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BGH entscheidet über Löschung der Farbmarke Nivea-Blau

Die Beiersdorf AG muss um die Farbmarke DE 30571072
„Blau (Pantone 280 C)“, das bekannte  „Nivea“-Blau fürchten. Ein  Wettbewerber, selbst Hersteller von Körperpflegeprodukten, hat beantragt die
Marke löschen lassen. Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) hatte dem
Antrag des Wettbewerbers stattgegeben, die von Beiersdorf eingelegte Beschwerde
vor dem Bundespatentgericht blieb ohne Erfolg. Die Richter begründeten ihre
Entscheidung unter anderem damit, dass sich „die blaue Farbe nur als
dekorativer Hintergrund einer bekannten Wortmarke“, nämlich Nivea, darstelle. Der
BGH hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das
Bundespatentgericht zurückverwiesen.

Der BGH hat die Sache ans Bundespatentgericht
zurückverwiesen, so die Pressemitteilung
des BGH: 

Nr.
112/2015
Bundesgerichtshof
entscheidet über Löschung der Farbmarke Nivea-Blau

Beschluss vom
9. Juli 2015 – I ZB 65/13 – Nivea-Blau

Der
unter anderem für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat heute über die Löschung der Farbmarke „Blau
(Pantone 280 C)“ von Beiersdorf im Markenregister des Deutschen
Patent- und Markenamts entschieden.

Die
Marke ist aufgrund Verkehrsdurchsetzung für „Mittel zur Körper- und
Schönheitspflege, nämlich Haut- und Körperpflegeprodukte“ eingetragen. Das
Bundespatentgericht hat auf Antrag eines Mitbewerbers der Markeninhaberin die
Löschung der Marke angeordnet.
Auf
die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin hat der Bundesgerichtshof den
Beschluss des Bundespatentgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen
Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.

Der
Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die absoluten Schutzhindernisse des
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG* vorliegen. Abstrakte Farbmarken
sind im Allgemeinen nicht unterscheidungskräftig und deshalb nach § 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht eintragungsfähig, weil der angesprochene
Verkehr eine Farbe regelmäßig als dekoratives Element und nicht als
Produktkennzeichen wahrnimmt. Besondere Umstände, die eine andere Beurteilung
rechtfertigen, lagen nicht vor. Ferner ist die Farbmarke nach § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht eintragungsfähig, weil sie im betroffenen
Warensegment als Hinweis auf Produkte für die Nachtpflege oder als Hinweis auf
eine bestimmte Zielgruppe, und zwar auf Haut- und Körperpflegeprodukte für
Männer, verwendet wird und deshalb freihaltebedürftig ist.

Aufgrund
der vom Bundespatentgericht bislang getroffenen Feststellungen ist nach Ansicht
des Bundesgerichtshofs allerdings nicht ausgeschlossen, dass sich die Farbmarke
für die in Rede stehenden Waren im Verkehr im Sinne von § 8 Abs. 3
MarkenG** durchgesetzt hat und deshalb nicht gelöscht werden darf. Ausreichend
für eine Verkehrsdurchsetzung ist auch bei einer abstrakten Farbmarke, dass
mehr als 50% des Publikums in der Farbe ein Produktkennzeichen sehen. Dagegen
hatte das Bundespatentgericht wesentlich höhere Anforderungen an den Erwerb von
Unterscheidungskraft durch Verkehrsdurchsetzung bei einer konturlosen Farbmarke
gestellt und angenommen, mindestens 75% des allgemeinen Publikums müssten in
der Farbe Blau im Warenbereich der Haut- und Körperpflegeprodukte einen Hinweis
auf ein bestimmtes Unternehmen erkennen. Diesen Maßstab hat der
Bundesgerichtshof als zu streng beanstandet. Das Bundespatentgericht wird
nunmehr ein Meinungsforschungsgutachten zum Vorliegen der Voraussetzungen der
Verkehrsdurchsetzung einholen müssen. Allein auf das von der Markeninhaberin
bereits vorgelegte Verkehrsgutachten kann die abschließende Entscheidung nicht
gestützt werden. Diese demoskopische Untersuchung stellt allgemein auf
„Mittel der Haut- und Körperpflege“ ab, ohne eine weitere
Differenzierung nach einzelnen Warengruppen innerhalb des großen, ganz
unterschiedliche Erzeugnisse umfassenden Produktbereichs vorzunehmen. Eine
solche Differenzierung nach bestimmten Produktsegmenten innerhalb des
Warenbereichs der „Mittel der Haut- und Körperpflege“ ist nach
Ansicht des Bundesgerichtshofs aber erforderlich.

Zudem
sind die Ergebnisse des von der Markeninhaberin vorgelegten
Meinungsforschungsgutachtens nicht hinreichend verlässlich. Den Testpersonen
hätte bei der Befragung eine Farbkarte ausschließlich mit dem blauen Farbton
vorgelegt werden müssen. Stattdessen ist den Testpersonen eine blaue Farbkarte
mit weißer Umrandung gezeigt worden. Dies kann die Ergebnisse des von der
Markeninhaberin vorgelegten Meinungsforschungsgutachtens zu ihren Gunsten
beeinflusst haben, weil die Produktgestaltung der Markeninhaberin vielfach
 etwa bei der bekannten Nivea-Creme in der blauen Dose mit weißer
Aufschrift  eine Kombination der Farben Blau und Weiß aufweist.

Bundespatentgericht,
Beschluss vom 19. März 2013 – 24 W (pat) 75/10, GRUR
2014, 185
Karlsruhe,
den 9. Juli 2015

* § 8 Abs. 2
MarkenG
Von
der Eintragung ausgeschlossen sind Marken,
1.denen
für die Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt,
2.die
ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur
Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung (…) oder zur
Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können,
** § 8 Abs. 3
MarkenG
Abs. 2
Nr. 1, 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn die Marke sich vor dem
Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung infolge ihrer Benutzung für die
Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, in den
beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat.

Pressestelle
des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501