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OLG Dresden: Meinungsäußerungen in einem sozialen Netzwerk

Meinungsäußerungen in einem
sozialen Netzwerk sind im Gesamtgefüge der auch über einen längeren Zeitraum
hinweg erfolgten Einträge zu würdigen. Ergibt diese Gesamtwürdigung Züge einer
Privatfehde, liegt die Annahme einer unzulässigen Schmähkritik nahe. Für die
Erkennbarkeit des von einer Äußerung Betroffenen reicht es aus, wenn dieser
begründeten Anlass hat anzunehmen, er könne innerhalb seines mehr oder minder
großen Bekanntenkreises aufgrund der mitgeteilten Umstände erkannt werden.


I. Auf die Berufung des Beklagten wird
das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom
28.03.2017 – 4 O 1452/16 – unter
Zurückweisung der Berufung im Übrigen – wie folgt
abgeändert:
1. Der Beklagte wird verurteilt,
folgende Äußerungen zu unterlassen:
1.1
Der Kläger, genannt „Tablettenmacher H.
aus Z.“, sei ein „Kindesentfremder“.
1.2
Der Kläger, der „Tablettenmacher H. aus
Z.“, habe sich sein (des Beklagten)
Kind und „nicht-leibliches Enkel
angeeignet“ sowie „belogen, verleumdet und
betrogen“.
1.3
„Kindesentfremder sind auch
Kinderschänder“, – „der elektrische Stuhl ist zwar
defekt, aber wir haben ja immer noch
unsere elektrische Stihl“ –
1.4
Mit Hinweis auf den Kläger
„Pharmaindustrie“ einen Beitrag zu teilen mit der
Aussage: „Dort, wo der Z. Kinderschänder
arbeitet“ (Text vom 07.10.2016).
1.5
Dem Beklagten wird untersagt, den Kläger
sinngemäß als „Kindesentzieher“
oder „Kinderschänder“ zu bezeichnen.
2. Der Beklagte wird ferner verurteilt,
folgende Äußerungen mit Bezug auf den
Kläger zu unterlassen:
2.4
„Der Baum, an dem die Verursacher hängen
werden, wird gerade gebaut. Er
hat Hacken, wie im Schlachthof für
Schweine…. Entfremden Eltern-Kind.“
2.5
„…Meinen Kindesentfremdern auch für
diese Woche natürlich nur die Pest,
doch lange müsst ihr nicht mehr
durchhalten“.
2.10
„… und vernichte die Kindesentfremder.
Es geht langsam los und ich weiß,
dass sie es bereits fühlen ….“
 2.14
„Wenn es hier erste Opfer gibt, wird man
wach werden. Das ist eine Frage der
Ehre meinem Sohn gegenüber.“
wenn dies geschieht, wie unter den
Einträgen ab dem Mai 2016 auf dem
Facebook-Account Mxx. erfolgt .
3. Der Beklagte wird verurteilt, die
unter Ziffer 1. und 2. angeführten Einträge
unter seinem Facebook-Account Mxx.
binnen einer Frist von 1 Woche ab
Rechtskraft der gerichtlichen
Entscheidung zu löschen.
4. Dem Beklagten wird für jeden Fall der
Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in
Höhe bis zu 25.000,00 EUR und für den
Fall, dass dieses nicht beigetrieben
werden kann, Ordnungshaft bis zu 6
Monaten angedroht.
II. Im Übrigen wird das Urteil des
Landgerichts Chemnitz vom 28.03.2017 – 4 O 1452/16
– aufgehoben und die Klage abgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits 1.
Instanz tragen der Kläger zu 4/10 und der Beklagte zu
6/10. Die Kosten des Rechtsstreits im
Berufungsverfahren trägt der Kläger zu 3/10,
der Beklagte zu 7/10.
IV. Das Urteil ist vorläufig
vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Gegenstandswert für das
Berufungsverfahren wird auf 7800 EUR und für das
erstinstanzliche Verfahren auf 9800 EUR
festgesetzt.
G
r ü n d e :
I.
Der Kläger -der im einzigen
pharmazeutischen Unternehmen in Z. beschäftigt ist- und seine
Ehefrau sind Pflegeeltern des am
03.12.2003 geborenen Hxx.. Er wendet sich gegen
Einträge, die beginnend ab Mai 2016 auf
der Facebook-Seite des Beklagten veröffentlicht
worden sind. Es wird im Übrigen auf den
Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug
genommen. Das Landgericht hat den
Beklagten zum überwiegenden Teil verurteilt, die auf
eine Geldentschädigung gerichtete Klage
hat es abgewiesen. Für die Begründung wird auf
das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Mit seiner Berufung erstrebt der Beklagte die
vollständige Klageabweisung. Er ist der
Auffassung, der Kläger könne schon deshalb keine
Unterlassung fordern, weil er in den
streitgegenständlichen Eintragungen nicht erkennbar
sei. Im Gesamtkontext seien die
Eintragungen zulässige Meinungsäußerungen, zum Teil in
satirischer Form. Insgesamt sei der
Tenor des angegriffenen Urteils auch nicht vollstreckbar.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten
zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des
Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen und die
Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug
genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist nur einem
Teil begründet. Dem Kläger steht in dem aus dem
Tenor ersichtlichen Umfang ein Anspruch
auf Unterlassung der streitgegenständlichen
Äußerungen aus §§ 823 Abs. 1, 2, 1004
Abs. 1 S. 2 BGB i.v.m. § 185 StGB (analog) zu. In
diesem Umfang wird er durch die
Äußerungen des Beklagten auf dessen Facebook-Seite in
seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht
verletzt.
A.
1. Entgegen der Annahme des Beklagten
scheitert dieser Anspruch nicht an einer
hinreichenden Bestimmtheit i.S.d. § 253
Abs. 2 Nr. 2 ZPO der erstinstanzlich gestellten
Anträge. Dem Senat erschließt sich
nicht, wieso die Verwendung des Wortes „weiterhin“ der
Vollstreckung aus dem Unterlassungsgebot
entgegenstehen soll, wird hierdurch doch
lediglich zum Ausdruck gebracht, dass
die Begehungsgefahr von einer dem Beklagten
zuzurechnenden Verletzungshandlung
ausgeht, die nach dessen Angabe in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat bis zum
heutigen Tage andauert. Allerdings war die
Unterlassungsverpflichtung des
angefochtenen Urteils, soweit diese aufrechterhalten wird,
klarstellend wie aus dem Tenor
ersichtlich zu formulieren. Eine inhaltliche Änderung liegt
hierin nicht.
2. Der Kläger hat Anspruch auf
Unterlassung der Äußerungen unter Ziffer 1.1. bis 1.5. sowie
der Äußerungen 2.4., 2.5., 2.10. sowie
2.14. gemäß §§ 1004, 823 Abs. 1, Abs. 2 sowie i.V.m.
§ 185 StGB, Art. 5 GG.
a) Mit der der erstmals im Senatstermin
vom 22.8.2017 erhobenen Behauptung, die
streitgegenständlichen Äußerungen
stammten überhaupt nicht von ihm, ist der Beklagte im
Berufungsverfahren gemäß § 531 Abs. 2
ZPO ausgeschlossen. Der Senat hält diese
Behauptung zudem für unglaubhaft. Als
Verteidigungsvorbringen ist es nicht nachvollziehbar,
die Äußerungen erstinstanzlich mit der
durch Art. 5 GG geschützten Meinungsfreiheit zu
rechtfertigen und diese erst im
Berufungsverfahren in Abrede stellen zu wollen. Der
Beklagte, der seine Urheberschaft erst
bei seiner Anhörung durch den Senat zu einem
Eintrag vom 17.07. (Anlage B 2)
/18.07.2016 bestritten hat, hat dies nach Einschätzung des
Senats ersichtlich aus einer spontanen
Laune heraus erklärt, ohne auf die eklatanten
Widersprüche zu seinem vorherigen
Prozessverhalten oder die Frage, wie die durch die
Anlagen A1 dokumentierten Einträge auf
seiner Facebookseite ansonsten zustande
gekommen sein sollen, in irgendeiner
Weise einzugehen. Insgesamt vermittelte er dem
Senat bei der Anhörung zudem den
Eindruck einer aufgrund des Streits über das
Umgangsrecht mit seinem Sohn
verbitterten und daher mit Blick auf den Streitgegenstand
nur bedingt glaubwürdigen
Persönlichkeit.
b) Der Kläger ist in den Äußerungen des
Beklagten auf seinem Facebook-Account u.a. mit
den Bezeichnungen als „Kindesentzieher“
oder „Kinderschänder“ erkennbar dargestellt. Eine
solche Erkennbarkeit erfordert weder die
vollständige noch eine auch nur abgekürzte
Namensnennung. Es genügt vielmehr die
Übermittlung von Teilinformationen, aus denen
sich die Identität für die sachlich
interessierte Leserschaft ohne Weiteres ergibt oder mühelos
ermitteln lässt (so Senat, Urt. v.
30.08.2016 – 4 U 314/16; vgl. BGH, Urt. v. 21.06.2005 – VI
ZR 122/04). Dafür kann unter Umständen
die Schilderung von Einzelheiten aus dem
Lebenslauf des Betroffenen oder die
Nennung seines Wohnortes und seiner Berufstätigkeit
ausreichen (vgl. Senat, Urt. v.
30.08.2016 – 4 U 314/16). Für die Erkennbarkeit reicht es aus,
wenn der Betroffene begründeten Anlass
hat anzunehmen, er könne innerhalb eines mehr
oder minder großen Bekanntenkreises
erkannt werden (so Senat a.a.O.). Der Beklagte setzt
sich in seinem Facebook-Account mit dem
Thema Kindesentfremdung und
Umgangsausschluss sowie dem Kläger – dem
Pflegevater seines Sohnes – auseinander. So
hat er in einem Eintrag offengelegt,
dass gegen ihn ein Umgangsausschluss erfolgt ist und
kritisiert dies heftig. In einem
weiteren Eintrag macht er deutlich, wen er dafür verantwortlich
hält und gibt nicht nur Arbeitsort des
Klägers an, sondern auch seinen Vornamen und den
ersten Buchstaben seines Nachnamens. Des
Weiteren wird der Beruf zwar mit
„Tablettenmacher“ abwertend und
verfremdend dargestellt, gleichwohl ist einem
unbefangenen Leser klar, dass der Beruf
dem pharmazeutischen Bereich zuzuordnen ist.
Des Weiteren werden Einzelheiten aus dem
Privatleben des Klägers genannt. Der Eintrag
vom 17. Juli, den der Beklagte als
Anlage B 2 vorgelegt hat, identifiziert den Kläger über
seinen Wohnort, erwähnt dessen
Kinderlosigkeit und den Umstand, dass der Kläger einen
„nicht leiblichen Enkel“ mit Zustimmung
der leiblichen Mutter bei sich aufgenommen hat. In
einem weiteren Beitrag wird auch der
Arbeitsort des Klägers genannt. Dies reicht für eine
identifizierbare Darstellung aus. Dass
im Telefonbuch von Z. 22 Personen mit dem
Vornamen J. und einem Nachnamen mit dem
Anfangsbuchstaben „H“ beginnen, kann
unterstellt werden, steht einer
Individualisierbarkeit angesichts der aufgezeigten Fülle
sonstiger Informationen, die auf den
Kläger hindeuten, aber nicht entgegen.
c) Wegen der Eigenart des
Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine
Reichweite nicht absolut fest, sondern
muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden
grundrechtlich geschützten Belange
bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände
des Einzelfalles sowie die betroffenen
Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen
Menschenrechtskonvention
interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das
Persönlichkeitsrecht ist nur dann
rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die
schutzwürdigen Belange der anderen Seite
überwiegt. Abzuwägen sind danach das Recht
des Klägers auf Schutz seiner
Persönlichkeit aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8
EMRK mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art.
10 EMRK verankerten Recht des Beklagten auf
Meinungsfreiheit. Die Meinungsfreiheit
ist nicht vorbehaltlos sondern nur in den Schranken
des Art. 5 Abs. 2 GG gewährleistet (vgl.
BGH, Urteil vom 16.11.2004 – VI ZR 298/03). Zu
diesen gehört das Recht der persönlichen
Ehre und auf öffentliches Ansehen. Unzulässig
sind jedenfalls strafrechtlich relevante
Beleidigungen im Sinne des § 185 StGB und
unsachliche Schmähkritiken, denen es an
jedem sachlichen Kern mangelt und bei denen die
Herabsetzung einer Person, die jenseits
polemischer und überspitzter Kritik gleichsam an
den Pranger gestellt werden soll, im
Vordergrund steht (vgl. hierzu BGH, Urteil 03.02.2009 –
VI ZR 36/07 vgl. hierzu Senat, Beschl.
v. 08.02.2012 – 4 U 1850/11). Die
streitgegenständlichen Facebook-Einträge
sind vorliegend in weiten Teilen durch Züge einer
„Privatfehde“ gegen den Kläger ohne
Bezug zu einer die Öffentlichkeit wesentlichen
berührenden Frage geprägt, was
charakteristisch für eine Schmähkritik ist (BVerfG,
Stattgebender Kammerbeschluss vom 17.
September 2012 – – 1 BvR 2979/10 – –, juris).
Davon zu unterscheiden sind aber
diejenigen Äußerungen, die sich ohne direkten Bezug
zum Kläger, zum Teil als Kommentar zu
Äußerungen anderer User, mit der Problematik der
sog. Trennungsväter beschäftigen. Auch
wenn diese größtenteils polemisch überspitzt
formuliert und zum Teil überaus
geschmacklos sind, kann ihnen ein Sachbezug nicht
gänzlich abgesprochen werden. Ein
Pauschalverbot aller Äußerungen, wie es das
Landgericht ausgesprochen hat, kam
hiernach nicht in Betracht. Vielmehr war jede
Einzeläußerung im Gesamtkontext der sie
umgebenden Einträge zu würdigen.
 Für die streitgegenständlichen
Einzeläußerungen gilt nach diesen Maßstäben das
Folgende:
1.1
Der Kläger, genannt Tablettenmacher, H.
aus Z.“ sei ein „Kindesentfremder“.
Diese Äußerung ist geeignet, den Kläger
in seinem öffentlichen Ansehen zu beeinträchtigen
und herabzuwürdigen. In der vom
Beklagten selbst vorgelegten Fassung der Anlage B2
ergibt sich die ehrenrührige Bezeichnung
aus dem Gesamtzusammenhang. Die
Bezeichnung ist bereits für sich
genommen, mindestens aber durch die wiederholte
Gleichsetzung
„Kindesentfremder“ mit „Kinderschänder“ in hohem Maße
ehrverletzend, weist
keinen Sachbezug auf und ist Bestandteil
der o.a. „Privatfehde“.
1.2
„Der Kläger, der Tablettenmacher H. aus
Z., habe sich sein (des Beklagten) Kind und
nicht-leibliches Enkel angeeignet sowie
belogen, verleumdet und betrogen“.
Auch bei dieser Äußerung handelt es sich
im Kontext um eine Schmähkritik. Auf die
Ausführungen unter Ziffer 1.1. wird
Bezug genommen.
1.3
„Kindesentfremder sind auch
Kinderschänder“, versehen mit einer Karikatur mit
bedrohlichem Inhalt – der elektrische
Stuhl ist zwar defekt, aber wir haben ja immer noch
unsere elektrische Stihl – und dem
Aufdruck „Todesstrafe für Kinderschänder“.
Die die Karikatur begleitende Äußerung
kann der Kläger auch isoliert anfechten. Er muss
nicht hinnehmen, sich vom Beklagten als
„Kinderschänder“ bezeichnen zu lassen. Es
handelt sich hierbei um eine
Formalbeleidigung gemäß § 185 StGB, die ohne Abwägung mit
der Meinungsfreiheit zu untersagen ist.
Bei dem im Kontext der Äußerung fraglos auf den
Kläger („Dort, wo der Z. Kinderschänder
arbeitet“) bezogenen Vorwurf des sexuellen
Missbrauchs handelt es sich um eine
schwere Straftat, die nicht als satirische Stellungnahme
zu allgemein gehaltenen Themen
verharmlost werden kann. In dem von ihm selbst als
Anlage B 2 vorgelegten Beitrag schreibt
der Beklagte überdies: „Nun droht ihnen die Strafe
der ungeschriebenen Gesetze“, womit er
klar zu erkennen gibt, dass er auch bereit ist, sich
über das Gesetz hinwegzusetzen. Die
Äußerung ist Bestandteil der o.a. „Privatfehde“.
1.4
„Ein Beitrag zum Teil mit der Aussage
„Dort, wo der Z. Kinderschänder arbeitet“.
Die Ausführungen zu 1.2 gelten
entsprechend.
1.5
Dem Beklagten wird untersagt, den Kläger
sinngemäß als „Kindesentzieher“ oder
„Kinderschänder“ zu bezeichnen.
Auch hierbei handelt es sich um eine
Formalbeleidigung. Kindesentziehung ist ein
Straftatbestand (§ 235 Satz 1 Nr. 2
StGB). Mit dieser Bezeichnung wird bei einem
unbefangenen Leser der Eindruck erweckt,
der Kläger könnte widerrechtlich ein Kind seines
Entziehungsberechtigten entzogen haben.
Wegen der Schwere eines solchen als
Möglichkeit in den Raum gestellten
Verdachtes ohne konkrete und stichhaltige
Anhaltspunkte ist dem
Persönlichkeitsrecht des Klägers der Vorrang einzuräumen (vgl.
hierzu OLG Düsseldorf, Urteil vom
13.2.2008 – 15 U 180/05). Ein sachlicher Bezug zu etwa
zu dem Umgangsstreit des Beklagten oder
zu der an anderer Stelle aufgeworfenen
Diskussion über das sog. parental
alienation syndrome (PAS) ist weder erkennbar noch von
dem Beklagten beabsichtigt.
2.1
„Kommt bald die Todesstrafe für
Kinderschänder auch als gesetzliche Möglichkeit?“
Anders ist dies bei der o.a. Äußerung,
die sich im Kontext der gesamten Facebook-Timeline
aus diesem Zeitabschnitt nicht auf den
Kläger bezieht, sondern eine allgemeinpolitische
Forderung zum Ausdruck bringt. Als
solche ist sie noch vom Recht auf freie
Meinungsäußerung gedeckt.
2.2
„Die Vorstufe zum Weg in die ewige
Finsternis ist die Zerstörung von Bindungen,
Kindesentfremdung und damit das
Verursachen von PAS. Langsame qualvolle Todesstrafe
für diese Verbrecher.“
Auch hier handelt sich hier um eine
allgemeine, von einem konkreten Sachverhalt losgelöste
Meinungsäußerung. Anders als das
Landgericht angenommen hat, enthält sie nicht bereits
deswegen eine Bedrohung des Klägers, weil
sich diese Äußerung mit „Kindesentfremdern“
befasst, zu denen der Beklagte auch den
Kläger rechnet. Hier ist die Auseinandersetzung
mit der Kindesentfremdung freilich
abstrakt formuliert, ein Bezug zum Kläger wird nicht
unmittelbar hergestellt. Die allgemein
gehaltene Polemik gegen „Verbrecher“ lässt offen, ob
damit der Kläger, das Jugendamt oder die
Gerichte gemeint sind, die über den
Umgangsausschluss entschieden haben.
Auch wenn die Äußerung keinen Sachbezug
aufweist und zu einer ernsthaften
Diskussion über Probleme von Umgangsstreitigkeiten
nichts beiträgt, besteht ein
Unterlassungsanspruch mangels individueller Betroffenheit des
Klägers nicht.
2.3
„Guten Morgen wünsche ich. So kann der
Tag beginnen… Viel zu schade, um die
Monsterjagd zu beginnen.“
Die Ausführungen zu 2.2 gelten
entsprechend.
2.4
„Der Baum, an dem die Verursacher hängen
werden, wird gerade gebaut. Er hat Hacken, so
wie im Schlachthaus für Schweine.“
Der Kläger hat Anspruch auf Unterlassung
dieser ehrverletzenden Äußerung. Aus dem
Kontext der Eintragung ist zu entnehmen,
dass der Beklagte mit „Verursacher“ diejenigen
Personen meint, die eine Verantwortung
für die Entfremdung zwischen ihm und seinen Sohn
tragen, zu denen er an hervorgehobener
Stelle den Kläger rechnet, den er für die
„Kindesentfremdung“ (s.o.)
verantwortlich macht. Die Äußerung ist ohne jeden Sachbezug
und von einer menschenverachtenden
Grundeinstellung geprägt, die keinen Beitrag zu einer
Sachauseinandersetzung liefert, den
Kläger mit einem Schwein gleichsetzt und im Kontext
der erwähnten „Privatfehde“ zu sehen
ist.
2.5
„Schöne Woche wünsche ich allen
Freunden. Meinen Kindesentfremdern auch für diese
Woche natürlich nur die Pest, doch lange
müsst ihr nicht mehr durchhalten …“.
Die Äußerung enthält eine Todesdrohung,
die durch das Possesivpronomen „meinen“
deutlich auf den Kläger bezogen ist, der
zudem als „Kindesentfremder“ gebrandmarkt wird.
Es handelt sich um eine unzulässige
Schmähkritik im Rahmen der erwähnten Privatfehde.
2.6
„Das bittere Ende der Kindesentfremder“
mit der Karikatur und dem Begleittext: „Gartenarbeit
entspannt. Kommt natürlich ganz darauf
an, wen man da vergräbt“.
Es handelt sich hier um eine allgemein
gehaltene Äußerung. Ein unmittelbarer Bezug zum
Kläger ist hier nicht ersichtlich.
2.7
„Für Menschen, die so etwas tun, bleibt
nur die Todesstrafe und dem anderen Elternteil
Hand ab… Es ist zu vergleichen mit
Kinderschändung“.
Auch hier ist ein Bezug zum Kläger im
Gesamtkontext der Eintragungen nicht erkennbar, die
wiederholte Forderung nach der Todesstrafe
bezieht sich erkennbar auf den Post der
Nutzerin Mxy., der sich allgemein mit
der Instrumentalisierung von Trennungskindern und
PAS befasst. Ein Unterlassungsanspruch
besteht insoweit nicht.
2.8
„Ein Leben ohne Kindesentfremder“ und
der begleitenden Karikatur „Glaubst du, dass das
Leben nach dem Tod schlimmer ist?“ „Das
hängt ganz davon ab, wer stirbt.“
Auch diese Äußerung ist abstrakt
gehalten und weist keinen Bezug zum Kläger auf.
2.9
„Ein Schlag gegen die Kindesentfremder
gelungen“.
Der Äußerung ist nicht zu entnehmen, was
mit einem „Schlag“ gemeint ist und gegen wen er
sich richtet. Die Verwendung des
Begriffes „Kindesentfremder“ stellt im Gesamtkontext noch
keinen hinreichenden Bezug zum Kläger
her. Die Äußerung enthält auch weder eine
Formalbeleidigung noch eine
Schmähkritik, sondern stellt eine unsubstantiierte
Tatsachenbehauptung dar.
2.10
„… und vernichte die Kindesentfremder.
Es geht langsam los und ich weiß, dass sie es
bereits fühlen“.
Ob es sich hierbei um eine nach § 241 StGB
strafrechtlich relevante Bedrohung handelt, mit
der dem Kläger – unabhängig von der
Ernsthaftigkeit dieses Anliegens – die physische
Vernichtung angedroht wird, kann
dahinstehen. Sie stellt jedenfalls eine Schmähkritik als
Bestandteil der erwähnten Privatfehde
dar. Aus dem Gesamtkontext dieses Posts, der auf
die Fotographie eines Hundes mit dem
Begleittext „wenn du etwas erreichen willst, dann
jammer nicht, sondern beweg deinen
Arsch“ mit den Worten „Mach ich doch! … und
vernichte die Kindesentfremder“
reagiert, wird deutlich, dass der Beklagte sich nicht
allgemein äußert, sondern das ihm
vermeintlich angetane Unrecht nunmehr sühnen und
hiermit bereits begonnen haben will. Der
Leser seiner Facebook-Seite, der die umgebenden
Einträge zur Kenntnis nimmt, wird diese
Drohung auf den Kläger beziehen.
2.11
„Die Kindesentfremder mit Bedacht
bestrafen … Der Teufel steckt im Detail und die Fahrten
zur Hölle müssen gut geplant werden.“
Wegen des fehlenden Bezugs zum Kläger
kann dieser Unterlassung der Äußerung 2.11.
nicht verlangen. Auf die o.a. Äußerungen
nimmt der Senat Bezug.
2.12
„Die Vorstufe zum Weg in die ewige
Finsternis ist die Zerstörung von Bindungen,
Kindesentfremdung… Langsame qualvolle
Todesstrafe für diese Verbrecher?“
Wegen des fehlenden Bezugs zum Kläger
kann dieser Unterlassung der Äußerung 2.12.
nicht verlangen. Auf die o.a. Äußerungen
nimmt der Senat Bezug.
2.13
„Gemeinsam gegen Kindesentfremder und
Kinderseelenkiller … Die Hölle wartet schon, ihr
Ratten“.
Wegen des fehlenden Bezugs zum Kläger
kann dieser Unterlassung der Äußerung 2.13.
nicht verlangen. Auf die o.a. Äußerungen
nimmt der Senat Bezug.
2.14
„Wenn es hier erste Opfer gibt, wird man
wach werden.“ „Das ist eine Frage der Ehre
meinem Sohn gegenüber… Es gibt kein
Zurück und sie werden nicht entkommen.“
Der Kläger kann die Unterlassung dieser
Äußerung verlangen, die sich durch die Erwähnung
seines Sohnes und die Verbindung mit
2.10 im Gesamtkontext ersichtlich auf ihn bezieht.
Einen Substanzbezug hat sie nicht,
vielmehr beschränkt sie sich auf eine im ungefähren
verbleibende Drohung und ist Bestandteil
der erwähnten Privatfehde. Durch einen Vergleich
der beklagten Kindesentfremdung mit
einer „Balkanroute“, die wiederum mit „Russisch
Roulette“ verglichen wird, soll der
dem Beklagten verweigerte Umgang mit seinem Sohn als
großes, u.U. lebensgefährliches Risiko
für die Verantwortlichen dargestellt werden. Durch
den Äußerungsteil „es gibt kein
Zurück und sie werden nicht entkommen“ wird diese
Drohung verstärkt und letzten Endes als
unausweichlich bezeichnet.
3. Der Kläger hat gegen den Beklagten
einen Anspruch darauf, dass die unter Ziffer 1. und 2.
des Tenors aufgeführten Einträge aus
seinem Facebook-Account gelöscht werden. Die
Verurteilung zu einer Unterlassung
enthält zugleich die Verpflichtung zu einem positiven Tun,
wenn der Schuldner der
Unterlassungspflicht nur gerecht werden kann, in dem er auch die
positive Handlung vornimmt, die
notwendig ist, um den rechtmäßigen Zustand zu erreichen
(BGH NJW-RR 2007, 863). Dies ist auch
hier der Fall, weil das in die Zukunft weisende
Verbot, sich in dem tenorierten Sinne zu
äußern, notwendigerweise die Löschung der
Äußerungen erfordert. Eine Vollstreckung
nach § 890 ZPO kann zwar dann auch erfolgen,
wenn sie im Urteil nicht ausdrücklich
ausgesprochen ist (BGH aaO; Zöller-Stöber, ZPO, 31.
Aufl. § 890 Rn 3a). Ein ausdrücklich
hierauf gerichteter Antrag ist jedoch ohne weiteres
zulässig.
4. Ein Anspruch auf Zahlung von
außergerichtlichen Anwaltskosten steht dem Kläger nicht
zu, vorgerichtliche anwaltliche
Tätigkeiten sind weder ersichtlich noch vorgetragen worden.
B.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92
Abs. 1 ZPO, wobei der Senat den Grad des
Obsiegens und Unterliegens anhand der
unterschiedlichen Streitwerte für die Einzelanträge
festgelegt hat. Die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10,
711, 713 ZPO. Die Revision war nicht
zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2
ZPO nicht vorliegen.
Nach § 48 Abs. 2 GKG hat die
Streitwertfestsetzung bei Unterlassungsansprüchen wegen
einer Ehrverletzung den Grad der
Verbreitung die Schwere des Vorwurfs sowie die
Beeinträchtigung des sozialen
Geltungsanspruches des Verletzten in der Öffentlichkeit, die
wirtschaftliche sowie die sonstige
Bedeutung der Sache einzubeziehen (vgl.
Schneider/Herget, Streitwertkommentar,
12. Aufl., Rn. 1421 ff.; Rn. 1627 ff.; Senat,
Beschluss vom 23.1.2013 – 4 W 1363/12;
vom 29.3.2010 – 4 W 313/10; vom 28.01.2009 – 4
W 1273/08; vom 10.07.2008 – 4 W 705/08;
vom 30.07.2007 – 4 W 899/07). Der Senat hat
hiernach den Gegenstandswert der Anträge
Ziffer 1.1 bis 1.5 mit jeweils 1.000 EUR
angesetzt und für die Äußerungen in
Ziffer 2.1 bis 2.14 jeweils 200,- EUR zugrunde gelegt.
Hierbei hat er berücksichtigt, dass die
erkennbar auf den Kläger zielenden Äußerungen nach
Art, Ausmaß und Schwere deutlich über
die lediglich allgemeinpolitischen Kommentare
hinausgehen, was auch streitwertmäßig
zum Ausdruck zu bringen ist. Der Löschungsantrag,

der mit der Unterlassungsverpflichtung
identisch ist, hat keinen eigenen Streitwert.