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OLG Düsseldorf – Berechtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen wegen Patentverletzung

Das OLG Düsseldorf hat im Urteil
vom 22.03.2019, Az. 2 U 31/16
zur Berechtigung der Geltendmachung von
Ansprüchen wegen einer Patentverletzung umfassend Stellung genommen.
Die Aktivlegitimation hinsichtlich Ansprüchen wegen
Patentverletzung erwächst nicht aus der Eintragung einer Person als Inhaberin
in das Patentregister. Denn die Eintragung im Patentregister hat keinen Einfluss
auf die materielle Rechtslage. Sie wirkt weder rechtsbegründend noch
rechtsvernichtend. Die Eintragung im Patentregister ist für die Beurteilung der
Frage, wer materiell-rechtlich Inhaber des Patents ist, dennoch nicht
bedeutungslos. Ihr kommt im Rechtsstreit vielmehr eine erhebliche Indizwirkung
zu. Es bedarf in einem Verletzungsrechtsstreit regelmäßig keines weiteren
Vortrages oder Beweisantritts, wenn sich eine Partei auf den aus dem Register
ersichtlichen Rechtsstand beruft, solange nicht konkrete Anhaltspunkte
ersichtlich sind oder vom Gegner aufgezeigt werden, aus denen sich die
Unrichtigkeit ergibt.
Tenor
A.
Auf die Berufung wird das am 19. Januar 2016 verkündete
Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf – unter Zurückweisung des
weitergehenden Rechtsmittels – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
I. Die Beklagten werden verurteilt,
1. der Klägerin in Form einer geordneten Aufstellung darüber
Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) seit dem 1. Januar
2013 mobile Endgeräte zur Verwendung beim Transport von Messinformationen von
einem ersten Kommunikationssystem an ein XXY-Kommunikationssystem angeboten, in
Verkehr gebracht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen haben,
die ein Mittel zum Umwandeln einer Vielzahl von mit dem
XXZ-Kommunikationssystem assoziierten XXQ Downlink-Messwerten in eine Vielzahl
von Downlink-Messwerten für das XXY-Kommunikationssystem unter Verwendung
folgender Gleichung:
RXLEV = XXQ + OFFSET,
wobei OFFSET eine Konstante ist; ein Mittel zum Vergleichen
der umgewandelten Vielzahl von Downlink-Messwerten mit mindestens einem
Schwellenmesswert; und ein Mittel zum Senden von mindestens einem der
umgewandelten Vielzahl von Downlink-Messwerten auf einem Steuerkanal an einen
Knoten im XXY-Kommunikationssystem, falls der mindestens eine der umgewandelten
Vielzahl von Downlink-Messwerten einen vorbestimmten Schwellenmesswert
übersteigt, aufweisen,
unter Angabe
a) der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse,
aufgeschlüsselt nach der jeweiligen Menge, Zeiten, Preisen sowie der Namen und
Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer;
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach
Liefermengen, -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie
den Namen und Anschriften der Abnehmer;
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach
Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, sowie den Namen und Anschriften der
Angebotsempfänger;
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach
Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
im Falle von Internet-Werbung der DomQn, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume
jeder Kampagne,
wobei die Beklagten zum Nachweis ihrer Angaben nach a) bis
c) die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine)
in Kopie vorzulegen haben, wobei geheimhaltungsbedürftige DetQls außerhalb der
auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen,
und
wobei den Beklagten weiter vorbehalten bleibt, die Namen und
Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der
Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur
Verschwiegenheit verpflichteten, in M ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer
mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und
verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter
Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet
sind, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die der Telefonaktiebolaget
LM A durch die vom 1. Januar 2013 bis zum 10. Februar 2013, der Cdurch die vom
11. Februar 2013 bis zum 12. Februar 2013, der E durch die vom 13. Februar 2013
bis zum 26. Februar 2014 und der Klägerin durch die seit dem 27. Februar 2014
begangenen, unter Ziffer I. bezeichneten VerletzungsD1dlungen entstanden sind
und noch entstehen werden.
III. Die Klage wird im Wege eines Teil-Verzichtsurteils
abgewiesen, soweit die Klägerin Auskunft über die nach den einzelnen
Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns für
die Zeit bis zum 28. Juni 2017 begehrt hat.
IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen, und zwar
hinsichtlich des Auskunftsanspruchs bezüglich „der Suchmaschinen und
anderer Marketingwerkzeuge, mit Hilfe derer die betroffenen Webseiten einzeln
oder gemeinsam registriert wurden“ als endgültig und im Übrigen als
derzeit unbegründet.
B.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten erster
Instanz tragen die Klägerin zu 60 % und die Beklagten zu 1) und zu 2) zu
jeweils 20 %. Von den Kosten der Streithelferin erster Instanz tragen die
Beklagten zu 1) und zu 2) jeweils 25 %. Im Übrigen trägt die Streithelferin
ihre Kosten selbst.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der
Parteien zweiter Instanz werden der Klägerin zu 10 % und den Beklagten zu 1)
und zu 2) zu je45 % auferlegt. Die Kosten der Streithelferin zweiter Instanz
werden den Beklagten zu 1) und zu 2) zu jeweils 45 % auferlegt. Im Übrigen
trägt die Streithelferin ihre Kosten selbst.
C.Das Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig
vollstreckbar.
Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung der Klägerin
gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 800.000,- € abwenden, wenn nicht die
Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung der
Streithelferin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren
Betrages abwenden, wenn nicht die Streithelferin vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten
gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils vollstreckbaren
Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in
Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
D.
Die Revision wird zugelassen.
E.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 800.000,-
€ festgesetzt.

Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des
deutschen Teils des europäischen Patents EP 1 230 XXX (Anlage EIP C1, in
deutscher Übersetzung vorgelegt als Anlage EIP C1a; im Folgenden: Klagepatent)
auf Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht
in Anspruch.
Das Klagepatent wurde ursprünglich von der Streithelferin am
20.Oktober 2000 unter Inanspruchnahme einer amerikanischen Priorität vom 17.
November 1999 in englischer Verfahrenssprache angemeldet. Die Anmeldung wurde
am 14. August 2002 veröffentlicht. Der Hinweis auf die Patenterteilung erfolgte
am 12. November 2008. Die Veröffentlichung der Eintragung der Klägerin als
Inhaberin des Klagepatents erfolgte am 7. März 2014. Auf eine Nichtigkeitsklage
der Beklagten hin wurde der deutsche Teil des Klagepatents (DE 600 40 XXA)
durch das Bundespatentgericht (BPatG) mit einem am 25. April 2017 verkündeten
Urteil (Az.: 6 Ni 76/14), hinsichtlich dessen
vollständigen Inhalts auf die Anlage ZVB 6 Bezug genommen wird, teilweise für
nichtig erklärt. Die Klägerin macht das Klagepatent zuletzt lediglich in der
durch das Bundespatentgericht aufrecht erhaltenen Fassung geltend.
Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „B“ B). Sein
im vorliegenden Verletzungsverfahren im HaDtantrag allein
streitgegenständlicher Patentanspruch 6 ist in der durch das
Bundespatentgericht aufrechterhaltenen Fassung wie folgt gefasst:
Die Abweichungen gegenüber der ursprünglichen, noch dem
landgerichtlichen Urteil zugrunde liegenden Anspruchsfassung sind jeweils durch
Unterstreichungen kenntlich gemacht.
Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren 1 und 2 stammen aus
der Klagepatentschrift und zeigen ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der
Erfindung nach dem Klagepatent. Bei Figur 1 D1delt es sich um ein vereinfachtes
Blockdiagramm.
Figur 2 ist ein Flussdiagramm eines beispielhaften
Verfahrens, das verwendet werden kann, um eine bevorzugte Ausführungsform der
Erfindung durchzuführen.
Die Streithelferin besitzt eines der stärksten Portfolios essentieller
Patente in der Telekommunikationsindustrie. Am 10. Januar 2013 schloss sie mit
der C(C), der D („D“), deren Tochtergesellschaften C1
(„C1“) und C2(„C2“) sowie der E („E“) das
sogenannte F („F“), das die weitere Verwertung eines Teils ihrer
Patente zum Gegenstand hat. Betroffen war ein Patentportfolio, das über 2000
Patente umfasste. Hinsichtlich der Regelungen des F im Einzelnen wird auf den
in Auszügen von den Parteien zur Akte gereichten Vertragstext Bezug genommen.
Bei der Streithelferin D1delt es sich um eine Gesellschaft,
die nach schwedischem Recht gegründet wurde. Die C, D, D Sub 1 und C2 sind
sämtlich Gesellschaften, die nach dem Recht des Staates I1 gegründet wurden.
Die E wurde nach dem Recht des Staates G gegründet. Die Klägerin wurde nach H
Recht gegründet. Sie gehört zur Unwired Planet GrDpe und ist mit der Verwaltung
und Lizensierung von Patenten befasst. Sie ist dem F nachträglich beigetreten.
Im F findet sich in Ziffer 6.14 unter anderem die Regelung,
dass die E die FRAND-Verpflichtung der Streithelferin übernimmt und innerhalb
einer angemessenen Frist nach Abschluss des Vertrages gegenüber der I eine
eigene FRAND-Erklärung abgeben wird. Dieser Verpflichtung ist die E durch
Erklärung vom 14. Juni 2013 nachgekommen. In einer weiteren Vereinbarung vom
13. Februar 2013 (K – „K“) findet sich in Klausel 5.4 die
Verpflichtung der E, bei einer Übertragung von Patenten auf Dritte
sicherzustellen, dass die FRAND-Verpflichtung übernommen wird. Dies wurde bei
der Übertragung des Klagepatents auf die Klägerin umgesetzt und die Klägerin
gab am 6. März 2014 gegenüber der I eine eigene FRAND-Verpflichtungserklärung
ab. In Umsetzung des F schlossen dessen Vertragsparteien in der Folgezeit drei
Übertragungsverträge, deren Wirksamkeit zwischen den Parteien in Streit steht.
Die Beklagten gehören zur LDpe, die im Bereich
Telekommunikation sowohl auf dem Markt für Netzwerktechnik als auch für
Mobiltelefone tätig ist. Die Beklagte zu 2) bewirbt und vertreibt in M
Mobiltelefone wie das „N“ (angegriffene Ausführungsform), die mit dem
2G- und 3G-Standard kompatibel sind.
Die Beklagte zu 1) ist Inhaberin der Internetseite L, auf
der sich der Internetauftritt der LDpe befindet. Die Besucher dieser Seite
können über den Begriff „Worldwide“ die Internetseite teilweise in M
Übersetzung unter L/de öffnen. Weiterhin gelangen sie über die Rubrik
„Products & Solutions“ und weiter die Rubrik
„Consumers“ zu den Auswahlmöglichkeiten „Telefone,
Datenprodukte, Tablets“ des L-Shops auf der Internetseite www.Ldevices.de,
die von der Beklagten zu 2) unterhalten wird. Auf dieser Website werden unter
anderem Mobiltelefone angeboten, die mit dem 2G- und 3G-Standard kompatibel
sind, darunter die angegriffene Ausführungsform. 2G und 3G bezeichnen
Mobilfunkstandards der 2. und 3. Generation, die auch als XXY- und XXZ-Standard
bezeichnet werden.
Bei XXY (XXY) D1delt es sich um einen von der I geschaffenen
Mobilfunkstandard. Die für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche technische
Spezifikation des Standards ist die TS 145 XXB ab der Version 5.2.22. Der
XXY-Standard beschreibt das Verfahren des digitalen Zellenkommunikationssystems
(Digital cellular telecommunications system) und
Funksubsystem-Verbindungssteuerungen (Radio subsystem link control). Die
angegriffene Ausführungsform genügt den Anforderungen dieser technischen
Spezifikation. Auch bei XXZ (XXZ) D1delt es sich um einen I-Mobilfunkstandard.
Für das vorliegende Verfahren von Interesse ist die XXZ-Standardspezifikation
TS 125 XXC, Version 5.17.0.
Mit EmQl vom 9. Juli 2013 wies Herr O, Mitarbeiter des
Investment-Banking Beraters P, im Namen der R Herrn Q, Mitarbeiter bei L, auf
die Übernahme standardessentieller Patente von A hin. Nach einer Erinnerung am
30. Juli 2013 verwies Herr Q auf die Zuständigkeit von Herrn S, der am 22. August
2013 gegenüber Herrn O erklärte, dass kein Interesse an den A-Patenten bestehe.
Im Zeitraum von September bis Dezember 2013 versuchte die
Klägerin, Lizenzierungsgespräche mit den Beklagten zu führen. Herr T, Leiter
der Patentabteilung für die Beklagten, wies mit EmQl vom 27. November 2013
darauf hin, dass L grundsätzlich geistige Eigentumsrechte akzeptiere. Im Januar
2014 bat Herr U, Mitarbeiter der Patentabteilung bei L, Herrn V, den
Geschäftsführer der Klägerin, um einige clQm charts für Patente, die von der
Klägerin übernommen worden waren. Hierauf übersandte Herr V Herrn U am 16.
Januar 2014 den Entwurf einer Vertraulichkeitsvereinbarung und wies darauf hin,
dass die Unterzeichnung dieser Erklärung Voraussetzung sei für die Übersendung
der erbetenen clQm charts. Herr U übersandte Herrn V eine geänderte Fassung der
Geheimhaltungsvereinbarung, woraufhin Herr V am 29. Januar 2014 antwortete,
dass man dies überdenken werde.
Am 10. März 2014 wurde die vorliegende Klage erhoben,
zeitgleich Klagen in W. Herr V informierte die Beklagten hierüber noch am
selben Tag. Herr X erklärte hierauf, dass man in Kontakt bleiben werde, um
vernünftige Lizenzbedingungen zu verD1deln.
Am 22. April 2014 übersandten die englischen
Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Beklagten eine powerpoint-Präsentation
zu den möglichen Rahmenbedingungen einer Lizenz („License Proposal“).
Diese sah eine Lizenzgebühr von 0,75 USD pro Mobilfunkendgerät vor und war an
sämtliche Patentbenutzer gleichermaßen gerichtet. Die Beklagten lehnten einen
Vertragsschluss auf der Grundlage dieser Präsentation unter Hinweis darauf ab,
dass die vorgeschlagene Lizenzgebühr von 0,75 USD pro verkauftem D1dy weit
überhöht sei.
Die Klägerin hat erstinstanzlich behaDtet, die
Streithelferin habe durch Übertragungsvertrag vom 11. Februar 2013 (nachfolgend
ÜV I) einen Teil ihres Patentportfolios – darunter das Klagepatent – auf die
Cübertragen. Am 13. Februar 2013 habe die Cdie von der Streithelferin erlangten
Patente – darunter das Klagepatent – auf die E weiter übertragen (nachfolgend
ÜV II). Diese habe die Patente – darunter das Klagepatent – am 27. Februar 2014
auf die Klägerin weiter übertragen (nachfolgend: ÜV III), die am 7. März 2014
(Veröffentlichungsdatum: 3. Juli 2014) als Patentinhaberin in das Patentregister
eingetragen worden sei.
Nach Auffassung der Klägerin stellen das Angebot und der
Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in M eine Verletzung des
Klagepatents dar, da die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre
des Klagepatents unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch mache. Sie hat die
Beklagten nach teilweiser Klagerücknahme in erster Instanz zuletzt auf
Rechnungslegung und Auskunftserteilung sowie Feststellung der
Schadenersatzpflicht für die Zeit ab dem 1. Januar 2013 in Anspruch genommen.
Die Beklagten, die um Klageabweisung, hilfsweise um
Aussetzung gebeten haben, haben erstinstanzlich die fehlende örtliche und
internationale Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf gerügt und die
Aktivlegitimation der Klägerin mit Nichtwissen bestritten. Zudem hat die
Klägerin die Wirksamkeit der Übertragungsverträge nach den jeweils zur
Anwendung kommenden ausländischen Rechtsordnungen, die Echtheit der zur Akte
gereichten Kopien, die Vertretungsbefugnis der D1delnden Personen sowie die
wirksame Abtretung in der Vergangenheit entstandener Ansprüche an die Klägerin
bestritten.
Bezüglich etwaiger kartellrechtlicher Bedenken gegen die
Wirksamkeit der Übertragungsverträge haben sich die hiesigen Beklagten
erstinstanzlich hilfsweise das Vorbringen der Beklagten in dem Parallelverfahren 4b O 120/14zu eigen
gemacht. Die Beklagte (Y) vertritt in diesem Verfahren die Auffassung, die
Streithelferin habe bei der Umsetzung des F gegen die Vorschriften der
Fusionskontrolle (§§ 35-42 GWB)
als auch gegen das Verbot der Wettbewerbsbeschränkung (Art. 101102 AEUV) verstoßen.
Des Weiteren haben die Beklagten erstinstanzlich sowohl eine
Verletzung des Klagepatents als auch dessen Rechtsbestand in Abrede gestellt.
Insbesondere erfolge bei der angegriffenen Ausführungsform keine Umwandlung von
XXZ-Downlink-Messwerten in Downlink-Messwerte für das XXY-Kommunikationssystem.
Abgesehen davon fehle es bei der angegriffenen Ausführungsform auch an einem
Mittel zum Vergleichen der umgewandelten Messwerte mit einem (vorbestimmten)
Schwellenmesswert.
Überdies sei die Beklagte zu 1) auch nicht
passivlegitimiert. Sie bringe in Deutschland weder angegriffene
Ausführungsformen in Verkehr noch biete sie diese an. Das Unterhalten der
Internetseite durch die Beklagte zu 1) und die Erreichbarkeit der Unterseite
L.com/de über die Beklagte zu 1) begründe kein Anbieten. Sämtliche Angebote würden
über die von der Beklagten zu 2) betriebene Seite www.Ldevices.de
bereitgehalten.
Im Übrigen stehe der Durchsetzung der mit der Klage
verfolgten Ansprüche der Lizenzeinwand aus Art. 102 AEUV entgegen. Die
Beklagten seien lizenzwillig. Es sei die Klägerin gewesen, die im Rahmen der
LizenzverD1dlungen weitere Informationen verweigert und stattdessen Klage
erhoben hätte.
Mit Schlussurteil vom 19. Januar 2016 hat das Landgericht
Düsseldorf dem im VerD1dlungsschlusszeitpunkt noch rechtshängigen Klagebegehren
entsprochen und wie folgt erkannt:
I. Die Beklagten werden verurteilt,
der Klägerin in Form einer geordneten Aufstellung Auskunft
darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 1. Januar 2013 mobile
Endgeräte zur Verwendung beim Transport von Messinformationen von einem ersten
Kommunikationssystem an ein zweites Kommunikationssystem angeboten, in Verkehr
gebracht oder zu den genannten Zwecken besessen haben,
die ein Mittel zum Umwandeln einer Vielzahl von mit dem
ersten Kommunikationssystem assoziierten Downlink-Messwerten in eine Vielzahl
von Downlink-Messwerten für das zweite Kommunikationssystem; ein Mittel zum
Vergleichen der umgewandelten Vielzahl von Downlink-Messwerten mit mindestens
einem Schwellenmesswert, und ein Mittel zum Senden von mindestens einem der
umgewandelten Vielzahl von Downlink-Messwerten auf einem Steuerkanal an einen
Knoten im zweiten Kommunikationssystem, falls der mindestens eine der
umgewandelten Vielzahl von Downlink-Messwerten einen vorbestimmten
Schwellenmesswert übersteigt, umfassen, wobei das zweite Kommunikationssystem
ein XXY umfasst,
unter Angabe
a) der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse,
aufgeschlüsselt nach der jeweiligen Menge, Zeiten, Preisen, sowie der Namen und
Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer;
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach
Liefermengen, -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie
den Namen und Anschriften der Abnehmer;
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach
Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, sowie den Namen und Anschriften der
Angebotsempfänger;
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach
Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
im Falle von Internet-Werbung der DomQn, der Suchmaschinen und anderer
Marketingwerkzeuge, mit Hilfe derer die betroffenen Webseiten einzeln oder
gemeinsam registriert wurden, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume
jeder Kampagne;
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten
Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
wobei die Beklagten die Richtigkeit ihrer Angaben nach a)
und b) belegen müssen, indem sie Belegkopien wie Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine,
vorlegen;
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und
Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der
Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur
Verschwiegenheit verpflichteten, in M ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer
mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und
verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter
Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet
sind, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die der Telefonaktiebolaget
LM A durch die vom 1. Januar 2013 bis zum 10. Februar 2013, der Cdurch die vom
11. Februar 2013 bis zum 12. Februar 2013, der E durch die vom 13. Februar 2013
bis zum 26. Februar 2014 und der Klägerin durch die seit dem 27. Februar 2014
begangenen, unter Ziffer I. bezeichneten VerletzungsD1dlungen entstanden sind
und noch entstehen werden.
Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen
ausgeführt:
Für die zulässige Klage sei das Landgericht Düsseldorf nach
Art. 5 Nr. 3 LugÜ in Verbindung mit § 143 Abs.
2 PatG in Verbindung mit der Verordnung über die Zuweisung von
Gemeinschaftsmarken-, Gemeinschaftsgeschmacksmuster-, Patent-, Sortenschutz-,
Gebrauchsmusterstreitsachen und Topographieschutzsachen vom 30. August 2011
international und örtlich zuständig. Die Klägerin habe schlüssig behaDtet, dass
die Beklagte zu 1) die angegriffene Ausführungsform durch ihren (auch)
deutschsprachigen Internetauftritt in Deutschland anbiete und vertreibe. Damit
liege der Erfolgsort in Deutschland. Da die angegriffene Ausführungsform
insofern auch in Nordrhein-Westfalen angeboten werde, sei die örtliche
Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf gegeben.
Des Weiteren sei die Klage auch begründet. Die Klägerin sei
zur Geltendmachung der mit der vorliegenden Klage verfolgten Ansprüche auf
Schadenersatz und Rechnungslegung aktivlegitimiert. Sie sei seit dem 27.
Februar 2014 materiellrechtliche Inhaberin des Klagepatents. Hierfür spreche
die durch ihre Eintragung im Patentregister begründete Vermutung, die durch die
durchgeführte Beweisaufnahme bestätigt worden sei. Der Indizwirkung des
Patentregisters stehe nicht entgegen, dass ein Zwischenerwerber, die Cluster
LLC, nicht im Patentregister eingetragen sei. Im vorliegenden Fall reichten die
von der Klägerin zur Übertragungskette vorgetragenen DetQls im Hinblick auf den
nicht eingetragenen Zwischenerwerb der Cjedenfalls nicht aus, die
Vermutungswirkung des Patentregisters zu erschüttern. Die Übertragungskette sei
nach dem Vortrag der Klägerin von vornherein zwischen sämtlichen Parteien
abgestimmt und die C gerade einmal für zwei Tage materiellrechtliche Inhaberin
des Klagepatents gewesen. Bei einer Eintragung der Cin das Patentregister habe
es sich um eine bloße Förmelei geD1delt. Die durch das Patentregister
begründete Vermutung hinsichtlich der Inhaberschaft der Klägerin am Klagepatent
sei durch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen und die durch die Kammer
vernommenen Zeugen bestätigt worden. Hiernach stehe zur Überzeugung der Kammer
fest, dass die Streithelferin das Klagepatent durch Patentübertragungsvertrag vom
11. Februar 2013 an die C übertragen habe (nachfolgend: ÜV I), die es dann
durch Übertragungsvertrag vom 13. Februar 2013 an die E weiter übertragen habe
(nachfolgend: ÜV II), die schließlich durch Vertrag vom 27. Februar 2014 die
Übertragung an die Klägerin vorgenommen habe (nachfolgend: ÜV III).
Der Wirksamkeit der von der Klägerin vorgetragenen
Abtretungen des Klagepatents und der dieses betreffenden Rechnungslegungs- und
Schadenersatzansprüche stünden keine kartellrechtlichen Gesichtspunkte
entgegen. Das F bzw. die nachfolgenden Patentübertragungen verstießen weder
gegen fusionskontrollrechtliche Vorschriften (§§ 35-43 GWB)
noch könne eine Unwirksamkeit der Patentübertragungen infolge eines
kartellrechtlich verbotenen Eingriffs in den Wettbewerb im Sinne der Art. 101102 AEUV angenommen werden.
Die Beklagten zu 1) und 2) seien auch passivlegitimiert.
Zwischen den Parteien des Rechtsstreits stehe außer Streit, dass die Beklagte
zu 2) die angegriffene Ausführungsform in Deutschland i.S.v. § 9 S. 2
Nr. 1 PatG anbiete und vertreibe. Auch die Beklagte zu 1) biete die
angegriffene Ausführungsform im Sinne dieser Vorschrift an. Ein solches Angebot
sei im Betrieb der Internetseite http://L zu sehen. Indem die Beklagte zu 1)
über den Pfad „Products & Solutions“, „Consumers“,
„Telefone, Datenprodukte, Tablets“ eine Verlinkung zu der von der
Beklagten zu 2) betriebenen Seite vornehme, stelle sie selbst dem Nachfrager
die Endgeräte wahrnehmbar zum Erwerb zur Verfügung. Durch die Einteilung
„Products & Solutions“, die quasi die Überschrift und damit den
ersten Schritt der Verlinkung darstelle, lasse sie keinen Zweifel daran, dass
es sich um ihre – der Beklagten zu 1) – Produkte und Lösungen D1dele. Diese
Seite werde zudem durch das Anwählen der Option „Worldwide“ auf der
Unterseite http://L/de in den entscheidenden Schlagworten in die deutsche
Sprache übersetzt. Damit werde der deutsche Markt angesprochen. Über diese
Verlinkung gelange der Nutzer zu den angegriffenen Mobiltelefonen, so dass die
Beklagte zu 1) im Ergebnis ein inländisches Angebot zum Kauf der dargebotenen
Produkte abgebe.
Durch das Angebot der angegriffenen Ausführungsform in M
machten die Beklagten wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents
Gebrauch.
Der im Klagepatentanspruch verwendete Begriff der
„Downlink-Messwerte“ umfasse auch solche Werte, die aus den
originären Messergebnissen abgeleitet seien, eine Aussage über die Qualität der
Downlink-Signalübertragung, wie sie in den originären Messergebnissen zum
Ausdruck komme, ermöglichten und einen Vergleich mit einem Schwellenmesswert
zuließen. Insbesondere würden von den Messwerten im Sinne des Klagepatents
vereinfachte oder zusammenfassende Darstellungen von Messergebnissen umfasst,
die mittels eines Messberichts übertragen werden könnten.
Soweit der Klagepatentanspruch weiter das VorD1densein von
Mitteln verlange, mit denen die Downlink-Messwerte des ersten Kommunikationssystems
in Downlink-Messwerte für das zweite Kommunikationssystem umgewandelt werden
könnten, müsse das Umwandeln mehr leisten als lediglich eine Übertragung in
einem zweiten Kommunikationssystem zu ermöglichen. Durch die Umwandlung müssten
qualitativ andere, mit den Messwerten des zweiten Kommunikationssystems
vergleichbare Werte entstehen. Die Vergleichbarkeit führe dazu, dass die
umgewandelten Messwerte von dem Knoten des zweiten Kommunikationssystems
grundsätzlich ohne weitere Verarbeitung auch als Messwerte des zweiten
Kommunikationssystems beD1delt und insbesondere zur Grundlage einer
Weiterleitungsentscheidung gemacht werden könnten. Genau dieses Verständnis vom
Begriff der Umwandlung liege auch dem einzigen Ausführungsbeispiel zugrunde,
was bereits für sich genommen die Annahme rechtfertige, dass es den
eigentlichen Erfindungsgedanken des Patents wiedergebe.
Bei dem im Hinblick auf das Senden von Downlink-Messwerten
auf einem Steuerkanal maßgeblichen Schwellenmesserwert D1dele es sich um eine
zuvor festgelegte absolute Größe in Abgrenzung zu gegebenenfalls auch zu
berichtenden Messwerten, die nur einen relativen Vergleich zulassen. Dafür,
dass der Schwellenmesswert auf einer aktiven Messung möglicherweise sogar in
unmittelbarem zeitlichen ZusammenD1g mit dem Vergleich beruhen müsse, würden
sich weder im Patentanspruch noch im Beschreibungsteil Anhaltspunkte finden.
Auch sei weder dem Patentanspruch noch der Beschreibung zu entnehmen, dass der
umgewandelte Messwert mit einem spezifischen Messwert verglichen werden müsse.
Dementsprechend sei es ausreichend, aber auch erforderlich, dass ein vorab
feststehender Wert vorD1den sei, mit dem die umgewandelten XXZ-Messwerte
verglichen werden könnten, um festzustellen, ob diese dazu geeignet seien,
berichtet zu werden. Die Klagepatentschrift lasse demgegnenüber offen, wie,
wann und durch wen der konkrete Schwellenmesswert ermittelt worden sei.
Davon ausgehend mache die angegriffene Ausführungsform
unmittelbar wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch.
Die angegriffene Ausführungsform messe in XXZ-Zellen die
Werte Ec/lo und XXQ auf dem Kanal CPICH (Ziff. 8.1.5.1 des XXY-Standards). Der
Bereich, in dem Messwerte für XXQ erfasst werden könnten, beginne bei Werten
unterhalb -116 dBm und ende bei Werten oberhalb -52 dBm (vgl. Ziff. 8.1.5.1 des
XXY-Standards und über den Verweis auch Ziff. 9.1.3.1 des XXZ-Standards 3GPP TS
25.133 V11.8.0). Diese ursprünglich von der Mobilstation erfassten
XXQ-Messwerte stellten mit dem ersten Kommunikationssystem assoziierte
Downlink-Messwerte dar. Es D1dele sich um Messwerte der Funkzugangstechnologie
XXZ, die anD1d von Signalen von der Basisstation zur Mobilstation, also
„downlink“, ermittelt worden seien.
Die ursprünglichen XXQ-Messwerte der XXZ-Zellen würden gemäß
den Vorgaben des XXY-Standards durch 6-Bit lange Werte dargestellt und in
Messberichten an die Basisstation berichtet. Das Mapping der XXQ-Messwerte sehe
wie folgt aus (Ziff. 8.1.5.1 des XXY-Standards):
Dieses Mapping der XXQ-Messwerte stelle das Umwandeln der
Messwerte des ersten Kommunikationssystems in Messwerte für das zweite
Kommunikationssystem im Sinne der Lehre des Klagepatents dar. Denn die
gemappten Werte entsprächen genau den aus der Messung der Signalstärke von
XXY-Zellen gewonnenen Messwerten, die an die Basisstation berichtet würden. Es
D1dele sich dabei um 6-Bit lange RXLEV-Werte von 0 bis 63, wobei RXLEV für die
Signalstärke des Downlink-Signals stehe (vgl. Ziff. 8.1.4 des XXY-Standards).
Diese 6-Bit langen RXLEV-Werte stellten Messwerte im Sinne
des Klagepatentanspruchs dar. Dass es sich dabei nicht um die ursprünglich
aufgrund einer Messung der Signalstärke einer XXY-Zelle sich ergebenden
Messwerte D1dele, sei nach zutreffender Auslegung des Klagepatentanspruchs
unbeachtlich. Die 6-Bit langen RXLEV-Werte seien aus den originären Messwerten
einer XXY-Zelle abgeleitet und ließen eine Aussage über die Qualität der
Downlink-Signalübertragung, wie sie in den originären Messergebnissen zum
Ausdruck komme, zu. Denn die 6-Bit langen RXLEV-Werte gingen aus einem Mapping
der originär ermittelten Messwerte der Signalstärke einer XXY-Zelle hervor. Die
XXY-Zelle messe die Signalstärke im Bereich von unterhalb -110 dBm bis oberhalb
-48 dBm. Das Mapping erfolge wie nachstehend wiedergegeben (vgl. Ziff. 8.1.4
des XXY-Standards):
Dabei gäben die RXLEV Werte von 0 bis 63 die Qualität der
Signalübertragung von den schwächsten Zellen bis zu den stärksten Zellen in
aufsteigender Reihenfolge wieder. In einem begrenzten Umfang ließen die 6-Bit
langen RXLEV-Werte auch einen Rückschluss auf die ursprünglich gemessene
Signalstärke zu. Beispielsweise stehe für den berichteten RXLEV-Wert 1 fest,
dass der ursprüngliche Messwert im Bereich von -110 bis -109 dBm gelegen habe.
Im Hinblick auf die Messgenauigkeit (vgl. Ziff. 8.1.2 des XXY-Standards) sei
diese Unschärfe in jeder Hinsicht unbeachtlich. Ebenso unbeachtlich sei, dass
Messwerte unterhalb von -110 dBm und oberhalb von -48 dBm auf 0 bzw. 63 nicht
abgebildet würden. Dies mache vielmehr deutlich, dass eine weitere
Differenzierung zwischen den Signalstärken der einzelnen Zellen für die Zwecke
des XXY-Standards nicht erforderlich sei. Zellen mit einer Signalstärke
unterhalb von -110 dBm seien gleichermaßen schwach und kämen für ein D1dover am
wenigsten in Betracht. Umgekehrt genügten Zellen mit einer Signalstärke
oberhalb von -48 dBm den Übertragungsanforderungen in jeder Hinsicht, so dass
es einer weiteren Differenzierung nicht bedürfe.
Durch das Mapping der XXQ-Werte auf 6-Bit lange
Berichtswerte entstünden im Ergebnis Messwerte für das XXY-System. Denn die
berichteten XXQ-Werte seien infolge des Mappings unmittelbar mit den RXLEV-Werten
von 0 bis 63 vergleichbar, wobei die Qualität der Signalübertragung aufsteigend
von 0 bis 63 wiedergegeben werde. Dass unter Umständen der XXQ-Wert nicht exakt
in einen RXLEV-Wert umgerechnet werde, sei nach zutreffender Auslegung
unbeachtlich. Sei ein berichteter XXQ-Wert für eine XXZ-Zelle größer als ein
RXLEV-Wert für eine XXY-Zelle, könne der Vergleich dieser Werte ohne weitere
Umrechnungen jedenfalls als Grundlage für die Entscheidung dienen, eine
Weiterleitung zu der entsprechenden XXZ-Zelle vorzunehmen, weil davon
ausgegangen werden könne, dass die Signalübertragung dieser XXZ-Zelle
qualitativ besser sei als die Signalübertragung der gemessenen XXY-Zelle.
Gleiches gelte für den umgekehrten Fall, in dem der RXLEV-Wert höher als der
berichtete XXQ-Wert sei. Die berichteten XXQ-Werte könnten von der Basisstation
wie RXLEV-Werte beD1delt werden. Dementsprechend sehe der XXY-Standard auch
vor, dass die berichteten XXQ-Werte die RXLEV-Werte im Messbericht ersetzen
(vgl. Ziff. 8.1.5.1 des XXY-Standards).
Letztlich stecke hinter dem standardgemäßen Mapping der
XXQ-Werte auf die 6-Bit langen Berichtswerte nichts anderes als die in der
Klagepatentschrift angegebene Formel zur Umwandlung von XXZ-Messwerten in
XXY-Messwerte. Nach der Beschreibung des Klagepatents können die XXZ-Messwerte
nach folgender Gleichung umgewandelt werden:
RXLEV = XXQ + OFFSET (XXQ),
wobei RXLEV für die XXY-Signalstärkemessungen in dBm, XXQ
für die XXZ-Signalstärkemessungen in dBm und OFFSET für OFFSET-Werte stehe, die
in Bezug auf XXQ konstant oder variabel sein könnten (Abs. [0015] der Anlage
EIP C1a). Werde im Fall des XXY-Standards zu den XXQ-Messwerten ein konstanter
OFFSET von 5 dBm addiert, entspreche das Mapping genau dem Mapping der
Signalstärkemesswerte im XXY-System (allenfalls mit Ausnahme der
Intervallgrenzen, die aber zu vernachlässigen sind). Dies werde aus
nachstehender Tabelle deutlich:
Bereits dies belege, dass auch nach dem XXY-Standard die
ursprünglichen XXQ-Messwerte in XXY-Messwerte umgewandelt würden und zwar genau
so, wie es auch das Klagepatent vorsehe. Dass im gleichen Zuge ein Mapping auf
6-Bit lange Berichtswerte erfolge und die Vergleichbarkeit erst anD1d dieser
Berichtswerte seinen Ausdruck im XXY-Standard finde, sei unbeachtlich.
Die vorstehende Tabelle zeige auch, dass ein- und derselbe
Messwert als XXQ-Messwert anders gemappt werde als der Signalstärkemesswert
einer XXY-Zelle, zum Beispiel -110 dBm auf 6 (XXZ) bzw. 1 (XXY). Dies
korrespondiere mit den Überlegungen zum zuvor dargestellten „OFFSET“.
Eine solche Festlegung der Mapping-Werte für die ursprünglichen XXQ-Messwerte
könne jedoch nicht zufällig erfolgt sein, sondern sei nur vor dem Hintergrund,
XXQ- und Signalstärke-Messwerte bis zu einem gewissen Grad vergleichen zu
können, verständlich. Dies ergebe sich auch im Hinblick auf die Vorgaben des
XXZ-Standards 3GPP TS 25.133 V11.8.0 (nachfolgend XXZ-Standard) zum Mapping der
XXQ-Werte. Dass nach dem XXZ-Standard das Mapping der originären XXQ-Messwerte
– jedenfalls was das Mapping im Bereich von -115 bis -53 dBm angehe – in
gleicher Weise erfolge (vgl. Ziff. 9.1.1.3 des XXZ-Standards 3GPP TS 25.133
V11.8.0), spreche nicht gegen eine Vergleichbarkeit der berichteten XXQ-Werte
mit den RXLEV-Werten. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall. Denn das Mapping nach
dem XXZ-Standard beginne nicht mit dem Wert 0, sondern mit dem Wert -5 für
Werte unterhalb von -120 dBm. Nach dem XXY-Standard würden alle diese XXQ-Werte
bis -115 dBm auf 0 abgebildet. Ein ähnliches Bild ergebe sich für XXQ-Werte
oberhalb von -53 dBm, für die nach dem XXZ-Standard weiter bis -91 dBm (für
XXQ-Werte bis -25 dBm) differenziert werde, während der XXY-Standard sie auf
den Wert 63 abbilde. Diese Ausrichtung der Mapping-Werte im Verhältnis zu den
XXQ-Werten mache die Signalqualität von XXZ-Zellen mit XXQ-Werten im Bereich
von -115 dBm bis -53 dBm mit der von XXY-Zellen vergleichbar. Dass nach dem
XXY-Standard zwischen stärkeren (> -53 dBm) bzw. schwächeren (< -115 dBm)
XXZ-Zellen nicht differenziert werden könne, nehme der Standard hin. Sie würden
pauschal als stärkste bzw. schwächste Zellen eingeordnet. Insofern könne aber
auch in der Basisstation vom Berichtswert 0 bzw. 63 nicht mehr auf den diesem
Berichtswert zugrundeliegenden ursprünglichen Messwert rückgeschlossen werden,
so dass auch in dieser Hinsicht keine weitere Differenzierung möglich sei.
Entscheidend sei aber, dass im Bereich dazwischen durch die Berichtswerte eine
Rangfolge der Zellenqualität aufgestellt werde, die für das XXY- und
XXZ-Kommunikationssystem gleichermaßen gelte und Grundlage einer
Weiterleitungsentscheidung sein könne. Insofern seien die XXZ- und
XXY-Berichtswerte miteinander vergleichbar.
Aus dem XXY-Standard ergebe sich darüber hinaus, dass die
berichteten XXQ- und RXLEV-Werte tatsächlich miteinander verglichen würden.
Unter Ziffer 8.4.8.1 regele der Standard, mit welcher Priorität Messwerte
verschiedener Kommunikationssysteme an die XXY-Basisstation berichtet werden
sollen. In einen Messbericht sollen demnach zunächst die Messwerte von
XXY-Zellen auf demselben Frequenzband aufgenommen werden (Stufe 1), danach die
Messwerte von XXY-Zellen auf anderen Frequenzbändern (Stufe 2) und dann die
Messwerte von Zellen anderer Funkzugangstechnologien (darunter XXZ) (Stufe 3),
soweit alle diese Messwerte einen bestimmten, für ihre GrDpe geltenden
Schwellenwert überschreiten (XXX_REPORTING_THRESHOLD). Erst danach würden alle
verbleibenden Messwerte von XXY-Zellen und Zellen anderer
Funkzugangstechnologien in den Messbericht aufgenommen (Stufe 4). Für jede
Prioritätsstufe werde in Ziffer 8.4.8.1 im letzten Spiegelstrich angeordnet,
dass – wenn der Messbericht nicht für alle gültigen Zellen einer Stufe Platz
biete – die Zellen berichtet werden sollten, die die höchste Summe aus dem zu
berichtenden Wert („reported value“) und einem für jede
Funkzugangstechnologie gültigen Parameter XXX_REPORTING_OFFSET hätten. Zwischen
den Parteien sei unstreitig, dass der OFFSET-Parameter von den jeweiligen
Mobilfunkanbietern festgesetzt werden könne, um bestimmte
Funkzugangstechnologien (aus ggf. rein kaufmännischen Erwägungen) priorisieren
zu können. Standardmäßig sei der OFFSET-Parameter auf 0 gesetzt (vgl. Tabelle 2
in Ziff. 9 des XXY-Standards), so dass in der Standardeinstellung gemäß dem
letzten Spiegelstrich von Ziff. 8.4.8.1 der höchste Berichtswert in den
Messbericht aufgenommen werden solle. Für die vierte Prioritätsstufe bedeute
das aber, dass die Berichtswerte für Zellen verschiedener
Funkzugangstechnologien miteinander verglichen werden müssten. Demnach sehe der
XXY-Standard in bestimmten Fällen vor, dass etwa für Messwerte von XXY- und
XXZ-Zellen der XXQ-Berichtswert mit dem RXLEV-Berichtswert verglichen werde.
Dass tatsächlich nur ein Vergleich mit XXQ-Berichtswerten
stattfinde und der Standard eine Vergleichbarkeit von XXQ- und RXLEV-Berichtswerten
voraussetze, ergebe sich auch daraus, dass die Berichtspriorität der vierten
Prioritätsstufe bei XXZ-Zellen ausschließlich auf XXQ-Werten basieren solle,
nicht aber auf Ec/Io (Nr. 4 a.E. unter Ziff. 8.4.8.1 des XXY-Standards). Hierin
komme eine Vorrangstellung der XXQ-Berichtswerte zum Ausdruck, welche ihre
Grundlage letztlich in der Vergleichbarkeit mit den RXLEV-Werten habe. Denn das
Mapping der Ec/Io-Messwerte, wie es in Ziffer 8.1.5.1 des XXY-Standards
vorgegeben sei, führe anders als das Mapping der XXQ-Messwerte nicht zu mit den
RXLEV-Werten vergleichbaren Berichtswerten. Dies sei ohne Weiteres
nachvollziehbar, weil das Mapping der Ec/Io-Messwerte nur auf Werte von 0 bis
49 erfolge. Die besten Signalwerte einer XXZ-Zelle lägen demnach – bezogen auf
Ec/Io-Messwerte – bei 49. Bei einem Vergleich der RXLEV-Werte mit den gemappten
Ec/Io-Messwerten würden daher Zellen, die von ihrer Signalstärke im oberen
Drittel anzusiedeln wären (RXLEV > 49), immer als qualitativ besser
eingestuft als die XXZ-Zellen, deren Mapping-Werte für Ec/Io-Messwerte die 49
nicht übersteigen.
Die angegriffene Ausführungsform weise auch ein Mittel zum
Vergleichen der umgewandelten Vielzahl von Downlink-Messwerten mit mindestens
einem vorbestimmten Schwellenmesswert auf.
Zwischen den Parteien des Rechtsstreits stehe außer Streit,
dass im Rahmen des EnD1ced Measurement Reporting die Basisstation eine
Messinformationsnachricht („MEA-SUREMENT INFORMATION MESSAGE“) an die
Mobilstation sende, die unter anderem den Parameter XXX_REPORTING_THRESHOLD
enthalte (Ziff. 8.4.8 des XXY-Standards), der in der Tabelle 2 unter Ziffer 9
des XXY-Standards definiert sei. Demnach könne für jede Funkzugangstechnologie,
also auch für XXY und XXZ, ein Wert von 0, 6, … 36 oder ? gesetzt werden. Nach
den Vorgaben des XXY-Standards berichte die Mobilstation in einem Messbericht
in den ersten drei Prioritätsstufen jeweils nur solche Zellen, die den für die
jeweilige Funkzugangstechnologie geltenden XXX_REPORTING_THRESHOLD erreichten
oder überschritten (vgl. Ziff. 8.4.8.1 des XXY-Standards). Demnach würden die
umgewandelten Downlink-Messwerte mit einem Schwellenmesswert verglichen.
Bei dem Parameter XXX_REPORTING_THRESHOLD D1dele es sich um
einen vorbestimmten Schwellenmesswert im Sinne des Klagepatents. Für ein
„Vorbestimmen“ sei nach zutreffender Auslegung ausreichend, wenn der
Schwellenmesswert von dem Netzwerk für den Einzelfall als absoluter Wert
vorgegeben werde und nicht ein relativer Vergleich zwischen verschiedenen
Messwerten stattfinde. Tatsächlich würden nach dem XXY-Standard auch die
umgewandelten XXQ-Berichtswerte und nicht die ursprünglichen Messwerte des
XXZ-Kommunikationssystems mit dem Parameter XXX_REPORTING_THRESHOLD verglichen.
Sowohl gemäß Ziffer 8.4.8.1 als auch aus der Tabelle 2 in Ziffer 9 des
XXY-Standards ergebe sich, dass mit dem Parameter der berichtete Wert
(„reported value“) verglichen werde, bei dem es sich nicht um den
ursprünglichen Messwert, sondern den gemappten XXQ-Wert D1dele. Alles andere
wäre auch technisch unsinnig, weil es sich bei den Werten, die der Parameter
XXX_REPORTING_THRESHOLD annehmen könne, um positive, einheitslose Werte D1dele,
während die ursprünglichen Messwerte regelmäßig im negativen Bereich und daher
durchweg unterhalb der Berichtsschwelle lägen. Vorstehendes gelte für den
Parameter FDD_REPORTING_THRESHOLD _2 gleichermaßen, der Werte von 0 bis 63
annehmen könne und damit genau den Bereich der gemappten Berichtswerte umfasse.
Es sei unbeachtlich, dass der XXQ-Berichtswert mit einem für
das XXZ-Kommunikationssystem geltenden Berichtsschwellwert verglichen werde,
der sich von dem für XXY-Zellen geltenden Berichtsschwellwert unterscheiden
könne. Zum einen enthalte der Klagepatentanspruch keinerlei Vorgaben über die
Reichweite und Gültigkeit des Schwellenmesswertes. Zum anderen stehe die
Anwendung mehrerer Berichtsschwellwerte für verschiedene
Funkzugangstechnologien auch nicht der Annahme der Vergleichbarkeit von XXQ-
und RXLEV-Berichtswerten entgegen. Denn die Berichtsschwellenwerte für XXY und
XXZ könnten den gleichen Wert haben. Darüber hinaus sei die gesamte
Messberichterstattung darauf ausgelegt, dass der Netzbetreiber zwischen den
verschiedenen Funkzugangstechnologien unterscheiden und Prioritäten setzen
könne, wie dies etwa schon für den Parameter XXX_REPORTING_OFFSET gezeigt
worden sei. Daher würden die Messwerte der verschiedenen
Funkzugangstechnologien in jeder Hinsicht isoliert voneinander beD1delt. Dazu
gehöre beispielsweise auch die Festlegung der Anzahl zu berichtender Zellen
einer Funkzugangstechnologie (vgl. die Parameter SERVING_BAND_REPORTING,
MULTIBAND_REPORTING und XXX_MULTIRAT_REPORTING in Ziff. 8.4.8 sowie Tabelle 2
der Ziffer 9 des XXY-Standards). Insofern ermögliche auch die Anwendbarkeit
verschiedener Schwellenwerte für jede Funkzugangstechnologie eine weitere
Differenzierung zwischen den Funkzugangstechnologien, indem beispielsweise
durch einen höheren Schwellenwert die zu berichtenden Messwerte auf die
stärksten Zellen einer Funkzugangstechnologie beschränkt würden.
Die angegriffene Ausführungsform weise auch Mittel zum
Senden von mindestens einem der umgewandelten Downlink-Messwerte auf.
Nach Ziffer 8.4.8.2 des XXY-Standards würden die
Messberichte von der angegriffenen Ausführungsform im nächsten Nachrichtenblock
auf dem A1 (A1) übertragen. Hierbei D1dele es sich unstreitig um einen
Steuerkanal. Die umgewandelten Downlink-Messwerte würden überdies an den BSC
des XXY-Kommunikationssystems gesendet und damit an einen Knoten im
XXY-Kommunikationssystem. Zudem würden nur solche umgewandelten XXQ-Messwerte
berichtet, die den vorbestimmten Schwellenmesswert überschreiten. Dies ergebe
sich aus Ziffer 8.4.8.1 des XXY-Standards, wonach in den Messbericht unter
anderem nur solche Berichtswerte aufgenommen werden sollten, die den
Berichtsschwellwert XXX_REPORTING_THRESHOLD erreichen.
Insofern sei es unbeachtlich, dass der umgewandelte
XXQ-Berichtswert nicht schon dann an die Basisstation berichtet werde, wenn er
den durch XXX_REPORTING_THRESHOLD gesetzten Wert erreiche, sondern erst, wenn
auch der Ec/Io-Berichtswert den durch FDD_REPORTING_THRESHOLD _2 gesetzten Wert
erreiche. Dieser Parameter stelle einen zweiten Berichtsschwellwert dar, mit
dem der zweite XXZ-Berichtswert, der nicht berichtet wird, verglichen werde.
Für Signale von XXZ-Zellen erfasse die Mobilstation sowohl die Werte für XXQ,
als auch für Ec/Io. Die Mobilstation berichte der Basisstation aber nur einen
dieser (gemappten) Messwerte. Allerdings erfolge die Aufnahme dieses Wertes in
den Messbericht nur dann, wenn sowohl der XXQ-Wert als auch der Ec/Io-Wert die
Berichtsschwellen überschreite. Dabei gelte für den zu berichtenden Wert der
Parameter FDD_REPORTING_THRESHOLD und für den anderen, nicht zu berichtenden
Wert der Parameter FDD_REPORTING_THRESHOLD_2 (Nr. 3 in Ziff. 8.4.8.1 sowie Tabelle
2 in Ziff. 9 des XXY-Standards). Der Klagepatentanspruch schließe nicht aus,
dass das Senden der umgewandelten Downlink-Messwerte von mehr als einer
Bedingung abhängig sei. Wenn also für das Senden des XXQ-Berichtswerts nicht
nur das Erreichen des XXX_REPORTING_THRESHOLD erforderlich sei, sondern noch
weitere Bedingungen erfüllt sein müssten, führe dies nicht aus der Lehre des
Klagepatents heraus.
Schließlich würden die Beklagten dem Klagebegehren der
Klägerin ohne Erfolg den Einwand ihrer (angeblichen) Lizenzwilligkeit
entgegenhalten. Weder die FRAND-Selbstverpflichtungserklärung der Klägerin noch
die Art. 101102 AEUV würden die
Durchsetzung der mit der vorliegenden Klage geltend gemachten Ansprüche auf
Schadensersatz und Rechnungslegung ganz oder auch nur in Teilen hindern.
Gegen dieses, ihren Prozessbevollmächtigten am 25. Januar
2016 zugestellte Urteil haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 24. Februar
2016 Berufung eingelegt, mit der sie im HaDtantrag ihr vor dem Landgericht
erfolglos gebliebenes Klageabweisungsbegehren weiterverfolgen.
Sie wiederholen und ergänzen ihr erstinstanzliches
Vorbringen und machen im Wesentlichen geltend:
Das Landgericht habe seine internationale Zuständigkeit in
Bezug auf die Beklagte zu 1) zu Unrecht bejaht. Die Beklagte zu 1) habe die
angegriffene Ausführungsform in M weder angeboten noch geliefert; sie stelle
diese auch nicht her. Davon abgesehen habe die Beklagte zu 1) erstinstanzlich
auch bereits zum Zwecke der Erfüllung eine Nullauskunft erteilt.
Des Weiteren fehle es an der Aktivlegitimation der Klägerin.
Die Beweiswürdigung zur Übertragungskette des Klagepatents sei teilweise
fehlerhaft, was sich auch auf das Urteil ausgewirkt habe. Das landgerichtliche
Urteil gehe auf Basis der Vermutungswirkung des Registers sowie der
durchgeführten Beweisaufnahme von einer materiellrechtlichen Inhaberschaft der
Klägerin ab dem 27. Februar 2014 aus. Ausweislich des Patentregisters sei die
Klägerin jedoch erst am 3. Juli 2014 in das Register eingetragen worden. Auf
eine hieraus entstehende Vermutungswirkung des Registers könne sich das Urteil
nicht stützen, da das Register die von der Klägerin vorgetragene
Übertragungskette nicht nachvollziehe. Die Indizwirkung stelle auf eine
lückenlose Rechtekette vom Anmelder zum eingetragenen Inhaber ab. Daran fehle
es, da die Cnie im Patentregister eingetragen gewesen sei. Soweit das
Landgericht nach Vorlage der Originalverträge und der Vernehmung einer Vielzahl
von Zeugen zu der Überzeugung gelangt sei, es liege eine vollständige
Rechtekette vor, habe es eine Reihe von Widersprüchen während der Beweisaufnahme
ignoriert und sich in seiner Überzeugungsbildung offensichtlich von der – nicht
anwendbaren – Vermutungsregelung des Patentregisters leiten lassen.
Abgesehen davon habe das Landgericht nicht ausreichend
beachtet, dass eine solche Übertragung ohnehin kartellrechtswidrig sei. Die
Übertragung eines Patentportfolios ohne Weitergabe der FRAND-Verpflichtung mit
dem Ziel, über FRAND hinausgehende Lizenzgebühren zu generieren, verstoße gegen
kartellrechtliche Grundsätze und sei daher sowohl nach Art. 101 AEUV als auch nach
Art. 102 AEUV kartellrechtlich
unwirksam.
Überdies habe das Landgericht den kartellrechtlichen
Zwangslizenzeinwand (hier: aufgrund der FRAND-Erklärung) nicht ausreichend
beachtet. Die Klägerin habe am6. März 2014 eine eigene FRAND-Erklärung
gegenüber I abgegeben. Sie habe mit dem Abbruch der Gespräche ohne konkretes
Lizenzangebot und der sofortigen Klageerhebung gegen die vom EuGH in der
Entscheidung L ./. ZTE aufgestellten und von den Instanzgerichten bestätigten
Regelungen zum ordnungsgemäßen Ablauf von LizenzverD1dlungen nach
FRAND-Bedingungen verstoßen. Auch wenn sich die vorgenannte Entscheidung
zunächst auf die gerichtliche Geltendmachung von Unterlassungs- und
Rückrufansprüchen beziehe, sei sie bei der vorliegenden, umfangreichen
Geltendmachung von Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüchen ebenfalls zu
beachten.
Darüber hinaus sei das Landgericht unzutreffend von einer
wortsinngemäßen Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents
ausgegangen.
Klagepatentgemäß müssten die XXZ-Messwerte betreffend die
Qualität der Funkverbindung zwischen Mobilgerät und Basisstation in einer
solchen Form übermittelt werden, dass sie von dem XXY BSC als originäre
XXY-Messwerte interpretiert und mit diesen verglichen werden könnten. Daher
müssten die XXZ-Messwerte so umgewandelt werden, dass nicht nur eine Übertragung
der umgewandelten XXZ-Messwerte über den Steuerkanal des XXY-Systems möglich,
sondern dass auch eine Vergleichbarkeit der umgewandelten XXZ-Messwerte mit den
originären XXY-Messwerten gegeben sei, so dass eine systemübergreifende
D1dover-Entscheidung getroffen werden könne. Im Ergebnis müssten die
umgewandelten XXZ-Messwerte qualitativ und quantitativ mit den XXY-Messwerten
vergleichbar sein.
An einer solchen Umwandlung fehle es sowohl im Standard als
auch bei den angegriffenen Mobilgeräten. Der XXZ-Messwert (XXQ) werde im
XXY-System genauso übertragen wie im XXZ-System. Der inhaltlich unveränderte
7-Bit-Wert werde lediglich als ein 6-Bit-Wert dargestellt. Weder im Standard
noch in den angegriffenen Mobilfunksystemen gebe es eine Umrechnungsformel, mit
der der RXLEV und der XXQ-Messwert ineinander umgerechnet und vergleichbar
gemacht werden könnten. Insbesondere erfolge auch keine Umrechnung nach der
nunmehr in den streitgegenständlichen Patentanspruch aufgenommenen Formel. Bei
dieser D1dele es sich um keine Vorschrift für ein „Mapping“ von
XXQ-Messwerten auf Bitwerte, sondern um eine Umwandlungsvorschrift für
XXQ-Messwerte in dBm zu RXLEV-Messwerten in dBm. Eine derartige Umwandlung
finde jedoch weder bei den angegriffenen Mobilgeräten noch in den relevanten
Standards statt.
Überdies hätten sich die Prozessparteien im parallelen
englischen Verfahren bereit erklärt und seien entsprechend durch den High Court
per Gerichtsbeschluss verpflichtet worden, sich für den Zeitraum bis zur
Entscheidung über die (dortige) Berufung so zu verhalten, als sei die
erstinstanzliche Entscheidung gültig und wirksam. Hierfür habe der High Court
einen Lizenzvertrag erstellt, dessen Klauseln eine FRAND-Lizenz darstellen
würden. Einer auf Einverständniserklärungen der Parteien beruhenden
gerichtlichen Anordnung folgend habe L in 2017 und seither laufend zur
Berechnung der weltweiten Lizenzgebühr Auskunft erteilt und die ausgeurteilte
Lizenzgebühr (gegen Sicherheitsleistung der Beklagten) bezahlt. Die Beklagte
erfülle mithin sämtliche Verpflichtungen unter dem vom High Court festgelegten
Lizenzvertrag. Die geleisteten Auskünfte sowie die geleisteten Lizenzgebühren
umfassten auch das hiesige Klagepatent und die Umsätze in M, weshalb der
geltend gemachte, auf Auskunftserteilung und Zahlung einer Lizenzgebühr
gerichtete Anspruch durch Erfüllung erloschen sei.
Schließlich habe das Verletzungsverfahren hilfsweise wegen
hinreichender Wahrscheinlichkeit der Vernichtung des Klagepatents sowohl unter
den Gesichtspunkten der unzulässigen Erweiterung und der fehlenden
Ausführbarkeit als auch im Hinblick auf das Fehlen der Neuheit und einer
erfinderischen Tätigkeit ausgesetzt werden müssen.
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 19. Januar 2016,
Az.: 4b O 49/14, aufzuheben und
die Klage abzuweisen;
hilfsweise,
das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des gegen
das Klagepatent anhängigen Nichtigkeitsverfahren auszusetzen.
weiter hilfsweise,
das Verfahren bis zur Entscheidung des UK SDreme Court über
die weitere Berufung der Beklagten im dortigen Verletzungsverfahren
auszusetzen.
Die Klägerin beantragt zuletzt, nachdem die Beklagten einer,
die Auskunftserteilung über die nach den einzelnen Kostenfaktoren
aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns für die Zeit vor
dem 29. Juni 2017 betreffenden Klagerücknahme nicht zugestimmt und die Klägern
auf die diesbezüglichen Ansprüche sodann verzichtet hat,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Düsseldorf (Az.: 4b O 49/14) vom 19. Januar
2016 zurückzuweisen, jedoch mit der Maßgabe, dass das landgerichtliche Urteil
unter Ziff. I. des Tenors nunmehr folgende Fassung erhält:
I. die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin in Form
einer geordneten Aufstellung darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang
sie seit dem 1. Januar 2013 mobile Endgeräte zur Verwendung beim Transport von
Messinformationen von einem ersten Kommunikationssystem an ein
XXY-Kommunikationssystem angeboten, in Verkehr gebracht oder zu den genannten
Zwecken eingeführt oder besessen haben, die ein Mittel zum Umwandeln einer
Vielzahl von mit dem XXZ-Kommunikationssystem assoziierten XXQ
Downlink-Messwerten in eine Vielzahl von Downlink-Messwerten für das
XXY-Kommunikationssystem unter Verwendung folgender Gleichung:
RXLEV = XXQ + OFFSET,
wobei OFFSET eine Konstante ist; ein Mittel zum Vergleichen
der umgewandelten Vielzahl von Downlink-Messwerten mit mindestens einem
Schwellenmesswert; und ein Mittel zum Senden von mindestens einem der
umgewandelten Vielzahl von Downlink-Messwerten auf einem Steuerkanal an einen
Knoten im XXY-Kommunikationssystem, falls der mindestens eine der umgewandelten
Vielzahl von Downlink-Messwerten einen vorbestimmten Schwellenmesswert
übersteigt, aufweisen,
unter Angabe
a) der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse,
aufgeschlüsselt nach der jeweiligen Menge, Zeiten, Preisen, sowie der Namen und
Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer;
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach
Liefermengen, -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie
den Namen und Anschriften der Abnehmer;
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach
Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, sowie den Namen und Anschriften der
Angebotsempfänger;
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach
Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
im Falle von Internet-Werbung der DomQn, der Suchmaschinen und anderer
Marketingwerkzeuge, mit Hilfe derer die betroffenen Webseiten einzeln oder gemeinsam
registriert wurden, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume jeder
Kampagne;
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten
Gestehungskosten und des erzielten Gewinns mit der Maßgabe, dass die Auskunft
lediglich die ab dem 29. Juni 2017 unter I. erfassten D1dlungen erfasst,
wobei die Beklagten die Richtigkeit ihrer Angaben nach a)
bis c) und e) belegen müssen, indem sie Belegkopien wie Rechnungen oder
Lieferscheine (oder andere Lieferdokumente) vorlegen,
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und
Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der
Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur
Verschwiegenheit verpflichteten, in M ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer
mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und
verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter
Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
Hinsichtlich der Formulierung der auf den durch das
Bundespatentgericht aufrecht erhaltenen Unteransprüchen 8, 9 und 10 beruhenden
„insbesondere, wenn“-Anträge wird auf die Anlage zum Protokoll der
mündlichen VerD1dlung vom 21. Februar 2019 Bezug genommen.
Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil unter
Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und trägt
insbesondere vor:
Die internationale Zuständigkeit des Land- bzw.
Oberlandesgerichts Düsseldorf sei auch im Hinblick auf die Beklagte zu 1)
gegeben, da sie die angegriffene Ausführungsform auf ihrer Internetseite gemäß
§ 9 S.
2 Nr. 1 PatG anbiete. Dass die Beklagte zu 1) erstinstanzlich eine Nullauskunft
erteilt habe, stehe dem Erfolg des Klagebegehrens nicht entgegen, da diese
Auskunft allein auf der unzutreffenden Rechtsansicht beruhe, die Beklagte zu 1)
biete keine Mobiltelefone in M an.
Das Landgericht habe sich ausführlich mit der Übertragung
des Klagepatents auf die Klägerin beschäftigt und sei nach einer umfassenden
Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, es bestünden keine Zweifel an der
Aktivlegitimation der Klägerin. Bei der Entscheidungsfindung sei es weder zu
Widersprüchen noch zu Fehlern in der Tatsachenfeststellung gekommen.
Die Übertragung des Klagepatents verstoße auch weder gegen
Art. 101 AEUV noch gegen
Art. 102 AEUV.
Entgegen der Auffassung der Beklagten verletzten die
Beklagten auch das Klagepatent. Die angegriffene Ausführungsform messe in
XXZ-Zellen die Werte Ec/Io und XXQ auf dem Kanal CPICH. Der Bereich, in dem
Messwerte für XXQ erfasst werden könnten, beginne bei den Werten unterhalb -116
dBm und ende oberhalb -52 dBm. Die ursprünglichen XXQ-Messwerte der XXZ-Zellen
würden gemäß den Vorgaben des XXY-Standards durch 6-Bit lange Werte dargestellt
und in Messberichten an die Basisstation berichtet. Das Mapping der
XXQ-Messwerte stelle das Umwandeln der Messwerte für das
XXY-Kommunikationssystem dar. Bei den 6-Bit langen RXLEV-Werten D1dele es sich
um Messwerte, sie seien aus den originären Messwerten einer XXY-Zelle
abgeleitet und ließen eine Aussage über die Qualität der
Downlink-Signalübertragung, wie sie in den originären Messergebnissen zum
Ausdruck komme, zu. Sei ein berichteter XXQ-Wert für eine XXZ-Zelle größer als
ein RXLEV-Wert für eine XXY-Zelle, könne der Vergleich dieser Werte ohne
weitere Umrechnungen jedenfalls als Grundlage für die Entscheidung dienen, eine
Weiterleitung zu der entsprechenden XXZ-Zelle vorzunehmen. Der Parameter
XXX_REPORTING-TRESHOLD stelle einen Schwellenmesswert im Sinne des Klagepatents
dar. Klagepatentgemäß sei es ausreichend, wenn der Schwellenmesswert von dem
Netzwerk für den Einzelfall als absoluter Wert vorgegeben sei. Dass der in
einen Messwert für das XXY-Kommunikationssystem umgewandelte Messwert
dementsprechend mit einem für das XXY-Kommunikationssystem geltenden
Schwellenmesswert verglichen werden müsse, lasse sich dem Anspruch nicht
entnehmen und stelle eine unzulässige Einschränkung der patentgemäßen Lehre auf
ein in der Klagepatentschrift beschriebenes Ausführungsbeispiel dar.
Für eine Aussetzung bestehe, nachdem das Bundespatentgericht
das Klagepatent in der nunmehr streitgegenständlichen Fassung aufrechterhalten
habe, von vornherein kein Anlass.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes
wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat aber in der
Sache nur im tenorierten Umfang Erfolg.
Zu Recht hat das Landgericht im Angebot und Vertrieb der
angegriffenen Ausführungsform in M eine wortsinngemäße Benutzung von
Patentanspruch 6 des Klagepatents gesehen und die Beklagte wegen unmittelbarer
Patentverletzung zur Auskunftserteilung sowie zum Schadenersatz verurteilt. Der
Klägerin stehen entsprechende Ansprüche im tenorierten Umfang aus Art. 64 Abs.
1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 2, 140b Abs.
1 und 3 PatG i.V.m. §§ 242259 BGB zu. Die
lediglich beschränkte Aufrechterhaltung des Klagepatents durch das
Bundespatentgericht führt zu keinem abweichenden Ergebnis.
Erfolg hat die Berufung im Wesentlichen nur insoweit, als
sie sich gegen eine Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung über die
nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des
erzielten Gewinns richtet. Insoweit war die Klage nicht nur im Wege des
Teil-Verzichtsurteils für die Zeit vor dem 29. Juni 2017, sondern auch im
Übrigen durch streitiges Urteil abzuweisen.
Im Einzelnen:
1.
Der Senat sieht sich an einer Entscheidung nicht deshalb
gehindert, weil die im Vereinigten Königreich anhängige Klage nach dem
Vorbringen der Beklagten auf eine weltweite Auskunft und eine weltweite
Lizenzgebühr für alle SEP der Klägerin gerichtet ist. Gemäß Art. 27 Abs.
1 EuGVVO a.F. (VO EG/44/2001), der gemäß Art. 66 Abs. 2EuGVVO n.F. (VO
EG/1215/2012) auf den vorliegenden Fall weiter Anwendung findet, hat das später
angerufene Gericht das Verfahren von Amts wegen auszusetzen, bis die
Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht. Dass diese
Voraussetzungen hier vorliegen, vermag der Senat nicht festzustellen. Es ist
weder hinreichend vorgetragen noch ersichtlich, zu welchem Zeitpunkt die im
vorliegenden Rechtsstreit streitgegenständlichen Ansprüche – Auskunftserteilung
und Schadenersatz bezogen auf das Gebiet M – in dem im Vereinigten Königreich
geführten Verfahren anhängig gemacht wurden.
2.
Die von Beklagtenseite erhobene Rüge der fehlenden
Zuständigkeit hat keinen Erfolg.
a)
Ob das Landgericht seine örtliche Zuständigkeit zu Recht
bejaht hat, ist im Rechtsmittelzug nicht mehr zu überprüfen. Zu Recht haben die
Beklagten daher ihren erstinstanzlich erhobenen Einwand der fehlenden örtlichen
Zuständigkeit in zweiter Instanz nicht weiter verfolgt.
Nach § 513 Abs. 2 ZPO kann die Berufung
nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht erster Instanz seine Zuständigkeit
zu Unrecht angenommen hat. Selbst wenn die Klägerin die Zuständigkeit des
Landgerichts Düsseldorf für den vorliegenden Patentverletzungsrechtsstreit
„erschlichen“ hätte, lassen sich daraus im zweiten Rechtszug im
Hinblick auf § 513 Abs. 2 ZPO – hinsichtlich der
vom Landgericht bejahten örtlichen Zuständigkeit – keine prozessualen
Konsequenzen mehr ziehen. Die Vorschrift dient der Verfahrensbeschleunigung und
soll die Sacharbeit der ersten Instanz auch bei fehlerhafter Annahme der
Zuständigkeit erhalten (vgl. BT-Drs 14/4722 S. 94; BGH, NJW
2005, 1660
, 1662; Zöller/Heßler, ZPO, 32. Aufl., § 513 Rz. 6). Dabei macht
es keinen Unterschied, ob die Vorinstanz ihre Zuständigkeit zu Unrecht bejaht
oder ob der Kläger deren Zuständigkeit erschlichen hat. § 513 Abs.
2 ZPO schließt die Nachprüfung der vom Gericht erster Instanz angenommenen
örtlichen Zuständigkeit durch das Berufungsgericht schlechthin, d.h. unter
jedem erdenklichen rechtlichen Gesichtspunkt, aus (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v.
28.01.2010, Az.: I-2
U 131/08
 – interframe dropping, BeckRS 2010, 14415; Urt. v.
06.10.2016, Az.: I-2
U 19/16
BeckRS 2016, 21218; Urt. v.
23.3.2017 – 2
U 5/17
BeckRS 2017, 109826).
b)
Im Hinblick auf die auch im Berufungsverfahren stets von
Amts wegen zu prüfende internationale Zuständigkeit (BGH, NJW 2004, 1456NJW
2005, 1660
, 1662; BGH, GRUR 2018, 84 – Parfummarken;
OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.01.2010, Az.: 2
U 129/08
 = BeckRS 2010, 16641; Urt. v.
05.05.2011, Az.: I-2
U 10/10
 = BeckRS 2011, 20929; Urt. v.
06.10.2016, Az.: I-2
U 19/16
BeckRS 2016, 21218; Urt. v.
23.03.2017 – I-2
U 5/17
BeckRS 2017, 109826;
Cepl/Voß/Cassardt, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtschutz, 2. Aufl., §
513 Rz. 14) bestehen keine Bedenken.
aa)
In Bezug auf die Beklagte zu 2) folgt die internationale
Zuständigkeit aus Art. 2 Abs. 1 EuGVVO, weil sie ihren Sitz in M hat.
bb)
Daneben ist die internationale Zuständigkeit des Senats auch
hinsichtlich der in China ansässigen Beklagten zu 1) gegeben. Mangels
besonderer Rechtsverordnungen oder völkerrechtlicher Verträge gilt insoweit der
Grundsatz, dass die internationale der örtlichen Zuständigkeit folgt (vgl.
BGH, NJW-RR 2013, 309; Kühnen, D1dbuch
der Patentverletzung, 11. Aufl., Abschn. D, Rz. 3). Für die Eröffnung der
internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte ist es mithin ausreichend,
aber auch erforderlich, dass die örtliche Zuständigkeit eines deutschen
Gerichtes eröffnet ist (vgl. BGH, GRUR
2015, 467
, 468 – Audiosignalcodierung; BGH, GRUR 1987, 850 – US-Broker; OLG
Düsseldorf, Urt. v. 06.10.2016 Az.: I-2
U 19/16
, GRUR-RS 2016, 21218). Nach § 32 ZPO
ist für Klagen aus unerlaubten D1dlungen das Gericht zuständig, in dessen
Bezirk die D1dlung begangen worden ist. Bei Begehungsdelikten ist dies sowohl
der Ort, an dem der Täter geD1delt hat (D1dlungsort) als auch der Ort, an dem
in das geschützte Rechtsgut eingegriffen wurde (Erfolgsort, BGHZ 124, 245 = NJW
1994, 1414; BGHZ 132, 111 = NJW
1996, 1411
; Cepl/Voß/Zöllner, a.a.O., § 32 Rz. 14; Zöller/Vollkommer,
a.a.O., § 32, Rz. 19). Dabei kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich eine
Verletzung des nationalen Rechts vorliegt. Es reicht für die
Zuständigkeitsbeurteilung aus, dass eine Verletzung behaDtet wird und diese
nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann (BGH, GRUR
2012, 621
 Rz. 18 = GRUR Int. 2012, 570 – OSCAR; OLG
Karlsruhe, GRUR 2014, 59, 60 –
MP2-Geräte).
Diese Anforderungen sind hier erfüllt. In Fällen der
Internetwerbung genügt es für die Eröffnung der internationalen Zuständigkeit
deutscher Gerichte, dass die geschützten Rechte im Inland belegen sind und die
Internetseite im Inland zugänglich ist. Daran besteht vorliegend im Hinblick
auf die in Rede stehenden Internetseiten kein Zweifel. Ob die durch die
Beklagte zu 1) betriebene Seite darüber hinaus bestimmungsgemäß auch für den
Abruf im Inland vorgesehen ist, hat für die Frage der internationalen
Zuständigkeit keine Bedeutung (zum Urheberrecht: BGH, GRUR
2016, 1048
 – An Evening with Marlene Dietrich; Kühnen, D1dbuch der
Patentverletzung, 11. Aufl., Abschn. D, Rz. 25 und 45).
Wollte man dies anderes sehen, wäre ein solches zusätzliches
subjektives Element in Gestalt einer Bestimmung zum Abruf im Inland hier
gleichwohl erfüllt. Die Klägerin beruft sich zur Begründung des gegen die
Beklagte zu 1) erhobenen Verletzungsvorwurfs auf deren Internetauftritt
(abrufbar unter „http://L“), über den der Nutzer auf die durch die
Beklagte zu 2) betriebene Internetseite „http://www.Ldevices.de/“
gelangt, auf der die in Streit stehenden Endnutzergeräte unstreitig angeboten
werden. Auch ein solcher Link, der im Hinblick auf die Produkte des Konzerns
auf die Seiten einer Tochtergesellschaft verweist, kann neben einer
unternehmensbezogenen Information zugleich auch Werbung und damit letztlich ein
Angebot im Sinne von § 9 PatG darstellen (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2007, 259, 261 –
Thermocycler). Nachdem auf der Internetseite der Beklagten zu 1) auch die
Möglichkeit besteht, die Spracheinstellung von der zunächst in englischer
Sprache verfassten globalen Seite auf Deutsch umzustellen, ist zumindest nicht
von vornherein ausgeschlossen, dass die Internetseite auch in M abgerufen
werden soll (vgl. hierzu: Kühnen, D1dbuch der Patentverletzung, 11. Aufl.,
Abschn. D, Rz. 44). Dies reicht, um die internationale Zuständigkeit zu
bejahen. Ob die Internetseite der Beklagten zu 1) tatsächlich ein
patentverletzendes Angebot i.S.v. § 9 S. 2
Nr. 1 PatG darstellt, ist eine Frage der Passivlegitimation und damit der
Begründetheit.
3.
Die Klägerin ist nicht deshalb in der gerichtlichen
Durchsetzung ihrer Rechte beschränkt, weil es sich bei dem Klagepatent um ein
standardessentielles Schutzrecht D1delt, für das eine FRAND-Erklärung abgegeben
ist. Nach der Rechtsprechung des EuGH (GRUR 2015, 764 – L
Technologies/ZTE) unterliegt die klageweise Durchsetzung eines
standardessentiellen Patents mit FRAND-Erklärung nur insoweit Restriktionen,
als es um Unterlassungs- und Rückrufansprüche geht, nicht hingegen, wenn und
soweit aus der Patentverletzung – wie hier – Ansprüche auf Auskunft,
Rechnungslegung und Schadenersatz hergeleitet werden.
4.
Die Klägerin ist zur Geltendmachung sämtlicher Ansprüche
aktivlegitimiert.
a)
Die Aktivlegitimation hinsichtlich der Ansprüche wegen
Patentverletzung erwächst nicht aus der Eintragung einer Person als Inhaberin
in das Patentregister gemäß § 30 Abs.
3 PatG. Denn die Eintragung im Patentregister hat nach der neueren
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (GRUR
2013, 713
 – Fräsverfahren), der der Senat folgt, keinen Einfluss auf
die materielle Rechtslage. Sie wirkt weder rechtsbegründend noch
rechtsvernichtend; ihre Legitimationswirkung ist beschränkt auf die Befugnis
zur Führung von Rechtsstreitigkeiten aus dem Patent. Für die Sachlegitimation
im Verletzungsrechtsstreit ist daher nicht der Eintrag im Patentregister,
sondern die materielle Rechtslage am Klagepatent maßgeblich (BGH, GRUR
2013, 713
, 716 – Fräsverfahren; vgl. auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.
2013, Az.: I-2
U 19/09
, BeckRS 2013, 1781; Urt. v. 19.09.2013, Az.: I-2
U 100/07
BeckRS 2013, 18737; Urt. v.
17.12.2015, Az.: I-2
U 30/10
BeckRS 2016, 03303).
Die Eintragung im Patentregister ist für die Beurteilung der
Frage, wer materiellrechtlich Inhaber des Patents ist, dennoch nicht
bedeutungslos. Ihr kommt im Rechtsstreit eine erhebliche Indizwirkung zu
(BGH, GRUR 2013, 713, 717 – Fräsverfahren).
Denn das Patentamt darf eine Änderung in der Person des Patentinhabers nur dann
im Register vermerken, wenn sie ihm nachgewiesen wird, wobei jeder Nachweis
erkennen lassen muss, dass der bisherige Schutzrechtsinhaber mit dem Übergang
der daraus folgenden Rechte auf den neuen Inhaber einverstanden ist, auf den
das Patent umgeschrieben werden soll. Dieser Nachweis muss zwar nicht zwingend
durch Vorlage von Urkunden erfolgen, aus denen sich das Rechtsgeschäft oder das
sonstige Ereignis, dass die Übertragung bewirkt hat, unmittelbar ergibt. Gemäß
§ 28 Abs. 2
DPMAV genügt es vielmehr, dass der zuvor eingetragene Inhaber den Antrag auf
Umschreibung zusammen mit dem Rechtsnachfolger unterschreibt oder wenn der
Rechtsnachfolger eine Zustimmungserklärung des zuvor eingetragenen Inhabers
vorliegt. Diese Zustimmungserklärung des bisherigen Inhabers begründet eine
hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Eintragung des Rechtsübergangs im
Patentregister die materielle Rechtslage zuverlässig wiedergibt (BGH, GRUR
2013, 713
, 717 – Fräsverfahren). Angesichts dessen bedarf es in einem Verletzungsrechtsstreit
regelmäßig keines weiteren Vortrages oder Beweisantritts, wenn sich eine Partei
auf den aus dem Register ersichtlichen Rechtsstand beruft, solange nicht
konkrete Anhaltspunkte ersichtlich sind oder vom Gegner aufgezeigt werden, aus denen
sich die Unrichtigkeit ergibt (BGH, GRUR
2013, 713
, 717 – Fräsverfahren). Welche Anforderungen hierbei zu stellen
sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Nach der Entscheidung
„Fräsverfahren“ des Bundesgerichtshofs bedarf der Vortrag, ein im
Patentregister eingetragener Rechtsübergang habe einige Wochen oder Monate vor
dessen Eintragung stattgefunden, in der Regel keiner näheren Substantiierung
oder Beweisführung. Der Vortrag, der eingetragene Inhaber habe das Patent nicht
wirksam oder zu einem anderen Zeitpunkt erworben, erfordert demgegenüber in der
Regel nähere Darlegungen dazu, woraus sich die Unwirksamkeit des eingetragenen
Rechtsübergangs ergeben soll (BGH, GRUR
2013, 713
, 717 – Fräsverfahren).
b)
Dies vorausgeschickt hat das Landgericht festgestellt, dass
die Klägerin seit dem27. Februar 2014 materiellrechtliche Inhaberin des
Klagepatents ist (landgerichtliches Urteil, S. 27 unten). Unabhängig davon, ob
für die Klägerin – wie durch das Landgericht angenommen – trotz des
kurzzeitigen, nicht in das Register eingetragenen Zwischenerwerbs der Cdie
durch die Eintragung im Patentregister begründete Vermutung spricht, ist das
Landgericht nach einer umfassenden Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass
das Klagepatent von der Streithelferin über die wirksam gegründete Czunächst
auf die E und von dieser sodann auf die Klägerin übertragen wurde
(landgerichtliches Urteil, S. 28 Mitte).
An diese Feststellungen ist der Senat gebunden.
Anhaltspunkte, die im Sinne von§ 529 Abs. 1 Nr.
1 ZPO Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der vom Landgericht
vorgenommenen Beweiswürdigung begründen und eine andere Wertung als richtiger
erscheinen lassen könnten, sind weder dem Berufungsvorbringen der Beklagten zu
entnehmen noch sonst ersichtlich. Dabei geht der Senat davon aus, dass das
Gericht gemäß § 286 Abs. 1 ZPO unter
Berücksichtigung des gesamten Inhalts der VerD1dlungen und des Ergebnisses einer
etwQgen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden hat, ob eine
tatsächliche BehaDtung als wahr oder nicht wahr zu erachten ist. Allein der
Tatrichter hat ohne Bindung an gesetzliche Beweisregeln und nur seinem Gewissen
unterworfen die Entscheidung zu treffen, ob er mögliche Zweifel überwinden und
die persönliche Gewissheit von der Wahrheit einer bestimmten BehaDtung erlangen
kann. Dabei darf und muss er sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem
für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit begnügen, der Zweifeln
Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. BGHZ 53, 226 = NJW 1970, 946, 948; OLG Düsseldorf,
Urt. v. 20.12.2017, Az.: I-2
U 39/16
BeckRS 2017, 137480 –
Rauchartikel mit verringerter Entzündungsneigung; OLG Frankfurt a.M., NJOZ 2015, 916). Aus der in
§ 286 ZPO zu findenden
Formulierung „etwQgen“ folgt zudem, dass der erforderliche Nachweis
im Einzelfall auch ohne förmliche Beweisaufnahme nach Maßgabe der §§ 371 ff. ZPO als geführt
angesehen werden kann. Die gerichtliche Überzeugungsbildung kann sich folglich
auch allein auf die Schlüssigkeit des Sachvortrages einer Partei und/oder auf
deren Prozessverhalten und/oder das des Gegners stützen (OLG Düsseldorf, a.a.O.).
c)
Gemessen an den dargestellten Maßstäben ist die vom
Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung nicht zu beanstanden.
aa)
Soweit die Beklagten Zweifel an der Richtigkeit und
Vollständigkeit der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen damit zu
begründen versuchen, dass das Landgericht zur Begründung der Aktivlegitimation
zunächst auf die vermeintlich zu Gunsten der Klägerin sprechende
Vermutungsregelung des Patentregisters abgestellt hat, vermögen sie damit nicht
durchzudringen.
Unabhängig davon, ob zu Gunsten der Klägerin eine solche
Vermutungswirkung streitet, hat das Landgericht die materiellrechtliche
Inhaberschaft am Klagepatent im Rahmen einer ausführlichen, sämtliche
Erkenntnisquellen ausschöpfenden Beweisaufnahme aufgeklärt und ist auf dieser
Grundlage zu der Feststellung gelangt, dass die Klägerin seit dem 27. Februar
2014 materiellrechtliche Inhaberin des Klagepatents ist (landgerichtliches
Urteil, S. 27 unten). Um zu dieser Feststellung zu gelangen, hat das
Landgericht sämtliche Übertragungsverträge ausführlich gewürdigt und sich nicht
nur mit den Umständen des Zustandekommens der einzelnen Verträge, sondern
insbesondere auch in der gebotenen Tiefe mit der Frage des jeweils anwendbaren
Rechts sowie der Vertretungsverhältnisse bei den an den jeweiligen
Transaktionen beteiligten Gesellschaften auseinandergesetzt. In diesem
ZusammenD1g hat sich das Landgericht nicht nur detQlliert mit den ihm zur
Verfügung stehenden Unterlagen beschäftigt, sondern diese zugleich auch unter
Anwendung anerkannter Beweisgrundsätze mit dem Inhalt der Aussagen der
erstinstanzlich vernommenen Zeugen abgeglichen. Auf dieser Grundlage ist das
Landgericht zu der Überzeugung gelangt, die Klägerin habe schlüssig dargetan
und bewiesen, dass die Streithelferin das Klagepatent als Teil eines Portfolios
mit Vertrag vom 11. Februar 2013 an die C(landgerichtliches Urteil, S. 30,
vorletzter Absatz) und diese wiederum mit Vertrag vom 13. Februar 2013 an die E
(landgerichtliches Urteil, S. 39 Mitte) übertragen hat. Im Anschluss ist das Landgericht
im Rahmen seiner erschöpfenden Beweiswürdigung, innerhalb derer auch die
bereits erstinstanzlich umstrittene Frage der wirksamen Gründung der
Chinreichend Berücksichtigung fand, zu dem Ergebnis gelangt, die E habe das
Klagepatent schließlich mit Vertrag vom 27. Februar 2014 an die Klägerin
übertragen (landgerichtliches Urteil, S. 45, zweiter Absatz), die
dementsprechend im Ergebnis seit diesem Zeitpunkt materiellrechtliche Inhaberin
des Klagepatents ist.
Auch wenn das Landgericht zunächst auf die (vermeintliche)
Vermutungswirkung des Registers abgestellt hat, beruhen die letztlich
getroffenen Feststellungen auf einer umfassenden Beweiswürdigung, auf welche
die eingangs der landgerichtlichen Erwägungen angenommene Vermutungswirkung des
Registers nicht durchgeschlagen hat. Insbesondere findet sich in den
landgerichtlichen Ausführungen zur Aktivlegitimation auch keine Passage, in der
das Landgericht letztlich unter Berücksichtigung der Unaufklärbarkeit einzelner
Tatsachen zu Lasten der Beklagten entscheidend auf die vermeintlich zu Gunsten
der Klägerin streitende Vermutungswirkung des Patentregisters abgestellt hätte.
Dem steht nicht entgegen, dass das Landgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung
vereinzelt auf das Register abgestellt hat (vgl. landgerichtliches Urteil, S.
33 und S. 41, jeweils erster Abs. a.E. und S. 46 unten), indem es sich – nicht
zu beanstanden – jeweils durch die erfolgte Registereintragung darin bestätigt
sieht, dass auch das Klagepatent jeweils Gegenstand der entsprechenden Übertragungsvereinbarung
war. Mit der zuvor aufgeworfenen Frage der (vermeintlich) zu Gunsten der
Klägerin streitenden Vermutungswirkung des Registers und der damit verbundenen
Problematik der fehlenden Nachvollziehung des Zwischenerwerbs der Cim Register
besteht damit erkennbar kein ZusammenD1g. Dass sich das Landgericht, wie die
Beklagte mutmaßt, im Rahmen seiner Beweiswürdigung von der aus seiner Sicht
anwendbaren Vermutungswirkung hat leiten lassen, vermag der Senat vor diesem
Hintergrund nicht zu erkennen.
bb)
Ohne Erfolg wendet sich die Beklagte weiterhin gegen die die
Übertragung des Klagepatents von der Streithelferin auf die C betreffenden
Feststellungen des Landgerichts.
(1)
Diese nehmen ihren Ausgangspunkt in dem der Kammer
vorliegenden und in Augenschein genommenen Original der
Übertragungsvereinbarung. Es mag sein, dass dieses nicht vollumfänglich mit den
durch die Klägerin bereits zuvor vorgelegten Kopien übereinstimmt. Soweit sich
der AnD1g A teilweise unterscheidet, hat die Klägerin dies nachvollziehbar mit
einer unterschiedlichen Sortierung der Patente begründet, um die Umschreibung
in den betroffenen Registern der jeweiligen Patentämter zu erleichtern. Die
entsprechenden Listen unterscheiden sich somit lediglich in ihrer Sortierung,
nicht jedoch in ihrem Inhalt. Jedenfalls hat die Beklagte auch keine
entsprechenden Unterschiede aufzuzeigen vermocht. Dies gilt insbesondere im
Hinblick auf das Klagepatent, welches in sämtlichen Listen enthalten ist. Vor
diesem Hintergrund besteht auch kein Anlass, an der hinreichenden Bestimmtheit
der Übertragungsvereinbarung zu zweifeln. Es sollten sämtliche, in AnD1g A
genannten Patente und Patentanmeldungen übertragen werden.
(2)
Ebenso wenig kommt dem Umstand Bedeutung zu, dass die
vorgelegten Vertragsunterlagen teilweise ein voneinander abweichendes
Papierformat aufweisen. Hierzu hat die Klägerin nachvollziehbar bemerkt, dass
die kleiner dimensionierten Blätter dem US-Papierformat und die größeren
Blätter dem europäischen Papierformat entsprechen. Dass sich die in den USA und
Europa gebräuchlichen Papierformate in der vorgenannten Weise unterscheiden,
hat die Beklagte nicht in Abrede gestellt. Weshalb es zur Verwendung
unterschiedlicher Papierformate kam, haben die durch das Landgericht
vernommenen Zeugen B1 und C1 damit begründet, dass im Rahmen der umfangreichen
Transaktion zunächst mit PDF-Dokumenten gearbeitet worden und sodann nur die
Signature Page ausgedruckt worden sei. Je nachdem, in welchem Land die Seite
ausgedruckt wurde, sei ein anderes Papierformat verwendet worden (Prot. der mV
v. 01.12.2015, S. 4 oben [GA III, Bl. 1294]; S. 15, zweiter Absatz [GA III, Bl.
1305]; vgl. auch S. 13 unten [GA III, Bl. 1303]). Dass ein solches Verfahren im
ZusammenD1g mit dem Zustandekommen des Übertragungsvertrages vom 11. Februar
2013 tatsächlich zum Einsatz kam, bestätigt nicht zuletzt Ziffer 5. des
Vertrages, der die Übersendung per E-MQl einem Original gleichstellt. Nachdem
die Streithelferin mit Sitz in Schweden und damit in Europa im Rahmen der
Transaktion die amerikanische Kanzlei G1 hinzugezogen hat (Prot. der mV v.
01.12.2015, S. 6 oben [GA III, Bl. 1296]; S. 10 oben [GA III, Bl. 1399]; S. 13
[GA III, Bl. 1303]), ist die Verwendung des amerikanischen Papierformats ebenso
nachvollziehbar wie diejenige des europäischen Formats.
(3)
Mit dem im Rahmen der Vertragsabwicklung gewählten Verfahren
lassen sich auch ohne Weiteres einzelne Unterschiede der in den einzelnen
vorgelegten Vertragsversionen zu findenden Unterschriften erklären.
Die Zeugen B1, C1 und D1 haben jeweils ihre und teilweise
auch die Unterschriften der Mitunterzeichner verifiziert (Prot. der mV v.
01.12.2015, S. 3 Mitte [GA III, Bl. 1293]; S. 4, [GQII, Bl. 1294]; S. 14 unten
[GA III, Bl. 1304]; Prot. der mV v. 10.12.2015 [GA III, Bl. 1407]). Wie bereits
das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, kam der Vertrag nach
übereinstimmender Aussage der vorgenannten Zeugen in Schweden im Rahmen eines
Leadership-Meetings, das am 7. Februar 2013 am HaDtsitz von A in der Nähe von
Stockholm stattfand, zu Stande (Prot. der mV v. 01.12.2015, S. 3 [GA III, Bl.
1293]). Aus Anlass dieses Leadership-Meetings befand sich auch der Zeuge D1 in
Stockholm. Die Zeugen stimmten darin überein, dass die Unterschriften von dem
Inhouse-Anwalt der Streithelferin, Herrn E1, gesammelt wurden, da es sich bei
dem vorgenannten Übertragungsvertrag um einen internen Vorgang innerhalb der
A-UnternehmensgrDpe geD1delt habe (vgl. Prot. der mV v. 01.12.2015, S. 9 oben
[GA III, Bl. 1299; S. 14f. [GA III, Bl. 1304f.]; Prot. der mV v. 10.12.2015, S.
3 [GA III, Bl. 1436]). Zugleich wiesen alle drei Zeugen darauf hin, dass der
vorgenannte Übertragungsvertrag nur ein Teil einer größeren Transaktion gewesen
sei und die spätere Übertragung der Patente an die Unwired-Planet
UnternehmensgrDpe vorbereitet wurde (Prot. der mV v. 01.12.2015, S. 5 unten [GA
III, Bl. 1295]; S. 13, [GA III, Bl. 1303]; S. 16 [GA III, Bl. 1306]; Prot. der
mV v. 10.12.2015, S. 3 Mitte [GA III, Bl. 1456]) Die Zeugin C1 schilderte
detailliert, wie üblicherweise die Unterzeichnung von Verträgen bei
Transkontinental-Vereinbarungen ablaufe. Die Dokumente würden per E-MQl
ausgetauscht, wobei im Regelfall der Vertragstext und die Unterschriftenseite
als separate PDF-Dokumente verschickt wurden. Die Unterschriftenseite werde
ausgedruckt, unterzeichnet, eingescannt und zurückgesandt. Die beauftragte
Anwaltskanzlei sammle die Unterschriftseiten, füge diese mit dem Vertragstext
zusammen und stelle sicher, dass die korrekten Anlagen beiliegen. Mittlerweile
werde häufig vereinbart, dass die PDF-Dokumente als Originale gelten sollten,
weshalb auf die Originale nicht mehr soviel Wert gelegt werde (Prot. der mV v.
01.12.2015, S. 13f. [GA III, Bl. 1303f.]). Die Üblichkeit dieses Vorgehens
wurde von den Zeugen B1 und D1 dem Grunde nach bestätigt (vgl. Prot. der mV v.
01.12.2015, S. 3 [GA III, Bl. 1293]). Der Zeuge Robbins ergänzte die
vorgenannten Ausführungen im Rahmen seiner Vernehmung dahingehend, dass die
beteiligten Kanzleien die Unterschriftseiten austauschen und deren Erhalt
bestätigen würden (Prot. der mV v. 03.12.2015 [GA III, Bl. 1368]). Nachdem die
Zeugen B1, C1 und D1 zugleich auch übereinstimmend bestätigt haben, aufgrund
geringfügiger Änderungen oder zur Erstellung mehrerer Ausfertigungen ggf. auch
mehrfach unterzeichnet zu haben, lassen sich damit mögliche Abweichungen den
Unterschriften problemlos erklären (Prot. der mV v. 01.12.2005, S. 3 [GA III,
Bl. 1293]; S. 14f. [GA III, Bl. 1304f.]; Prot. der mV v. 10.12.2015, S. 4 [GA
III, Bl. 1437]). Dass die Existenz mehrerer Ausfertigungen (desselben Vertrages)
keine Auswirkungen auf dessen Wirksamkeit haben sollte, folgt im Übrigen
bereits aus Ziff. 5 S. 1 des Vertrages, wonach der Vertrag in einer beliebigen
Anzahl von Exemplaren ausgefertigt werden kann, von denen jedes als Original
gilt, die aber alle zusammen ein und dieselbe Vertragsurkunde darstellen.
Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen sieht der
Senat keinen Anlass, an der Richtigkeit der durch das Landgericht getroffenen
Feststellung, das Klagepatent sei mit dem Übertragungsvertrag vom 11. Februar
2013 an die Cübertragen worden, zu zweifeln. Insbesondere vermag der Senat
keine konkreten Anhaltspunkte für den durch die Beklagte ausgesprochenen
Verdacht, die Klägerin habe für den vorliegenden Rechtsstreit einen passenden
Vertrag zusammengestellt, zu erkennen.
(4)
Ebenso wenig hat die Beklagte hinreichende Zweifel an der
durch das Landgericht getroffenen Feststellung zu wecken vermocht, der
Übertragungsvertrag vom 11. Februar 2013 umfasse auch das Klagepatent. Die
Darstellung der bloßen Möglichkeit einer anderen Bewertung der
Beweisergebnisses reicht nicht aus, um die erstinstanzliche Beweiswürdigung zu
erschüttern. Es genügt also nicht, die eigene Beweiswürdigung an die Stelle der
landgerichtlichen zu setzen (vgl. OLG Saarbrücken, Urt. v. 06.11.2014,
Az.: 4 U 189/13, Rz. 33; OLG
Düsseldorf, Urt. v. 01.07.2016, Az.: 7
U 68/15
BeckRS 2016, 13232). Dass
das Klagepatent sowohl in den durch die Klägerin zunächst zur Akte gereichten
Vertragskopien als auch später bei dem durch die Kammer in Augenschein
genommenen Original des Übertragungsvertrages in AnD1g A aufgelistet war, hat
die Beklagte auch im Berufungsverfahren nicht in Abrede gestellt. Auch wenn
sich die Zeugen B1, C1 und D1 an den Inhalt der Anlage A im Zeitpunkt der
Vertragsunterzeichnung nicht erinnern konnten bzw. den Übertragungsvertrag
teilweise auch ohne zugehörigen AnD1g A unterzeichnet haben (Prot. der mV v.
01.12.2015, S. 4 [GA III, Bl. 1294]; S. 15 [GA III, Bl. 1305]; Prot der mV v.
10.12.2015, S. 5 [GA III, Bl. 1438]), ist unter Berücksichtigung der
vorgelegten Unterlagen kein Grund ersichtlich, weshalb ausgerechnet das in
sämtlichen vorliegenden Vertragsversionen in AnD1g A zu findende Klagepatent
nicht Gegenstand des Übertragungsvertrages vom 11. Februar 2013 gewesen sein
soll. Dies gilt umso mehr, da sodann im späteren Verlauf der Transaktionen,
worauf das Landgericht zu Recht hingewiesen hat, auch wiederholt Umschreibungen
des Klagepatents im Register stattgefunden haben. Unabhängig von der eingangs
aufgeworfenen Frage, ob allein aufgrund dieser Registereintragung zu Gunsten
der Klägerin eine Vermutung der Patentinhaberschaft spricht, darf das Patentamt
nach Art. 74 EPÜ i.V.m. § 30 Abs. 3 S. 1 PatG eine Änderung in der Person des
Patentinhabers nur dann im Register vermerken, wenn sie ihm nachgewiesen wird.
Dem Patentamt muss dementsprechend nachgewiesen worden sein, dass das
ursprünglich zu Gunsten der Streithelferin eingetragene Klagepatent zumindest
Gegenstand einer Transaktion auf die später eingetragene E und sodann auf die
Klägerin war. Die spätere, den entsprechenden Nachweis einer Übertragung des
Klagepatents voraussetzenden Eintragung der E bestätigt somit zumindest
mittelbar den durch die Vorlage der entsprechenden Übertragungsverträge
untermauerten Vortrag der Klägerin, auch das Klagepatent sei Gegenstand der
entsprechenden Transaktionen gewesen. Dies gilt umso mehr, da die
Streithelferin dem diesbezüglichen Vortrag der Klägerin im vorliegenden
Verfahren zu keinem Zeitpunkt entgegen getreten ist.
(5)
Unter Berücksichtigung des Ergebnisses der erstinstanzlich
durchgeführten Beweisaufnahme sieht der Senat keinen Grund, an der wirksamen
Gründung der Czu zweifeln. Die Klägerin hat als Anlage EIP CHu 48 in Kopie ein
„F1-AGREEMENT“ (nachfolgend: F1-AGREEMENT) vorgelegt. Auch wenn sich
die Klägerin, anders als im Hinblick auf die Übertragungsverträge, nicht in der
Lage gesehen hat, dieses Agreement im Original vorzulegen, lassen sich allein
daraus nicht ohne Weiteres konkrete Zweifel an der wirksamen Gründung der
Cherleiten. Vielmehr ist die vorgelegte Kopie im GesamtzusammenD1g der durch
die Klägerin beigebrachten Beweismittel zu sehen, die letztlich auch dem Senat
für eine hinreichende Überzeugungsbildung ausreichen.
So hat die Klägerin neben dem vorgenannten Agreement als
Anlage EIP CHu3 auch eine Kopie der Gründungsurkunde vom 21. November 2012
vorgelegt. Auch wenn sich die durch die Klägerin zur Frage der wirksamen
Gründung der C benannten Zeugen B1, Fleetwood und H1 nicht an alle Einzelheiten
der Gründung der Cerinnern konnten, lassen ihre Aussagen in ihrer Gesamtschau
keinen anderen Schluss zu, als dass die Ctatsächlich wie von der Klägerin
behaDtet Ende 2012 gegründet wurde. Die auf der als Anlage EIP Chu 48 teilweise
im hinteren Bereich zu findenden variierenden Dokumentnummern, die sich mit der
vorstehend bereits im Einzelnen erörterten Praxis bei der Streithelferin bei
Vertragsschlüssen und der Zwischenschaltung der Kanzlei G1 erklären lassen,
stehen dem nicht entgegen.
Die Zeugin H1 konnte nicht nur ihre Unterschrift und
diejenige ihrer Mitunterzeichner verifizieren. Sie hatte vielmehr im Rahmen
ihrer Vernehmung auch keinen Zweifel daran, dass der Inhalt der vorliegenden
Erklärung demjenigen entspricht, was sie damals unterzeichnet hatte. Es habe
nachfolgend auch keine Änderungen gegeben (Prot. der mV v. 01.12.2015, S. 23
[GA III, Bl. 1313]). Zudem führte die Zeugin H1 weiter aus, die Csei, im
Einklang mit dem vorgelegten F1-AGREEMENT, durch die Gesellschaften (AB) Aulis
und (AB) Parentesen gegründet worden (Prot. der mV v. 01.12.2015, S. 22 [GA III,
Bl. 1312).
Während die Zeugin H1 das F1-AGREEMENT auf Seiten der AB
Parentesen unterzeichneten, trägt dieses auf Seiten der AB Aulis die
Unterschriften der Zeugen B1 und Fleetwood. Beide konnten jeweils ihre
Unterschrift verifizieren (Prot. der mV v. 01.12.2015, S. 7 [GA III, Bl. 1297]
und S. 19 [GA III, Bl. 1309]). Die Zeugin B1 führte zudem auf Nachfrage des
Vorsitzenden weiter aus, bei der CD1dele es sich um eine US-Gesellschaft, die
eigens für die Durchführung der Transaktionen gegründet worden sei (Prot. der
mV v. 01.12.2015, S. 6 [GA III, Bl. 1297]). Sie konnte sich außerdem an ihre
zusammen mit dem ebenfalls erstinstanzlich vernommenen Zeugen Fleetwood
bestehende Zeichnungsbefugnis zu Gunsten der AB Aulis erinnern (Prot. der mV v.
01.12.2015, S. 7 [GA III, Bl. 1297]). Die Aussage der Zeugin B1 steht im
Einklang mit den Ausführungen des Zeugen Fleetwood. Auch dieser führte aus, die
Csei von der A-GrDpe nach dem Recht des Bundesstaates I1 gegründet worden. Er
konnte sich zwar nicht mehr an die konkreten Vertragsinhalte, sehr wohl aber an
die Umstände seiner Unterzeichnung erinnern, da er unmittelbar im Vorfeld
erkrankt war (Prot. der mV v. 01.12.2015, S. 18f. [GA III, Bl. 1309]). Zudem
war auch der Zeuge Fleetwood in der Lage, seine Unterschrift zu verifizieren.
Vor diesem Hintergrund ergeben die durch die Klägerin
vorgelegten Unterlagen in Verbindung mit den durch das Landgericht vernommenen
Zeugen ein in sich stimmiges Gesamtbild, wonach die Cim November 2012 wirksam
gegründet wurde. Daran vermögen weder die bloße Vorlage von Kopien noch die
sich auf der Kopie des F1-AGREEMENTs zu findenden unterschiedlichen
Dokumentnummern, die sich unter Berücksichtigung der zwischengeschalteten
US-Kanzleien und dem damit verbundenen, bereits zuvor beschriebenen Verfahrensablauf
bei Vertragsunterzeichnung erklären lassen, nichts zu ändern. Insbesondere
nimmt die die Unterschrift tragende Signature Page ausdrücklich auf das
F1-AGREEMENT Bezug. Zudem konnte zumindest die Zeugin H1 nicht nur ihre
Unterschrift verifizieren, sondern auch bestätigen, dass die vorliegende Kopie
inhaltlich dem entspricht, was sie unterzeichnet hat.
bb)
Die vorstehenden Ausführungen gelten für die Übertragung des
Klagepatents von der Cauf die E und von dieser auf die Klägerin entsprechend.
Das Landgericht hat die diesen Transaktionen zu Grunde liegenden
Übertragungsverträge vom 13. Februar 2013 bzw. vom 27. Februar 2014 im Original
in Augenschein genommen, ergänzend eine Reihe von Zeugen vernommen und vor
diesem Hintergrund unter Heranziehung der anerkannten Regeln der
Beweiswürdigung die jeweils wirksame Übertragung des Klagepatents festgestellt.
Soweit die vorgelegten Originale bzw. Kopien auch hier teilweise voneinander
abweichende Papierformate aufweisen, lässt sich dies ebenso wie im Hinblick auf
die Übertragung auf die Cproblemlos mit dem durch die jeweiligen
Vertragsparteien gewählten Vorgehen bei Vertragsschluss erklären. Gleiches gilt
hinsichtlich der sich teilweise unterscheidenden Unterschriften.
So bestätigte der Zeuge D1, mehrere Ausfertigungen
unterzeichnet zu haben (Prot. der mV v. 10.12.2015, S. 4 [GA III, Bl. 1437]).
Auch der den Übertragungsvertrag vom 13. Februar 2013 unterzeichnende Zeuge J1
konnte sich daran erinnern, standardmäßig zwei Vertragsexemplare unterzeichnet
zu haben. Unterschiede zwischen dem vorgelegten Original des
Übertragungsvertrages und der Kopie hat er davon ausgehend nachvollziehbar
damit begründet, dass es sich nach seiner Auffassung offenbar einmal um eine
Ausfertigung für A und einmal um eine Solche für Unwired Planet geD1delt habe.
Änderungen im Vertrag konnte er jedenfalls ausschließen. Zugleich konnte der
Zeuge J1 seine Unterschrift verifizieren (Prot. der mV v. 03.12.2015, S. 4 (GA
III, Bl. 1349). Letzteres gilt auch für den Zeugen D1 (Prot. der mV v. 10.12.2005,
S. 4 Mitte (GA III, Bl. 1437). Dass die Transaktionen weitgehend elektronisch
abgewickelt wurden, lässt sich der Aussage des Zeugen Robbins entnehmen (Prot.
der mV v. 03.12.2015, S. 22 oben [GA III. Bl. 1367]). Nachdem sich das
Klagepatent auch in AnD1g A des Übertragungsvertrages vom 13. Februar 2013
findet, hat der Senat aus den vorgenannten Gründen keinen Anlass, daran zu
zweifeln, dass auch das Klagepatent auf die E überging. Dass sich der Zeuge J1
nicht an die einzelnen, an die E zu übertragenden Patente erinnern konnte
(Prot. der mV v. 03.12.2015, S. 3 [GA III, Bl. 1348]), steht dem nicht
entgegen.
Im Hinblick auf den Übertragungsvertrag vom 27. Februar 2014
weist die Beklagte zwar zu Recht darauf hin, dass sich der Zeuge K1 nicht mehr
an konkrete DetQls dieses Übertragungsvertrages erinnern konnte. Er war jedoch
in der Lage, sowohl seine Unterschrift als auch diejenige des den Vertrag
ebenfalls unterzeichnenden V zu verifizieren (Prot. der mV v. 03.12.2005, S. 12
[GA III, Bl. 1357]). Zugleich bestätigte der Zeuge K1, dass die unterzeichneten
Ausfertigungen wohl, ggf. auch auf elektronischem Wege, an die durch Unwired
Planet im Rahmen der Transaktion hinzugezogene Kanzlei L1 gesandt wurden. Auch
der Versand an die Klägerin könne, so der Zeuge weiter, auf elektronischem Wege
erfolgt sein, womit sich letztlich nachvollziehbar mögliche Unterschiede im
Papierformat erklären lassen. Da der Zeuge zugleich nicht ausschließen konnte,
auch mehrere Versionen bzw. Ausfertigungen des Übertragungsvertrages unterzeichnet
zu haben (Prot. der mV v. 03.12.2015, S. 13 [Bl. 1358 GA VI]), lassen sich
damit auch ohne Weiteres mögliche Abweichungen in der Unterschrift begründen.
Daran, dass auch das Klagepatent von dem am 27. Februar 2014 geschlossenen
Übertragungsvertrag erfasst war, hat der Senat aus den bereits im Hinblick auf
die restlichen Übertragungsverträge genannten Gründen keinen Zweifel.
d)
Der Wirksamkeit der Übertragungsverträge steht, soweit sie
das Klagepatent betreffen, schließlich auch nicht das mögliche Fehlen einer
jeweils durch beide Vertragsparteien unterschriebenen Urkunde entgegen.
In Ermangelung einer entsprechenden Regelung im Europäischen
Patentübereinkommen (EPÜ) richtet sich die Übertragung eines europäischen
Patents gemäß Art. 74 EPÜ für den jeweiligen Vertragsstaat jeweils nach dem
nationalen Recht (vgl. Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 7. Aufl., § 15 Rz.
35; Schulte/Moufang, Patentgesetz mit EPÜ, 10. Aufl., § 15 Rz. 7; Kraßer/Ann,
7. Aufl., § 40 Rz. 4f.; Haedicke/Timmann, D1dbuch des Patentrechts, § 4 Rz.
37). Die Übertragung bedarf dementsprechend keiner besonderen Form. Soweit Art.
72 EPÜ demgegenüber die Wahrung der Schriftform verlangt und zugleich die
Unterschrift beider Vertragsparteien fordert, ist die Schriftform zwar nur dann
gewahrt, wenn beide Vertragsparteien die Erklärung in einer Urkunde
unterzeichnen. Die vorgeschriebene Form dient der Rechtssicherheit und der
Erleichterung des internationalen Rechtsverkehrs und soll insbesondere auch
ermöglichen, auf einfachem und vergleichweise sicherem Weg die materielle
Berechtigung an der Patentanmeldung bestimmen zu können. Diese Zweckbestimmung
gebietet ein enges Verständnis der Regelung, der dementsprechend in der Regel
auch nicht schon durch eine getrennte Beurkundung des Angebots einer solchen
Übertragung und dessen Annahme genügt werden kann (BGH, GRUR 1993, 692, 693 – Magazinwerfer;
OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.06.2008, Az.: I-2
U 4/07
BeckRS 2010, 22897).
Allerdings gilt die Vorschrift nach ihrem klaren Wortlaut lediglich für
europäische Patentanmeldungen, nicht aber für bereits erteilte europäische
Patente, zu denen das Klagepatent im Zeitpunkt des Abschlusses der
Übertragungsverträge bereits gehörte.
Zu Recht hat das Landgericht die Wirksamkeit der Übertragung
des Klagepatents auch nicht deshalb infrage gestellt, weil die jeweiligen
Vertragsparteien der Übertragungsverträge neben dem Klagepatent auch
verschiedene europäische Patentanmeldungen übertragen haben. Die Übertragung
dieser Patentanmeldungen unterfällt zwar dem in Art. 72 EPÜ normierten
Schriftformerfordernis, so dass der diese europäischen Patentanmeldungen
betreffende Teil der Übertragungsverträge unwirksam ist. Daraus folgt jedoch
nicht zwangsläufig auch eine Unwirksamkeit der Übertragung der von den
Übertragungsverträgen ebenfalls erfassten europäischen Patente. Deren
Übertragung richtet sich, wie ausgeführt, nach nationalem Recht, so dass die
Übertragung des Klagepatents als Bestandteil der Gesamtvereinbarung gemäß
§ 139 BGB trotz des in Bezug auf die
europäischen Patentanmeldungen gegebenen Formmangels wirksam wäre, wenn sie –
allein oder zusammen mit anderen, für sich allein betrachtet nicht
formbedürftigen Teilen der Gesamtvereinbarung – auch ohne die Übertragung der
Patentanmeldungen vorgenommen worden wären, wäre den jeweiligen
Vertragsparteien die aus der Verknüpfung mit der Übertragung europäischer
Patentanmeldungen verbundene Formbedürftigkeit bewusst gewesen (vgl. hierzu:
Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl., § 139 Rz. 2; MüKo/Busche, 7. Aufl., § 139
Rz. 29 f.). Daran kann vorliegend kein Zweifel bestehen. Es ist kein Grund
ersichtlich, weshalb die Vertragsparteien, hätten sie die sich aus der
gleichzeitigen Übertragung von europäischen Patentanmeldungen erwachsende, aus
Art. 72 EPÜ folgende Formbedürftigkeit und die aus der Nichtwahrung der
vorgeschriebenen Form folgende Formunwirksamkeit erkannt, nicht hätten
zumindest die europäischen Patente wirksam übertragen wollen. Diese bilden
vielmehr jeweils einen gesonderten Übertragungsgegenstand, weshalb die aus der
gleichzeitigen Übertragung der europäischen Patentanmeldungen resultierende
Formunwirksamkeit nicht auf die Übertragung des für den vorliegenden Fall
allein maßgeblichen Klagepatents durchschlägt (so auch OLG Düsseldorf, Urt. v.
15.09.2011, Az.: I-2
W 58/10
BeckRS 2011, 27019).
e)
Die Patentübertragungen sind auch unter kartellrechtlichen
Gesichtspunkten unbedenklich. Sie verstoßen weder gegen Art. 102 AEUV [nachfolgend unter
aa)] noch gegen Art. 101 AEUV [nachfolgend unter
bb)].
aa)
Der Einwand, die – mehrfache – Übertragung des Klagepatents
sei jeweils ohne gleichzeitige Weitergabe der Verpflichtungen aus der von der
Streithelferin unwiderruflich abgegebenen FRAND-Erklärung geschehen, was zur
Nichtigkeit der Übertragungsakte wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden
Stellung führe, geht schon im rechtlichen Ansatz ins Leere, weil der Erwerber
eines SEP – auch ohne ausdrückliche oder konkludente Erklärung – unmittelbar
und unabdingbar an die FRAND-Zusage seines Rechtsvorgängers gebunden ist.
(1)
Es liegt in der Natur der Sache, dass die Standardsetzung
technologischen Wettbewerb unterbindet, weil jede konkurrierende technische
Lösung, die nicht in den Standard aufgenommen wird, im Wettbewerb auf dem
Produktmarkt mangels Kompatibilität cD1cenlos ist. Die freiwillige Bereitschaft
aller durch die Standardsetzung privilegierten SEP-Inhaber, Konkurrenz dadurch
zu ermöglichen, dass jedem an der standardessentiellen Technik Interessierten
eine Benutzungserlaubnis zu FRAND-Bedingungen eingeräumt wird, stellt von daher
eine tragende Säule der technischen Standardsetzung und ihrer rechtlichen
Zulässigkeit dar. Denn sie kompensiert den unvermeidlichen Ausschluss von
Wettbewerb auf der Technologieebene, indem freier Wettbewerb innerhalb des
technischen Standards und bei seiner geschäftlichen Verwertung eröffnet wird.
Die FRAND-Erklärung schafft weiterhin bei den Nachfragern der mit dem Standard
vereinheitlichten Technologie ein berechtigtes Vertrauen darauf, dass die
standardessentiellen Patente künftig – entsprechend der mit der FRAND-Erklärung
gegebenen Zusage – freiwillig zu FRAND-Bedingungen lizenziert werden
(EuGH, GRUR 2015, 764 – L Technologies/
ZTE). Aus der Sicht des SEP limitiert die Lizenzierungszusage damit die von
Hause aus umfassenden Monopol- und Verbietungsrechte des Patentinhabers, indem
ihm fortan kein gegen jedermann wirkendes und bedingungslos durchsetzbares
Ausschließlichkeitsrecht mehr zusteht, sondern dessen Befugnisse als Folge der
FRAND-Erklärung dadurch begrenzt sind, dass er auf Anfordern jedermann eine
Benutzung seines SEP und damit eine gleichberechtigte Teilhabe am Standard zu
FRAND-Bedingungen gestatten muss. Diesem Zugeständnis kommt ganz erhebliche
Bedeutung zu, weil es zu den prägenden Kennzeichen der mit einem Patent
verbundenen Monopolrechte gehört, dass der Schutzrechtsinhaber nach seiner
freien Entscheidung von einer Lizenzerteilung absehen und somit jeden Dritten
kategorisch von einer Benutzung seines Patents ausschließen kann. Die Freiheit
zur Nichtlizenzierung, die eine wesentliche Folge der gesetzlichen
Ausschließlichkeitsbefugnisse aus dem Patent ist, opfert der SEP-Inhaber um der
Aufnahme der technischen Lehre seines Patents in den technischen Standard
willen. Weil die FRAND-Zusage die Rechte aus dem Patent in der geschilderten
Weise – unwiderruflich und somit gleichsam „dinglich“ – beschränkt
und definiert, kann das Patent notwendigerweise nur noch in eben dieser
beschränkten, durch die FRAND-Zusage inhaltlich modifizierten Form auf den
Erwerber übergehen. Denn niemand kann durch ein Übertragungsgeschäft mehr
Rechte erwerben als seinem Rechtsvorgänger selbst im Zeitpunkt der Veräußerung
zugestanden haben.
(2)
Rechtliche Bedenken ergeben sich in diesem ZusammenD1g nicht
daraus, dass es wegen des staatlichen Verleihungsaktes und der gesetzlichen
Ausgestaltung des mit der Patenterteilung verbundenen Monopolrechts
möglicherweise außerhalb der Rechtsmacht des Schutzrechtsinhabers liegt, das
ihm zugewiesene Monopolrecht durch seine LizenzierungszusagCstanziell zu
verändern. Selbst wenn dem so sein sollte, hat er in jedem Fall die rechtliche
Macht, von einer bestimmten Ausübung seiner Ausschließlichkeitsbefugnisse
abzusehen, indem er von seinem Recht zur Nichtlizenzierung der Erfindung keinen
Gebrauch macht. In diesem rechtlichen Sinne ist die mit der FRAND-Zusage
übernommene Verpflichtung rechtswirksam und beachtlich, jedem Interessenten zu
FRAND-Bedingungen eine Benutzungserlaubnis an seinem SEP einzuräumen.
(3)
Allein ein solches Ergebnis (sic.: selbsttätiger Übergang
der FRAND-Verpflichtung mit dem Patenterwerb) ist auch von der
Rechtsfolgenseite her angebracht. Fundamentaler Inhalt der Eigentumsgarantie
des Patentinhabers ist seine Befugnis, das ihm erteilte Schutzrecht nach seinem
Belieben zu veräußern. Grundrechtlichen Schutz genießt dabei nicht nur die
Übertragbarkeit des Schutzrechts als solche, sondern genauso die Person des
Erwerbers, der vom Veräußerer frei gewählt werden kann. Diejenige
Sondersituation, die aus der Standardsetzung resultiert, verlangt und
rechtfertigt insoweit keinerlei Beschränkungen, weil sich die mit dem SEP
verbundenen Rechte nicht durch die Person seines Inhabers ändern, sondern davon
völlig unabhängig sind. Sie bestimmen sich vordringlich nach dem Inhalt des
Schutzrechts, d.h. seinen geltenden Patentansprüchen, der Patentbeschreibung
und den Patentzeichnungen (Art. 69 EPÜ). Außer dem Inhalt der Patentschrift ist
weiterhin wesentlich, dass mit der Patent-übertragung die Bindungen
(Beschränkungen) des ursprünglichen Patentinhabers aus seiner FRAND-Erklärung
nicht verloren gehen, sondern den Erwerber in gleicher Weise verpflichten wie
seinen Rechtsvorgänger. Wenn dies – als Folge des automatischen Übergangs der
FRAND-Verpflichtung mit dem übertragenen Patent, für das die FRAND-Erklärung
abgegeben wurde – gewährleistet ist, gibt es keinen Grund, eine
Patentübertragung zu unterbinden oder zu limitieren. Denn dasjenige Ziel, das
mit der FRAND-Zusage erreicht werden soll, verwirklicht sich ohne weiteres mit
dem selbsttätigen Übergang der FRAND-Verpflichtung auf den Patenterwerber.
Die mögliche alternative rechtliche Lösung hätte
demgegenüber gänzlich unangemessene Folgen. Sie ginge dahin, eine
Patentübertragung, in deren Rahmen die FRAND-Zusage des Veräußerers nicht
(schuldrechtlich) an den Erwerber weitergegeben worden ist, als
kartellrechtswidrig (Art. 102 AEUV) zu beurteilen,
womit die Patentübertragung als Ganzes unwirksam wäre. Für eine derart
weitreichende Konsequenz besteht indessen kein Anlass, weil nicht die
Übertragbarkeit und/oder die Übertragung eines SEP in irgendeiner Weise
problematisch sein kann, sondern Vorsorge allein dafür getroffen werden muss,
dass infolge der Schutzrechtsübertragung die aus Gründen des Kartellrechts
(Art. 101 AEUV) dauerhaft
gebotene FRAND-Bindung bei der Durchsetzung des SEP aufrechterhalten bleibt.
Diesem Ziel ist durch den selbsttätigen (und unabdingbaren) Übergang der
FRAND-Zusage gemeinsam mit dem SEP vollauf Genüge getan. Gegen eine
schuldrechtliche Weitergabe der FRAND-Verpflichtung wären im Übrigen selbst
dann Einwände zu erheben, wenn sie pflichtgemäß zwischen Veräußerer und
Erwerber vereinbart worden wäre. Denn es bedürfte besonderer rechtlicher
Konstruktionen wie der Rechtsfigur eines drittbegünstigenden Vertrages (die
möglicherweise nicht in allen Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen und deren
Tragfähigkeit sich im Vorhinein auch kaum zuverlässig abschätzen lässt), um
sicherzustellen, dass sich der an dem Übertragungsgeschäft überhaDt nicht
beteiligte Lizenzsucher (= Patentbenutzer) erfolgreich auf die nur dem
Veräußerer gegenüber abgegebene Zusage des Erwerbers berufen kann, das SEP nach
FRAND-Regeln zu lizenzieren. Begreift man hingegen die FRAND-Zusage als
inhaltliche Selbstbeschränkung der Ausschließlichkeits(ausübungs)rechte aus dem
SEP, tauchen dergleichen Anwendungsschwierigkeiten nicht auf und es besteht für
alle Seiten die erforderliche Rechtsklarheit.
(4)
Die Bindung des Patenterwerbers an die FRAND-Zusage seines
Rechtsvorgängers besteht nicht nur „dem Grunde nach“, d.h. insoweit,
als es um die Pflicht zur Vergabe einer FRAND-Lizenz überhaDt geht, sondern sie
besteht darüber hinaus auch „der Höhe und dem Inhalt nach“, nämlich
insoweit, als der Erwerber im Rahmen seiner Verpflichtung zur fQren, zumutbaren
und diskriminierungsfreien Lizenzierung an diejenige Lizenzierungspraxis
gebunden ist, die auf seinen Rechtsvorgänger zurückgeht. Denn in der Lizenzierungspraxis
konkretisiert sich die FRAND-bedingte Beschränkung der
Ausschließlichkeitsrechte aus dem SEP, die demzufolge im Anschluss an eine
Patentübertragung auch von dem Erwerber zu beachten ist. Dass dem so sein muss,
folgt schon aus der Tatsache, dass die im Zeitpunkt des Patenterwerbs
bestehenden Lizenzverhältnisse durch die Patentübertragung nicht fortfallen
oder sonstwie beeinträchtigt werden. Sie bleiben in demselben Umfang und mit
demselben Inhalt bestehen und wirken gegenüber dem Erwerber fort (§ 15 Abs.
3 PatG), der dem Lizenznehmer folglich eine Benutzung der Erfindung nicht
untersagen kann. Selbst wenn der Erwerber – was von Mitgliedstaat zu
Mitgliedstaat unterschiedlich sein mag – mit dem Patenterwerb nicht automatisch
anstelle des Veräußerers als Vertragspartei in die beim Inhaberwechsel
bestehenden Lizenzverträge eintreten sollte, sondern es hierzu eines besonderen
dreiseitigen Rechtsgeschäfts unter Beteiligung des Veräußerers, des Erwerbers
und des Lizenznehmers bedürfte, bleiben die Nutzungskonditionen für die
Bestands-Lizenznehmer dennoch dieselben; an der Pflichtenlage ändert sich
nichts und die vertraglichen Ansprüche (z.B. auf Rechnungslegung und
Lizenzvergütung) stehen regelmäßig auch dem SEP-Erwerber zu, weil in der
Patentübertragung im Zweifel eine konkludente Abtretung der besagten
Lizenzvertragsansprüche an ihn zu sehen ist. Unabhängig von der genauen
dogmatischen Rechtskonstruktion, die unterschiedlich sein mag, bleibt daher
eines in jedem Fall festzuhalten: Die Übertragung eines bereits lizenzierten
SEP mit FRAND-Erklärung beseitigt bestehende Lizenzverhältnisse nicht. Die
Nutzungsrechte für den Lizenznehmer bleiben genauso unverändert erhalten wie
seine lizenzvertraglichen Pflichten insbesondere zur Lizenzzahlung dieselben
bleiben. Rein wirtschaftlich betrachtet lässt sich deshalb die Feststellung
treffen, dass die vom Veräußerer erteilten Lizenzen auf den Erwerber übergehen,
so dass die bisherigen Lizenznehmer des Veräußerers fortan eigene Lizenznehmer
des SEP-Erwerbers sind und infolgedessen notwendigerweise auch denjenigen
Lizenzierungsrahmen abstecken, demgegenüber eine Diskriminierung verboten ist.
Bei jeder von ihm vergebenen Lizenz hat der Erwerber daher nicht nur diejenigen
Lizenznehmer im Blick zu behalten, denen er während seiner Inhaberschaft selbst
eine Nutzungsbefugnis eingeräumt hat, sondern er hat gleichermaßen solche
Lizenznehmerverhältnisse zu berücksichtigen, die als Folge des Patenterwerbs
von seinem Rechtsvorgänger auf ihn übergegangen sind.
Relevant sind dabei selbstverständlich nur solche
Lizenzverhältnisse, die im Zeitpunkt der rechtlich gebotenen Lizenzofferte
(schon und noch) in Kraft stehen, während zu diesem Zeitpunkt bereits
abgelaufende Lizenzverträge, weil sie keine Auswirkungen auf die
Wettbewerbslage der Konkurrenten haben können, außer Betracht zu bleiben haben.
Geht es um den Unterlassungsanspruch, entscheidet der Zeitpunkt der letzten
mündlichen VerD1dlung, weswegen es auf die in diesem Moment aktiven
Lizenzverträge ankommt; steht der Schadenersatz- und Rechnungslegungsanspruch
in Rede, ist derjenige Zeitraum zu betrachten, für den vom Kläger voller
Schadenersatz und umfassende Rechnungslegung begehrt wird.
Jede andere, von einer Bindung an die Lizenzierungspraxis
des Rechtsvorgängers absehende D1dhabung hätte zur Folge, dass sich der
SEP-Inhaber nach Belieben seinen Pflichten insbesondere zur
diskriminierungsfreien BeD1dlung aller Lizenzinteressenten dadurch entziehen
könnte, dass er sein Patent, um sich der aus bereits erfolgten Lizenzierungen
ergebenden D1dlungsbeschränkungen zu entledigen, auf einen Dritten überträgt.
Das widerspräche nicht nur der Tatsache, dass die Verpflichtung zur fQren und
diskriminierungsfreien Lizenzerteilung nicht personen-, sondern sachgebunden
ist, nämlich gegenständlich auf dem SEP lastet, für das eine FRAND-Erklärung
abgegeben worden ist und dessen technische Lehre von jedem Interessierten soll
benutzt werden können, sondern würde auch dem Sinn und Zweck der FRAND-Zusage
zuwiderlaufen, der darin besteht, dass jeder Lizenzinteressent nicht nur in der
Lage ist, das SEP überhaDt zu benutzen, sondern ein Recht zur Benutzung des SEP
zu insbesondere finanziellen Konditionen erhält, die ihn gegenüber anderen
Benutzern nicht diskriminieren. Denn jede Lizenzgebühr, die für ein
standardessenzielles Schutzrecht aufgebracht werden muss, repräsentiert einen
Kostenfaktor, der in die Preisbildung auf dem nachgelagerten Produktmarkt
eingeht und damit potenziell geeignet sein kann, die Position des Anbieters im
Wettbewerb zu beeinträchtigen. Würde der Erwerber eines SEP infolge der
Patentübertragung die bisherige Lizenzierungspraxis seines Rechtsvorgängers
abstreifen können, so würden für die Lizenzsucher – abhängig von dem möglicherweise
rein zufälligen Zeitpunkt ihrer Lizenznahme – ganz unterschiedliche
Lizenzbedingungen gelten. Eine diskriminierungsfreie Teilhabe am Standard wäre
damit nicht gesichert, weil die Höhe der Lizenzgebühren und der damit
verbundene preisbildende Kostenaufwand für den Lizenznehmer danach variieren
könnte, von welchem Patentinhaber die Lizenz genommen worden ist. Auf dem
Produktmarkt würden unterschiedliche LizenznehmergrDpen konkurrieren, nämlich
solche, die ihr Benutzungsrecht noch von dem ursprünglichen SEP-Inhaber zu
vergleichsweise günstigen Konditionen erworben haben und die ihre Preise
dementsprechend mit günstigen Lizenzkosten kalkulieren können, mit solchen, die
einen Lizenzvertrag erst mit dem Patenterwerber abgeschlossen haben und die bei
prinzipiell unveränderter Lizenzierungslage höhere Lizenzentgelte in die
Preisbildung einfließen lassen müssen. Eine derartige UngleichbeD1dlung
gleicher Sachverhalte ist mit den wirtschaftlichen Zielen der FRAND-Erklärung
unvereinbar.
(5)
Weil sich die Lizenzofferte des Erwerbers
diskriminierungsfrei in die Lizenzierungspraxis seines Rechtsvorgängers
einfügen muss und der SEP-Erwerber im Rahmen seiner Angebotspflicht gegenüber
einem Lizenzsucher diejenigen Umstände zu benennen hat, die die von ihm
offerierten Lizenzbedingungen als FRAND ausweisen, hat sich sein Lizenzangebot
zu sämtlichen bisherigen Lizenzerteilungen, soweit sie in zeitlicher Hinsicht
relevant sind, auch denjenigen des Rechtsvorgängers, zu verhalten. Um dies
leisten zu können, ist der SEP-Erwerber darauf angewiesen, über diejenigen
Lizenzverträge in Kenntnis gesetzt zu werden, die der Veräußerer während seiner
Inhaberschaft abgeschlossen hat. Eine dahingehende Informationspflicht trifft
den Veräußerer unmittelbar aus seiner vertrauensbildenden Zusage, sein SEP
diskriminierungsfrei zu lizenzieren. Solange er selbst Schutzrechtsinhaber ist,
äußert sich die Pflicht darin, dass er bei seiner eigenen Lizenzerteilung jede
Diskriminierung zu unterlassen hat, sobald er das SEP übertragen hat, äußert
sich das Versprechen zu diskriminierungsfreier Lizenzerteilung in der Pflicht,
den als Lizenzgeber an seine Stelle getretenen Erwerber durch entsprechende
Unterrichtung in den Stand zu versetzen, dem für das übertragene SEP
abgegebenen Versprechen zur diskriminierungsfreien Lizenzierung nachzukommen.
Um das erworbene SEP durchsetzbar zu machen, liegt es daher im ureigensten
Interesse des SEP-Erwerbers, im Übertragungsvertrag Vorkehrungen für einen
Wissenstransfer in Bezug auf bereits erfolgte Lizenzerteilungen und deren
Inhalt zu treffen. Sie sind in der Praxis auch durchaus üblich, weil der
Patenterwerber mit dem Schutzrecht zugleich die daran erteilten Lizenzen
übernimmt, was es aus Gründen der wirtschaftlichen Vernunft geradezu zwingend
gebietet, sich über die Person der Lizenznehmer und die Bedingungen der ihnen
erteilten Benutzungsrechte einen dezidierten Überblick zu verschaffen.
Anderenfalls kann der Erwerber weder überblicken, welche vertraglichen
Pflichten ihm gegenüber den übernommenen Lizenznehmern treffen, noch ist er
imstande, seine vertraglichen Rechte und Ansprüche ihnen gegenüber
durchzusetzen. Ferner hat der Erwerber – was ebenfalls direkte Konsequenz der
vom Veräußerer für das SEP abgegebenen FRAND-Zusage ist – Vorsorge dafür zu
treffen, dass der Rechtsvorgänger daran mitwirkt, dass die von ihm erteilten
Lizenzen erforderlichenfalls (z.B. in einem Rechtsstreit) offengelegt werden
können, um eine (insbesondere gerichtliche) FRAND-Prüfung zu erlauben.
(a)
Vor dem geschilderten Hintergrund kann dahinstehen, ob die
Einlassung der Streithelferin glaubhaft ist, der Klägerin im Zuge des
Patenterwerbs keine Einzelheiten zu den bestehenden Lizenzverträgen mitgeteilt
zu haben. Rechtlich relevant könnte ohnehin allenfalls der Einwand sein, dass
die Streithelferin durch vertragliche Geheimhaltungsvereinbarungen mit ihren
Lizenznehmern auch im Hinblick auf notwendige Darlegungen in einem Rechtsstreit
um das lizenzierte Schutzrecht daran gehindert ist, die Vertragsinhalte
offenzulegen. Um solches beachtlich geltend zu machen, hätte die Klägerin
(und/oder ihre Streithelferin) den Inhalt der angeblichen
Vertraulichkeitsklauseln im Einzelnen (d.h. mit dem genauen Wortlaut und unter
Darlegung sämtlicher auslegungsrelevanter Umstände) mitteilen müssen, weil der
betreffende Sachvortrag nur so für den Prozessgegner einlassungsfähig und einer
gerichtlichen Prüfung daraufhin zugänglich ist, ob die getroffenen
Geheimhaltungsansprachen tatsächlich so weit reichen wie die Klägerin behaDtet.
Entsprechenden Sachvortrag hat die Klägerin indessen nicht geleistet. Es ist
deswegen unklar, ob die Vertraulichkeitsklauseln nicht einer sinnvollen, weil
objektiv interessengerechten Interpretation dahingehend zugänglich sind, dass
der Streithelferin eine Offenbarung der Lizenzinhalte in dem Maße gestattet
ist, in dem sie einer rechtlich unumgänglichen Pflicht hierzu (aus der
FRAND-Zusage für das Lizenzschutzrecht) unterliegt. Von einer Unmöglichkeit
könnte überdies nur dann ausgegangen werden, wenn das Leistungshindernis von
der Klägerin nicht ausgeräumt werden könnte, was im vorliegenden ZusammenD1g
verlangt, dass die Streithelferin und vor allem deren Lizenznehmer trotz
nachdrücklicher Anfrage endgültig nicht bereit sind, auf eine Einhaltung der
Vertraulichkeitsvereinbarung im Rahmen und für die Zwecke des vorliegenden
Rechtsstreits zu verzichten. Auch dazu verhalten sich die Klägerin und ihre
Streithelferin nicht. Letztlich können die vorgenannten Bedenken aber sogar
dahinstehen und kann zugunsten der Klägerin von deren – unzureichend substantiierten
– BehaDtungen zur Verschwiegenheitspflicht der Streithelferin ausgegangen
werden. Für diesen Fall bleibt nämlich festzuhalten, dass sich die
Streithelferin die Erfüllung ihrer kartellrechtlichen Pflicht aus der
FRAND-Zusage mit einer umfassenden Vertraulichkeitsvereinbarung schuldhaft
unmöglich gemacht hat, weswegen sie mit ihrem Einwand mangelnder
Leistungsfähigkeit zum Prozessvortrag nicht mehr gehört werden kann. Wer als
Beweispflichtiger seine eigenen Beweise vernichtet oder sonstwie vereitelt,
bleibt anerkanntermaßen beweisfällig und hat die daraus resultierenden
Prozessfolgen zu tragen. Dasselbe gilt für die der Beweislast vorgelagerte
Darlegungslast; wer sich zu einem erforderlichen Prozessvortrag schuldhaft
außerstande setzt, bleibt darlegungsfällig und unterliegt im Rechtsstreit, wenn
die darlegungspflichtigen Tatsachen den eingeklagten Anspruch begründen. Da der
Patenterwerber rechtlich nicht besser dastehen kann als der Veräußerer des
Rechts, teilt die Klägerin notwendigerweise das prozessrechtliche Schicksal
ihrer Streithelferin.
(b)
Die Verpflichtung zur Offenlegung der abgeschlossenen
Lizenzverträge verstößt nicht gegen Art. 101 AEUV. Die gegenteilige
Auffassung der Streithelferin beruht maßgeblich auf der Prämisse, dass die das
unterbreitete Lizenzangebot erläuternden Bemerkungen zur bisherigen
Lizenzierungspraxis den SEP-Inhaber und seinen Rechtsvorgänger zwingen,
potenziellen Wettbewerbern Geschäftsgeheimnisse zu offenbaren, was
kartellrechtlichen Grundsätzen zuwiderlaufe. Bereits die Ausgangsthese ist
falsch. Denn es ist in der Rechtsprechung des Senats anerkannt, dass innerhalb
eines Verletzungsprozesses im ZusammenD1g mit der FRAND-Diskussion sehr wohl
Maßnahmen zum Schutz von Betriebsgeheimnissen möglich sind. Neben den im GVG
vorgesehenen, die Öffentlichkeit betreffenden gerichtlichen Anordnungen geht es
vor allem um Vertraulichkeitsvereinbarungen, die demjenigen abverlangt werden
können, dem gegenüber ein Geschäftsgeheimnis offenzulegen ist. Bedingung
hierfür ist freilich, dass derjenige, der Schutzmaßnahmen für sich reklamiert,
nicht nur die vertrauliche Information zu identifizieren, sondern außerdem
konkret darzutun hat, dass und warum die betreffende Information ein auf die
begehrte Weise zu schützendes Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis darstellt, was
substanziellen Vortrag zu denjenigen Maßnahmen verlangt, die bisher ihre
Vertraulichkeit gewährleistet haben, und erfordert des Weiteren ebenso
substanzielle verifizierbare Angaben dazu, welche Nachteile genau aus einem
Bekanntwerden der fraglichen Information mit welchem Grad von
Wahrscheinlichkeit drohen (Senat, Beschluss vom 25.04.2018, Az: I-2 W 8/18BeckRS 2018, 7036). Gelingt
dies und weigert sich der Gegner, eine zum Geheimnisschutz notwendige und
zumutbare Sicherungsvereinbarung zu treffen, so kann sich der SEP-Inhaber zur
Rechtfertigung seines Lizenzangebotes auf pauschale, andeutende Angaben
beschränken, die seine Geschäftsgeheimnisse schützen; sie sind als prozessual
ausreichend und das hierauf bezogene Bestreiten des Gegners als unbeachtlich zu
beD1deln (Senat, Beschluss vom 25.04.2018, Az.: I-2 W 8/18BeckRS 2018, 7036). Statt
sich der Mühe zu unterziehen, in Bezug auf die für das vorliegende
Klagebegehren relevanten (weil im maßgeblichen Zeitraum aktiven) Lizenzverträge
zu begründen, inwiefern die zur Rechtfertigung der Diskriminierungsfreiheit
ihres den Beklagten unterbreiteten Lizenzangebotes erforderlichen Ausführungen
schützenswerte Geschäftsgeheimnisse der Streithelferin offenlegen würden, und,
soweit dem so sein sollte, in einem wenigstens andeutenden Vortrag das den
betreffenden Lizenzverträgen zugrundeliegende Lizenzierungskonzept zu
erläutern, erschöpft sich der Sachvortrag der Klägerin und ihrer Streithelferin
in weitgehend theoretischen Erörterungen darüber, welche Regelungsinhalte in
irgendwelchen von ihr abgeschlossenen Lizenzverträgen angeblich
Geschäftsgeheimnisse enthalten sollen, wobei selbst dies nicht in der gebotenen
Weise näher erläutert wird.
(6)
Soweit die Klägerin und ihre Streithelferin (die nachfolgend
im Zweifel jeweils beide in Bezug genommen sind) darauf verweisen, es sei für
den Veräußerer eines Teils seines lizenzierten Portfolios faktisch unmöglich,
den sich aus den vorstehenden Darlegungen ergebenden Verpflichtungen
nachzukommen, rechtfertigt dies keine abweichende, auf die Einhaltung des
Diskriminierungsverbotes verzichtende Beurteilung.
(a)
Nachdem die Klägerin und ihre Streithelferin insoweit –
abgesehen von den bereits abgeD1delten Geheimhaltungsvereinbarungen mit den
Lizenznehmern der Streihelferin und der Schutzrechtszahl des Gesamtportfolios
der Streithelferin (mehr als 40.000) – nicht an innerhalb ihrer Vertragsverhältnisse
gegebene konkrete Umstände anknüpfen und den Versuch unternehmen, den
rechtlichen Anforderungen aus dem geltenden Diskriminierungsverbot
nachzukommen, sondern sich stattdessen darauf verlegen, mit der allgemeinen
Situation zu argumentieren, die bei der Veräußerung eines Teilportfolios
besteht, wird auch nachfolgend nur der generellen Übertragungssituation
nachgegangen.
Selbstverständlich sind Sachverhaltskonstellationen
(insbesondere bei mehrfacher, sukzessiver Schutzrechtsübertragung)
konstruierbar, angesichts derer die geforderten Darlegungen zur Einhaltung des
Diskriminierungsverbotes immer schwieriger und aufwändiger werden. Rechtliche
Relevanz kann dem indessen nur zugemessen werden, wenn es sich bei den ins Feld
geführten Konstellationen einer wiederholt weiteren Aufspaltung des erworbenen
Portfolios im Zuge nachfolgender Verkäufe und ihrer Lizenzierung, ggf. unter
zusätzlichem Einschluss anderweitig erworbener weiterer Schutzrechte, nicht
bloß um theoretische Gedankenspiele, sondern um Sachverhalte mit ernsthafter
praktischer Relvanz D1deln würde. Dafür bietet der Sachvortrag der Klägerin
keine Anhaltspunkte. Abgesehen davon bleibt es in jedem Fall die freie
Entscheidung des Patentveräußerers, ob er mit einer unter bereits verwickelten
Umständen vorgenommenen weiteren Patentübertragung diejenigen verschärften
Anforderungen auf sich nehmen will, die damit in Bezug auf die
Diskriminierungsfreiheit seines Lizenzangebotes verbunden sind. Dass die
aufzubringenden Mühen mit der Komplexität der Übertragungs- und
Lizenzierungssachverhalte zunehmen, ist eine unausweichliche Folge des
rechtlich zu beurteilenden Sachverhaltes und seiner Eigenart, beschränkt aber
weder in unzulässiger Weise die grundsätzliche Freiheit zur Patentübertragung
noch liefert die ggf. erhebliche Mühewaltung bei einer FRAND-Lizenzierung einen
hinreichenden Grund dafür, den Patenterwerber von der Einhaltung des
gesetzlichen Diskriminierungsverbotes kurzerD1d freizustellen; die insoweit zu
leistenden Darlegungen repräsentieren vielmehr denjenigen „Preis“,
der bei der gegebenen Sach- und Rechtslage im Falle einer (weiteren)
Schutzrechtsübertragung zu entrichten ist. Ihn einzufordern, begegnet umso
weniger Bedenken, als – und hierin liegt die zutreffende Lösung des Problems –
der DarlegunXXYaßstab angemessen auf diejenigen tatsächlichen Schwierigkeiten
Rücksicht zu nehmen hat, die sich im Einzelfall aus der einfachen, ggf. aber
auch besonders komplizierten Übertragungs- und Lizenzierungsfolge ergeben.
(b)
War Gegenstand der Lizenzvergabe des Rechtsvorgängers – wie
hier – ein umfassendes Schutzrechtsportfolio, das er zu einem (größeren) Teil
in seinem eigenen Besitz gehalten (oder anderweitig veräußert) und zu
(geringeren) Teilen auf den klagenden Erwerber übertragen hat, so dass das
bisher lizenzierte Patentportfolio auf mehrere Inhaber aufgespalten worden ist,
so bestimmt sich der DiskriminierunXXYaßstab nicht nach der bloßen Zahl der
Schutzrechte in den Teilportfolios, sondern es ist in einer wertenden
Betrachtung zu ermitteln, welcher Bruchteil der für das bisherige
Gesamtschutzrechtspaket vereinbarten Lizenzgebühr im Verhältnis zueinander den
Teilschutzrechtsportfolios zuzuweisen ist. Maßgeblich für die vorzunehmende
Aufteilung ist, welche technische Bedeutung den im jeweiligen Teilportfolio
enthaltenen Patenten für den Standard zukommt und welche Wichtigkeit für den
nachgelagerten Produktmarkt und die dortigen AbsatzcD1cen denjenigen Wirkungen
und Eigenschaften zuzusprechen ist, die von den jeweiligen Schutzrechten
verantwortet werden. Es versteht sich von selbst, dass dies nicht mit
mathematischer Genauigkeit geschehen kann, sondern letztlich auf eine bloß
überschlägige Abschätzung hinausläuft, die dem Recht in vielfacher Weise
geläufig ist (z.B. § 254 BGB, § 287 ZPO,
Bestimmung des Kausalanteils beim Verletzergewinn) und die deshalb auch hier
den rechtlichen Maßstab bilden kann.
Nachdem die Klägerin und ihre Streithelferin insoweit auch
selbst nichts anderes behaDten, liegt es nach der Lebenserfahrung auf der D1d,
dass ein übertragenes Schutzrechtsportfolio nicht beliebig und rein zufällig
zusammengesetzt ist, sondern seine Bestückung bestimmten, nachvollziehbaren
Regeln folgt, etwa der Überlegung, welche Technik (verkörpert in bestimmten
Schutzrechten und Schutzrechtsfamilien) in der D1d des Veräußerers verbleiben
und welche Technik (verkörpert in bestimmten Schutzrechten und
Schutzrechtsfamilien) an den Erwerber übergehen soll. Bei der Auswahl und
Zuordnung wird die Werthaltigkeit des einen (behaltenen) und des anderen
(abgegebenen) Schutzrechtsbestandes eine wesentliche Rolle spielen; anD1d ihrer
wird sich jeder vernünftige Veräußerer im ZusammenD1g mit dem Patentverkauf
konkrete Vorstellungen über die von ihm für die Schutzrechtsüberlassung zu
beanspruchende Gegenleistung machen.
Erfolgt der Verkauf – wie hier – nicht an ein produzierendes
Unternehmen, sondern an einen Erwerber, dessen Geschäftstätigkeit sich auf die
Patentverwertung durch Lizenzvergabe beschränkt, werden sich die
Preisvorstellungen beider Seiten sinnvollerweise an denjenigen
Ertragserwartungen orientieren, die dem Erwerber durch das verkaufte Portfolio
voraussichtlich vermittelt werden kann. Hierfür spielen wiederum zwei Faktoren
eine maßgebliche Rolle, nämlich die Bedeutung der zur Übertragung vorgesehenen
Schutzrechte einerseits für den technischen Standard und andererseits für die
Wettbewerbsfähigkeit des Verkaufsproduktes auf dem nachgelagerten Markt
standardgemäßer Erzeugnisse, denn beides ist für die UFtz- und
Gewinnerwartungen derjenigen Lizenzsucher bedeutsam, die von dem Patenterwerber
als (Lizenz-)Kunden angesprochen und gewonnen werden sollen. Für die
Preisfindung bei der Patent-übertragung sind damit exakt diejenigen Faktoren
ausschlaggebend, die für die Aufteilung der bisherigen Lizenz für das
Gesamtportfolio auf die durch den Schutzrechtsverkauf entstehenden Teilportfolios
heranzuziehen sind. Weil dem so ist, D1delt es sich bei den Bewertungskriterien
um objektive Umstände, die typischerweise bereits im ZusammenD1g mit der
Schutzrechtsveräußerung bedacht sein werden, die dementsprechend als solche
benannt, von den Parteien diskutiert und einer gerichtlichen
Plausibilitätskontrolle unterzogen werden können und die deswegen einen nicht
nur geeigneten, sondern von der Klägerseite ohne weiteres leistbaren
Sachvortrag repräsentieren.
(c)
Der dargestellte Prüfungs-, Bewertungs- und
AufteilunXXYaßstab taugt, mehrfach angewendet, auch dann, wenn der
Patenterwerber das übernommene Portfolio nicht unverändert (isoliert), sondern
in der Weise lizenzieren will, dass dem übernommenen Portfolio weitere SEP aus
anderweitigen Zukäufen oder eigenen Beständen hinzugefügt werden. Waren auch
sie Gegenstand einer vorhergehenden Portfoliolizenzierung des Veräußerers oder
Erwerbers, so ist derjenige Lizenzgebührenanteil, der auf die übertragenen oder
im eigenen Bestand befindlichen SEP entfällt, in der gleichen wertenden Weise
zu bestimmen, wie dies gerade für die Teilportfolioübertragung besprochen
wurde, und kann anschließend dem Teillizenzwert für das erste Teilportfolio
hinzugerechnet werden.
(d)
Soweit die Klägerin auf Komplikationen verweist, die aus
vorgenommenen Xlizenzierungen oder Vereinbarungen über anderweitige geldwerte
Gegenleistungen resultieren und die in der Person des diskriminierungsfrei zu
beD1delnden Lizenzsuchers nicht infrage kommen (weil er z.B. über keine
seinerseits lizenzierungsfähigen Schutzrechte verfügt oder weil der Lizenzgeber
mangels produzierenden Geschäftsbetriebes an ihrer Lizenznahme kein Interesse
hat), geht dies schon im Ansatz fehl. Die heterogene Leistungsfähigkeit der
Lizenzaspiranten ist eine Problemlage, die sich bei jeglicher Lizenzerteilung
ergeben kann und die den Patentinhaber deshalb nicht nur in Übertragungsfällen,
sondern genauso dann, wenn sämtliche Schutzrechte in seiner D1d verbleiben, vor
die Aufgabe einer Einhaltung des Diskriminierungsverbotes stellt. Hätte die
Streithelferin Teile ihres Portfolios nicht an die Klägerin veräußert, sondern
in ihrem eigenen Besitz behalten, so hätte sich die Streithelferin
notwendigerweise Gedanken darüber machen müssen, wie sie sich vor dem
Hintergrund von ihr bereits vergebener Xlizenzen diskriminierungsfrei gegenüber
einem Lizenzsucher verhalten will, der entweder ebenfalls über für sie
interessante Schutzrechte verfügt oder aber solche nicht aufzuweisen hat. Das
gleiche gilt für den Umstand, dass sich der zu lizenzierende
Schutzrechtsbestand im Laufe der Zeit (z.B. durch Schutzrechtsabläufe oder
Neuerteilungen) verändert oder sich die Wichtigkeit einzelner technischer
Features für den Produktmarkt verschiebt. Auch solche Geschehensabläufe stellen
sich unabhängig von einer Patentübertragung ein und sind von jedem durch eine
FRAND-Erklärung gebundenen Patentinhaber diskriminierungsfrei zu bewältigen.
Zweckmäßigerweise geschieht dies in der Weise, dass die Lizenzierungspraxis
einem vorher überdachten Lizenzierungskonzept folgt, welches von vornherein
überdenkt, mit welchem sachgerechten „Lizenzgebührenrabatt“ solche
Lizenzsucher bedacht werden sollen, die z.B. Xlizenzen – in kleinerem oder
größerem Umfang – anbieten können. Innerhalb eines solchen Lizenzierungskonzepts
wird sich die Diskriminierungsfreiheit eines aktuellen Lizenzangebotes
vordringlich in Bezug auf diejenige LizenznehmergrDpe bestimmen, die sich in
derselben Ausgangssituation befunden hat. Mit Blick auf einen Lizenzsucher ohne
eigenen Schutzrechtsbestand sind daher nicht Xlizenzierungsverträge von
Bedeutung, sondern diejenigen Lizenzen, bei denen Benutzungsrechte nur in
Richtung auf den Verletzer vergeben worden sind und die Lizenzvergütung
ausschließlich in Geld bestimmt ist. Dass es solche (mit den Verhältnissen des
Streitfalles vergleichbaren) Verträge der Streithelferin nicht gibt, ist weder
ersichtlich noch geltend gemacht. Irgendwelche Komplikationen, die sich aus
abgeschlossenen Xlizenzen ergeben könnten, sind deshalb vorliegend
auszuschließen.
bb)
Mit den Patentübertragungen ist ein Verstoß gegen Art. 101 AEUV nicht verbunden.
Die Vorschrift verbietet Vereinbarungen zwischen
Unternehmen, die den D1del zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet
sind und eine spürbare Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des
Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes entweder subjektiv bezwecken oder
objektiv bewirken. Austauschverträge (wie sie hier mit Blick auf die
entgeltlichen Übertragungen des Patentportfolios der Streithelferin gegeben
sind) unterfallen als solche nicht dem Anwendungsbereich von Art. 101 AEUV (BGH, NZKart
2016, 280
). Sie sind auf einen Leistungsaustausch zwischen den
vertragsbeteiligten Unternehmen gerichtet und mit diesem Inhalt per se nicht
geeignet, wettbewerbsbeeinträchtigende Wirkungen zu entfalten. Um den
Anwendungsbereich des Kartellverbots zu eröffnen, bedarf es deshalb einer –
mindestens objektiv – wettbewerbsbeschränkenden Nebenabrede innerhalb des für
sich kartellrechtsneutralen Austauschvertrages, wobei die Nebenabrede über
dasjenige hinausgehen muss, was erforderlich ist, um den HaDtzweck des
Austauschvertrages zu verwirklichen. Entscheidend ist hierbei, ob die
vereinbarte Wettbewerbsbeschränkung sachlich erforderlich und zeitlich,
räumlich sowie gegenständlich darauf beschränkt ist, den mit dem
Austauschvertrag verfolgten Zweck zu erreichen (BGH, NZKart
2016, 280
). Ist dies der Fall, kommt ein Verstoß gegen Art. 101 AEUV auch mit Blick auf
die Nebenabrede nicht in Betracht; geht die Wettbewerbsklausel über das Maß des
Erforderlichen hinaus, ist eine zur Vertragsnichtigkeit führende
kartellrechtswidrige Wettbewerbsbeeinträchtigung denkbar, wobei allerdings in
Fällen eines bloß zeitlichen Übermaßes eine geltungserhaltende Reduktion
zulässig ist.
Weder das M1 Agreement noch die
Patentübertragungsvereinbarungen enthalten irgendeine wettbewerbsbeschränkende
oder -verfälschende Nebenabrede, die den Anwendungsbereich des Art. 101 AEUV eröffnen könnte.
(1)
Soweit sich die Beklagte auf die Einlassung der
Streithelferin bezieht, die Übertragung ihres Patentportfolios sei zu dem Zweck
und in der Erwartung geschehen, höhere Lizenzeinnahmen durchzusetzen, als sie
ihr (der Streithelferin) selbst in VerD1dlungen mit Patentbenutzern möglich
gewesen wären, D1delt es sich um eine bloße Motivationslage für die
Patentübertragungen, aber nicht um eine die vertragliche Rechte- und
Pflichtenlage regelnde Klausel (= Nebenabrede), derer es als Anknüpfungspunkt
für das Kartellverbot bedürfte.
Abgesehen davon sind die Patenterwerber – wie ausgeführt –
sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach in gleicher Weise an die FRAND-Zusage
gebunden wie es die Streithelferin war und sein würde, womit der Vorwurf der
Beklagten, die Patentübertragungen seien dazu geeignet, Lizenzgebühren zu
erzielen, die wegen ihrer unangemessenen Höhe UN-FRAND seien, auch sachlich
einer Grundlage entbehrt. Gleichermaßen bedeutungslos ist unter
Wettbewerbsgesichtspunkten das Argument, die Klägerin sei auf dem nachgelagerten
Produktmarkt für standardbenutzende Erzeugnisse selbst nicht operativ tätig,
weshalb sie im Rahmen ihrer LizenzverD1dlungen mit einem Patentbenutzer auch
keine Rücksicht darauf nehmen müsse, von diesem aus seinem eigenen
SEP-Portfoliobestand angegriffen zu werden. Ob das Lizenzangebot des klagenden
Schutzrechtsinhabers FRAND-Kriterien genügt und insbesondere das mit dem
Lizenzangebot verlangte Benutzungsentgelt der Höhe nach angemessen und
diskriminierungsfrei ist, unterliegt im Patentverletzungsprozess der
uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (OLG Düsseldorf, Mitt 2016, 85),
wobei es bereits im Vorfeld dieser Prüfung Sache des Patentinhabers ist, für
den Adressaten nachvollziehbar zu begründen, weshalb das mit der Lizenzofferte
unterbreitete Regelwerk als Ganzes und namentlich die darin vorgesehene
Lizenzgebühr fQr, zumutbar und diskriminierungsfrei (= FRAND) sein soll (OLG
Düsseldorf, GRUR 2017, 1219 –
Mobiles Kommunikationssystem). Erst wenn diese inhaltliche Rechtfertigung
geleistet und die FRAND-Gemäßheit des Lizenzangebotes zugunsten des
Schutzrechtsinhabers geklärt ist, kommt eine Verurteilung in Betracht, die
weitergehend in die Rechtsposition des Verletzers eingreifen würde als es die
jedem SEP-Benutzer ohnehin obliegende Pflicht beinhaltet, den Gebrauch des
fremden geistigen Eigentums durch eine FRAND-Lizenzgebühr und eine dem
vorausgehende Rechnungslegung zu entgelten. Eine Verschärfung der Haftung ist
unter den besagten Umständen aber auch vollkommen gerechtfertigt, weil die
Verurteilung wegen Patentverletzung ihre Ursache allein darin hat, dass der
Verletzer das – auch unter Berücksichtigung der vom Rechtsvorgänger vergebenen
Lizenzen – FRAND-Bedingungen genügende Lizenzangebot des SEP-Inhabers
unberechtigt ausgeschlagen hat, auf das er hätte eingehen müssen. Aus dem
gerichtlichen Prüfungsvorbehalt folgt des Weiteren, dass eine Wettbewerbsbeschränkung
noch nicht damit verbunden sein kann, dass der SEP-Inhaber (unberechtigte)
Lizenzforderungen erhebt, die mit den dargelegten FRAND-Grundsätzen im Falle
eines Patenterwerbs nicht in Einklang stehen.
(2)
Aus denselben Erwägungen heraus ist es kartellrechtlich
belanglos, dass die Streithelferin einen Teil des standardessenziellen
Patentportfolios in ihrem Besitz gehalten hat. Ungeachtet dessen, dass auch
insoweit keine wettbewerbsbeschränkende Vertragsklausel erkennbar ist, steht es
der Streithelferin selbstverständlich frei, für die Benutzung des bei ihr
verbliebenen SEP-Bestandes Lizenzgebühren einzufordern. Da sie hierbei den
formellen (sic.: Pflicht zum Lizenzangebot) und sachlichen (sic.:
FRAND-Gemäßheit der Lizenzofferte) Beschränkungen aus ihrer Lizenzierungszusage
unterliegt, laufen Benutzer des Gesamt-Portfoliobestandes nicht Gefahr, zu
einer gesetzlich nicht geschuldeten, weil unangemessen hohen Lizenzgebühr
verpflichtet zu werden. Denn wegen der FRAND-Bindung sowohl der Klägerin als
auch der Streithelferin setzen die FRAND-Kriterien auch für die Benutzung des
kompletten SEP-Bestandes die Obergrenze für jede finanzielle oder sonstige
Lizenzbelastung eines SEP-Benutzers. Dass es der Streithelferin wegen der
gegebenen Rahmenbedingungen selbst aus tatsächlichen Gründen nicht möglich
gewesen ist, den rechtlich zulässigen Spielraum einer FRAND-Lizenzgebühr in
VertragsverD1dlungen mit Verletzern auszuschöpfen, mag sein, hat
kartellrechtlich jedoch keine Bedeutung. Denn das Kartellrecht dient nicht dazu,
einen Patentverletzer davor in Schutz zu nehmen, für die Benutzung fremden
geistigen Eigentums in demjenigen Umfang zur Zahlung von Lizenzgebühren
herangezogen zu werden, der von Gesetzes wegen zulässig ist. Soweit die
Streithelferin bereits – zu ihrem eigenen Nachteil wirtschaftlich unzulängliche
– Lizenzen vergeben hat, ist auch die Klägerin als Rechtsnachfolgerin über das
Diskriminierungsverbot an diejenige Lizenzierungspraxis der Streithelferin
gebunden, die sie bisher praktiziert hat und von der sie selbst – und
folgerichtig auch ihr Rechtsnachfolger – nur dann und nur insoweit abweichen
kann, wie sachliche Unterschiede in den Lizenzierungssachverhalt dies
rechtfertigen.
(3)
Soweit sich die Beklagte über die Verfahrenskosten ihrer
Inanspruchnahme wegen Patentverletzung in mehreren Ländern beklagt, knüpft die
Beklagte an ein rein tatsächliches Verhalten an, welches kartellrechtlich
gänzlich belanglos ist. In einem Rechtsstaat stellt es das gute Recht jedes
Patentinhabers dar, seine vermeintlichen Ansprüche vor Gericht durchzusetzen.
Selbst wenn die Streithelferin – wofür schon im Tatsächlichen keinerlei
Anhaltspunkte erkennbar sind – im Zuge der Patentübertragung darauf gedrängt
haben sollte, dass die Klägerin die Beklagte wegen Patentverletzung in Anspruch
nimmt, folgt hieraus kartellrechtlich nichts. Gerade weil die Streithelferin
über eine prozentuale Beteiligung an den vom Patenterwerber erzielten
Lizenzgebühren partizipiert, stellt es – im Gegenteil – ein völlig legitimes
geschäftliches Interesse dar, dass der Erwerber notfalls auch mit den Mitteln
einer Verletzungsklage Vorsorge dafür trifft, dass sich die Beklagte ihrer
Verpflichtung zur Zahlung von FRAND-Lizenzgebühren nicht entzieht. Wegen des in
Deutschland geltenden Kostenerstattungsprinzips läuft die Beklagte in diesem
ZusammenD1g auch nicht Gefahr, im Falle ihres Obsiegens mit finanziellen
Nachteilen belastet zu bleiben. Soweit anderenorts abweichende Kostenregelungen
existieren sollten, gilt nichts anderes. Denn bei einer derartigen Rechtslage entspricht
es dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers und kann deshalb nicht als
kartellrechtsrelevanter Umstand gewertet werden, dass eine Prozesspartei trotz
ihres Obsiegens im Rechtsstreit die Kosten ihrer Rechtsverfolgung oder
Rechtsverteidigung selbst zu tragen hat.
(4)
Ob die Rechtslage anders zu beurteilen sein könnte, wenn ein
umfangreiches SEP-Portfolio regelrecht „atomisiert“ wird, indem das
Gesamtpaket auf eine unüberschaubare Vielzahl von Einzelinhabern aufgespalten
wird, mit denen allen sich der Lizenzsucher bei seinen LizenzverD1dlungen
auseinandersetzen muss, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, denn ein
derartiger Sachverhalt ist im Streitfall nicht einmal ansatzweise gegeben.
(5)
Aus dem Gesagten ergibt sich zugleich, dass die Entgeltregelung
in Section 3.4 des M1 Agreement den Vorwurf einer Kartellrechtswidrigkeit
ebenfalls nicht tragen kann.
Was zunächst die Regelung anbetrifft, dass die
Streithelferin unter bestimmten Bedingungen einen Anspruch auf 70 % der von dem
Erwerber des Patentportfolios erzielten Lizenzeinnahmen hat, kommt dem von
vornherein keine Bedeutung zu. Selbst wenn der Lizenzanteil als unangemessen
hoch zu beurteilen sein sollte, läge allenfalls ein AusbeutunXXYissbrauch
zulasten des Patenterwerbers vor, der keinerlei Betroffenheit im Sinne des
Kartellverbots nach Art. 101 AEUV auf Seiten der
Beklagten begründen könnte.
Gleichermaßen unbedenklich ist die Vereinbarung, dass in
bestimmten Sachverhaltskonstellationen Bemessungsgrundlage für den an die
Streithelferin abzuführenden Lizenzgebührenanteil nicht die vom Erwerber des
Portfolios tatsächlich erzielten Lizenzeinnahmen sind, sondern stattdessen eine
so genannte „Applicable Royalty Rate“. Sie repräsentiert einen
vereinbarten Mindestlizenzbetrag, der als Rechengröße sicherstellt, dass die
Streithelferin für den Fall, dass es dem Erwerber nicht gelingt, ausreichende
Lizenzeinnahmen zu generieren, eine angemessene Vergütung für ihr übertragenes
geistiges Eigentum erhält. Gegen diese Art der Entgeltvereinbarung ist unter
Geltung der Privatautonomie nichts zu erinnern. Das gilt auch im Hinblick
darauf, dass die „Applicable Royalty Rate“ mittelbar einen Anreiz für
den Erwerber bieten mag, tunlichst keine niedrigeren Lizenzentgelte zu
vereinbaren, weil er den der Streithelferin geschuldeten Lizenzanteil ansonsten
zum Teil aus eigenen finanziellen Mitteln zusteuern müsste. Der Sache nach
D1delt es sich jedoch um keine andere Situation als sie bestehen würde, wenn
für den Portfolioerwerb – was unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten völlig
unbedenklich wäre – ein fester Kaufpreis vereinbart worden wäre, der den
Erwerber, je höher der vereinbarte Kaufpreis gewesen ist, ebenfalls in die
wirtschaftliche Notwendigkeit gebracht hätte, tunlichst lukrative
Lizenzvertragsabschlüsse zu tätigen. Hinzu kommt, dass der Anreiz für eine
bestimmte Mindestlizenzvergütung innerhalb des FRAND-Rahmens alle
Lizenzinteressenten gleichermaßen betreffen würde, so dass nicht ersichtlich
ist, inwiefern die Vergütungsregelung im M1 Agreement zu einer
Wettbewerbsbehinderung der Nachfrager auf dem Lizenzvergabemarkt führen könnte.
5.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht
im Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in M eine
wortsinngemäße Benutzung von Patentanspruch 6 des Klagepatents gesehen und die
Beklagten wegen unmittelbarer Patentverletzung zur Auskunftserteilung und
Rechnungslegung sowie zum Schadenersatz verurteilt. Der Klägerin stehen, auch
unter Berücksichtigung der lediglich beschränkten Aufrechterhaltung des
Klagepatents durch das Bundespatentgericht, entsprechende Ansprüche aus Art. 64
Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 2, 140b Abs.
1 und 3 PatG i.V.m. §§ 242259 BGB zu.
a)
Das Klagepatent betrifft den Bereich der mobilen
Kommunikation und insbesondere ein Verfahren zur Verbesserung der Leistung
eines sog. „D1dovers“ zwischen unterschiedlichen mobilen
Kommunikationssystemen (Abs. [0001], vgl. auch BPatG, Anlage ZVB 6, S. 11).
Nach den einleitenden Bemerkungen in der Klagepatentschrift
war XXY (XXY) im Prioritätszeitpunkt ein etablierter Mobilfunkstandard der sog.
zweiten Generation (2G) zur digitalen Sprach- und zunehmend auch
Datenübertragung. Daneben befand sich XXZ (Universal Mobile Communication System)
als Mobilfunksystem der dritten Generation (3G) in der Entwicklung. Um (auch)
Nutzern des XXZ-Netzwerkes gerade in der Einführungsphase eine möglichst
flächendeckende Netzabdeckung bereitzustellen, mussten Mobiltelefone in der
Lage sein, in beiden Standards zu arbeiten und bei Bedarf ggf. zwischen beiden
Netzen zu wechseln („D1dover“). Baut etwa eine Mobilstation (MS)
einen Anruf in einer Region auf, in der für XXZ-Nutzer keine Netzabdeckung zur
Verfügung steht, kann dieser Anruf zunächst in einem XXY-Netzwerk realisiert
werden. Sobald sich die Mobilstation in eine Region bewegt, in der das
XXZ-Netzwerk eine entsprechende Netzabdeckung bereitstellt, kann der Anruf
zurück in das XXZ-Netzwerk weitergeleitet werden. Auf diese Weise wird die
bestehende MS-Verbindung weiterhin aufrechterhalten, was sowohl für Sprach- als
auch (und noch mehr) für Datenverbindungen wichtig ist. Sowohl die dafür
erforderlichen „Dualmode“-Endgeräte als auch die Infrastruktur des
XXY- und des XXZ-Netzes müssen deshalb in der Lage sein, Weiterleitungen
zwischen beiden Netzen zu ermöglichen (Abs. [0002], vgl. auch BPatG, Anlage ZVB
6, S. 11f.).
Findet ein solcher D1dover, sei er netzintern oder
netzübergreifend, statt, bedarf es zuvor der Übertragung von Messwertberichten
von dem mobilen Endgerät zur Basisstation („Dlink“). Dafür misst ein
im XXY-Netz eingebuchtes mobiles Endgerät kontinuierlich u.a. die Signalstärke
und -leistung der von ihm auf der Downlink-Verbindung empfangenen Signale, d.h.
der Signale, die von der Basisstation der eigenen XXY-Zelle bzw. den
Basisstationen der benachbarten XXY-Zellen auf ihrem jeweiligen
Rundfunksendekanal BCCH (Broadcast Control CD1nel) ausgesendet werden. Diese
Messwerte überträgt das mobile Endgerät in Form eines XXY-Messwertberichts auf
einem speziellen logischen Kanal, dem A1 (A1), an die XXY-Basisstation (BTS =
Base Tranceiver Station) und weiter an den XXY Base Station Controller (BSC).
Damit ist der XXY BSC stets über die Qualität der Funkverbindungen zwischen
einem mobilen Endgerät und den dieses umgebenden Basisstationen informiert und
kann bei Bedarf, z.B. wenn sich das mobile Endgerät mit einem Kraftfahrzeug
bewegt, einen XXY-internen D1dover-Vorgang von der aktuellen XXY-Basisstation
auf eine andere XXY-Basisstation einleiten (vgl. BPatG, Anlage ZVB 6, S. 12).
Im schmalbandigen, TDMA (time division multiple access) und
FDMA (frequency division multiple access) nutzenden XXY-Kommunikationssystem
ermittelt das Endgerät die empfangene Leistung durch Auswertung des in einem
bestimmten Zeitschlitz (= Zeitspanne) und in einem bestimmten (schmalen)
Frequenzbereich (z.B. 200 kHz) vorliegenden Signals. Da gleichfrequente
Störsignale aus weiter entfernten Funkzellen (sog. Gleichkanalstörer = cocD1nel
interferer) die Messwerte nahezu nicht beeinflussen, lässt sich die im
XXY-Standard mit RXLEV (received signal level) bezeichnete Empfangsleistung des
gewünschten Signals relativ genau bestimmen; sie ist als Maß für die Qualität
der XXY-Funkverbindung aussagekräftig (Abs. [0014]); BPatG, Anlage ZVB 6, S. 22).
Bei dem breitbandigen, CDMA (code division multiple access)
nutzenden XXZ-Kommunikationssystem werden die zu sendenden Signale in einer
Funkzelle durch Multiplikatoren einer festen Mittelfrequenz mit jeweils einem
speziellen, nur dem Sender und dem zugehörigen Empfänger bekannten Code in der
Bandbreite gespreizt (Spreizcode), so dass ihre Energie jeweils auf einen
großen Frequenzbereich (z.B. 5 MHz) verteilt ist. Viele unterschiedlich
codierte Sendesignale teilen sich somit ggf. zeitgleich diesen großen Frequenzbereich.
Ein Empfänger empfängt das gesamte Frequenzband mit der Mehrzahl der
verschiedenen Sendesignale und extrahiert dann mittels digitaler
Signalverarbeitung das an ihn gerichtete Sendesignal durch Multiplikation mit
dem „richtigen“ Spreizcode („entspreizen“). Für die Messung
der Empfangsleistung hat das zur Folge, dass ein XXZ-Empfänger zwar unmittelbar
die Leistung in dem großen Frequenzbereich misst (RSSI = received signal
strength indicator). Erst nach der „Entspreizung“ des Signalgemisches
kann der Empfänger jedoch auch die Empfangsleistung des ihn interessierenden
Signals bestimmen. Dieser Messwert wird in XXZ als XXQ (received signal code
power) bezeichnet (BPatG, Anlage ZVB 6, S. 23). Bei einem CDMA-System wie XXZ
ist es wegen der zeitlichen Koexistenz des gewünschten Signals mit den
störenden Signalen in einem gemeinsamen Frequenzbereich üblich, neben der
Gesamt-Empfangsleistung RSSI in dem breiten Frequenzbereich und der
Empfangsleistung XXQ des gewünschten Signals diese beiden Größen miteinander
ins Verhältnis zu setzen, um so eine Aussage darüber zu erhalten, wie groß das
gewünschte Signal im Vergleich zur Summe aus gewünschtem Signal, Störsignalen
und Rauschen ist. Dieses Verhältnis wird mit Ec/N0 bzw. E0/I0 bezeichnet (Abs.
[0014]; BPatG, Anlage ZVB 6, S. 23f.).
Davon ausgehend unterscheidet sich somit die
XXZ-Messinformation von derjenigen in einem XXY-Netzwerk (Abs. [0013] a.E.).
Gleichwohl müssen dem XXY BSC zur Vorbereitung der Entscheidung, ob während
einer aktiven XXY-Verbindung ein D1dover vom XXY- zum XXZ-Netz möglich und
sinnvoll ist, auch XXZ-Messwerte betreffend die Qualität der Funkverbindung
zwischen dem mobilen Endgerät und den Basisstationen des XXZ-Netzes in einer
solchen Form übermittelt werden, dass sie von dem XXY BSC als originäre
XXY-Messwerte interpretiert und mit diesen verglichen werden können (so auch
BPatG, Anlage ZVB 6, S. 15).
Da im XXY-Standard zum Prioritätszeitpunkt die Koexistenz
mit dem XXZ-Kommunikationssystem keine Berücksichtigung fand, stellt der XXY-Standard
für eine Übertragung der XXZ-Messinformation von einer Mobilstation an den XXY
BSC im aktiven Modus auf dem Dlink keine ungenutzte Signalkapazität zur
Verfügung. Daher muss der Transport von XXZ-Messinformation von einer
Mobilstation zum XXY BSC zu Lasten anderer Informationen durchgeführt werden
(Abs. [0003]).
Eine Möglichkeit der Übermittlung stellt der XXY Fast
Associated Control CD1nel (FACCH) dar. Dieser arbeitet jedoch in einer
„stehlenden Betriebsweise“ („Stealing Mode“). Da hierbei
ein 20 ms Sprachsegment durch Signalinformation ersetzt wird, reduziert sich
die Sprachqualität bei einer Übertragung der XXZ-Messinformationen von der
Mobilstation an den XXY BSC stark (Abs. [0004]).
Als Alternative diskutiert das Klagepatent eine Übertragung
der XXZ-Messwerte auf dem für die Übertragung der XXY-Messwerte vorgesehenen,
in einem „Non Stealing-Mode“ arbeitenden A1. Die in Abs. [0005]
beschriebene Übertragung der XXZ-Messwerte auf dem A1-Kanal löst zwar das in
Abs. [0004] der Klagepatentschrift genannte Problem der Beeinträchtigung der
Sprachübertragung. Allerdings ist der streitgegenständliche Patentanspruch
darauf nicht gerichtet. Zudem geht eine solche Lösung ebenfalls zu Lasten
anderer Informationen, da in den von dem mobilen Endgerät an den XXY BSC
gesendeten Messwertberichten XXZ-Messwerte mindestens teilweise originäre
XXY-Messwerte ersetzen (Abs. [0016], Figur 2, Verfahrensschritte 106 und 108,
so auch BPatG, Anlage ZVB 6, S. 15).
Objektiv gesehen liegt dem Klagepatent daher die Aufgabe
zugrunde, die XXZ-Messwerte qualitativ und quantitativ in einer solchen Art und
Weise umzuwandeln, dass sie zum einen über einen XXY-Steuerkanal, bevorzugt den
A1, an den XXY BSC übertragen werden können. Zum anderen müssen sie mit den
originären XXY-Messwerten vergleichbar werden, um dem XXY BSC eine Grundlage
für eine netzübergreifende D1dover-Entscheidung zu bieten. Zusätzlich muss die
Umwandlung der XXZ-Messwerte in XXY-Messwerte so durchgeführt werden, dass die
begrenzte Übertragungskapazität des XXY-Steuerkanals möglichst gut genutzt
wird, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass nur solche umgewandelten
XXZ-Messwerte übertragen werden, die für potentiell aufzubauende
XXZ-Verbindungen mit einer hinreichenden Übertragungsqualität stehen. Denn
andernfalls würde die Übertragung der originären XXY-Messwerte der
XXY-Nachbarzellen so stark reduziert, dass ein ggf. erforderlicher XXY-interner
D1dover verzögert oder gar verhindert würde (so auch BPatG, Anlage ZVB 6, S.
16).
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt Patentanspruch 6 in der
durch das Bundespatentgericht aufrecht erhaltenen Fassung ein mobiles Endgerät
mit folgenden Merkmalen vor:
1. Mobiles Endgerät zur Verwendung beim Transport von
Messinformation
1.1. von einem ersten Kommunikationssystem
1.2. an ein XXY-Kommunikationssystem.
2. Das mobile Endgerät weist auf:
2.1. ein Mittel zum Umwandeln einer Vielzahl von mit dem
ersten Kommunikationssystem assoziierten XXQ-Downlink-Messwerten in eine
Vielzahl von Downlink-Messwerten für das XXY-Kommunikationssystem unter
Verwendung der folgenden Gleichung:
RXLEV = XXQ + OFFSET,
wobei OFFSET eine Konstante ist;
2.2. ein Mittel zum Vergleichen der umgewandelten Vielzahl
von Downlink-Messwerten mit mindestens einem Schwellenmesswert; und
2.3. ein Mittel zum Senden von mindestens einem der
umgewandelten Vielzahl von Downlink-Messwerten
2.3.1. auf einem Steuerkanal
2.3.2. an einen Knoten im XXY-Kommunikationssystem,
2.3.3. falls der mindestens eine der umgewandelten Vielzahl
von Downlink-Messwerten einen vorbestimmten Schwellenmesswert übersteigt.
Die gegenüber der der landgerichtlichen Entscheidung
zugrundeliegenden Anspruchsfassung bestehenden, auf der lediglich beschränkten
Aufrechterhaltung des Klagepatents durch das Bundespatentgericht beruhenden
Abweichungen sind durch Unterstreichungen gekennzeichnet.
b)
Vor dem Hintergrund des Vorbringens der Parteien bedarf die
technische Lehre des Klagepatents näherer Erläuterung.
aa)
Patentanspruch 6 stellt ein mobiles Endgerät zur Verwendung
beim Transport von Messinformation von einem ersten, nicht näher
konkretisierten Kommunikationssystem an ein XXY-Kommunikationssystem unter
Schutz (MerkmalsgrDpe 1). Da das mobile Endgerät somit in der Lage sein muss,
Messinformation beider Kommunikationssysteme zu verarbeiten, ist klar, dass es
sich um ein sog. „Dualmode“-Endgerät D1deln muss. Auch wenn sich
Patentanspruch 6 im Hinblick auf das erste Kommunikationssystem nicht auf ein
bestimmtes Netz festlegt, ist unter Berücksichtigung der Beschreibung klar,
dass es sich dabei insbesondere um das XXZ-Netz D1delt, ohne dass der
Schutzbereich darauf beschränkt wäre. Da die Messinformation gemäß
MerkmalsgrDpe 1 von dem ersten Kommunikationssystem an ein
XXY-Kommunikationssystem transportiert werden soll, kann es sich bei dem ersten
Kommunikationssystem somit um jedes von XXY verschiedene Netz D1deln, solange
mit diesem Kommunikationssystem XXQ-Downlink-Messwerte assoziiert sind.
Andernfalls fehlt der in Merkmal 2.1. angesprochenen Umwandlung die Grundlage.
Innerhalb des XXY-Kommunikationssystems stellt sich das der Erfindung
zugrundeliegende Problem des netzübergreifenden „D1dovers“ von
vornherein nicht.
bb)
Um einen solchen netzübergreifenden „D1dover“ zu
ermöglichen, weist das mobile Endgerät drei Mittel auf, die in Patentanspruch 6
jeweils nur über ihre Funktion näher konkretisiert sind, nämlich jeweils ein
Mittel
1. zum Umwandeln einer Vielzahl von Downlink-Messwerten
(MerkmalsgrDpe 2.1.),
2. zum Vergleichen der umgewandelten Vielzahl von Downlink-Messwerten
mit mindestens einem Schwellenmesswert (Merkmal 2.2.) und
3. zum Senden von mindestens einem der umgewandelten
Vielzahl von Downlink-Messwerten an einen Knoten im XXY-Kommunikationssystem
(MerkmalsgrDpe 2.3.).
Solange das mobile Endgerät in der Lage ist, die
vorgenannten Funktionen zu erfüllen, ist die nähere technische Gestaltung der
einzelnen Mittel dem Fachmann, bei dem es sich um einen Dipl.-Ing. der Elektro-
oder Nachrichtentechnik mit Universitätsausbildung, mehrjähriger Berufserfahrung
und einschlägigen Kenntnissen auf dem Gebiet der Konzeption von
Mobilfunksystemen, insbesondere im Bereich XXY- und XXZ-Netzwerke, D1delt (so
auch BPatG, Anlage ZVB 6, S. 21), überlassen.
cc)
Den Kern der Erfindung bildet die in Merkmal 2.1. angesprochene
Umwandlung einer Vielzahl von mit dem ersten Kommunikationssystem assoziierten
XXQ-Downlink-Messwerten in eine Vielzahl von Downlink-Messwerten für das
XXY-Kommunikationssystem.
(1)
Eine solche Umwandlung ist notwendig, da sich die
XXZ-Messinformation, bei der es sich nach der nunmehr streitgegenständlichen
Anspruchsfassung zwingend um XXQ-Messinformation – und damit nicht um die in
der Klagepatentbeschreibung ebenfalls angesprochene Ec/Io-Messinformation –
D1delt, von der typischen XXY-Messinformation unterscheidet (Abs. [0014] a.E.).
Da die Downlink-Messwerte später auf einem Steuerkanal an einen Knoten (XXY
BSC) im XXY-Kommunikationssystem (Merkmale 2.3.1. und 2.3.2.) und demnach auf
den im XXY-Netz zur Verfügung stehenden Steuerkanälen, insbesondere dem A1,
gesendet werden sollen, muss zunächst das Messformat der XXQ-Downlink-Messwerte
in das der XXY-Messwerte umgewandelt werden (Abs. [0014] und [0017]). Nur so
lassen sich die im ersten Kommunikationssystem gewonnenen Messwerte über die
Kanäle des XXY-Kommunikationssystems übertragen (so auch BPatG, ZVB 6, S. 25).
(2)
Dass allein eine solche Anpassung des Messformats für eine
anspruchsgemäße Umwandlung nicht ausreichend sein kann, erschließt sich ohne
Weiteres mit Blick auf die patentgemäß vorgesehene weitere Verwendung der
umgewandelten XXQ-Downlink-Messwerte. Bei diesen soll es sich nicht nur um
Downlink-Messwerte für das XXY-Kommunikationssystem D1deln. Sie werden vielmehr
nach ihrer Umwandlung mit einem Schwellenmesswert verglichen und ggf., bei
Überschreitung des Schwellenmesswertes, an einen Knoten (XXY BSC) im XXY-Kommunikationssystem
übertragen.
Auch wenn der XXY BSC selbst einschließlich der dort
stattfindenden Datenverarbeitungsprozesse außerhalb des Erfindungsgegenstandes
liegt, ist er insofern rechtlich bedeutsam, als seine in Patentanspruch 6
vorausgesetzte Beschaffenheit Rückschlüsse auf die Anforderungen an die ihm
übermittelten Downlink-Messwerte zulässt (vgl. hierzu: OLG Düsseldorf, Urt. v.
11.02.2016, Az.: I-2
U 19/15
, NJOZ 2016, 1014, 1019). Klagepatentgemäß ist es der XXY-BSC, der
eingehende Messinformationen bewertet und davon ausgehend
Weiterleitungsentscheidungen trifft (Abs. [0012], S. 4, Z. 13 f.; Abs. [0015],
S. 5, Z. 2f.). Dazu ist er jedoch nur in der Lage, wenn er Messinformationen
erhält, die er verarbeiten kann und die zugleich eine geeignete Grundlage für
die zu treffende Weiterleitungsentscheidung darstellen. Dies setzt voraus, dass
die umgewandelten XXQ-Downlink-Messwerte mit den originären XXY-Messwerten
vergleichbar sind, und zwar derart, dass durch den XXY-BSC eine
systemübergreifende D1dover-Entscheidung getroffen werden kann. Die originären
XXY-Messwerte und die für das XXY-Kommunikationssystem umgewandelten
XXQ-Downlink-Messwerte müssen daher jeweils als ein Maß für die Qualität der
zugehörigen Funkverbindung geeignet sein (so auch BPatG, Anlage ZVB 6, S. 25
unten). Damit korrespondierend spricht das Klagepatent in Figur 2 in Schritt
(104) von einer Umwandlung (allerdings des Ec/Io-Wertes) in eine passende
XXY-Signalstärke („adequate XXY signal strength“). Zudem soll die
Mobilstation die XXQ-Messinformation nach Abs. [0015] der
Klagepatentbeschreibung in geeignete XXY-Signalstärkeinformationen umwandeln
(„the MS (22) converts the retrieved […] XXQ measurement information to
appropriate XXY signal strength information“, Unterstreichung hinzugefügt).
(3)
Die vorstehend angesprochene Vergleichbarkeit ist nicht
notwendigerweise mit einer Identität gleichzusetzen. Solange die Messwerte
dergestalt vergleichbar sind, dass der XXY BSC die ihm übertragene
Weiterleitungsentscheidung treffen kann, muss es sich bei den umgewandelten
XXQ-Downlink-Messwerten nicht um XXY-Messwerte D1deln. Merkmal 2.1. verlangt
keine Umwandlung von XXQ-Downlink-Messwerten in XXY-Downlink-Messwerte.
Ausreichend, aber auch erforderlich ist vielmehr lediglich die Umwandlung der
mit dem ersten Kommunikationssystem assoziierten XXQ-Downlink-Messwerte in
Downlink-Messwerte für das XXY-Kommunikationssystem („for sQd XXY
communication system“, Unterstreichung hinzugefügt). Am Ende des
Umwandlungsprozesses müssen somit Downlink-Messwerte stehen, die
a) über einen Steuerkanal des XXY-Kommunikationssystems
übertragen werden können;
b) den in Merkmal 2.2. angesprochenen Vergleich mit einem
Schwellenmesswert zulassen und
c) durch die XXY-BSC (in der Terminologie des
Patentanspruchs: den Knoten) verarbeitet und als Grundlage der
Weiterleitungsentscheidung herangezogen werden können.
Nicht notwendig ist demgegenüber die Erzeugung von
Messwerten, die vollumfänglich und in jeder Einzelheit XXY-Messwerten
entsprechen.
(4)
Anders, als in der noch vor dem Landgericht
streitgegenständlichen Anspruchsfassung legt sich Patentanspruch 6 im Hinblick
auf den für die Umwandlung einzuschlagenden Weg fest: Die Umwandlung soll unter
Verwendung der Gleichung RXLEV = XXQ + OFFSET erfolgen, wobei OFFSET eine
Konstante ist. Dabei steht RXLEV (received signal level) für die XXY- und XXQ
(received signal code power) für die XXZ-Signalstärkemessungen, jeweils in
Dezibel Milliwat (dBm) (Abs. [0015], S. 5, Z. 9-11). Um einen RXLEV-Wert zu
erhalten, soll somit zu dem XXQ-Wert ein OFFSET-Wert hinzuaddiert werden. Da
der OFFSET-Wert konstant sein muss, ist klar, dass dieser, anders als bei der
in Abs. [0015] der Klagepatentbeschreibung zu findenden Gleichung, stets
unabhängig vom Messwert XXQ ist (so auch BPatG, Anlage ZVB 6, S. 32 unten).
Wie der Senat bereits im Rahmen der Darstellung des Standes
der Technik im Einzelnen ausgeführt hat, sind RXLEV (in XXY) und XXQ (in XXZ)
jeweils ein Maß für die jeweilige Empfangsleistung auf einem Kanal und damit
automatisch (bei jeweils bekannter Sendeleistung der Basisstation) ein Maß für
den sog. Kanalverlust. Damit sind – vereinfacht ausgedrückt und Effekte wie
Mehrwegeausbreitung etc. vernachlässigend – beide Größen ein Maß für die
Entfernung zwischen Sender (im hier interessierenden Downlink-Fall die
Basisstation) und Empfänger (= Endgerät) (so auch BPatG, Anlage ZVB 6, S. 39;
hinsichtlich der Vergleichbarkeit im Ergebnis ebenso im britischen
Parallelverfahren: High Court of Justice, Anlagen CBHu1a, S. 17 ff., Rz. 69 –
75).
(5)
Dass die Werte RXLEV und XXQ nach der
Klagepatentbeschreibung (Abs. [0015], S. 5, Z. 9-11) jeweils in dBm angegeben
werden, lässt nicht den Schluss zu, diese zunächst analog vorliegenden
Messwerte dürften vor der anspruchsgemäßen Umwandlung nicht einer digitalen
Codierung („Mapping“) unterworfen werden. Weder in Patentanspruch 6
noch in der Klagepatentbeschreibung findet sich ein Hinweis, dass die zu
verarbeitenden Messwerte bzw. die zu transportierende Messinformation in
analoger Form vorliegen müssten. Insbesondere lässt sich ein derartiges
„Codierungsverbot“ nicht allein aus der Verwendung der Begriffe
„Messwert“ und „Messinformation“ herleiten. Da die
Umwandlung der Messwerte vom Endgerät mittels der in Patentanspruch 6 genannten
Gleichung bzw. fachnotorisch von dessen Digitalteil (zentraler Mikroprozessor,
Signalprozessor oder Digitalteil eines sog. Mixed-Signalbausteins) vorgenommen
wird, ist dem Fachmann unter Berücksichtigung seines Fachwissens klar, dass die
XXQ-Werte als quantisierte, d.h. digital codierte Werte vorliegen, zu denen
dann ein ebenfalls digital codierter Offset-Wert addiert wird. Vergleichbares
gilt im Hinblick auf die RXLEV-Werte. Auch hierbei kann es sich um digital
codierte Werte D1deln, wobei die Codierung im Endgerät auch vor der Übertragung
über den Steuerkanal geändert werden kann (so auch BPatG, Anlage ZVB 6, S. 27).
Eine Bestätigung dieser Auslegung erhält der Fachmann nicht
zuletzt mit Blick auf das in Figur 2 nebst der zugehörigen Beschreibung
gezeigte Ausführungsbeispiel. Auch dort werden sowohl die XXZ- als auch die
XXY-Messwerte zunächst in einem Speicher des Endgerätes gespeichert, bevor sie
von dem Mikroprozessor des Endgerätes ausgelesen, umgewandelt (XXZ-Messwerte)
und anschließend miteinander verglichen werden (Abs. [0015] f.; BPatG, Anlage
ZVB 6, S. 25). Dementsprechend ist dem Fachmann klar, dass auch im
Ausführungsbeispiel die im Endgerät gewonnenen, zunächst noch analogen
Messwerte einer anschließenden Quantisierung und damit einer digitalen
Codierung unterworfen werden (so auch BPatG, Anlage ZVB 6, S. 25; im Ergebnis
ebenso im britischen Parallelverfahren: High Court of Justice, Anlagen CBHu1a,
S. 14 f., Rz. 58 – 61).
dd)
Da die Kapazität der im XXY-Kommunikationssystem zur
Verfügung stehenden Übertragungskapazität begrenzt ist und die Qualität der
Sprachinformation bei der Übertragung möglichst nicht beeinträchtigt werden
soll (vgl. Abs. [0006]), muss sichergestellt sein, dass nur die (XXZ-)
Messinformation an den XXY BSC übertragen wird, die dieser für seine
Weiterleitungsentscheidung benötigt (vgl. auch im britischen Parallelverfahren:
High Court of Justice, Anlagen CBHu1a, S. 12, Rz. 60). Dem trägt Merkmal 2.3.3.
Rechnung, wonach eine Übertragung der umgewandelten Downlink-Messwerte nur im
Fall der Überschreitung eines vorbestimmten Schwellenmesswertes erfolgen soll.
Dementsprechend bedarf es eines Mittels zum Vergleichen der umgewandelten
Vielzahl von Downlink-Messwerten mit mindestens einem Schwellenmesswert.
Was unter dem Begriff des „Schwellenmesswertes“,
der unstreitig nicht der allgemeinen Fachsprache entlehnt ist, zu verstehen
sein soll, erläutert die Klagepatentschrift dem Fachmann nicht ausdrücklich.
Der technische Sinngehalt dieses Begriffes ist daher im Wege der
funktionsorientierten Auslegung zu ermitteln, wobei zu berücksichtigen ist,
dass das Klagepatent hinsichtlich der dort verwendeten Begriffe sein eigenes
Lexikon darstellt (BGH, GRUR 1999, 909, 911 – Spannschraube;
BGH, GRUR 2005, 754, 755 –
werkstoffeinstückig; BGH, GRUR 2008, 887, 889 – Momentanpol II;
BGH, GRUR 2015, 875, 876 – Rotorelemente;
BGH, GRUR 2016, 361, 362 – Fugenband; OLG
Düsseldorf Urt. v. 31.08.2017, Az.: I-2
U 6/17
BeckRS 2017, 125978).
Der Begriff „Schwellenmesswert“ bedeutet aus sich
heraus und bei einer rein am Wortlaut orientierten Betrachtung zunächst erst
einmal nur, dass es sich um einen bestimmten Wert D1delt, der eine Schwelle
definiert, und zwar bei einer Zusammenschau der Merkmale 2.2., 2.3. und 2.3.3.
die Schwelle, bei deren Überschreiten ein zuvor umgewandelter Downlink-Messwert
auf dem Steuerkanal an einen Knoten im XXY-Kommunikationssystem gesendet werden
soll. Nichts gesagt ist damit zum Format dieses
„Schwellenmesswertes“. Im Hinblick auf Merkmal 2.2. ist aber
zumindest klar, dass es sich um ein Format D1deln muss, welches den in Merkmal
2.2. angesprochenen Vergleich zulässt.
Nachdem sich der Begriff des „Schwellenmesswertes“
lediglich in den Patentansprüchen 1 und 6, nicht aber in der
Klagepatentbeschreibung findet und insbesondere auch nicht in der allgemeinen
Beschreibung der Erfindung näher erläutert wird, richtet der Fachmann seinen
Blick zwangsläufig auf die in Abs. [0010] ff. sowie den Figuren 1 und 2
gezeigten Ausführungsbeispiele.
Die in Figur 2 offenbarte Gestaltung zeichnet sich dadurch
aus, dass die aus einem lokalen Speicher der Mobilstation abgerufenen Ec/Io-
oder XXQ-Informationen (Schritt 102a)) in eine passende XXY-Signalstärke
umgewandelt (Schritt (104)) und sodann mit ebenfalls aus einem lokalen Speicher
abgerufenen XXY-Signalstärkeinformationen verglichen werden (Schritt 106)). Die
Mobilstation ruft dann eine vorbestimmte Anzahl der „besten“
Messwerte aus Schritt (106) ab, die in einem Messbericht an den XXY BSC (14)
berichtet werden (Abs. [0016]). Es findet somit in der Mobilstation ein
Vergleich der gemessenen XXY- und XXZ-Messwerte statt, wobei die
„besten“ Messwerte übermittelt werden. Einen solchen Vergleich mit
zuvor gemessenen und lediglich vorübergehend im lokalen Zwischenspeicher
abgelegten XXY-Messwerten sieht Patentanspruch 6 jedoch gerade nicht vor,
sondern stellt auf einen vorbestimmten (predetermined), d.h. vorab festgelegten
Schwellenmesswert ab (Merkmal 2.3.). Es wird demnach anstatt eines Vergleichs
der umgewandelten XXZ-Messwerte mit XXY-Messwerten ein theoretischer,
vorbestimmter Standard-XXY-Schwellen(mess)wert verwendet. Das in Figur 2 nebst
der zugehörigen Beschreibung gezeigte Ausführungsbeispiel lässt sich somit nicht
in Einklang mit Patentanspruch 6 bringen und darf dementsprechend nicht zur
Bestimmung des Gegenstands des Klagepatents herangezogen werden (BGH, GRUR
2015, 972
, 974 – Xgestänge).
Vom Schutzbereich umfasst ist demgegenüber das in der
Klagepatentbeschreibung angesprochene weitere Ausführungsbeispiel, das auf S.
5, Z. 20 – 24 der vorgelegten deutschen Übersetzung (Anlage EIP C1a) wie folgt
beschrieben wird:
„Alternativ kann die MS in Schritt 106 anstatt die
umgewandelten XXZ-Messwerte mit XXY-Messwerten zu vergleichen, jeden
gespeicherten XXZ-Messwert in einen passenden XXY-Signalstärkewert umwandeln
und jeden umgewandelten Messwert, der einen vorbestimmten Signalstärken-Schwellenwert
überschreitet, auswählen, um ihn an die XXY BSC 14 zu berichten.“
Bei dieser Ausgestaltung werden die umgewandelten
XXZ-Messwerte somit nicht mehr mit „realen“ XXY-Messergebnissen,
sondern mit einem vorgegebenen, und damit ggf. auch theoretischen Schwellenwert
verglichen. Zu dessen technischer Ausgestaltung äußert sich das Klagepatent
lediglich dahingehend, dass es sich um einen
„Signalstärke-Schwellenwert“ D1deln soll. Da die XXZ-Messwerte
zunächst in einen passenden XXY-Signalstärkewert umgewandelt und dieser dann
mit dem „Signalstärke-Schwellenwert“ verglichen werden soll, deutet
dies darauf hin, dass auch der Schwellenwert – wie auch immer – für eine
bestimmte Signalstärke steht.
An dieser Stelle bleibt der Fachmann jedoch nicht stehen,
sondern bezieht in seine Überlegungen mit ein, dass Patentanspruch 6 gerade
nicht, wie die Klagepatentbeschreibung im Rahmen der Erläuterung des
bevorzugten Ausführungsbeispiels, auf das die Erfindung nicht reduziert werden
darf und das lediglich der Beschreibung von Möglichkeiten der Verwirklichung
des Erfindungsgedankens dient (BGH, GRUR
2004, 1023
 = GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige
Vereinzelungseinrichtung; BGH, GRUR 2007, 778, 779?f. –
Ziehmaschinenzugeinheit; BGH, GRUR 2008, 779, 783 – Mehrgangnabe;
OLG Düsseldorf, Urt. v. 01.02.2018, Az.: I-2
U 33/15
, GRUR-RS 2018, 11286 m.w.N.), einen Vergleich mit einem
„Signalstärken-Schwellenwert“ verlangt, sondern auf einen Vergleich
mit einem „Schwellenmesswert“ („treshold measurement
value“) abstellt. Hierbei kann es sich begrifflich um einen
„Signalstärken-Schwellenwert“, aber auch um jeden anderen
vorbestimmten Schwellenwert D1deln, der bestimmt, welche Messwerte letztlich
übertragen werden sollen. Insbesondere besteht kein Anlass, allein aus dem
Begriffsbestandteil Schwellenmesswert den zwingenden Schluss zu ziehen, der
Schwellenmesswert müsse aus vorangegangenen Messungen resultieren. Ein solches
Verständnis stünde vielmehr ggf. im Widerspruch zu Merkmal 2.3.3., wonach der
Schwellenmesswert vorbestimmt („predetermined“) sein soll.
Auch unter funktionalen Gesichtspunkten ist ein
einschränkendes Verständnis des Begriffes „Schwellenmesswert“ nicht
geboten. Seine ihm zugewiesene Funktion als Schranke für die an den XXY BSC zu
übertragenden Messwerte kann der Schwellenmesswert ebenso erfüllen, wenn es sich
lediglich um einen vorab festgelegten beliebigen Wert D1delt, bei dessen
Überschreiten der jeweilige umgewandelte XXZ-Messwert gesendet wird. Vorheriger
Messungen zur Bestimmung des Schwellenmesswertes bedarf es dafür ebenso wenig
wie einen, selbst für eine bestimmte Signalstärke stehenden Schwellenmesswert.
Ausreichend, aber auch erforderlich ist vielmehr eine bestimmte, zuvor
festgelegte Größe, die es ermöglicht, sicherzustellen, dass letztlich
diejenigen umgewandelten Downlink-Messwerte übermittelt werden, welche der XXY
BSC für seine Weiterleitungsentscheidung benötigt. Das sind letztlich
diejenigen, die die beste Signalqualität repräsentieren (vgl. auch S. 5, Z. 15
Übermittlung der „besten“ Messwerte). Denn nur dann kann den XXY BSC
letztlich ermitteln, welche in Betracht kommende Nachbarzelle letztlich für den
„D1dover“ am besten geeignet ist. Dies sind naturgemäß die
„höchsten“ Messwerte. Solange der „Schwellenmesswert“ die
Übermittlung dieser Messwerte sicherstellt, steht seine nähere technische
Gestaltung im Belieben des Fachmanns. Mit anderen Worten muss es sich um die
Schwelle D1deln, bei deren Überschreiten ein zuvor umgewandelter
Downlink-Messwert auf dem Steuerkanal an einen Knoten im
XXY-Kommunikationssystem gesendet wird.
c)
Von der so umschriebenen technischen Lehre des Klagepatents
macht die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß Gebrauch.
aa)
Dass es sich bei der angegriffenen Ausführungsform um ein
mobiles Endgerät zur Verwendung beim Transport von Messinformation von einem
ersten Kommunikationssystem, XXZ, an ein XXY-Kommunikationssystem D1delt
(MerkmalsgrDpe 1), steht zwischen den Parteien zu Recht nicht in Streit, so
dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf.
bb)
Zu diesem Zweck weist die angegriffene Ausführungsform ein
Mittel zum Umwandeln von mit dem ersten Kommunikationssystem assoziierten
XXQ-Downlink-Messwerten in eine Vielzahl von Downlink-Messwerten für das
XXY-Kommunikationssystem im Sinne von Merkmal 2.1. auf.
(1)
Der im vorliegenden Verfahren interessierende
„D1dover“ zwischen dem XXZ- und dem XXY-Netz ist im 3GPP Standard TS
45.008 mit dem Titel „Digital cellular telecommunication system (Phase
2+); Radio subsystem link control“ („Digitales
Zellkommunikationssystem (Phase 2+); Funksystem-Verbindungssteuerung
(FDD)“ beschrieben. Version 5.2.22 der Veröffentlichung 5 des 3 GGP TS
45.008, Version 6.16.0 der Veröffentlichung 6 des 3GGP TS 45.008 und Version
7.3.0. der Veröffentlichung 7 des 3 GPP TS 45.008 und alle nachfolgenden
Versionen und Veröffentlichungen dieser technischen Spezifikation
berücksichtigen die in Streit stehende Technologie. Soweit nachfolgend auf den „XXY-Standard“
abgestellt wird, bezieht sich dies auf die durch die Klägerin als Anlage EIP C8
vorgelegte Version I TS 145.008 (Version 5.22.0) bzw. die als Anlage EIP C8a
vorgelegte Teil-Übersetzung. Die Ausführungen zum „XXZ-Standard“
beziehen sich auf das als Anlage B 7 zur Akte gereichte Dokument
„Universal Mobile Telecommunications System (XXZ); Requirements for sDport
of radio resource management (FDD); 3GGP TS 25.133 version 5.17.0, Release
5“).
(2)
Gemäß Ziffer 3.1. des XXY-Standards wird der gesamte D1dover-Prozess
in der Mobilstation, im BSS (Base Station Subsystem) sowie im MSC (Mobile
Switching Center) umgesetzt. Die Messungen der Downlink-Leistung des
Funkteilsystems und der Signalpegel von Signalen, die von umliegenden Zellen
empfangen wurden, erfolgt in der Mobilstation, wobei die Ergebnisse dieser
Messungen an das BSS zur Auswertung gesandt werden.
(a)
Regelungen zu den entsprechenden FunkverbindunXXYessungen
finden sich in Abschnitt 8 des XXY-Standards. Nach Ziffer 8.1.1. kann der
empfangene Signalpegel als ein Kriterium bei D1dover-Verfahren verwendet
werden, wobei der empfangene Signalpegel im XXY-Netz im gesamten Bereich von
-110 dBm bis -48 dBm zzgl. zu berücksichtigender Toleranzen liegt.
Abschnitt 8.1.4. beschreibt die Codierung der gemessenen
Signalpegel in ein 6-Bit-Format. Dabei wird dem jeweils gemessenen RXLEV-Wert
ein ganzzahliger Wert von 0 bis 63 zugewiesen, und zwar entsprechend dem
nachfolgend eingeblendeten Codierungsschema:
Alle RXLEV-Werte von weniger als -110 dBm werden somit, vorausgesetzt,
der Wert „SCALE“ ist auf 0 gesetzt, im 6-Bit-Format mit „0“
abgebildet. Die Abbildung der Werte im Bereich -110 dBm bis -48 dBm erfolgt als
ganze Zahlen in 1-dBm-Schritten. Der RXLEV-Wert von -109,5 dBm wird somit
beispielsweise als ganze Zahl „1“ codiert. Werte von mehr als -48 dBm
werden alle auf die ganze Zahl „63“ abgebildet.
Für Zellen einer anderen Funkzellentechnologie, also
insbesondere XXZ, wird RXLEV durch die entsprechende Messqualität für diese
Funkzugangstechnologie ersetzt (vgl. XXY-Standard, Ziff. 8.1.1. a.E.). Vorgaben
für die hierbei zu verwendenden Messgrößen finden sich in Abschnitt 8.1.5.1.
des XXY-Standards, wobei hier als Messgrößen neben CPICH Ec/No und RSSI auch
der für die Beurteilung der Verletzungsfrage relevante Parameter CPICH XXQ
genannt und, für die Zellenneuauswahl, als allein maßgeblich definiert wird
(„XXQ shall be used for the cell reselection ranking criteria“).
Auch die XXQ-Messwerte werden nicht unverändert übertragen,
sondern ebenfalls codiert. Im XXZ-Standard findet sich dafür folgendes
Codierungsschema:
Damit diese 7-Bit-Werte (mit einem Wertebereich zwischen 0
und max. 127) im XXY-Protokoll übertragen werden können, werden sie in eine
6-Bit-Darstellung, also in einen Wertebereich von 0 bis 63, überführt. Dabei
werden die ursprünglichen Bitwerte über „63“ durch den Bitwert
„63“ ersetzt. Gemäß Abschnitt 8.1.5.1. des XXY-Standards folgt daraus
das folgende Codierungsschema:
Alle XXQ-Werte von weniger als -115 dBm werden somit im
6-Bit-Format mit „0“ abgebildet. Die Abbildung der Werte im Bereich
-115 dBm bis -53 dBm erfolgt als ganze Zahlen in 1 dBm-Schritten. Der XXQ-Wert
von -109,5 dBm wird somit beispielsweise als „6“ codiert. Werte von
mehr als -53 dBm werden alle auf die ganze Zahl „63“ abgebildet.
(b)
Zutreffend hat das Landgericht in diesem „Mapping“
ein „Umwandeln“ im Sinne der MerkmalsgrDpe 2.2. gesehen.
Zwar reicht hierfür die Überführung der im XXZ-Standard
vorD1denen 7 Bit langen Werte in die im XXY-Standard vorgesehene
6-Bit-Darstellung für sich genommen nicht aus. Denn hierbei D1delt es sich
zunächst erst einmal nur um eine Anpassung des „Messformats“, bei der
es sich um eine notwendige, aber nicht die einzige Voraussetzung einer
Umwandlung im Sinne des Klagepatents D1delt. Bei diesem „Mapping“ kommt
jedoch zugleich auch die im Klagepatentanspruch nunmehr zu findende
Umrechnungsformel zur Anwendung, wie die nachfolgende, bereits auf Seite 83 des
landgerichtlichen Urteils zu findende, durch den Senat ergänzte und leicht
modifizierte Tabelle verdeutlicht:
Daraus geht hervor, dass die als ganze Zahlen dargestellten
Berichtswerte für RXLEV bei jeweils identischem Berichtswert konstant um die
Zahl „5“ über den jeweiligen XXQ-Berichtswerten liegen. So ist
beispielhaft dem Bereich -114 ? XXQ < -113 der Berichtswert „2“
zugeordnet. Mit Letzterem korrespondiert in XXY der RXLEV-Bereich -109 ? signal
level ? -108.
Somit erfolgt die Umwandlung exakt nach der in
Patentanspruch 6 genannten Formel, wobei der konstante OFFSET „5“
beträgt. Soweit die Beklagte die Richtigkeit der vorstehend eingeblendeten
Tabelle mit der Begründung in Frage stellt, im XXY-Standard sei nicht eindeutig
geregelt, ob einem RXLEV-Messwert von -109 dBm ein Berichtswert von
„1“ oder „2“ zugeordnet sei, vermag sie damit nicht
durchzudringen. Es mag sein, dass die entsprechende Zuordnung in Abhängigkeit
vom jeweiligen Netzbetreiber unterschiedlich sein kann. Auch trifft es zu, dass
sich entsprechende Ungenauigkeiten im XXZ-Standard nicht finden. Grundlegende
Auswirkungen auf das Codierungsschema ergeben sich aus der angesprochenen
Problematik jedoch bereits deshalb nicht, weil sich die durch die Beklagte
angesprochene Zuordnungsproblematik ausschließlich bei dem jeweiligen exakten
Grenzwert ergibt. Sobald der entsprechende Messwert davon auch nur minimal nach
oben oder unten abweicht, lässt sich dieser eindeutig einem konkreten
Berichtswert zuordnen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten führt es aus dem
Schutzbereich des Klagepatents auch nicht heraus, dass die jeweiligen
Berichtswerte für XXY und XXZ jeweils in ihrer ursprünglichen Gestalt, d.h.
ohne eine weitere Umwandlung oder Zusammenführung, an die XXY BSC übermittelt
werden. Die Umwandlung hat im Zeitpunkt der Übermittlung bereits durch die
jeweilige Zuweisung der entsprechenden ganzzahligen Berichtswerte unter
Zugrundelegung der im Klagepatentanspruch genannten Formel stattgefunden. Im
Übrigen liegen auch die XXZ- und XXY-Berichtswerte jeweils exakt um den Wert
„5“ auseinander. So wird dem XXQ-Wert -109,5 dBm der Berichtswert 6 zugewiesen.
Für den RXLEV-Wert -109,5 dBm beträgt der zugehörige Berichtswert demgegenüber
1. Auch die Berichtswerte unterliegen damit letztlich der im Patentanspruch zu
findenden Umwandlungsformel RXLEV = XXQ + OFFSET, wobei der konstante
OFFSET-Wert in diesem Fall „-5“ beträgt. Dass die Übermittlung der
XXQ- und RXLEV-Werte vor ihrer Übertragung einer digitalen Codierung
(„Mapping“) unterworfen werden, steht der Verwirklichung der
beanspruchten technischen Lehre nicht entgegen. Insoweit wird auf die Ausführungen
zur Auslegung des Klagepatents Bezug genommen.
Die derart umgewandelten XXQ-Werte sind mit den RXLEV-Werten
auch im Sinne des Klagepatents vergleichbar. Dass dem so ist, folgt bereits aus
der vorstehend im Einzelnen dargelegten Anwendung der in Patentanspruch 6 als
Mittel der Umwandlung explizit genannten Formel. Davon ausgehend kann sich die
Beklagte nicht mit Erfolg darauf berufen, XXQ- und RXLEV-Messinformation seien
verschieden und dementsprechend inhaltlich nicht vergleichbar. Zwar weist die
Klagepatentbeschreibung in Abs. [0013] ausdrücklich auf die bestehenden
Unterschiede hin und fordert vor diesem Hintergrund in Patentanspruch 6 eine
Umwandlung der XXQ-Downlink-Messwerte in Downlink-Messwerte für das
XXY-Kommunikationssystem. Das Mittel der Umwandlung konkretisiert
Patentanspruch 6 sodann jedoch explizit auf die Addition eines konstanten
OFFSET-Wertes zu dem jeweiligen XXQ-Wert. Einer weiteren, darüber
hinausgehenden und wie auch immer gearteten inhaltlichen Veränderung der
entsprechenden Werte bedarf es für eine Umwandlung im Sinne des Klagepatents
dementsprechend nicht.
Davon, dass es sich bei dieser Addition grundsätzlich um ein
taugliches Mittel der Umwandlung der XXQ-Messwerte in RXLEV-Messwerte D1delt,
geht im Übrigen auch das fachkundig besetzte Bundespatentgericht in seinem im
parallelen Nichtigkeitsverfahren ergangenen Urteil aus, das der Senat bei
seiner Entscheidung als sachkundige Stellungnahme zu berücksichtigen hat. So
führt das Bundespatentgericht auf Seite39 f. im ZusammenD1g mit der hinreichenden
Offenbarung unter anderem aus:
„Wie zur Auslegung des Merkmals […] erläutert, sind
sowohl die Messgröße XXQ in XXZ als auch die Messgröße RXLEV in XXY ein Maß für
die jeweilige Empfangsleistung auf einem Kanal und damit automatisch (bei
jeweils bekannter Sendeleistung der Basisstation) ein Maß für den sogenannten
Kanalverlust. Damit sind – vereinfacht ausgedrückt und Effekte wie
Mehrwegeausbreitung etc. vernachlässigend – beide Größen ein Maß für die
Entfernung zwischen Sender (im hier interessierenden Downlink-Fall die
Basisstation) und Empfänger (= Endgerät).
Dabei ist zu beachten, dass die Empfänger in Mobilsystemen
einen sehr großen „Dynamikbereich“ verarbeiten müssen. […]
Dementsprechend stark variiert der Kanalverlust.
Angesichts dieses sehr großen Bereichs von möglichen
Eingangsleistungen fallen andere systemabhängige Faktoren, wie unterschiedlich
große Sendeleistungen der XXZ- und XXY-Basisstationen oder unterschiedliche
Anforderungen an das notwendige minimale Signalzu-Rauschverhältnis nicht so
sehr ins Gewicht bzw. sie können mit einem geeignet gewählten Offset-Wert von
einigen dBm zwischen RXLEV und XXQ berücksichtigt werden.
[…]
Nach alledem ist festzustellen, dass die Messgröße XXQ im
XXZ-System zumindest dann annäherungsweise mit der Messgröße RXLEV im
XXY-System vergleichbar ist, wenn die Einflüsse von Störsignalen bei XXZ
vernachlässigt werden. In diesem Fall können die Unterschiede zwischen XXQ und
RXLEV, die z.B. in der unterschiedlichen Anforderung an das
Signalzu-Rausch-Verhältnis begründet sind, durch einen konstanten, leicht zu
ermittelnden Offset von typischerweise einigen wenigen dBm berücksichtigt
werden.“
Genau ein solcher Offset kommt, wie ausgeführt, im
XXY-Standard zum Einsatz. Dass auch der XXY-Standard von einer Vergleichbarkeit
beider Werte beim Einsatz eines konstanten OFFSET-Wertes ausgeht, wird bereits
dadurch deutlich, dass die wie vorstehend beschrieben gemappten XXQ-Messwerte
die RXLEV-Messwerte nach Abschnitt 8.1.5.1. des XXY-Standards unter Umständen
ersetzten sollen. Ein solcher Ersatz der gemäß Abschnitt 8.1.1. die Grundlage
der Weiterleitungsentscheidung bildenden RXLEV-Messwerte macht jedoch nur dann
Sinn, wenn diese an deren Stelle treten und dementsprechend ebenso eine
taugliche Grundlage der Weiterleitungsentscheidung darstellen können, wofür sie
mit den RXLEV-Messwerten vergleichbar sein müssen. Davon geht der XXY-Standard
offenbar im Hinblick auf die ebenfalls in dBm angegebenen XXQ-Messwerte, nicht
aber für die in dB angegebenen Ec/No-Werte aus, die auch lediglich auf
ganzzahlige Werte zwischen 0 und 49 codiert werden (vgl. XXY-Standard,
Abschnitt 8.1.5.1.).
(c)
Dass der in dem in Abschnitt 8.1.4. des XXY-Standards
erläuterten Codierungsschema zusätzlich vorgesehene Wert „Scale“
nicht zwingend auf „0“ gesetzt sein muss, sondern nach Tabelle 2 des
Abschnitts 9 auch den Wert „+10 dB“ annehmen kann, rechtfertigt keine
andere Bewertung. Zweck dieses Parameters, dessen Offset-Wert der Mobilstation
über den Parameter „Scale_ORD“ (vgl. Tabelle 2 des Abschnitts 9)
vorgegeben wird, ist es, die RXLEV-Messungen am oberen Ende des dB-Bereichs mit
größerer Wiedergabetreue aufzuzeichnen. Beträgt der Wert „+10 dB“,
wird das Berichtsfenster der RXLEV-Werte entsprechend verschoben. So ist
beispielsweise dem RXLEV-Berichtswert „2“ nicht mehr der Wertebereich
„-109 dBm bis -108 dBm“ zugeordnet, sondern der Wertebereich
„-99 dBm bis -98 dBm“. Die Verschiebung des Berichtsfensters führt im
oberen Bereich, also zwischen -48 dBm und -38 dBm, zu einer besseren
Differenzierung zwischen einer Vielzahl starker Zellen. Da der
„Scale“-Wert jedoch, auch wenn er bei einem Wert SCALE_ORD = 2
automatisch von der Mobilstation eingestellt wird, einheitlich auf alle
RXLEV-Werte Anwendung findet, ändert er nichts an der Anwendung der in
Patentanspruch 6 genannten Formel und damit letztlich auch nichts an einer
Vergleichbarkeit der RXLEV- und XXQ-Werte im Sinne des Klagepatents. Ist der Parameter
„Scale“ auf „+10 dB“ gesetzt, bedarf es für die Umwandlung
lediglich eines anderen, ebenfalls konstanten OFFSETs, wie die nachfolgend
eingeblendete Tabelle verdeutlicht.
Für den Fall, dass der Wert „Scale“ auf „+10
dB“ gesetzt ist, beträgt der dem XXQ-Wert nach der in Patentanspruch 6
vorgegebenen Formel hinzuzuaddierende „OFFSET“ nunmehr
„15“. Nachdem es sich dabei ebenfalls wie von Patentanspruch 6
gefordert jeweils um einen konstanten Wert D1delt, der nur ggf. – je nach dem jeweils
gesetzten Wert SCALE_ORD – automatisch durch die Mobilstation gesetzt wird,
rechtfertigt auch die Berücksichtigung des Wertes „Scale“ keine
abweichende Beurteilung der Verletzungsfrage.
(3)
Die angegriffene Ausführungsform verfügt auch über ein
Mittel zum Vergleichen der Vielzahl umgewandelter Messwerte mit mindestens
einem Schwellenmesswert (Merkmal 2.2.), wobei die umgewandelten
Downlink-Messwerte nur dann über den SAACH (vgl. XXY-Standard, Ziffer 8.4.8.2.)
und damit über einen Steuerkanal (des XXY-Netzes) an einen Knoten im
XXY-Kommunikationssystem gesendet werden, wenn dieser Schwellenmesswert
überschritten wird (MerkmalsgrDpe 2.3.).
Bei dem Schwellenmesswert D1delt es sich um den Parameter
„XXX_REPORTING_TRESHOLD“. Dieser kann ausweislich der in Abschnitt 9
des XXY-Standards zu findenden Tabelle 2 für jede Funktechnologie („for
XXY frequency band or access technology/mode XXX“) auf den Wert 0, 6, …,
36 oder unendlich gesetzt werden. Dass es sich bei dem Parameter
„XXX_REPORTING_TRESHOLD“ damit um einen lediglich einheitslosen
Bitwert und nicht um einen zuvor durch Messung ermittelten Wert D1delt, hindert
seine Einordnung als Schwellenmesswert, wie bereits im Rahmen der
Patentauslegung ausgeführt, nicht. Bei einem „Schwellenmesswert“ im
Sinne des Klagepatents kann es sich um jeden vorbestimmten Schwellenwert
D1deln, der bestimmt, welche Messwerte letztlich übertragen werden sollen.
Diesen Anforderungen genügt der Parameter „XXX_REPORTING_TRESHOLD“.
Abschnitt 8.4.8. des XXY-Standards betrifft eine verbesserte
Messwertprotokollierung („EnD1ced Measuring Reporting“). Ein
Bestandteil der dort versendeten „MEASUREMENT INFORMATION“ ist der
Parameter „XXX_REPORTING_TRESHOLD“, wobei „XXX“ das
XXY-Band oder eine weitere Funkzugangstechnologie bzw. einen weiteren Modus
angibt. Um den erweiterten Messbericht zu füllen, müssen die verschiedenen
Zellen in eine Reihenfolge der Meldepriorität gebracht werden, womit sich
Abschnitt 8.4.8.1. des XXY-Standards befasst.
Während die ersten beiden Prioritätsstufen Messwerte von
XXY-Zellen auf demselben Frequenzband (Stufe 1) bzw. auf anderen
Frequenzbändern (Stufe 2) betreffen, betrifft die dritte Stufe Messwerte von
Zellen anderer Technologie und damit auch XXZ-Zellen. Diese sollen in den
erweiterten Messwertbericht aufgenommen werden, wenn der gemeldete Wert den
Parameter „XXX_REPORTING_TRESHOLD“ erreicht oder überschreitet, was
naturgemäß einen Vergleich des für die jeweiligen Zellen gemeldeten Parameters
mit dem Parameter „XXX_REPORTING_TRESHOLD“ voraussetzt. Einen irgendwie
gearteten Vergleich der XXY- und XXZ-Messwerte untereinander setzt
Patentanspruch 6 demgegenüber nicht voraus, sondern stellt allein auf einen
Vergleich des umgewandelten Messwertes mit einem Schwellenmesswert ab. Das
Ergebnis dieses Vergleichs soll sodann die Grundlage für die Entscheidung
bilden, welche Messwerte letztlich an die Basisstation übermittelt werden
sollen.
Dass der entsprechende XXZ-Messwert nur dann in den
erweiterten Messbericht aufgenommen und dementsprechend an die Basisstation
gesendet wird, wenn zusätzlich auch der EC/NO-Berichtswert den Wert
„FDD_REPORTING_TRESHOLD 2“ erreicht, führt aus dem Schutzbereich des
Klagepatents nicht heraus. Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt
hat, schließt es Patentanspruch 6 nicht aus, dass das Senden der umgewandelten
Downlink-Messwerte von mehr als einer Bedingung abhängig gemacht wird. Die
entsprechenden Ausführungen behalten auch nach der zwischenzeitlichen
Beschränkung des Patentanspruchs ihre Gültigkeit, so dass insoweit
vollumfänglich auf das landgerichtliche Urteil, das sich der Senat insoweit zu
Eigen macht, Bezug genommen werden kann (vgl. landgerichtliches Urteil, S. 91
Mitte). Hinzu kommt, dass Patentanspruch 6 in Merkmal 2.2. einen Vergleich mit
mindestens einem Schwellenmesswert verlangt. Bereits dies verdeutlicht, dass
auch das Klagepatent einen Vergleich mit mehreren Schwellenmesswerten nicht von
vornherein ausschließt, sondern vielmehr sogar ausdrücklich zulässt. Ist dem
so, muss es ebenso zulässig sein, sodann auch die Weiterleitungsentscheidung
vom Ergebnis eines solchen, mehrere Schwellenmesswerte einbeziehenden
Vergleichs abhängig zu machen. Andernfalls ergibt die Öffnung des
Schutzbereichs für einen, mehrere Schwellenmesswerte einbeziehenden Vergleich
keinen Sinn.
Maßgebliches Kriterium für die nach der MerkmalsgrDpe 2.3.
zu treffenden Weiterleitungsentscheidung ist das Ergebnis eines Vergleichs der
umgewandelten Downlink-Messwerte mit mindestens einem Schwellenmesswert. Um die
Basisstation und den für die Übertragung zum Einsatz kommenden, lediglich eine
begrenzte Kapazität aufweisenden Steuerkanal nicht mit unnötigen Informationen
zu belasten, sollen nur solche Messwerte übertragen werden, die zumindest den
Schwellenmesswert überschreiten (Merkmal 2.3.3.). Hierbei bezieht sich
Patentanspruch 6 ausschließlich auf die umgewandelten Messwerte und damit auf
diejenigen, die originär das erste Kommunikationssystem betreffen. Diese sollen
umgewandelt, mit einem Schwellenmesswert verglichen und ggf. an einen Knoten im
XXY-Kommunikationssystem gesendet werden. Ob der in diesem Rahmen eingesetzte
Schwellenmesswert in gleicher Weise auch die Grundlage für eine, die XXY-Werte
betreffende Weiterleitungsentscheidung bildet, oder ob dort ggf. ein anderer
Schwellenmesswert (oder vielleicht sogar kein Schwellenmesswert) zum Einsatz
kommt, ist für die Verwirklichung der durch Patentanspruch 6 unter Schutz
gestellten Lehre nicht entscheidend. Die die Messwerte aus dem
XXY-Kommunikationssystem betreffende Weiterleitungsentscheidung liegt außerhalb
des Schutzbereichs des Klagepatents.
Schließlich steht es einer Verletzung des Klagepatents auch
nicht entgegen, dass die XXZ-Messwerte nach dem XXY-Standard dann in den
Messbericht aufgenommen werden sollen, wenn der gemeldete Wert gleich oder
größer als der Parameter „XXX_REPORTING_TRESHOLD“ ist. Zwar stellt
Merkmal 2.3. auf das Überschreiten des Schwellenmesswertes ab, so dass es bei
einer ersten Annäherung nicht ausreichend sein könnte, wenn der
Schwellenmesswert lediglich erreicht, aber noch nicht überschritten wird. Abgesehen
davon, dass auch der natürliche Sprachgebrauch ein derart enges Verständnis
nicht zwingend verlangt, bietet Patentanspruch 6 auch unter Berücksichtigung
der dem Schwellenmesswert zugewiesenen Funktion keinen Anlass, das exakte
Erreichen des Schwellenmesswertes nicht bereits als ein Überschreiten desselben
anzusehen. Unter Berücksichtigung der dem Schwellenmesswert zugewiesenen
Funktion, die Grenze für die zu übermittelten Werte zu definieren, ist dem
Fachmann vielmehr klar, dass auch das bloße Erreichen des Schwellenmesswerts
ein Überschreiten im Sinne des Klagepatents sein kann. Auch dann kann der
Schwellenmesswert seine Funktion als Übermittlungsschranke ohne Weiteres
erfüllen.
d)
Dass die Beklagten im Hinblick auf die vorstehend dargelegte
Schutzrechtsverletzung zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung und, weil sie
das Klagepatent schuldhaft verletzt haben, zum Schadenersatz verpflichtet sind
und der Klägerin, um ihr eine Berechnung ihrer Schadensersatzansprüche zu
ermöglichen, über den Umfang ihrer Benutzungs- und VerletzungsD1dlungen
Rechnung zu legen haben, hat das Landgericht im angefochtenen Urteil im
Wesentlichen zutreffend ausgeführt. Auf die Ausführungen des Landgerichts kann
daher Bezug genommen werden, soweit sich aus den nachfolgenden Ausführungen
nichts Abweichendes ergibt.
aa)
Zu Recht hat das Landgericht neben der Beklagten zu 2) auch
die Beklagte zu 1) unter dem Gesichtspunkt des patentverletzenden Anbietens
i.S.v. § 9 S.
2 Nr. 1 PatG verurteilt.
(1)
Das Anbieten ist nicht nur eine dem Herstellen,
Inverkehrbringen, Gebrauchen, Einführen oder Besitzen vorausgehende
VorbereitungsD1dlung, sondern eine eigenständige Benutzungsart neben diesen
D1dlungen, die selbstständig zu beurteilen und für sich allein
anspruchsbegründend ist (vgl. BGH, GRUR
2003, 1031
 – KDplung für optische Geräte; GRUR
2006, 927
, 928 – Kunststoffbügel; GRUR
2007, 221
, 222 – Simvastin; OLG Düsseldorf, GRUR 2004, 417, 419 –
Cholesterinspiegelsenker; Urt. v. 20.12.2012, Az.: I-2 U 89/07BeckRS 2013, 11856; Urt. v.
30.10.2014, Az. I-2
U 3/14
BeckRS 2014, 21755; Urt. v.
06.10.2016, Az.: I-2
U 19/16
BeckRS 2016, 21218; Urt. v.
05.07.2018, Az.: I-2
U 41/17
BeckRS 2018, 23974). Der
Begriff des Anbietens ist rein wirtschaftlich zu verstehen. Er umfasst jede im
Inland begangene D1dlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert den
Gegenstand der Nachfrage in äußerlich wahrnehmbarer Weise zum Erwerb der
Verfügungsgewalt bereitstellt (BGH, GRUR
2006, 927
– Kunststoffbügel; OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.02.2014, Az. I-2
U 42/13
 = BeckRS 2014, 05732; Urt. v.
27.03.2014, Az.: I-15 U 19/14 = BeckRS 2014, 16067; Urt. v.
30.10.2014, Az.: I-2
U 3/14
 = BeckRS 2014, 21755; Urt. v.
06.10.2016, Az.: I-2
U 19/16
BeckRS 2016, 21218; Urt. v.
05.07.2018, Az.: I-2
U 41/17
BeckRS 2018, 23974; OLG
Karlsruhe, GRUR 2014, 59; Kühnen,
D1dbuch der Patentverletzung, 11. Aufl., Abschn. A, Rz. 266;
Schulte/Rinken/Kühnen, Patentgesetz, 10. Aufl., § 9 Rz. 61). Es ist daher
unerheblich, ob der Anbietende den Gegenstand selbst herstellt oder ob er ihn
von dritter Seite bezieht (BGH, GRUR 2006, 927, 928 –
Kunststoffbügel; Schulte/Rinken/Kühnen, a.a.O., § 9 Rz. 64). Nach geltendem
Recht ist Voraussetzung für ein Anbieten grundsätzlich auch nicht das
tatsächliche Bestehen einer Herstellungs- und/oder Lieferbereitschaft
(BGH, GRUR 2003, 1031, 1032 – KDplung für
elektrische Geräte; OLG Düsseldorf, InstGE 2, 125, 128 f. – KamerakDplung II;
Urt. v. 20. Dezember 2012, Az.: I-2 U 89/07 –
Elektronenstrahl-Therapiergerät; Urt. v. 06.10.2016, Az.: I-2
U 19/16
BeckRS 2016, 21218; Urt. v.
05.07.2018, Az.: I-2
U 41/17
BeckRS 2018, 23974; OLG
Karlsruhe, GRUR 2014, 59 –
MP2-Geräte). Ebenso kommt es für eine Patentverletzung nicht darauf an, ob das
Angebot Erfolg hat, es also nachfolgend zu einem Inverkehrbringen kommt (OLG
Düsseldorf, GRUR 2004, 417, 418 –
Cholesterinspiegelsenker; Schulte/Rinken/Kühnen, a.a.O.).
Zweck des § 9 PatG
ist es, dem Patentinhaber einerseits grundsätzlich alle wirtschaftlichen
Vorteile zu sichern, die sich aus der Benutzung der patentierten Erfindung
ergeben können, und ihm andererseits einen effektiven Rechtsschutz zu gewähren.
Daher ist nicht erforderlich, dass das Anbieten die Voraussetzungen eines
rechtswirksamen und verbindlichen Vertragsangebotes im Sinne von § 145 BGB erfüllt. Ferner kommt
es nicht darauf an, ob der Anbietende eigene oder fremde Geschäftsabschlüsse
bezweckt und ob er bei einem Angebot zugunsten eines Dritten überhaDt von
diesem beauftragt oder bevollmächtigt ist (BGH, GRUR
2006, 927
 – Kunststoffbügel). Maßgeblich ist vielmehr nur, ob mit der
fraglichen D1dlung tatsächlich eine Nachfrage nach schutzrechtsverletzenden
Gegenständen geweckt wird, die zu befriedigen mit dem Angebot in Aussicht
gestellt wird (OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.02.2014, Az.: I-2
U 42/13
 = BeckRS 2014, 05732; Urt. v.
11.06.2015, Az.: I-2
U 64/14
= GRUR-RS 2015, 18679 – Verbindungsstück; Urt. v. 06.10.2016, Az.:
I-2
U 19/16
BeckRS 2016, 21218; Urt. v.
05.07.2018, Az.: I-2
U 41/17
BeckRS 2018, 23974).
Davon ausgehend werden von einem „Anbieten“ im
Sinne von § 9 PatG insbesondere auch vorbereitende D1dlungen
umfasst, die das Zustandekommen eines späteren Geschäfts über einen unter dem
Schutz des Patents stehenden Gegenstand ermöglichen oder befördern sollen, das
die Benutzung dieses Gegenstands einschließt. Es genügen daher auch D1dlungen,
die vertragsrechtlich als bloße Aufforderung zur Abgabe von Angeboten angesehen
werden (BGH, GRUR 2003, 1031 – KDplung für
optische Geräte; OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.03.2014, Az.: I-15 U 19/14 = BeckRS 2014, 16067; Urt. v.
30.10.2014, Az.: I-2
U 3/14
BeckRS 2014, 21755), ohne
dass es bereits einer Lieferbereitschaft oder -fähigkeit bedarf (OLG
Düsseldorf, Urt. v. 11.06.2015, Az.: I-2
U 64/14
 = GRUR-RS 2015, 18679 – Verbindungsstück; Urt. v. 06.10.2016,
Az.: I-2
U 19/16
BeckRS 2016, 21218). Es ist
zur Gewährleistung eines wirksamen Rechtschutzes somit nur von Belang, ob mit
der fraglichen D1dlung für einen schutzrechtsverletzenden Gegenstand
tatsächlich eine Nachfrage geschaffen wird, die zu befriedigen mit dem Angebot
in Aussicht gestellt wird (OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.06.2015, Az.: I-2
U 64/14
 = GRUR-RS 2015, 18679 – Verbindungsstück; Urt. v. 06.10.2016,
Az.: I-2
U 19/16
BeckRS 2016, 21218; Urt. v.
05.07.2018, Az.: I-2
U 41/17
BeckRS 2018, 23974).
(2)
Dies ist vorliegend der Fall. Das Unterhalten einer
Internetseite mit der Ausstattung von Links, die – wie hier – im Hinblick auf
die Produkte des Konzerns auf die Seiten der Tochtergesellschaften verweisen,
stellt keine allgemeine Leistungsschau, sondern unternehmensbezogene
Information und zugleich Werbung dar. Ob in einem derartigen Fall ein
patentgemäßes Erzeugnis angeboten wird, ist anD1d der objektiven Gegebenheiten
des Streitfalls zu prüfen. Dabei bildet weder das Verständnis des Werbenden
noch dasjenige einzelner Empfänger der Werbung oder bestimmter GrDpen von
Personen, an die sich das Werbemittel richtet, einen brauchbaren Maßstab.
Entscheidend ist, ob bei objektiver Betrachtung der im Streitfall tatsächlich
gegebenen Umstände davon ausgegangen werden muss, dass das mittels der Werbung
angebotene Erzeugnis dem Gegenstand des Patents entspricht. Wenn die objektiv
zu würdigenden Umstände diese Feststellung erlauben, kommt es nicht darauf an,
ob die Verwirklichung der patentgemäßen Merkmale (auch) aus der AngebotsD1dlung
bzw. dem hierbei verwendeten Mittel selbst unmittelbar offenbar wird. Die
Benutzung der Erfindung im Sinne von § 9 PatG
ist hiervon nicht abhängig. Es kommt nur auf die bei objektiver Betrachtung
feststellbaren Gegebenheiten an, also darauf, ob dem Angebot nach seinem Inhalt
ein Erzeugnis zugrunde liegt, das dem Gegenstand des Patents entspricht, und ob
gerade dieses Erzeugnis als solches oder als Bestandteil eines anderen
angeboten wird (BGH, GRUR 2003, 1031 – KDplung für
optische Geräte; GRUR 2005, 665 – Radschützer; OLG
Düsseldorf, GRUR-RR 2007, 259, 262 –
Thermocylcer).
Ausgehend von diesen Grundsätzen stellt sich der
beanstandete Internetauftritt der Beklagten zu 1) als patentverletzendes
„Anbieten“ im Inland dar. Unstreitig betreibt die Beklagte zu 1) die
Internetseite „http://L“ (vgl. auch Anlage EIP Chu 44). Dass diese
Seite in der Grundeinstellung in englischer Sprache abgefasst ist, steht einer
Schutzrechtsverletzung im Inland nicht von vornherein entgegen. Zwar sind
Internetangebote nicht schon allein deshalb schutzrechtsverletzend, weil sie im
Inland abgerufen werden können. Erforderlich ist vielmehr ein sich aufgrund der
Gesamtabwägung aller Umstände ergebender, wirtschaftlich relevanter Bezug zum
Inland (zum Kennzeichenrecht: BGH, GRUR
2005, 431
 – Hotel Maritime; BGH, GRUR
2014, 601
 – englischsprachige Pressemitteilung; OLG Düsseldorf, OLG-Report
2008, 672
; Kühnen, D1dbuch der Patentverletzung, 11. Aufl., Abschn. A, Rz.
296). Davon ist aber jedenfalls dann auszugehen, wenn wie im Streitfall die
Internetseite über die Spracheinstellungen auf Deutsch umgestellt werden kann,
woraufhin eine teilweise Übersetzung bereitgestellt wird.
Auf der durch die Beklagte zu 1) betriebenen Internetseite
gelangt der Nutzer über den Punkt „Products & Solutions“ unter
„Consumers“ zu der Auswahlmöglichkeit „Telefonie, Datenprodukte,
Tablets“ direkt zu der Internetseite „http://www.Ldevices. de/“,
über die unstreitig die streitgegenständlichen Ausführungsformen in M bestellt
werden können (vgl. Anlage EIP Chu 45). Einen Hinweis darauf, dass diese über
den Link zu erreichende Seite – unstreitig – nicht durch die Beklagte zu 1),
sondern durch die Beklagte zu 2) betrieben wird, sucht der Nutzer vergebens;
allein das Impressum gibt hierüber Aufschluss. Ein Nutzer, der über den auf der
Internetseite der Beklagten zu 1) zu dem unter der DomQn
„http://www.Ldevices.de“ betriebenen Internetshop gelangt, hat somit
keinen Grund daran zu zweifeln, dass auch dieser durch die Beklagte zu 1)
betrieben wird. Für ihn stellt sich dieser Shop als Angebot der Beklagten zu 1)
dar. Dass sich unter den dort zum Kauf bereitgestellten Produkten auch die
streitgegenständliche angegriffene Ausführungsform findet, steht zwischen den
Parteien nicht in Streit. Ob die Beklagte zu 1) demgegenüber, wie von ihr in
Abrede gestellt, potentiellen Abnehmern selbst die Verfügungsgewalt über die
angebotenen Produkte verschaffen kann, ist für das Vorliegen eines
patentverletzenden Angebots ohne Belang. Es reicht, wenn – wie hier – für
Produkte geworben wird, die in der Verfügungsgewalt eines Dritten stehen, mit
dem der Werbende (Anbieter) kooperiert (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2007, 259, 262 –
Thermocyler). Ebenso kommt es für eine Patentverletzung nicht darauf an, ob das
Angebot Erfolg hat, es also nachfolgend zu einem Inverkehrbringen kommt (OLG
Düsseldorf, GRUR 2004, 417, 418 –
Cholesterinspiegelsenker; Urt. v. 06.04.2017, Az.: I-2
U 51/16
BeckRS 2017, 109833).
bb)
Auch gegen die Verurteilung der Beklagten zu 1) im Hinblick
auf das In-Verkehr-Bringen, Einführen und den Besitz ist im Ergebnis nichts zu
erinnern.
Hierfür reichen allein Feststellungen zum Angebot der
angegriffenen Ausführungsform allerdings nicht aus. Zwar genügt es für die
Feststellung der Schadensersatzpflicht aus § 139 Abs.
2 PatG sowie die Verurteilung zur Auskunftserteilung und RechnungsIegung in der
Regel bereits, wenn nachgewiesen wird, dass der Beklagte während der
Schutzdauer des Klagepatents überhaDt irgendwelche schuldhaft rechtswidrigen
VerletzungsD1dlungen begangen hat (vgl. BGH, GRUR 1956, 265 , 269 –
Rheinmetall-Borsig I; GRUR 1960, 423, 424 –
Xbodenventilsäcke). Geht der Streit, wie zumeist in Patentverletzungssachen,
darum, ob die von dem Beklagten hergestellten oder vertriebenen Gegenstände von
der Lehre des Klagepatents Gebrauch machen, und ist es daneben zwischen den
Parteien nicht streitig, durch was für eine der in § 9 PatG
genannten Benutzungsarten der Beklagte das Patent verletzt haben soll, so
bestehen in der Regel – sofern die betreffenden Benutzungsformen nach der
Ausrichtung des beklagten Unternehmens als möglich in Betracht kommen – keine
Bedenken, auf einen entsprechenden Klageantrag hin die Feststellung der
Schadensersatzpflicht und die Verurteilung zur Rechnungslegung auf alle in
§ 9 Nr.
1 PatG genannten Benutzungsarten zu erstrecken, auch wenn für sie kein
konkreter Vortrag geleistet und/oder Nachweis erbracht ist (vgl. BGH, GRUR 1960, 423, 424 –
Xbodenventilsäcke; Benkard/Grabinski/Zülch, PatG, 11. Aufl., § 139 Rz. 32).
Etwas anderes gilt jedoch, wenn unstreitig ist, dass die angegriffene
Ausführungsform in den Schutzbereich des Klagepatents fällt, und der Streit der
Parteien nur und gerade darum geht, ob das, was der Beklagte in Bezug auf diese
Ausführungsform getan haben soll, unter eine der nach § 9 PatG
allein dem Patentinhaber vorbehaltenen Benutzungsarten fällt (BGH, GRUR 1960, 423, 424 –
Xbodenventilsäcke; Benkard/Grabinski/Zülch, a.a.O., § 139 Rz. 32). Nichts
anderes kann gelten, wenn die Parteien – wie im Streitfall – sowohl darüber
streiten, ob die angegriffene Ausführungsform von der Lehre des Klagepatents
Gebrauch macht, und zwischen den Parteien darüber hinaus streitig ist, ob der
Beklagte eine ihm auch zur Last gelegte Benutzungsform vorgenommen hat, was
dieser plausibel in Abrede stellt. Auch in einem solchen Fall kommt eine
Feststellung der Schadensersatzpflicht und eine Verurteilung des Beklagten zur
Rechnungslegung grundsätzlich nur für diejenigen Benutzungsarten des § 9 PatG
in Betracht, für die eine VerletzungsD1dlung vom Kläger nachgewiesen wird (OLG
Düsseldorf, Urt. v. 05.07.2018, Az.: I-2
U 41/17
BeckRS 2018, 23974).
Die Klägerin hat sich zur Begründung ihres
Verletzungsvorwurfs vor dem Hintergrund des durch die Gegenseite behaDteten
Fehlens einer Exportlizenz der Beklagten zu 1) in zweiter Instanz erstmals
darauf berufen, im deutschen EinzelD1del könnten Mobiltelefone erworben werden
(vgl. Bl. 2007 GA VIII), die mit der Firma und der vollständigen Anschrift der
Beklagten zu 1) versehen sind. Dieser Vortrag ist unstreitig geblieben.
Unstreitige Tatsachen sind in der Berufungsinstanz stets zu berücksichtigen (BGHZ 76, 133 = NJW 1980, 945; OLG Düsseldorf, Urt.
v. 05.07.2018, Az.: I-2 U 51/17BeckRS 2018, 23974;
Zöller/Heßler, ZPO, 32. Aufl., § 531 Rz. 9). Weshalb derart gekennzeichnete
Mobiltelefone in M erhältlich sind, haben die Beklagten auch in der mündlichen
VerD1dlung vor dem Senat trotz ausdrücklicher Nachfrage nicht zu erklären
vermocht. Vor diesem Hintergrund ist es gerechtfertigt, auch die Beklagte zu 1)
nicht nur unter dem Gesichtspunkt eines patentverletzenden Angebots, sondern
umfassend zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie zum Schadenersatz zu
verurteilen.
cc)
Soweit rechtsverletzende Internetwerbung der Beklagten im
Raume steht, hat die Klägerin keinen Anspruch auf die Mitteilung „der
Suchmaschinen und anderer Marketingwerkzeuge, mit Hilfe derer die betroffenen
Webseiten einzeln oder gemeinsam registriert wurden“. Es ist nicht
ersichtlich und von der Klägerin auch nicht konkret erläutert, dass und weshalb
die betreffenden Daten erforderlich sind, um der Klägerin eine Berechnung ihrer
Ansprüche wegen Patentverletzung oder eine Kontrolle der sonstigen Auskünfte
der Beklagten zu ermöglichen, die mithilfe der übrigen, zuerkannten Angaben
nicht schon hinreichend gewährleistet wäre.
dd)
Die gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Ansprüche auf
Auskunftserteilung und Rechnungslegung sind nicht aufgrund der erstinstanzlich
mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2015 (Bl. 1070 GA V) erteilten Nullauskunft
durch Erfüllung (§ 362 BGB) erloschen.
Zwar kann auch in einer solchen negativen Erklärung eine
Erfüllung des Auskunfts- und/oder Rechnungslegungsanspruchs zu sehen sein
(BGH, GRUR 1958, 149, 150 –
Bleicherde; BGHZ 148, 26 = GRUR
2001, 841
 – Entfernung der Herstellungsnummer II; OLG
Düsseldorf, GRUR-RR 2012, 406 –
Nullauskunft). Eine auf der Basis des im Sinne der zuvor gemachten Ausführungen
richtigen Verständnisses der Reichweite der VerletzungsD1dlung erteilte,
vollständige und ordnungsgemäße Auskunft der Beklagten liegt bisher jedoch
nicht vor, so dass die auf einer „falschen tatsächlichen Grundlage“
erfolgte Null- bzw. Negativauskunft der Beklagten nicht zu einem Erlöschen der dem
Kläger zustehenden Ansprüche auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung hat
führen können. Auch die Beklagte zu 1) ist vielmehr weiterhin auskunfts- und
rechnungslegungspflichtig (vgl. hierzu: OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.11.2006,
Az.: I-2
U 76/05
BeckRS 2008, 5815).
ee)
Dass die Beklagten, veranlasst durch eine im britischen
Parallelverfahren ergangene gerichtliche Anordnung, in dem aus dem Tenor
ersichtlichen Umfang und insbesondere auch unter Angabe sämtlicher Einzelangaben
und getrennt ausgewiesen für das Gebiet M vollumfassend Auskunft erteilt
hätten, vermag der Senat anD1d der durch die Beklagten vorgelegten Unterlagen
(vgl. AnlagenZVB 10 und B 16) nicht zu erkennen. Abgesehen davon hätte eine
solche Auskunfserteilung für das vorliegende Verfahren auch keine Bedeutung und
führt insbesondere nicht dazu, dass das Auskunftsbegehren teilweise für
erledigt erklärt werden müsste. Erteilt der Schuldner Auskünfte zur Abwendung
der Zwangsvollstreckung aus einem bloß vorläufig vollstreckbaren Urteil, so
tritt damit, sofern der Schuldner nicht ausdrücklich etwas anderes erklärt,
weder Erfüllung (§ 362 BGB) noch Erledigung
ein. Die besagten Wirkungen stellen sich vielmehr erst mit Rechtskraft des
Auskunftstitels ein, so dass auch erst in diesem Augenblick Anlass für eine
Erledigungserklärung des Gläubigers besteht (OLG Düsseldorf, Urt. v 23.11.2017,
Az.: I-2 U 81/16). Die im
Streitfall gegebene Sachlage ist hiermit unmittelbar vergleichbar, weil auch
die Auskunftserteilung der Beklagten nicht völlig freiwillig, sondern unter dem
Druck einer gerichtlichen Anordnung erfolgt ist.
6. a)
Ob die Klägerin ihrer FRAND-Zusage und den daraus
resultierenden Pflichten nachgekommen ist, hat für die Schadenersatzhaftung der
Beklagten, die gerichtlich (d.h. dem Grunde nach) festgestellt werden soll,
keine Bedeutung. Denn die Beklagten haben sich einer widerrechtlichen und
schuldhaften Patentverletzung allein deswegen schuldig gemacht, weil sie die
Benutzung des Klagepatents aufgenommen haben, ohne dass zuvor zwischen ihnen
und der Klägerin (bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen) ein die Patentbenutzung
legitimierender Lizenzvertrag zustande gekommen ist. Selbst wenn der zu
leistende Schadenersatz (für gewisse Zeiträume) der Höhe nach auf eine
FRAND-Lizenzgebühr beschränkt sein sollte, weil die Beklagten das von ihrer
Seite Notwendige getan haben, um den Abschluss eines Lizenzvertrages zu
FRAND-Bedingungen zu ermöglichen, würde es sich bei dem geschuldeten
finanziellen Ausgleich für die Benutzung des Klagepatents dennoch der Sache
nach um die Leistung von Schadenersatz D1deln. Die Verpflichtung der Beklagten
hierzu ist deshalb ohne Rücksicht darauf festzustellen, ob der Klägerin als
Kompensation für den Schaden nur eine (FRAND-)Lizenzgebühr zusteht oder der
Schaden darüber hinaus nach anderen BerechnunXXYethoden liquidiert werden kann.
All dies steht angesichts des Feststellungsantrages, der bloß die
Wahrscheinlichkeit irgendeines Schadenseintritts erfordert, derzeit nicht zur
Entscheidung, sondern ist erst im nachfolgenden Höheprozess zu klären. Soweit
die Beklagten auf Rechtskraftprobleme Bezug nehmen, die daraus resultieren
sollen, dass ihnen der Einwand, allein eine FRAND-Lizenzgebühr zu schulden, im
Höheverfahren abgeschnitten ist, wenn ihre Schadenersatzpflicht erst einmal
festgestellt ist, trifft dies nicht zu. Schwierigkeiten der besagten Art können
sich nur einstellen, wenn die Frage einer kartellrechtlichen Pflichtverletzung
zum Grund der Schadenersatzhaftung wegen Patentverletzung gehören würde, was –
wie dargelegt – nicht der Fall ist. Dafür spricht auch eine weitere Überlegung.
Die pflichtwidrige Weigerung des marktbeherrschenden Patentinhabers, dem um
eine Lizenz nachsuchenden Patentbenutzer ein FRAND-gemäßes Lizenzangebot zu
unterbreiten, stellt einen mindestens fahrlässig begangenen Verstoß gegen
dessen Pflichten aus Art. 102 AEUV dar, welcher den
Patentinhaber seinerseits gegenüber dem Lizenzsucher zum Schadenersatz
verpflichtet (§§ 33 Abs.
1, 33a Abs. 1 GWB). Der in
diesem Rechtsverhältnis zu liquidierende Schaden besteht darin, für die
Benutzung des Klagepatents zu mehr als einer bei rechtmäßigem Verhalten des
Patentinhabers zu zahlenden FRAND-Lizenzgebühr herangezogen zu werden(nämlich
zu vollem Schadenersatz), weswegen der Anspruch des Lizenzsuchers auf Naturalrestitution
dahin geht, ihn von solchen Schadenersatzforderungen freizustellen, die über
eine FRAND-Lizenzgebühr hinausgehen. Über diesen selbständigen Gegenanspruch
des Verletzungsbeklagten ist im Rahmen der Schadenersatzfeststellung
keinesfalls mit Rechtskraft entschieden.
b)
Aus denselben Erwägungen heraus ändert der Anspruch der
Beklagten auf die Einräumung einer FRAND-Lizenz nichts daran, dass sie für die
Vergangenheit wegen ihrer ohne diese Lizenz widerrechtlich unternommenen
BenutzungsD1dlungen nach Maßgabe von § 140b PatG
Auskunft zu erteilen haben.
c)
Anders verhält es sich beim Rechnungslegungsanspruch.
aa)
Denn die Klägerin kann von den Beklagten Angaben zu ihren
Kosten und Gewinnen nur für solche Benutzungszeiträume verlangen, für die die
Klägerin deshalb nicht auf das Fordern einer FRAND-Lizenzgebühr (für welche die
besagten Kosten- und Gewinnangaben nicht erforderlich sind) beschränkt ist,
weil sie selbst und ihre Rechtsvorgängerinnen ihrer Pflicht zur Mitwirkung an
einer Lizenzierung des Klagepatents zu FRAND-Bedingungen nachgekommen sind, die
Beklagten jedoch nicht (OLG Düsseldorf, GRUR 2017, 1219 –
Mobiles Kommunikationssystem). Da die beschränkte Pflicht zur Rechnungslegung
Folge des Verstoßes der Patentinhaberin gegen ihre kartellrechtlichen Pflichten
ist, trifft es ersichtlich nicht zu, dass ihr ein nach den Regelungen der
Enforcement-RL zustehender Rechtsschutz vorenthalten und der Patentverletzer
geradezu dazu eingeladen werde, bei der Lizenzierung hinhaltend zu agieren.
Vielmehr verhält es sich genau umgekehrt, weil es der Patentinhaber im
Anschluss an eine Lizenzierungsbitte des Verletzers in der D1d hat, sich seinen
vollen Schadenersatz- und Rechnungslegungsanspruch durch ein zügig
unterbreitetes und formal wie inhaltlich ordnungsgemäßes Lizenzangebot zu
sichern. Die Initiativpflicht zu einem FRAND-gemäßen Lizenzangebot bleibt
hierbei – nicht anders als beim Unterlassungsanspruch – auf Seiten des
Patentinhabers, der durch seine FRAND-Zusage nicht nur ein berechtigtes
Vertrauen des Geschäftsverkehrs in die freiwillige Lizenzbereitschaft des
SEP-Inhabers begründet hat, sondern der darüber hinaus auch allein im Wissen um
die bereits abgeschlossenen Lizenzverträge ist, denen gegenüber eine
Diskriminierung zu vermeiden ist. Mit Rücksicht auf beide Umstände macht es
keinen eine divergierende rechtliche BeD1dlung rechtfertigenden Unterschied, ob
aus der nämlichen FRAND-Zusage (wie beim Unterlassungsanspruch) ein den
Anspruch blockierendes prozessrechtliches Durchsetzungshindernis oder (wie beim
Rechnungslegungs- und Schadenersatzanspruch) eine Beschränkung des sachlichen
Anspruchsinhalts hergeleitet werden soll. Ebenso ist belanglos, dass die
Verletzungsklage von der Klägerin erhoben worden ist, bevor die Entscheidung
des EuGH (GRUR 2015, 764 – L Technologies/
ZTE) veröffentlicht worden ist. Die Auslegung des Unionsrechts durch den
Gerichtshof ist rein feststellend und deswegen von den mitgliedstaatlichen
Gerichten auch auf Rechtsverhältnisse anzuwenden, die vor Erlass der
Vorabentscheidung begründet wurden (BVerfG, NJW 2010, 3422). Weil das
Hindernis eines gänzlich fehlenden oder inhaltlich unzureichenden
FRAND-Lizenzangebotes beseitigungsfähig ist, hat die Klageabweisung – wie
geschehen – „als derzeit unbegründet“ zu erfolgen. Im ZusammenD1g mit
den Rechnungslegungsangaben bedeutet dies, dass der Anspruch der Klägerin auf
Auskünfte zu den Kosten und Gewinnen (endgültig) für alle diejenigen
BenutzungsD1dlungen abgewiesen wird, die zu einer Zeit vorgenommen worden sind,
zu der ein FRAND-Angebot pflichtwidrig nicht unterbreitet war. Ist – wie hier –
der gesamte Rechtsstreit ohne ein solches Angebot geblieben, geschieht die
Abweisung dementsprechend für die Zeit bis zur letzten mündlichen VerD1dlung
bzw. bis zu der der Klägerin eingeräumten Schriftsatzfrist.
Soweit das LG Mannheim (GRUR-RR 2018, 273 –
Funkstation) „wegen der besonderen FRAND-Situation“ Kosten- und
Gewinnangaben auch dann zusprechen will, wenn letztlich bloß eine
FRAND-Lizenzgebühr zu entrichten ist, folgt der Senat dem nicht. Abgesehen
davon, dass die anspruchsrelevanten „Besonderheiten“ nicht näher
konkretisiert werden und sich für den Senat auch nicht erschließen, entspricht
es einem allgemeinen Grundsatz, dass nur diejenigen Einzeldaten
auskunftspflichtig sind, auf die der Verletzte für seine Schadensberechnung
angewiesen ist. Für Patentverletzungen im ZusammenD1g mit einem SEP gilt
insoweit nichts Besonderes. Auch bei ihnen rechtfertigt sich die Pflicht zur
Rechnungslegung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) aus drei
miteinander verknüpften Gesichtspunkten, nämlich aus der unverschuldeten
Unkenntnis des Berechtigten über die auskunftspflichtigen Daten, aus seinem
Angewiesensein auf die fraglichen Informationen für die Verfolgung seiner
Ansprüche und aus der Möglichkeit des Verpflichteten, dem Verletzten das für
ihn notwendige Wissen unschwer zu vermitteln. Wo bestimmte Geschäftsdaten (über
Kosten und Gewinne) objektiv nicht benötigt werden, weil sie für die allein in
Betracht kommende Schadensberechnung nach FRAND-Regeln nicht erforderlich sind,
kann es keinen Anspruch auf deren Bekanntgabe geben. Daran ändert der Umstand
nichts, dass die schadenersatzpflichtige Patentbenutzung im ZusammenD1g mit
einem technischen Standard stattgefunden hat.
Alle übrigen Daten, die zur Berechnung einer (Schadenersatz-
oder Entschädigungs-)Lizenzgebühr üblicherweise zuerkannt werden, sind jedoch
mitzuteilen. Insoweit unterscheidet sich die FRAND-Lizenz nicht grundlegend von
einer gewöhnlichen als Schadenersatz oder Entschädigung geschuldeten Lizenz;
wie bei letzterer hat der Lizenzsucher auch in einer FRAND-Situation
Rechenschaft auch über alle diejenigen Geschäftsdaten abzulegen, die es dem
Patentinhaber erlauben, die ihm mitgeteilten – streng genommen allein
lizenzrelevanten – UFtzzahlen nachzuvollziehen und auf ihre inhaltliche Richtigkeit
zu überprüfen, wozu es zwingend detQllierter Angaben zu den einzelnen
Liefervorgängen und ihrer Akteure, den Angeboten und der unternommenen Werbung
bedarf. Soweit die Beklagte erstmals mit Schriftsatz vom 06.03.2019 behaDtet,
entsprechende Angaben seien in (frei ausgeD1delten) Lizenzverträgen völlig
unüblich, D1delt es sich nicht nur um neues, nicht entschuldigtes Vorbringen,
das schon aus prozessualen Gründen nicht mehr zuzulassen ist, sondern darüber
hinaus um bloß pauschalen Sachvortrag, der schon deshalb nicht überzeugen kann,
weil Lizenzgeber selbstverständlich ein vitales Interesse daran haben, die ihm
vom Lizenznehmer benannten UFtzzahlen verifizieren zu können, und nicht
ersichtlich ist, auf welche andere Weise als durch die gebührenpflichtigen UFtzgeschäfte
konkretisierende Daten sonst die Möglichkeit zu einer naqchprüfung eröffnet
sein könnte. Hierzu verhält sich auch die Beklagte nicht.
bb)
Die Klägerin ist ihren Verpflichtungen aus der für das
Klagepatent abgegebenen FRAND-Erklärung nicht nachgekommen, weswegen die
Beklagten zu Recht auf dem Standpunkt stehen, dass sie – aus eben diesem Grunde
– derzeit nur zur Rechnungslegung im Hinblick auf die Zahlung einer
FRAND-Lizenzgebühr und zu keinem weitergehenden Schadenersatz nebst
vorbereitender Rechnungslegung verpflichtet sind. Nachdem die Klägerin ihren
die Gewinne und Kosten der Beklagten betreffenden Rechnungslegungsanspruch im
Berufungsverfahren selbst auf die Zeit seit dem 29. Juni 2017 beschränkt hat,
kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin bereits vorgerichtlich ihrer Pflicht
zur Verletzungsanzeige nachgekommen ist und die Beklagten um eine FRAND-Lizenz
nachgesucht haben. Beide Obliegenheiten sind jedenfalls mit Blick auf die
Klageschrift und deren Beantwortung erfüllt und der kartellrechtliche
Pflichtenverstoß der Klägerin folgt für die relevante Zeit ab dem 29. Juni 2017
in jedem Fall daraus, dass von ihr im Anschluss an die Lizenzierungsbitte der
Beklagten kein FRAND-Anforderungen genügendes Lizenzangebot unterbreitet worden
ist.
Die Äußerung der Klägerin im VerD1dlungstermin vom 21.
Februar 2019, kein neues Lizenzangebot unter Berücksichtigung der von der
Streithelferin während ihrer Inhaberschaft am Klagepatent abgeschlossenen
Lizenzverträge abgeben zu wollen, rechtfertigt allerdings keine Klageabweisung
auch für die Zukunft. Bei vernünftigem Verständnis bringt die Bemerkung der
Klägerin bloß zum Ausdruck, dass sie an ihrer Auffassung festhält, an die
Lizenzierungspraxis ihrer Rechtsvorgängerin nicht gebunden zu sein, was ihr
gutes Recht ist. Hintergrund der Äußerung war dementsprechend auch die Frage
des Senats, ob es einer Vertagung bedarf, um es der Klägerin innerhalb der
Berufungsinstanz zu ermöglichen, ihr Lizenzangebot unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Senats nachzubessern. Allein dies hat die Klägerin
verneint, was es selbstverständlich nicht ausschließt, dass sie sich, sollte
der Bundesgerichtshof die Beurteilung des Senats billigen, dem beugt und sich
notgedrungen bereitfindet, der Beklagten angesichts der nunmehr endgültig
geklärten Rahmenbedingungen doch eine Lizenz unter Berücksichtigung der
relevanten Ericcson-Lizenzen anzubieten.
(1)
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht
unbeanstandet festgestellt, dass der Klägerin (und ihren Rechtsvorgängerinnen)
auf dem Markt für die Vergabe von Lizenzen am Klagepatent eine
marktbeherrschende Stellung zukommt, weil ohne die Benutzung seiner technischen
Lehre kein Erzeugnis erhalten wird, das auf dem nachgelagerten Produktmarkt in
wirksamen Wettbewerb mit solchen Geräten treten könnte, die die Erfindung
benutzen. Das lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen und dagegen erinnern auch
die Parteien nichts. Spätestens in der Klageerhebung liegt auch die von der
Klägerin geschuldete Verletzungsanzeige und in der Klageerwiderung (S. 9 ff.;
GA IV), mit der die Beklagten einen Anspruch auf Einräumung einer FRAND-Lizenz
für sich reklamiert haben, die Bitte um Lizenzerteilung.
(2)
Nach dem vom EuGH vorgesehenen Wechselspiel der
beiderseitigen Pflichten oblag es unter den aufgezeigten Umständen nunmehr der
Klägerin, den Beklagten für das Klagepatent ein Lizenzangebot zu
FRAND-Bedingungen zu unterbreiten. Es hatte schriftlich und konkret zu sein,
insbesondere die Lizenzgebühr sowie die Art und Weise ihrer Berechnung
anzugeben, und es musste sachlichinhaltlich sowohl diskriminierungs- als auch
ausbeutungsfrei sein (EuGH, GRUR 2015, 764 – L
Technologies/ZTE). Nur ein in jeder Hinsicht einwandfreies Lizenzangebot löst
D1dlungspflichten des Patentbenutzers aus, aus deren Missachtung der
Verletzungskläger Rechte für sich herleiten kann. Eine hinreichende
Lizenzofferte hat die Klägerin indessen nicht abgegeben.
(a)
Mit dem allerersten Lizenzgeschäft muss sich der SEP-Inhaber
für ein bestimmtes Lizenzierungskonzept entscheiden, das ihn (und seine
Rechtsnachfolger) im Weiteren rechtlich bindet, weil ein Abrücken von dem
einmal praktizierten Modell nur dann und nur in dem Umfang möglich ist, wie
sich daraus keine unzulässige Diskriminierung (SchlechterbeD1dlung) der
späteren oder früheren Lizenznehmer ergibt. Bei der Erstvergabe steht mithin
das Gebot, „fQr“ und „reasonable“ zu lizenzieren, im Vordergrund,
während sich die Frage nach einer Diskriminierung (im Vergleich zu was auch?)
mangels Vorliegens eines Referenzvertrages nicht stellt. Tragen die bei der
Erstvergabe gewählten Lizenzbedingungen den Anforderungen an einen
ausbeutungsfreien Inhalt Rechnung, rückt für alle weiteren Lizenzierungen das
Diskriminierungsverbot in den Mittelpunkt der Betrachtung. Es verbietet und
verhindert, dass – sofern keine dementsprechend unterschiedlichen
Lizenzierungssachverhalte gegeben sind – von dem durch die Erstlizenzierung
festgeschriebenen Lizenzniveau nach oben oder unten in wettbewerbsrelevanter
Weise abgewichen wird, und umreißt damit ganz maßgeblich denjenigen
VerD1dlungsspielraum, der dem SEP-Inhaber bei nachfolgenden LizenzverD1dlungen
noch verbleibt. Das Verbot sachlich nicht gerechtfertigter UngleichbeD1dlung
gilt hierbei ohne jede Ausnahme und folglich auch dann, wenn bei der
Erstlizenzierung der an sich mögliche FRAND-Gebührenrahmen – ggf. sogar
deutlich – nicht ausgeschöpft worden ist und die später geänderte Lizenzierungspraxis
darauf abzielt, die Lizenzvergütung (was anfänglich möglich gewesen wäre) in
den oberen Bereich des unter Ausbeutungsgesichtspunkten rechtlich Zulässigen zu
führen. Denn das rein subjektive VerD1dlungsversagen oder bewusste Nachgeben
des SEP-Inhabers bei der Erstlizenzierung kann nicht als Sachgrund dafür
anerkannt werden, dass spätere Lizenzsucher sich im Wettbewerb mit finanziell
schlechteren Benutzungsbedingungen abfinden müssen.
Allenfalls beachtlich wären zwingende wirtschaftliche Gründe
für eine Anhebung der Lizenzvergütung, wobei erforderlich wäre, dass sämtliche
Lizenzverträge gleichermaßen entsprechend abgeändert werden. Dies wiederum
setzt voraus, dass die bestehenden, günstigen Verträge entsprechende
Öffnungsklauseln enthalten bzw. gesetzliche Möglichkeiten für eine
nachträgliche Anhebung der Lizenzgebühren (z.B. wegen Wegfalls der
Geschäftsgrundlage) bestehen und der Lizenzgeber von ihnen tatsächlich Gebrauch
macht. Für die Zukunft sind Lizenzverträge unter
Diskriminierungsgesichtspunkten ferner dann unbeachtlich, wenn und sobald sie
wirksam gekündigt sind.
Gerichtlich herbeigeführte Lizenzkonditionen stellen keinen
Sachverhalt dar, der dem SEP-Inhaber als Diskriminierungsverhalten vorgeworfen
werden kann, weil es insoweit an einer (freien) unternehmerischen Entscheidung
fehlt (BGH, WRP 2004, 374 – Depotkosmetik im
Internet; OLG Düsseldorf, NZKart 2014, 35 –
Frankiermaschinen II; OLG Düsseldorf, NZKart 2018, 235 –
Mitbenutzung von Kabelkanalanlagen). Allerdings begründen sie, wenn die
gerichtlichen Vorgaben im Widerspruch zu einer vorherigen Lizenzierungspraxis
stehen, auch keine Rechtfertigung dafür, sich mit nachfolgenden Lizenzierungen,
die dem Urteilsspruch folgen, hierzu in Widerspruch zu setzen. Maßgeblich für
den Diskriminierungsvorwurf bleibt vielmehr diejenige Lizenzierungspraxis, die
der SEP-Inhaber und seine Rechtsvorgänger in freier unternehmerischer
Verantwortung ins Werk gesetzt haben, während die hiervon abweichenden,
gerichtlich herbeigeführten Konditionen für sich betrachtet keinen
Diskriminierungsvorwurf rechtfertigen, weil angesichts des gerichtlichen
Klageverfahrens ein sachlicher Grund bestanden hat, sich auf sie einzulassen.
Auch wenn es für die Gleich- oder UngleichbeD1dlung der
Lizenznehmer auf eine rein wettbewerblichwirtschaftliche Betrachtungsweise
ankommt, bedeutet das Diskriminierungsverbot vielfach dennoch, dass das
anfänglich präferierte Lizenzmodell nachträglich nicht mehr zugunsten eines
anderen umgestellt werden kann. Denn mit dem Berechnungskonzept ändern sich die
grundlegenden Regeln der Vergütungsbestimmung, womit im Zweifel unabsehbar
wird, ob das andere VergütunXXYodell – was hinzunehmen wäre – zu einer bloß
marginalen oder – was unter Diskriminierungsgesichtspunkten zu beanstanden wäre
– zu einer weitreichenderen, weil mehr als nur unerheblichen
Begünstigung/Verschlechterung in den Lasten der neuen Lizenznehmer führt.
(b)
Die geschilderten Zusammenhänge haben unmittelbare
Konsequenzen für die Vortragslast des SEP-Inhabers, der nach der
EuGH-Rechtsprechung (GRUR 2015, 764 – L
Technologies/ZTE) im ZusammenD1g mit seinem Lizenzangebot Ausführungen zu der
„Art und Weise der Berechnung“ der von ihm eingeforderten
Lizenzgebühr schuldet. Weil das Lizenzangebot – jedenfalls ganz vordringlich –
künftige BenutzungsD1dlungen zu regeln hat, deren Umfang und Intensität nicht absehbar
ist und für die deswegen im Vorhinein vernünftigerweise auch keine feste
Vergütungssumme eingesetzt werden kann, ist mit den Angaben zur „Art und
Weise der Lizenzgebührenberechnung“ notwendigerweise etwas anderes
gemeint, nämlich eine Erläuterung derjenigen Umstände, die die vertraglich z.B.
nach Bezugsgröße und Lizenzsatz zu bezeichnenden Vergütungsfaktoren als
diskriminierungs- und ausbeutungsfrei (= FRAND) ausweisen (OLG Düsseldorf,
Beschluss v. 17.11.2016, Az.: I-15
U 65/15
; OLG Düsseldorf, GRUR 2017, 1219 –
Mobiles Kommunikationssystem). Der Patentinhaber hat also konkret darzutun,
weshalb er glaubt, dass die in sein Angebot aufgenommenen Vergütungsparameter
(Bezugsgröße, Lizenzsatz) und die sich daraus ergebende Lizenzvergütung zu
einer den Lizenzsucher gegenüber anderen nicht diskriminierenden und auch nicht
ausbeutenden Benutzungsgebühr führen. Dahingehender Angaben bedarf es nicht
zuletzt deshalb, weil für den Lizenzsucher nur in Kenntnis der die bisherige
Lizenzierungspraxis betreffenden Umstände eine sinnvolle Diskussion des ihm
unterbreiteten Lizenzangebotes im Hinblick auf seine FRAND-Gemäßheit möglich
ist.
Hat der Patentinhaber oder sein Rechtsvorgänger bereits
Lizenzen vergeben, so muss für den Gegner nachvollziehbar dargelegt werden,
dass das Lizenzangebot ihn entweder gleich oder weshalb es ihn in welcher
Hinsicht ungleich beD1delt. Im ZusammenD1g mit der Lizenzofferte ist deswegen –
was der Lizenzsucher naturgemäß auch nicht wissen kann – offenzulegen, ob es
weitere Lizenznehmer gibt und, wenn ja, welchen Inhalt die mit ihnen
abgeschlossenen Lizenzverträge haben, insbesondere welchem einheitlichen
Lizenzierungskonzept (sofern es ein solches gibt) die Verträge folgen. Denn die
besagten aktiven Vertragsinhalte setzen den rechtlichen Maßstab für das den
SEP-Inhaber treffende Verbot einer Diskriminierung bei der Lizenzvergabe. Sind
über die Zeit voneinander abweichende Lizenzvertragsinhalte verabredet worden,
so stellt sich die Frage nach einer unsachlichen und damit widerrechtlichen
UngleichbeD1dlung des konkreten Lizenzsuchers grundsätzlich im Verhältnis zu
jedem einzelnen der divergierenden Lizenzverträge, es sei denn, ein bestimmter
Vertrag ist schon wegen AusbeutunXXYissbrauchs unwirksam. Darüber hinaus
schuldet der SEP-Inhaber eine aus sich heraus verständliche und inhaltlich
ausreichend fundierte Begründung dafür, wieso die von ihm – namentlich mit der
Erstlizenz – in Ansatz gebrachte Lizenzvergütung ihrer Höhe nach FRAND, nämlich
zumutbar („fQr, reasonable“) ist. Soweit es um Lizenzerteilungen
durch Rechtsvorgänger des Klägers geht, besteht eine eben solche
Mitteilungspflicht im Hinblick auf deren Lizenzierungsverhalten, weil der
SEP-Erwerber – wie dargelegt – in die Lizenzierungspraxis seines/seiner
Rechtsvorgänger/s einrückt und im Zuge der Patentübertragung die rechtliche
Möglichkeit hat, sich Einblick in bestehende oder gewesene Lizenzverträge zu
sichern.
Für die Zukunft sind Lizenzverträge unter
Diskriminierungsgesichtspunkten ferner dann unbeachtlich, wenn und sobald sie
wirksam gekündigt sind, wobei es nicht auf das Datum der Kündigungserklärung,
sondern auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung (= Ablauf der
Kündigungsfrist/Ende der festen Vertragslaufzeit) ankommt. Vertragsbeendigungen
können dem SEP-Inhaber daher neue VerD1dlungsspielräume bei der Lizenzvergabe
eröffnen. Gelingt es dem Patentinhaber, zu einem bestimmten Zeitpunkt sämtliche
Lizenzverträge in rechtlich (insbesondere kartellrechtlich) zulässiger Weise zu
beenden, kann er oder sein Rechtsnachfolger – allein unter Beachtung des
Ausbeutungsverbots – zu einem neuen, gegenüber dem bisherigen geänderten
Lizenzierungskonzept wechseln, das ihn lediglich fortan im Rahmen des
Diskriminierungsverbotes bindet. Maßgeblich ist der durch den in Rede stehenden
Klageanspruch vorgegebenen Zeitpunkt der Lizenzofferte. Ein Auslaufen der
Lizenzverträge lässt sich z.B. dadurch sicherstellen, dass von Anfang an ein
fester Vertragsendzeitpunkt im Blick behalten wird, indem für den ersten
Lizenzvertrag das besagte Enddatum vereinbart wird und dieses Datum das
Vertragsende für alle nachfolgend abgeschlossenen Lizenzverträge markiert. Dass
infolgedessen alle dem Ersten nachfolgenden Lizenznehmer nur noch in den Genuss
einer ihrer Verzögerung beim Vertragsabschluss entsprechend verkürzten
Lizenzdauer gelangen, ist rechtlich bedenkenfrei, weil auch der
Marktbeherrscher seine Geschäftspolitik grundsätzlich frei umordnen kann und
das Interesse des Patentinhabers daran, nach einer gewissen Zeit die
Lizenzbedingungen im Rahmen des FRAND-Spielraums neu auszuloten, einen sachlich
gerechtfertigten Grund repräsentiert, wobei die aufeinander abgestimmten
Laufzeiten gewährleisten, dass jeder Lizenznehmer zu jedem Zeitpunkt mit
denselben Lizenzkonditionen zurechtkommen muss wie seine Wettbewerber. Das
allein ist unter Diskriminierungsgesichtspunkten maßgeblich, und nicht, dass
der spätere Lizenznehmer dieselbe Anzahl von Jahren mit bestimmten bei
Vertragsabschluss geltenden Lizenzbedingungen rechnen kann. Sehen die neuen
Lizenzen signifikant höhere Lizenzvergütungen vor, bedarf es – angesichts der
in der Vergangenheit praktizierten, milderen Lizenzbedingungen – allerdings
näheren Vortrages des Patentinhabers dazu, weshalb die erhöhten Entgelte
(ebenfalls) „fQr“ und „reasonable“ sind.
Es mag sein, dass sich namentlich bei umfangreichen
Portfolios ein für alle Lizenzen gleicher Beendigungszeitpunkt nur mit
erheblichem logistischen Aufwand umsetzen lässt. Wenn dem so sein sollte, folgt
hieraus indessen nicht, dass eine Bindung des Rechtsnachfolgers an die
Lizenzierungspraxis seines Rechtsvorgängers unangemessen ist und nicht
stattfinden darf, sondern macht – umgekehrt – nur die besondere Bedeutung
deutlich, die ein sorgfältiges Ausloten der Lizenzbedingungen unter Geltung des
Ausbeutungsverbots hat. Der SEP-Inhaber wird daher mit umso größerer Sorgfalt
die Bedingungen seiner Erstlizenz abzuwägen haben, wenn er an sie auf längere
Sicht unter Diskriminierungsgesichtspunkten gebunden sein wird.
(c)
In ihren Schriftsätzen befasst sich die Klägerin mit zum
Klagepatent vergebenen zu den relevanten Zeitpunkten aktiven Lizenzen nur
insoweit, als es um von ihr selbst während ihrer Inhaberschaft erteilte
Benutzungsrechte geht. Dies greift nach dem oben Gesagten deutlich zu kurz,
weil der SEP-Erwerber die Lizenzierungspraxis seiner Rechtsvorgänger im Rahmen
des Diskriminierungsverbotes gegen sich gelten lassen muss. Im Streitfall kommt
diesem Gesichtspunkt umso größeres Gewicht bei, als die Streithelferin offen
einräumt, dass die Übertragung ihres Patentportfolios auf den Unwired
Planet-Konzern dazu gedient hat, höhere Lizenzeinnahmen zu erzielen als sie ihr
(der Streithelferin) selbst in der Vergangenheit möglich gewesen sind. Wegen
der Maßgeblichkeit aller Lizenzverträge bei Beurteilung der Frage, ob die
Beklagten mit den ihnen unterbreiteten Lizenzkonditionen diskriminiert werden,
kommt es – wie ausgeführt – auf jede und mithin auch und besonders auf
diejenigen Lizenze(n) an, die von der Streithelferin zu Zeiten ihrer SEP-Inhaberschaft
abgeschlossen worden sind und die im Zeitpunkt des rechtlich gebotenen
Lizenzangebotes noch in Kraft gestanden haben/stehen. Dass es solche Verträge
gibt, die den von der Klägerin zu beachtenden Diskriminierungsstandard
definieren, hat die Klägerin auf Nachfrage eingeräumt. Um die
Diskriminierungsfreiheit ihrer Lizenzangebote an die Beklagten zu
rechtfertigen, wäre es deshalb Sache der Klägerin gewesen, sämtliche
Lizenzerteilungen, die das Klagepatent betreffen oder einschließen, zu
offenbaren und sich argumentativ damit auseinanderzusetzen, ob den Beklagten
entweder wirtschaftlich inhaltsgleiche Bedingungen angeboten werden oder,
sofern dies nicht der Fall ist, warum eine in bestimmter Hinsicht ungleiche
BeD1dlung der Beklagten gegenüber zeitlich früher berechtigten Lizenznehmern
der Streithelferin sachlich gerechtfertigt sein soll. Zu all dem verhält sich
die Klägerin nicht in der erforderlichen Weise. Im VerD1dlungstermin vom 21.
Februar 2019 hat sie sich vielmehr kategorisch geweigert, die Lizenzen der
Streithelferin offenzulegen. Daran hat sich durch die nachgelassenen
Schriftsätze der Klägerin und ihrer Streithelferin nichts geändert. Die
pauschale Bezugnahme auf die Darstellung der Lizenzierungspraxis der
Streithelferin, die in einem anderen Rechtsstreit von anderen anwaltlichen
Vertretern eingereicht worden ist, lässt einen konkreten Bezug zu denjenigen
Tatsachen, die für den vorliegenden Prozess bedeutsam sein könnten, nicht
erkennen; er wird von der Klägerin und ihrer Streithelferin auch nicht
erläutert. Genauso unbeachtlich sind die Bemerkungen zu dem, was das britische
Verletzungsgericht bei der Bestimmung der FRAND-Lizenz im ausländischen
Parallelverfahren unternommen hat. Da der Senat sich selbst eine Überzeugung
von der Diskriminierungsfreiheit der streitbefangenen Lizenzangebote machen
muss, sind die maßgeblichen Tatsachen im Einzelnen dem Senat vorzutragen, was
nicht geschehen ist und wozu nach der unveränderten Willensbekundung der
Klägerin auch keine Bereitschaft besteht. Infolgedessen lassen die an die
Beklagten adressierten Lizenzofferten nicht in der gebotenen Weise die
Lizenzgebühr sowie die Art und Weise ihrer Berechnung erkennen, womit die
Privilegierung der Beklagten dahingehend, für die Benutzung des Klagepatents
nicht mehr als eine FRAND-Lizenzgebühr zu schulden, fortbesteht.
7.
Für eine Aussetzung der VerD1dlung besteht keine
Veranlassung, § 148 ZPO.
a)
Wenn das Klagepatent mit einem Einspruch oder – wie hier –
mit einer Patentnichtigkeitsklage angegriffen ist, verurteilt das
Verletzungsgericht, wenn es eine Verletzung des in Kraft stehenden Patents
bejaht, grundsätzlich nur dann wegen Patentverletzung, wenn es eine Nichtigerklärung
nicht für (überwiegend) wahrscheinlich hält; andernfalls hat es die VerD1dlung
des Rechtsstreits nach § 148 ZPO
auszusetzen, bis jedenfalls erstinstanzlich über die Nichtigkeitsklage
entschieden ist (BGH, GRUR 2014, 1237, 1238 –
Kurznachrichten). Denn eine – vorläufig vollstreckbare – Verpflichtung des
Beklagten zur Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung, zum Rückruf
sowie zur Vernichtung patentgemäßer Erzeugnisse ist regelmäßig nicht zu
rechtfertigen, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten steht,
dass dieser Verurteilung durch die Nichtigerklärung des Klagepatents die
Grundlage entzogen werden wird. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs.
3 GG) in Verbindung mit den Grundrechten folgende und damit
verfassungsrechtlich verbürgte Justizgewährungsanspruch gebietet es, dem
Verletzungsbeklagten wirkungsvollen Rechtsschutz zur Verfügung zu stellen, wenn
er sich gegen den Angriff aus dem Klagepatent mit einem Gegenangriff auf den
Rechtsbestand dieses Patents zur Wehr setzen will. Dies erfordert nicht nur
eine effektive Möglichkeit, diesen Angriff selbst durch eine Klage auf
Nichtigerklärung bzw. durch Erhebung eines Einspruchs führen zu können, sondern
auch eine angemessene Berücksichtigung des Umstands, dass in diesem Angriff auch
ein – und gegebenenfalls das einzige – VerteidigunXXYittel gegen die
Inanspruchnahme aus dem Patent liegen kann. Wegen der gesetzlichen Regelung,
die für die Ansprüche nach §§ 139?ff.
PatG lediglich ein in Kraft stehendes Patent verlangt und für die Beseitigung
dieser Rechtsposition nur die in die ausschließliche Zuständigkeit des
Patentgerichts fallende Nichtigkeitsklage zur Verfügung stellt, kann der
Angriff gegen das Klagepatent anders als in anderen Rechtsordnungen nicht als
Einwand im Verletzungsverfahren oder durch Erhebung einer Widerklage auf
Nichtigerklärung geführt werden. Dies darf indessen nicht dazu führen, dass
diesem Angriff jede Auswirkung auf das Verletzungsverfahren versagt wird. Die
Aussetzung des Verletzungsstreits ist vielmehr grundsätzlich, aber auch nur
dann geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass
das Klagepatent dem erhobenen Einspruch/der anhängigen Nichtigkeitsklage nicht
standhalten wird (BGH, GRUR 2014, 1237, 1238 –
Kurznachrichten).
Wurde das Klagepatent bereits in einem Einspruchs- oder
Nichtigkeitsverfahren bestätigt, so hat das Verletzungsgericht grundsätzlich
die von der zuständigen Fachinstanz (DPMA, EPA, BPatG) nach technisch
sachkundiger Prüfung getroffene Entscheidung über die Aufrechterhaltung des
Klagepatents hinzunehmen.
Grund, die parallele Rechtsbestandsentscheidung in Zweifel
zu ziehen und von einer Verurteilung vorerst abzusehen, besteht nur dann, wenn
das Verletzungsgericht die Argumentation der Einspruchs- oder
Nichtigkeitsinstanz für nicht vertretbar hält oder wenn der Angriff auf den
Rechtsbestand nunmehr auf (z. B. neue) erfolgversprechende Gesichtspunkte
gestützt wird, die die bisher mit der Sache befassten Stellen noch nicht
berücksichtigt und beschieden haben (OLG Düsseldorf, Urt. vom 06.12.2012, Az.:
I – 2
U 46/12
BeckRS 2013, 13744; Kühnen,
D1dbuch der Patentverletzung, 11. Aufl., Abschn. E, Rz. 720). Im Regelfall ist
es nicht angängig, den Verletzungsrechtsstreit trotz der erstinstanzlichen
Aufrechterhaltung des Schutzrechts auszusetzen und von einer Verurteilung
(vorerst) abzusehen, indem das Verletzungsgericht seine eigene Bewertung des
technischen Sachverhaltes an die Stelle der ebenso gut vertretbaren Beurteilung
durch die zuständige Einspruchs- oder Nichtigkeitsinstanz setzt (zum
Verfügungsverfahren: OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.02.2016, Az.: I-2
U 55/15
BeckRS 2016, 06345; Urt. vom
18.12.2014, Az.: I – 2
U 60/14
BeckRS 2015, 01029; Urt. vom
10.11.2011, Az.: I-2
U 41/11
; Urt. vom 31.08.2017, Az.: I-2
U 71/16
BeckRS 2017, 129336; Urt. v.
05.07.2018, Az.: I-2
U 41/17
). Geht es nicht darum, dass z.B. Passagen einer Entgegenhaltung von
der Einspruchsabteilung oder dem Bundespatentgericht übersehen und deshalb bei
seiner Entscheidungsfindung überhaDt nicht in Erwägung gezogen worden sind,
sondern dreht sich der Streit der Parteien darum, welche technische Information
dem im Bestandsverfahren gewürdigten Text aus fachmännischer Sicht zu entnehmen
ist und welche Schlussfolgerungen der Durchschnittsfachmann hieraus aufgrund
seines allgemeinen Wissens zu ziehen imstande gewesen ist, sind die Rechtsbestandsinstanzen
aufgrund der technischen Vorbildung und der auf dem speziellen Fachgebiet
gegebenen beruflichen Erfahrung ihrer Mitglieder eindeutig in der besseren
Position, um hierüber ein Urteil abzugeben. Es ist daher prinzipiell
ausgeschlossen, dass sich das Verletzungsgericht mit (notwendigerweise
lQenhaften) eigenen Erwägungen über das Votum der technischen Fachleute
hinwegsetzt. Soweit der Nichtigkeitskläger seinen Angriff auf das Klagepatent
nicht, ohne dass der Nachlässigkeitsvorwurf angebracht ist, auf neue, von den
mit der Sache befassten Stellen bisher unberücksichtigte und
erfolgversprechende Gesichtspunkte stützt, ist an eine Aussetzung des
Rechtsstreits bis zum Abschluss des Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahrens
lediglich dann zu denken, wenn das Verletzungsgericht zu der Überzeugung
gelangt, dass die im Rechtsbestandsverfahren ergangene Entscheidung ersichtlich
unrichtig ist und das Verletzungsgericht diese Unrichtigkeit verlässlich
erkennen kann, weil ihm die auftretenden technischen Fragen zugänglich sind und
von ihm auf der Grundlage ausreichender Erfahrung in der Beurteilung
technischer und patentrechtlicher Sachverhalte abschließend beantwortet werden
können (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2008, 329, 331; Urt.
v. 05.07.2018, Az.: I-2
U 41/17
; Kühnen, D1dbuch der Patentverletzung, 11. Aufl., Abschn. E, Rz.
720).
b)
Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt eine Aussetzung des
Rechtsstreits bis zum rechtskräftigen Abschluss des Nichtigkeitsberufungsverfahrens
vorliegend nicht in Betracht. Das fachkundig besetzte Bundespatentgericht hat
sich bereits eingehend mit den durch die Beklagten gegen die
Rechtsbeständigkeit des Klagepatents erhobenen Einwänden der mangelnden
Ausführbarkeit sowie der unzulässigen Erweiterung befasst und insbesondere in
Bezug auf das Klagepatent in der hier streitgegenständlichen Fassung auch mit
einer ausführlichen Begründung die Neuheit und erfinderische Tätigkeit bejaht.
Die Einschätzung des Bundespatentgerichts erscheint dem Senat nachvollziehbar
und vertretbar. Neue Einwände gegen den Rechtsbestand des Klagepatents im hier
streitgegenständlichen Umfang haben die Beklagte nicht erhoben, so dass es bei
der Einschätzung des Bundespatentgerichts sein Bewenden hat.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 92 Abs. 1, 2 Nr. 1
i.V.m. § 101 Abs. 1 ZPO.
Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben
sich aus §§ 708 Nr.
10, 711108 ZPO.
Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil
die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Frage
des Bestehens und des Umfangs der Bindung des Patenterwerbers an die
FRAND-Zusage seines Rechtsvorgängers erfordert. Hierüber ist bisher in der
höchstrichterlichen Rechtsprechung ebenso wenig wie zur Frage des Umfangs der
Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht bei einer FRAND-Lizenz entschieden
worden.
X1 Y1 Z1

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OLG Düsseldorf – Abstellungsbestimmungen von IHF und DHB rechtmäßig

Das OLG Düsseldorf hat bereits mit Urteil
vom 15.07.2015 – Az. VI-U (Kart) 13/14
entschieden und damit das Urteil der
1. Instanz, das Urteil des LG Dortmund vom 14.05.2014 – Az. 8 O 46/13aufgehoben , dass es einer Klage der am Spielbetrieb der 1. und 2.
Handball-Bundesliga teilnehmenden Handballvereine gegen den deutschen
Handballbund (DHB) wegen der Umsetzung der IHF-Statuten betreffend die
Verpflichtung der Vereine, ihre Spieler für Veranstaltungen der Nationalmannschaften
freizustellen,  am Rechtsschutzbedürfnis
fehlt, weil die IHF-Statuten im Sinne des Begehrens der klagenden Vereine
wirksam geändert worden sind und nun eine zeitliche Obergrenze für die Dauer
der Abstellverpflichtung und eine Entschädigungspflicht festgelegt worden ist.
Die als kartellrechtswidrig beanstandete Grundlage der Abstellverpflichtung ist
nicht mehr in Kraft. Aber auch in der ursprünglichen Fassung lag in der
Umsetzung der IHF-Statuten durch den DHB hinsichtlich der Abstellverpflichtung
für Nationalspieler kein Verstoß gegen europäisches oder nationales
Kartellrecht vor.

Tenor
I.
Auf die Berufung der Beklagten zu 1) und 2) wird das am 14.
Mai 2014 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund – Az.:
8 O 46/13 – abgeändert und die Klage als unzulässig verworfen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits und die außergerichtlichen
Kosten der Beklagten zu 1) und 2) tragen die Kläger zu je 1/30.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird
nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
V.
Wert des Berufungsverfahrens: 937.500,00 €.
Gründe
I.
Die Kläger zu 17) – 29) sind deutsche Handballvereine. Sie
besitzen eine Lizenz zur Teilnahme am Spielbetrieb der 1. oder 2.
Handball-Bundesliga. Ihren Spielbetrieb haben sie auf ihre
Betriebsgesellschaften, die Kläger zu 1), 3), 4) und 6) – 15), übertragen.
Bei den Klägern zu 2), 5), 16) und 30) handelt es sich
jeweils um die Betriebsgesellschaft eines deutschen Handballvereins. Sie selbst
sind jeweils Inhaber der Bundesliga-Spiellizenz.
Die lizenzierten Vereine der 1. und 2. Bundesliga und/oder
ihre wirtschaftlichen Träger sind im Ligaverband der Männer, dem I. C. e.V., zusammengeschlossen,
der die Handball-Bundesliga der Männer vermarktet und verwertet.
Der Beklagte zu 1) ist die Dachorganisation des deutschen
Handballsports. Seine Mitglieder sind neben den Regional- und Landesverbänden
auch der Ligaverband der Männer und der Ligaverband der Frauen (§ 6
DHB-Satzung). Mit Grundlagen- und Pachtvertrag vom 24. September 2011 hat der
Beklagte zu 1) der HBL gegen Zahlung eines Entgelts die Rechte und Pflichten
zur Nutzung, Veranstaltung und Vermarktung der Handball-Bundesligen verpachtet.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 24. September 2011 (Anl.
K1 zur Klageschrift) Bezug genommen.
Die Beklagte zu 2) ist ein rechtsfähiger gemeinnütziger
Verband nach Schweizer Recht mit Sitz in C.. Mitglieder der Beklagten zu 2)
sind die von ihm anerkannten nationalen Handballverbände, wobei für jeden Staat
nur ein Verband anerkannt wird. Der Beklagte zu 1) ist als deutscher
Nationalverband Mitglied der Beklagten zu 2).
Aufgrund ihrer Regelsetzungsbefugnis (Art. 2 Ziff. 4
IHF-Statuten) hat die Beklagte zu 2) Reglements und offizielle Spielregeln
aufgestellt. Hierzu gehören auch die IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler.
Die Nationalverbände müssen die IHF-Statuten und -Reglements sowie die durch
die IHF-Gremien gefassten Beschlüsse anerkennen und diese Pflicht an ihre
Mitglieder weitergeben und sie auffordern, diese Pflicht wiederum an die
Akteure ihres Nationalverbandes weiterzugeben (Art. 7.1.12 IHF-Statuten).
Die Kläger wenden sich gegen die IHF-Zulassungsbestimmungen
für Spieler, soweit dort in Art. 7 die „Freigabe für Nationalspieler“
geregelt ist. Art. 7 (Ausgabe: 1. Juli 2011) der IHF-Zulassungsbestimmungen für
Spieler lautet auszugsweise wie folgt:
„…
7.1.2. Ein Verein, der einen ausländischen Spieler unter
Vertrag hat, muss diesen Spieler für dessen Nationalverband freigeben, wenn er
zu Maßnahmen der Nationalmannschaft dieses Verbandes einberufen wird.
7.1.3. Ein Verein muss einen Spieler gemäß 7.1.2. wie folgt
für die Nationalmannschaft freistellen:
7.1.3.1. Im Fall von Olympischen Spielen,
Weltmeisterschaften und kontinentalen Meisterschaften ist die Dauer der
Abstellung mit 15 Tagen vor Beginn der Veranstaltung bis 1 Tag nach Ende der
Veranstaltung begrenzt.
7.1.3.2. Im Fall von Qualifikationsspielen und -turnieren
für die unter 7.1.3.1. genannten Veranstaltungen ist die Dauer der Abstellung mit
2 Tagen vor Beginn der Spielperiode bis 1 Tag nach Ende der Spielperiode
begrenzt.
7.1.3.3. Für sonstige Aktivitäten mit der Nationalmannschaft
ist die Dauer der Abstellung pro Spielsaison auf 15 Tag (einschließlich An- und
Abreisetag) gemäß internationalem Veranstaltungskalender begrenzt.
7.1.3.4. Anderslautende schriftliche Vereinbarungen
bezüglich 7.1.3. zwischen den Nationalverbänden und den betreffenden Vereinen
sind zulässig.
7.2. Ein Verein, der einen seiner Spieler gemäß Artikel 7
abstellt, hat kein Anrecht auf eine Entschädigung.
7.3.2. Der Verein, für den der Spieler spielberechtigt ist,
versichert den Spieler gegen Verletzungen und sich daraus ergebende Folgen für
die Zeit, in der der Spieler zu Maßnahmen seines Verbandes berufen wird.
7.4.2. Leistet ein Spieler der Einberufung seines Verbandes
zu einer Maßnahme gemäß § 7.1.3. nicht Folge, darf er in dem Zeitraum von zwei
Tagen vor bis fünf Tage nach der betreffenden Spielperiode nicht für seinen
Verein spielen.
7.4.3. Sollte er in diesem Zeitraum doch für seinen Verein
spielen, so ist der Spieler über Antrag des entsprechenden Nationalverbandes
durch die zuständige Kontinentalföderation bzw. die IHF für Spiele seines
Vereins für ein halbes Jahr zu sperren.
7.4.4. Ein Verein, der entgegen diesen Bestimmungen eine
Freigabe eines Spielers, der von seinem Nationalverband einberufen wurde und zu
spielen in der Lage ist, ablehnt bzw. verhindert, wird gemäß der
IHF-Bußgeldordnung und dem Disziplinarreglement der zuständigen
Kontinentalföderation bestraft.
…“.
Die Kläger halten die Regelung in Art. 7
IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler für kartellrechtswidrig, soweit der
zeitliche Maximalumfang der Abstellverpflichtung nicht festgelegt, eine
finanzielle Entschädigung der Vereine nicht vorgesehen und die Vereine
verpflichtet sind, den Spieler gegen Verletzungen und sich daraus ergebende
Folgen auch für die Zeit zu versichern, in der er für seinen Nationalverband
abgestellt ist.
Die Kläger haben (sinngemäß) beantragt,
den Beklagten zu 1) und 2) zu untersagen,
a) die Kläger zu verpflichten, die bei ihnen jeweils
beschäftigten ausländischen Handballspieler auf Anforderung des jeweiligen
Nationalverbandes dieser Spieler für Maßnahmen der jeweiligen
Nationalmannschaft freizustellen,
und/oder
b) im Falle, dass die Kläger der Anforderung eines
ausländischen Nationalverbandes nicht nachkommen, diese Weigerung gegenüber den
Klägern zu ahnden bzw. die Ahndung durchzusetzen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Das Landgericht Dortmund hat den Klagen mit dem am 14. Mai
2014 verkündeten Urteil in vollem Umfang stattgegeben.
Es hat einen Verstoß der Beklagten zu 1) und 2) gegen § 19
Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 GWB und Art. 102 AEUV damit begründet, dass beide ihre
marktbeherrschende Stellung missbraucht hätten, indem sie von den Klägern
unangemessene Geschäftsbedingungen gefordert hätten, die von denjenigen
abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit
ergeben würden.
Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der form- und
fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung, mit der sie ihren auf
Klageabweisung gerichteten Antrag weiter verfolgen.
Die Beklagten vertiefen und ergänzen ihren erstinstanzlichen
Vortrag und machen überdies geltend, der Rechtsstreit habe sich
zwischenzeitlich erledigt, weil die Beklagte zu 2) – und dies ist unstreitig –
die streitgegenständlichen Regelungen in Art. 7 IHF-Zulassungsbestimmungen für
Spieler auf der 3. Ratssitzung am 08.07.2014 in Kroatien neu gefasst habe (Bl.
724 ff. GA). Sie behaupten, die von den Klägern als kartellrechtswidrig
beanstandeten Regelungen in Art. 7 IHF-Zulassungsbestimmungen, Stand
01.07.2011, seien nicht mehr existent, da die Neufassung wirksam verabschiedet
und in Kraft gesetzt worden sei (Bl. 703 GA). Darüber hinaus sind die Beklagten
der Ansicht, die erstinstanzliche Antragstellung und die hierauf erfolgte
Verurteilung sei zu weitreichend, da durch sie die Abstellverpflichtung der
Vereine für ausländische Nationalspieler kategorisch untersagt werde und kein
Bezug zu den IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler in der Fassung vom
01.07.2011 bestehe. Zu Unrecht habe das Landgericht ferner die Zuständigkeit
des Landgerichts Dortmund für die Klage gegen die Beklagte zu 2) bejaht. Die
Voraussetzungen von Art. 6 des LugÜ seien nicht erfüllt.
Die Beklagten zu 1) und 2) beantragen,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Dortmund vom
14.05.2014 (8 O 46/13) die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die
Beklagten verurteilt werden,
a) es zu unterlassen, die Kläger zu verpflichten, die bei
ihnen jeweils beschäftigten ausländischen Handballspieler auf Anforderung des
jeweiligen Nationalverbandes dieser Spieler für Maßnahmen der jeweiligen
Nationalmannschaft freizustellen,
und
b) es im Falle, dass die Kläger der Anforderung eines
ausländischen Nationalverbandes nicht nachkommen, zu unterlassen, diese
Weigerung gegenüber den Klägern zu ahnden bzw. die Ahndung durchzusetzen.
hilfsweise,
die Beklagten zu verurteilen,
a) es zu unterlassen, die Kläger auf der Grundlage der
nachfolgend genannten Bestimmungen zu verpflichten, die bei ihnen jeweils
beschäftigten ausländischen Handballspieler auf Anforderung des jeweiligen
Nationalverbandes dieser Spieler für Maßnahmen der jeweiligen
Nationalmannschaft freizustellen,
7.1.2. Ein Verein, der einen ausländischen Spieler unter
Vertrag hat, muss diesen Spieler für dessen Nationalverband freigeben, wenn er
zu Maßnahmen der Nationalmannschaft dieses Verbandes einberufen wird.
7.1.3. Ein Verein muss einen Spieler gemäß 7.1.2. wie folgt
für die Nationalmannschaft freistellen:
7.1.3.1. Im Fall von Olympischen Spielen,
Weltmeisterschaften und kontinentalen Meisterschaften ist die Dauer der
Abstellung mit 15 Tagen vor Beginn der Veranstaltung bis 1 Tag nach Ende der
Veranstaltung begrenzt.
7.1.3.2. Im Fall von Qualifikationsspielen und -turnieren
für die unter 7.1.3.1. genannten Veranstaltungen ist die Dauer der Abstellung
mit 2 Tagen vor Beginn der Spielperiode bis 1 Tag nach Ende der Spielperiode
begrenzt.
7.1.3.3. Für sonstige Aktivitäten mit der Nationalmannschaft
ist die Dauer der Abstellung pro Spielsaison auf 15 Tag (einschließlich An- und
Abreisetag) gemäß internationalem Veranstaltungskalender begrenzt.
7.1.3.4. Anderslautende schriftliche Vereinbarungen
bezüglich 7.1.3. zwischen den Nationalverbänden und den betreffenden Vereinen
sind zulässig.
7.1.3.5 Die Abstellungstermine gemäß 7.1.3. müssen bis
spätestens 30 Tage vor Beginn der Maßnahme der Nationalmannschaft den
jeweiligen Vereinen und zuständigen Nationalverbänden schriftlich mitgeteilt
werden. Bei Vereinswechsel ist die Anfrage am Tag der Ausstellung des
Internationalen Transferzertifikats zu stellen.
7.2. Ein Verein, der einen seiner Spieler gemäß Artikel 7
abstellt, hat kein Anrecht auf eine Entschädigung.
7.3.2. Der Verein, für den der Spieler spielberechtigt ist,
versichert den Spieler gegen Verletzungen und sich daraus ergebende Folgen für
die Zeit, in der der Spieler zu Maßnahmen seines Verbandes berufen wird.
7.4.1. Ein Spieler, der infolge Krankheit oder Verletzung
einer Einberufung seines Nationalverbandes nicht Folge leisten kann, darf von
einem Arzt nach Wahl des einladenden Verbandes untersucht werden, sofern der
Verband dies wünscht. Weicht die Diagnose des vom einladenden Verband gewählten
Arztes von der Diagnose ab, die der Vereinsarzt des Spielers gestellt hat, kann
der Verband die IHF bitten, einen Arzt zu bestimmen, der eine Untersuchung
durchführt und den Gesundheitszustand abschließende beurteilt. Die anfallenden
Kosten trägt der betreffende Verband. In diesem Fall muss die Anfrage des
Verbandes innert 72 Stunden behandelt werden.
7.4.2. Leistet ein Spieler der Einberufung seines Verbandes
zu einer Maßnahme gemäß § 7.1.3. nicht Folge, darf er in dem Zeitraum von zwei
Tagen vor bis fünf Tage nach der betreffenden Spielperiode nicht für seinen
Verein spielen.
7.4.3. Sollte er in diesem Zeitraum doch für seinen Verein
spielen, so ist der Spieler über Antrag des entsprechenden Nationalverbandes
durch die zuständige Kontinentalföderation bzw. die IHF für Spiele seines
Vereins für ein halbes Jahr zu sperren.
7.4.4. Ein Verein, der entgegen diesen Bestimmungen eine
Freigabe eines Spielers, der von seinem Nationalverband einberufen wurde und zu
spielen in der Lage ist, ablehnt bzw. verhindert, wird gemäß der IHF-Bußgeldordnung
und dem Disziplinarreglement der zuständigen Kontinentalföderation bestraft.
und
b) es im Falle, dass die Kläger der Anforderung eines
ausländischen Nationalverbandes auf der Grundlage der vorstehend genannten
Bestimmungen nicht nachkommen, zu unterlassen, diese Weigerung gegenüber den
Klägern zu ahnden bzw. die Ahndung durchzusetzen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und bestreiten im
Hinblick auf die über die Webseite der Beklagten zu 2) abrufbare Version der
Zulassungsbestimmungen für Spieler, Stand 08.07.2014, mit Nichtwissen, dass die
von den Beklagten in deutscher Übersetzung zu den Akten gereichte Neufassung
von Art. 7 IHF-Zulassungsbestimmungen rechtswirksam zustande gekommen ist.
Wegen weiterer Einzelheiten wird insbesondere auf die
Statuten der Beklagten zu 2) (Anl. K 2), die Satzung des Beklagten zu 1) (Anl.
K 4) und die Satzung der HBL (Anl. K6) sowie auf das wechselseitige Vorbringen
der Parteien und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten zu 1) und 2) ist
begründet.
Die gegen die Beklagten gerichteten Klagen haben weder mit
dem Hauptantrag, noch mit dem erstmals in der Berufungsinstanz gestellten
Hilfsantrag Erfolg.
A. Hauptantrag
Soweit die Kläger mit ihrem Hauptantrag die Verurteilung der
Beklagten erreichen möchten, es zu unterlassen, (a) sie (die Kläger) zu
verpflichten, die bei ihnen beschäftigten ausländischen Handballspieler auf
Anforderung der jeweiligen Nationalverbände dieser Handballspieler für
Maßnahmen der jeweiligen Nationalmannschaften freizustellen, und (b) im Fall,
dass die Kläger der Anforderung nicht nachkommen, dies zu ahnden bzw. die
Ahndung durchzusetzen, sind die Klagen nicht zulässig (siehe unter I.). Sie wären
zudem aber auch nicht begründet (siehe unter II.).
I. Zulässigkeit
Die Klagen sind mangels Rechtsschutzbedürfnis der Kläger an
der begehrten Unterlassung unzulässig.
1.
Die Zulässigkeit der Klage scheitert nicht an der
Formulierung des Klageantrags.
Der nach Hinweis des Senates mit Beschluss vom 1. April 2015
in zweiter Instanz als Hauptantrag formulierte Klageantrag, bei dem die
Formulierung „und/oder“ zwischen den Anträgen a) und b) durch ein
„und“ ersetzt worden ist, ist hinreichend bestimmt.
Die Klageschrift muss gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO außer der
bestimmten Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs
einen bestimmten Klageantrag enthalten. Der Klageantrag bestimmt Art und Umfang
des Rechtschutzbegehrens (Streitgegenstand). Er muss daher, obwohl er der
Auslegung gemäß § 133 BGB zugänglich ist, eindeutig sein. Grundsätzlich ist der
Klageantrag hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret
(beziffert oder gegenständlich) bezeichnet, den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis
(§ 308 ZPO) erkennbar abgrenzt und den Inhalt und Umfang der materiellen
Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt (BGH NJW
1991, 1114, juris Rn. 18; Greger in Zöller, ZPO, 30. Aufl., § 253 Rn. 13).
Insbesondere der Unterlassungsantrag muss möglichst konkret gefasst sein, damit
für die Rechtsverteidigung und Vollstreckung klar ist, worauf sich das Verbot
erstreckt (BGH NJW 2000, 1792, 1794).
Diesen Anforderungen genügt der als Hauptantrag gestellte
Klageantrag, obwohl er nicht ausdrücklich auf Art. 7 IHF-Zulassungsbestimmungen
der Spieler (Stand: 01.07.2011) als Grundlage der Verpflichtung zur Abstellung
ausländischer Nationalspieler Bezug nimmt. Eine Auslegung des Klageantrags
führt zu dem Ergebnis, dass sich die Kläger nicht generell aufgrund jeder
möglicherweise in Betracht kommenden Rechtsgrundlage gegen eine sie treffende
Abstellverpflichtung ausländischer Nationalspieler wenden, sondern allein gegen
die konkrete Ausgestaltung von Art. 7 IHF-Zulassungsbestimmungen der Spieler in
der Fassung vom 01.Juli 2011. Nach ihren in der Klageschrift vom 10. April 2013
angekündigten und in der mündlichen Verhandlung am 22. Juli 2013 (Bl. 113 GA)
gestellten Anträgen ging es den Klägern in erster Instanz ausschließlich um die
konkrete Ausgestaltung der Abstellverpflichtung auf der Grundlage von Art. 7
der IHF-Zulassungsbestimmungen der Spieler in der seinerzeit gültigen Fassung
vom 01.07.2011. In ihrem Antrag haben sie die einzelnen als kartellrechtswidrig
beanstandeten Regelungen von Art. 7 IHF-Zulassungsbestimmungen im einzelnen
aufgeführt. Zudem haben die Kläger ausdrücklich erklärt, dass sie im Grundsatz
nichts gegen die ihnen auferlegte Verpflichtung einzuwenden haben, ausländische
Nationalspieler für die in Rede stehenden Spiele abzustellen (sog.
Abstellverpflichtung), es aber für kartellrechtswidrig halten, dass nach Art. 7
der IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler (Stand: 01.07.2011) die Dauer der
Abstellverpflichtung zeitlich nicht auf einen bestimmten Maximalumfang
beschränkt ist, den Vereinen keine Kompensation für die Dauer der jeweiligen
Abstellungen zugestanden und keine Versicherung für den Fall bereit gestellt
wird, dass sich der Nationalspieler während der Dauer seiner Abstellung
verletzt und die Verletzung nach Ende der Abstellperiode fortwirkt (vgl. Bl. 6
f., 747 GA). Nichts anderes ergibt sich daraus, dass die Anträge der Kläger in
den Urteilsgründen „sinngemäß“ ohne eine konkrete Bezugnahme auf die
kartellrechtswidrig beanstandeten Regelungen der IHF-Zulassungsbestimmungen
(Stand: 01.07.2011) wiedergegeben worden sind. Damit war eine Erweiterung des
Klagebegehrens nur insoweit verbunden, als die Kläger in der mündlichen
Verhandlung vom 12. März 2013 auf Anregung des Gerichts die Beklagten über den
ursprünglichen Antrag hinaus auch auf Unterlassung in Anspruch genommen haben,
bei einer Weigerung der Kläger ausländische Nationalspieler abzustellen, diese
Weigerung zu ahnden (Bl. 444 GA). Hinsichtlich des ersten Teil des Klageantrags
haben die Kläger indes ausweislich des Protokolls über die mündliche
Verhandlung ausgeführt, dass die einzelnen Klauseln des Art. 7 der
IHF-Zulassungsbestimmungen „nur der Vollständigkeit halber aufgeführt
worden“ seien, mithin wegen der Eindeutigkeit des Klagebegehrens offenbar
auch weggelassen werden könnten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
haben die Kläger zudem bekräftigt, dass mit der weiten Fassung des Klageantrags
keine Erweiterung des ursprünglichen Klagebegehrens verbunden gewesen sei.
Soweit die Kläger mit Schriftsatz vom 8. Mai 2015
vorgetragen haben, nach ihrem Willen hätte die Verpflichtung zur Unterlassung
einer Abstellverpflichtung nach den zum Entscheidungszeitpunkt erster Instanz
(„derzeit“) geltenden Regelungen überprüft werden sollen, was nach
ihrem Verständnis die Regelungen von Art. 7 der IHF-Zulassungsbestimmungen
(Stand: 01.07.2011) und in ihrem Kern gleiche Bestimmungen der Beklagten
beinhalte (Bl. 949 GA), führt dies nicht zu einer Erweiterung des
Streitgegenstands zweiter Instanz auch auf die Neufassung von Art. 7 der
IHF-Zulassungsbestimmungen (Stand: 08.07.2014). Die sog. Kernbereichslehre
spielt bei der Vollstreckung aus einem Unterlassungstitel und in diesem
Zusammenhang bei der Prüfung eine Rolle, ob der Schuldner dem
Unterlassungstitel zuwider gehandelt hat. Der Verbotsumfang, d.h. die
Reichweite eines Unterlassungstitels, ist hiernach nicht auf die im Urteil
beschriebene sog. Verletzungsform begrenzt. Bringt der Titel das
Charakteristische oder den „Kern“ der Verletzungsform zweifelsfrei
zum Ausdruck, werden auch abgewandelte, aber denselben „Kern“
enthaltende Handlungsformen erfasst (Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm,
Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 12 UWG Rn. 6.4 m.w.Nachw.). Eine solcher
Sachverhalt liegt hier aber offensichtlich nicht vor. Wird die
Abstellverpflichtung ausländischer Nationalspieler – so wie hier – auf eine in
mehreren Punkten veränderte Rechtsgrundlage gestützt, kann nicht davon
ausgegangen werden, dass es sich im Kern um dieselbe Abstellverpflichtung
handelt, deren Unterlassung die Kläger in erster Instanz begehrt haben. Die mit
dem zuletzt bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vertretene Auffassung der
Kläger, durch die Neufassung der Zulassungsbestimmungen für Spieler würden im
Kern die gleichen Kartellrechtsverstöße begangen wie durch die noch im
Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils geltenden Fassung (Bl. 1031 GA), ist
unvertretbar.
2.
Zu Recht hat das Landgericht Dortmund die internationale
Zuständigkeit der deutschen Gerichte auch insoweit bejaht, als sich die Klage
gegen die in der der Schweiz ansässige Beklagte zu 2) richtet.
Nach der Zuständigkeitsregel des Art. 6 Nr. 1 des Luganer
Übereinkommens, das sowohl für Deutschland als auch für die Schweiz in Kraft
getreten ist (BGBl. 1995 II, 221), kann eine Person, wenn mehrere Personen
zusammen verklagt werden, auch vor dem Gericht des Ortes, an dem einer der
Beklagten seinen Wohnsitz hat, verklagt werden, sofern zwischen den Klagen eine
so enge Beziehung besteht, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung
geboten erscheint, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren
widersprechende Entscheidungen ergehen könnten. Dabei entspricht es der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass bei der Auslegung von Art. 6 Nr. 1
LugÜ die Parallelvorschrift des Art. 6 Nr. 1 EuGVÜ und die insoweit ergangene
Rechtsprechung des EuGH zu beachten sind (BGH NJW-RR 2010, 644 f. m.w.Nachw.,
juris Rn. 4).
Das Tatbestandsmerkmal der Konnexität ist hier erfüllt. Es
besteht die Gefahr widersprechender Entscheidungen in Bezug auf dieselbe
Sachlage. Nach dem insoweit maßgeblichen Vortrag der Kläger liegt dem mit der
Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruch ein einheitlicher
Lebenssachverhalt zu Grunde. Es geht um die missbräuchliche Ausnutzung einer
marktbeherrschenden Stellung und in dessen Folge um die Unwirksamkeit der in
Art. 7 der IHF-Zulassungsbestimmungen (Stand 01.07.2011) getroffenen Regelungen,
wobei die Beklagte zu 2) die beanstandeten Regelungen verabschiedet und der
Beklagten zu 1) die Ligaverbände der Männer (HBL) und Frauen über die
Verbandssatzung verpflichtet hat sicherzustellen, dass ihre Mitglieder, mithin
auch die Kläger, die Vorschriften der Beklagten zu 2) beachten. Würde dieser
Sachverhalt in getrennten Verfahren vor unterschiedlichen Gerichten verhandelt
und entschieden, bestände die Gefahr, dass das Vorliegen eines Marktmissbrauchs
und die Wirksamkeit der in Rede stehenden Regelung unterschiedlich beurteilt
wird und es zu widersprechenden Entscheidungen kommt.
3.
Die Zulässigkeit der Klagen scheitert aber daran, dass den
Klägern ein rechtlich schutzwürdiges Interesse an der begehrten Unterlassung
nicht mehr zur Seite steht, nachdem die Beklagte zu 2) Art. 7 der
IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler wirksam geändert hat und damit die von
den Klägern als kartellrechtswidrig beanstandete Grundlage der
Abstellverpflichtung nicht mehr in Kraft ist.
Das Gericht hat in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen
zu prüfen, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage erfüllt sind,
insbesondere ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage (noch) besteht. Die
hierfür erforderlichen Feststellungen trifft das Gericht im Wege des
Freibeweises (§ 286 ZPO), für den neben den üblichen Beweismitteln auch das
Ergebnis von Zeugenvernehmungen und eidesstattliche Versicherungen zu
berücksichtigen sind. Nach Maßgabe dieser Voraussetzungen ist der Senat zu der
Überzeugung gelangt, dass die Beklagte zu 2) die IHF-Zulassungsbestimmungen in
der Ratssitzung am 8. Juli 2014 wirksam geändert hat.
Aus den in deutscher Übersetzung zu den Akten gereichten
Unterlagen (Bl. 724-728 GA) folgt, dass der Rat der Beklagten zu 2) in der
Ratssitzung Nr. 3 am 8. Juli 2014 in Kroatien unter Tagesordnungspunkt
„8.4 IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler“ eine geänderte Fassung
der in Art. 7 vorgesehenen Regelungen über die Freigabe von Nationalspielern
beschlossen hat. So ist insbesondere in Art. 7.1.3.1. und 7.1.3.2. eine
zeitliche Obergrenze für die Dauer der Abstellverpflichtung und in Art. 7.3.2.
für bestimmte Fälle eine Entschädigungspflicht der Beklagten zu 2) gegenüber
den Handballvereinen eingefügt worden. Zwischen den Parteien ist unstreitig,
dass der Rat der Beklagten zu 2) für die beschlossene Änderung gemäß Art.
13.3.13 ihrer Statuten zuständig war. Das für die Beschlussfassung zuständige
Gremium der Beklagten zu 2) war „ordnungsgemäß und ausreichend“
besetzt. Dem auszugsweise zu den Akten gereichten Protokoll über die Ratssitzung
vom 8. Juli 2014 ist zu entnehmen, welche Personen in welcher Funktion aus
welchem Land an der Sitzung teilgenommen haben (Bl. 724 GA) und dass sämtliche
Änderungen von Art. 7 IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler einstimmig durch
den Rat beschlossen worden sind (Bl. 728 f. GA). Dass der Rat abweichend von
Art. 13.1. der IHF-Statuten nicht vollzählig oder mit nicht ordnungsgemäß
gewählten Mitgliedern besetzt war, ergibt sich weder aus der auszugsweise
vorgelegten Protokollabschrift, noch haben die Kläger hierfür Belastbares
vorgetragen, das zu einer Beweiserhebung durch Vernehmung des Zeugen Q. T. (Bl.
878 GA) Anlass gegeben hätte. Die Kläger bestreiten „eine wirksame
Verabschiedung“ der geänderten Fassung von Art. 7 gemäß § 138 Abs. 4 ZPO
mit Nichtwissen (Bl. 834 GA). Ein solches Bestreiten ist aber schon deshalb
nicht zulässig, weil es sich bei der Rechtswirksamkeit einer Beschlussfassung
nicht um eine Tatsache oder tatsächliche Umstände handelt, sondern um eine
Rechtstatsache.
In Anbetracht des vorgelegten Protokolls über die Sitzung am
8. Juli 2014 in Kroatien wäre es Sache der Kläger gewesen, durch konkreten
Sachvortrag Zweifel an einer wirksamen Beschlussfassung zu begründen. Ein
solches Vorbringen war den Klägern möglich und zumutbar. Sie sind über den
Ligaverband der Männer Mitglied des Beklagten zu 1), der wie alle anderen
Nationalverbände gemäß Art. 13.2.12 der IHF Statuten das Protokoll einer
Ratssitzung jeweils innerhalb von 30 Tagen nach der Sitzung erhält. Sie hätten
sich daher über den Beklagten zu 1) Kenntnis über Einzelheiten der Ratssitzung
vom 8. Juli 2014 und über die in vorangegangenen Ratssitzungen gemäß Art.
13.2.4 der IHF-Statuten erfolgte Wahl einzelner Kandidaten zu Ratsmitgliedern
verschaffen und etwaige, gegen eine ordnungsgemäße Besetzung des Rates
sprechende Anhaltspunkte aufzeigen können. Einer wirksamen Beschlussfassung am
8. Juli 2014 stand entgegen dem Vorbringen der Kläger jedenfalls nicht
entgegen, dass nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien die vom zuständigen
Gremium verabschiedete Version von Art. 7 IHF-Zulassungsbestimmungen nicht
deckungsgleich mit der Version war, die im Anschluss an die Ratssitzung
zunächst über die Homepage der Beklagten zu 2) veröffentlicht worden war.
Dieser (Veröffentlichungs-)Mangel ist zwischenzeitlich behoben. Die Beklagten
haben mit Schriftsatz vom 28.04.2015 vorgetragen, dass auf der Internetseite
der Beklagte zu 2) nunmehr die Version abrufbar ist, die in der Ratssitzung am
8. Juli 2014 beschlossen worden ist. Diesem Vorbringen sind die Kläger nicht
entgegen getreten, so dass es gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt.
II. Begründetheit
Wären die Klagen nicht – wie oben unter I. ausgeführt –
unzulässig, hätten sie auch der Sache nach keinen Erfolg gehabt.
Klage gegen den Beklagten zu 1):
Die gegen den Beklagten zu 1) gerichteten Klagen wären
selbst dann unbegründet gewesen, wenn Art. 7 IHF-Zulassungsbestimmungen für
Spieler, Stand 01.07.2011, nicht durch die Neuregelung, Stand 8. Juli 2014,
ersetzt worden wäre. Selbst bei Gültigkeit von Art. 7
IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler, Stand 01.07.2011, hätten die Kläger
gegen den Beklagten zu 1) keinen Anspruch darauf gehabt, dass er es unterlässt,
sie nach Maßgabe jener Bestimmungen zur Abstellung ausländischer Nationalspieler
zu verpflichten.
1.
Die Voraussetzungen für einen aus § 33 Abs. 1 Satz 1 GWB
folgenden Unterlassungsanspruch wären nicht erfüllt. Ein Verstoß des Beklagten
zu 1) gegen europäisches oder nationales Kartellrecht läge nicht vor. Dies gilt
sowohl für die in § 13 Abs. 3 und § 15 Abs. 1 i) der Satzung des Beklagten zu
1) geregelte Verpflichtung der Ligaverbände, die Regelungen und Vorschriften
der Beklagten zu 2) zu beachten (siehe unter a.), als auch für die Vereinbarung
in § 3 Nr. 1 Satz 1 des Grundlagen- und Pachtvertrag vom 24.09.2011 zwischen
dem Ligaverband der Männer und dem Beklagten zu 1) (siehe unter b.) sowie für
die in § 82 Abs. 1 der DHB-Spielordnung geregelten Abstellverpflichtung (siehe
unter c.).
a.
Es stellt kein Verstoß gegen das Kartellrecht dar, dass die
Ligaverbände nach der Satzung des Beklagten zu 1) verpflichtet sind, bei der
Regelung ihres jeweils eigenen Geschäftsbereichs die Satzung, Ordnung, Statuten
und Richtlinien des Beklagten zu 1) sowie die den Beklagten zu 1) selbst
bindenden Regelungen der Beklagten zu 2) und damit auch die hier in Rede
stehende Abstellverpflichtung der Handballvereine nach Art. 7 der
IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler zu beachten (§ 13 Abs. 3 Allgemeine
Pflichten). Gleiches gilt für die Verpflichtung der Ligaverbände, in ihren
eigenen Satzungen, Ordnungen und Richtlinien die Einhaltung der Vorschriften
der Beklagten zu 2) durch ihre Mitglieder sicherzustellen (§ 15 Abs. 1 i
Besondere Pflichten).
aa.
Ein Verstoß des Beklagten zu 1) gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV
kann nicht festgestellt werden.
Der Beklagte zu 1) handelte bei der Verabschiedung der
genannten Regelungen in seiner Satzung nicht als Unternehmen im Sinne von Art.
101 AEUV. Auch liegt kein Beschluss einer Unternehmensvereinigung vor.
Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Union ist der Begriff des Unternehmens funktional nach dem Sinn
und Zweck der EG-Wettbewerbsregeln auszulegen (sog. funktionaler
Unternehmensbegriff). Der Begriff des Unternehmens umfasst danach jede eine
wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit unabhängig von ihrer Rechtsform und
der Art ihrer Finanzierung (EuGH, Urt. v. 10.07.2006 WuW/E EU-R 1213 Rn. 25 –
FENIN; EuGH Urt. v. 16.03.2004 WuW/E EU-R 801 Rn. 46 – AOK Bundesverband;
Hengst in Langen/Bunte, Kartellrecht, 12. Aul., Bd. 2 Europäisches
Kartellrecht, Art. 101 AEUV Rn. 5). Wesentlich für das Vorliegen einer
unternehmerischen Tätigkeit ist das Erbringen einer wirtschaftlichen Leistung
gegen Entgelt. Allerdings wird hiervon nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs
– abweichend von dem Unternehmensbegriff im deutschen Kartellrecht – nur das
Anbieten von Gütern auf einem bestimmten Markt und nicht die Nachfrage am Markt
durch die öffentliche Hand erfasst (EuGH, Urt. v. 10.07.2006 WuW/E EU-R 1213
Rn. 25 – FENIN; BGH WuW/E DE-R 4037, 4042 Rn. 44 ff. – VBL Gegenwert).
Ausgehend von diesen Grundsätzen unterliegen Berufssportler und ihre Verbände
dem europäischen Kartellrecht, wenn sie sich wirtschaftlich betätigen. Einen
Ausnahmebereich für den Sport gibt es nicht (EuGH, Urt. v. 18.07.2006, Slg.
2006, I-7006, Rn. 22, 45 ff. – Meca-Medina; EuGH, Urt. v. 11.04.2000 – Rs. C-191/97- Slg. 2000, I-2549, Rn. 56
f. – Deliège v. Ligue francophone de judo; EuGH, Urt. v. 01.07.2008, Az.
C-49/07,
Rn. 23-29 – MOTOE). Sportverbände sind Unternehmen, soweit sie etwa durch die
Vermarktung von Medienrechten oder den Abschluss von Lizenz- und
Merchandisingverträgen selbst wirtschaftlich tätig werden. Ansonsten sind sie
als Unternehmensvereinigung anzusehen, wenn ihre Mitglieder, z.B. Profivereine,
wirtschaftlich tätig sind (EuGH, Urt. v. 11.04.2000 – Rs. C-191/97- Slg. 2000,
I-2549, Rn. 46 . – Deliège v. Ligue francophone de judo; Emmerich in
Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Bd. 1 EU/Teil1, 5 Aufl., Ar.t 101 Abs. 1
AEUV Rn. 23; Hellmann in Jaeger/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar zum
Kartellrecht, § 1 GWB Rn. 17 ff.).
(1)
Nach Maßgabe dieser Voraussetzungen kann die
Unternehmenseigenschaft des Beklagten zu 1) im Zusammenhang mit der in seiner
Satzung vorgesehenen Verpflichtung der Ligaverbände, für die Einhaltung und
Beachtung der Vorschriften der Beklagten zu 2) und damit auch von Art. 7 der
IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler durch die lizenzierten Handball-Bundesliga-Vereine
zu sorgen, nicht bejaht werden.
Die Aufnahme und Verabschiedung der in § 13 Abs. 3 und § 15
Abs. 1 i) formulierten Verpflichtungen der Ligaverbände durch den DHB-Bundestag
als zuständiges Verbandsgremium ist keine unternehmerische Tätigkeit. Der Beklagte
zu 1) erbringt keine wirtschaftliche Tätigkeit gegen Entgelt. Vielmehr erfüllt
er damit seine Verpflichtung als Mitglied der Beklagten zu 2). Er hat nach Art.
7.1.12 der Statuten der Beklagten zu 2) (Ausgabe: 1. August 2011) die
IHF-Statuten und Reglements sowie die durch die IHF-Gremien gefassten
Beschlüsse anzuerkennen und diese Verpflichtung an seine Mitglieder
weiterzugeben. Zudem hat er seine Mitglieder aufzufordern, die Verpflichtung an
die Akteure ihres Nationalverbandes weiterzugeben. Die in Rede stehenden
Regelungen in der Satzung des Beklagten zu 1) sind nicht darauf gerichtet,
Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten, sondern
seine Mitglieder an die Statuten, Regeln und Beschlüsse der Beklagten zu 2) zu
binden, damit die in Art. 2 der IHF-Statuten formulierten Aufgaben und Ziele
(Führung, Weiterentwicklung und Förderung des Handballs weltweit) erreicht
werden können. Zwar mag die Pflicht zur Abstellung ausländischer
Nationalspieler darüber hinaus die Vermarktung der von der Beklagten zu 2)
veranstalteten sportlichen Großereignisse (Olympische Spiele,
Weltmeisterschaften, Europameisterschaften etc.) fördern. Daraus resultiert
aber keine eigene unternehmerische Betätigung des Beklagten zu 1) bei
Verabschiedung der IHF-Zulassungsbestimmungen. Sie liegt vielmehr nur vor,
soweit der Beklagte zu 1) selbst Spiele oder Wettkämpfe gemäß § 2 m) seiner
Satzung veranstaltet und vermarktet. Die Einführung und Umsetzung der
IHF-Zulassungsstatuten über die Abstellung ausländischer Nationalspieler ist
indes nicht Teil dieser gewerblichen Tätigkeit des Beklagten zu 1), sondern die
Befolgung einer Pflicht aus der Mitgliedschaft im zweitbeklagten Dachverband.
(2)
Die Aufnahme der in § 13 Abs. 3 und § 15 Abs. 1 i)
formulierten Verpflichtungen der Ligaverbände in die Verbandssatzung des
Beklagten zu 1) ist nicht als Beschluss einer Unternehmensvereinigung im Sinne
von Art. 101 AEUV zu qualifizieren.
(2.1)
Der Beklagte zu 1) ist eine Unternehmensvereinigung.
Unter einer Unternehmensvereinigung ist jeder (beliebig
strukturierte) Zusammenschluss mehrerer Unternehmen im Sinne von Art. 101 AEUV
zu verstehen, dessen Zweck unter anderem darin besteht, die Interessen seiner
Mitglieder wahrzunehmen. Durch die Erstreckung des Kartellverbots auf Beschlüsse
von Unternehmensvereinigungen soll vor allem eine Umgehung des Kartellverbots
auf dem Weg beliebig strukturierter Unternehmenszusammenschlüsse verhindert
werden. Deshalb wird der Begriff der Unternehmensvereinigung generell weit
ausgelegt. So steht die Verfolgung eigener wirtschaftlicher Zwecke durch die
Vereinigung ihrer Qualifizierung als Unternehmensvereinigung nicht entgegen,
sofern sie außerdem auch die Aufgabe hat, die Interessen ihrer Mitglieder zu
wahren. Sie ist Unternehmensvereinigung und, soweit sie selbst eine
wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, Unternehmen (Emmerich in Immenga/Mestmäcker,
aaO. Art. 101 Abs. 1 AEUV Rn. 38; EuG, Urt. v. 26.01.2005, Az. T-193/02, WuW/E
EuR 881, 882 ff., Rn. 69 – 72, – Piau/FIFA). Als Unternehmensvereinigung im
Sinne von Art. 101 AEUV gelten auch Zusammenschlüsse von
Unternehmensvereinigungen (EuGH, Urt. v. 15.05.1975, Slg. 1975 563, 583 f. –
Frubo; Emmerich in Immenga/Mestmäcker, aaO. Art. 101 Abs. 1 AEUV Rn. 40
m.w.Nachw.). Beispiele sind sogenannte Dachverbände oder ein internationaler
Verband, dessen Mitglieder, z.B. nationale Verbände, ihrerseits
Unternehmensvereinigungen sind.
Nach Maßgabe dieser Voraussetzungen ist der Beklagte zu 1)
selbst Unternehmen, soweit er die Nutzungs-, Veranstaltungs-, Vermarktungs- und
Verwertungsrechte für den Spielbetrieb der Handball-Bundesliga gegen Entgelt an
die Ligaverbände verpachtet (siehe den Grundlagen- und Pachtvertrag vom
24.09.2004, Anlage K 1 zur Klageschrift vom 10.04.2013). Er ist darüber hinaus
aber auch als Unternehmensvereinigung anzusehen. Mitglieder des Beklagten zu 1)
sind gemäß § 6 seiner Satzung drei Regionalverbände (§ 6 Abs. 2 a)), 22
Landesverbände (§ 6 Abs. 2 b)) und die Ligaverbände der Männer (…) und der
Frauen (…). In den Ligaverbänden sind nach § 1 Satzung HBL die lizenzierten
Vereine und Betriebsgesellschaften der Handball-Lizenzligen (Bundesliga und 2.
Bundesliga) zusammengeschlossen, für die die Vermarktung der Ligaspiele eine
wirtschaftliche Tätigkeit darstellt. Sie sind u.a. als Anbieter auf dem Markt
für Eintrittskarten für das jeweilige Ligaspiel (vgl. BGH WuW/E BGH 2406 ff) –
Inter Mailand-Spiel), auf dem Markt für Fernsehübertragungsrechte gegenüber den
Fernsehsendern und auf dem Markt für Werberechte gegenüber den Werbekunden tätig.
Diese Vereine und Betriebsgesellschaften sind daher insoweit Unternehmen im
Sinne von Art. 101 AEUV und die Ligaverbände, in denen sie zusammengeschlossen
sind, Unternehmensvereinigungen im Sinne dieser Bestimmung. Denn die
Ligaverbände nehmen nicht nur die sportlichen, sondern auch wirtschaftliche
Interessen ihrer Mitglieder als Solidargemeinschaft gegenüber Verbänden und
sonstigen Dritten wahr (§ 4 e Satzung HBL). Da die Ligaverbände (zusammen mit
den Regional- und Landesverbänden) in dem Beklagten zu 1) zusammengeschlossen
sind, ist der Beklagte zu 1) als Unternehmensvereinigung anzusehen, soweit er
als Dachorganisation des deutschen Handballsports die wirtschaftlichen
Interessen seiner Mitglieder wahrnimmt.
(2.2)
Die Entscheidung des Beklagten zu 1), die Ligaverbände
entsprechend § 13 Abs. 3 und § 15 Abs. 1 i) seiner Satzung mit der Folge zu
verpflichten, dass Art. 7 der IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler für die
lizenzierten Ligavereine und Betriebsgesellschaften bindend ist, ist kein
Beschluss einer Unternehmensvereinigung im Sinne von Art. 101 AEUV.
Maßgeblich für die Auslegung des Rechtsbegriffs Beschluss
ist der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck, Umgehungen des Verbots
wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen zwischen Unternehmen zu verhindern.
Das Kartellverbot des § 101 Abs. 1 AEUV gilt daher (auch) für Beschlüsse von
Vereinigungen, die auf Folgen abzielen, die diese Vorschrift verhindern will.
Dabei fällt aber nicht jede Vereinbarung zwischen Unternehmen oder jeder
Beschluss einer Unternehmensvereinigung, durch die die Handlungsfreiheit der
Parteien oder einer der Parteien beschränkt wird, zwangsläufig unter das
Kartellverbot. Bei der Anwendung dieser Vorschrift im Einzelfall sind vielmehr
der Gesamtzusammenhang, in dem der fragliche Beschluss zustande gekommen ist
oder seine Wirkungen entfaltet, und insbesondere seine Zielsetzung zu würdigen.
Weiter ist dann zu prüfen, ob die mit dem Beschluss verbundenen
wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen notwendig mit der Verfolgung der genannten
Ziele zusammenhängen und ob sie im Hinblick auf diese Ziele verhältnismäßig
sind (EuGH, Urt. 18.07.2006, C-519/04 P, Slg. 2006, I-6991-7028, Rn. 42 –
Meca-Medina u. Majcen). Ein unter das Kartellverbot fallender Beschluss einer Unternehmensvereinigung
liegt danach immer schon dann vor, wenn die Unternehmensvereinigung ihren
ernsthaften Willen zum Ausdruck bringt, das Verhalten ihrer Mitglieder auf
einem bestimmten Markt zu koordinieren (EuGH, Urt. v. 27.01.1987 – C-45/85,
Slg. 1987, 405 rn. 32 – Verband der Sachversicherer; BGH, WuW/E DE-R 2408,
2413, Rn. 26 m.w.Nachw. – Lottoblock). Kann ein solcher Koordinierungswillen
der Unternehmensvereinigung nicht festgestellt werden, kommt es darauf an, ob
der Beschluss tatsächlich eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung bewirkt hat.
(2.2.1)
Vorliegend ist ein Koordinierungswille des beklagten
Verbandes nicht zu erkennen. Auch die Kläger vermögen nicht aufzuzeigen, in
welche Richtung das Marktverhalten der dem Beklagten zu 1) angeschlossenen
Ligaverbände und deren Mitglieder durch die in Rede stehenden Verpflichtungen
zur Beachtung der IHF-Regeln gesteuert werden soll. Zwar bewirkt § 13 Abs. 3
und § 15 Abs. 1 i) der Satzung des Beklagten zu 1), dass Art. 7 der
IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler für die Ligavereine verbindlich ist und
sie nach Maßgabe dieser Regelungen verpflichtet sind, ausländische
Nationalspieler freizustellen. Hiermit wird aber nicht der gemeinsame Wille zum
Ausdruck gebracht, dass sich die Ligaverbände und ihre Mitglieder auf einem
Markt in einer bestimmten Weise verhalten sollen. Zwar sind die lizenzierten
Handballvereine und ihre Betriebsgesellschaften – wie bereits oben ausgeführt –
auf verschiedenen Märkten tätig. Dem Vortrag der insoweit darlegungsbelasteten
Kläger ist aber nicht zu entnehmen, in welche Richtung das Marktverhalten der
Ligaverbände und ihrer Mitglieder auf welchem dieser Märkte durch die
Abstellverpflichtung koordiniert werden soll. Dass durch die
Abstellverpflichtung das Verhalten der Vereine auf dem Markt für
Eintrittskarten für Bundesligaspiele, Fan-Artikel oder
Fernsehübertragungsrechte untereinander abgestimmt werden soll, ist nicht zu
erkennen. Einen „gesonderten Markt für die Abstellung von Spielern für
Maßnahmen ihrer Nationalmannschaften“ existiert nicht, worauf die
Beklagten bereits in erster Instanz zutreffend hingewiesen haben (Bl. 88 GA).
Zwischen den jeweiligen Nationalverbänden, die Spieler für ihre
Nationalmannschaft anfordern, und den Vereinen, bei denen ausländische Spieler
unter Vertrag stehen, wird keine wirtschaftliche Leistung gegen Entgelt
erbracht. Gleiches gilt im Verhältnis zwischen den ausländischen
Nationalverbänden und den von ihnen angeforderten Spielern. Daran ändert sich
auch dann nichts, wenn das Abstellen von Spielern als Bestandteil eines
„Marktes für die Organisation und Durchführung von Handballveranstaltungen
mit Nationalmannschaften“ angesehen werden sollte, wie die Kläger mit
Schriftsatz vom 8. Mai 2015 (Bl. 957 GA) geltend machen. Im Übrigen ist nicht dargelegt,
inwieweit die alle Vereine gleichermaßen betreffende Pflicht zur Abstellung
ausländischer Nationalspieler den Wettbewerb auf jenem Markt beschränken oder
verfälschen soll.
(2.2.2)
Dass die in Rede stehenden Regelungen in der Satzung des
Beklagten zu 1) tatsächlich eine spürbare Wettbewerbsbeeinträchtigung bewirkt
haben, kann gleichfalls nicht festgestellt werden.
Bei der Prüfung, ob eine Wettbewerbsbeschränkung vorliegt,
ist der konkrete Rahmen zu berücksichtigen, in dem eine Vereinbarung ihre
Wirkung entfaltet, insbesondere der wirtschaftliche und rechtliche Kontext, in
dem die betroffenen Unternehmen tätig sind, die Art der Waren und/oder
Dienstleistungen, auf die sich die Vereinbarung bzw. der Beschluss bezieht,
sowie die tatsächlichen Bedingungen der Funktion und der Struktur des
relevanten Marktes (EuGH, Urt. 18.07.2006, C-519/04 P, Slg. 2006, I-6991-7028,
Rn. 39 ff. – Meca-Medina u. Majcen). Maßnahmen, die das Selbstbestimmungsrecht
der Marktteilnehmer hinsichtlich des Marktzutritts, der Auswahl der Vertragspartner,
des Geschäftsabschlusses sowie der Ausgestaltung von Geschäftsbedingungen
beeinträchtigten, stellen regelmäßig verbotene Wettbewerbsstörungen im Sinne
von Art. 101 Abs. 1 AEUV dar. Daraus lässt sich aber nicht schließen, dass jede
Beeinträchtigung dieser Freiheiten notwendigerweise eine
Wettbewerbsbeschränkung bedeutet. Eine Wettbewerbsverfälschung kann nur dann
angenommen werden, wenn die jeweils freiheitsbeschränkende Absprache geeignet
ist, die Marktverhältnisse zu verändern. Dafür ist ein Vergleich der reellen
Wettbewerbssituation mit der Wettbewerbssituation, wie sie ohne das fragliche
Verhalten bestünde, entscheidend (Hengst in Langen/Bunte, aaO., Art. 101 AEUV
Rn. 174).
Die in § 13 Abs. 3 und § 15 Abs. 1 i) der Satzung des
Beklagten zu 1) geregelte Verpflichtung der Ligaverbände und ihrer Mitglieder,
die Regelungen und Vorschriften der Beklagten zu 2) und damit auch Art. 7 der
IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler zu beachten, bewirkt keine
Beeinträchtigung des Wettbewerbs der Handballvereine untereinander.
Wie bereits oben ausgeführt, sind die lizenzierten Vereine
und Betriebsgesellschaften der Handball-Lizenzligen im Zusammenhang mit der
Vermarktung der Ligaspiele auf unterschiedlichen Märkten als Anbieter von Waren
und/oder Dienstleistungen tätig. Zu erwähnen ist der Markt für Eintrittskarten
für das jeweilige Ligaspiel, der Markt für Fernsehübertragungs- und Werberechte
sowie der Markt für Fan-Artikel und der Spielertransfermarkt (vgl. Zimmer in
Immenga/Mestmäcker, aaO., § 1 GWB Rn. 60). Die Kläger beanstanden, dass Art. 7
der IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler weder einen zeitlichen Maximalumfang
der Freigabeverpflichtung vorsieht (Art. 7.1.3.), noch eine finanzielle
Entschädigung der Vereine für die Dauer der Freigabe (Art. 7.2). Darüber hinaus
halten sie es für nicht gerechtfertigt, dass die Vereine den ausländischen
Nationalspieler gegen Verletzungen und die sich daraus ergebenden Folgen für
die Zeit zu versichern haben, in der der Spieler zu Maßnahmen seines Verbandes
berufen wird (Art. 7.3.2). Es ist allerdings nicht ersichtlich und von den
Klägern auch nicht dargetan, dass die Vereine hierdurch in ihren
Betätigungsmöglichkeiten im Wettbewerb mit den anderen Vereinen auf einem der
oben genannten Märkte beeinträchtigt werden.
Ohne Erfolg machen die Kläger geltend, ihnen werde die
Vermarktung der medialen Übertragungsrechte der Spiele der Handballbundesliga
erheblich erschwert, weil der Spielbetrieb im Januar eines jeden Kalenderjahres
mitten in der Saison wegen der dann stattfindenden Europa- oder
Weltmeisterschaften unterbrochen werde. Die Unterbrechung des Spielbetriebs
trifft alle Ligavereine gleichermaßen und nicht nur die Vereine, die
ausländische Nationalspieler unter Vertrag haben und diese für die genannten
internationalen Turniere abstellen müssen.
Soweit die Kläger vortragen, durch die zeitlich nicht auf
einen Maximalumfang eingeschränkte Abstellverpflichtung der Vereine werde die
Leistungsfähigkeit der ausländischen Nationalspieler negativ beeinflusst und
die Verletzungsgefahr steige, folgt hieraus nicht, ob und inwieweit die
Wettbewerbschancen der zur Freigabe verpflichteten Vereine hierdurch
beeinträchtigt werden. Der zeitliche Umfang der Freigabeverpflichtung trifft
zunächst alle Ligavereine gleichermaßen, die ausländische Nationalspieler unter
Vertrag haben. Überdies ist nicht ersichtlich und von den Klägern auch nicht
vorgetragen, dass infolge der (zeitlich unbeschränkten) Freigabe ausländischer
Spieler für Maßnahmen ihrer Nationalmannschaften und der damit einhergehenden
körperlichen Belastungen der Spieler die Attraktivität der Bundesligaspiele
dieser Vereine für den Zuschauer so in Mitleidenschaft gezogen wird, dass für
diese Vereine im Vergleich zu den Vereinen, die keine ausländischen
Nationalspieler im Kader haben, Nachteile auf dem Markt für Eintrittskarten,
Fernsehübertragungsrechte und Fanartikel entstehen. Eine solche
Beeinträchtigung im Wettbewerb ist auch eher unwahrscheinlich. Zwar ist es für
den Verein im Grundsatz nachteilig, wenn der ausländische Nationalspieler für
die in Rede stehenden Maßnahmen seines Nationalverbandes zeitlich unbeschränkt
abgestellt werden muss und er infolgedessen der Handballbundesliga in diesen
Zeitraum nicht zur Verfügung steht. Jedoch hat die Tatsache, dass der Spieler
auf Anforderung für Maßnahmen seines Nationalverbandes (zeitlich
uneingeschränkt) freizugeben ist, gleichzeitig positive Effekte auf die
Attraktivität des Vereins und die von ihm veranstalteten Ligaspiele. Hierbei
ist zunächst zu berücksichtigen, dass Handball ein Mannschaftssport ist, bei
dem die Leistung der gesamten Mannschaft und weniger die der einzelnen Spieler
im Vordergrund steht. Wenn daher einzelne ausländische Spieler aufgrund ihrer
Freigabe für bestimmte Ligaspiele nicht zur Verfügung stehen, leidet hierdurch
die Attraktivität der Spiele für den Zuschauer und damit der Vermarktungserfolg
nicht zwangsläufig. Darüber hinaus ist es nicht nur für den Spieler sondern
auch für den Verein eine Auszeichnung, wenn ein bei ihm beschäftigter
ausländischer Spieler aufgrund seiner herausragenden Leistungen in der
Handballbundesliga zur Nationalmannschaft seines Nationalverbandes einberufen
wird. Dies wirkt sich für das sportliche Ansehen des Vereins und demzufolge
auch für die Vermarktung seiner Ligaspiele positiv aus.
Dass die Ligavereine, obwohl sie für die Dauer der Freigabe
die Spielergehälter weiter zu zahlen haben, keine finanzielle Entschädigung
erhalten und zudem verpflichtet sind, den Spieler während der Freigabe gegen
Verletzungen und die sich daraus ergebenden Folgen zu versichern, ist zwar ein
wirtschaftlicher Nachteil. Denn die Vereine haben Aufwendungen (Gehalt,
Versicherungsbeitrag) für den freigegebenen ausländischen Spieler, obwohl er
dem Verein für die Zeit seiner Freigabe nicht für Spiele der Bundesliga,
Training, Werbeveranstaltungen u.ä. zur Verfügung steht. Aber nicht jeder
wirtschaftliche Nachteil, der einem Unternehmen zugefügt wird, kann ohne
weiteres auch als (spürbare) Beeinträchtigung seiner Betätigungsmöglichkeiten
im Wettbewerb angesehen werden. Erforderlich ist vielmehr eine (spürbare)
Auswirkung auf die Wettbewerbschancen des beeinträchtigten Unternehmens
gegenüber anderen Nachfragern oder Anbietern. Hierzu fehlte jedoch
substantiierter Vortrag der Kläger, so dass bei Zulässigkeit der Klage nicht
hätte festgestellt werden können, ob und inwieweit die
Vermarktungsmöglichkeiten der betreffenden Ligavereine durch das Ausbleiben
einer Entschädigung für die Freigabe ausländischer Nationalspieler und die
Versicherungspflicht im Vergleich zu den anderen Ligavereinen beeinträchtigt
sind. Die pauschale Behauptung der Kläger, mit der Abstellverpflichtung seien
erhebliche wirtschaftliche Nachteile für die Vereine verbunden (Bl. 967 GA),
ersetzt substantiierten an den Anforderungen des § 138 ZPO zu messenden
Sachvortrag nicht.
bb.
Die Einführung und Umsetzung der IHF-Zulassungsbedingungen
hätte auch nach nationalem Kartellrecht keinen Verstoß des Beklagten zu 1)
gegen das in § 1 GWB geregelte Kartellverbot begründen können.
Auch insoweit fehlt dem Beklagten zu 1) die
Unternehmenseigenschaft. Die Auslegung des Unternehmensbegriffs im deutschen
und europäischen Kartellrecht weist zwar Unterschiede auf. Diese Unterschiede
sind vorliegend aber nicht relevant. Grundsätzlich ist § 1 GWB und damit auch
der Unternehmensbegriff so auszulegen, wie es der Rechtsprechung des EuGH zu
Art. 101 AEUV entspricht (BGH WuW/E DE-R 3275 – Jette Joop). Unterschiede
bestehen (derzeit) allerdings insoweit, als nach der Rechtsprechung des EuGH
die reine Nachfragetätigkeit durch die öffentliche Hand keine unternehmerische
Tätigkeit darstellt (EuGH, Urt. v. 10.07.2006 WuW/E EU-R 1213 Rn. 25 – FENIN),
während nach der (bisherigen) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum
Unternehmensbegriff grundsätzlich jede Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr –
und damit auch die Beschaffungstätigkeit der öffentlichen Hand zum
Eigenverbrauch – den Unternehmensbegriff erfüllt (BGH WuW/E DE-R 1987, 1089 –
Ausrüstungsgegenstände für Feuerlöschzüge; BGH WuW/E BGH 2571 -Krankentransportbestellung;
offengelassen in BGH WuW/E DE-R 2161, 2163 Rn. 12 – Tariftreueerlärung III; BGH
WuW/E DE-R 4037, 4042 Rn. 44 ff. – VBL-Gegenwert).
Gegenstand der Beurteilung wäre vorliegend aber nicht eine
Nachfragetätigkeit des Beklagten zu 1) gewesen, so dass die Frage, ob der
Beklagte zu 1) bei der Verabschiedung der in § 13 Abs. 3 und § 15 Abs. 1 i)
seiner Satzung enthaltenen Verpflichtungen der Ligaverbände und deren
Mitglieder als Unternehmen oder Unternehmensvereinigung gehandelt hat, nach europäischem
und deutschen Kartellrecht einheitlich zu beantworten gewesen wäre.
cc.
Der Erlass der in § 13 Abs. 3 und § 15 Abs. 1 i) geregelten
allgemeinen und besonderen Pflichten der Ligaverbände wäre zudem nicht als
Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch den Beklagten zu 1) gemäß
Art. 102 AEUV zu qualifizieren.
Zwar ist der Beklagte zu 1) Normadressat des
Missbrauchsverbots, soweit er selbst Spiele oder Wettkämpfe veranstaltet und
vermarktet, weil er auf diesem Markt (z.B. für Eintrittskarten,
Fernsehübertragungsrechte und Werberechte) ohne Wettbewerber unternehmerisch
tätig ist. Jedoch hätte der Beklagte zu 1) mit der Einführung und Umsetzung der
IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler diese Marktmacht nicht im Sinne von Art.
102 AEUV missbraucht. Weder liegen die Voraussetzungen eines
Ausbeutungsmissbrauchs noch die eines Behinderungsmissbrauchs vor.
Der Begriff des Ausbeutungsmissbrauchs bezeichnet
Verhaltensweisen eines marktbeherrschenden Unternehmens, die dadurch
gekennzeichnet sind, dass sich das Unternehmen auf Kosten der Marktgegenseite
oder nachgelagerter Marktstufen geschäftliche Vorteile verschafft (Art. 102 S.
2 a) AEUV). Dass durch das Verhalten gleichzeitig auch Wettbewerber behindert
werden, ist für das Vorliegen eines Ausbeutungsmissbrauchs weder erforderlich
noch steht es ihm entgegen (Bulst in Langen/Bunte, Kartellrecht, 12. Aufl.,
Art. 102 AEUV Rn. 91). Durch die Einführung und Umsetzung der
IHF-Zulassungsbestimmungen verschafft sich der Beklagte zu 1) indes keinen
geschäftlichen Vorteil auf Kosten der Marktgegenseite oder nachgelagerter
Marktstufen. Hinsichtlich der von dem Beklagte zu 1) veranstalteten und
vermarkteten Spiele sind nicht die Kläger Marktgegenseite, sondern die
Nachfrager von Eintrittskarten, Fernsehübertragungsrechten und Werberechten.
Auch der Tatbestand des Behinderungsmissbrauchs ist nicht
erfüllt.
Der Begriff des Behinderungsmissbrauchs umfasst ein
Marktverhalten, das den Wettbewerb schwächt, etwa indem es Wettbewerbern des
marktbeherrschenden Unternehmens den Zugang zu Absatz- oder Inputmärkten
versperrt. Es richtet sich damit direkt oder indirekt gegen Wettbewerber auf
dem beherrschten oder einem benachbarten Markt (Bulst in Langen/Bunte, aaO.,
Art. 102 AEUV Rn. 92). Das Verhalten des Beklagten zu 1) (hier: die Einführung
und Umsetzung der IHF-Zulassungsbestimmungen) ereignet sich nicht auf dem
Markt, auf dem der Beklagte zu 1) als Spieleveranstalter und -vermarkter
marktbeherrschend ist. Die an die Handballvereine und ihre
Betriebsgesellschaften adressierte Pflicht zur Abstellung ausländischer
Nationalspieler wirkt sich vielmehr auf Märkte aus, auf denen der Beklagte zu
1) selbst nicht tätig ist, sondern allein die Kläger als Veranstalter und
Vermarkter ihrer Handballbundesliga-Spiele.
Allerdings kann auch ein Verhalten, das sich auf einem
anderen als dem beherrschten Markt ereignet und auswirkt, unter Art. 102 AEUV
fallen. Voraussetzung hierfür ist aber ein Zusammenhang zwischen der
beherrschenden Stellung und dem angeblich missbräuchlichen Verhalten. Ein
solcher Zusammenhang ist in der Regel zu verneinen, wenn sich ein Verhalten auf
einem von dem beherrschten Markt verschiedenen Markt dort auswirkt. Handelt es
sich um verschiedene, aber verbundene Märkte, so können nur besondere Umstände
eine Anwendung von Art. 102 AEUV auf ein Verhalten rechtfertigen, das auf dem
verbundenen, nicht beherrschten Markt festgestellt wurde und sich dort auswirkt
(EuGH, Urt. v. 14.11.1996, Az. C 333/94, Slg. 1996 I-05951 – Tetra
Pak/Kommission).
Wie bereits oben ausgeführt, wirkt sich die Einführung und
Umsetzung der IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler nicht auf den Märkten aus,
auf denen der Beklagte zu 1) als Veranstalter von Länderspielen und sonstigen
Wettkämpfen eine Monopolstellung inne hat. Nachteilig betroffen sind allenfalls
die Märkte, auf denen die Handballvereine der 1. und 2. Bundesliga und ihre
Betriebsgesellschaften unternehmerisch tätig sind. Sie machen geltend, durch
die Abstellverpflichtung im Wettbewerb mit den anderen Handballvereinen
behindert zu werden. Dass zwischen diesen unterschiedlichen Märkten eine
Verbundenheit entsprechend den Vorgaben des EuGH besteht und zudem besondere
Umstände eine Anwendung von Art. 102 AEUV auf das Verhalten des Beklagten zu 1)
rechtfertigen, ist nicht ersichtlich und von den Klägern auch nicht dargetan
worden.
dd.
Das Verhalten des Beklagten zu 1) wäre auch nicht als
missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von § 19
Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GWB zu qualifizieren.
Zwar wird von der genannten Vorschrift auch die
Beeinträchtigung der Wettbewerbsverhältnisse auf einem Markt erfasst, auf dem
der Normadressat selbst nicht marktbeherrschend ist (sog. Drittmarkt).
Voraussetzung hierfür ist aber in jedem Fall, dass der erforderliche
Kausalzusammenhang zwischen der Marktbeherrschung und dem missbilligten
Verhalten oder seiner wettbewerbsbeeinträchtigenden Wirkung gegeben (BGH WuW/E
DE-R 1210 Rn. 22 m.w.Nachw. – Strom und Telefon II) und das behinderte
Unternehmen auf dem beherrschten Markt tätig ist (BGH WuW/DE-R 1283, 1284 – Der
Oberhammer; OLG Düsseldorf WuW/E DE-R 3788 – Schilderprägerunternehmen; offen
gelassen: BGH WuW/E DE-R 1210 Rn. 22 – Strom und Telefon II).
Diese Voraussetzungen sind indes nicht erfüllt. Insbesondere
ist die Monopolstellung des Beklagten zu 1) auf den Märkten, auf denen er
unternehmerisch tätig ist, nicht ursächlich für eine etwaige Behinderung der
Ligavereine bei der Veranstaltung und Vermarktung ihrer Ligaspiele.
b.
Im Falle der Zulässigkeit der Klage hätte ein Verstoß gegen
das Kartellverbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV und § 1 GWB sowie gegen das Verbot
marktmissbräuchlichen Verhaltens (Art. 102 AEUV und § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1
GWB) nicht darin gesehen werden können, dass der Beklagte zu 1) in § 3 des mit
dem Ligaverband der Männer (HBL) geschlossenen Grundlagen- und Pachtvertrages
vom 24. September 2011 eine Vereinbarung zu der Abstellverpflichtung der
Bundesligavereine und deren Betriebsgesellschaften für Nationalspieler zur
Bildung starker Nationalmannschaften getroffen hat.
Die im Grundlagen- und Pachtvertrag vereinbarte
Abstellverpflichtung betrifft inhaltlich einen völlig anderen Sachverhalt als
die in Art. 7 IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler geregelte Abstellverpflichtung.
Während Art. 7 IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler die Verpflichtung der
Vereine normiert, ausländische Spieler, die bei ihnen unter Vertrag sind, für
deren Nationalverbände freizugeben, wenn sie zu Maßnahmen der
Nationalmannschaft dieses Verbandes einberufen werden (Art. 7.1.2), regelt § 3
Nr. 1 des Grundlagen- und Pachtvertrages die Verpflichtung der Vereine,
deutsche Nationalspieler zur Bildung starker (A-, B- und Junioren-)
Nationalmannschaften abzustellen. So ist in § 3 des Grundlagen- und
Pachtvertrages gleich an mehreren Stellen die Rede davon, dass sich die
Abstellverpflichtung auf Maßnahmen des DHB, also des deutschen
Handballverbandes, und nicht auf Maßnahmen anderer nationaler Handballverbände
bezieht. So lautet § 3 Nr. 1 Satz 4:
„Die Parteien sind sich darüber einig, dass die
Mitglieder der HBL ihre Spieler für Maßnahmen des DHB insgesamt im Jahr
grundsätzlich an 60 Tagen abstellen müssen.“
Nach § 3 Nr. 5 garantiert der DHB den Mitgliedern der HBL,
„dass ihre Spieler für jedwede Maßnahme des DHB…versichert sind.“
Ferner stellt die HBL gemäß § 3 Nr. 6 Satz 1 sicher, dass die abgestellten
A-Nationalspieler „während jedweder Maßnahme des DHB“ Lohnfortzahlung
erhalten.
Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang auch die Regelung
in § 3 Nr. 5 des Vertrages. Danach bemüht sich die HBL, dass die für die
Nationalmannschaft abzustellenden Spieler der Ligavereine ihre
Persönlichkeitsrechte, insbesondere Rechte am eigenen Bild, dem Beklagten zu 1)
zur Werbe- und Vermarktungszwecke übertragen. Diese Vereinbarung macht nur für
deutsche Nationalspieler Sinn, denn ausländische Nationalspieler haben
keinerlei Veranlassung, ihre Persönlichkeitsrechte dem Beklagten zu 1) im
Zusammenhang mit ihrem Einsatz für die Nationalmannschaft ihres Landes zu
übertragen.
c.
Ein Verstoß gegen das Kartellverbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV
und § 1 GWB sowie gegen das Verbot marktmissbräuchlichen Verhaltens (Art. 102
AEUV und § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 u. 2 GWB) wäre auch nicht darin begründet,
dass der Beklagte zu 1) in der von ihm verabschiedeten DHB-Spielordnung in § 82
Abs. 1 geregelt hat, dass Spieler, die zu einem Auswahlspiel oder zu einem
Lehrgang einberufen werden, zu diesem Zweck von ihrem Verein freigegeben werden
müssen. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die Ausführungen unter II.
1.a.aa. Bezug genommen werden.
2.
Das Unterlassungsbegehren der Kläger hätte auch nicht
gestützt auf § 823 Abs. 1 BGB wegen eines Eingriffs in den eingerichteten und
ausgeübten Gewerbebetrieb oder wegen eines sog. mitgliedschaftsbezogenen
Eingriffs Erfolg gehabt.
a.
Die von den Klägern beanstandeten Regelungen in der Satzung
des Beklagten zu 1), die dazu führen, dass sie nach Art. 7 der
IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler zur Freigabe ausländischer Nationalspieler
verpflichtet sind, stellen keinen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetrieb der Kläger dar.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der
Schutz des § 823 Abs. 1 BGB gegen jede Beeinträchtigung des Rechts am
eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs gewährt, wenn sie einen
unmittelbaren Eingriff in den gewerblichen Tätigkeitskreis darstellt. Das Recht
am bestehenden Gewerbebetrieb wird durch § 823 Abs. 1 BGB nicht nur in seinem
eigentlichen Bestand, sondern auch in seinen einzelnen Erscheinungsformen, wozu
der gesamte gewerbliche Tätigkeitskreis zu rechnen ist, vor unmittelbaren
Störungen bewahrt. Unter dem Begriff des Gewerbebetriebs im Sinne des § 823
Abs. 1 BGB ist alles das zu verstehen, was in seiner Gesamtheit den Gewerbebetrieb
zur Entfaltung und Betätigung in der Wirtschaft befähigt, also nicht nur
Betriebsräume und – grundstücke, Maschinen und Gerätschaften,
Einrichtungsgegenstände und Warenvorräte, sondern auch Geschäftsverbindungen,
Kundenkreis und Außenstände. Durch den dem eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetrieb von der Rechtsprechung gewährten und nach und nach erweiterten
Schutz soll das Unternehmen in seiner wirtschaftlichen Tätigkeit, in seinem
Funktionieren vor widerrechtlichen Eingriffen bewahrt werden (BGHZ 193,
227-238, juris: Rn. 19 m.w.Nachw.). Unmittelbare Eingriffe in das Recht am
bestehenden Gewerbebetrieb, gegen welche § 823 Abs. 1 BGB Schutz gewährt, sind
nur diejenigen, die irgendwie gegen den Betrieb als solchen gerichtet, also
betriebsbezogen sind und nicht vom Gewerbebetrieb ohne weiteres ablösbare
Rechte oder Rechtsgüter betreffen (BGHZ 193, 227-238, juris: Rn. 21
m.w.Nachw.).
Hiernach ist der Erlass der in Rede stehenden Regelungen in
der Satzung des Beklagten zu 1) nicht als betriebsbezogener Eingriff im Sinne
von § 823 Abs. 1 BGB zu qualifizieren.
Er richtet sich nicht spezifisch gegen die unternehmerische
Tätigkeit der Kläger bei der Vermarktung der Ligaspiele und damit nicht gegen
den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit.
Der Beklagte hat die in § 13 Abs. 3 und § 15 Abs. 1 i) geregelten
Verpflichtungen der Ligaverbände in seine Satzung aufgenommen, weil er hierzu
selbst aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Beklagten zu 2) verpflichtet ist.
Im Übrigen ist die in Art. 7 der IHF-Zulassungsbestimmungen
geregelte Abstellverpflichtung nicht gegen die Vermarktung der Ligaspiele durch
die Ligavereine gerichtet und damit nicht betriebsbezogen. Vielmehr geht es der
Beklagten zu 2) darum, die von ihr veranstalteten und vermarkteten
internationalen Wettkämpfe für den Zuschauer attraktiv zu gestalten. Dies ist
aber nur dann der Fall, wenn die jeweiligen Nationalverbände leistungsstarke
Nationalmannschaften aufstellen können. Dies setzt voraus, dass (auch) die im
Ausland beschäftigten Nationalspieler von den jeweiligen nationalen Vereinen
für Maßnahmen der Nationalmannschaft uneingeschränkt freigestellt werden.
Soweit Art. 7 der IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler
eine Entschädigung der nationalen Vereine für den Freigabezeitraum
ausgeschlossen und eine Versicherungspflicht angeordnet hat, richtet sich auch
diese Regelung nicht unmittelbar gegen die unternehmerische Tätigkeit der
Ligavereine bei der Vermarktung der Ligaspiele.
b.
Ein sog. mitgliedschaftsbezogener Eingriff wäre ebenfalls zu
verneinen.
Zwar sind Mitgliedschaftsrechte als sonstige Rechte
deliktsrechtlich gegen Eingriffe geschützt, die sich unmittelbar gegen den
Bestand der Mitgliedschaft oder die in ihr verkörperten Rechte und
Betätigungsmöglichkeiten von erheblichem Gewicht richten (Sprau in Palandt, BGB
71. Aufl., § 823 Rn. 21).
Die in der Satzung des Beklagten zu 1) geregelte
Verpflichtung der Ligaverbände, die Regelungen der IHF zu beachten und dafür zu
sorgen, dass auch ihre Mitglieder sich daran halten, stellt einen solchen
unmittelbaren Eingriff in ein wesentliches Mitgliedschaftsrecht der Kläger
nicht dar.
Klage gegen die Beklagte zu 2):
Auch die Klagen gegen die Beklagte zu 2) hätten im Falle
ihrer Zulässigkeit keinen Erfolg gehabt.
Die Kläger hätten von der Beklagten zu 2) nicht verlangen
können, dass sie es unterlässt, sie auf der Grundlage von Art. 7
IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler, Stand 01.07.2011, zur Abstellung
ausländischer Nationalspieler zu verpflichten. Die Voraussetzungen für einen
aus § 33 Abs. 1 Satz 1 GWB folgenden Unterlassungsanspruch waren nicht erfüllt.
a.
Zutreffend hat das Landgericht den Rechtsstreit, auch soweit
die Kläger die in der Schweiz ansässige Beklagte zu 2) in Anspruch nehmen, nach
deutschem Recht beurteilt. Einschlägige Norm ist Art. 6 Abs. 3 VO ROM II. Hiernach
ist auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus einem den Wettbewerb
einschränkenden Verhalten das Recht des Staates anzuwenden, dessen Markt
beeinträchtigt ist oder beeinträchtigt wird (Art. 6 Abs. 3 a) VO Rom II).
Erfasst werden u.a. privatrechtlich einzuordnende Ansprüche, die aus
wettbewerbsbeschränkendem Verhalten von Marktteilnehmern folgen, wie etwa die
aus § 33 Abs. 1 und 3 GWB folgenden Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche.
Hat das wettbewerbseinschränkende Verhalten Auswirkungen auf verschiedenen
Märkten, folgt aus dem in Art. 6 Abs. 3 a) VO Rom II geregelten
Auswirkungsprinzip, dass jeder „Auswirkungserfolg“ zur Anknüpfung an
seinem Marktort führt, mithin für jeden Markt und den dortigen Schadeneintritt
das Recht dieses jeweiligen Marktes gilt (Art. 6 Abs. 3 b) Satz 1 erster HS).
Das in Art. 6 Abs. 3 a) VO Rom II geregelte
Auswirkungsprinzip führt hier zur Anwendbarkeit deutschen Kartellprivatrechts.
Die Kläger sind durch die als kartellrechtswidrig
beanstandete Abstellverpflichtung ausländischer Nationalspieler (Art. 7
IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler) nur an einem Marktort in einem Staat
betroffen. Die Kläger sind in Deutschland ansässig. Es handelt sich um deutsche
Handballvereine und deren Betriebsgesellschaften, die die Handball-Bundesliga
in Deutschland betreiben und daran teilnehmen. Die Verpflichtung zur
Freistellung ausländischer Nationalspieler nach den Regelungen des Art. 7
IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler kann sich daher nur auf den nationalen
Spielbetrieb in der deutschen Handballbundesliga auswirken.
b.
Ein aus § 33 Abs. 1 Satz 1 GWB folgender
Unterlassungsanspruch der Kläger wäre daran gescheitert, dass die Beklagte zu
2) bei Erlass der streitgegenständlichen Regelung in Art. 7
IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler, Stand 01.07.2011, weder gegen das Kartellverbot
(Art. 101 Abs. 1 AEUV, § 1 GWB) noch gegen das Verbot marktmissbräuchlichen
Verhaltens (Art. 102 AEUV, § 19 Abs. 1 u. 2 Nr. 1 u. 2 GWB) verstoßen hat.
aa.
Ein Verstoß der Beklagten zu 2) gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV
und § 1 GWB scheitert jedenfalls daran, dass es sich bei der Verabschiedung der
IHF-Zulassungsbestimmungen nicht um einen Beschluss einer
Unternehmensvereinbarung im Sinne der genannten Vorschriften handelt.
Indes kann die Verabschiedung der IHF-Zulassungsbestimmungen
als Marktteilnahme gewertet werden. Die Beklagte zu 2) handelt als Unternehmen,
soweit sie durch die Vermarktung von Rechten an ihren Veranstaltungen und
Produkten (Wettkämpfe, Kongresse pp.) und durch die Vermarktung von Werbe- und
TV-Rechten (vgl. Art. 2 Nr. 2.4 und Nr. 3 Statuten IHF) selbst wirtschaftlich
tätig wird. Der Erlass der Zulassungsstatuten, insbesondere die in Art. 7
geregelte Verpflichtung der nationalen Vereine, ausländische Spieler, die sie
unter Vertrag haben, für deren Nationalverband freizugeben, zielt nicht nur
darauf ab, die Teilnahme von ausländischen Spielern an Maßnahmen der
Nationalmannschaft ihres Verbandes sicherzustellen und damit entsprechend Art.
2 der Statuten der Beklagten zu 2) den Handball weltweit zu führen,
weiterzuentwickeln und zu fördern. Die Beklagte zu 2) hat ein eigenes
wirtschaftliches Interessen an der in Rede stehenden Regelung. Sie veranstaltet
und vermarktet internationale Wettkämpfe des Handballsports. Die Attraktivität
dieser Veranstaltungen und damit ihr Vermarktungserfolg hängt maßgeblich davon
ab, dass zu diesen Wettkämpfen leistungsstarke Nationalmannschaften antreten,
was wiederum voraussetzt, dass die nationalen Handballvereine die bei ihnen
unter Vertrag stehenden ausländische Nationalspieler für solche Veranstaltungen
freigeben.
Die Verabschiedung der in Rede stehenden
Zulassungsbestimmung durch den Rat der Beklagten zu 2) ist aber kein Beschluss
einer Unternehmensvereinigung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV und § 1 GWB.
Allerdings ist die Beklagte zu 2) als Unternehmensvereinigung
anzusehen. Die zu ihren Mitgliedern gemäß Art. 7 der IHF-Statuten gehörenden
nationalen Handballverbände üben eine wirtschaftliche Tätigkeit aus und sind
daher Unternehmen im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV und § 1 GWB. Die nationalen
Verbände sind insoweit unternehmerisch tätig, als sie Wettbewerbe der
Bundesligen selbst veranstalten und vermarkten oder die Veranstaltungsrechte
gegen Entgelt an die Ligaverbände oder Vereine zur eigenverantwortlichen
Ausübung übertragen (vgl. § 2 l) DHB-Satzung). Darüber hinaus sind in den
nationalen Verbänden entweder unmittelbar oder – wie in Deutschland – mittelbar
über den Ligaverband die Handballvereine zusammengeschlossen, die – wie bereits
oben ausgeführt – selbst auf verschiedenen Märkten unternehmerisch tätig sind.
Die von der Beklagten zu 2) erlassene Regelung in Art. 7 der
IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler, Stand 01.07.2011, ist jedoch nicht als
Beschluss einer Unternehmensvereinigung anzusehen, der eine spürbare
Wettbewerbsbeschränkung seiner Mitglieder bezweckt oder bewirkt. Weder hat die
Beklagte zu 2) durch die in Rede stehende Regelung ihren ernsthaften Willen zum
Ausdruck gebracht, das Verhalten ihrer Mitglieder auf einem bestimmten Markt zu
koordinieren, noch bewirkt die Regelung tatsächlich eine spürbare
Wettbewerbsbeeinträchtigung. Gegen einen Koordinierungswillen der Beklagten zu
2) spricht überdies der Gesamtzusammenhang, in dem die Regelungen in Art. 7
IHF-Zulassungsbestimmungen stehen. Die Beklagte zu 2) besitzt sämtliche Rechte an
internationalen Wettkämpfen wie insbesondere an Weltmeisterschaften und
Olympischen Spielen (Art. 18.1 IHF-Statuten). Die Durchführung von
internationalen Veranstaltungen überträgt sie an einen Mitgliedsverband auf
dessen Bewerbung durch Entscheid ihrer Gremien (Art. 18.3 IHF-Statuten). Welche
Spieler zur Teilnahme an den internationalen Wettkämpfen berechtigt sind,
regelt die Beklagte zu 2) gemäß Art. 19 IHF-Statuten in der
Zulassungsbestimmung für Spieler. Die darin enthaltene Regelung über die
Freigabeverpflichtung der Vereine für ausländische Nationalspieler stellt dabei
sicher, dass der jeweilige Nationalverband auf seine Spieler für sämtliche
Maßnahmen der Nationalmannschaft auch dann zurückgreifen kann, wenn sie bei
einem ausländischen Verein unter Vertrag stehen. Zweck der Regelung ist es
daher, für leistungsstarke Nationalmannschaften der Nationalverbände zu sorgen
und in dessen Folge attraktive internationale Wettkämpfe zu veranstalten. Sie
bezwecken nicht, das Verhalten der Nationalverbände und der ihnen angehörenden
Ligavereine bei der Vermarktung der Ligaspiele zu koordinieren.
Die von den Klägern beanstandeten Regelungen in Art. 7
IHF-Zulassungsbestimmungen für Spieler bewirken auch keine spürbare
Wettbewerbsbeeinträchtigung. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann insoweit
auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden.
bb.
Schließlich wäre auch ein Marktmissbrauch der Beklagten zu
2) gemäß Art. 102 AEUV und § 19 Abs. 1 und 2 Nr. 1 u. 2 GWB abzulehnen. Ebenso
wie bei dem Beklagten zu 1) sind die – oben unter II.1.a.cc. u. dd.
dargestellten – Voraussetzungen für eine marktmissbräuchliche
Drittmarktbehinderung auch bei der Beklagten zu 2) nicht erfüllt, da die
Beklagte zu 2) und die Kläger auf verschiedenen, nicht miteinander verbundenen
Märkten tätig sind.
B. Hilfsantrag
Auch mit dem in zweiter Instanz gestellten Hilfsantrag haben
die Klagen keinen Erfolg gehabt, da der Hilfsantrag auf dasselbe Klageziel wie
der Hauptantrag gerichtet und die Klage insoweit mangels Rechtsschutzbedürfnis
unzulässig ist.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 1
ZPO.
Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen
auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV.
Für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO
besteht kein Anlass. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch
erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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Filesharing – Urteil des BGH im eigenen Fall im Volltext – Keine Haftung als Störer für Betreiber eines Internetzugangs über WLAN und eines Tor-Exit-Nodes

Der Bundesgerichtshof hebt auf die Revision der IT-Kanzlei Gerth das Urteil des OLG Düsseldorf auf. Das LG Düsseldorf und das OLG Düsseldorf hatten eine solche Haftung noch bejaht.
Das Urteil liegt jetzt im Volltext vor:

Leitsatz:
1. Der an die Stelle der bisherigen Störerhaftung des
Zugangsvermittlers für von Dritten begangene Rechtsverletzungen getretene
Sperranspruch nach § 7 Abs. 4 TMG nF ist unionsrechtskonform dahingehend
fortzubilden, dass er in analoger Anwendung gegen Betreiber drahtgebundener
Internetzugänge geltend gemacht werden kann.
2. Kann der Sperranspruch nach § 7 Abs. 4 TMG nF nicht nur
gegen WLAN-Betreiber, sondern auch gegen Anbieter drahtgebundener
Internetzugänge geltend gemacht werden, bestehen gegen die Anwendung des
Ausschlusses von Unterlassungsansprüchen gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG nF keine
durchgreifenden unionsrechtlichen Bedenken.
3. Wird in einem vor Inkrafttreten der § 7 Abs. 4, § 8 Abs.
1 Satz 2 TMG nF anhängig gemachten, nach dem Inkrafttreten dieser Vorschriften
andauernden Rechtsstreit der Internetzugangsvermittler wegen
Urheberrechtsverletzungen, die Dritte über den von ihm bereitgestellten
Internetanschluss begangen haben, auf Unterlassung in Anspruch genommen, so ist
dem Kläger Gelegenheit zu geben, seinen Klageantrag an die Erfordernisse eines
möglichen Sperranspruchs nach § 7 Abs. 4 TMG nF anzupassen.
4. Soweit für die Inanspruchnahme auf Abmahnkostenersatz auf
die Rechtslage vor Inkrafttreten des § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG nF abzustellen ist,
haftet der gewerbliche Betreiber eines Internetzugangs über WLAN für von
Dritten begangene Urheberrechtsverletzungen mittels Filesharing erst nach
Erhalt eines Hinweises darauf, dass über seinen Internetanschluss
Urheberrechtsverletzungen im Wege des Filesharing begangen worden sind. Für die
Annahme der Haftung ist nicht erforderlich, dass das vom Hinweis erfasste und
das durch die erneute Verletzung betroffene Werk identisch sind.

Tatbestand:
Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen
Nutzungsrechte an dem Computerspiel „Dead Island“. Der Beklagte
unterhält einen Internetanschluss. Am 6. Januar 2013 wurden Teile des
Computerspiels „Dead Island“ über diesen Internetanschluss in einer
Internet-Tauschbörse zum Herunterladen angeboten. Die Klägerin mahnte den Beklagten
mit anwaltlichem Schreiben vom 14. März 2013 ab und forderte ihn zur Abgabe
einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Zuvor hatte die Klägerin den
Beklagten zweimal wegen im Jahr 2011 über seinen Internetanschluss begangener
Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing anwaltlich abgemahnt. 
Der Beklagte hat geltend gemacht, selbst keine
Rechtsverletzung begangen zu haben. Er stelle unter seiner IP-Adresse fünf
öffentlich zugängliche WLAN-Hotspots und drahtgebunden zwei eingehende Kanäle
aus dem TOR-Netzwerk („Tor-Exit-Nodes“) zur Verfügung.    
Die Klägerin hat den Beklagten auf Unterlassung und
Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch genommen. Das Landgericht hat den
Beklagten zur Unterlassung und zur Zahlung von nach einem Streitwert von 10.000
€ berechneten Abmahnkosten in Höhe von 651,80 € nebst Zinsen verurteilt. Das
Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen,
dass dem Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln aufgegeben wird, Dritte
daran zu hindern, das Computerspiel oder Teile davon der Öffentlichkeit mittels
seines Internetanschlusses über eine Internettauschbörse zur Verfügung zu
stellen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren
Zurückweisung die Klägerin beantragt, möchte der Beklagte die Abweisung der
Klage erreichen.         
Entscheidungsgründe:
A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden
der Unterlassungsanspruch sowie der Anspruch auf Zahlung von Abmahnkosten zu.
Zur Begründung hat es ausgeführt:    
Der Unterlassungsantrag sei sowohl dann begründet, wenn die
Rechtsverletzung über einen vom Beklagten betriebenen offenen WLAN-Hotspot
begangen worden sei, als auch dann, wenn die Rechtsverletzung über den
ebenfalls vom Beklagten betriebenen Tor-Exit-Node geschehen sei. Der Beklagte
habe es pflichtwidrig unterlassen, seinen Internetanschluss gegen die
missbräuchliche Nutzung durch Dritte zu schützen.           
Der Beklagte sei ferner zur Zahlung von Abmahnkosten in der
vom Landgericht zugesprochenen Höhe verpflichtet.  
B. Die Revision des Beklagten hat überwiegend Erfolg. Zwar
hat das Berufungsgericht den Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten zu Recht
zuerkannt (dazu B I). Keinen Bestand hat allerdings die Verurteilung nach dem
Unterlassungsantrag (dazu B II).             
I. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Abmahnkosten
folgt aus § 97a Abs. 1 UrhG aF.   
1. Auf den mit der Klage geltend gemachten Anspruch auf
Erstattung der Kosten für die im März 2013 ausgesprochene Abmahnung ist § 97a
UrhG in der bis zum 8. Oktober 2013 geltenden Fassung anzuwenden. Für den
Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten kommt es auf die Rechtslage zum
Zeitpunkt der Abmahnung an (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 1/15, GRUR
2016, 1275 Rn. 19 = WRP 2016, 1525 – Tannöd, mwN).    
2. Nach § 97a Abs. 1 UrhG aF kann der Verletzte vom
Verletzer die Kosten einer Abmahnung ersetzt verlangen, soweit die Abmahnung
berechtigt ist, ihr also ein materieller Unterlassungsanspruch zugrunde gelegen
hat, und sie dem Schuldner einen Weg weist, den Gläubiger ohne Inanspruchnahme
der Gerichte klaglos zu stellen (BGH, GRUR 2016, 1275 Rn. 20 – Tannöd, mwN).
Diese Voraussetzungen sind gegeben. Das Berufungsgericht hat zu Recht
angenommen, dass der Klägerin im Zeitpunkt der an den Beklagten gerichteten
Abmahnung ein Anspruch auf Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung des
Computerspiels zugestanden hat (§ 97 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 19a, §
69c Nr. 4 UrhG).               
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der Klägerin
die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Computerspiel „Dead
Island“ zustehen. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision nicht;
sie lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen.         
b) Das Berufungsgericht hat weiter von der Revision
unangegriffen festgestellt, dass das Computerspiel über den Internetanschluss
des Beklagten am 6. Januar 2013 zum Herunterladen angeboten wurde. Die
Bereitstellung eines Computerspiels zum Herunterladen über eine
Internettauschbörse verletzt das Recht zum öffentlichen Zugänglichmachen gemäß
§ 19a, § 69c Nr. 4 UrhG (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 – I ZR 68/16,
GRUR-RR 2017, 484 Rn. 10 = WRP 2017, 1222 mwN). 
c) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme
des Berufungsgerichts, dass der Beklagte nach der seinerzeit bestehenden
Rechtslage als Störer für die Rechtsverletzung verantwortlich war.

aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagte hafte als Störer
unabhängig davon, ob die Rechtsverletzung über sein privat oder gewerblich
bereitgestelltes WLAN oder den von ihm betriebenen Tor-Exit-Node erfolgt sei.
Der Beklagte sei jedenfalls verpflichtet gewesen, seinen WLAN-Hotspot durch
Einrichtung eines Passworts zu sichern. Als Diensteanbieter sei der Beklagte
zwar nicht für Urheberrechtsverletzungen der Nutzer verantwortlich. Die
Sicherung durch ein Passwort sei ihm allerdings mit Blick auf Art. 12 der
Richtlinie 2000/31/EG unter Berücksichtigung der abzuwägenden Grundrechte der
Beteiligten zumutbar. Bei dem Betrieb des Tor-Exit-Nodes habe der Beklagte es
pflichtwidrig unterlassen, die nach den Feststellungen des Landgerichts
technisch mögliche Sperrung von Filesharing-Software vorzunehmen. Diese
Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.   

bb) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf
Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu
sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des
geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf
Dritte erstreckt werden kann, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht
selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung
des Senats die Verletzung von Verhaltenspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt
sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den
Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2008 – I
ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 = WRP 2008, 1104 – Internetversteigerung III;
Urteil vom 12. Mai 2010 – I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 19 – Sommer unseres
Lebens; Urteil vom 18. November 2011 – I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn. 37 = WRP
2011, 881 – Sedo; Urteil vom 12. Juli 2012 – I ZR 18/11, BGHZ 194, 339 Rn. 19 –
Alone in the Dark; Urteil vom 15. August 2013 – I ZR 80/12, GRUR 2013, 1030 Rn.
31 = WRP 2013, 1348 – File-Hosting-Dienst; Urteil vom 26. November 2015 – I ZR
174/14, BGHZ 208, 82 Rn. 21 – Störerhaftung des Accessproviders). Bei der
Auferlegung von Kontrollmaßnahmen ist zu beachten, dass Geschäftsmodelle, die
nicht in besonderer Weise die Gefahr von Urheberrechtsverletzungen schaffen
oder fördern, nicht wirtschaftlich gefährdet oder unverhältnismäßig erschwert
werden dürfen (vgl. BGHZ 208, 82 Rn. 26 f. – Störerhaftung des
Accessproviders).          
cc) Die in § 8 Abs. 1 TMG in seiner im Abmahnungszeitpunkt
geltenden Fassung vom 26. Februar 2007 (TMG 2007) geregelte und auf Art. 12
Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr
beruhende Haftungsprivilegierung des Diensteanbieters steht der Annahme nicht entgegen,
dass der Anbieter eines Internetzugangs für von Dritten über seinen
Internetanschluss begangene Rechtsverletzungen als Störer auf Unterlassung
haften kann.               
(1) Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 TMG 2007 sind Diensteanbieter für
fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu
denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie
die Übermittlung nicht veranlasst (Nr. 1), den Adressaten der übermittelten
Informationen nicht ausgewählt (Nr. 2) und die übermittelten Informationen
nicht ausgewählt oder verändert haben (Nr. 3).              
(2) Der Beklagte ist Diensteanbieter im Sinne des § 8 Abs. 1
Satz 1 TMG. Diensteanbieter ist nach der Legaldefinition des § 2 Satz 1 Nr. 1
Halbsatz 1 TMG jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde
Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt. Zu
den Telemedien zählen – von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen
abgesehen – alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste (§ 1
Abs. 1 Satz 1 TMG). Das Gesetz gilt für alle Anbieter unabhängig davon, ob für
die Nutzung ein Entgelt erhoben wird (§ 1 Abs. 1 Satz 2 TMG). Der Beklagte vermittelt
den Zugang zur Nutzung eines elektronischen Kommunikationsdienstes, indem er es
Dritten ermöglicht, von ihren Endgeräten über das von ihm bereitgehaltene WLAN
und den von ihm unterhaltenen Tor-Exit-Node auf das Internet zuzugreifen (vgl.
Hoffmann in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl., § 8
TMG Rn. 17). Er ist unabhängig davon Diensteanbieter im Sinne des § 8 Abs. 1
Satz 1 TMG, ob er diesen Internetzugang entgeltlich oder unentgeltlich, privat
oder gewerblich oder im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit anbietet. Der
Begriff des Diensteanbieters im Sinne des § 8 Abs. 1 TMG ist weiter als der
Begriff des Diensteanbieters im Sinne des Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie
2000/31/EG, der nur Anbieter von Diensten erfasst, die im Rahmen einer
wirtschaftlichen Tätigkeit und damit in der Regel gegen Entgelt erbracht werden
(vgl. EuGH, Urteil vom 15. September 2016 – C-484/14, GRUR 2016, 1146 Rn. 34
bis 43 = WRP 2016, 1486 – McFadden/Sony Music; Spindler in Spindler/Schmitz,
TMG, 2. Aufl., § 1 Rn. 6).
(3) Es läuft § 8 Abs. 1 TMG und Art. 12 Abs. 1 der
Richtlinie 2000/31/EG nicht zuwider, von einem Diensteanbieter, dessen Dienste
zur Begehung einer Rechtsverletzung genutzt worden sind, zu verlangen, dass er
diese Rechtsverletzung abstellt oder verhindert und die für ein solches
Verlangen aufgewendeten Abmahnkosten und Gerichtskosten erstattet (vgl. EuGH,
GRUR 2016, 1146 Rn. 76 bis 78 – McFadden/Sony Music). Diese Vorschriften stehen
der Verpflichtung des Betreibers eines privaten oder gewerblichen
WLAN-Anschlusses zu Sicherungsmaßnahmen nicht entgegen (vgl. EuGH, GRUR 2016,
1146 Rn. 90 bis 101 – McFadden/Sony Music).  
Nach Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 2000/31/EG lässt Art. 12
Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG die Möglichkeit unberührt, dass ein Gericht
oder eine Verwaltungsbehörde nach den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten vom
Diensteanbieter verlangt, die Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern.
Nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter
Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der
Informationsgesellschaft haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die
Inhaber nach der Richtlinie zu schützender Rechte gerichtliche Anordnungen
gegen Vermittler beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur
Verletzung dieser Rechte genutzt werden. Art. 11 Satz 3 der Richtlinie
2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums verpflichtet die
Mitgliedstaaten gleichfalls sicherzustellen, dass die Rechteinhaber eine
Anordnung gegen Mittelspersonen beantragen können, deren Dienste von einem
Dritten zwecks Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums in Anspruch
genommen werden. Die Modalitäten dieser Anordnungen sind im Recht der
Mitgliedstaaten zu regeln (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie 2001/29/EG;
EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 – C-324/09, Slg. 2011, I-6011 = GRUR 2011, 1025
Rn. 135 – L’Oréal/eBay; Urteil vom 24. November 2011 – C-70/10, Slg. 2011,
I-11959 = GRUR 2012, 265 Rn. 32 – Scarlet/SABAM; Urteil vom 27. März 2014 –
C-314/12, GRUR 2014, 468 Rn. 43 = WRP 2014, 540 – UPC Telekabel).         
Bei der Beurteilung der Frage, welche technischen Maßnahmen
einem Diensteanbieter auferlegt werden können, um Rechtsverletzungen
abzustellen oder zu verhindern, haben die für eine solche Anordnung zuständigen
innerstaatlichen Behörden oder Gerichte die betroffenen Grundrechte in ein
angemessenes Gleichgewicht zu bringen (EuGH, GRUR 2016, 1146 Rn. 83 –
McFadden/Sony Music; BGHZ 208, 82 Rn. 31 – Störerhaftung des Accessproviders).
Im Streitfall ist danach ein angemessenes Gleichgewicht zwischen dem Grundrecht
der Rechtsinhaber auf Schutz des geistigen Eigentums (Art. 17 Abs. 2
EU-Grundrechtecharta; Art. 14 Abs. 1 GG) einerseits und dem Recht des
Diensteanbieters auf unternehmerische Freiheit (Art. 16 EU-Grundrechtecharta;
Art. 12 Abs. 1 GG) sowie dem Recht der Nutzer dieses Dienstes auf
Informationsfreiheit (Art. 11 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta; Art. 5 Abs. 1 Satz 1
GG) andererseits zu schaffen (EuGH, GRUR 2016, 1146 Rn. 100 – McFadden/Sony
Music; vgl. BGHZ 208, 82 Rn. 34 – Störerhaftung des Accessproviders).    
dd) Danach haftet der Beklagte für über den von ihm
betriebenen WLAN-Zugang begangene Rechtsverletzungen als Störer auf
Unterlassung, weil er diesen Internetzugang nicht hinreichend gesichert hat.           
(1) Der Betreiber eines privaten WLAN-Anschlusses haftet für
über diesen Anschluss von Dritten begangene Rechtsverletzungen, wenn das WLAN
ohne die im privaten Gebrauch verkehrsüblichen und zumutbaren Zugangssicherungen
betrieben wird (BGHZ 185, 330 Rn. 18 ff. – Sommer unseres Lebens). Hierunter
sind der im Kaufzeitpunkt aktuelle Verschlüsselungsstandard sowie die
Verwendung eines individuellen, ausreichend langen und sicheren Passworts zu
verstehen (BGH, Urteil vom 24. November 2016 – I ZR 220/15, GRUR 2017, 617 Rn.
14 = WRP 2017, 705 – WLAN-Schlüssel).        
Die dem privaten WLAN-Anschlussinhaber obliegende
Verhaltenspflicht besteht nicht erst, nachdem es durch die unbefugte Nutzung
seines Anschlusses zu einer ersten Rechtsverletzung durch Dritte gekommen und
diese ihm bekannt geworden ist. Sie besteht vielmehr bereits ab Inbetriebnahme
des Anschlusses. Die Gründe, die den Senat bewogen haben, eine Störerhaftung
des Plattformbetreibers erst anzunehmen, nachdem er von einer ersten
Rechtsverletzung Kenntnis erlangt hat (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2004 – I
ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 – Internetversteigerung I; Urteil vom 19. April
2007 – I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 47 – Internetversteigerung II; Urteil vom 17.
August 2011 – I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 21 – Stiftparfüm; Urteil vom 12.
Juli 2012 – I ZR 18/11, BGHZ 194, 339 Rn. 28 – Alone in the Dark), liegen bei
privaten WLAN-Anschlussbetreibern nicht vor. Es geht hier nicht um ein
Geschäftsmodell, das durch die Auferlegung präventiver Prüfungspflichten
gefährdet wäre. Auf den Zugangsvermittler sind die Haftungsprivilegien nach §
10 TMG und Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen
Geschäftsverkehr, die im Falle des Host Providers einen weitergehenden
Unterlassungsanspruch ausschließen, nicht anwendbar (vgl. BGHZ 185, 330 Rn. 24
– Sommer unseres Lebens, mwN).               
(2) Auch im Falle der gewerblichen Bereitstellung eines
Internetzugangs über WLAN ist der Betreiber zur Abwendung seiner Störerhaftung
zur Vornahme entsprechender Sicherheitsvorkehrungen verpflichtet. Diese
Verpflichtung entsteht allerdings erst nach Erhalt eines geeigneten Hinweises
auf eine Rechtsverletzung.      
Zwar ist die in Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie
2000/31/EG und § 10 Satz 1 Nr. 2 TMG vorgesehene Privilegierung des Host
Providers auf den Betreiber eines gewerblichen WLAN nicht anwendbar (vgl. EuGH,
GRUR 2016, 1146 Rn. 55 bis 65 – McFadden/Sony Music). Die Auferlegung einer
anlasslosen Verhaltenspflicht bei Inbetriebnahme – hier: der Pflicht zur
Verschlüsselung mittels eines Passworts – wäre aber geeignet, das
Geschäftsmodell der gewerblichen Bereitstellung von Internetzugängen
unverhältnismäßig zu erschweren (vgl. BGHZ 208, 82 Rn. 27 – Störerhaftung des
Accessproviders).
Die Anforderungen an die Qualität des eine Verhaltenspflicht
begründenden Hinweises auf eine Rechtsverletzung hängen von den Umständen des
Einzelfalls ab. Wird der Zugangsvermittler in Anspruch genommen, weil er die
Verbindung zu einer Internetseite herstellt, die über elektronische Verweise
das Herunterladen urheberrechtlich geschützter Werke mittels Filesharing
ermöglicht, so ist dem Hinweiserfordernis jedenfalls Genüge getan, wenn die
Internetseite und das betroffene Werk angegeben werden (vgl. BGHZ 208, 82 Rn.
27 – Störerhaftung des Accessproviders). Beanstandet der Rechtsinhaber – wie im
Streitfall -, dass über den Internetanschluss des Zugangsvermittlers
Rechtsverletzungen im Wege des Filesharing begangen werden, so reicht es für die
Begründung einer Verhaltenspflicht aus, wenn der Betreiber zuvor darauf
hingewiesen worden ist, dass sein Anschluss (überhaupt) für rechtsverletzende
Handlungen dieser Art genutzt worden ist. Der Annahme einer Störerhaftung steht
nicht entgegen, dass das im Hinweis benannte Werk nicht mit dem von der
erneuten Rechtsverletzung betroffenen Werk identisch ist. Die dem
Anschlussinhaber zur Verfügung stehende Maßnahme des Passwortschutzes ist
inhaltlich und technisch nicht auf ein bestimmtes Schutzrecht ausgerichtet,
sondern dient generell der Abschreckung von Nutzern, die den Zugang
missbräuchlich nutzen möchten (vgl. EuGH, GRUR 2016, 1146 Rn. 96 –
McFadden/Sony Music). Insofern besteht – anders als im Fall des Host-Providers,
der bei Annahme einer Verhaltenspflicht auf bestimmte Schutzrechte bezogene
zukünftige Verletzungen verhindern und deshalb eingestellte Informationen
daraufhin untersuchen muss (vgl. BGHZ 191, 19 Rn. 51 – Stiftparfüm, mwN) –
keine Veranlassung, die Verhaltenspflicht des Zugangsvermittlers in Fällen der
vorliegenden Art schutzrechtsbezogen auszugestalten.
(3) Danach haftet der Beklagte auf Unterlassung, weil er –
nach eigenem Bekunden – keine hinreichenden Maßnahmen zur Sicherung seines
WLAN-Internetzugangs getroffen und insbesondere keinen Passwortschutz
eingerichtet hat. Soweit er das WLAN gewerblich bereitgestellt hat, war er
aufgrund der im Jahr 2011 an ihn ergangenen Abmahnungen wegen der Verletzung
von Urheberrechten mittels Filesharing zur Einrichtung des Passwortschutzes verpflichtet.
Dass sich die Abmahnungen auf die Verletzung von Rechten an anderen Werken als
dem vorliegend betroffenen Werk richtete, hindert nach dem Vorstehenden (Rn.
27) die Annahme einer solchen Verhaltenspflicht nicht. Der vom Beklagten seinem
Vortrag zufolge den Nutzern erteilte Hinweis, eine illegale Nutzung sei
unerwünscht, reicht zur Vermeidung einer Störerhaftung nicht aus.
ee) Sofern die Rechtsverletzung durch Dritte über den vom
Beklagten unterhaltenen Tor-Exit-Node erfolgt ist, ist nach den vorgenannten
Grundsätzen der Störerhaftung mangels hinreichender Sicherung ebenfalls eine
Haftung des Beklagten gegeben.           
(1) Sofern der Beklagte den Tor-Exit-Node privat zur
Verfügung gestellt hat, war er – ebenso wie bei der privaten Bereitstellung
eines WLAN (siehe Rn. 23 f.) – verpflichtet, seinen Internetanschluss gegen
eine missbräuchliche Nutzung durch Dritte hinreichend zu sichern.     
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist es dem
Beklagten möglich und zumutbar, den Zugang zu Internettauschbörsen, also zu
Peer-to-peer-Netzwerken über den Tor-Exit-Node durch eine Portsperre für
Peer-to-peer-Software zu verhindern. Gegen diese tatrichterliche Feststellung,
die nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt,
wendet sich die Revision vergeblich. Entgegen der Ansicht der Revision war das
Berufungsgericht nicht nach § 139 ZPO verpflichtet, den Beklagten auf die
Notwendigkeit näheren Sachvortrags zur Möglichkeit und Zumutbarkeit einer
Portsperre hinzuweisen. Eines solchen Hinweises bedurfte es nicht, weil bereits
das Landgericht eine entsprechende Feststellung getroffen und der Beklagte
diese Feststellung in der Berufungsinstanz nicht beanstandet hat. Die Rüge der
Revision, der Feststellung des Landgerichts liege keine hinreichende Sachkunde
zugrunde, bleibt aus dem gleichen Grund erfolglos.           
 (2) Auch im Falle
einer gewerblichen Bereitstellung liegen die Voraussetzungen einer
Störerhaftung vor. Dabei kann dahinstehen, ob eine Haftung des Beklagten
bereits deshalb anzunehmen ist, weil der vom Beklagten mittels des
Tor-Netzwerks ermöglichte anonyme Zugang zum Internet in besonderer Weise die
Gefahr von Urheberrechtsverletzungen begründet und deren Verfolgung vereitelt,
so dass verschärfte Haftungsanforderungen zu gelten haben (vgl. BGH, Urteil vom
15. Januar 2009 – I ZR 57/07,
GRUR 2009, 841 Rn. 21 = WRP 2009, 1139 – Cybersky; BGHZ 194, 339 Rn. 22 – Alone
in the Dark).
Die Annahme einer Verhaltenspflicht ist im Streitfall
jedenfalls deshalb gerechtfertigt, weil der Beklagte bereits wegen im Jahr 2011
über seinen Internetanschluss begangener Urheberrechtsverletzungen mittels
Filesharing abgemahnt worden ist. Die nach den zugrunde zu legenden
Feststellungen des Berufungsgerichts bestehende technische Möglichkeit, die
Nutzung von Filesharing-Software über das Tor-Netzwerk zu sperren, ist keine
schutzrechtsbezogene Maßnahme, sondern dient der Vorbeugung gegen jegliche
Urheberrechtsverletzung durch Filesharing. Deshalb löst – ebenso wie im Falle
der gewerblichen WLAN-Bereitstellung (siehe Rn. 27) – bereits der an den
Betreiber gerichtete Hinweis, über den von ihm bereitgestellten Tor-Exit-Node
seien Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing begangen worden, eine
entsprechende Verhaltenspflicht aus. 
Mit Blick darauf, dass nach den zugrunde zu legenden
Feststellungen des Berufungsgerichts die Einrichtung einer Sperre von
Peer-to-Peer-Software möglich und zumutbar ist, wird die Teilnahme des
Beklagten an der Bereitstellung des Tor-Netzwerks durch eine solche Maßnahme
nicht unverhältnismäßig gefährdet oder erschwert.               
ff) Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält entgegen der
Auffassung der Revision auch einer grundrechtlichen Betrachtung stand. Bei der
Abwägung der betroffenen Grundrechtspositionen – dem im Falle geschäftlichen
Handelns des Beklagten betroffenen Recht auf unternehmerische Freiheit gemäß
Art. 16 EU-Grundrechtecharta und Art. 12 Abs. 1 GG, dem Recht auf Schutz des
geistigen Eigentums der Klägerin gemäß Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und
Art. 14 Abs. 1 GG sowie dem Recht der Internetnutzer auf Informationsfreiheit
gemäß Art. 11 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta und Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG – hat das
Grundrecht der Klägerin Vorrang, weil die effektive Durchsetzung des
Eigentumsschutzes nicht gewährleistet wäre, würde im Streitfall vom Erfordernis
zumutbarer Schutzmaßnahmen bei der Bereitstellung von Internetzugängen
abgesehen. Die Revision zeigt nicht auf, dass das Berufungsgericht Vortrag des
Beklagten dazu übergangen hätte, dass die Informationsfreiheit der Nutzer durch
die Mitbetroffenheit legaler Inhalte (vgl. dazu EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 63 –
UPC Telekabel; BGHZ 208, 82 Rn. 54 und 55 – Störerhaftung des Accessproviders)
nennenswert beeinträchtigt oder der Betrieb des Tor-Netzwerks grundlegend in
Frage gestellt wäre.           
d) Zur Höhe des Anspruchs auf Zahlung von Abmahnkosten
bringt die Revision keine Beanstandungen vor. Rechtliche Bedenken gegen die
Entscheidung des Berufungsgerichts bestehen insoweit nicht. Eine Deckelung des
Aufwendungsersatzanspruchs der Klägerin gemäß § 97a Abs. 2 UrhG in der bis zum
8. Oktober 2013 geltenden Fassung auf 100 € kommt nicht in Betracht. Das
Angebot eines urheberrechtlich geschützten Werks zum Herunterladen über das
Internet stellt regelmäßig keine nur unerhebliche Rechtsverletzung im Sinne von
§ 97a Abs. 2 UrhG aF dar (vgl. BGH, GRUR 2016, 1275 Rn. 55 – Tannöd;
Versäumnisurteil vom 30. März 2017 – I ZR 50/16, ZUM-RD 2018, 5 Rn. 34).                Abs. 37
II. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die
Zuerkennung des Unterlassungsanspruchs durch das Berufungsgericht. Durch die
nach Erlass des Berufungsurteils vorgenommene Änderung des § 8 Abs. 1 Satz 2
TMG sind die Voraussetzungen des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs
entfallen.     
1. Da die Klägerin den geltend gemachten
Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt hat, ist ihre Klage nur
begründet, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten sowohl zum Zeitpunkt
seiner Vornahme rechtswidrig war als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der
Revisionsinstanz rechtswidrig ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 5.
Oktober 2017 – I ZR 232/16, GRUR 2018, 438 Rn. 9 = WRP 2018, 420 –
Energieausweis; Urteil vom 1. März 2018 – I ZR 264/16, GRUR 2018, 622 Rn. 11 =
WRP 2018, 682 – Verkürzter Versorgungsweg II).      
a) Im Zeitpunkt der beanstandeten Handlung lagen die
Voraussetzungen der Störerhaftung des Beklagten in gleicher Weise wie im
Zeitpunkt der Abmahnung vor (dazu vorstehend Rn. 10 ff.).       
b) Nach Verkündung des Berufungsurteils am 16. März 2017 ist
durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes (BGBl. 2017 I, S.
3530) mit Wirkung vom 13. Oktober 2017 als § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG eine neue
Regelung eingefügt worden. Danach können Diensteanbieter, die nach § 8 Abs. 1
Satz 1 TMG für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz
übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht
verantwortlich sind, insbesondere nicht wegen einer rechtswidrigen Handlung
eines Nutzers auf Schadensersatz, Beseitigung oder Unterlassung einer
Rechtsverletzung sowie auf Ersatz der Kosten für die Geltendmachung und
Durchsetzung dieser Ansprüche in Anspruch genommen werden. Dies gilt nach dem
zwar vor Erlass des Berufungsurteils, aber nach der beanstandeten Handlung
durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes (BGBl. 2016 I, S.
1766) mit Wirkung vom 27. Juli 2016 eingefügten § 8 Abs. 3 TMG nF auch für
Diensteanbieter, die Nutzern einen Internetzugang über ein drahtloses lokales
Netzwerk (WLAN) zur Verfügung stellen. 
2. Der von der Klägerin geltend gemachte
Unterlassungsanspruch unterfällt dem nunmehr in § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG nF
vorgesehenen Ausschluss unabhängig davon, ob sich der Anspruch auf die Begehung
der Rechtsverletzung über das vom Beklagten bereitgestellte WLAN oder den vom
Beklagten unterhaltenen Tor-Exit-Node stützt. Die Revisionserwiderung macht
vergeblich geltend, der Anwendung des § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG nF stehe die
Unionsrechtswidrigkeit dieser Vorschrift entgegen.         
a) Es verstieße allerdings gegen Art. 8 Abs. 3 der
Richtlinie 2001/29/EG und Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG, wenn der
Rechtsinhaber aufgrund des Ausschlusses des Unterlassungsanspruchs durch § 8
Abs. 1 Satz 2 TMG nF keine Möglichkeit mehr hätte, gerichtliche Anordnungen
gegen Vermittler zu erlangen, deren Dienste von Dritten zur Verletzung eines
Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte genutzt werden. In diesem Fall
dürfte § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG nF nicht angewendet werden und müsste der nach den
Grundsätzen der Störerhaftung gewährte Unterlassungsanspruch fortbestehen. Nach
der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist das nationale
Gericht, das im Rahmen seiner Zuständigkeit die Bestimmungen des Unionsrechts
anzuwenden hat, gehalten, für ihre volle Wirksamkeit zu sorgen, indem es
erforderlichenfalls jede entgegenstehende nationale Rechtsvorschrift aus
eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet lässt, ohne dass es die vorherige
Beseitigung dieser Vorschrift auf gesetzgeberischem Weg oder durch irgendein
anderes verfassungsrechtliches Verfahren beantragen oder abwarten müsste (EuGH,
Urteil vom 5. April 2016 – C-689/13, EuZW 2016, 431 Rn. 40 – PFE/Airgest).          
b) Es ist aber nicht erforderlich, § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG nF
unangewendet zu lassen, um Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 11
Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG zur vollen Wirksamkeit zu verhelfen. Der an
die Stelle des nach den Grundsätzen der Störerhaftung gewährten
Unterlassungsanspruchs getretene Anspruch auf Sperrung von Informationen nach §
7 Abs. 4 TMG nF bietet dem Rechtsinhaber bei unionsrechtskonformer Auslegung
die Möglichkeit, gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler zu erlangen, durch
die verhindert wird, dass deren Dienste von Dritten zur Verletzung eines
Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte genutzt werden.
aa) Statt des nach bisheriger Rechtslage möglichen
Unterlassungsanspruchs auf Grundlage der Störerhaftung sieht die gleichfalls
durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes mit Wirkung vom 13.
Oktober 2017 eingefügte Regelung des § 7 Abs. 4 TMG nF einen Anspruch auf
Sperrung von Informationen vor. Nach Satz 1 und 2 dieser Vorschrift kann, wenn
ein Telemediendienst von einem Nutzer in Anspruch genommen wurde, um das Recht
am geistigen Eigentum eines anderen zu verletzen, der Inhaber des Rechts von
dem betroffenen Diensteanbieter nach § 8 Abs. 3 TMG die Sperrung der Nutzung
von Informationen verlangen, um die Wiederholung der Rechtsverletzung zu
verhindern, wenn für den Inhaber dieses Rechts keine andere Möglichkeit
besteht, der Verletzung seines Rechts abzuhelfen und die Sperrung zumutbar und
verhältnismäßig ist. Nach der Begründung zum Regierungsentwurf eines Dritten
Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes wird mit § 7 Abs. 4 TMG nF ein Verfahren
geschaffen, mit dem „abseits der viel kritisierten Störerhaftung“ die
Verpflichtung der Mitgliedstaaten aus Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG
und Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG umgesetzt wird, zugunsten der
Rechtsinhaber die Möglichkeit gerichtlicher Anordnungen gegen Vermittler
vorzusehen, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung eines Urheberrechts
oder verwandter Schutzrechte genutzt werden. Es soll sich hierbei nicht um
einen Unterlassungsanspruch, sondern um einen Anspruch auf aktives Tun handeln,
der auf die Sperre bestimmter Ports am Router oder einer bestimmten Webseite
oder auf Datenmengenbegrenzung gerichtet sein könne (vgl. BT-Drucks. 18/12202,
S. 12).
bb) Die Revisionserwiderung macht ohne Erfolg geltend, soweit
die Rechtsverletzung mittels des vom Beklagten bereitgestellten Tor-Exit-Nodes
begangen worden sei, sei der Anspruch auf Sperrung von Informationen nach § 7
Abs. 4 TMG nF schon deshalb nicht geeignet, den Ausschluss des
Unterlassungsanspruchs nach § 8 Abs. 2 Satz 1 TMG nF zu kompensieren, weil ein
Sperranspruch nur gegen den Betreiber eines WLAN und nicht gegen andere
Vermittler eines Zugangs zum Internet bestehen könne.             
(1) Der Anspruchsausschluss des § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG nF
differenziert nicht nach der technischen Art und Weise der Zugangsvermittlung.
Angesichts des klaren Wortlauts der Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 1 TMG nF und
der in der Begründung zum Regierungsentwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung
des Telemediengesetzes deutlich zum Ausdruck kommenden Absicht, die Haftung von
Zugangsvermittlern auf Schadensersatz, Beseitigung oder Unterlassung
abzuschaffen, ist die Regelung auf alle Zugangsvermittler und nicht nur auf
WLAN-Betreiber anwendbar. Der anstelle des ausgeschlossenen Unterlassungsanspruchs
gewährte Sperranspruch besteht nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 4 TMG nF dagegen
allein gegen WLAN-Betreiber und nicht gegen andere Zugangsvermittler. Der
Sperranspruch ist damit insoweit ungeeignet, den Ausschluss des
Unterlassungsanspruchs auszugleichen.
(2) Das völlige Entfallen von Rechtsbehelfen des
Rechtsinhabers gegen Mittelspersonen verstieße gegen Art. 8 Abs. 3 der
Richtlinie 2001/29/EG und Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG und den
grundrechtlich vorgesehenen Schutz des geistigen Eigentums (vgl. EuGH, GRUR
2011, 1025 Rn. 131 und 145 – L’Oréal/eBay; GRUR 2012, 265 Rn. 31 –
Scarlet/SABAM; EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 31 – UPC Telekabel; BGHZ 208, 82 Rn. 34
– Störerhaftung des Accessproviders; Spindler in Spindler/Schmitz aaO § 7 Rn.
89 und § 8 Rn. 20; Franz/Sakowski, CR 2017, 734, 736; Grisse, GRUR 2017, 1073,
1080; Hoeren/Klein, MMR 2016, 764, 766; Hofmann, GPR 2017, 176, 180; Spindler,
CR 2017, 333, 334 und NJW 2017, 2305).   
Dem Unionsrecht – hier: Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie
2001/29/EG und Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG – kann allerdings
bezogen auf einen Zugangsvermittler, der den Zugang nicht mittels WLAN, sondern
auf andere Weise bereitstellt, zur vollen Wirksamkeit verholfen werden, ohne
dass von der Anwendung des § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG nF insoweit abgesehen werden
müsste. Die Unionsrechtskonformität des § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG nF kann vielmehr
durch eine richtlinienkonforme Fortbildung des § 7 Abs. 4 TMG nF sichergestellt
werden.         
Die nationalen Gerichte sind aufgrund des Umsetzungsgebots
gemäß Art. 288 Abs. 3 AEUV und des Grundsatzes der Gemeinschaftstreue gemäß
Art. 4 Abs. 3 EUV gehalten, die Auslegung des nationalen Rechts unter voller
Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihnen das nationale Recht
einräumt, soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten,
um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen. Dieser Grundsatz der
richtlinienkonformen Auslegung verlangt von den nationalen Gerichten mehr als
die bloße Auslegung innerhalb des Gesetzeswortlauts und findet seine Grenze
erst in dem Bereich, in dem eine richterliche Rechtsfortbildung nach nationalen
Methoden unzulässig ist. Der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung
fordert deshalb auch, das nationale Recht, wo dies nötig und möglich ist,
richtlinienkonform fortzubilden (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 2008 – VIII
ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 19 bis 35; Beschluss vom 16. April 2015 – I ZR
130/13, GRUR 2015, 705 Rn. 26 = WRP 2015, 863 – Weihrauch-Extrakt-Kapseln I).
Im Streitfall ist zur Wahrung des Regelungsgehalts des Art.
8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG und des Art. 11 Satz 3 der Richtlinie
2004/48/EG eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung dahingehend möglich und
nötig, dass der in § 7 Abs. 4 TMG nF geregelte Sperranspruch nicht nur
gegenüber Anbietern von Internetzugängen über WLAN, sondern in entsprechender
Anwendung der Vorschrift auch gegenüber den übrigen Internetzugangsvermittlern
gegeben ist. Die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung der Vorschrift
liegen vor (vgl. Spindler in Spindler/Schmitz aaO § 7 Rn. 89; Grisse, GRUR
2017, 1073, 1078 f.). Die Interessenlage im durch § 7 Abs. 4 TMG nF geregelten
Sachverhalt – Sperranspruch gegen den Betreiber eines drahtlosen lokalen
Netzwerks (WLAN) – und im nicht geregelten Sachverhalt – Sperranspruch gegen
den Betreiber eines drahtgebundenen Internetzugangs – ist vergleichbar, weil
die unterschiedliche technische Art der Gewährung des Internetzugangs
interessenneutral ist; die wirtschaftlichen und grundrechtlichen Belange der
Zugangsvermittler, Rechtsinhaber und Internetnutzer sind jeweils gleichermaßen
betroffen. Mit Blick auf die unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 8 Abs. 3 der
Richtlinie 2001/29/EG und Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG und die aus den
Gesetzgebungsmaterialien erkennbare Absicht des Gesetzgebers, eine
richtlinienkonforme Regelung zu schaffen, handelt es sich zudem um eine
planwidrige Regelungslücke.   
cc) Die Revisionserwiderung macht weiter ohne Erfolg
geltend, der Anspruch auf Sperrung von Informationen nach § 7 Abs. 4 TMG nF sei
im hier vorliegenden Fall einer Rechtsverletzung durch Filesharing im Rahmen
von Inter-nettauschbörsen mangels wirksamer Sperrmaßnahmen nicht geeignet, den
Ausschluss des Unterlassungsanspruchs nach § 8 Abs. 2 Satz 1 TMG nF zu
kompensieren.      
(1) Die Revisionserwiderung macht geltend, die Sperre möge
hilfreich sein, auf einer bestimmten Webseite erfolgende Rechtsverletzungen zu
verhindern. Als alleinige Rechtsschutzmöglichkeit gegenüber Rechtsverletzungen
durch Filesharing sei sie jedoch unzureichend, weil diese durch
Webseitensperren gerade nicht unterbunden werden könnten. Auch Portsperren
seien nach aktuellem Stand der Technik nicht geeignet, solche
Rechtsverletzungen auszuschließen, weil die aktuellen Tauschbörsentechnologien
nicht mehr auf bestimmte Ports zugriffen. Hiermit dringt die
Revisionserwiderung nicht durch.      
(2) Im Streitfall kann schon nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts nicht davon ausgegangen werden, dass der in § 7 Abs. 4 TMG nF
vorgesehene Anspruch auf Sperrung von Informationen nicht geeignet ist, die
beanstandete Rechtsverletzung zu verhindern. Das Berufungsgericht hat ohne
Rechtsfehler festgestellt, dass Portsperren zur Verhinderung des Datenflusses
zu und von einem Peer-to-Peer-Netzwerk geeignet und zumutbar sind. Die
Revisionserwiderung versucht vergeblich, ihre abweichende eigene Einschätzung
an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung zu setzen. Dem Beklagten ist auch
nicht durch eine Wiedereröffnung des Berufungsverfahrens die Gelegenheit zu
neuem Sachvortrag zu geben. Die Rechtslage hat sich zwar nach Verkündung des
Berufungsurteils geändert. Es kam allerdings auch nach der alten Rechtslage auf
die Eignung und Zumutbarkeit von Maßnahmen zur Verhinderung von
Rechtsverletzungen durch Filesharing an. Die Parteien hatten Gelegenheit, dazu
vorzutragen.             
(3) Selbst wenn Rechtsverletzungen in Internettauschbörsen
durch Portsperren nicht verhindert werden könnten, ist nicht ersichtlich, dass
es keine anderen möglichen und zumutbaren Sperrmaßnahmen zur Verhinderung
solcher Rechtsverletzungen gibt.           
Der Anspruch auf Sperrmaßnahmen ist nicht auf bestimmte
Sperrmaß-nahmen und insbesondere nicht auf die in der Begründung des
Regierungsentwurfs ausdrücklich genannten Sperrmaßnahmen beschränkt. Um
Sperrmaßnahmen handelt es sich auch bei der Verschlüsselung des Zugangs mit
einem Passwort und der vollständigen Sperrung des Zugangs. Zwar dürfen nach der
durch das Dritte Änderungsgesetz zum Telemediengesetz mit Wirkung zum 13.
Oktober 2017 eingefügten Regelung des § 8 Abs. 4 Satz 1 TMG Diensteanbieter
nach § 8 Abs. 3 TMG von einer Behörde nicht verpflichtet werden, (1.) vor
Gewährung des Zugangs a) die persönlichen Daten von Nutzern zu erheben und zu
speichern (Registrierung) oder b) die Eingabe eines Passworts zu verlangen oder
(2.) das Anbieten des Dienstes dauerhaft einzustellen. Den Gerichten ist aber
(anders als Behörden) eine solche Verpflichtung des Diensteanbieters nach § 8
Abs. 3 TMG und (erst Recht) anderer Diensteanbieter nach § 8 Abs. 1 TMG nicht
verboten (vgl. Grisse, GRUR 2017, 1073, 1076; aA Mantz, GRUR 2017, 969, 971).  
Nach seinem Wortlaut erfasst § 8 Abs. 4 Satz 1 TMG nur
Behörden. Dass die Regelung sich damit nicht auf Gerichte erstreckt, folgt
weiter zum einen aus dem Regelungszusammenhang mit der Bestimmung des § 7 Abs.
3 Satz 1 TMG, die zwischen gerichtlichen und behördlichen Anordnungen
unterscheidet, mit denen Diensteanbieter auch im Falle ihrer
Nichtverantwortlichkeit nach den §§ 8 bis 10 TMG zur Entfernung von
Informationen oder zur Sperrung der Nutzung von Informationen nach den
allgemeinen Gesetzen verpflichtet werden können. Zum anderen folgt dies aus den
Gesetzgebungsmaterialien. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf
eine Prüfung angeregt, ob das Merkmal „von einer Behörde“ gestrichen
werden kann, so dass die genannten Maßnahmen auch nicht durch ein Gericht
angeordnet werden können und die Regelung damit jegliche – behördliche wie
gerichtliche – Verpflichtung zu den genannten Maßnahmen untersagt (BT-Drucks.
18/12496, S. 2). Die Bundesregierung hat in ihrer Gegenäußerung das Anliegen
des Bundesrats mit der Begründung abgelehnt, der Ausschluss behördlicher
Anordnungen unter Zulassung gerichtlicher Vorgaben sei das Ergebnis einer
Ressortabstimmung (BT-Drucks. 18/12496, S. 5).              
Für den Fall, dass andere, mildere Sperrmaßnahmen nicht
geeignet sind, die beanstandete Rechtsverletzung abzustellen, ist nach der
Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zum Schutz der
Rechtsinhaber und ihres Rechts auf geistiges Eigentum auch die Sicherung des
Zugangs durch ein Passwort und womöglich sogar – im äußersten Fall – die
vollständige Sperrung des Zugangs in Betracht zu ziehen (vgl. EuGH, GRUR 2016,
1146 Rn. 85 bis 100 – McFadden/Sony Music). Bei der Anordnung von
Sperrmaßnahmen sind allerdings die betroffenen Grundrechte in ein angemessenes
Gleichgewicht zu bringen. Bei der Abwägung der betroffenen
Grundrechtspositionen – dem Recht auf Schutz des geistigen Eigentums der
Rechtsinhaber (Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta; Art. 14 Abs. 1 GG)
einerseits und dem Recht auf unternehmerische Freiheit des Diensteanbieters
(Art. 16 EU-Grundrechtecharta, Art. 12 GG) sowie dem Recht der Internetnutzer
auf Informationsfreiheit (Art. 11 Abs. 1 EU-Grundrechtecharta, Art. 5 GG)
andererseits – kann den Grundrechten des Diensteanbieters und der
Internetnutzer der Vorrang zukommen, wenn einerseits das Angebot des
Internetzugangs grundlegend in Frage gestellt und die Informationsfreiheit der
Nutzer durch die Mitbetroffenheit legaler Inhalte nennenswert beeinträchtigt
wäre und andererseits nur verhältnismäßig wenige oder geringfügige
Rechtsverletzungen zu befürchten sind (vgl. EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 63 – UPC
Telekabel; BGHZ 208, 82 Rn. 54 und 55 – Störerhaftung des Accessproviders). Die
ergriffenen Sperrmaßnahmen dürfen den Internetnutzern die Möglichkeit, in
rechtmäßiger Weise Zugang zu den verfügbaren Informationen zu erhalten, nicht
unnötig vorenthalten (EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 63 – UPC Telekabel; vgl. auch
BGHZ 208, 82 Rn. 55 – Störerhaftung des Accessproviders).           
3. Das aus der Neufassung des § 8 Abs. 2 Satz 1 TMG folgende
Entfallen des Unterlassungsanspruchs führt allerdings nicht zur Abweisung des
Unterlassungsantrags durch den Senat. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes und
der Anspruch der Parteien auf ein faires Gerichtsverfahren (Art. 2 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG) gebieten es, der Klägerin durch die
Wiedereröffnung der Berufungsinstanz Gelegenheit zu geben, den auf der nach
Beendigung der Berufungsinstanz erfolgten Ersetzung des Unterlassungsanspruchs
durch einen Anspruch auf Sperrmaßnahmen gemäß § 7 Abs. 4 TMG nF gründenden
Bedenken gegen die Erfolgsaussichten der Unterlassungsklage durch eine angepasste
Antragsfassung Rechnung zu tragen (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2012 – I ZR
85/10, GRUR 2012, 1153 Rn. 16 = WRP 2012, 1390 – Unfallersatzgeschäft; Urteil
vom 18. Oktober 2012 – I ZR 137/11, GRUR 2013, 409 Rn. 23 = WRP 2013, 496 –
Steuerbüro; Urteil vom 22. Januar 2014 – I ZR 164/12, GRUR 2014, 393 Rn. 49 =
WRP 2014, 424 – wetteronline.de). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass schon
der nach bisherigem Recht mögliche Unterlassungsanspruch gegen den
Zugangsvermittler diesem regelmäßig ein aktives Handeln zur Verhinderung
zukünftiger Rechtsverletzungen abverlangte, auch wenn der auf Unterlassung
gerichtete Klageantrag diese Handlungen nicht aufzuführen brauchte (vgl. BGH,
GRUR 2013, 1030 Rn. 21 – File-Hosting-Dienst; BGHZ 208, 82 Rn. 14 –
Störerhaftung des Accessproviders; Hofmann, GPR 2017, 176, 180). Nach § 7 Abs.
4 TMG nF ist es nunmehr Sache der Klägerin, die begehrten Sperrmaßnahmen im auf
positive Leistung gerichteten Klageantrag zu benennen (siehe Rn. 43).          
III. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union
ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – C-283/81, Slg.
1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 – C.I.L.F.I.T.). Die im Streitfall
entscheidungserhebliche Frage der Auslegung von Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie
2001/29/EG und Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG ist durch die
Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt. Die Modalitäten des gegen
Zugangsvermittler zu gewährenden Rechtsbehelfs – im Streitfall: des Anspruchs
gemäß § 7 Abs. 4 TMG nF – unterliegen nicht dem Unionsrecht, sondern fallen in
die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten (vgl. Erwägungsgrund 59 der Richtlinie
2001/29/EG sowie EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 135 – L’Oréal/eBay; GRUR 2012, 265
Rn. 32 – Scarlet/SABAM; GRUR 2014, 468 Rn. 43 – UPC Telekabel; BGHZ 208, 82 Rn.
34 – Störerhaftung des Accessproviders).          
IV. Danach ist das Berufungsurteil unter Zurückweisung des
weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als
hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs zum Nachteil des Beklagten erkannt
worden ist. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache, da sie nicht zur
Endentscheidung reif ist, zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die
Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1
Satz 1 ZPO).

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OLG Düsseldorf – Zur Haftung des Anschlussinhabers für Urheberrechtsverletzungen über ungesichertes WLAN

Das OLG Düsseldorf hat in einem von der IT-Kanzlei Gerth geführten
Berufungsverfahren mit Urteil
vom 16.03.2017, Az. I-20 U 17/16
entschieden, dass ein
TOR-Exit-Node-Betreiber als Störer für Urheberrechtsverletzungen durch
Filesharing haftet.

Tenor:
I.
Die Berufung des Beklagten gegen das am 13.01.2016
verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird mit
der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziffer I des Tenors des genannten Urteils wie
folgt gefasst wird:
Dem Beklagten wird bei Vermeidung eines vom Gericht für
jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall,
dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft bis zu sechs
Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfalls höchstens 250.000,- €) aufgegeben, Dritte
daran zu hindern, der Öffentlichkeit mittels seines Internetanschlusses das
Computerspiel „X. Y.“ oder Teile davon über eine Internettauschbörse zur
Verfügung zu stellen.
II.
Die Kosten der Berufung hat der Beklagte zu tragen.
III.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig
vollstreckbar.
Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die
Zwangsvollstreckung hinsichtlich des auferlegten Gebots durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,- € abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor
der Vollstreckung in gleicher Höhe leistet. Bezüglich der Vollstreckung wegen
der Kosten bleibt dem Beklagten nachgelassen, diese durch Sicherheitsleistung
in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abzuwenden,
wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des
jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV.
Die Revision wird zugelassen.
 Gründe
I.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen
Urteil wird Bezug genom-men, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Durch dieses hat das Landgericht den Beklagten
verurteilt, es bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu unterlassen,
Dritten zu ermöglichen, das Compu-terspiel „X. Y.“ ohne Einwilligung der
Klägerin über den eigenen Internetanschluss in Peer-to-Peer-Netzwerken zum
Herunterladen bereit zu halten, sowie der Klägerin vorgerichtliche Kosten in
Höhe von 651,80 € nebst näher bezeichneter Zinsen zu erstatten. Wegen des
weitergehenden Anspruchs auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten hat es die Klage
abgewiesen. Zur Begründung der Verurteilung hat das Landgericht ausgeführt, die
Klägerin sei aktivlegitimiert. Das von ihr behauptete Bestehen von
Nutzungsrechten habe der Beklagte nicht bestritten. Dieser hafte als Störer, da
er durch die Bereitstellung seines Internetanschlusses für die
rechtsverletzende Bereithaltung der Software in einem P2P-Netzwerk
Verhaltenspflichten verletzt habe. Denn er habe seine fünf WLAN-Hotspots nicht
der üblichen Sorgfalt entsprechend gesichert, insbesondere keine Passwortsicherheit
für seine fünf WLAN-Hotspots gegen die Nutzung auch durch Dritte, die nicht für
den nach seiner Behauptung betriebenen Access Point bzw. für das Tor-Netzwerk
angemeldet sind, eingerichtet. Jedenfalls seien solche Vorkehrungen nicht
vorgetragen. Selbst wenn Vorkehrungen getroffen worden sein sollten, seien die
Nutzer aber nicht ausdrücklich über die Nutzung von P2P-Programmen belehrt
worden, wozu der Beklagte nach den vorangegangenen Abmahnungen verpflichtet
gewesen sei. Den Betrieb eines Tor-Netzwerks bzw. eines Access Points habe der
Beklagte nicht nachgewiesen. Dafür, dass er bereits im Jahr 2013 als Access
Provider tätig gewesen sein, habe er keinen Beweis angetreten. Die vorgelegte
Liste der Bundesnetzagentur aus 2015 habe allenfalls für dieses Jahr indizielle
Bedeutung. Selbst wenn der Beklagten im Jahr 2013 einen Netzwerkbetrieb bereit
gestellt hätte, könnte er sich als bloß privater Provider – nach seinem eigenen
Vorbringen erziele er keine Umsätze – gegenüber dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch
nicht auf § 8 TMG berufen. Eine analoge Anwendung der Norm sei nicht
veranlasst. Auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ergebe sich
nicht, dass die Haftungsprivilegierung des § 8 TMG großzügig angewendet
werden müsse. Aber selbst wenn von einer analogen Anwendung von § 8 TMG
auszugehen wäre, fände diese dort ihre Grenze, wo Verletzungshandlungen in der
Vergangenheit aufgetreten und zumutbare Maßnahmen unterblieben sind. Als eine
solche Maßnahme sei in jüngster Zeit gegenüber gewerblichen Anbietern auch die
Sperre angesehen worden. Gegenüber nicht gewerblichen Anbietern entfalle das
gegenüber gewerblichen geltende Subsidiaritätserfordernis zumindest dann, wenn
wie hier über Tor die Anonymisierung des Nutzers angeboten werde und es in der
Vergangenheit bereits zu Abmahnungen gekommen sei. In einem solchen Fall könne
verlangt werden, P2P-Software wie den BitTorrent zu sperren. Diese
Sperrmöglichkeit sei technisch gegeben und auch bei einem Tor-Server zumutbar.
Die Abmahnung genüge den zu stellenden Anforderungen. Insbesondere habe die
Klägerin dort ihre Aktivlegitimation offen gelegt. Der Höhe nach sei allerdings
ein Abzug von der von der Klägerin geltend gemachten Summe vorzunehmen.
§ 97a Abs. 2 UrhG a.F. sei nicht anwendbar, da es sich bei der
Download-Möglichkeit nicht um eine unerhebliche Rechtsverletzung handele.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung und
macht geltend, die Klage sei unschlüssig, da ihr die Abmahnung nicht beigefügt
worden sei. Das Landgericht habe der Klägerin zu Unrecht nachgelassen, die
Abmahnung nach der mündlichen Verhandlung zur Gerichtsakte zu reichen. Zu
dieser habe es ihm – dem Beklagten – kein rechtliches Gehör mehr gewährt. Der
Abmahnung sei im Übrigen kein Nachweis der Aktivlegitimation beigefügt gewesen.
Die beigefügte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung entspreche nicht den
Anforderungen der Rechtsprechung. Die Klägerin sei zudem nicht
aktivlegitimiert. Entgegen der Ansicht des Landgerichts habe sein Vortrag zur
Urhebereigenschaft der Klägerin auch impliziert, dass Nutzungsrechte bestritten
werden. Das Landgericht habe seine Beweisantritte dazu übergangen, dass er
einen Tor-Exit-Node betreibe und angemeldeter öffentlicher WLAN-Provider sei.
Dass er gewerblicher Provider sei, gehe aus der Anlage B 1 hervor.
Unrichtig sei auch die Annahme des Landgerichts, die Klägerin habe bei ihm
keine Anfrage stellen müssen. Sicherungsmaßnahmen seien nicht erforderlich, da
er kein Störer sei. Er habe dargetan, dass diverse Tor-Nutzer Zugriff auf seinen
Internetanschluss hatten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des am 13.01.2016 verkündeten
Urteils des Landgerichts Düsseldorf abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung
und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens als zutreffend.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die
von den Parteien ge-wechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Bei der Umformulierung des Hauptsachetenors handelt es sich lediglich um eine
Klarstellung, die im Hinblick auf die nach Verkündung des erstinstanzlichen
Urteils ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH)
notwendig geworden ist.
1.)
Die Klage ist entgegen der Ansicht des Beklagten
schlüssig. Sein Einwand, die Klage sei unschlüssig, da ihr die Abmahnung nicht
beigefügt gewesen sei, ist unverständlich. Die Klage wäre auch dann schlüssig,
wenn die Klägerin den Beklagten überhaupt nicht abgemahnt hätte.
2.)
Das Begehren der Klägerin in der Hauptsache, dass sie
entsprechend der bisherigen Rechtsprechung zu Recht als Unterlassungsantrag
formuliert hatte, ist gemäß § 97 Abs. 1 UrhG i.V.m. §§ 19a, 69a
UrhG begründet.
a) Soweit der Beklagte erstmals in der Berufung
bestreitet, dass die Klägerin über die Nutzungsrechte an dem
streitgegenständlichen Werk verfügt, ist das neu und mangels Vorliegens der
Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO nicht zulassungsfähig. Die
Ansicht des Beklagten, sein Vortrag zur Urhebereigenschaft impliziere auch,
dass Nutzungsrechte bestritten werden, kann nur als unvertretbar bezeichnet
werden. Ein Blick ins Gesetz (§ 15 und 31 UrhG) belegt eindeutig, dass
zwischen Ur-heberrecht und Nutzungsrecht zu unterscheiden ist. Damit kann
Vortrag dazu, ob die Klägerin Urheberin ist, naturgemäß nicht „implizieren“,
dass ihr vom Urheber Nutzungsrechte eingeräumt worden sind.
b) Der Beklagte ist sowohl dann, wenn die unstreitige
Rechtsverletzung über einen der von ihm betriebenen offenen WLAN-Hotspots
erfolgt ist, als auch dann, wenn dies über den von ihm ebenfalls betriebenen
Tor-Exit-Node geschehen ist, zu der ausgeurteilten Maßnahme verpflichtet, wobei
begründungsmäßig zwischen beiden Wegen zu differenzieren ist:
aa) Ob der Beklagte die WLAN-Hotspots gewerblich
anbietet oder privat, bedarf im Ergebnis keiner Entscheidung, da beides zu
demselben Ergebnis führt, nämlich dass der Beklagte zur Sicherung der Hotspots
durch Einrichtung eines Passwortes verpflichtet ist.
 (a) Geht man davon
aus, dass der Beklagte gewerblich handelt, was von der Frage abhängt,
wie man „eine in der Regel“ gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf
individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung im Sinne des
Art. 1 Nr. 2 der RL 98/34 definiert und die sich nach der Definition
ergebenden Vo-raussetzungen vorliegend als gegeben ansieht, ist der Beklagte
zwar nicht für Ur-heberrechtsverletzungen eines Nutzers seines Internetzugangs
verantwortlich. Dies steht aber nicht dem Erlass einer Anordnung entgegen, mit
der ihm unter Andro-hung von Ordnungsmitteln aufgegeben wird, Dritte daran zu
hindern, der Öffentlichkeit mittels dieses Internetanschlusses ein bestimmtes
urheberrechtlich geschütztes Werk oder Teile davon über eine
Internettauschbörse zur Verfügung zu stellen. Denn der Beklagte hat insofern
jedenfalls die Möglichkeit, seinen Internetanschluss durch ein Passwort zu
sichern, zu dessen Erhalt die Nutzer ihre Identität offenbaren müssen und daher
nicht anonym handeln können. Dass einem gewerblichen Diensteanbieter eine
solche Maßnahme zumutbar ist, hat der EuGH jüngst, nämlich durch Urteil vom
15.09.2016 in der Rechtssache Mc Fadden/ Sony Music (C-484/14) entschieden
(siehe EuZW 2016, 821) und ausgeführt, dass – wie in Art. 12 der RL
2000/31 ausdrücklich klargestellt – dieser Artikel die Möglichkeit unberührt
lasse, dass ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde vom Diensteanbieter
verlange, die Urheberrechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern. Mit einer
solchen Anord-nung werde, da sie der Wiederholung einer Verletzung eines dem
Urheberrecht verwandten Schutzrechts vorbeuge, der Schutz des geistigen
Eigentums gemäß Art. 17 II der Charta der Grundrechte der Europäischen
Union berührt. Andererseits handele es sich bei einer Anordnung wie genannt um
eine Maßnahme mit Zwangswirkung gegenüber dem Diensteanbieter, die seine
wirtschaftliche Tätigkeit beeinträchtigen und die Freiheit der Empfänger des
Dienstes einschränken könne. Auch hier handele es sich um durch die Charta
geschützte Rechte, nämlich um das Recht auf unternehmerische Freiheit auf
Seiten des Diensteanbieters (Art. 16 der Charta) und das Recht auf
Informationsfreiheit auf Seiten des Empfängers (Art. 11 der Charta). Es
obliege daher den zuständigen innerstaatlichen Behörden oder Gerichten, ein
angemessenes Gleichgewicht zwischen den einander widerstreitenden,
unionsrechtlich geschützten Grundrechten sicherzustellen. Insofern habe der
EuGH bereits entschieden, dass eine Anordnung zulässig ist, nach der es einem
Anbieter, der Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermittle, in einem solchen
Fall überlassen bleibe, die konkreten Maßnahmen zu bestimmen, die zur
Erreichung des angestrebten Ergebnisses zu ergreifen seien. Vereinbar mit dem
Unionsrecht sei dabei nicht die Überprüfung sämtlicher übermittelter
Informationen. Sie laufe Art. 15 I der RL 2000/31 zuwider, wonach
Anbietern, die Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermitteln, keine allgemeine
Verpflichtung zur Überwachung der von ihnen über-mittelten Informationen
auferlegt werden dürfe. Eine vollständige Abschaltung des Internetanschlusses
sei ein erheblicher Eingriff in die unternehmerische Freiheit des Betroffenen,
auch wenn dieser den Zugang zum Internet nur im Rahmen einer Nebentätigkeit
vermittle. Mit ihr würde allein einer begrenzten Urheberrechtsverletzung
abgeholfen, so dass von einem angemessenen Gleichgewicht der miteinander in
Einklang zu bringenden Grundrechte nicht gesprochen werden könne. Die Sicherung
des Internetanschlusses durch ein Passwort sei hingegen geeignet, sowohl das
Recht des Anbieters, den Zugang zu einem Kommunikationsnetz zu vermitteln, als
auch das Recht des Empfängers auf Informationsfreiheit einzuschränken, ohne in
den Wesensgehalt dieser Rechte einzugreifen. Gleichzeitig bewirke sie, dass
unerlaubte Zugriffe auf die Schutzgegenstände verhindert oder zumindest
erschwert und die Internetnutzer, die die Dienste des Adressaten der Anordnung
in Anspruch nehmen, zuverlässig davon abgehalten würden, auf die ihnen unter
Verletzung des genannten Grundrechts zugänglich gemachten Schutzgegenstände
zuzugreifen.
 (b) Geht man davon
aus, dass der Beklagte die Hotspots nicht gewerblich, sondern privat bereit
hält, stellt sich die Frage der Anwendbarkeit von Art. 12 E-Commerce-RL.
Diese hatte der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen zur Rechtssache
McFadden / Sony Music (C-484/16 Rn. 50) ausdrücklich offen gelassen. Der EuGH
hat hierzu nicht ausdrücklich Stellung genommen. Aufgrund seiner Argumentation
dürfte davon auszugehen sein, dass er die Frage implizit verneint hat (so auch
Mantz, Die Haftung des WLAN-Betreibers und das McFadden-Urteil des EuGH, EuZW
2016, 817). Im Ergebnis kann aber auch dies dahinstehen. Hält man Art. 12
E-Commerce-RL auch auf Private für anwendbar, gilt das unter lit. (a)
Gesagte. Verneint man eine Anwendbarkeit, sind die Pflichten des
WLAN-Betreibers nach deutschem Recht zu beurteilen. Insofern war die Rechtslage
bis zum 20.06.2016 eindeutig. Der Bundesgerichtshof bejahte in gefestigter
Rechtsprechung eine Haftung des Inhabers eines WLAN-Anschlusses, der es
unterlässt, die im Kaufzeitpunkt des WLAN-Routers marktüblichen Sicherungen
ihrem Zweck entsprechend anzuwenden, als Störer auf Unterlassung, wenn Dritte
diesen Anschluss missbräuchlich nutzen, um urheberrechtlich geschützte
Musiktitel in Internettauschbörsen einzustellen (siehe BGH NJW 2010, 2061 –
Sommer unseres Lebens). Durch Gesetz vom 21.07.2016 (BGBl. I S. 1766) ist
§ 8 TMG jedoch mit Wirkung zum 27.07.2016 um einen Absatz 3 erweitert
worden, der wie folgt lautet:
Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Diensteanbieter nach
Absatz 1, die Nutzern einen Internetzugang über ein drahtloses lokales
Netzwerk zur Verfügung stellen.
Damit sind WLAN-Anbieter nunmehr Zugangsvermittlern nach
§ 8 Abs. 1 und 2 TMG gleichgestellt. Die im Regierungsentwurf noch
vorgesehene Verpflichtung zur Sicherung des WLANS sowie die Notwendigkeit einer
Erklärung, dass der Nutzer keine Rechtsverletzungen begehen werde, wurden im
Gesetzgebungsverfahren verworfen. Das Gesetz enthält vielmehr keine Regelung
der Unterlassungsansprüche. Soweit sich der Gesetzgeber auf eine entsprechende
Klarstellung in der Ge-setzesbegründung verlassen hat (vgl. Spindler, Die neue
Providerhaftung für WLANs- Deutsche Störerhaftung adé?, NJW 2016, 2449 m.w.N.),
wonach die Haf-tungsprivilegierung uneingeschränkt auch die verschuldensunabhängige
Störer-haftung erfassen soll (vgl. Sesing, Verantwortlichkeit für offenes WLAN
– Auswir-kungen der TMG-Reform auf die Haftung des Anschlussinhabers, MMR 2016,
507 m.w.N., siehe Anlage), steht dies in Widerspruch zur Rechtsprechung des für
Urhe-berrechtsstreitigkeiten zuständigen 1. Zivilsenats des BGH, der die
Auffassung ver-tritt, dass die Ansicht der Verfasser eines Gesetzentwurfs für
die Auslegung unbe-achtlich ist, wenn der im Gesetzgebungsverfahren
angesprochene Aspekt in der verabschiedeten gesetzlichen Regelung keinen
Niederschlag findet. Die Gesetzes-begründung soll nur als Auslegungskriterium
Berücksichtigung finden können (vgl. Beschluss vom 17.07.2013, NJW-RR 2014, 354
(355) – Kindersekt). Die Frage, wie § 8 Abs. 3 TMG anzuwenden ist,
beantwortet auch nicht die jüngst ergangene, noch nicht mit Gründen bekannt
gemachte Entscheidung „WLAN-Schlüssel“ des BGH vom 24.11.2016 – I ZR 220/15 –.
Darin hat der BGH lediglich klargestellt, dass es zur Erfüllung der
Verschlüsselungspflicht ausreicht, einen für das Gerät individuell
voreingestellten Code zu verwenden, wenn nicht bekannt ist, dass hierbei
Sicher-heitslücken bestehen (siehe Presseerklärung des BGH vom 24.11.2016).
Zudem ging es in diesem Verfahren nur um die Erstattung von Abmahnkosten (siehe
Mitteilung des BGH in gleicher Sache zur Anberaumung eines Verhandlungstermins
auf den 24.11.2016). Der Senat ist der Auffassung, dass aus den Gründen der
EuGH-Entscheidung McFadden/Sony Music auch in Bezug auf private WLAN-Betreiber
jedenfalls eine anlassbezogene Verschlüsselung verlangt werden kann. Die
dortigen Erwägungen zum Widerstreit sich gegenüber stehender Grundrechte gelten
auch hier. Jegliche Verantwortung eines privaten WLAN-Betreibers zu verneinen,
hieße, Schutzrechtsinhaber rechtlos zu stellen. In § 7 Abs. 2
Satz 2 TMG lässt der Gesetzgeber zudem selbst im Fall einer
Nichtverantwortlichkeit nach § 8 TMG eine Anordnung gerichtlicher
Maßnahmen ausdrücklich zu. Ob es sogar bei der Verpflichtung zur anlasslosen
Verschlüsselung zu verbleiben hat, kann im vorliegenden Fall offen bleiben.
Dass der Beklagte in der Vergangenheit mehrfach wegen Urheberrechtsverletzungen
über seinen Internetanschluss abgemahnt worden ist, steht fest. Die
Feststellung des Landgerichts im Tatbestand des angefochtenen Urteils, dass der
Beklagte in der Vergangenheit zwei Abmahnungen der Klägerin wegen behaupteter
Urheberechtsverletzungen aus den Jahren 2011 erhalten hat, hat der Beklagte
nicht angegriffen. Er kann sich auch nicht mit Erfolg darauf zurückziehen,
Sicherungsmaßnahmen durch ihn seien nicht erforderlich, da er kein Störer sei.
Dies sei er deshalb nicht, da er dargetan habe, dass diverse (Tor)Nutzer
Zugriff auf den Internetanschluss gehabt hätten. Der Beklagte missversteht hier
die bisherige Rechtsprechung des BGH zur Haftung eines WLAN-Inhabers, wie sie
in der Entscheidung „Sommer unseres Lebens“ (NJW 2010, 2061) zum Ausdruck
gekommen ist. Indem er vorgetragen hat, er habe das streitgegenständliche Spiel
nicht zum Herunterladen bereit gehalten, diverse andere Personen hätten Zugriff
auf seinen Internetanschluss gehabt, hat er lediglich eine täterschaftliche
Haftung ausgeschlossen, um die es vorliegend auch nicht zwingend geht, da die
Klägerin lediglich Unterlassen und nicht (auch) Schadensersatz geltend macht.
Gleichwohl kann der Beklagte Störer sein. Insofern sei auf Leitsatz 2 der
genannten Entscheidung verwiesen, der wie folgt lautet:
Der Inhaber eines WLAN-Anschlusses, der es unterlässt,
die im Kaufzeitpunkt des WLAN-Routers marktüblichen Sicherungen ihrem Zweck
entsprechend anzuwenden, haftet als Störer auf Unterlassung, wenn Dritte diesen
Anschluss missbräuchlich nutzen, um urheberrechtlich geschützte Musiktitel in
Internettauschbörsen einzustellen.
Diese Feststellung gilt nach dem Gesagten entweder
unverändert weiter oder sie gilt jedenfalls mit der Modifikation, dass der
Inhaber eines WLAN-Anschlusses, der es nach einer Abmahnung wegen einer von
seinem Anschluss aus begangenen Urheberrechtsverletzung unterlässt, die zu
diesem Zeitpunkt marktüblichen Sicherungen ihrem Zweck entsprechend anzuwenden,
als Störer auf Unterlassen haftet, wenn Dritte diesen Anschluss (erneut)
missbräuchlich nutzen, um urheberrechtlich geschützte Werke in
Internettauschbörsen einzustellen.
Dem Beklagten kommen auch nicht die vom Landgericht
angestellten und im Er-gebnis verneinten Verhältnismäßigkeitserwägungen zu
Gute. Zwar hat der BGH in seiner Entscheidung „Störerhaftung von
Access-Providern“ (GRUR 2016, 268) geurteilt, dass eine Störerhaftung des
Vermittlers von Internetzugängen nur in Betracht kommt, wenn der Rechteinhaber
zunächst zumutbare Anstrengungen unternommen hat, gegen diejenigen Beteiligten
vorzugehen, die – wie die Betreiber der Internetseite – die Rechtsverletzung
selbst begangen haben oder – wie der Host-Provider – zur Rechtsverletzung durch
die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben. Denn in der genannten
Entscheidung heißt es weiter: „Nur wenn die Inanspruchnahme dieser Beteiligten
scheitert oder ihr jede Erfolgsaussicht fehlt und deshalb andernfalls eine
Rechtsschutzlücke entstünde, ist die Inanspruchnahme des Zugangsvermittlers als
Störer zumutbar.“ Letzteres ist hier der Fall. Die Klägerin weiß nichts, außer
dass über die IP-Adresse des Beklagten und ein Filesharing-Netzwerk eine Datei
mit dem streitgegenständlichen Werk zum Download angeboten wurde. Mehr kann sie
angesichts der Bereitstellung von offenen WLAN-Hotspots in Bezug auf die
IP-Adresse auch nicht wissen oder aus eigener Kraft herausfinden. Welche
Anstrengungen der Beklagte konkret vermisst, bleibt demgemäß auch offen.
bb) Gleiches gilt vollumfänglich für das Betreiben
eines Tor-Exit-Node durch den Be-klagten, wobei allein die Frage der
Möglichkeit und Zumutbarkeit einer Sicherung im Rahmen des
Tor-Netzwerkes gesondert zu betrachten ist. Weitergehende Maßnahmen (wie z.B.
Sperrung des Zugangs zum Tor-Netzwerk) sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens
und werden auch von der Klägerin nicht verlangt. Insofern hat das Landgericht
in dem angefochtenen Urteil ausdrücklich festgestellt, dass die Möglichkeit
P2P-Software zu sperren, technisch gegeben und auch bei einem Tor-Server
zumutbar ist. Dies hat der Beklagte nicht, jedenfalls nicht mit Gründen
angegriffen, und zwar auch nicht in der mündlichen Verhandlung. Ein begründeter
Angriff wäre ihm, der nach eigenem Vorbringen Angestellter in der
IT-Sicherheit, also ausgesprochen fachkundig ist, möglich gewesen.
cc) Die vorzunehmende Tenorierung der
Unterlassungsverpflichtung ergibt sich wie dargelegt aus der Mc
Fadden-Entscheidung des EuGH. Damit wird dem Begehren der Klägerin im Ergebnis
vollumfänglich entsprochen, wenn auch mit anderen Worten.
3.)
Auch die Abmahnkosten in tenorierter Höhe, über die in
der Berufung allein noch zu entscheiden ist, hat das Landgericht der Klägerin
zu Recht zugesprochen. Soweit der Beklagte hiergegen einwendet, das Landgericht
habe zu Unrecht das mit Schriftsatz vom 21.12.2015 vorgelegte Abmahnschreiben
berücksichtigt, ist das aus Rechtsgründen selbst dann unerheblich, wenn das
entsprechende Vorbringen tatsächlich hätte als verspätet zurückgewiesen werden
müssen. Denn auf Vorbringen, das in erster Instanz zu Unrecht zugelassen wurde,
ist § 531 Abs. 1 ZPO nicht anwendbar. Es wird ohne weiteres und
unpräkludiert Prozessstoff der Berufungsinstanz (vgl. Rimmelspacher in
MüKo-ZPO, 5. Aufl. 2016, § 531 Rdnr. 5 m.w.N.). Ob die der Abmahnung
beigefügte vorformulierte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung zu
unbestimmt war, ist unerheblich. Das macht die Abmahnung nicht unbestimmt. In
Bezug auf diese gelten die landgerichtlichen Ausführungen, die der Beklagte
nicht angegriffen hat. Weshalb der Abmahnung hätte ein Nachweis der
Aktivlegitimation der Klägerin beigefügt werden müssen, erschließt sich nicht.
Insofern ist in rechtlicher Hinsicht allenfalls streitig, ob entsprechend der
Regelung in § 174 BGB die Wirkungen der von einem Bevollmächtigten
ausgesprochenen Abmahnung entfallen, wenn ihr kein Vollmachtsnachweis beigefügt
ist und der Abgemahnte die Abmahnung deswegen unverzüglich zurückweist.
Letzteres kann vorliegend schon deshalb unentschieden bleiben, da der Beklagte
keine unverzügliche Zurückweisung ausgesprochen hat.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht
auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision war nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen,
da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die sich in diesem Fall
stellenden Rechtsfragen betreffen eine Vielzahl von Fällen und sind – wie die
obigen Ausführungen zeigen – nach dem neuesten Stand zum Teil noch nicht durch
höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt.

Streitwert für die Berufungsinstanz:  10.000,- € (entsprechend der
erstinstanzlichen, von keiner Partei angegriffenen Festsetzung)

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BGH im eigenen Fall – Keine Haftung als Störer für Betreiber eines Internetzugangs über WLAN und eines Tor-Exit-Nodes

Der Bundesgerichtshof hebt auf die Revision der IT-Kanzlei Gerth das Urteil des OLG Düsseldorf auf. Das LG Düsseldorf und das OLG Düsseldorf hatten eine solche Haftung noch bejaht.


Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Betreiber eines
Internetzugangs über WLAN und eines Tor-Exit-Nodes nach der seit dem 13.
Oktober 2017 geltenden Neufassung des § 8 Abs. 1 Satz 2 des Telemediengesetzes
(TMG)* zwar nicht als Störer für von Dritten über seinen Internetanschluss im
Wege des Filesharings begangene Urheberrechtsverletzungen auf Unterlassung
haftet. Jedoch kommt ein Sperranspruch des Rechtsinhabers gemäß § 7 Abs. 4 TMG
nF in Betracht.

Sachverhalt:
Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen
Nutzungsrechte an dem Computerspiel „Dead Island“. Der Beklagte
unterhält einen Internetanschluss. Am 6. Januar 2013 wurde das Programm
„Dead Island“ über den Internetanschluss des Beklagten in einer
Internet-Tauschbörse zum Herunterladen angeboten. Die Klägerin mahnte den
Beklagten im März 2013 ab und forderte ihn zur Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung auf. Zuvor hatte die Klägerin den Beklagten zweimal wegen
im Jahr 2011 über seinen Internetanschluss begangener, auf andere Werke
bezogener Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing anwaltlich abgemahnt.
Der Beklagte hat geltend gemacht, selbst keine
Rechtsverletzung begangen zu haben. Er betreibe unter seiner IP-Adresse fünf
öffentlich zugängliche WLAN-Hotspots und drahtgebunden zwei eingehende Kanäle
aus dem Tor-Netzwerk („Tor-Exit-Nodes“).
Bisheriger Prozessverlauf:
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Unterlassung und
Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage
stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten mit der
Maßgabe zurückgewiesen, dass dem Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln
aufgegeben wird, Dritte daran zu hindern, das Computerspiel oder Teile davon
der Öffentlichkeit mittels seines Internetanschlusses über eine
Internettauschbörse zur Verfügung zu stellen. 
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision des Beklagten
das Urteil des Oberlandesgerichts hinsichtlich der Verurteilung zur
Unterlassung aufgehoben und die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und
Entscheidung an das Oberlandessgericht zurückverwiesen. Die gegen die
Zuerkennung der Abmahnkostenforderung gerichtete Revision hat der Bundesgerichtshof
zurückgewiesen.
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Beklagte
nach dem hierfür maßgeblichen, im Zeitpunkt der Abmahnung geltenden Recht zum
Ersatz der Abmahnkosten verpflichtet ist, weil er als Störer für die
Rechtsverletzung Dritter haftet. Der Beklagte hat es pflichtwidrig unterlassen,
sein WLAN durch den Einsatz des im Kaufzeitpunkt aktuellen
Verschlüsselungsstandards sowie eines individuellen Passworts gegen
missbräuchliche Nutzung durch Dritte zu sichern. Für den Fall der privaten Bereitstellung
durch den Beklagten bestand diese Pflicht ohne Weiteres bereits ab
Inbetriebnahme des Anschlusses. Sofern der Beklagte den Internetzugang über
WLAN gewerblich bereitgestellt hat, war er zu diesen Sicherungsmaßnahmen
verpflichtet, weil er zuvor bereits darauf hingewiesen worden war, dass über
seinen Internetanschluss im Jahr 2011 Urheberrechtsverletzungen im Wege des
Filesharings begangen worden waren. Der Annahme einer Störerhaftung steht es
nicht entgegen, dass das im Hinweis benannte Werk nicht mit dem von der
erneuten Rechtsverletzung betroffenen Werk identisch ist. Die
Haftungsvoraussetzungen liegen ebenfalls vor, wenn die Rechtsverletzung über
den vom Beklagten betriebenen Tor-Exit-Node erfolgt ist. Der Beklagte hat es
pflichtwidrig unterlassen, der ihm bekannten Gefahr von
Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing mittels technischer Vorkehrungen
entgegenzuwirken. Nach den revisionsrechtlich einwandfreien Feststellungen des
Oberlandesgerichts ist die Sperrung von Filesharing-Software technisch möglich
und dem Beklagten zumutbar.
Die Verurteilung zur Unterlassung hat der
Bundesgerichtshof aufgehoben, weil nach der seit dem 13. Oktober 2017 geltenden
Neufassung des § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG der Vermittler eines Internetzugangs nicht
wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers auf Schadensersatz,
Beseitigung oder Unterlassung einer Rechtsverletzung in Anspruch genommen
werden kann. Ist eine Handlung im Zeitpunkt der Revisionsentscheidung nicht
mehr rechtswidrig, kommt die Zuerkennung eines Unterlassungsanspruchs nicht in
Betracht. 
Gegen die Anwendung des § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG nF bestehen
keine durchgreifenden unionsrechtlichen Bedenken. Zwar sind die Mitgliedstaaten
gemäß Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 11 Satz 3 der Richtlinie
2004/48/EG verpflichtet, zugunsten der Rechtsinhaber die Möglichkeit
gerichtlicher Anordnungen gegen Vermittler vorzusehen, deren Dienste von einem
Dritten zur Verletzung eines Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte genutzt
werden. Der deutsche Gesetzgeber hat die Unterlassungshaftung des
Zugangsvermittlers in § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG nF zwar ausgeschlossen, jedoch
zugleich in § 7 Abs. 4 TMG nF einen auf Sperrung des Zugangs zu Informationen
gerichteten Anspruch gegen den Betreiber eines Internetzugangs über WLAN
vorgesehen. Diese Vorschrift ist richtlinienkonform dahin fortzubilden, dass
der Sperranspruch auch gegenüber den Anbietern drahtgebundener Internetzugänge
geltend gemacht werden kann. Der Anspruch auf Sperrmaßnahmen ist nicht auf
bestimmte Sperrmaßnahmen beschränkt und kann auch die Pflicht zur Registrierung
von Nutzern, zur Verschlüsselung des Zugangs mit einem Passwort oder – im
äußersten Fall – zur vollständigen Sperrung des Zugangs umfassen.
Zur Prüfung der Frage, ob der Klägerin gegenüber dem
Beklagten ein Anspruch auf Sperrung von Informationen gemäß § 7 Abs. 4 TMG nF
zusteht, hat der Bundesgerichtshof die Sache an das Oberlandesgericht
zurückverwiesen.
Vorinstanzen: 
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
§ 8 Abs. 1 TMG nF
Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie in
einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung
vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie
1. die Übermittlung nicht veranlasst,
2. den Adressaten der übermittelten Informationen nicht
ausgewählt und
3. die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder
verändert haben.
Sofern diese Diensteanbieter nicht verantwortlich sind,
können sie insbesondere nicht wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers
auf Schadensersatz oder Beseitigung oder Unterlassung einer Rechtsverletzung in
Anspruch genommen werden; dasselbe gilt hinsichtlich aller Kosten für die
Geltendmachung und Durchsetzung dieser Ansprüche. Die Sätze 1 und 2 finden
keine Anwendung, wenn der Diensteanbieter absichtlich mit einem Nutzer seines
Dienstes zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen zu begehen.
§ 7 Abs. 4 TMG nF
Wurde ein Telemediendienst von einem Nutzer in Anspruch
genommen, um das Recht am geistigen Eigentum eines anderen zu verletzen und
besteht für den Inhaber dieses Rechts keine andere Möglichkeit, der Verletzung
seines Rechts abzuhelfen, so kann der Inhaber des Rechts von dem betroffenen
Diensteanbieter nach § 8 Absatz 3 die Sperrung der Nutzung von Informationen
verlangen, um die Wiederholung der Rechtsverletzung zu verhindern. Die Sperrung
muss zumutbar und verhältnismäßig sein. Ein Anspruch gegen den Diensteanbieter
auf Erstattung der vor- und außergerichtlichen Kosten für die Geltendmachung
und Durchsetzung des Anspruchs nach Satz 1 besteht außer in den Fällen des § 8
Absatz 1 Satz 3 nicht.
Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zur
Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten
Schutzrechte in der Informationsgesellschaft
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die
Rechtsinhaber gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen können,
deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung eines Urheberrechts oder
verwandter Schutzrechte genutzt werden.
Art. 11 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der
Rechte des geistigen Eigentums
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen
Gerichte bei Feststellung einer Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums
eine Anordnung gegen den Verletzer erlassen können, die ihm die weitere Verletzung
des betreffenden Rechts untersagt. Sofern dies nach dem Recht eines
Mitgliedstaats vorgesehen ist, werden im Falle einer Missachtung dieser
Anordnung in geeigneten Fällen Zwangsgelder verhängt, um die Einhaltung der
Anordnung zu gewährleisten. Unbeschadet des Artikels 8 Absatz 3 der Richtlinie
2001/29/EG stellen die Mitgliedstaaten ferner sicher, dass die Rechtsinhaber
eine Anordnung gegen Mittelspersonen beantragen können, deren Dienste von einem
Dritten zwecks Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums in Anspruch
genommen werden.

Mitteilung der Pressestelle
Zur Haftung des Anschlussinhabers für Urheberrechtsverletzungen über ungesichertes WLAN

Karlsruhe, den 26. Juli 2018

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

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OLG Düsseldorf: Auskunftsersuchen nach § 101 Abs. 9 UrhG für mehrere Werke

Wenn ein Auskunftsersuchen nach § 101
Abs. 9 UrhG auf die Verletzung von Rechten an mehreren verschiedenen
geschützten Werken gestützt, liegt eine Mehrzahl von Anträgen vor, die jeweils
eine gesonderte Gebühr nach Nr. 15213 Ziffer 4 KV GNotKG auslösen.

Vorinstanz:
Landgericht Düsseldorf, 212 O 317/17
Leitsätze:
Wenn ein Auskunftsersuchen nach § 101
Abs. 9 UrhG auf die Verletzung von Rechten an mehreren verschiedenen
geschützten Werken gestützt, liegt eine Mehrzahl von Anträgen vor, die jeweils
eine gesonderte Gebühr nach Nr. 15213 Ziffer 4 KV GNotKG auslösen.
Tenor:
Die Beschwerde der Kostenschuldnerin
gegen den Beschluss der 212. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 13.
November 2017 wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist
gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
G
r ü n d e :
I.
Die Beschwerde der Kostenschuldnerin ist
gemäß § 81 Abs. 2 S. 1 GNotKG zulässig, bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird
auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, die
durch das Beschwerdevorbringen nicht berührt werden.
Entsprechend der Rechtsprechung des
Senats zu § 128c Abs. 1 Nr. 4 KostO (ab 1. September 2009: § 128e Abs. 1 Nr. 4
KostO) fällt auch die Festgebühr nach Nr. 15213 KV-GNotKG mehrfach an, wenn in
einem Auskunftsersuchen nach § 101 Abs. 9 UrhG mehrere Anträge zusammengefasst
sind, denen unterschiedliche Lebenssachverhalte zu Grunde liegen. Wird das
Auskunftsbegehren auf die Verletzung von Rechten an mehreren verschiedenen
geschützten Werken gestützt, so liegt eine Mehrzahl von Anträgen vor, die
jeweils eine gesonderte Gebühr nach Nr. 15213 Ziffer 4 KV-GNotKG auslösen (vgl.
I-10 W 11/09, Beschluss vom 12. März 2009).
Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt
keine hiervon abweichende Beurteilung. Die 
Rechtsprechung des Senats zu § 128c Abs. 1 Nr. 4 KostO bzw. § 128e Abs.
1 Nr. 4 KostO gilt unter der Geltung des GNotKG unverändert fort. Aus den
Gesetzesmotiven ergibt sich, dass das GNotKG insoweit keine Änderung der
Rechtslage mit sich bringen sollte, sondern dass „die Nummern15213 und 15214
unverändert die bisher in § 128e KostO bestimmten Gebühren für Verfahren über
einen Antrag auf Erlass einer Anordnung über die Verwendung von Verkehrsdaten
übernehmen“ (BT-Drucks
17/11471 (neu), S. 215). Fehl geht die
Auffassung der Beschwerde, der Gesetzgeber habe die Kosten zum Verfahren nach §
101 Abs. 9 UrhG schon immer als Verfahrensgebühr regeln wollen, sei jedoch
wiederholt fehlinterpretiert worden. Denn in der Rechtsprechung der
Oberlandesgerichte wurde die vorstehend zitierte Auffassung des Senats nahezu
einhellig geteilt (vgl. OLG Köln, 2 Wx 391/12, Beschluss vom 28. Januar 2013;
OLG Karlsruhe, 6 W 69/11, Beschluss vom 12. Dezember 2011; OLG Frankfurt, 11 W
27/09, Beschluss vom 15. April 2009). Wenn der Gesetzgeber in Kenntnis dieser
Rechtsprechung äußert, dass die Gebühren im Rahmen der gesetzlichen Neuregelung
„unverändert übernommen“ werden, bzw. dieses voraussetzend das GNotKG erlässt,
so kann dies nur so interpretiert werden, dass auch weiterhin davon ausgegangen
werden soll, dass es sich gebührenrechtlich um mehrere Anträge handelt, die
jeweils eine gesonderte Gebühr auslösen, wenn ein Antragsteller in einer
einzigen Antragsschrift auf Grundlage des § 109 Abs. 9 UrhG mehrere
unterschiedliche, verschiedene Werke betreffende Rechtsverletzungen geltend
macht.
Auch unter verfassungsrechtlichen
Gesichtspunkten ist dies unbedenklich. Das Bundesverfassungsgericht hat
wiederholt betont, dass das Kostendeckungsprinzip und ähnliche
gebührenrechtliche Prinzipien keine Grundsätze mit verfassungsrechtlichem Rang
sind. Innerhalb seiner jeweiligen Regelungskompetenzen verfügt der
Gebührengesetzgeber über einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum
(BVerfG, 1 BvL 7/96, Beschluss vom 27. August 1999, juris Rn. 17).
Gemessen daran begegnet weder der
Gebührentatbestand Nr. 15213 KV-GNotKG noch dessen vorliegend vertretene
Auslegung verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Differenzierung nach der Anzahl
der Lebenssachverhalte ist sachgerecht und führt – wie auch im Zivilprozess –
dazu, dass eine Mehrheit von Streitgegenständen zu einer Erhöhung der
Kostenlast führt. Die Gebühr – unabhängig von jeglichen inhaltlichen Kriterien
– verfahrensbezogen zu interpretieren, würde die Gebührenhöhe hingegen im
Ergebnis vom Antragsgeschick des Verfahrensvertreters bzw. von der Zufälligkeit
abhängig machen, wie viele der Anträge unter Dringlichkeitsaspekten faktisch
zusammengefasst werden können. Diese formale Betrachtung wäre der
Gebührengerechtigkeit abträglich.
Zwar bringt es der Charakter der
Festgebühr mit sich, dass keine Wertaddition stattfindet, sondern die Gebühr
mehrfach anfällt. Auch dies rechtfertigt angesichts der (maßvollen)
Gebührenhöhe von 200 € aber nicht die Beurteilung, der Gesetzgeber habe seinen
weiten Gestaltungsspielraum bei der Schaffung von Kostentatbeständen unter
Überschreitung der verfassungsrechtlichen vorgegebenen Grenzen verlassen bzw.
das Verfassungsrecht gebiete eine Interpretation des Kostentatbestandes im
Sinne einer weniger sachgerechten Betrachtung allein anhand formaler Kriterien.
II.
Der Kostenausspruch folgt aus § 81 Abs.
8 GNotKG.

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BGH zum Hinweis auf die bevorstehende Mitteilung von Schuldnerdaten an die SCHUFA in Mahnschreiben

Der unter anderem für das
Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteilvom 19. März 2015 – I ZR 157/13 – Schufa-Hinweis
darüber entschieden, unter welchen Voraussetzungen ein Hinweis von Unternehmen
in Mahnschreiben an ihre Kunden auf eine bevorstehende Mitteilung von Schuldnerdaten
an die SCHUFA unzulässig ist.
Der BGH hat damit der Vodafone D2 GmbH
verboten, den Hinweis “Als Partner der
Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung (SCHUFA) ist die V. GmbH
verpflichtet, die unbestrittene Forderung der SCHUFA mitzuteilen, sofern nicht
eine noch durchzuführende Interessenabwägung in Ihrem Fall etwas anderes ergibt
.”
Zu nutzen, da dieser wettbewerbswidrig ist
Die Klägerin ist die
Verbraucherzentrale Hamburg e.V. Die Beklagte ist ein Mobilfunkunternehmen. Zum
Einzug von nicht fristgerecht bezahlten Entgeltforderungen bedient sie sich
eines Inkassoinstituts. Das Inkassoinstitut übersandte an Kunden der Beklagten Mahnschreiben,
in denen es unter anderem hieß:
Als Partner der Schutzgemeinschaft für
allgemeine Kreditsicherung (SCHUFA) ist die V. GmbH verpflichtet, die
unbestrittene Forderung der SCHUFA mitzuteilen, sofern nicht eine noch
durchzuführende Interessenabwägung in Ihrem Fall etwas anderes ergibt. Ein
SCHUFA-Eintrag kann Sie bei Ihren finanziellen Angelegenheiten, z.B. der
Aufnahme eines Kredits, erheblich behindern. Auch Dienstleistungen anderer
Unternehmen können Sie dann unter Umständen nicht mehr oder nur noch
eingeschränkt in Anspruch nehmen.“
Die Klägerin hat den Hinweis auf die
Pflicht zur Meldung der Forderung an die SCHUFA als unangemessene
Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit der Verbraucher § 4 Nr. 1 UWG) beanstandet. Sie
hat die Beklagte auf Unterlassung und auf Erstattung von vorgerichtlichen
Anwaltskosten in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat die Klage
abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beklagte auf die Berufung der
Klägerin antragsgemäß verurteilt. Es hat einen Verstoß gegen § 4 Nr. 1 UWG bejaht. Der
Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Das
Oberlandesgericht hat zutreffend angenommen, dass das beanstandete
Mahnschreiben beim Adressaten den Eindruck erweckt, er müsse mit einer
Übermittlung seiner Daten an die SCHUFA rechnen, wenn er die geltend gemachte
Forderung nicht innerhalb der gesetzten Frist befriedige. Wegen der
einschneidenden Folgen eines SCHUFA-Eintrags besteht die Gefahr, dass
Verbraucher dem Zahlungsverlangen der Beklagten auch dann nachkommen werden,
wenn sie die Rechnung wegen tatsächlicher oder vermeintlicher Einwendungen
eigentlich nicht bezahlen wollten. Damit besteht die konkrete Gefahr einer
nicht informationsgeleiteten Entscheidung der Verbraucher, die die Zahlung nur
aus Furcht vor der SCHUFA-Eintragung vornehmen. Die beanstandete Ankündigung
der Übermittlung der Daten an die SCHUFA ist auch nicht durch die gesetzliche
Hinweispflicht nach  § 28a Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c
Bundesdatenschutzgesetz
gedeckt. Zu den Voraussetzungen der Übermittlung
personenbezogener Daten nach dieser Vorschrift gehört, dass der Betroffene die
Forderung nicht bestritten hat. Ein Hinweis auf die bevorstehende
Datenübermittlung steht nur dann im Einklang mit der Bestimmung, wenn nicht
verschleiert wird, dass ein Bestreiten der Forderung durch den Schuldner selbst
ausreicht, um eine Übermittlung der Schuldnerdaten an die SCHUFA zu verhindern.
Diesen Anforderungen wird der beanstandete Hinweis der Beklagten nicht gerecht.
Urteil vom 19. März 2015 – I ZR 157/13
– Schufa-Hinweis