
Zudem sind Unterlassungsanträge stets unter Berücksichtigung
des mit der Klageschrift dargestellten Sachverhalts einschließlich der
rechtlichen Begründung auszulegen (BGH WRP 2017, 1081 Rn. 11 – Komplettküchen).
Vorliegend hat der Kläger in der Klageschrift allein zu Verstößen in Bezug auf
ein gebrauchtes Smartphone vorgetragen. Die von ihm vorgelegten Anlagen K 1 und
K 2 haben allein ein gebrauchtes Smartphone zum Gegenstand. Ein Vortrag zu
fehlenden Informationen auch bei anderen gebrauchten Produkten der Beklagten
ist dem Klagevortrag nicht zu entnehmen. Die rechtlichen Ausführungen
erschöpfen sich ebenfalls in Angaben zu den konkret vorgetragenen
Verletzungshandlungen bei Smartphones. Schließlich kann auch nicht
unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger seinen Unterlassungsantrag in der
Klageschrift gemäß §§ 61 Satz 1, 51 Abs. 2 GKG mit 15.000,– EUR beziffert hat.
Das wäre bei Annahme einer Einbeziehung aller durch die Beklagte in Deutschland
vertriebenen gebrauchten Produkte ein sehr geringer, unpassender Streitwert.
Die im Verhältnis hierzu geringe Streitwertangabe von 15.000,– EUR ist daher
ein weiteres Indiz dafür, dass lediglich die Verletzungshandlungen … Bezug
auf gebrauchte Smartphones den Streitgegenstand bilden sollen.
Die Antragsänderung in der mündlichen Verhandlung vom
12.06.2018 (Bl. 33 d.A.) stellt daher eine kostenneutrale Klarstellung des
bereits ursprünglich auf gebrauchte Smartphones beschränkten Klageantrags dar
und keine Rücknahme eines ursprünglich auf alle gebrauchten Waren bezogenen
Unterlassungsanspruchs.
II.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
beruht auf § 709 ZPO.
… Vorsitzender Richter
am Landgericht
… Richterin
am Landgericht
… Richter
am Landgericht
Verkündet am 30.07.2018
… Justizhauptsekretärin
Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Der Gleichlaut der Ausfertigung mit der Urschrift wird
bestätigt.
München, den 31. Juli 2018
Anlage K1 [4/4]
Anlage K2 [4/5]
Anlage K3 [2/2]

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Der EuGH erschwert die Verteidigung in Filesharingsachen

Der Inhaber eines Internetanschlusses, über den
Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing begangen wurden, kann sich nicht
dadurch von der Haftung befreien, dass er einfach ein Familienmitglied benennt,
dem der Zugriff auf diesen Anschluss möglich war.
EuGH, Urteil vom 18.10.2018, Rechtssache C-149/17 Bastei
Lübbe GmbH & Co. KG / Michael Strotzer
„Mit seinem heutigen Urteil antwortet der Gerichtshof,
dass das Unionsrecht einer nationalen Rechtsvorschrift (wie der im
Ausgangsverfahren streitigen in der Auslegung durch das zuständige nationale
Gericht) entgegensteht, wonach der Inhaber eines Internetanschlusses, über den
Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing begangen wurden, nicht haftbar
gemacht werden kann, wenn er ein Familienmitglied benennt, dem der Zugriff auf
diesen Anschluss möglich war, ohne nähere Einzelheiten zu Zeitpunkt und Art der
Nutzung des Anschlusses durch dieses Familienmitglied mitzuteilen.
Nach Auffassung des Gerichtshofs muss ein angemessenes
Gleichgewicht zwischen verschiedenen Grundrechten, nämlich zum einen dem Recht
auf einen wirksamen Rechtsbehelf und dem Recht des geistigen Eigentums und zum
anderen dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, gefunden werden.
An einem solchen Gleichgewicht fehlt es, wenn den Familienmitgliedern
des Inhabers eines Internetanschlusses, über den Urheberrechtsverletzungen
durch Filesharing begangen wurden, ein quasi absoluter Schutz gewährt wird.
Wenn das mit einer Haftungsklage befasste nationale
Gericht auf Antrag des Klägers nicht die Beweismittel, die Familienmitglieder
der gegnerischen Partei betreffen, verlangen kann, werden nämlich die
Feststellung der gerügten Urheberrechtsverletzung und die Identifizierung ihres
Täters unmöglich gemacht, was zur Folge hat, dass es zu einer qualifizierten
Beeinträchtigung des Grundrechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und der dem
Inhaber des Urheberrechts zustehenden Grundrechte des geistigen Eigentums
kommt.
Anders verhielte es sich jedoch, wenn die Rechtsinhaber
zur Vermeidung eines für unzulässig gehaltenen Eingriffs in das Familienleben
über einen anderen wirksamen Rechtsbehelf verfügen könnten, der es ihnen in
diesem Fall insbesondere ermöglichte, die zivilrechtliche Haftung des Inhabers
des betreffenden Internetanschlusses feststellen zu lassen.
Zudem ist es letztlich Sache des Landgerichts München I,
zu prüfen, ob das betreffende nationale Recht gegebenenfalls andere Mittel,
Verfahren oder Rechtsbehelfe enthält, die es den zuständigen Gerichten
ermöglichen, die Erteilung der erforderlichen Auskünfte anzuordnen, mit denen
sich in Sachverhalten wie den im vorliegenden Fall in Rede stehenden die
Urheberrechtsverletzung und die Identität des Zuwiderhandelnden feststellen
lässt.“

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EUGH-Generalanwalt: Anschlussinhaber kann für Filesharing der Familie haften

Der Inhaber eines Internetanschlusses kann aus Sicht des
zuständigen EUGH-Generalanwalts auch dann für illegales Filesharing haften,
wenn Familienangehörige Zugriff auf den Anschluss hatten. Das Grundrecht auf
Schutz des Familienlebens dürfe nicht die Haftung für Urheberrechtsverletzungen
aushebeln, argumentierte Maciej Szpunar.
Das Gutachten
zu einem Fall vom AG  München wurde am 06.06.2018 in Luxemburg veröffentlicht (Az.:
C-149/17).

Auskunft über Nutzung
durch Angehörige verweigert
Der Verlag Bastei-Lübbe hatte gegen einen Mann geklagt, über
dessen Anschluss ein Hörbuch anderen Internetnutzern über eine Tauschbörse zum
Herunterladen angeboten worden sein soll. Der Inhaber bestreitet das und
argumentiert, dass auch seine Eltern Zugriff auf den Anschluss gehabt hätten.
Laut bestehender deutscher Rechtsprechung muss aber wegen des Schutzes von Ehe
und Familie keine Auskunft über die Nutzung durch Angehörige gegeben werden.
Dadurch wäre die Schuld nicht eindeutig zu klären.
Das Landgericht München hatte den Fall nach Luxemburg verwiesen.
Inhaber des
Anschlusses haftbar
Der zuständige EuGH-Generalanwalt Szpunar argumentierte, dass
geistiges Eigentum ebenso wie Familienrechte durch die Charta der Grundrechte
der EU geschützt seien. Urheberrechtsansprüche müssten daher durchsetzbar sein.
„In diesen Fällen müsste das Eigentumsrecht Vorrang vor dem Recht auf
Achtung des Familienlebens haben“, schrieb der Gutachter. Sollte es keine
Auskunft über Familienangehörige geben, müsse der Inhaber des Anschlusses
haftbar gemacht werden.

Der Schlussantrag
lautet:
Art. 8 Abs. 2 der
Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001
zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten
Schutzrechte in der Informationsgesellschaft und Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie
2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur
Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums sind dahin auszulegen, dass sie
nicht vorschreiben, im nationalen Recht der Mitgliedstaaten eine Vermutung der
Haftung der Inhaber eines Internetanschlusses für über diesen Anschluss
begangene Urheberrechtsverletzungen einzuführen. Sieht das nationale Recht
jedoch zum Schutz dieser Rechte eine solche Vermutung vor, muss sie kohärent
angewandt werden, um die Wirksamkeit dieses Schutzes zu gewährleisten. Das
durch Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannte Recht
auf Achtung des Familienlebens kann nicht dahin ausgelegt werden, dass den
Rechtsinhabern jede reelle Möglichkeit genommen wird, ihr durch Art. 17 Abs. 2
der Charta der Grundrechte verbürgtes Recht des geistigen Eigentums zu
schützen.

Urteil wird in
kommenden Monaten erwartet
Im vorliegenden Fall müsse das Münchener Gericht zudem
prüfen, ob der Beklagte das Grundrecht nur vorbringe, um sich selbst zu
schützen. In der Vorinstanz hatte er bereits angeführt, seine Eltern nutzten
seiner Kenntnis nach die Tauschbörse nicht. Ein Urteil in dem Fall dürfte in
den kommenden Monaten fallen.
Die vollständige Verfahrensdokumentation finden Sie  hier
und hier.

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LG München: Erschlichene einstweilige Verfügung ist rechtsmissbräuchlich und aufzuheben

Das
LG München hat mit Urteil vom 24.01.2017, Az. 33
O 7366/16
 entschieden, dass eine einstweilige
Verfügung, die dadurch erschlichen wird, dass wahrheitswidrig die Reaktion des
Abgemahnten auf die Abmahnung verschwiegen wird, rechtsmissbräuchlich und somit
aufzuheben ist, denn wer als Antragsteller unwahr und/oder unvollständig
vorträgt und so im Beschlusswege eine einstweilige Verfügung erwirkt, der
riskiert, dass diese auf Widerspruch des Antragsgegners allein wegen des
unwahren Vortrags aufgehoben wird.

Es gilt der Grundsatz: Wer
die Wahrheit verschweigt, der handelt rechtsmissbräuchlich.

Die Entscheidungsgründe:

Die einstweilige Verfügung war auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hin
aufzuheben.

I.
Ungeachtet der Frage, ob im vorliegenden Fall das Bestehen eines
Verfügungsanspruchs angesichts der substantiierten Einwendungen der
Antragsgegnerin überhaupt noch als hinreichend glaubhaft gemacht angesehen
werden kann, ist die Beschlussverfügung schon deshalb aufzuheben, weil sie
durch den Antragstellervertreter, dessen Verhalten der Antragstellerin
zuzurechnen ist, rechtsmissbräuchlich unter Verstoß gegen Treu und Glauben
(§ 242 BGB) erwirkt
worden ist.

1. Mit Verfügungsantrag vom 02.05.2016 hat der Antragstellervertreter für die
Antragstellerin beantragt, die Verbotsverfügung wegen besonderer Dringlichkeit
ohne vorherige mündliche Verhandlung zu erlassen. Diesem Antrag hat die Kammer
in pflichtgemäßer Ermessensausübung mit Beschlussverfügung vom 09.05.2016 unter
Zugrundelegung des Antragstellervortrags nach Abwägung der beiderseitigen Interessen
entsprochen.

2. In § 937 Abs. 2 ZPO geht das Gesetz
davon aus, dass die Entscheidung über den Verfügungsantrag aufgrund einer
mündlichen Verhandlung den Regelfall darstellt und hiervon in besonders
dringenden Fällen, in denen für den Antragsteller nach seinem glaubhaft
gemachten Vorbringen die mit der Terminsanberaumung verbundene Verzögerung
nicht hinnehmbar ist, abgewichen werden kann. Dem sind die Fallgestaltungen
gleich zu steilen, in denen die Gefahr besteht, dass durch eine vorherige
Zustellung des Verfügungsantrags der Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes in
Frage gestellt wird. Die gerichtliche Praxis im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes
negiert diesen Grundsatz weitgehend, da die Beschlussverfügung in diesem
Bereich den Regelfall darstellt und eine mündliche Verhandlung meist nur dann
anberaumt wird, wenn es sich um einen umfangreichen oder komplex gelagerten
Sachverhalt handelt, eine Zurückweisung des Antrags im Beschlusswege nicht in
Betracht kommt oder aus sonstigen Gründen eine mündliche Verhandlung angezeigt
erscheint. Das gesetzliche Regel-Ausnahmeverhältnis wird damit umgekehrt, wobei
im Rahmen des dem Gericht zustehenden Ermessens eine Interessenabwägung für
erforderlich gehalten wird, welche Nachteile und Beeinträchtigungen der
Antragsgegner erleiden kann, wenn ohne mündliche Verhandlung entschieden wird
und sein Anspruch auf rechtliches Gehör nur in einem nachfolgenden Widerspruchsverfahren
gewahrt werden kann. Ebenso sei zu berücksichtigen, ob aufgrund der eindeutigen
Sachlage hinsichtlich der Beurteilung des Verfügungsanspruchs damit gerechnet
werden kann, dass die Beschlussverfügung mangels erheblicher Einwendungen des
Antragsgegners voraussichtlich Bestand haben wird und deshalb die mit einer
Terminierung verbundene Zeitverzögerung den Erlass des erstrebten Verbots somit
nur hinauszögern würde. Bei der Frage, ob die Interessenlage der Parteien eine
Entscheidung im Beschlusswege -insbesondere eine solche ohne Anhörung des
Antragsgegners – erfordert bzw. sachgerecht erscheinen lässt, ist auch zu
berücksichtigen, ob zuvor eine Abmahnung erfolgt ist und der Antragsgegner
daher die Möglichkeit hatte, sich gegenüber dem Abmahnenden zu äußern (vgl.
Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Refzer, UWG, 4. Auflage, § 12 Rdnr. 374 ff.).

3. Vorliegend hat die Kammer dem Umstand, ob und gegebenenfalls welche Reaktion
der Antragsgegnerin auf die Abmahnung erfolgt ist, maßgebliche Bedeutung zugemessen,
was sich nicht zuletzt daran zeigt, dass der Kammervorsitzende beim
Antragstellervertreter vor der Entscheidung ausdrücklich nachgefragt hat, ob
die Antragsgegnerin auf die Abmahnung reagiert habe. Es kann in diesem
Zusammenhang offen bleiben, ob schon die Nichtvorlage der
Abmahnungsbeantwortung in der Antragsschrift entgegen den üblichen
Gepflogenheiten und entgegen der ausdrücklichen Bitte der
Antragsgegnervertreter in dem genannten Schreiben als rechtsmissbräuchlich
anzusehen ist. Denn ein klarer Fall des Rechtsmissbrauchs liegt jedenfalls in
der Titelerschleichung unter Umgehung der prozessualen Wahrheitspflicht (vgl.
zur Titelerschleichung MüKo/Braun, ZPO, 5. Auflage, Vor § 578 Rdnr. 12): Indem
der Antragstellervertreter die gerichtliche Nachfrage nach einer Reaktion der
Antragsgegnerin wahrheitswidrig verneint hat, hat er die von der Kammer als
relevant angesehene Beteiligung der Antragsgegnerin an der Entscheidungsfindung
vereitelt (vgl. auch KG, Urteil vom 11.10.2016, Az.: 5 U 139/15 = BeckRS
2016, 20975
 sowie OLG Hamburg, GRUR
2007, 614
 – forum-shopping). Wäre der Kammer die
Abmahnungsbeantwortung der Antragsgegnerin zur Kenntnis gelangt, hätte sie vor
einer Entscheidung jedenfalls eine weitergehende Glaubhaftmachung der
Aktivlegitimation und der behaupteten öffentlichen Wiedergabe verlangt. Dies
wollte der Antragstellervertreter – wohl nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund
der bereits gegen die Antragstellerin ergangenen Entscheidungen in den gegen
die Antragsgegnerin an anderen Gerichtsständen geführten Parallelverfahren –
ersichtlich vermeiden. Das aber ist rechtsmissbräuchlich, weshalb die
Beschlussverfügung der Kammer vom 09.05.2016 keinen Bestand haben kann.
Ob der Antragstellervertreter die Antwort auf die Abmahnung als „nicht
geeignet“ angesehen hat, ist unerheblich. Zum einen obliegt die Beurteilung der
Relevanz tatsächlicher und rechtlicher Ausführungen nicht dem
Antragstellervertreter, sondern dem Gericht. Zum anderen rechtfertigt dies
nicht den schlicht falschen Vortrag, es sei keine Reaktion der Antragsgegnerin
erfolgt.

II.Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO (vgl.
Musielak/Voit/Huber, ZPO, 13. Auflage, § 925 Rdnr. 7). Die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.
6, 711 ZPO.