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OLG Frankfurt – Unlautere Rufausbeutung durch Nachahmung einer bekannten Produktgestaltung auch bei unterscheidungskräftiger Wortmarke – UHU

Das OLG Frankfurt hat durch Beschluss
vom 28.02.2018, Az. 6 W 14/18
entschieden, dass eine unlautere und damit
wettbewerbswidrige Rufausbeutung vorliegt, wenn eine bekannte Produktgestaltung
(hier: schwarz-gelbe Tube für Klebstoff) nachgeahmt wird auch wenn das Produkt
mit einer unterscheidungskräftigen Bezeichnung versehen ist.  Genießt ein Produkt einen großen
Bekanntheitsgrad, dann kann die Nachahmung einer bekannten Produktausstattung
bereits dann eine unlautere Rufausbeutung im Sinne von § 4 Nr. 3b UWG sein,
wenn sich die Wortmarke auf dem Nachahmungsprodukt von demjenigen des
nachgeahmten Produkts unterscheidet.
Leitsatz:
In der Nachahmung einer bekannten Produktausstattung (hier:
schwarz-gelbe Tube für Klebstoff) kann eine unlautere Rufausbeutung im Sinne
von § 4 Nr. 3 b UWG auch dann liegen, wenn sich die Wortmarke auf dem Nachahmungsprodukt
von derjenigen des nachgeahmten Produkts unterscheidet.

Gründe:
I.            
Die Antragstellerin ist einer der deutschlandweit größten
Hersteller von Klebstoffen. Unter anderem vertreibt sie das Produkt „UHU
der Alleskleber“, das in einer Tube mit gelber Grundfarbe und schwarzer
Aufschrift sowie einer schwarzen Verschlusskappe vertrieben wird. Die Variante
„tropffrei“ wird mit einem roten Punkt auf der Tube vertrieben (Bl. 6
der Akten).               
Die Antragsgegnerin ist ein Unternehmen mit Sitz in
Malaysia. Auf der Fachmesse „Paperworld 2018“ in Frankfurt stellte
sie auf ihrem Messestand das im Tenor wiedergegebene Produkt aus. Die
Antragstellerin sieht darin eine unlautere Nachahmung und begehrt Unterlassung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie der gestellten
Anträge wird auf die Antragsschrift sowie die Beschwerdeschrift Bezug genommen.  
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 02.02.2018 die
Eilanträge zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der
Antragstellerin. Den auf Anordnung eines dinglichen Arrests gerichteten Antrag
zu 2. hat sie im Beschwerdeverfahren zurückgenommen.        
II.           
Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.              
1. Es besteht ein Verfügungsgrund. Die Dringlichkeit wird
nach § 12 II UWG vermutet. Gründe, die der Dringlichkeit ausnahmsweise entgegenstehen
können, sind nicht ersichtlich.           
2. Der Antragstellerin steht gegen die Antragsgegnerin ein
Anspruch auf Unterlassung des Anbietens des im Antrag wiedergegebenen Produkts
aus §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 3 b) UWG zu.        
a) Das Produkt „UHU der Alleskleber“ der
Antragstellerin genießt wettbewerbliche Eigenart. Voraussetzung für eine
wettbewerbliche Eigenart eines Erzeugnisses ist, dass seine konkrete
Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten
Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten
hinzuweisen (BGH, GRUR 2016, 725 Rn. 15 – Pippi-Langstrumpf-Kostüm II). Dabei
kommt es auf den Gesamteindruck einer Gestaltung an, wobei auf die
Verkehrsanschauung abzustellen ist (BGH, GRUR 2017, 79, Rn. 52, 59 –
Segmentstruktur). Diese Voraussetzungen liegen vor. Die äußeren Merkmale der
Produktverpackung des „UHU der Alleskleber“ sind geeignet, auf die
betriebliche Herkunft und auf die Besonderheiten des Produkts hinzuweisen. Der
Gesamteindruck der Klebstofftube wird maßgeblich geprägt durch die Tubenform,
die gelbe Grundfarbe, die schwarzer Aufschrift sowie die schwarze
Drehverschlusskappe. Ein markantes Merkmal der Variante „tropffrei“
liegt außerdem in dem roten Punkt. Diese Merkmale sind den maßgeblichen
Verkehrskreisen – dem Endverbraucher – geläufig. Dies kann der Senat aus
eigener Sachkunde beurteilen. Die genannte Ausstattung wird seit vielen Jahren
verwendet. Das Produkt genießt einen sehr hohen Marktanteil. Die
charakteristische Farb- und Formkombination führt dazu, dass das Produkt einen
hohen Wiedererkennungswert hat, der unabhängig von der bekannten Wortmarke
„UHU“ besteht. Das Produkt ist auch dann ohne weiteres zu
identifizieren, wenn man es aus größerer Entfernung sieht und den Schriftzug
nicht lesen kann.     
b) Das Produkt der Antragsgegnerin stellt eine Nachahmung
dar. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sind die Merkmale der angegriffenen
Ausführungsform auf den überreichten Fotos hinreichend erkennbar. Die prägenden
Merkmale, nämlich die Tubenform, die gelbe Grundfarbe, die schwarze
Verschlusskappe, die schwarzer Aufschrift sowie der rote Punkt sind in sehr
ähnlicher Form vorhanden. Lediglich der Text lässt sich auf den Fotografien
nicht lesen. Insofern hat die Antragstellerin schriftsätzlich vorgetragen, in
dem roten Punkt befände sich die Angabe „Elite“. Der Text über der
fett gedruckten Angabe „GLU“ laute: „Clear Multi-Purpose
Adhesive“. Diese vom Originalprodukt abweichenden Angaben führen nicht aus
dem Schutzbereich der Originalgestaltung heraus. Die prägenden
Gestaltungsmerkmale stimmen überein.               
c) Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass keine
Unlauterkeit unter dem Gesichtspunkt der Herkunftstäuschung angenommen werden
kann. Denn durch die Kennzeichnung mit dem abweichenden Wortzeichen
„Elite“ erscheint es ausgeschlossen, dass Verbraucher in der für den
Tatbestand des § 4 Nr. 3a) allein maßgeblichen Kaufsituation zu der Auffassung
gelangen, es handle sich um ein Produkt aus dem Hause der Antragstellerin. Die
Antragsgegnerin beutet jedoch den guten Ruf des Produkts der Antragstellerin in
unlauterer Weise aus (§ 4 Nr. 3b). Hierfür ist nicht erforderlich, dass die
Verbraucher zum Kaufzeitpunkt einer Verwechslung unterliegen. Es reicht aus,
dass sie das gute Image des Originalprodukts auf die Nachahmung übertragen. Das
liegt hier aus Sicht des Senats besonders nahe. Die Verbraucher erkennen die
bewusste Anlehnung an das Originalprodukt und können so zu der Auffassung
gelangen, der Klebstoff entspreche auch in seinen Klebeeigenschaften und seiner
Qualität dem Originalprodukt.        
d) Die Gesamtabwägung führt zu dem Ergebnis, dass das
Anbieten der Nachahmung nach § 4 Nr. 3 UWG unlauter ist. Es besteht eine
Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und
Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen
Umständen. Im Streitfall ist von einer hohen wettbewerblichen Eigenart und von
einem hohen Grad der Nachahmung auszugehen. Der gute Ruf des Originalprodukts
wird in erheblicher Weise ausgenutzt. Etwas anderes lässt sich nicht aus der
BGH Entscheidung „UHU“ ableiten (GRUR 2009, 783). Der BGH hat dort
die Voraussetzungen für eine Benutzungsmarke „schwarz/gelb“ verneint.
Mit den Voraussetzungen des ergänzenden wettbewerblichen Leistungsschutzes hat
er sich ausdrücklich nicht befasst (Rn. 17).   
e) Es fehlt auch nicht an einem „Anbieten“
gegenüber dem Verkehr im räumlichen Schutzbereich des UWG. Zwar folgt eine
Erstbegehungsgefahr des Bewerbens, Anbietens, Vertreibens und Inverkehrbringens
gegenüber inländischen Verbrauchern nicht ohne weiteres aus der Präsentation
des Produkts auf einer internationalen, ausschließlich dem Fachpublikum
zugänglichen Messe (BGH GRUR 2015, 603 – Keksstangen). Die Antragstellerin hat
jedoch durch anwaltliche Versicherung glaubhaft gemacht, dass die Mitarbeiter
der Antragsgegnerin am Messestand auf Anfrage bestätigt haben, das Produkt auch
nach Deutschland zu liefern.
3. Die einstweilige Verfügung konnte ohne die – im
Beschwerdeverfahren ansonsten in der Regel erforderliche – vorherige Anhörung
der Antragsgegnerin erlassen werden, da der Sachverhalt nach den vorgelegten
Glaubhaftmachungsmitteln geklärt erscheint, keine rechtlich zweifelhaften
Fragen zu beantworten sind und die Antragsgegnerin von der ihr durch die
Abmahnung eröffneten Möglichkeit zur Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht hat
(vgl. Senat, Beschl. v. 1.12.2014 – 6 W 103/14 -, juris).          
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 269 Abs. 3, 92 Abs. 2
ZPO.