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OLG Frankfurt a. M. – Datenschutz- und urheberrechtliche Zulässigkeit der Weitergabe eines Sachverständigengutachtens

Das OLG Frankfurt a.M. hat sich im Urteil vom 12.02.2019,  Az. 11 U 114/17 mit der datenschutz- und
urheberrechtlichen Zulässigkeit der Weitergabe eines Sachverständigengutachtens
auseinandergesetzt und entschieden, dass gegen den Kfz-Versicherer für den
Geschädigten kein datenschutzrechtlicher Löschungsanspruch nach § 35
Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDSG a. F. bezüglich der zur
Schadenregulierung übermittelten Daten besteht . Das berechtigte Interesse
des Versicherers an der Speicherung dieser Daten liegt in dem sich aus
§ 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG i.V.m. § 1 PflVG ergebenden
Direktanspruch begründet. Der Versicherer ist berechtigt und verpflichtet, die
gegen ihn gerichteten Ansprüche zu prüfen und darf dazu die übermittelten Daten
speichern. Ein überwiegendes Interesse des Geschädigten besteht nicht.
Schließlich erwartet er die Schadenregulierung auf Grundlage der selbst zur
Verfügung gestellten Daten, bei denen es sich zudem um wenig sensible Daten
handelt.
Ein Löschungsanspruch besteht auch unter dem neuen Datenschutzregime der DSGVO nicht,
so die Richter des OLG Frankfurt am Main. Es greift die Ausnahme aus
Art. 17 Abs. 3 c DSGVO, wonach ein solcher Anspruch nicht
besteht, soweit die Verarbeitung zur „Verteidigung von Rechtsansprüchen“
erforderlich ist. Das Recht des Versicherers zur Speicherung dieser Daten zu
Kontrollzwecken umfasst gemäß § 11 BDSG a. F. auch das Recht, diese
Kontrolle durch eine von ihr mit dieser Aufgabe betraute Stelle im Rahmen der
Auftragsdatenverarbeitung vornehmen zu lassen. Einer Überlassung von
Lichtbildern an die im Wege der Auftragsdatenverarbeitung i.S.v. § 11 BDSG
a. F. beauftragte Stelle stehen auch keine urheberrechtlichen Bedenken
entgegen.
Leitsätze:
1. Ein Haftpflichtversicherer darf ein zur
Schadensregulierung eingereichtes Kfz-Sachverständigengutachten einschließlich
Lichtbilder an ein von ihr beauftragtes Unternehmen zur Überprüfung der
Kalkulation weitergeben. Dies verstößt weder gegen das Bundesdatenschutzgesetz,
die Datenschutz-Grundverordnung noch das Urheberrecht.
2. Die Versicherung darf die Daten des Versicherten und
dessen Kraftfahrzeug zur Schadensregulierung speichern. Dies umfasst das Recht
der Versicherung, die Speicherung Daten zu Kontrollzwecken durch eine von ihr
mit dieser Aufgabe betraute Stelle im Rahmen der Auftragsdatenverwaltung
vornehmen lassen.

Gründe:
I.            
Der Kläger war am XX.XX.2014 mit seinem Fahrzeug der Marke1
(amtliches Kennzeichen …) in Stadt1 in einen Verkehrsunfall mit einem
Versicherungsnehmer der Beklagten verwickelt. Die Beklagte ist für die aus
diesem Unfall resultierenden Schäden einstandspflichtig. Sie zahlte
vorgerichtlich bereits einen großen Teil der vom Kläger für die Unfallfolgen
geltend gemachten Schadensersatzforderung.       
Mit der Klage macht der Kläger seine restliche
Schadensersatzforderung sowie weitere datenschutz- und urheberrechtliche
Ansprüche im Hinblick auf ein für die Schadensregulierung erstelltes und der
Beklagten überreichtes Sachverständigengutachten geltend.         
Der verunfallte Kläger ist öffentlich bestellter und
vereidigter Sachverständiger für das KfZ-Handwerk. Er erstellte er am
08.07.2014 das genannte Sachverständigengutachten. Dieses führt unter der
Rubrik „Anspruchssteller“ seinen Namen und seine Adresse sowie das
amtliche Kennzeichen des Unfallwagens auf. Im Gutachten nennt der Kläger
außerdem den Namen und die Adresse seines Sachverständigenbüros. Unter der
Überschrift „Technische Daten und Fahrzeugbeschreibung“ sind die Fahrzeug-Ident-Nummer,
die beim Kraftfahrt-Bundesamt registrierte KBA-Nummer des Unfallwagens und das
Erstzulassungsdatum gelistet. Im Anhang des Gutachtens befinden sich insgesamt
11 Fotos, von denen 8 Fotos den Unfallwagen bzw. Teile des Unfallwagens und 3
Fotos verschiedene Seiten des Marke1-Scheckhefts zeigen. Das Gutachten ist auf
dem Briefpapier des Sachverständigenbüros erstellt und an die Adresse des
Klägers adressiert. Der Kläger stellt darin für den Unfallwagen Reparaturkosten
von 1.947,99 Euro ohne MwSt. fest. Der Kläger sandte dieses Gutachten mit
Schreiben vom 14.07.2014 an die Beklagte.      
Die Beklagte gab das Gutachten ohne Kenntnis und
Einwilligung des Klägers zur Überprüfung an die Firma A GmbH weiter. Deren
Prüfung ergab, dass der Kläger bei der Kalkulation der Ersatzeile und
Kleinteile jeweils einen Aufschlag von 10% auf die unverbindliche
Preisempfehlung des Herstellers (im Folgenden „UPE-Aufschlag“)
vorgenommen hat, der für Ersatzteile 70,17 Euro und für Kleinteile 1,40 Euro
(insgesamt also 71,58 Euro) beträgt. 
Die Beklagte nahm daraufhin auf die vom Kläger genannten
Reparaturkosten von 1.947,99 Euro einen Abzug von 71,58 Euro für den
UPE-Aufschlag vor und zahlte dem Kläger 1.876,41 Euro.      
Nachdem seine vorgerichtlichen Mahnschreiben vom 26.08.2014
und 26.11.2015 erfolglos blieben, klagte der Kläger auf 1.) vollständigen
Ausgleich der im Gutachten genannten restlichen Reparaturkosten, 2.)
Feststellung der Erledigung seines Anspruchs auf Auskunft über die Speicherung
und Weitergabe seiner Daten, 3.) Löschung der weitergegebenen Daten, 4.)
Unterlassen der Weitergabe dieser Daten, 5.) Schadensersatz für den Verstoß
gegen den Datenschutz sowie auf 6.) Unterlassen der Weitergabe der Fotos aus
dem Gutachten und 7.) Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, den Schaden
zu ersetzen, der aus der Nutzung der Lichtbilder resultiert, die aus der
Weitergabe entstanden sind.   
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen
Vorbringens einschließlich der erstinstanzlich gestellten Anträge im Wortlaut
wird verwiesen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Landgerichts
Frankfurt am Main (im Folgenden das „Landgericht“). Dieses hat mit am
07.09.2017 verkündetem Urteil (Bl. 267 ff.) dem Feststellungsantrag zu 2.)
stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der
Begründung wird Bezug genommen auf die angefochtene Entscheidung.            
Mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung begehrt
der Kläger – mit Ausnahme des Urteils zum Klageantrag zu 2.) – die Abänderung
des angefochtenen Urteils. Er verfolgt im Wesentlichen seine bereits in erster
Instanz geltend gemachten Ansprüche und beantragt Folgendes:           
Unter Abänderung des am 07.09.2017 verkündeten Urteil des
Landgerichts Frankfurt, Aktenzeichen 2-03 O 65/16, wird die Beklagte wie folgt
verurteilt:
1.)         
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 71,58
Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 05.08.2014 zu
zahlen,
2.)         
die Beklagte wird verurteilt, Daten des Klägers und dessen
Kraftfahrzeug, die sie an die Firma A GmbH, Straße1, Stadt2, weitergeben hat,
löschen zu lassen,       
3.)         
die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, Daten des
Klägers an die Firma A GmbH, Straße1, Stadt2, sowie alle weiteren Firmen und
Personen mit Ausnahme der B GmbH, weiterzugeben,     
4.)         
die Beklagte wird verurteilt, eine in das Ermessen des
Gerichts zu zahlende Entschädigung an den Kläger zu zahlen,      
5.)         
die Beklagte wird verurteilt, es unter Androhung von
Ordnungsmitteln zu unterlassen, Fotos aus dem Gutachten des Klägers mit
Gutachtennummer …, vom 08.07.2014, Seite 10 bis 15, nummeriert in Bild 1, Bild
2, Bild 3, Bild 4, Bild, 5, Bild 6, Bild 7, Bild 8, Bild 9, Bild 10 und Bild
11, ohne seine ausdrückliche Einwilligung an die Firma A GmbH, Straße1, Stadt2,
weiterzugeben;
6.)         
es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,
dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der aus der rechtswidrigen Nutzung der
Lichtbilder resultiert, die aus der Weitergabe an die Firma A GmbH entstanden
sind.          
Zum abgewiesenen Klageantrag zu 1.) macht der Kläger und
Berufungskläger geltend, dass das Landgericht dem bereits in der Klageschrift
angebotenen Beweis hätte nachgehen müssen, dass die Reparaturkosten sich auf
1.947,94 Euro belaufen. Gegen die Abweisung des mit ursprünglichen Klageantrag
zu 3.) geltend gemachten Löschungsanspruchs und zur Begründung des mit
Berufungsantrag zu 2.) weiter verfolgten Löschungsanspruchs führt der Kläger
zum einen an, dass das Landgericht übersehen habe, dass nicht die Beklagte
Vertragspartner der von der Beklagten vorgelegte Geheimhaltungs- und
Datenschutzvereinbarung sei, sondern eine „C1 Versicherungs AG“. Es
fehle damit an einem Vertrag nach § 11 BDSG. Zudem sei der Vertrag
unvollständig vorgelegt worden. Dieser betrage 23 Seiten, von denen lediglich
die Seiten 13 – 23 vorgelegt seien. Die unvollständige Vorlage des
Gesamtvertrages genüge nicht dem Schriftformerfordernis des § 11 BDSG und könne
deshalb nicht belegen, dass statt einer Auftragsdatenverarbeitung eine
Funktionsübertragung erfolgt sei. Aus § 1 Nr. 3 der vorgelegten
Datenschutzvereinbarung ergäbe sich außerdem, dass die Daten bei A GmbH nicht
anonymisiert, sondern verarbeitet, gespeichert und genutzt werden. Dadurch
trage der Unfallgeschädigte mit seinen Daten ungewollt zum Geschäftsmodell und
Gewinn der A GmbH bei. Außerdem fehle jeder Vortrag zur nach § 11 Abs. 2 Satz 5
BDSG bestehenden Dokumentationspflicht. Die Beklagte sei als Verwenderin dieser
Daten auch für den Löschungsanspruch passivlegitimiert. Aus denselben gegen die
Abweisung des Löschungsanspruchs geltend gemachten Gründen bestehe auch der mit
dem Berufungsantrag zu 3.) weiter verfolgte datenschutzrechtliche
Unterlassungsanspruch. Der durch die Beklagte aufrechterhaltene rechtswidrige
Zustand dauere an. Bei der Ablehnung geltend gemachten Entschädigungsanspruchs
habe das Landgericht verkannt, dass durch Datenschutzverstöße erfolgte
Persönlichkeitsverletzungen unabhängig von der Schwere der Verletzung
grundsätzlich ausgleichspflichtig seien. Ansonsten seien diese sanktionslos.
Diesen Anspruch verfolgt der Kläger mit Berufungsantrag zu 4.) weiter. Entgegen
dem Protokoll von der mündlichen Verhandlung vom 19.01.2017 (Bl. 213 d. A.) sei
das Landgericht zudem rechtsirrig davon ausgegangen, dass der Kläger nicht
Lichtbildner der streitgegenständlichen Fotos sei. Es habe deshalb zu Unrecht
die geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche abgewiesen. Diese Ansprüche
verfolgt der Kläger mit Berufungsanträgen zu 5.) und 6.) weiter. Nach
Inkrafttreten der DSGVO bestünde der Löschungsanspruch zudem aus Art. 17 Abs. 1
Nr. 1 Buchst. a und d und der Entschädigungsanspruch aus Art. 82 dieser
Verordnung.    
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter
Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens. Sie trägt vor,
dass die Beklagte Vertragspartnerin der streitgegenständlichen Geheimhaltungs-
und Datenschutzvereinbarung mit der A GmbH ist. „C1 Versicherungs AG“
sei Firmenname der Beklagten vor der Umfirmierung. Sie legt in der
Berufungsinstanz den Rahmenvertrag vor. Die Beklagte sei zudem gemäß Art. 28
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGDS berechtigt, die Daten weiterzugeben. Der Kläger habe diese
Daten im Rahmen des Haftungsfalls selbst aus der Hand gegeben. Die
urheberrechtlichen Ansprüche seien deswegen nicht begründet, weil die Foto nur
vorübergehend an einen bestimmtes Unternehmen zu einem bestimmten Zweck
überlassen wurden für den die Beklagte keine Lizenzgebühren erhalten habe  
Wegen der weiteren Einzelheiten des jeweiligen
Parteivorbringens wird verwiesen auf die zweitinstanzlich gewechselten
Schriftsätze der Parteien.              
Einer weitergehenden Darstellung tatsächlicher
Feststellungen i.S.d. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO bedarf es nicht, weil ein
Rechtsmittel gegen diese Urteil nicht zulässig ist. Der Wert der mit der
Revision geltend zu machenden Beschwer übersteigt 20.000 EUR nicht (§ 26 Nr. 8
Satz 1 EGZPO).
II.           
Die zulässige Berufung der Beklagten hat aus den im Ergebnis
zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung keine Aussicht auf Erfolg.
Die Berufung kann gemäß §§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nur darauf gestützt
werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO beruht
oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung
rechtfertigen. Solche Umstände zeigt die Berufungsbegründung nicht in
beachtlicher Weise auf.          
1. Das Landgericht hat den Klageanspruch zu 1.)
rechtsfehlerfrei ohne Beweisaufnahme mit der Begründung abgewiesen, dass der
Kläger die Begründetheit der Schadensersatzposition des UPE-Aufschlages in
addierter Höhe von 71,58 Euro nicht substantiiert dargelegt hat.            
Der Kläger verkennt in seiner Berufungsbegründung, dass
nicht die Höhe der Reparaturkosten einschließlich der Höhe des UPE-Aufschlages
streitig ist, sondern nur die Berechtigung des Klägers, die Schadensposition
des UPE-Aufschlages für die Schadensregulierung aus dem erlittenen Unfall
geltend zu machen. Der Kläger beansprucht unter Vorlage des von ihm erstellten
Gutachtens den Ersatz dieser Position im Rahmen einer fiktiven
Schadensberechnung ohne weitere Begründung. Das Gutachten verweist lediglich
für die kalkulierten Verrechnungssätze auf die örtliche Markenwerkstatt
Autohaus D. Im Gutachten wird der UPE-Aufschlag nicht gesondert als Summe
aufgeführt, sondern den einzelnen Ersatz- und Kleinteilen aufgeschlagen. Die
Beklagte hat die Verrechnungssätze nebst Kosten für Ersatz- und Kleinteile ohne
UPE-Aufschlag akzeptiert und reguliert. Sie hat nur den Aufschlag von 10% über
die UPE des Herstellers für die Ersatz- und Kleinteile aus der vom Kläger im
Gutachten vorgenommenen Kalkulation herausgerechnet (71,58 Euro) und mit der
Begründung bestritten, dass der UPE-Aufschlag nicht zum erforderlichen
Herstellungsaufwand gehört, weil nicht jede Werkstatt diesen Aufschlag
berechnet. Auf diesen substantiierten Einwand gegen die Schadensberechnung
erklärt der Kläger lediglich, dass er bestreitet, dass am Unfallort keine
Preisaufschläge anfallen.            
Dieser Vortrag ist zur Begründung des geltend gemachten
Schadensersatzanspruches nach § 249 Abs. 2 BGB nicht ausreichend. Nach dieser
Vorschrift umfasst der ersatzfähige Schaden die Aufwendungen, die ein
verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für
zweckmäßig und notwendig halten darf, wobei insoweit ein objektiver, nach
wirtschaftlichen Gesichtspunkten typisierender Maßstab anzulegen ist. Es ist
zwar allgemein anerkannt, dass die Festlegung eines für die Reparatur
erforderlichen Geldbetrages bei einer fiktiven Abrechnung auf der Grundlage des
Gutachtens eines anerkannten Kfz-Sachverständigen erfolgen kann (BGH, Urt. v.
20.06.1989, Az. VI ZR 334/88). Jedoch können UPE-Aufschläge bei fiktiver
Schadensabrechnung nur verlangt werden, wenn und soweit sie regional üblich
sind (OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 21.04.2016, Az. 7 U 34/15, NVZ 2017, 27;
OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 15.04.2014, Az. 16 U 213/13; OLG Düsseldorf,
Urt. v. 6.3.2012, Az. 1 U 108/11; OLG Hamm, Urt. v. 30.10.2012, Az. 9 U 5/12;
OLG München. Urt. v. 28.2.2014, Az. 10 U 3878/13; Grünberg in Palandt, BGB, 77.
Aufl. 2018, § 249 Rn. 14; Jahnke in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke,
Straßenverkehrsrecht, 25. Aufl. 2018, § 249 Rn. 103). Hierzu fehlt jeglicher
Vortrag für die Region Delmenhorst. Dies hat das Landgericht in seinem Urteil
zu Recht bemängelt. Weder das vorgelegte Gutachten noch die bei Gericht
eingereichten Schriftsätze enthalten hierzu Ausführungen. Es bleibt schon
unklar, wie viele Fachwerkstätten in der Unfallregion überhaupt vorhanden sind
und welche davon einen UPE-Aufschlag und in welcher Höhe erheben. Auch in der
Berufungsbegründung macht der Kläger hierzu keine Ausführungen, sondern
verweist lediglich auf seinen in der Klagebegründung angebotenen Beweis, zu den
fiktiv kalkulierten Reparaturkosten ein gerichtliches Sachverständigengutachten
einzuholen. Ein Beweisangebot kann aber den notwendigen Parteivortrag der zum
Beweis erheblichen Tatsache nicht ersetzen. Wenn die beklagte Haftpflichtversicherung
die Angemessenheit des vom Sachverständigen ermittelten Betrags substantiiert
bestreitet und er diese Einwände nicht überzeugend ausräumen kann, läuft der
Kläger Gefahr, sich in zweifelhaften Einzelpositionen einen Abschlag gefallen
lassen zu müssen BGH, Urt. v. 20.06.1989, Az. VI ZR 334/88). Dies ist
vorliegend der Fall.        
2. Das Landgericht hat auch den mit ursprünglichen
Klageantrag zu 3.) (Berufungsantrag zu 2.) geltend gemachten
datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch im Ergebnis rechtsfehlerfrei
abgewiesen, weil es an einer unzulässigen Verwendung der streitgegenständlichen
Daten fehlt.   
Der Kläger hat für den geltend gemachten Löschungsanspruch
keine Anspruchsgrundlage. Er hat weder a.) nach dem aufgrund Art. 8 des DSAnpUG-EU
bis zum 25.05.2018 geltende Bundesdatenschutzgesetz (im Folgenden „BDSG
a.F.“) noch b.) nach dem ab 25.05.2018 geltenden Datenschutzgesetz (im
Folgenden „BDSG“ bzw. „DSGVO“ oder c.) aus dem
Persönlichkeitsrecht nach §§ 823, 1004 BGB einen Anspruch auf Löschung seiner
Daten.             
a.) Der datenschutzrechtliche Löschungsanspruch ist nach
keiner der in Betracht kommenden Alternativen des § 35 Abs. 2 Satz 2 BDSG a.F.
begründet.        
Für den Löschungsanspruch aus § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDSG
a.F. fehlt es an einer unzulässigen Speicherung der Daten. Die Speicherung ist
nach dem im Datenschutz geltenden Grundsatz des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt
dann nicht unzulässig, wenn eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt (Dix in
Simitis, Bundesdatenschutzgesetz, 7. Aufl. 2011, § 35 Rn. 26; Wolff/Brink,
Datenschutzrecht, § 35 Rn. 33). Dies ist vorliegend nach §§ 4 Abs. 1, 28 Abs. 1
Nr. 2 BDSG a.F. i.V.m. § 11 BDSG a.F. der Fall. Nach diesen Vorschriften darf
die Beklagte und die für sie im Auftrag handelnde A GmbH die Daten des
Beklagten für eigene Geschäftszwecke speichern, weil dies zur Wahrung ihrer
berechtigten Interessen erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht,
dass das schutzwürdige Interesse des Klägers an dem Ausschluss der Verarbeitung
oder Nutzung überwiegt. Ein berechtigtes Interesse kann jedes von der
Rechtsordnung gebilligtes Interesse sein, dass bei vernünftiger Erwägung durch
die Sachlage gerechtfertigt ist (Gola/Schomerus, BDSG, 12. Aufl. 2015, § 28 Rn.
24; Wolff/Brink, a.a.O., § 28 Rn. 59). Das berechtigte Interesse der Beklagten
an der Verwendung der Daten des Beklagten besteht in dem sich aus § 115 Abs. 1
Nr. 1 VVG i.V.m. § 1 PflVG ergebenen Direktanspruch des geschädigten Klägers
gegen die beklagte Haftpflichtversicherung. Als verpflichtete
Aktiengesellschaft ist die Beklagte berechtigt und verpflichtet, die gegen sie
geltend gemachten Ansprüche zu prüfen und die dazu übermittelten Daten zu
speichern. Das Interesse des Klägers am Ausschluss oder Nutzung der Daten
überwiegt nicht. Bei dieser Abwägungsentscheidung fällt zu Gunsten der
Beklagten ins Gewicht, dass der Kläger die Schadensregulierung aufgrund selbst
von ihm zur Verfügung gestellter Daten erwartet, bei denen es sich um wenig
sensible Daten handelt. Das Recht der Beklagten zur Speicherung dieser Daten zu
Kontrollzwecken umfasst gemäß § 11 BDSG a.F. auch das Recht, diese durch eine
von ihr mit dieser Aufgabe betraute Stelle im Rahmen der
Auftragsdatenverarbeitung vornehmen zu lassen. Entgegen der Ansicht des Klägers
stehen § 28 BDSG a.F. und § 11 BDSG a.F. nicht zueinander in Widerspruch,
sondern ermöglichen der Beklagten als i.S.v. § 3 Abs. 7 BDSG a.F. für die Daten
verantwortliche Stelle, ihr nach Speicherungsrecht durch einen Auftragnehmer
vornehmen zu lassen (Petri in Simitis, a.a.O., § 11 Rn. 1; Spoerr in
Wolff/Brink, a.a.O., § 11 Rn. 4). Wie das Landgericht richtig geurteilt hat ist
ein derartiger Auftragnehmer nicht Dritter i.S.v. § 3 Abs. 8 Satz 3 BDSG a.F.
Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die
Beklagte bei der Speicherung zu Kontrollzwecken in zulässiger Weise als
Auftragnehmer i.S.v. § 11 BDSG a.F. für die Beklagte handelt. Die gegen diese
Entscheidung in der Berufungsbegründung angeführten Argumente überzeugen nicht.
Die von der Beklagten vorgelegte Dokumentation belegt hinreichend, dass die A
GmbH als Auftragnehmerin für die Beklagte handelt und dabei die in § 11 BDSG
a.F. aufgestellten Voraussetzungen an eine Auftragsdatenverarbeitung erfüllt.         
Dass die Beklagte Vertragspartnerin der mit der A GmbH am
15.02./01.03.2011 und am 16./29.09.2011 abgeschlossenen Verträgen zur
Auftragsdatenverarbeitung ist, ergibt sich aus dem in der Berufungsinstanz
vorgelegten chronologischen Handelsregisterauszug der Gesellschaft vom
03.08.2015. Aus diesem ist ersichtlich, dass die Beklagte am 09.08.2013 die
Umfirmierung von C1 Versicherungs-Aktiengesellschaft AG in C Sachversicherungs
AG beschloss und deshalb dieselbe Vertragspartnerin mit unterschiedlichen Namen
ist. Auch wenn im Laufe des Prozesses lediglich einer der beiden
Unterzeichnenden der Verträge auf Seiten der Beklagten namentlich benannt
wurde, ist das Gericht davon überzeugt, dass diese zwischen der Beklagten und
der A GmbH Geltung haben. Zum einen wurde diese Verträge unstreitig durch die
erforderliche Anzahl von vertretungsberechtigten Personen unterschrieben von
denen der zeichnende Leiter der Schadensabteilung E ausweislich des vorlegten
Handelsregisterauszuges vom 13.09.2018 Gesamtprokura mit einem
Vorstandsmitglied oder einem anderen Prokuristen verliehen worden ist. Zum
anderen will die Beklagte nach ihrem Vortrag an diese Verträge gebunden sein.
Selbst wenn sie zum Vertragsschluss durch einen nicht vertretungsberechtigten
Vertreter ihres Unternehmens gezeichnet worden sein sollten, könnte die
Beklagte diese jederzeit nach § 177 BGB genehmigen. Da der Rahmenvertrag in §
18 im Fall der Nichtkündigung eine automatische Verlängerung um jeweils 2 Jahre
vorsieht, ist auch vom Bestehen eines schriftlichen Vertragsverhältnisses
auszugehen ist.    
Der von Klägerseite gegen den Beklagtenvortrag zur
Parteiidentität der Vertragspartner erhobene Verspätungseinwand greift nicht
durch, weil die Frage der Parteiidentität der C1 Versicherungs AG und der
Beklagten einen Gesichtspunkt betreffen, der i.S.v. § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vom
Landgericht Frankfurt am Main bei seinem Urteil erkennbar übersehen worden ist.
Das Landgericht ist trotz der namentlichen Abweichung der unterzeichnenden
Gesellschaft allein aufgrund der Vorlage der Anlage B 2 vom Bestehen der
Datenschutzvereinbarung zwischen der Beklagten und der A GmbH ausgegangen. Dies
wird von dem Kläger in seiner Berufungsbegründung zu Recht kritisiert, so dass
die Frage der vertraglichen Bindung zwischen der Beklagten und der A GmbH gemäß
§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht werden
muss.        
An der ausführlichen Subsumption des Vertragsverhältnisses
unter die Tatbestandsvoraussetzungen des §§ 11 Abs. 2 BDSG a.F. und der dazu
gegebenen Begründungen des Landgerichts ist nichts zu erinnern. Insbesondere
hat das Landgericht zu Recht judiziert, dass die Berechtigung von A GmbH aus
den Unterlagen anonymisierte Auswertungen herzustellen nicht zu beanstanden
ist. Auch in der Berufungsbegründung werden hiergegen keine überzeugenden
Argumente vorgebracht. Für einen Löschungsanspruch aus § 35 Abs. 1 Nr. 3 BDSG
a.F. fehlt es an einer Zweckerfüllung. Die weitere Verarbeitung der Daten ist
schon wegen des hiesigen Gerichtsprozesses notwendig. Die Daten sind zur Abwehr
des geltend gemachten Schadensersatzanspruches notwendig (Dix in Simitis,
a.a.O., § 35 Rn. 38; Wolff/Brink, a.a.O. § 35 Rn. 39).       
b.) Auch unter dem neuen Datenschutzregime ist der geltend
gemachte Löschungsanspruch nicht begründet. Der Löschungsanspruch aus Art. 17
Abs. 1 Buchst. a DSGVO scheitert an dem in dessen Absatz 3 Buchst. c geregelten
Ausnahmetatbestand. Danach gilt der Löschungsanspruch nicht, soweit die
Verarbeitung zur „Verteidigung von Rechtsansprüchen“ erforderlich
ist. Dass diese erforderlich ist, zeigt hiesiger Rechtsstreit.          
c.) Das Datenschutzgesetz hat als Spezialregelung den
Anspruch auf Löschung personenbezogener Daten abschließend geregelt. Daneben
ist für eine Anwendung für einen auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht
gestützten Unterlassungsanspruch kein Raum (BGH, Urt. v. 17.12.1985, Az. VI ZR
244/84, NJW 1986, 2505).             
3. Das Landgericht hat auch die mit Klaganträgen zu 4.) und
5.) geltend gemachten und mit den Berufungsanträgen zu 3.) und 4.) weiter
verfolgten Unterlassungs- und Entschädigungsansprüche rechtsfehlerfrei
abgewiesen, weil es – wie festgestellt – an einer unzulässigen Verwendung der
streitgegenständlichen Daten fehlt. Aus demselben Grund besteht auch kein
Schadensersatzanspruch nach dem neuen Art. 82 DSGVO.    
4. Im Ergebnis hat das Landgericht auch die mit den
Berufungsanträgen zu 5.) und 6.) weiter verfolgten urheberrechtlichen Ansprüche
zu Recht abgewiesen.   
Zwar hat das Landgericht übersehen, dass der Kläger
Lichtbildner der streitgegenständlichen Fotos ist und solcher Rechtsschutz nach
§ 72 UrhG genießt. Wie die Berufung zu Recht moniert, hat der Klägervertreter
dies in der mündlichen Verhandlung vom 19.01.2017 (Bl. 213 d. A.) vorgetragen.
Dies wurde auch nicht bestritten.             
Jedoch besteht kein Anspruch nach § 97 UrhG, weil es an
einer widerrechtlichen Verletzung der Lichtbildrechte des Klägers fehlt.    
§§ 15 Abs. 2 Nr. 2, 19 a UrhG ist nicht einschlägig, weil
durch die streitgegenständlichen Handlungen nicht das Recht der öffentlichen
Zugänglichmachung betroffen ist. Insoweit unterscheidet sich die Fallgestaltung
von denen, die der Bundesgerichtshof in seiner von der Klägerseite zitierten
Rechtsprechung entschiedenen hat und bei denen die urhebergeschützten Fotos ins
Internet eingestellt worden waren (BGH, Urt. v. 29.04.2010, I ZR 68/09 –
Restwertbörse und Urt. v. 20.06.2013, I ZR 55/12 – Restwertbörse II). Eine
Einstellung der Daten in das öffentlich zugängliche Internet steht vorliegend
nicht in Streit.
§§ 15 Abs. 1 Nr. 2, 17 UrhG ist auch nicht einschlägig. Der
Tatbestand der Verbreitung umfasst gemäß § 17 Abs. 1 UrhG das Recht, das
Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten
oder in den Verkehr zu bringen. Es ist schon zweifelhaft, ob der Auftragsnehmer
einer Auftragsdatenverwaltung i.S.d. § 11 BDSG überhaupt
„Öffentlichkeit“ im Sinne dieser Vorschrift sein kann. Die Verletzung
dieses Verwertungsrecht scheitert jedenfalls am Erschöpfungsgrundsatz des § 17
Abs. 2 UrhG, nachdem der Kläger das Gutachten mit den Fotos der Beklagten
selbst zur Verfügung gestellt hat.      
Auch an einem Eingriff in das Vermietungsrecht des Klägers
gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 UrhG fehlt es. Die Vorschrift setzt eine
vorübergehende Gebrauchsüberlassung der geschützten Leistung zu Erwerbszwecken
voraus. Eine zeitlich begrenzte Gebrauchsüberlassung ist anzunehmen, wenn der
Gegenstand dem Kunden für eine bestimmte Zeit in der Weise zur freien Verfügung
übergeben wird, dass ihm eine uneingeschränkte und wiederholbare Werknutzung
ermöglicht wird. Der Begriff der „Werknutzung“ verweist dabei auf den
Zweck des Vermietrechts. Dieser liegt darin, den Berechtigten eine angemessene
Beteiligung an den Nutzungen zu sichern, die aus der Verwertung ihrer Werke
oder geschützten Leistungen gezogen werden (BGH, Urt. v. 07.06.2001, I ZR 21/99
– Kauf auf Probe). Unter Anlegung dieser Maßstäbe beinhaltet die zweckgebundene
Weitergabe des Gutachtens an die A GmbH keine Gebrauchsüberlassung im Sinne der
Vorschrift. Zwar verfolgte die Beklagte damit mittelbar einen Erwerbszweck,
weil sie durch die Kontrolle der Kostenpositionen die Erstattung überhöhter
Reparaturkosten an den Geschädigten verhindern wollte. Der erstrebte Vorteil
beruht jedoch nicht auf der Nutzung der Lichtbilder als der durch das
Urheberrecht geschützten Leistung, sondern auf einer Überprüfung der
Kalkulation. Er wäre in gleicher Weise eingetreten, wenn die Bekl. das
Gutachten ohne die Lichtbilder übermittelt hätte (vgl. auch LG Berlin, Urt. v.
03.07.2012, 16 O 309/11).          
Auch das Vervielfältigungsrecht des §§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 16
UrhG ist nicht betroffen, weil die Speicherung nach § 1 Nr. 3 der
Datenschutzvereinbarung nur die übermittelten Daten bzw. nach § 2 Nr. 7 der
Datenschutzvereinbarung die anonymisierte Auswertung der Auswertung, aber nicht
die streitgegenständlichen Fotos betrifft.           
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der
Kläger hat als unterlegene Partei die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels
zu tragen.      
6. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.
7. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die
Zulassungsvoraussetzungen nach § 543 Abs. 1 Satz 1 ZPO sind nicht gegeben, weil
es sich um die Entscheidung eines Einzelfalles ohne grundsätzliche Bedeutung
handelt und weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts
erforderlich ist.

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OLG Frankfurt am Main – Internationale Internetplattform für literarische Werke haftet für Urheberrechtsverletzung von in Deutschland noch nicht gemeinfreien Werken

Das OLG Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 30.04.2019,
Az. 11 O 27/18
entschieden, dass die Betreiberin einer international
ausgerichteten Internet-Plattform, auf der kostenfrei literarische Werke
veröffentlicht werden, für Urheberrechtsverletzungen in Deutschland haftet ,
wenn die in deutscher Sprache angebotenen Werke nach deutschem Urheberrecht
noch nicht gemeinfrei sind und die Betreiberin sich die von Dritten auf der
Plattform eingestellten Werke „zu eigen“ gemacht hat. Der Geschäftsführer
haftet ebenfalls, wenn er lediglich eine Prüfung US-amerikanischen
Urheberrechts veranlasst, trotz der bestimmungsgemäßen Ausrichtung der Webseite
auch auf deutsche Nutzer.
Vorinstanz:
Leitsatz
Der Betreiber einer international ausgerichteten
Internet-Plattform, auf der kostenfrei literarische Werke veröffentlicht
werden, die in den USA gemeinfrei sind, aber in der Bundesrepublik Deutschland
unter Urheberrechtsschutz stehen, kann als Täter für Schutzrechtsverletzungen
veranwortlich sein, wenn die Werke bestimmungsgemäß in Deutschland abgerufen
werden können und wenn die Internet-Plattform durch ihre Außendarstellung zum
Ausdruck bringt, dass sie sich die von freiwillig für sie tätigen Dritten (sog.
volunteers) eingestellten Werke (z.B. durch die Aussage „our ebooks“)
zu eigen gemacht hat.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 9.2.2018
verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main (AZ.
2-03 O 494/14) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne
Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 105.000 abwenden, wenn
nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit hinsichtlich des
erstinstanzlichen Ausspruchs Ziff. I.1 bis I.3 in Höhe von jeweils EUR 25.000,
hinsichtlich des erstinstanzlichen Ausspruchs zu Ziff. II.2 in Höhe von EUR
5.000 und wegen der Kosten in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden
Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf EUR
100.000 festgesetzt.
Gründe


I.
Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Unterlassung,
Auskunft und Feststellung der Schadenersatzpflicht in Anspruch, da die
Beklagten deutschsprachige literarische Werke der Autoren Heinrich Mann, Thomas
Mann und Alfred Döblin auf einer Internetseite öffentlich zugänglich gemacht
und dadurch urheberrechtliche Nutzungsrechte der Klägerin verletzt hätten.
Die Klägerin ist ein Verlag, der u.a. die Werke
von Thomas Mann, Heinrich Mann und Alfred Döblin herausgibt.
Die Beklagte zu 1) (nachfolgend „die Beklagte“)
ist eine „not-for-profit-Corporation“ nach US-amerikanischem Recht. Sie
verfolgt keine kommerziellen Zwecke und hat … Angestellte. Sie betreibt die
auch in Deutschland abrufbare Webseite www.(x).org, wobei sie die Server in den
USA angemietet hat. Das Motiv der Beklagten ist es, eine Plattform zu
betreiben, auf der Werke, die in den USA gemeinfrei sind, als E-Books zur
Verfügung gestellt werden. Der Beklagte zu 2) (nachfolgend „der Beklagte“) ist
der ehrenamtlich für sie tätige Managing Director und CEO, der als „Registrant
Contact“ und „Tech Contact“ für die genannte Domain benannt ist. Auf der
Internet-Seite der Beklagten sind über 50.000 Bücher als E-Books abrufbar, u.a.
die 18 streitgegenständlichen Werke der drei genannten Autoren. Diese Werke
sind nach US-amerikanischem Recht jedenfalls überwiegend gemeinfrei.
Die Klägerin, die behauptet, über ausschließliche,
umfassende und territorial unbeschränkte Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen
Werken zu verfügen, wies zunächst im August und September 2013 die Beklagten
mit Emails auf die geltend gemachten Rechtsverletzungen hin. Sodann mahnte sie
die Beklagten mit anwaltlichem Schreiben erfolglos ab.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil,
auf das wegen der weiteren Feststellungen und erstinstanzlichen Anträge gemäß §
540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, der Klage nach Zeugenvernehmung
stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Es sei international zuständig. Bei der Verletzung
des Urheberrechts durch ein öffentliches Zugänglichmachen des Werks über eine
Internetseite befinde sich der Erfolgsort iSv § 32 ZPO im Inland, wenn die
geltend gemachten Rechte im Inland geschützt seien und die Internetseite im
Inland abgerufen werden könne. Diese Voraussetzungen seien erfüllt, da die
Webseite der Beklagten unstreitig in Deutschland abrufbar sei; die Klägerin
habe auch schlüssig vorgetragen, dass die Abrufbarkeit zu Downloads in
Deutschland geführt habe. Zudem wende sich die Webseite bestimmungsgemäß an
deutsche Nutzer. Die Webseite sei teilweise in deutscher Sprache gehalten, es
würden Werke in deutscher Sprache angeboten und die Beklagte strebe
ausdrücklich eine weltweite Verfügbarkeit an. Der Hinweis auf der Webseite an
die Nutzer, sie müssten jeweils prüfen, ob sie im jeweiligen Land berechtigt
seien, die Seiten herunterzuladen, spreche dafür, dass den Beklagten bewusst
gewesen sei, dass auch Nutzer aus anderen Ländern als der USA ihre Webseite
besuchten.
Die Klage sei begründet. Die Kammer sei nach dem
gegenseitigen Parteivorbringen, den vorgelegten Verträgen und der
durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Klägerin für die
streitgegenständlichen Werke über das ausschließliche Recht der öffentlichen
Zugänglichmachung verfügt.
Die Beklagte habe die streitgegenständlichen Werke
auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland iSv § 19a UrhG öffentlich
zugänglich gemacht. Die Abrufbarkeit in der Bundesrepublik sei zwischen den
Parteien unstreitig, das Angebot der Beklagten richte sich auch an deutsche
Nutzer. Dieses öffentliche Zugänglichmachen sei widerrechtlich. Zwar sei das
Motiv der Beklagten schützenswert und es sei zu berücksichtigen, dass die Werke
in den USA gemeinfrei seien. Doch bliebe das öffentliche Zugänglichmachen in
Deutschland rechtswidrig, da sich die Frage der Rechtswidrigkeit nicht
ausschließlich nach dem Bestehen des Urheberrechtsschutzes in dem Land richten
könne, in dem sich der Anbieter befinde.
Die Beklagte sei nicht lediglich
Plattformbetreiberin und als solche in ihrer Haftung beschränkt. Zwar habe sie
vorgetragen, die Werke würden von Freiwilligen vorgeschlagen, hochgeladen und
geprüft. Doch habe sich die Beklagte die Inhalte auf der Webseite jedenfalls zu
eigen gemacht. Die streitgegenständlichen Werke würden aus Sicht des
Durchschnittnutzers von der Beklagten angeboten. Die Beklagte sehe es als ihre
Aufgabe an, Kopien von Werken weltweit verfügbar zu machen; sie spreche in
ihren „Terms of Use“ ausdrücklich von „our ebooks“ und sie habe selbst
vorgetragen, dass die jeweiligen Prüfungsschritte grundsätzlich teilweise von
ihrem CEO, dem Beklagten, durchgeführt würden. Zudem würden im Laufe der von
der den Beklagten dargestellten Prozesse den Werken Erklärungen vorgeschaltet,
die das Werk jeweils als „The Project X E-Book of [Titel]“ bezeichneten.
Schließlich würden die Werke mit einer „Project X License“ verbunden und auf
die Lizenzbedingungen auf der Webseite der Beklagten verwiesen. Bereits daher
könne die Beklagte sich nicht auf § 10 TMG berufen. Selbst dann, wenn § 10 TMG
für sie einschlägig gewesen sei, wäre die Beklagte zudem jedenfalls jetzt zur
Prüfung und Entfernung der Werke verpflichtet, da die Klägerin sie von der
Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt habe.
Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, die
Ansprüche auf anwaltlichen Rat hin zurückgewiesen zu haben. Dies lasse
allenfalls das Verschulden entfallen, das für den Unterlassungsanspruch nicht
erforderlich sei. Die Beklagte habe zudem den anwaltlichen Rat inhaltlich nicht
konkret vorgetragen, so dass unklar bleibe, ob dieser überhaupt deutsches Recht
umfasst habe.
Der Anspruch bestehe nach den Grundsätzen der
Haftung als Geschäftsführer auch gegenüber dem Beklagten. Dieser habe das
Angebot der Beklagten gekannt, ihm sei bewusst gewesen, dass auf der Webseite
der Beklagten auch Werke deutscher Autoren angeboten worden seien.
Der Unterlassungsantrag sei nicht zu weit gefasst.
Es sei nicht erforderlich, dass ihm zu entnehmen sei, welche konkreten
Handlungs- und Prüfpflichten dem Gegner abverlangt würden. Es genüge, dass sich
aus der Klagebegründung ergebe, dass die Klägerin von den Beklagten verlange,
dass diese durch sog. „Geoblocking“ Nutzer aus Deutschland von der Nutzung der
streitgegenständlichen Werke ausschlössen.
Es sei auch die Schadenersatzpflicht der Beklagten
festzustellen. Diese hätten jedenfalls fahrlässig gehandelt. Da sich das
Angebot auch an Nutzer in Deutschland gerichtet hätte, hätten sich die
Beklagten nicht auf eine Prüfung ihrer Angebote nach US-amerikanischem Recht
beschränken dürfen. Es sei jedenfalls mit Rechtsverletzungen zu rechnen, da
sich das Angebot der Beklagten an Nutzer in Deutschland richte.
Der Auskunftsanspruch ergebe sich aus § 101 UrhG,
§ 242 BGB. Die Beklagten hätten nicht dargelegt, warum eine Auskunft nicht
möglich sein solle.
Gegen diese Entscheidung wenden sich die Beklagten
mit der Berufung, mit der sie ihren Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgen.
Das Landgericht sei nicht international zuständig.
Die bloße Abrufbarkeit der Webseite der Beklagten in Deutschland genüge nicht,
um einen Erfolgsort iSv § 32 ZPO in Deutschland zu bejahen. Erforderlich sei,
dass sich die Internetseite bestimmungsgemäß an deutsche Nutzer richte. Aus der
Entscheidung des Bundesgerichtshof im Urteil vom 21.4.2016 (Az: I ZR 42/14 – An
Evening with Marlene Dietrich) ergebe sich nichts anderes. Der dortige Fall
habe – anders als der vorliegende Fall – Anlass gegeben, auf die Rechtsprechung
des EuGH zur internationalen Zuständigkeit zurückzugreifen, da das dort
zugrunde liegende Angebot auf die Bundesrepublik Deutschland ausgerichtet
gewesen sei. Eine bestimmungsgemäße Abrufbarkeit der Seite der Beklagten im
Inland sei zu verneinen, da deutsche Nutzer nicht das Zielpublikum der
Internetseite darstellten. Dies ergebe sich aus der genutzten Top-level-Domain,
der überwiegend auf der Webseite verwendeten Sprache und der geringen Anzahl
der angebotenen deutschsprachigen Werke. Auch richte sich die Spendenseite an
US-amerikanische Nutzer. In den USA sei die Beklagte tätig und registriert und
habe dort ihren Sitz.
Die Klage sei auch unbegründet. Die Klägerin habe
ihre Aktivlegitimation nicht hinreichend dargelegt und bewiesen.
Zudem sei der Unterlassungstenor zu weitgehend.
Die geforderte Unterlassung könne nur erfüllt werden, wenn sämtliche
streitgegenständlichen Werke von der Internetseite gelöscht würden. Da dies zu
weitgehend sei, hätte die Klägerin jedenfalls teilweise unterliegen müssen. Die
Verhinderung des Zugriffs (lediglich) durch Geoblocking finde sich im Antrag
und entsprechend im Tenor nicht wieder. Zudem seien Geo-Sperren für technisch
durchschnittlich versierte Internetnutzer leicht zu umgehen.
Der Klägerin stehe kein Schadenersatzanspruch zu,
da die Beklagten nicht schuldhaft gehandelt hätten. Sie hätten sich darauf
verlassen dürfen, dass für die Internetseite nur US-amerikanisches Recht gelte.
Auch hätten sie mit den Werken keine Einnahmen erzielt. Nach Erhalt der
Abmahnung hätten sie anwaltlichen Rat eingeholt, wonach die Entfernung der
streitgegenständlichen Werke nicht erforderlich sei. Darauf hätten sie sich
verlassen.
Die Beklagte hafte selbst nicht, da sie und ihre
Mitarbeiter die auf der Internetseite angebotenen E-Books nicht auswähle,
einstelle oder veröffentliche; dies geschehe ausschließlich durch Freiwillige,
die ihre Tätigkeit in einer von der Beklagten unabhängigen Organisation
organisierten.
Auch der Beklagte hafte mangels eigenen
pflichtwidrigen Verhaltens nicht. Er wähle die Werke nicht aus oder
veröffentliche diese, sondern bestätige lediglich den urheberrechtlichen Status
eines Werks nach US-amerikanischem Recht und übernehme die Korrespondenz. Es
sei für den Beklagten unzumutbar, sämtliche auf der Webseite eingestellten
Werke in deutscher Sprache zu überprüfen, ob nach deutschem Recht eine
Urheberrechtsverletzung vorliege.
Mangels Rechtsverletzung fehle ein
Auskunftsanspruch. Da die Beklagte gemeinnützig sei und nicht mit
Gewinnerzielungsabsicht handle, fehle die nach § 101 UrhG erforderliche
gewerbliche Absicht.
Es bestehe kein Schadenersatzanspruch. Die
Klägerin habe nicht dargelegt, einen Schaden erlitten zu haben. Eine
Schadensschätzung auf der Grundlage der Lizenzanalogie sei wegen der fehlenden
kommerziellen Ausrichtung der Beklagten nicht zulässig.
Nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils konnte
die Klägerin hinsichtlich eines Teils der streitgegenständlichen Werke die
Zeitpunkte, zu denen diese Werke erstmals über die Internetseite der Beklagten
abrufbar waren (Auskunftsantrag Ziff. II.1), auf der Internetseite der Beklagten
ermitteln. Hinsichtlich der weiteren Werke haben die Beklagten zweitinstanzlich
schriftsätzlich diese Daten mitgeteilt. Nachdem die Beklagten In der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat die Richtigkeit dieser Daten bestätigt hatten, haben
die Parteien übereinstimmend den Auskunftsantrag Ziff. II.1 für erledigt
erklärt.
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom
9.2.2018, AZ. 2-03 O 494/14 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt die erstinstanzliche
Entscheidung und wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Zu Recht habe das Landgericht angenommen, dass
eine Vielzahl der Abrufe von Werken von der Seite der Beklagten durch Nutzer
aus Deutschland erfolgt sei. Über die Sperrmaßnahmen, durch die die Beklagten
unstreitig ab dem 28.2.2018 jedenfalls teilweise den Zugriff auf die Webseite
von Deutschland aus blockiert haben, hätten sich unzählige deutsche Nutzer in
Internetforen und gegenüber der Klägerin geäußert (Bl. 874 ff. d.A.). Aus der
Beobachtung der von der Beklagten veröffentlichten weltweiten Abrufzahlen zu
den Werken der drei Autoren (Bl. 883 d.A.) vor dem erstinstanzlichen Urteil, nach
der Urteilsveröffentlichung und sodann nach der Sperrung ergebe sich, dass ein
Teil der Abrufe bereits früher und noch immer auf Nutzer in Deutschland
entfielen. Die pauschale Behauptung der Beklagten, nach Erhalt der Abmahnung
anwaltlichen Rat eingeholt zu haben, sei auch in der Berufung nicht näher
konkretisiert worden und sei daher unbeachtlich.
Sie, die Klägerin, verlange keine dauerhafte
Entfernung der Werke, es genügten die auf Geolokalisierung basierenden
IP-Sperren.
II.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und
fristgerecht erhoben worden. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Landgericht Frankfurt am Main ist gemäß §
32 ZPO international für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig, da die
Internetseite in Deutschland, wo die Werke Schutz beanspruchen, technisch
abrufbar war. Es wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die
Ausführungen im angegriffenen Urteil Bezug genommen (LGU 9).
Die Einwendungen der Beklagten gegen die
internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts haben keinen Erfolg. Auf
der Grundlage der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.4.2016 (I ZR 43/14
– An Evening with Marlene Dietrich) ist die internationale Zuständigkeit
deutscher Gerichte schon zu bejahen, wenn die Seite in der Bundesrepublik
Deutschland abrufbar ist, ohne dass es darauf ankommt, ob sich die
Internetseite bestimmungsgemäß an Nutzer in Deutschland richtet. Es ergeben
sich aus der genannten Entscheidung keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass
dies nur zu bejahen sei, wenn der Sachverhalt einen Bezug zu europäischem Recht
oder dem Recht eines Mitgliedstaats aufweist.
Der Senat teilt im Übrigen die Einschätzung des
Landgerichts, dass sich die Internet-Seite der Beklagten bestimmungsgemäß auch
an Nutzer in Deutschland gerichtet hat. Die Berufungsbegründung kann das nicht
in Zweifel ziehen.
Dass die Beklagte ihre Webseite unter der
Top-Level-Domain „.org“ betreibt, steht einer weltweiten Verbreitung der dort
eingestellten Inhalte – wie von ihr intendiert – nicht entgegen. Gerade das
Angebot einer deutschen Sprachfassung und der vom Landgericht angesprochene
„disclaimer“ sprechen für eine bestimmungsgemäße Ausrichtung nach Deutschland.
Als Indiz dafür kann auch die globale Entwicklung
der sog. „Klickzahlen“ der streitbefangenen Werke angesehen werden. Diese
Zugriffe sind nach der Berichterstattung über den hiesigen Rechtsstreit in der
deutschen Presse stark angestiegen (Bl. 883 d.A.) und nach Einrichtung einer
Zugangssperre von deutschen IPv4 und IPv6-Adressen unter das vor dem Anstieg
vorherrschende Niveau abgefallen. Dazu passen die von der Klägerin vorgelegten
Emails und Blogeinträge (Bl. 951/959 d.A.), die belegen, dass die Beklagte bei
zahlreichen Lesern in Deutschland beliebt war.
2. Die Klage ist auch begründet.
a) Es ist deutsches Recht anwendbar. Vorliegend
ist – auf der Grundlage der Auskunftserteilung der Beklagten über den Zeitpunkt
der Einstellung der Werke auf ihrer Seite – ein öffentliches Zugänglichmachen
der streitgegenständlichen Werke im Zeitraum 2004 bis 2018 zu beurteilen.
Sowohl nach der für Verletzungshandlungen ab dem 11.1.2009 anwendbaren
Rom-II-Verordnung (Art. 34, Art. 31 Rom-II-Verordnung) als auch nach den für
die früheren Verletzungshandlungen anwendbaren Regelungen des deutschen
Internationalen Privatrechts ist die Frage, ob Ansprüche wegen einer Verletzung
urheberrechtlicher Rechte bestehen, nach dem Recht des Schutzlandes – also des
Staates, für dessen Gebiet der Schutz beansprucht wird – zu beantworten (vgl.
BGH, aaO – An Evening with Marlene Dietrich Rn. 24). Da Gegenstand der Klage
allein die Verletzung ausschließlicher Nutzungsrechte ist, für die die Klägerin
für das Inland Schutz beansprucht, ist im Streitfall deutsches Urheberrecht
anzuwenden.
b) Der Klägerin steht der geltend gemachte
Unterlassungsanspruch gemäß § 97 Abs. 1 UrhG zu, da die Beklagten die der
Klägerin zustehenden ausschließlichen Nutzungsrechte verletzt haben, indem sie
die streitgegenständlichen Werke auf ihrer Webseite öffentlich zugänglich
gemacht haben (§ 19a UrhG).
aa) Die Klägerin ist aktiv legitimiert.
(1) Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass
der Klägerin exklusiv die Rechte zur öffentlichen Zugänglichmachung der
streitgegenständlichen Werke von Thomas Mann durch den „Vertragszusatz
E-Book-Rechte“ (Bl. 666ff. d.A.) und den Vertrag „Ergänzung zum Vertragszusatz
E-Book-Rechte vom 20.8./26.8.2013“ (Bl. 668 d.A.) eingeräumt wurden. Es wird
insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im
angegriffenen Urteil Bezug genommen. Gegen diese wenden sich die Beklagten ohne
Erfolg:
Vorname1 Y war jedenfalls im Zeitpunkt der
Unterzeichnung der „Ergänzung zum Vertragszusatz E-Book-Rechte“ am 1.12.2014
von allen Mitgliedern der Erbengemeinschaft zur Einräumung der Rechte
bevollmächtigt worden. Soweit die Berufung geltend macht, die vorgelegten
Vollmachten der Erben (Anlage K46, Bl. 740ff. d.A.) wichen in Inhalt und
Gestaltung voneinander ab, ändert dies nichts daran, dass das Landgericht zu
Recht angenommen hat, dass durch jede der Vollmachten Vorname1 Y bevollmächtigt
wurde, für den jeweiligen Miterben den Vertrag „Vertragszusatz E-Book-Rechte“
und die „Ergänzung zum Vertragszusatz E-Book Rechte“ abzuschließen. Soweit die
Berufung ihre bereits erstinstanzlich vorgebrachte Einwendung wiederholt, die
von der Miterbin Vorname2 A-Y erteilte Vollmacht (Bl. 745 d.A.) umfasse nicht
die Einräumung von Nutzungsrechten und insbesondere nicht die Einräumung von
ausschließlichen Nutzungsrechten, wird auf die zutreffenden Ausführungen des
Landgerichts Bezug genommen.
Mit der Unterzeichnung der „Ergänzung zum
Vertragszusatz E-Book Rechte vom 20.8./26.8.2013“ (Bl. 668 d.A.) genehmigte der
in diesem Zeitpunkt von sämtlichen Miterben bevollmächtigte Vorname1 Y die
Erklärungen, die er mit Unterzeichnung des Vertrags „Vertragszusatz
E-Book-Recht“ ggf. noch als vollmachtloser Vertreter (§ 177 Abs. 1 BGB)
abgegeben hatte:
Gemäß § 177 Abs. 1 BGB ist eine Genehmigung der
Erklärungen des vollmachtlosen Vertreters durch den Vertretenen, vorliegend die
Erbengemeinschaft, möglich. Da es sich bei der Genehmigung nicht um ein
höchstpersönliches Geschäft handelt, kann sich der Vertretene bei Abgabe der
Genehmigungserklärung vertreten lassen (§ 164 BGB), was hier durch Vorname1 Y
geschehen ist. Es bedarf für diese Genehmigung entgegen der Annahme der
Berufung keiner entsprechenden Aufforderung (§ 182 BGB).
Mit der Unterzeichnung der „Ergänzung zum
Vertragszusatz E-Book Rechte vom 20.8./26.8.203“ erklärte Vorname1 Y konkludent
die Genehmigung seiner früheren Erklärung „Vertragszusatz E-Book Rechte“. Dies
ergibt sich bei Auslegung der Erklärung (§§ 133, 157 BGB) bereits daraus, dass
ausweislich der Bezeichnung der später unterzeichneten Erklärung mit dieser
eine Ergänzung zu der früher unterzeichneten Erklärung erfolgen sollte, mithin
die früher unterzeichnete Erklärung als wirksam behandelt werden sollte.
Entgegen der Berufung ergibt sich aus den
Bekundungen des Zeugen Vorname1 Y bei seiner Vernehmung (Bl. 765f. d.A.) nichts
anderes. Zwar hat der Zeuge bekundet, ihm sei die rechtliche Struktur des
damaligen Vertrags nicht bekannt gewesen und ihm sei auch eine Unterscheidung
zwischen ausschließlichen und einfachen Nutzungsrechten nicht bewusst gewesen.
Doch hat er außerdem angegeben, dass er die Einräumung von E-Book-Rechten
bewusst vorgenommen habe. Er hat bekundet, er habe gemerkt, dass es von
Bedeutung sei, auch für E-Books Rechte zu vergeben. Damit wollte er – auch noch
am 1.12.2014 – der Klägerin E-Book-Rechte einräumen und daher eine früher von
ihm abgegebene (ggf. schwebend unwirksame Erklärung) genehmigen. Selbst wenn
der Zeuge Vorname1 Y die Unterscheidung zwischen ausschließlichen und
nicht-ausschließlichen Nutzungsrechten nicht bewusst gewesen sein sollte, so
ergab der eindeutige Wortlaut des Vertrags aus dem maßgeblichen
Empfängerhorizont der Klägerin (vgl. Reichold in: jurisPK-BGHG, Band 1,
8.Auflage, § 133 Rn. 7; BGH, Urteil vom 28.1.2002 – II ZR 385/00), dass
Vorname1 Y ihr exklusive Nutzungsrechte eingeräumt hat.
Die Erbengemeinschaft konnte der Klägerin durch
die beiden Vereinbarungen das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung
einräumen. Dieses Recht war nicht gemäß § 4 Abs. 1 des zwischen der
Erbengemeinschaft und der Klägerin im Jahr 1977 geschlossenen Vertrags (Bl.
648ff. d.A) bei Vorname3 Y verblieben. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür,
dass das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) der genannten
vertraglichen Regelung, die Nebenrechte für spezielle Verlagsprodukte betraf,
unterfallen sollte.
(2) Der Klägerin wurden für die hier
streitgegenständlichen Werke des Autors Heinrich Mann ausschließliche Rechte
zur öffentlichen Zugänglichmachung durch den „Verlagsvertrag“ (Bl. 669ff.
d.A.), den „Vertragszusatz E-Book-Rechte“ (Bl. 674ff.) und die „Ergänzung zum
Vertragszusatz E-Book-Rechte“ (Bl. 676 d.A.) eingeräumt.
Ohne Erfolg wendet sich die Berufung gegen die
Feststellung des Landgerichts, dass der als Zeuge vernommene Vorname4 Y
hinsichtlich sämtlicher unterzeichneter Verträge von dem Miterben Vorname5 Y
bevollmächtigt worden war. Die Berufung zeigt keine konkreten Anhaltspunkte
auf, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen
begründen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Im Ergebnis wendet sie lediglich ein, das
Landgericht habe nicht feststellen können, wann Vorname5 Y dem Zeugen Vorname4
Y eine Vollmacht erteilt habe. Allerdings hat der Zeuge Vorname4 Y ausweislich
des Protokolls (Bl. 767 d.A.) bekundet, dass Vorname5 Y ihm schon vor
Unterzeichnung des ersten der drei Verträge eine Generalvollmacht erteilt
hatte, wie dies auch das Landgericht (LGU 13) ausführt. Weitere Feststellungen
zum exakten Zeitpunkt der Bevollmächtigung sind demnach entbehrlich.
(3) Schließlich hat das Landgericht zu Recht für
den Autor Alfred Döblin die Aktivlegitimation der Klägerin aufgrund des
„General Agreement“ (Bl.677 f.d.A.) bejaht. Mit dieser Vereinbarung wurde der
Klägerin u.a. das Recht eingeräumt, die betreffenden literarischen Werke u.a.
mittels digitaler Medien, zB. E-Books, zu nutzen, zu publizieren und zu
verbreiten (Clause 2 Absatz 2 Buchst. h des Vertrags).
Die Berufung wendet erfolglos ein, ausweislich des
Vertrags (Clause 1, Absatz 2) hätten sich die Rechte, die der Klägerin nach dem
Vertrag eingeräumt werden sollten, bei Vertragsschluss noch bei dem B Verlag
befunden und die Klägerin hätte nicht vorgetragen und unter Beweis gestellt
hätte, dass im Folgenden die Rechte an den Nachlass des Alfred Döblin
zurückgefallen wären. Aus der genannten vertraglichen Regelung (Clause 1 Absatz
2) geht hervor, dass die Rechte an den Werken aufgrund einer vorhandenen
vertraglichen Regelung mit dem B Verlag von diesem an die Erbengemeinschaft
zurückfallen. Damit hätten die Beklagten jedenfalls Anhaltspunkte dafür
vortragen müssen, warum dieser vertraglich vorgesehene Rückfall nicht
eingetreten sein sollte.
Zudem hat das Landgericht unwidersprochen festgestellt,
dass die Klägerin die Auswertung der Rechte übernommen hat und der B Verlag
sich hiergegen nicht gewandt hat (LGU 14). Sie hat auch den Rückfall der Rechte
von dem B Verlag auf die Erbengemeinschaft zweitinstanzlich weiter belegt: Die
Klägerin hat einen Ausdruck der Webseite des B Verlags betreffend die dort
verlegten Autoren vorgelegt (Bl.974f. d.A.), der den Autor Döblin nicht
aufweist. Sie hat weiter eine Kurzmeldung der „Stadt1er Literaturkritik“ vom
13.10.2008 vorgelegt (Bl. 978 d.A.), die darüber berichtet, dass die Klägerin
„nach dem Wiedererwerb der Rechte“ im Oktober 2008 zehn Bände des Werks von
Alfred Döblin auf den Markt bringe; die Weltrechte hierfür seien Anfang des
Jahres von B zu der Klägerin zurückgekehrt; eine entsprechende Vereinbarung sei
mit dessen Sohn abgeschlossen worden. Diese Dokumente, die von den Beklagten
nicht bestritten wurden und damit gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zweitinstanzlich
zugrunde zu legen sind, belegen, dass die Rechte zunächst vom B Verlag an die
Erbengemeinschaft zurückgefallen sind, so dass diese der Klägerin mit dem zuvor
geschlossenen Vertrag entsprechende Rechte einräumen konnte.
Der Klägerin wurden die Rechte zur öffentlichen
Zugänglichmachung der Werke (§ 19a UrhG) durch Clause 2 Abs. 2 des Vertrags als
ausschließliche Rechte eingeräumt. Zwar gewährt diese Klausel nach ihrem
Wortlaut nicht exklusive Rechte, sondern das Recht zur exklusiven Handhabung
der dort genannten Rechte („the exclusive handling of the following rights“).
Von der Einräumung exklusiver Rechte ist stattdessen an anderer Stelle die
Rede: Clause 2 Absatz 1 des Vertrags, die die Einräumung eines allgemeinen
Veröffentlichungsrechts betrifft, sieht nach ihrem Wortlaut eine exklusive
Rechteeinräumung vor („the sole and exclusive right“). Jedoch hat das
Landgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klägerin nach dem Vertrag für
die in Clause 2 Abs. 2 genannten Rechte Lizenzen erteilen kann. Denn nach
Clause 2 Abs. 5 des Vertrags sollen Lizenzverträge, die im Zeitpunkt der
Kündigung des Vertrags über die Rechte gemäß Clause 2 Abs. 2 existieren,
zunächst wirksam bleiben. Diese Berechtigung zur Lizenzerteilung spricht für
eine Erteilung ausschließlicher Nutzungsrechte durch Clause 2 Abs. 2 an die
Klägerin. Zudem ergibt sich auch nicht, was das Recht zum „exclusive handling“
der Rechte iSv Clause 2 Abs. 2 des Vertrags anderes meinen sollte als die
Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechte.
Schließlich macht die Berufung ohne Erfolg
geltend, gegen die Einräumung des ausschließlichen Rechts zur öffentlichen
Zugänglichmachung spreche, dass nach Clause 11 Abs. 4 des Vertrags verschiedene
„non-print-Rechte“ bei Vertragsschluss bei dem C Verlag gelegen hätten. Es
bestehen bereits keine Anhaltspunkte dafür, dass die in Clause 2 Abs. 2
genannten „subsidiary rights“ unter die in Clause 11 Abs. 4 genannten „certain
non-print-rights“ fallen. Hiergegen spricht die Systematik des Vertrags: Nach
dieser steht die Rechteeinräumung nach Clause 2 Abs. 1 und 2 lediglich unter
dem Vorbehalt Clause 1 Abs. 2, nämlich dem Rückfall dieser Rechte vom B Verlag
an die Erbengemeinschaft.
bb) Die Rechte der Klägerin auf öffentliche
Zugänglichmachung der Werke (§ 19a UrhG) wurden von den Beklagten verletzt.
(1) Die streitgegenständlichen Werke wurden auf
der Internetseite der Beklagten öffentlich zugänglich gemacht. Da es sich bei
der öffentlichen Zugänglichmachung um einen besonderen Fall der öffentlichen
Wiedergabe handelt, kann eine solche nur vorliegen, wenn das beanstandete
Verhalten die Tatbestandsmerkmale einer öffentlichen Wiedergabe erfüllt. Der
Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ iSd Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie
2001/29/EG hat zwei Tatbestandsmerkmale, nämlich eine Handlung der Wiedergabe
und die Öffentlichkeit dieser Wiedergabe (BGH, Vorlagebeschluss vom 13. 9. 2018
– I ZR 140/15 – YouTube Rn. 26f.).
Das die streitgegenständlichen Werke durch die
Bereitstellung auf der Webseite www.(x).org zum Abruf im Sinne von Art. 3 I der
Richtlinie 2001/29/EG öffentlich wiedergegeben werden (vgl. dazu BGH aaO. – You
Tube Rn. 35), ist zwischen den Parteien nicht umstritten. Die Beklagte streitet
dagegen ab, für die öffentliche Zugänglichmachung verantwortlich zu sein. Damit
hat sie aber keinen Erfolg, denn hier liegt eine täterschaftliche Haftung der
Beklagten vor.
Eine Handlung der Wiedergabe in dem
vorbezeichneten Sinn setzt voraus, dass der Nutzer (hier also die Beklagte) in
voller Kenntnis der Folgen seines Verhaltens – also absichtlich und gezielt –
tätig wird, um Dritten einen Zugang zu einem geschützten Werk oder einer
geschützten Leistung zu verschaffen, wobei es genügt, dass Dritte Zugang zu dem
geschützten Werk haben, ohne dass es darauf ankommt, ob sie diesen tatsächlich
nutzen (BGH, aaO – YouTube Rn. 26ff.).
Dabei besteht die Verantwortlichkeit des
Betreibers einer Internetplattform für die dort zugänglich gemachten Inhalte
auch dann, wenn er diese Inhalte zwar nicht selbst geschaffen hat, aber sich
diese zu eigen gemacht hat (vgl. etwa BGH, Urteil vom 12.11.2009 –
marions-kochbuch.de; Urteil vom 5.11.2015 – I ZR 88/13 – Al Di Meola Rn. 16f.
mwN; Urteil vom 19.3.2015 – I ZR 94/13 – Hotelbewertungsportal Rn. 25f).
Dies hat das Landgericht für den vorliegenden Fall
zutreffend herausgearbeitet und mit Recht festgestellt, dass die auf der
Internetseite der Beklagten eingestellten Werke aus der maßgeblichen Sicht des
Durchschnittsnutzers von der Beklagten angeboten werden. Hier sticht u.a.
hervor, dass die dort verfügbare Literatur in den Nutzungsbedingungen (Terms of
Use) als „our ebooks“ bezeichnet und dass sie mit einer „Project X License“
verbunden werden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden
Ausführungen des Landgerichts (LGU 16) Bezug genommen.
Unabhängig davon ist die Beklagte auch deshalb für
die Urheberrechtsverletzung verantwortlich, weil sie durch die Emails der
Klägerin vom 4.9.2013 (Anlage K 20, Bl. 120 d.A.) und 18.9.2013 von der
Rechtsverletzung Kenntnis erhielt und es trotzdem unterließ, den Zugang
deutscher Nutzer zu den auf der Internetseite eingestellten
streitgegenständlichen Werken zu unterbinden. Der Betreiber kann nämlich auch
dann die für die Annahme einer „Handlung der Wiedergabe“ erforderliche zentrale
Rolle einnehmen, wenn er zwar nicht selbst die Inhalte eingestellt hat, aber
nach Erlangung der Kenntnis von der Verfügbarkeit rechtsverletzender Inhalte
diese nicht unverzüglich löscht und nicht unverzüglich den Zugang zu ihnen
sperrt (BGH, aaO. – YouTube Rn. 34).
Ohne Erfolg wendet die Berufung ein, gegen die
Haftung der Beklagten spreche, dass sie nicht mit Gewinnerzielungsabsicht
handle. Es ist für die Frage einer öffentlichen Wiedergabe nicht von
entscheidender Bedeutung, ob die Handlung zu Erwerbszwecken vorgenommen worden
ist (BGH, Urteil vom 11. Januar 2018 – I ZR 85/17 – Krankenhausradio Rn. 39).
(2) Ebenso zu Recht hat das Landgericht eine
täterschaftliche Verantwortlichkeit des Beklagten bejaht.
Der Vertreter einer juristischen Person haftet bei
der Verletzung absoluter Rechte durch die von ihm vertretene Gesellschaft, wenn
er selbst an der Verletzungshandlung durch positives Tun beteiligt war oder
wenn er die Verletzung aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des
Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen (BGH, Urteil
vom 27.11.2014 – I ZR 124/11 – Videospiel-Konsolen II – Rn. 80).
Zwar hat der Geschäftsführer nicht die
Garantenpflicht, jedwedes deliktische Verhalten – also im urheberrechtlichen
Bereich jede Urheberrechtsverletzung – zu verhindern, die aus dem von ihm
geleiteten Unternehmen heraus begangen wird. Wenn aber die Rechtsverletzung auf
einer Maßnahme der Gesellschaft beruht, die typischerweise auf
Geschäftsführerebene entschieden wird, dann kann nach dem äußeren Erscheinungsbild
davon ausgegangen werden, dass sie von dem Geschäftsführer veranlasst worden
ist (vgl. Nordemann/Fromm, UrhG, 12. Auflage, Rn 180 zu § 97 UrhG). Dazu
rechnen auch diejenigen Fälle, bei denen die Rechtsverletzung in dem von der
Geschäftsleitung initiierten bzw. praktizierten Geschäftsmodell angelegt ist
(BGH, Urteil vom 6.10.2016 – I ZR 25/15 – World of Warcraft I).
So liegt der Fall hier. Das unter der Leitung des
Beklagtenausgearbeitete und praktizierte Konzept der Beklagten sieht vor, dass
literarische Werke vor ihrer Veröffentlichung lediglich nach US-amerikanischem
Urheberrecht geprüft werden. Eine Prüfung auf möglicherweise entgegenstehende
deutsche Schutzrechte erfolgte nicht, obwohl das Angebot der Beklagten zugleich
auch an interessierte Nutzer aus Deutschland gerichtet war. Die diesem Konzept
immanente Gefahr der Schutzrechtsverletzung muss sich der Beklagte als CEO der
Beklagten täterschaftlich zurechnen lassen. Aus den o. g. Gründen spielt es
dabei keine Rolle, dass die Beklagte als „non-profit-organisation“ tätig ist
und ausschließlich gemeinnützige Ziele verfolgt.
Unabhängig davon haftet der Beklagte für die
Rechtsverletzungen auch deshalb, weil er es ab September 2013, nachdem er durch
die o. g. Emails von den Rechtsverletzungen erfahren hatte, versäumt hat, den
Zugriff deutscher Internet-Nutzer zu unterbinden.
cc) Die Beklagten haben rechtswidrig gehandelt.
Die tatbestandsmäßige Verletzung eines nach dem UrhG geschützten Rechts
indiziert grundsätzlich die Rechtswidrigkeit (Specht in: Dreier/Schulze,
Urheberrechtsgesetz, 6. Auflage, § 97 Rn. 14).
Zwar sind bei der Auslegung der in Rede stehenden
Bestimmungen der Richtlinie 2001/29/EG und des ihrer Umsetzung dienenden
nationalen Rechts die nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRCh aufgeführten Grundrechte
zu beachten (BGH, Beschluss vom 1.6.2017 – I ZR 139/15 Rn. 38 – Afghanistan
Papiere). Das Motiv der Beklagten, eine Plattform zu betreiben, auf der Werke,
die in den USA gemeinfrei sind, als E-Books zur Verfügung gestellt werden
können, stellt jedoch bereits keine grundrechtlich geschützte Rechtsposition dar.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass die den
Urhebern durch die Richtlinie 2001/29/EG eingeräumten Ausschließlichkeitsrechte
und die in Bezug auf diese Rechte vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen
bereits das Ergebnis einer vom Richtliniengeber vorgenommenen Abwägung zwischen
dem Interesse der Urheber an einer möglichst umfassenden und uneingeschränkten
Ausschließlichkeitsbefugnis und den Interessen der Allgemeinheit an einer
möglichst umfassenden und uneingeschränkten Nutzung der urheberrechtlich geschützten
Werke sind (zum deutschen Urheberrecht vgl. BGH, aaO – Afghanistan Papiere).
dd) Der Klageantrag war nicht deshalb als
teilweise unbegründet abzuweisen, weil dem Antrag nicht unmittelbar zu
entnehmen ist, welche konkreten Handlungs- und Prüfpflichten der Beklagten
abverlangt werden sollen. Es reicht aus, wenn sich die zu befolgenden
Sorgfalts- und Prüfpflichten aus der Klagebegründung und den
Entscheidungsgründen ergeben (BGH, Urteil vom 26.11.2015 – I ZR 174/14 –
Störerhaftung des Access-Providers Rn. 14). Es wird insoweit zur Vermeidung von
Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug
genommen. Auch zweitinstanzlich hat die Klägerin bestätigt, dass die
Erschwerung des Zugriffs durch Sperrung sämtlicher „deutscher“ IPv4- und
IPv6-Adressen zur Erfüllung der Unterlassungsverpflichtung ausreichend ist
(Berufungserwiderung, S. 48, Bl. 910 d.A.).
c) Antragsgemäß war festzustellen, dass die
Beklagten der Klägerin zum Schadenersatz verpflichtet sind.
Wie dargelegt, haben die Beklagten das
ausschließliche Recht der Klägerin zur öffentlichen Zugänglichmachung der
streitgegenständlichen Werke (§ 19a UrhG) verletzt.
Sie handelten hierbei fahrlässig, da sie die im
Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen haben (§ 276 Abs. 2 BGB). Im
Urheberrecht gelten – wie generell im Immaterialgüterrecht – hohe
Sorgfaltsanforderungen. Wer ein fremdes Werk nutzen will, muss sich sorgfältig
Gewissheit über seine Befugnisse verschaffen (BGH, aaO – marions-kochbuch.de
Rn. 40). Die Beklagten hätten sich daher vergewissern müssen, ob sie durch die
Einstellung der streitgegenständlichen Werke auf ihrer auch in Deutschland
abrufbaren Webseite deutsches Urheberrecht verletzen. Nach Erhalt der Emails
der Klägerin im September 2013 hatten sie Kenntnis von der Rechtsverletzung und
handelten damit sogar vorsätzlich.
Zu Recht hat das Landgericht angenommen (LGU 16,
17), dass die Beklagten sich nicht darauf berufen können, die Ansprüche der
Klägerin auf anwaltlichen Rat zurückgewiesen zu haben. Auch zweitinstanzlich
haben die Beklagten insbesondere nicht klargestellt, wann und von wem der
anwaltliche Rat eingeholt wurde und ob er überhaupt die Überprüfung einer
Verletzung deutscher Schutzrechte umfasste.
Ohne Erfolg machen die Beklagten zweitinstanzlich
geltend, der Möglichkeit, Schadenersatzansprüche auf der Grundlage der
Lizenzanalogie geltend zu machen, stehe entgegen, dass es sich bei der
Beklagten um eine „not-for-profit-corporation“ nach US-amerikanischem Recht
handelt. Die Berechnung des Schadenersatzes nach den Grundsätzen der
Lizenzanalogie erfordert nicht, dass es sich bei dem Verletzer um einen
kommerziellen Anbieter handelt (vgl. BGH, Urteil vom 11.6.2015 – I ZR 19/14 –
Tauschbörse I Rn. 55).
Auch ist die Entstehung eines Schadens wahrscheinlich
(vgl. BGH, Urteil vom 11.1.2018 – I ZR 187/16 – Ballerinaschuh Rn. 54 mwN). Die
Klägerin hat dargelegt, dass der Zugriff und/oder ein Download der auf der
Webseite der Beklagten eingestellten streitgegenständlichen Werke von
Deutschland aus möglich gewesen ist. Sie hat unwidersprochen vorgetragen und
durch entsprechende Screenshots (Klageschrift S. 23ff., Bl. 23ff. d.A.) belegt,
dass Universitäten und Schulen in Deutschland auf das Angebot der Beklagten
hingewiesen haben und dass in deutschen Medien über die Möglichkeit berichtet
wurde, von der Internetseite der Beklagten eine Vielzahl von Werken in
deutscher Sprache kostenlos herunterzuladen. Dass Downloads aus Deutschland in
der Vergangenheit erfolgten, wird zudem durch die zweitinstanzlich vorgelegten
Reaktionen von Nutzern in Deutschland auf die Sperrung der Internetseite der
Beklagten nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils belegt (Berufungserwiderung
S. 14ff, Bl. 876ff. d.A.). Damit sind ein korrespondierender Umsatzverlust und
entsprechende Gewinneinbußen der Klägerin wahrscheinlich gemacht worden.
d) Zur Vorbereitung und Durchsetzung ihres
Schadenersatzanspruchs kann die Klägerin von den Beklagten Auskunft über die
Anzahl der aus Deutschland erfolgten Abrufe verlangen (§101 Abs. 1 UrhG, § 242
BGB).
Die Beklagten sind zur Auskunft verpflichtet, da
sie das urheberrechtlich geschützte Recht der Klägerin in gewerblichem Ausmaß
verletzt haben (§ 101 Abs. 1 UrhG):
Die Verletzung kann wegen der Schwere der beim
Rechtsinhaber eingetretenen Rechtsverletzung ein gewerbliches Ausmaß erreichen,
beispielsweise dann, wenn eine besonders umfangreiche Datei, wie ein
vollständiger Kinofilm, ein Musikalbum oder Hörbuch, vor oder unmittelbar nach
seiner Veröffentlich in Deutschland widerrechtlich im Internet öffentlich
zugänglich gemacht werden (Beschlussempfehlung und Bericht des
Rechtsausschusses, BT-Drs. 16/8783, S. 50).
Vorliegend umfasste die Rechtsverletzung 18 Werke,
die von den Beklagten vollständig öffentlich zugänglich gemacht wurden. Der
Umfang der Rechtsverletzung entspricht demjenigen, wie er üblicherweise mit
einer auf gewerblichem Handeln beruhenden Rechtsverletzung verbunden ist und
geht über die gewöhnliche
Benutzung im privaten Bereich hinaus. Ohne Erfolg
macht die Berufung geltend, die Verletzung sei nicht innerhalb der relevanten
Verwertungsphase der Werke erfolgt (vgl. hierzu: Dreier, aaO Rn. 6a). Die
streitgegenständlichen literarischen Werke sind klassische Werke, deren
Verwertungsphase wegen ihrer Zeitlosigkeitnicht beendet ist (vgl. zu ein Musikalbum
der klassischen Musik: OLG Köln, aaO – Die schöne Müllerin“). Da § 101 UrhG
lediglich eine Verletzung in gewerblichem Ausmaß, nicht aber eine solche mit
gewerblicher Absicht voraussetzt, kommt es nicht darauf an, dass es sich bei
der Beklagten um eine „non-profit-corporation“ nach US-amerikanischem Recht
handelt.
Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die
insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nicht aufgezeigt haben,
dass es ihnen nicht möglich ist, Auskunft über die Anzahl der aus Deutschland
erfolgten Abrufe zu erteilen. Sie sind dem Vortrag der Klägerin nicht
entgegengetreten, dass sie sich jedenfalls unter Mithilfe ihres
Server-Betreibers darüber informieren können, welchen Anteil der erfassten
weltweiten Abrufe solche aus Deutschland ausmachen.
III.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die
Beklagte zu tragen. Dies ergibt sich hinsichtlich der Klageanträge Ziff. I,
II.2 und III aus § 97 ZPO, da die Berufung der Beklagten keinen Erfolg hat.
Hinsichtlich des von den Parteien übereinstimmend
für erledigt erklärten Auskunftsantrags Ziff. II.1 ergibt sich die
Kostentragungspflicht der Beklagten aus § 91a ZPO. Der Auskunftsantrag war
zunächst zulässig und begründet. Die Beklagten waren zur Vorbereitung und
Durchsetzung des Schadenersatzanspruchs der Klägerin zur Auskunft darüber
verpflichtet, zu welchen Zeitpunkten die streitgegenständlichen Werke über die
Internetseite der Beklagten erstmals abrufbar waren, da die Beklagten das
urheberrechtlich geschützte Recht der Klägerin an diesen Werken in gewerblichem
Ausmaß verletzten (§ 101 Abs. 1 UrhG, § 242 BGB).
Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Sache
weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Revisionsgerichts erfordern (§ 543 ZPO). Die Entscheidung beruht auf der
Anwendung anerkannter Rechtssätze im konkreten Einzelfall.
Der Wert des Berufungsverfahrens war gemäß § 3 ZPO
festzusetzen.

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OLG Frankfurt a.M. – Rechtswidrige Anfertigung und gewerbliche Verwertung von Fotografien eines Pachtobjekts

Das OLG Frankfurt hat mit Urteil vom
11.02.2019, 16 U 205/17
entschieden, dass der Pächter eines Gebäudes
entscheidet, wer Fotos vom Innenbereich des Gebäudes erstellen und urheberrechtlich
verwerten darf. 
Leitsatz:
Das Hausrecht des Pächters umfasst auch die Befugnis,
darüber zu entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen er Dritten den Zugang
zu seinem Pachtobjekt zur Anfertigung von Fotografien sowie deren gewerbliche
Verwertung gestattet.

Gründe:
I.            
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung von
Lichtbildveröffentlichungen auf ihrer Internetseite, die den Innenbereich des
ehemaligen E-werks in Stadt1 nach dessen Umbau und Komplettsanierung zeigen, in
Anspruch.         
Wegen des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten
Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des
landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die
Beklagte zur Unterlassung verurteilt, Bildnisse aus dem Innenbereich des
Gebäudes Straße1 in Stadt1 ohne Genehmigung zu vervielfältigen, zu verbreiten
oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, so wie auf den Internetseiten der
Domain „www.(…).de“ geschehen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen
ausgeführt, die Aktivlegitimation der Klägerin ergebe sich aus Pachtvertrag,
welcher sie in Bezug auf den streitgegenständlichen Abwehranspruch dem
Eigentümer gleichstelle. Die Beklagte habe die streitgegenständlichen Bildnisse
auf ihrer Internetseite ohne die erforderliche Einwilligung der Klägerin und
damit rechtswidrig genutzt. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete
Beklagte habe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht den Nachweis erbracht,
dass der Geschäftsführer der Klägerin ihr eine entsprechende Einwilligung
erteilt habe. Rechtlich ohne Relevanz sei dagegen, ob dessen Ehefrau eine
Einwilligung erteilt habe, da diese für die Klägerin nicht handlungsbefugt sei.
Aufgrund des rechtswidrigen Eingriffs bestehe eine tatsächliche Vermutung für
die erforderliche Wiederholungsgefahr, die hier auch nicht durch Abgabe einer
strafbewehrten Unterlassungserklärung seitens der Beklagten entkräftet worden
sei.   
Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt, mit welcher
sie weiterhin Klageabweisung begehrt. Das Landgericht habe Inhalt und Grenzen
des Sacheigentums gemäß § 903 BGB Satz 1 BGB verkannt. Die Sachherrschaft des
Eigentümers hinsichtlich der Unterbindung der Herstellung und Verwertung von
Fotoaufnahmen erschöpfe sich darin, andere vom Zugang zu der Sache
auszuschließen. Dementsprechend habe der Bundesgerichtshof in den vom
Landgericht in Bezug genommenen Entscheidungen eine Eigentumsverletzung jeweils
nur darin gesehen, dass sich jemand ohne bzw. gegen den Willen des Eigentümers
auf dessen Grundstück begeben und dort Fotos angefertigt habe. Hingegen
enthielten die Entscheidungen keine Aussage dazu, dass auch in der bloß
unautorisierten Verwendung von mit Einverständnis des Eigentümers angefertigten
Fotos eine Eigentumsverletzung zu sehen sei. Vielmehr lasse sich den
Entscheidungen „Preußische Gärten und Parkanlagen I und II“
entnehmen, dass eine gegen den Willen des Eigentümers erfolgte Verwendung von
Fotos überhaupt nur dann eine Eigentumsverletzung sein könne, wenn die
betreffenden Fotos bereits gegen den Willen des Eigentümers angefertigt worden
seien. Danach scheide hier eine Eigentumsverletzung schon deshalb aus, weil die
Fotos mit Einverständnis des Eigentümers hergestellt worden seien. Ergänzend
verweist die Beklagte auf den Beschluss des OLG Frankfurt/M. v. 21.12.2016 – 11
W 23/16.            
Überdies habe die Beweisaufnahme entgegen der Würdigung des
Landgerichts den Vortrag der Beklagten, wonach seitens der Klägerin auch mit
der beanstandeten Verwendung der Fotos Einverständnis bestanden habe, im Kern
bestätigt.           
Schließlich fehle es der Klägerin als bloße Pächterin des
E-Werks an der Aktivlegitimation, weil der Pachtvertrag als schuldrechtlicher
Vertrag keine dinglichen, gegenüber Dritten bestehenden Rechte wie das
Eigentumsrecht auf die Klägerin überzuleiten vermöge. Zudem sei der
Pachtvertrag als Insichgeschäft ohnehin schwebend unwirksam.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am
Main vom 9.11.2017 – Az. 2-3 O 242/17 – die Klage abzuweisen.     
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen. 
Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung unter
Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Der
Unterlassungsanspruch folge gleichermaßen auch aus Besitzstörung gemäß § 862
BGB. Der erstmals in der Berufung erhobene Einwand der schwebenden
Unwirksamkeit des Pachtvertrags sei verspätet. Im Übrigen sei ihr
Geschäftsführer befugt, im Namen der Gesellschaft mit sich im eigenen Namen
oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen. Insoweit
verweist die Klägerin auf den beigefügten Handelsregisterauszug (vgl. GA
221/222). Zudem seien beide Gesellschafter der Eigentümer-GbR ausweislich des
Gesellschaftsvertrags von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit; auch habe
die Gesellschafterin, Frau Nachname1, dem besagten Rechtsgeschäft zugestimmt.     
Eine Eigentumsverletzung liege auch dann vor, wenn jemand
mit Genehmigung ein fremdes Grundstück betrete und dort für einen vereinbarten
Zweck Fotografien anfertige, dann aber diese gegen den Willen des Eigentümers
für andere Zwecke verwende. Die Genehmigung für beliebige Aufnahmen auf einem
fremden Grundstück umfasse nicht stets auch die Genehmigung für eine beliebige
Verwendung der Aufnahmen. Ein Verstoß gegen die Verwendungsbefugnis schlage
zurück auf die Aufnahmebefugnis und führe zur Unrechtmäßigkeit der Aufnahme.          
Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom
20.9.2018 (GA 243) durch Vernehmung der Zeugin Nachname1 und persönliche Anhörung
der Beklagten. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die
Sitzungsniederschrift vom 17.12.2018 (GA 262 – 269) verwiesen.            
II.           
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere frist-
und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 517, 519 ZPO). 
In der Sache hat sie nur zu einem geringen Teil Erfolg.  
Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht einen
Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte bejaht, Bildnisse aus dem
Innenbereich des ehemaligen E-werks in Stadt1 ohne Genehmigung zu
vervielfältigen oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, so wie auf den
Internetseiten der von ihr betriebenen Domain „www.(…).de“
geschehen. In Bezug auf die Handlungsalternative des Verbreitens ist die Klage
dagegen unbegründet.
1. Zu Recht moniert die Berufung die Aktivlegitimation der
Klägerin, soweit das Landgericht den Unterlassungsanspruch auf §§ 1004 Abs. 1
Satz 2, 903 BGB gestützt hat. Entgegen der Ansicht des Landgerichts lässt sich
eine dem Eigentümer gleichgestellte Position der Klägerin nicht aus dem von ihr
mit der Vorname1 Nachname1 und Vorname2 Nachname1 GbR abgeschlossenen
Pachtvertrag vom 14.11.2005 (vgl. Anlage K 3/GA 48 ff) als rein
schuldrechtlichen Vertrag herleiten.     
2. Allerdings steht der Klägerin als Pächterin das aus §§
854 ff, 1004 BGB abzuleitenden Hausrecht zur Seite, welches ihr einen
Abwehranspruch nach 1004 Abs. 1 Satz 2 analog BGB gegen die Beklagte gewährt.     
Ohne Erfolg macht die Beklagte die schwebende Unwirksamkeit
des Pachtvertrags geltend, weil der Geschäftsführer der Klägerin, Herr
Nachname1, daran auf beiden Seiten als Vertreter mitgewirkt hat. Denn wie sich
aus dem von der Klägerin vorgelegten Handelsregisterauszug entnehmen lässt, ist
dieser von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.
a. Zwar ist der Berufung zuzugeben, dass selbst dem
Grundstückseigentümer kein „Recht am eigenen Bild der Sache“
zuzuerkennen ist (BGH Urt. v. 17.12.2010 – V ZR 45/10 – Rn. 15; Urt. v.
1.3.2013 – V ZR 14/12 – 15).          
b. Auch lässt das Fotografieren eines fremden Grundstücks,
insbesondere eines darauf errichteten Gebäudes, wie auch die gewerbliche
Verwertung von Fotografien dessen Sachsubstanz unberührt. Dieser Vorgang hat
keine Auswirkungen auf die Nutzung der Sache selbst, hindert den Eigentümer
nicht daran, mit dem Grundstück bzw. Gebäude weiterhin nach Belieben zu
verfahren und stört ihn grundsätzlich auch nicht in seinem Besitz (vgl. BGH
Urt. v. 9.3.1989 – I ZR 54/87 – Rn. 15 ff; Urt. v. 17.12.2010 aaO. – Rn. 10).            
c. Allerdings hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass
die gewerbliche Verwertung von Fotografien eines im Privateigentum stehenden
Gebäudes, wenn nicht von allgemein zugänglichen Stellen, sondern von dem
Grundstück aus fotografiert worden ist, auf dem sich das Gebäude befindet.
Werden die Bilder entgegen dem Willen des Eigentümers verwertet, steht diesem
ein Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB zu. Die gewerbliche
Verwertung solcher Fotografien bedarf selbst dann einer ausdrücklichen
Erlaubnis des Grundstückseigentümers, wenn dieser das Betreten seines
Grundstücks und die Anfertigung der Gebäudeaufnahmen gestattet hat. Nach
Auffassung des Bundesgerichtshofs ist es das natürliche Vorrecht des
Eigentümers, den gewerblichen Nutzen, der aus seinem nur gegen seine Erlaubnis
zugänglichen Eigentum gezogen werden kann, für sich zu beanspruchen. Wer danach
Fotografien eines im Privateigentum stehenden Gebäudes, das nicht frei
zugänglich ist, gewerblich herstellt und verwertet, macht sich dabei nach
natürlicher Betrachtung einen fremden Vermögenswert nutzbar (BGH Urt. v.
20.9.1974 – I ZR 99/73 – Rn. 15 f).            
Auch nach neuerer höchstrichterlicher Judikatur kann der
Eigentümer die Verwertung gewerblich angefertigter Fotografien seines Gebäudes
dann verbieten, wenn diese von seinem Grundstück aus angefertigt sind (BGH Urt.
v. 17.12.2010 aaO. – Rn. 11 ff; Urt. v. 1.3.2013 aaO. – Rn. 12; Urt. v.
19.12.2014 – V ZR 324/13 – Rn. 8). Eine Eigentumsbeeinträchtigung sieht der
Bundesgerichtshof schon in der ungenehmigten Anfertigung von Fotos, welche
durch eine anschließend ungenehmigte Verwertung dieser Bilder noch vertieft
wird (BGH Urt. v. 17.12.2010 aaO. – Rn. 17; BGH Urt. v. 1.3.2013 aaO. – Rn.
17). Zu den Befugnissen des Eigentümers zählt auch das Recht, das äußere
Erscheinungsbild der Sache zu verwerten (BGH Urt. v.17.12.2010 – V ZR 44/10 –
8). Dieses Recht des Grundstückseigentümers wird nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshof dann zu einem ausschließlichen Verwertungsrecht, wenn Lage
und Nutzung seines Grundstücks rein tatsächlich dazu führen, dass
verwertungsfähige Bilder nur von seinem Grundstück, nicht von öffentlichen
Plätzen oder anderen Grundstücken aus angefertigt werden können (BGH Urt. v.
17.12.2010 – V ZR 45/10 – Rn. 17). Den dogmatischen Grund hierfür sieht der
Bundesgerichtshof im Grundstückseigentum selbst mit dem zugehörigen
Fruchtziehungsrecht nach § 99 Abs. 3 BGB (BGH Urt. v. 17.12.2010 – V ZR 45/10 –
Rn. 15; Urt. v. 1.3.2013 aaO. – Rn. 14). Da der Grundstückseigentümer darüber
entscheidet, wer sein Grundstück betreten darf und zu welchen Bedingungen dies
ermöglicht werden soll, gehört zum Zuweisungsgehalt des Eigentums auch das
Recht, darüber zu entscheiden, wer die wirtschaftlichen Vorteile ziehen darf, die
das Betreten oder Benutzen des Grundstücks eröffnet (BGH Urt. v. 20.9.1974 aaO.
– Rn. 13; Urt. v. 1.3.2013 aaO. – Rn. 14; Urt. v. 19.12.2014 aaO. – Rn. 8).
Gestattet der Eigentümer das Betreten oder Benutzen seines Grundstücks nur
unter bestimmten Bedingungen, ist jede Abweichung hiervon ein Eingriff in den
Zuweisungsgehalt des Eigentums und damit eine Eigentumsbeeinträchtigung (BGH
Urt. v. 1.3.2013 aaO.). Demnach vermittelt der Abwehranspruch dem
Grundstückseigentümer das Recht, über die Verwertung von auf dem Grundstück
angefertigten Fotos zu entscheiden, wenn hierbei die Grenzen seiner erteilten
Einwilligung beim Betreten oder Benutzen seines Grundstücks überschritten
werden.      
d. Darüber hinaus kann auch das aus dem Besitz abgeleitete
Hausrecht (vgl. Palandt/Herrler, BGB, 78. Aufl., Überbl v § 854 Rn. 1) eine
Grundlage für die Verhinderung der Erstellung und Verwertung von Bildern
gewähren (vgl. Schönewald, WRP 2014, 142 (145); Staudinger/Gursky, BGB, 2012, §
1004 Rn. 80; s. auch BGH Urt. v. 17.12.2012 – V ZR 45/10 – Rn. 33).         
aa. Das Hausrecht beruht auf dem Grundstückseigentum oder
-besitz und dient zunächst der Wahrung der äußeren Ordnung in dem Gebäude oder
der Örtlichkeit, auf die es sich erstreckt, und insofern der Sicherstellung des
von deren Eigentümer bzw. Besitzer vorgegebenen Benutzungszwecks. Nach dem
Bundesgerichtshof räumt das Hausrecht seinem Inhaber ferner die
Entscheidungsbefugnis darüber ein, wem er den Zutritt zu der Örtlichkeit
gestattet und wem er ihn verweigert. Das schließt das Recht ein, den Zutritt
nur zu bestimmten Zwecken zu erlauben oder rechtwirksam von Bedingungen
abhängig zu machen (BGH Urt. v. 8.11.2005 – KZR 37/03 – Rn. 25 m.w.N.; OLG
München Urt. v. 23.3.2017 – U 3702/16 Kart – Rn. 69; Staudinger/Gursky, BGB,
2016, § 903 Rn. 11).        
bb. Damit verbleibt der Klägerin als Pächterin des
Grundstücks Straße1 in Stadt1 nebst des hierauf belegenen E-Werks kraft der
rechtlichen und tatsächlichen Herrschaftsmacht, die ihr ihr durch das
vertraglich gewährte Hausrecht verliehen wird, die Möglichkeit, andere vom
Zugang zu dem Pachtobjekt auszuschließen und ihnen damit auch die Möglichkeit
zur Anfertigung von Fotoaufnahmen, insbesondere der Innenräume abzuschneiden.
Aus dem Hausrecht ergibt sich ihre Befugnis, zu entscheiden, wer Zutritt zum
Grundstück erhält und zu welchen Voraussetzungen. So kann von ihr auch bestimmt
werden, ob und in welchem Umfang Fotoaufnahmen angefertigt werden dürfen. 
3. Unter Anwendung dieser Grundsätze folgt hier die
rechtswidrige Beeinträchtigung des privaten Hausrechts der Klägerin aus dem
Umstand, dass die Beklagte ihr Pachtobjekt in einer dem Willen der Klägerin
widersprechenden Weise genutzt hat, indem sie Lichtbildaufnahmen von dessen
Innenansichten wie Bistro, Veranstaltungsraum sowie einem Besprechungsraum zu
Zwecken angefertigt hat, die von der ihr erteilten Genehmigung nicht umfasst
waren. Denn vorliegend war der Beklagten die Erlaubnis zum gewerblichen
Fotografieren der Innenräume des E-Werks nicht schlechthin erteilt worden,
sondern ausdrücklich zweckgebunden und mit der Einschränkung auf Aufnahmen für
die bevorstehende lokale „A Messe 200X“ in Stadt1. Dies folgt aus den
Feststellungen im unstreitigen Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils, wonach
der Geschäftsführer der Klägerin der Beklagten die Anfertigung und werbliche
Nutzung von Fotos des umgebauten E-Werks im Zusammenhang mit dieser Messe
gestattet hatte. Unstreitig nicht umfasst war von dieser Einwilligung die
gewerbliche Verwendung der Fotoaufnahmen auf der Webseite der Beklagten.         
4. Demnach steht die Bedingung, unter welcher der
Geschäftsführer der Klägerin der Beklagten den Zugang zu dem Pachtgrundstück
nebst Innenräumen gewährte, zwischen den Parteien außer Streit.    
Soweit die Beklagte behauptet, der Geschäftsführer der
Klägerin habe sich während des gemeinsamen Fototermins auf ihre Nachfrage hin
ausdrücklich damit einverstanden erklärt, dass sie die angefertigten Fotos auch
im Rahmen ihres Internetauftritts zu Werbezwecken verwenden dürfe, obliegt ihr
die Beweislast für diese nachträgliche Gestattung, mit welcher sie eine über
die ursprüngliche Zweckabrede hinausgehende Verwendung der Lichtbilder
rechtfertigt. Dieser Nachweis ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur
Überzeugung des Senats nicht erbracht. 
a. Schon die eigene Darstellung der Beklagten im Rahmen
ihrer informatorischen Anhörung vor dem Senat ist insoweit nicht hinreichend
klar und eindeutig. Vielmehr verbleibt die denkbare Möglichkeit, dass der
Geschäftsführer der Klägerin ihr gegenüber nicht ausdrücklich gestattet hatte,
die mit seinem Einverständnis für die Messe gefertigten Fotos auch für ihre
Webseite verwenden zu dürfen, sondern die Beklagte letztlich aufgrund ihrer
Überlegung, dass es sich „hierbei quasi auch um ihr geistiges
Eigentum“ handele und des von ihr betonten Umstands, dass über eine
gegenseitige Verlinkung der Webseiten nachgedacht worden sei, von einer solchen
Gestattung ausgegangen ist.           
Insoweit fällt zunächst auf, dass die Beklagte in Bezug auf
die weitergehende Verwendung der Fotos in ihren Angaben relativ unbestimmt
blieb und sich auf die Aussage beschränkte, diese seien dazu gedacht gewesen,
sie auf die Webseite zu nehmen; dem Geschäftsführer der Klägerin sei definitiv
bekannt gewesen, dass sie mit diesen Lichtbildern habe arbeiten wollen, ohne
dass sie sich zu einer konkreten Reaktion seitens Herrn Nachname1 äußerte. Zwar
wurde die Beklagte auf gezieltes Nachfragen durch den Senat in ihren Angaben
bestimmter. Auch hier ist aber augenfällig, dass sie sich sicher war, gefragt
zu haben, ob sie die Fotos auch für ihre Webseite nutzen dürfe; dagegen in
Bezug auf die Antwort von Herrn Nachname1 ihre Aussage weniger eindeutig
formulierte, sondern dahingehend relativierte, in Erinnerung zu haben, dass
dieser damit einverstanden gewesen sei, ohne freilich näher zu präzisieren, wie
er das kommunizierte. Dies korrespondiert mit dem Umstand, dass die Beklagte
auch im weiteren Verlauf ihrer Aussage zwar betonte, es sei bei diesem Termin
definitiv darüber gesprochen worden, dass die Bilder für die Webseite gedacht
seien, sich aber nicht zu dem Ergebnis dieses Gesprächs mit gleicher
Eindeutigkeit erklärte.     
b. Auch die vor dem Landgericht vernommene Zeugin B, welche
anlässlich eines weiteren Termins Fotos fertigte, bestätigte zwar, dass über
eine gegenseitige Verlinkung und Bewerbung gesprochen worden sei, ohne dass es
irgendwelche Beschränkungen hinsichtlich der Verwendung der Fotos gegeben habe.
Der Aussage der Zeugin lässt sich indes nicht entnehmen, dass überhaupt die
Nutzung der Fotos thematisiert, insbesondere der Beklagten in Erweiterung der
ursprünglichen Gestattung auch eine gewerbliche Nutzung auf ihrer Webseite
gestattet wurde. Ebenso wenig geht aus dem Bekunden der Zeugin hervor, dass bei
diesem Termin die Webseite der Beklagten Gegenstand des Gesprächs war, wie von
dieser behauptet.       
c. Demgegenüber haben der Geschäftsführer der Klägerin und
dessen Ehefrau, die Zeugin Nachname1, eine nachträgliche Gestattung gegenüber
der Beklagten, die Fotos außer für die Messe auch auf ihrer Webseite gewerblich
nutzen zu dürfen, sogar nachdrücklich verneint. Keiner Auseinandersetzung
bedarf es mit den von der Berufung aufgezeigten Zweifeln an der Glaubhaftigkeit
dieser Aussagen. Auch wenn die Eheleute Nachname1 sich gegenüber der Beklagten
tatsächlich nicht mit der Eindeutigkeit positioniert haben sollten, wie von
ihnen vor Gericht dargestellt, folgt hieraus jedenfalls nicht, dass sich der
Geschäftsführer der Klägerin entsprechend der Darstellung der Berufung mit dem
Ansinnen der Beklagten tatsächlich einverstanden erklärt hatte.           
d. Nach alldem fehlt es dem Senat an dem zur persönlichen
Überzeugungsbildung i.S. des § 286 ZPO erforderlichen, für das praktische Leben
brauchbaren Grad an Gewissheit (BGH Urt. v. 26.10.1993 – VI ZR 155/92 – Rn.
14). Denn aus Sicht des Senats ist nicht ausschließen, dass die von der
Beklagten anlässlich des ersten Fototermins aufgeworfene Frage nach einer
weitergehenden Gestattung der gewerblichen Verwertung der von ihr gefertigten
Fotografien von den Innenräumen des E-Werks auf ihrer Webseite seitens des
Geschäftsführers der Klägerin letztlich offen gelassen wurde. Gegenteiliges
folgt auch nicht aus dem Umstand, dass dieser sich laut Darstellung der
Beklagten mit einer gegenseitigen Verlinkung der Webseiten einverstanden
erklärt haben mag. Denn ob beide Parteien übereinstimmend davon ausgingen, dass
auf der Webseite der Beklagten die in Rede stehenden Fotos eingestellt würden,
lässt sich der Aussage der Beklagten nicht entnehmen.           
e. Demnach liegt /die Beeinträchtigung des Zuweisungsgehalts
des Hausrechts der Klägerin und damit die Unrechtmäßigkeit der in Rede
stehenden Ablichtungen darin, dass die Beklagte die Grenzen des seitens der
Klägerin erklärten Gestattungsumfangs überschritten hat. Denn diese hatte der Beklagten
das Betreten ihres Pachtgrundstücks nur unter der Bedingung eröffnet, lediglich
Fotoaufnahmen für die Präsentation auf der lokalen Messe zu fertigen, mithin
beschränkt durch einen bestimmten Nutzungszweck. Hiervon ist die Beklagte durch
die Einstellung dieser Fotos auf ihrer Webseite eigenmächtig abgewichen. 
Vor diesem Hintergrund greift die Argumentation der
Berufung, die Fotos seien in Kenntnis und mit Erlaubnis des Geschäftsführers
der Klägerin angefertigt worden, zu kurz. Denn dessen Gestattung zum Betreten
und Fotografieren des Pachtgrundstücks der Klägerin für die Hausmesse deckt nur
diese Art der wirtschaftlichen Verwertung ab, nicht aber auch andere wie die
hier erfolgte gewerbliche Nutzung auf der Webseite der Beklagten.  
f. Dass, wie von der Berufung geltend gemacht, sich aus dem
Internetauftritt der Beklagten kein Hinweis auf die Identität des von der
Klägerin gepachteten Objekts ergibt, ist ohne rechtliche Relevanz. Der Eingriff
in das Hausrecht der Klägerin ist nämlich nicht davon abhängig, ob für Dritte
erkennbar wird, um welches Objekt es sich handelt. Ebenso fehlt geht in diesem
Zusammenhang der Verweis der Berufung auf Unternehmensgegenstand und
Geschäftszweck der Klägerin.   
5. Entgegen der Ansicht der Berufung stellt sich das
Vorgehen der Klägerin auch nicht als rechtsmissbräuchlich dar.       
a. Ein Rechtsmissbrauch lässt sich nicht damit begründen,
dass die Klägerin seit 2004 eine Internetseite unterhalten mag, auf der sie das
Pachtobjekt seit mindestens 2005 zur Vermietung anbietet und auch mit
Fotoaufnahmen aus dem Innenbereich bewirbt sowie dieses anderweitig –
insbesondere im Internet – vermarkte bzw. Dritten die Erlaubnis erteile, in
nahezu identischer Form zu werben. Denn die Entscheidung darüber, ob und unter
welchen Bedingungen die Klägerin Dritten den Zugang zu ihrem Grundstück und das
Fotografieren ihrer Innenräume und die Verwertung solcher Fotografien
gestattet, steht in ihrem Belieben; eine allgemeine Pflicht zur gleichmäßigen
Behandlung lässt sich für das vom Grundsatz der Privatautonomie beherrschte
bürgerliche Recht weder aus Art. 3 GG noch aus § 242 BGB herleiten (BGH Urt. v.
15.1.2013 – XI ZR 22/12 – Rn. 27).
b. Auch auf den von der Berufung thematisierten Umstand, ob
sich aus dem Emailschreiben des Geschäftsführers der Klägerin vom 11.3.2014
entnehmen lasse, dieser habe schon seinerzeit Kenntnis von der Veröffentlichung
der streitgegenständlichen Fotos auf der Webseite der Beklagten gehabt und
nicht erst kurz vor dem Abmahnschreiben vom 28.11.2014, kann ein
rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin nicht gestützt werden. In
Betracht kommt allenfalls der Tatbestand der Verwirkung, der aber schon daran
scheitert, dass es angesichts des Vorliegens einer einheitlichen Dauerhandlung
an dem erforderlichen Zeitmoment fehlt.
6. Entgegen der Ansicht der Berufung ist durch das
Einstellen der Fotos auf der Webseite der Beklagten auch die Tathandlung des
Vervielfältigens verwirklicht.  
Abzustellen für die Definition des Begriffs der
Vervielfältigung auf das UrhG. Vervielfältigung ist danach jede körperliche
Festlegung des Werks, die geeignet ist, dieses den menschlichen Sinnen auf
irgendeine Weise unmittelbar oder mittelbar wahrnehmbar zu machen
(Dreier/Schulze, UrhG, 6.Aufl., § 16 Rn. 6). Hierunter fällt auch das Speichern
von Fotos auf einer Internet Homepage bzw. das Einstellen in das Internet
(Dreier/Schulze aaO. – Rn. 7 und 15).              
Wie die Berufung allerdings mit Erfolg geltend macht, wird
von dem bloßen Einstellen der Fotos auf der Webseite der Beklagten die
Handlungsalternative des Verbreitens nicht umfasst. Insoweit fehlt es an der
erforderlichen Weitergabe der Verfügungsgewalt über die Bildnisse. Die Beklagte
hat diese weder gegenüber Dritten angeboten oder in Verkehr gebracht (vgl.
Dreier/Schulze aaO., § 17 Rn. 7; KUG § 22 Rn. 9). In Bezug auf diese
Tathandlung steht der Klägerin daher kein Unterlassungsanspruch zu. Auch für
eine etwaige Erstbegehungsgefahr ist insoweit nichts ersichtlich.            
7. Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche
Wiederholungsgefahr hat das Landgericht mit zutreffender Begründung, auf die
zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, bejaht.       
8. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92
Abs. 2, 708 Ziff. 10, 711 ZPO.       
Die Revision war nicht gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO
zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die
Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert. Der Senat hat nur
bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung auf den Einzelfall angewendet.

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OLG Frankfurt a.M. – Keine Veröffentlichung von Fotos prominenter Tunierreiterin Gina Maria Schumacher, wenn diese nicht der Berichterstattung üder das Sportereignis dienen

Das OLG Frankfurt am Main hat mit Urteil
 vom  22.02.2018, Az. 16 U 87/17
entschieden,  dass es nicht zulässig ist  von Fotos prominenter Tunierreiterin zu
verbreiten, wenn diese nicht der Berichterstattung über das Sportereignis
dienen.

Die Klägerin ist die Tochter Gina Maria Schumacher des bekannten ehemaligen
deutschen Autorennfahrers Michael Schumacher. Sie nimmt die Beklagte, einen großen deutschen
Zeitschriftenverlag, auf Unterlassen der Veröffentlichung von fünf Fotos in
Anspruch. Auf vier dieser Fotos sieht man die 19 Jahre alte Klägerin neben
ihrer Mutter auf einem Reitturnier in Rom. Die Klägerin hatte an diesem
Western-Turnier am Wochenende vor dem Erscheinen der Zeitschrift teilgenommen.
Das fünfte Bild zeigt die Klägerin neben ihrer Mutter und ihrer Großmutter vor
etwa 17 Jahren bei einem Fußballturnier in Monte Carlo auf der Tribüne. Auf
zwei weiteren, nicht beanstandeten Bildern ist die Klägerin mit ihrem Pferd als
Teilnehmerin des Turniers zu sehen. Die Klägerin hält die Veröffentlichung
dieser Fotos für rechtswidrig. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.

Hiergegen richtet sich die Berufung des beklagten Verlages,
die vor dem OLG keinen Erfolg hatte. Die Klägerin habe, so das OLG, nicht in
die Bildveröffentlichungen eingewilligt. „Die Reichweite einer
stillschweigenden Einwilligung durch Teilnahme an einem internationalen
Turnier, andem Pressevertreter zugelassen sind, erstreckt sich nicht auf die
Verbreitung von Bildnissen, die über das Turniergeschehen hinausgehen“,
betont das OLG. Die streitgegenständlichen Bilder illustrierten hier jedoch
nicht die Teilnahme der Klägerin an dem Wettbewerb, sondern zeigten allein das
Zusammentreffen der Klägerin mit ihrer Familie am „Rand des
Geschehens“.

Die vier Turnierfotos unterfielen auch nicht dem Begriff der
Bildnisse der Zeitgeschichte, so dass auch aus diesem Grund keine Veröffentlichungsbefugnis
bestanden habe. Das international besetzte Reitturnier könne zwar als
zeitgeschichtliches Ereignis eingestuft werden. Die veröffentlichten Bildnisse
stünden jedoch „in keinem ausreichenden Sachbezug zu diesem Turnier“.
Die Presse dürfe bei Auftritten von „prominenten Personen“ bei
zeitgeschichtlichen Ereignissen auch darüber berichten, welche Personen
erschienen sind und in wessen Begleitung sie sich befunden haben. Dies gelte
jedoch dann nicht, wenn sich die übrige Berichterstattung über das sportliche
Ereignis allein darauf beschränke, einen Anlass für die Abbildung prominenter
Personen zu schaffen. Das sei hier der Fall. Der Turnierbezug des Artikels
beschränke sich auf den Umstand, dass die Klägerin an dem Turnier teilgenommen
habe. Weitere Informationen zum Turnier, etwa den weiteren Teilnehmern und den
erzielten Ergebnissen, könnten dem Artikel dagegen nicht entnommen werden. Er
hebe allein die „Familienbande und das neue Genießen der schönen Seiten
des Lebens“ hervor.

Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der
Klägerin sei auch nicht deshalb gerechtfertigt, da ein öffentliches
Informationsinteresse am Umgang der Familie mit dem Schicksalsschlag des
klägerischen Vaters bestehe. Insoweit sei insbesondere zu respektieren, dass
sich die Familie nach dem Unfall des Vaters aus der Öffentlichkeit
zurückgezogen und keine Informationen über den aktuellen Gesundheitszustand
herausgegeben habe. Dies habe sich bis heute nicht geändert.
Die Abbildung des fünften Fotos, welches die Klägerin als
Kleinkind zeige, sei aus diesen Gründen erst Recht nicht gerechtfertigt. Selbst
bei bekannten Sportlern bedürfe die Wiedergabe von Fotografien aus der Kinder-
und Jugendzeit stets der Einwilligung. Ob die Einwilligung der Eltern der
Klägerin in die Verbreitung des Bildes vor 17 Jahren gegeben gewesen war, sei
bereits fraglich. Jedenfalls bedürfe es 17 Jahre später der Einwilligung der
erwachsen gewordenen Klägerin selbst.

Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 27.4.2017
verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt, 3. Zivilkammer, wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des
Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung der
Klägerin in Höhe von 56.000,- € vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Klägerin, die Tochter des Prominenten1, nimmt
die Beklagte, einen Zeitschriftenverlag, auf Unterlassung der Veröffentlichung
von 5 Fotos in Anspruch, so wie dies in der Ausgabe der Zeitschrift
„X“ vom XX.XX.201X mit einem Textbericht nebst weiteren nicht
angegriffenen Fotos (K 1) erfolgt ist. Die Klägerin war bei Erscheinen 19 Jahre
alt. Sie beansprucht ferner die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.
Vier Fotos sind während eines Reitturniers in
Stadt1, welches am Wochenende vor der Veröffentlich stattgefunden und an dem
die Klägerin teilgenommen hatte, aufgenommen worden und zeigen die Klägerin
neben ihrer Mutter, einmal auch der Großmutter, am Rande des Turniers. Ein Bild
findet sich als Ausschnitt eines der anderen Bilder auf der Titelseite mit der
Ankündigung des Artikels. Ein weiteres Bild zeigt die Klägerin als Kleinkind
neben ihrer Mutter und ihrer Großmutter und war vor etwa 17 Jahren bei einem Fußballturnier
in Stadt2 aufgenommen worden.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und
Streitstandes wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang
stattgegeben.
Es hat dies damit begründet, dass in die
Veröffentlichung der Bilder weder nach § 22 S. 1 KUG (konkludent) eingewilligt
worden noch es sich um hinzunehmende Bildnisse der Zeitgeschichte im Sinne von
§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG handele. Der Begriff Zeitgeschehen umfasse bei der in §
23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorzunehmenden Abwägung zwar auch Fragen von allgemeinem
gesellschaftlichen Interesse, wie etwa Sportveranstaltungen.
Die vier in Stadt1 aufgenommenen Bilder jedoch
verletzten das Persönlichkeitsrecht der Klägerin, weil das zeitgeschichtliche Ereignis
„Reitturnier“ allein die Veröffentlichung von Bildern rechtfertige,
die die Klägerin auf dem Pferd beim Turnier zeige. Für die übrigen Bilder
erfolge auch unter Berücksichtigung des Textes keine sachbezogene
Berichterstattung dazu. Aus Sicht des Durchschnittslesers würden nicht die
Erfolge der Klägerin bei dem Turnier, sondern der Rückzug der Familie nach
(…bestimmter Zeitpunkt…) erörtert. Bilder und Bildunterschriften S. …
hätten keinen Bezug zur übrigen Berichterstattung und den hier nicht angegriffenen
Bildern. Der Bezug sei allein, dass die Klägerin mit Mutter und Großmutter in
der Öffentlichkeit zu sehen war und dies sei kein hinreichendes
zeitgeschichtliches Ereignis. Das Landgericht würdigt, dass – auch nach der
Darstellung der Beklagten selbst – die Bilder die Leser der Familie in
„lockerer und gelöster Stimmung“ in gewisser Abgeschiedenheit auf dem
Gelände teilhaben ließen. Die Klägerin selbst stehe durch ihren Turniersport
nicht derart im Blickpunkt der Öffentlichkeit, dass ein Interesse daran
bestehe, solche vertrauten Momente bildlich zu zeigen. Der wesentliche
Unterschied zu der bekannten BGH-Entscheidung „Eisprinzessin
Alexandra“ bestehe darin, dass dort nur Bildnisse der Klägerin bei der
Sportveranstaltung zu sehen gewesen seien. Der Artikel setze sich auch nicht
sachbezogen mit der Klägerin als einer etwaig privilegierten Person als Tochter
der Familie Prominenter1 auseinander. Er wende sich hauptsächlich dem Umstand
zu, dass die Klägerin und die Familie seit mehreren Jahren wieder in der
Öffentlichkeit zu sehen sei und wie sie mit (…) umgehe.
Die Veröffentlichung des Kinderbildnisses sei
unzulässig, weil auch hier kein hinreichender Sachbezug zu dem Reitturnier
bestehe. Ferner sei zu berücksichtigen, dass es vor vielen Jahren mit
Einwilligung der Eltern der Klägerin veröffentlich worden sei und dies nicht zu
Lasten der Klägerin fortwirken könne.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten,
mit der sie weiterhin die Abweisung der Klage erstrebt.
Hinsichtlich der vier die Klägerin bei dem
Reitturnier zeigenden Bilder vertritt sie weiterhin die Auffassung, dass
bereits eine konkludente Einwilligung in die Veröffentlichung anzunehmen sei.
Jedenfalls sei die Veröffentlichung durch ein
öffentliches Informationsinteresse als Bildnisse der Zeitgeschichte
gerechtfertigt. Schon die Turnierteilnahme der Klägerin, welches das
Landgericht zu Recht als zeitgeschichtliches Ereignis ansehe, rechtfertige die
Veröffentlichung der Bilder. Zu Unrecht spreche das Landgericht dies deshalb
ab, weil der Artikel sich eingangs und im Schwerpunkt mit (…) beschäftige.
Denn es sei ausreichend, dass die Fotos in diesem Kontext aufgenommen worden
seien. Dasselbe gelte für die Erwägung, dass die Bilder keinen Bezug zum
übrigen Bericht hätten, weil das Landgericht damit eine künstliche Aufspaltung
des einheitlichen Artikels vornehme. Vor allem berücksichtige das Landgericht
in keiner Weise, dass schon der familiäre Zusammenhang ein erhebliches
öffentliches Interesse hinsichtlich der Berichterstattung begründe. Dies sei
für die Kinder und Angehörige prominenter Personen in der Rechtsprechung
anerkannt. Deshalb sehe es das Landgericht fehlerhaft als unbeachtlich an, dass
die Klägerin Tochter eines prominenten Vaters und einer, wenn auch weniger,
prominenten Mutter sei. Die Beklagte ergänzt hierzu, dass es von der … von
Prominentem1 veranlasste Berichte über dessen Rolle als
„Familienmensch“ gegeben habe, sowie, dass die Familie einschließlich
der Klägerin die Kampagne „Name1“ zur Erinnerung an den (…) Vater
ins Leben gerufen habe. Am Umgang mit Schicksalsschlägen in prominenten
Familien bestehe ein prinzipielles Informationsinteresse. Die vier bildlichen
Darstellungen hätten über diesen im Text angesprochenen Aspekt einen
zusätzlichen Informationswert, weil verdeutlicht werde, dass die Familie trotz
des Schicksalsschlages sportlicher Betätigung nachgehe und sich „normal
geben“ könne. Sie verweist auf die erstinstanzlich für 2015/Anfang 2016
vorgetragene Nachrichtenlage zu Prominentem1 und der Familie.
Einzubeziehen sei auch das öffentliche Interesse
an der privilegierten Rolle und Lebensweise der Kinder von Prominenten. Dass
dies im Artikel nicht ausdrücklich angesprochen sei, stehe dem nicht entgegen,
weil sich dies aus dem Bericht über den Reitsport auf hohem Niveau als
mitgeteilten Fakten ergebe. Das Landgericht relativiere auch die eigene
Prominenz und Rolle der Klägerin als Reiterin. Sie trägt hier, teilweise
ergänzend zum erstinstanzlichen Vorbringen vor, über welche sportlichen Erfolge
von ihr in der Öffentlichkeit berichtet wurde.
Insgesamt messe das Landgericht also dem
öffentlichen Informationsinteresse eine zu geringe Bedeutung bei, weil es
dieses allein an dem sportlichen Auftritt der Klägerin messe und nicht der hier
spezifischen Kombination mit den genannten weiteren Umständen. Auf die Frage,
ob die Beklagte (subjektiv) die Absicht gehabt habe, einen Anlass zu schaffen,
um das Interesse der Leser am Privatleben der Familie zu befriedigen, komme es
nicht an. Das Landgericht beanstande bei der Abwägung zu Unrecht die Art und
Weise der Darstellung, weil die Gestaltung des Beitrags presserechtlich
unerheblich sei, da sie in die journalistische Freiheit falle.
Das Landgericht sehe zwar zu Recht, dass die
Klägerin nur in geringem Umfang beeinträchtigt werde (etwa keine peinlichen
oder abträglichen Umstände, kein rein privates Geschehen in örtlicher
Abgeschiedenheit), ziehe daraus aber nicht die zutreffende Folgerung, dass die
Berichterstattung schon durch ein unterdurchschnittliches Informationsinteresse
der Öffentlichkeit gerechtfertigt sei.
Hinsichtlich des Kleinkindfotos vertritt die
Beklagte die Auffassung, dass dieses – bei einer öffentlichen Veranstaltung
aufgenommene – Bild hier kontextgerecht verwendet und damit zulässig sei, weil
es den Zusammenhalt der drei Generationen zeige. Das Foto sei bis heute, wie
auch weitere Bilder und Videos mit der Klägerin, offenbar mit ihrem
Einverständnis abrufbar. Wenn sie als Erwachsene damit nicht einverstanden sei,
habe es eines „actus contrarius“/Widerrufs bedurft, weil die
Veröffentlichung im Jahr 199X rechtmäßig gewesen sei.
Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der
Berufung.
Sie weist zunächst darauf hin, dass der Begriff
des „Zeitgeschehens“ im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zwar vom
Interesse der Öffentlichkeit bestimmt werde, dieses aber wiederum durch den
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bestimmt werde, wobei bei der
Bildberichterstattung ein strengerer Maßstab anzulegen sei. Sie vertritt im
Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Auffassung, dass
diese Verhältnismäßigkeit der Klägerin gegenüber hier deshalb nicht gewahrt
sei, weil die Bilder zwar bei einem zeitgeschichtlichen Ereignis gefertigt
worden seien, dieses aber nur als Anlass zu Ausführungen über die Person diene.
Die Berichterstattung diene nur dazu, einen Anlass für die Abbildung
prominenter Personen zu schaffen. Dies folge hier auch daraus, dass die
Angelegenheit im Blick auf das Reitturnier, welches das zeitgeschichtliche
Ereignis sei, eben nicht „ernsthaft und sachbezogen“ erörtert werde.
Ob die weiteren von der Beklagten benannten Themen
tatsächlich solche von zeitgeschichtlicher Bedeutung seien, könne dahin stehen,
weil sie im Beitrag nicht hinreichend angelegt, behandelt und zu
Informationszwecken aufbereitet seien.
Entgegen der Meinung der Berufung komme es
durchaus auf die „Absicht“ der Presse an, ob ein Ereignis nur zum
Anlass für Berichte über Personen genommen werde. Es müsse nämlich nach der
Rechtsprechung geprüft werden „zu welchem Zweck die Veröffentlichung diente“
und wie das Thema abgehandelt sei. Schon aus der Überschrift ergebe sich aber,
dass keine Absicht bestanden habe, über das Reitturnier als zeitgeschichtliches
Ereignis zu berichten, und dieses nur eine vorgeschobene Alibifunktion habe. In
diesem Zusammenhang habe das Landgericht zu Recht auch Platzierung und Größe
der Bilder gewürdigt.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass der
Privatheit der abgebildeten Situation nicht entgegenstehe, dass die Aufnahme im
öffentlichen Raum gemacht worden sei. Sie verweist in diesem Zusammenhang unter
anderem auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs betreffend ein Foto bei
einem privaten Besuch eines öffentlich zugänglichen Restaurants (BGH NJW 2008,
3138 [BGH 01.07.2008 – VI ZR 243/06]).
Insgesamt habe die Berichterstattung einen äußerst
geringen Informationswert und dem stehe gegenüber, dass die Klägerin in einer
ersichtlich privaten Situation heimlich und aus großer Entfernung
abfotografiert worden sei.
In ihrer Replik trägt die Beklagte ergänzend vor,
dass die Klägerin im Dezember 201X bei „Veranstaltung1“ für ihre
sportliche Leistung ausgezeichnet wurde. Bei der Dankesrede habe sie
ausdrücklich ihren Eltern gedankt (näher Foto Bl. 368 d.A.). Ferner habe sie
auf ihrem Instagram Account Anfang … 201X öffentlich ihrem Vater Geburtstagsgrüße
zum XX. Geburtstag ausgesprochen. Die Beklagte sieht in all dem einen Beleg für
die Prominenz und den öffentlichen Umgang der Klägerin mit ihren prominenten
Eltern, dem Schicksalsschlag und dem familiären Zusammenhalt.
Die Beklagte wiederholt ihren Vortrag, dass die
Fotos die Klägerin inmitten weiterer Turnierbesucher und Medienvertreter,
mitten auf dem Turniergelände zeigen und offen für jedermann erkennbar ohne
Überwindung von Sichthindernissen aufgenommen worden seien.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass auch
die von der Klägerin zitierten gerichtlichen Entscheidungen ihren Standpunkt
nicht tragen. Unter anderen weist sie darauf hin, dass die Entscheidung BGH NJW
2008, 3138 [BGH 01.07.2008 – VI ZR 243/06] einen gänzlich privaten Einkaufsausflug
im Urlaub betreffe und nicht, wie hier, den Besuch eines großen
Sportereignisses. Sie verweist auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom
28.10.2010 (VI ZR 190/08 „Rosenball“), wonach auch eine über das
zeitgeschichtliche Ereignis hinausgehende Berichterstattung über anwesende
Prominente zulässig sei wie auch die Verwendung weiterer kontextbezogener Fotos
im Zusammenhang mit einer zulässigen Wortberichterstattung. Dies zeige, dass
die vom Landgericht vorgenommene Aufspaltung in einen Teil mit Ereignisbezug
und einen anderen unzulässig sei.
Sie wiederholt ihren Standpunkt, dass die – von
der Klägerin ohnehin unterstellte – subjektive Motivation irrelevant sei, was
sich insbesondere aus den Ausführungen des Bundesgerichtshofs in der genannten
Rosenball-Entscheidung ergebe. Der Beklagten sei es auch tatsächlich darum
gegangen, durch die Berichterstattung einen Informationszweck zu erfüllen und
nicht etwa nur einen „Alibi-Anlass“ zur Veröffentlichung der Fotos zu
schaffen.
Beide Parteien haben nach mündlicher Verhandlung
zu den im Termin erörterten Rechtsfragen Stellung genommen. Diesbezüglich wird
auf den Schriftsatz der Klägerin vom 5.2.2018 und den der Beklagten vom
22.2.2018 verwiesen.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht
eingelegte Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass der
Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der erneuten
Veröffentlichung der fünf in der Zeitschrift „X“ vom XX.XX.201X auf
den Seiten … abgedruckten Bildnisse aus den §§ 1004 Abs. 1 S. 2 analog, 823
Abs. 1 und 2 BGB in Verbindung mit den §§ 22, 23 KUG und Art. 2 Abs. 1, 1 Abs.
1 GG zusteht.
Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen ist
nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen. Danach
dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung
verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Hiervon besteht allerdings gemäß § 23 Abs.
1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der
Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung,
durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2
KUG).
1. Eine zulässige Verbreitung mit Einwilligung der
Klägerin (§ 22 S. 1 KUG) ist nicht gegeben. In Betracht käme allein eine
konkludente Einwilligung wegen der Teilnahme an der öffentlichen
(Turnier-)Veranstaltung in Stadt1, zu der unstreitig auch Medienvertreter
zugelassen waren, weshalb die Klägerin damit rechnen musste, dass Fotos von ihrer
Teilnahme angefertigt und verbreitet werden. Eine solche konkludente
Einwilligung erstreckt sich allein auf Bilder, die die Teilnahme der Klägerin
an dem Wettbewerb illustrieren, nicht auch auf Bilder, die das Zusammentreffen
mit ihrer Familie am Rand des Geschehens – weder auf dem Turnierplatz selbst
noch auf der Tribüne – zeigen. Die Reichweite einer stillschweigenden
Einwilligung durch Teilnahme an einem internationalen Turnier, an dem
Pressevertreter zugelassen sind, erstreckt sich nicht auf die Verbreitung von
Bildnissen, die über das Turniergeschehen hinausgehen (BGH NJW 2005, 56 [BGH
28.09.2004 – VI ZR 305/03] Rz. 12; BGH NJW 2011, 746 [BGH 26.10.2010 – VI ZR
190/08] Rz. 19).
2. Die Veröffentlichung der vier die Klägerin und
ihre Mutter und Großmutter zeigenden Bilder war nicht deshalb zulässig, weil es
sich um Bildnisse der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG
handelt.
Schon die Beurteilung, ob Abbildungen Bildnisse
aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG sind,
erfordert eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs.
1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus
Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK andererseits. Der für die Frage, ob es
sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, maßgebende
Begriff des Zeitgeschehens umfasst alle Fragen von allgemeinem
gesellschaftlichem Interesse. Er umfasst nicht allein politische und
historische Ereignisse, weshalb zu ihm auch Sportveranstaltungen zu rechnen
sein können, selbst wenn sie nur regionale Bedeutung haben. Bei unterhaltenden
Beiträgen bedarf es jedoch in besonderem Maß der Berücksichtigung
kollidierender Rechtspositionen. Für die Abwägung ist von maßgeblicher
Bedeutung, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem
Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch
des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen oder
ob sie – ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis – lediglich die
Neugier der Leser oder Zuschauer nach privaten Angelegenheiten prominenter
Personen befriedigen. Dabei ist der Informationsgehalt einer
Bildberichterstattung im Gesamtkontext, in den das Personenbildnis gestellt
ist, zu ermitteln, insbesondere unter Berücksichtigung der zugehörigen
Textberichterstattung.
a) Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass
die Veröffentlichung der fünf angegriffenen Bildnisse nicht durch das
Y-Reitturnier in Stadt1 und die Teilnahme der Klägerin daran als
zeitgeschichtlichem Ereignis gerechtfertigt ist. Zwar ist das international
besetzte und angekündigte Reitturnier als zeitgeschichtliches Ereignis
einzustufen (vgl. BGH NJW 2013, 2890 Rz. 12). Die veröffentlichten Bildnisse
stehen jedoch in keinem ausreichenden Sachbezug zu diesem Turnier. Zwar darf
die Presse bei Auftritten von „prominenten Personen“ bei
zeitgeschichtlichen Ereignissen grundsätzlich nicht nur über das Ereignis selbst,
sondern auch darüber berichten, welche Personen dort erschienen sind und in
wessen Begleitung sie sich dabei befunden haben (vgl. BGH NJW 2010, 3025 Rz.
17; BGHZ 180, 114; BVerfGE 120, 180, 196 ff.). Dies gilt jedoch dann nicht,
wenn die übrige Berichterstattung über das sportliche oder gesellschaftliche
Ereignis sich allein darauf beschränkt, einen Anlass für die Abbildung
prominenter Personen zu schaffen (vgl. BVerfG 120, 180 Rz. 68; BVerfG 2011, 740
Rz. 45 f.; BGH NJW 2011, 746 [BGH 26.10.2010 – VI ZR 190/08] Rz. 17 m.w.N.).
Diesen Tatbestand sieht der Senat in
Übereinstimmung mit dem Landgericht und unter Berücksichtigung
höchstrichterlich entschiedener vergleichbarer Fallgestaltungen (BGH NJW 2005,
56 [BGH 28.09.2004 – VI ZR 305/03] „Reitturnierteilnahme Tochter von
Caroline“; BGH NJW 2011, 746 [BGH 26.10.2010 – VI ZR 190/08]
„Rosenball in Monaco“ und BGH NJW 2013, 2890 [BGH 28.05.2013 – VI ZR
125/12] „Eisprinzessin Alexandra“) hier als gegeben an. Zur
Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die Ausführungen auf den Seiten
9 und 10 des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Die redaktionelle Textberichterstattung auf S. …
erwähnt zwar die Teilnahme der Klägerin an „einem Reitturnier in
Stadt1“, zu dem ihre Mutter sie begleitet habe. Ferner zeigen zwei auf S.
… abgedruckte Fotos die Klägerin mit ihrem Pferd beim Reiten auf dem Turnier
vor der Zuschauerkulisse und geben die Bildunterschriften nähere Informationen,
nämlich die Disziplin (Yreiten), den Namen des Pferdes und den Wettbewerb, in
dem die Klägerin gewonnen habe. Über den Umstand hinaus aber, dass die Klägerin
an dem Turnier teilgenommen hat, findet das Turnier und dessen Verlauf
keinerlei Erwähnung mehr. Die Berichterstattung nennt nicht den Namen und den
Rang des Turniers, erwähnt keine weiteren Teilnehmer und gibt keine weiteren
Informationen über die Wettbewerbe und zu deren Verlauf.
Das Landgericht hat bei seiner Abwägung auch zu
Recht berücksichtigt, dass abgesehen von diesen rudimentären Angaben der übrige
Text, die Überschrift und die angegriffenen großflächigen Bilder der
Doppelseite (S. …) allein das „(…), in der Öffentlichkeit
thematisieren. Es werden die Familienbande hervorgehoben und das neue Genießen
der schönen Seiten des Lebens durch die Mutter beschrieben. Diese Umstände
haben entgegen der Meinung der Berufung nicht deshalb außer Betracht zu
bleiben, weil es grundsätzlich Sache der Presse ist, wie konkret Inhalte in
einem Bericht dargeboten und Bilder dem zugeordnet werden, also die Art der
Aufmachung, Ausrichtung, Inhalt und Form vom Publikationsorgans frei bestimmt
werden dürfen (vgl. etwa BVerfG NJW 2000, 1021 [BVerfG 15.12.1999 – 1 BvR
653/96] Rz. 94). Denn bei der Prüfung, ob eine Berichterstattung nach den §§ 23
Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 KUG gerechtfertigt ist, ist die Berichterstattung in
ihrer Gesamtheit zu betrachten und kann sich die Unzulässigkeit einer
Bildberichterstattung im Einzelfall auch oder im Wesentlichen aus dem
begleitenden Text ergeben (BGH NJW 2005, 56 [BGH 28.09.2004 – VI ZR 305/03] Rz.
18). Da aber der begleitende Text wie auch die großformatigen Bilder sich hier
nahezu ausschließlich mit dem Auftreten der Mutter der Klägerin, wenn auch
gemeinsam mit der Klägerin und ihrer Großmutter, beschäftigt, verliert der
Bericht in seiner Gesamtschau den Charakter als Bericht über ein sportliches
Ereignis. Dies unterscheidet die vorliegende Fallgestaltung von der, welcher
dem von der Berufung angeführten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28.5.2013
(VI ZR 125/12, NJW 2013, 2890 „Eisprinzessin Alexandra“) zugrunde
lag. Denn in jenem Fall befasste sich die textliche Berichterstattung
ausführlich und im Schwerpunkt mit den Einzelheiten des Eislaufwettbewerbes.
Nur deshalb stand der Zulässigkeit der Berichterstattung nicht entgegen, dass
der Artikel auch Informationen enthielt, die nicht das Turnier als solches
betrafen.
Der Beitrag kann mithin nicht als Bericht über
eine öffentliche Sportveranstaltung eingestuft werden, sondern allein als
Bericht über die Teilnahme der Tochter eines Prominenten an einer öffentlichen
Sportveranstaltung. Das öffentliche Informationsinteresse daran rechtfertigt
allenfalls die Veröffentlichung der nicht angegriffenen Bilder, die die
Turnierteilnahme der Klägerin zeigen, nicht aber der angegriffenen Bilder, die
allein die Klägerin mit ihrer Mutter und Großmutter zeigen. Die angegriffenen
Bilder sind deshalb dahin zu würdigen, dass sie keinen ausreichenden Bezug zu
dem am Rande erwähnten Reitturnier haben.
b) Die angegriffenen Bildnisse sind entgegen der
Auffassung der Berufung auch nicht deshalb als zulässige Bebilderung über ein
Ereignis der Zeitgeschichte anzusehen, weil der Bericht den Umgang der Familie
der Klägerin mit dem (…) erlittenen Schicksalsschlag thematisiere. Der Senat
vermag diesem Aspekt in der dargebotenen Form kein derartiges öffentliches
Informationsinteresse beizumessen, dass die Ausführungen als ein Bericht über
ein zeitgeschichtliches Ereignis einzustufen wären.
Allerdings kann grundsätzlich auch das Verhalten
der Familie während der Erkrankung einer im Mittelpunkt der Öffentlichkeit
stehenden Person ein zeitgeschichtliches Ereignis darstellen (BGH NJW 2007,
1977 [BGH 06.03.2007 – VI ZR 51/06], insbes. Rz. 31 f.; BVerfGE 120, 180 = NJW
2008, 1793 [BVerfG 26.02.2008 – 1 BvR 1602/07], insbes. Rz. 6, 60, 69 f. und
94; EGMR NJW 2012, 1053, insbes. Erwägungen Nr. 17 und 117 ff. alle betreffend
einen Bericht über die Erkrankung des Fürsten von Monaco). In jenem Fall war
berichtet worden, dass sich die Kinder des erkrankten Fürsten bei der Betreuung
des Vaters abwechselten, und dies unter anderem mit einem nicht
kontextbezogenen Foto der ihrerseits sehr bekannten ältesten Tochter und ihres
ebenso bekannten Ehemannes während der Zeit der Krankheit bebildert worden. Die
zitierten Gerichte haben das Foto vor dem Hintergrund der begleitenden
Textberichterstattung als ein solches eingestuft, das zu einer Diskussion von
allgemeinem Interesse beigetragen habe.
Es ist auch nicht zu verkennen, dass der nicht
angegriffene Text, wenn auch eher mit dem Focus auf die Mutter der Klägerin,
einen Zusammenhang zwischen (…bestimmter Zeitpunkt…) und der Lage und dem
aktuellen Verhalten der Familie herstellt, wenn es heißt: „(…).“
Bei der Beurteilung der Frage, ob sich ein
Personenbildnis unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung
als ein solches aus dem Bereich der Zeitgeschichte darstellt, bedarf es jedoch,
insbesondere bei unterhaltenden Beiträgen, weiterhin einer Abwägung mit der
kollidierender Rechtspositionen. Der Senat ist der Auffassung, dass das öffentliche
Informationsinteresse am Umgang der Familie mit dem Schicksalsschlag des Vaters
den mit der Bildberichterstattung verbundenen Eingriff in das allgemeine
Persönlichkeitsrecht der Klägerin nicht überwiegt.
aa) Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die
Klägerin aufgrund eigener Prominenz bei weitem nicht derart im Licht der
Öffentlichkeit steht wie in jenem Fall die Tochter und der Schwiegersohn des
Fürsten von Monaco. Der Bekanntheitsgrad als Yreiterin ist aufgrund der nur
geringen Verbreitung dieser Sportart gering. Allein als Tochter des
Prominenten1 hat sie einen gewissen Bekanntheitsgrad. Hinzu kommt, dass es
angesichts dessen, dass sich der (…), nicht um den Umgang der Familie mit
einer erst kürzlich entstandenen Betreuungssituation ging. Diese Umstände
würden anders zu gewichten sein, wenn sich (…bestimmter Zeitpunkt…) die
Klägerin mit Mutter und Bruder, also die Familie, ins Licht der Öffentlichkeit
begeben hätten. Dies ist jedoch nicht der Fall gewesen. Es ist unstreitig und
wird auch in dem Bericht so wiedergegeben, dass die Familie sich (…bestimmter
Zeitpunkt…) aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und keine Informationen über
den aktuellen Gesundheitszustand des Vaters herausgegeben hat. Diese
Umgangsweise ist grundsätzlich zu respektieren.
Entgegen der Auffassung der Beklagten hat sich
diese Art des Umgangs mit der Öffentlichkeit auch nicht in der jüngsten Zeit
vor der Textberichterstattung grundsätzlich geändert. Dies lässt sich zunächst
nicht aus dem Umstand ableiten, dass die Mutter der Klägerin zusammen mit der
Klägerin und ihrem Bruder wenige Tage vor dem berichteten Ereignis zur
Eröffnung der Ausstellung „Z“ erschienen sind und die Mutter der
Klägerin eine Dankesrede gehalten hat (näher Bl. 48 f. d.A. mit Anlage B 6).
Die Ausstellung wie die auch im Namen der Familie gehaltene Dankesrede der
Mutter der Klägerin bezogen sich allein auf die Bedeutung, das Schicksal und
die Erinnerung an Prominenten1. Weder sind dem aktuelle Informationen über
dessen Gesundheitszustand noch über das Leben der Familie und den Umgang mit
dem Schicksalsschlag zu entnehmen. Es ist zu würdigen, dass bei der Eröffnung
einer solchen Ausstellung die Anwesenheit der Familie erwartet wird. Über diese
Rolle sind die Familienmitglieder und insbesondere die Klägerin selbst nach dem
vorgelegten Bericht nicht hinausgegangen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von
der Familie zusammen mit der … in das Internet gestellten Initiative
„Name1“ (näher Bl. 214 f. d.A. und Anlage B 11). Zum einen ist in der
mündlichen Verhandlung unstreitig geblieben, dass diese Initiative, auf welche
die Beklagte ohnehin nur ergänzend verwiesen hatte, erst nach der hier
angegriffenen Veröffentlichung entfaltet worden ist. Zum anderen wird in den
vorgelegten Texten dieser Internetseite (Anlage B 11) allein die Bedeutung und
die „positive Energie“ hervorgehoben, die vom Vater der Klägerin
(…bestimmter Zeitpunkt…) für viele Menschen ausgegangen sei. Auf die
aktuelle Lage von Prominentem1 und den Umgang der Familie wird nicht eingegangen.
Trotz des Umstandes, dass diese Initiative auch von der Familie ausgeht und
diese nach dem Text einlädt, „Teil der Bewegung“ zu werden, betrifft
sie doch allein die Erinnerung an den Vater, die weitertragen soll, ohne dass
die Familie selbst in Erscheinung tritt.
bb) Der Senat sieht andererseits, dass die auf S.
… veröffentlichten großformatigen Bilder die Klägerin und ihre Mutter und
Großmutter in einer unverfänglichen, nicht peinlichen Situation zeigen und
insofern keinen eigenständigen Verletzungseffekt haben. Zu berücksichtigen ist
auch, dass die Bilder nicht heimlich in dem Sinne aufgenommen wurden, als kein
der Abschirmung dienendes Hindernis überwunden wurde, sondern die Aufnahme zwar
unbemerkt, aber in einer für alle Umstehenden wahrnehmbaren Situation erfolgt
ist. Gleichwohl kommt diesem Gesichtspunkt nach dem Gesamtzusammenhang kein
ausschlaggebendes Gewicht zu. Denn die Art der Berichterstattung und der Ort
der Aufnahme respektieren letztlich nicht das berechtigte Interesse gerade der
Klägerin, (…) ihrem „normalen Alltagsleben“ nachzugehen, ohne dabei
allein wegen der Prominenz des Vaters öffentlich abgebildet zu werden. In
diesem Zusammenhang hebt die Klägerin zutreffend hervor, dass der Bericht und
entsprechend die Bebilderung das (…) in den Mittelpunkt stellt. Als einziger
Beleg dafür dienen die Begleitung der Klägerin zu dem Turnier und die dabei
aufgenommenen Bilder. Es wird ein zufälliges Erscheinen bei der privaten
Teilnahme an einem öffentlichen Turnier mittlerer Bedeutung aufgegriffen, um zu
berichten, dass die Familienmitglieder weiterhin normal bzw. „in lockerer
Atmosphäre“ mit einander umgehen. Das hat einen allenfalls geringen
Informationswert. Insofern ist nach Auffassung des Senats keine ernsthafte und
sachbezogene Berichterstattung im Sinne der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs gegeben, die trotz der als solchen „harmlosen“
Bilder den Eingriff in das bildbezogene Persönlichkeitsrecht der Klägerin
rechtfertigen könnte.
3. Eine Rechtfertigung zur Veröffentlichung nach
den §§ 22, 23 KUG besteht auch nicht hinsichtlich des auf S. … unten
veröffentlichten Bildes, welches die Klägerin als Kleinkind neben ihrer Mutter
und ihrer Großmutter zeigt. Soweit die Beklagte die Befugnis zur
Veröffentlichung auf das Reitturnier und den Bericht über den Umgang mit der
Familie mit dem Schicksalsschlag stützt, gelten die Ausführungen zu 2. a) und
b) hier ebenso. Die Erwägungen gelten erst Recht für ein viele Jahre altes
nicht kontextbezogenes Bildnis. Der Senat schließt sich der im Leitsatz der
Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 10.9.2010 zum Ausdruck
kommenden Auffassung an, dass selbst bei einer bekannten Sportlerin, bei der
die einwilligungslose Wiedergabe von Fotografien ihrer öffentlichen Auftritte
durch § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG gedeckt ist, die Wiedergabe von Fotographien aus
der Kinder- und Jugendzeit ihrer Einwilligung bedarf (OLG Karlsruhe AfP 2010,
591 [OLG Karlsruhe 10.09.2010 – 6 U 35/10]).
Auch eine Einwilligung ist nicht gegeben. Die
Beklagte hat schon keinen konkreten Umstand vorgetragen, aus dem sich die
Einwilligung der Eltern der Klägerin in die Verbreitung des Bildes damals
ergeben haben soll. Sie hat dies lediglich vermutet („offenbar mit
Einwilligung“). Darüber hinaus dürfte selbst dann, wenn die Anfertigung
und Veröffentlichung des Fotos damals mit Einwilligung der Eltern der Klägerin
erfolgt sein sollte, dies nicht die erneute Veröffentlichung 17 Jahre später,
nachdem die Klägerin erwachsen geworden ist, rechtfertigen. Jedenfalls in dem
hier gegebenen Fall in einem konkreten Kontext aufgenommenen Bildes (Besuch auf
der Tribüne eines Fußballturniers) dürfte es, im Gegensatz zu einem
kontextlosen Porträtfoto, einer (erneuten) Einwilligung des später volljährig
gewordenen Minderjährigen bedürfen, weil sich die Erlaubnis auf den damaligen
Zweck beschränkte. Die Veröffentlichung des Fotos ist auch nicht durch das
Fußballturnier in Stadt2 und die Teilnahme des Vaters daran nach § 23 Abs. 1
Nr. 1 KUG als zeitgeschichtlichem Ereignis gedeckt. Dieses hat nach 17 Jahren
jeden aktuellen Informationswert verloren.
4. Die nach § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog
erforderliche Wiederholungsgefahr ist vom Landgericht zu Recht bejaht worden,
weil die rechtswidrige Erstveröffentlichung eine dahingehende Vermutung
begründet und die Beklagte es abgelehnt hat, eine strafbewehrte
Unterlassungserklärung zu unterzeichnen. Dagegen wendet sich die Berufung auch
nicht.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Eine Zulassung der Revision war nicht geboten,
weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die
Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine
Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den § 709 S. 1 ZPO.

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OLG Frankfurt a.M. zur Kindeswohlgefährdung durch Smartphones und Internetzugänge

Nach einem Beschluss des
OLG Frankfurt a. M. vom 15.06.2018 (2 UF 41/18)
kann alleine der Besitz
eines Smartphones, Tablets, Computers oder Fernsehers mit oder ohne
Internetzugang nicht die Annahme rechtfertigen, dass Eltern durch die Eröffnung
eines Zugangs ihr Kind schädigen.
Dazu müssen im konkreten Einzelfall Anhaltspunkte
hinzutreten, aus denen sich die konkrete Gefahr einer Schädigung ergeben.
Allgemeine Risiken dadurch, dass Minderjährige smarte Technologien und Medien
nutzen, begründen nicht persé eine hinreichende konkrete Kindeswohlgefährdung,
die Maßnahmen nach § 1666 BGB rechtfertigen. Es ist vielmehr im Einzelfall zu
prüfen, ob das Kindeswohl Schutzmaßnahmen durch staatliche Organe erfordert.
Leitsatz:
Zur Zulässigkeit von Anordnungen gem. § 1666, 1666a BGB
wegen Kindeswohlgefährdung durch die Verwendung von Smartphones und
Internetzugängen durch Minderjährige.

Gründe:
I.            
Die Beteiligten sind Eheleute und leben seit Juli 2017
voneinander getrennt. Die Trennung vollzog sich zunächst innerhalb des vorher
als Ehewohnung genutzten Hauses, zwischenzeitlich ist der Antragsgegner
ausgezogen, nachdem das Amtsgericht – Familiengericht – Bad Hersfeld in einem
von der Antragstellerin angestrengten Wohnungszuweisungsverfahren dieser das
Haus für die Dauer der Trennung zur alleinigen Nutzung zugewiesen hatte (…
Amtsgericht Bad Hersfeld).       
Im hier zugrundeliegenden Verfahren stritten die beteiligten
Kindeseltern über das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihre Tochter A, geboren
am XX.XX.2009.      
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 10.1.2018 das
Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht der Gesundheitssorge für A auf die
Kindesmutter allein übertragen.  
Darüber hinaus hat das Amtsgericht in dem Beschluss der
Kindesmutter aufgegeben, Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Form von
Sozialpädagogischer Familienhilfe in Anspruch zu nehmen und mit dem Jugendamt
und den Hilfe durchführenden Stellen jederzeit und umfänglich zu kooperieren.      
Der Kindesmutter wurde ferner aufgegeben, feste Regeln,
insbesondere verbindliche Zeiten und Inhalte hinsichtlich der Nutzung von im
Haushalt verfügbaren Medien (insbesondere TV, Computer, Spielkonsole, Tablet)
für das Kind zu finden und diese Regeln umzusetzen. Die Regeln sollten dem
Gericht binnen 2 Monaten nach Zustellung des Beschlusses mitgeteilt werden.        
Der Kindesmutter wurde schließlich auferlegt, dem Kind ein
eigenes und frei zugängliches Smartphone nicht mehr zur Verfügung zu stellen.
Sollte das Kind anderweitig in den freien Besitz eines Smartphones oder sonstigen
mobilen Smartgeräts gelangen, hatte sie dieses zu entziehen. Diese Auflage
wurde befristet, bis das Kind 12 Jahre alt ist.        
Anlass für die Auflagen zur Mediennutzung war der Umstand,
dass im Rahmen der gerichtlichen Anhörung des Kindes deutlich wurde, dass das
achtjährige Mädchen über einen freien Zugang zum Internet über Computer und
Tablet der Kindesmutter und über ein eigenes Smartphone verfügte.      
Eine Erörterung möglicher Maßnahmen zum Kinderschutz
erfolgte im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens nicht. Die Notwendigkeit
entsprechender Auflagen war weder seitens des Jugendamtes noch des
Verfahrensbeistandes thematisiert worden.   
Das Amtsgericht vertrat die Auffassung, dass die erteilten
Auflagen erforderlich seien, um bestehende Gefahren für das Kind abzuwenden.
Der Umstand, dass anlässlich der Anhörung bekannt geworden sei, dass dem Kind
diverse Medien in der Freizeit völlig frei zugänglich seien, mache ein
familiengerichtliches Einschreiten notwendig. Der bestehende freie und unkontrollierte
Medienzugang sei bei einem erst achtjährigen Mädchen stark verfehlt und
begründe eine konkrete Gefahr für die seelische Entwicklung des Kindes.
Insbesondere die Nutzungsmöglichkeit von Internetangeboten wie
„YouTube“ berge für das Kind die naheliegende Gefahr, laufend mit
nicht altersgerechten und für die seelische Entwicklung schädlichen Inhalten
konfrontiert zu werden. Bei Kindern handele es sich im Hinblick auf neue
elektronische Medien und das aus ihnen resultierende Suchtpotential um eine
hochvulnerable Gruppe, da diese entwicklungsbedingt noch nicht die ausreichende
Stabilität aufwiesen, suchtbezogenen Risiken resilient zu widerstehen. Unter
den gegebenen Umständen bedürfe es begrenzender Vorgaben, d.h. klarer Regeln
für die Mediennutzung des Kindes im Alltag, welche die Kindesmutter bestimmen
und umzusetzen habe. Da ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen worden
sei und sie daher auch den Umgang mit Medien als Ausgestaltung des Alltags nun
bestimme, müsse sie auch entsprechende Regeln entwickeln.
Darüber hinaus sei die Auflage zu treffen, dass dem Kind ein
Smartphone oder anderweitiges Smartgerät derzeit nicht mehr zur Verfügung
gestellt werde. Mit der Nutzung solcher Geräte seien potentiell allerhand
erhebliche Gefahren verbunden, die im Einzelfall für Eltern deutlich schwerer
erkennbar seien als Gefahren in der analogen Welt. Für die freie selbständige
Nutzung eines Smartphones sei das 8-jährige Kind eindeutig noch zu jung, zumal
die Nutzung digitaler Medien für Kinder auch Risiken und Gefahren in Form von
jugendgefährdenden Inhalten und Cybermobbing begründen könne. Das Gericht
stützt sich bei der Begründung der Entscheidung auf verschiedene Expertisen zum
Medienkonsum und den Folgen für Kinder. Wegen der weiteren Einzelheiten der
ausführlichen Begründung wird auf den Beschluss vom 10.1.2018 Bezug genommen.        
Der Antragsgegner wandte sich mit seiner am
(Montag)19.2.2018 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde gegen den ihm am
17.1.2018 zugestellten Beschluss und strebte ursprünglich weiterhin die
Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich an. Im Termin vor dem
Beschwerdegericht am 30.5.2018 haben die Beteiligten eine Vereinbarung
dahingehend getroffen, dass bei Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge
der Lebensmittelpunkt des gemeinsamen Kindes im Haushalt der Kindesmutter ist.
Die Umgangskontakte des Kindesvaters mit A haben die Eltern im Termin ebenfalls
einvernehmlich geregelt. Die ursprünglichen Anträge auf Alleinübertragung des
Aufenthaltsbestimmungsrechts oder weiterer Sorgerechtsbestandteile werden
aufgrund der getroffenen Vereinbarung nicht weiter verfolgt.   
Im Termin haben sowohl die Kindesmutter als auch der
Verfahrensbeistand gegen den Beschluss vom 10.1.2018 Anschlussbeschwerde hinsichtlich
der der Kindesmutter erteilten Auflagen nach §§ 1666, 1666 a BGB eingelegt.         
II.           
Die Beschwerden der Kindeseltern und des Verfahrensbeistands
sind gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig und haben in der Sache auch Erfolg.         
Nachdem sich die Beteiligten im Senatstermin darauf
verständigt haben, dass A ihren Lebensmittelpunkt im Haushalt der Kindesmutter
hat und die gemeinsame elterliche Sorge beibehalten werden soll, war der
Beschluss des Amtsgerichts Bad Hersfeld hinsichtlich der dort angeordneten
Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts und der Gesundheitssorge für A auf
die Kindesmutter abzuändern. Die Sorgerechtsregelung war gemäß § 1671 Abs. 2
Nr. 1 BGB entsprechend der Vereinbarung der Eltern zu treffen, da keine
Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass die von den Kindeseltern vereinbarte
Regelung dem Kindeswohl widersprechen würde. Für das betroffene Kind ist es von
Vorteil, dass der belastende Streit der Eltern einvernehmlich beendet wird,
inhaltlich entspricht die Obhutsregelung auch dem Wunsch von A, die sich
gegenüber dem Verfahrensbeistand für eine Beibehaltung ihres seit der
erstinstanzlichen Entscheidung bestehenden Lebensmittelpunktes bei der
Kindesmutter ausgesprochen hat. Dementsprechend haben auch der Verfahrensbeistand
und das zuständige Jugendamt die getroffene Regelung befürwortet. Es bleibt
demgemäß bei der gemeinsamen elterlichen Sorge der Kindeseltern, wobei A in die
Obhut der Kindesmutter gegeben wird.       
Auch die nach § 66 FamFG zulässigen Anschlussbeschwerden des
Verfahrensbeistands und der Kindesmutter sind begründet, da die Voraussetzung
zur Verhängung von Auflagen nach §§ 1666, 1666 a BGB nicht gegeben sind. Der
Beschluss war demgemäß dahingehend abzuändern, dass die Auflagen entfallen.       
Grundsätzlich kann das Gericht zwar Maßnahmen nach § 1666
BGB von Amts wegen ergreifen, wenn diese im Interesse des Kindeswohls
erforderlich sind. Die Voraussetzungen hierfür sind vorliegend jedoch nicht
gegeben. Maßnahmen nach § 1666 Abs. 1 BGB sind zu treffen, wenn das
körperliche, geistige oder seelische Wohl eines Kindes oder sein Vermögen
gefährdet wird. § 1666 BGB ist eine Ausprägung des dem Staat gemäß Art. 6 Abs.
2 S. 2 GG obliegendem Wächteramtes, das dem Schutz des Kindes bei Gefährdung
seines Wohls dient. Im Hinblick darauf, dass staatliche Maßnahmen insoweit
immer auch die Grundrechte der Eltern nach Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 1 Abs. 1
GG tangieren, stellt insbesondere das Bundesverfassungsgericht hohe
Anforderungen für staatliche Eingriffe in die elterliche Personensorge
(ständige Rechtsprechung vgl. Bundesverfassungsgericht FamRZ 2016, 439, FamRZ
2015, 112, FamRZ 12, 1127, FamRZ 14, 907, 1177 jeweils m.w.N.). Eine
gerichtliche Maßnahme nach § 1666 Abs. 1 BGB setzt demgemäß zunächst die
positive Feststellung voraus, dass bei weiterer Entwicklung der vorliegenden
Umstände der Eintritt eines Schadens zum Nachteil des Kindes mit ziemlicher
Sicherheit zu erwarten ist, die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts
rechtfertigt eine eingreifende Maßnahme nicht. (vgl. Poncelet/Onstein in
Herberger/Martinek-Rüßmann, Juris Praxiskommentar zum BGB, 8. Aufl., § 1666
Rdn. 20). Es gehört insoweit nicht zum staatlichen Wächteramt, für eine
bestmögliche Förderung des Kindes und seiner Fähigkeit zu sorgen, sondern die
staatlichen Organe haben sich von der Erwägung leiten zu lassen, dass die
Interessen des Kindes in aller Regel am besten von den Eltern wahrgenommen
werden, und zwar auch dann, wenn dabei im Einzelfall wirkliche oder
vermeintliche Nachteile des Kindes durch bestimmte Verhaltensweisen oder
Entscheidungen der Eltern in Kauf genommen werden müssen. Aufgabe des Staates
ist es daher nicht, die im Interesse des Kindeswohls objektiv beste Art der
Sorgerechtsausübung – soweit eine solche überhaupt festgestellt werden kann –
sicherzustellen, sondern staatliche Maßnahmen können erst dann ergriffen
werden, wenn die Eltern ihrer Verantwortung nicht gerecht werden (vgl.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. Juli 2017- 1 BvR 1202/17; Beschluss
vom 14. Juni 2014 – 1 BvR 725/14). Bei der Anwendung des § 1666 BGB ist der
verfassungsrechtlich abgesicherte Elternvorrang zu beachten, d.h.
familiengerichtliche Eingriffe sind selbst bei Gefährdung des Kindeswohls nur
zulässig, wenn festgestellt werden muss, dass die Eltern auch künftig nicht
bereit oder in der Lage sind, eingetretene Gefährdungen abzuwenden (vgl.
Coester in Staudinger/ Kommentar zum BGB 2016, § 1666 BGB Rdn. 169 ff. m.w.N.).         
Dieser Subsidiaritätsvorbehalt, der Eingriffen nach §§ 1666
BGB demgemäß immanent ist, wurde vom Amtsgericht im hier zugrundeliegenden
Verfahren bei der Anordnung der Auflagen nach § 1666 Abs.3 BGB nicht
hinreichend beachtet.  
Hinsichtlich der Auflage Maßnahmen der Jugendhilfe in
Anspruch zu nehmen fehlt es schon an der Erforderlichkeit der Anordnung. Da
Maßnahmen nach § 1666 BGB immer als Grundrechtseingriff auch dem
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unterliegen, sind sie nicht gerechtfertigt, wenn
sie zur Sicherung des Kindeswohls nicht erforderlich sind. Die vom
Familiengericht erlassene Anordnung hat verbindlichen Charakter und greift
damit in das grundgesetzlich geschützte Persönlichkeitsrecht der Kindesmutter
ein. Dieser Eingriff ist vorliegend nicht gerechtfertigt, da er zur Wahrung der
Kindesinteressen nicht nötig ist, weil die Kindesmutter die entsprechenden
Hilfemaßnahmen von sich aus wahrnehmen will (vgl. auch
Bundesverfassungsgerichts Beschluss vom 1.12.2010 1 BVR 1572/10).    
Anhaltspunkte dafür, dass die bestehende Bereitschaft zur
Annahme von Hilfsangeboten des Jugendamts nur dem laufenden gerichtlichen
Verfahren geschuldet waren, sind nicht gegeben, da die Initiative zu Gesprächen
im Jugendamt bereits vor Beginn des Verfahrens von den Eltern ausging. Im
Rahmen der Anhörung der Beteiligten im Beschwerdeverfahren hat die Vertreterin
des Jugendamts ausgeführt, dass die Kindeseltern bereits vor Durchführung des
erstinstanzlichen Anhörungstermins im November 2017 im Jugendamt vorstellig
geworden sind und Anträge zur Hilfe auf Erziehung unterzeichneten. Wie die in
der Familie tätige sozialpädagogische Familienhilfe im Rahmen ihres
Zwischenberichts ausgeführt hat, sind auch beide Eltern aktiv an den
Hilfemaßnahmen beteiligt und arbeiten engagiert mit.       
Unter diesen Umständen sind keine Anhaltspunkte dafür
ersichtlich, dass entsprechende Auflagen nach § 1666, 1666 a BGB gegenüber den
Eltern erteilt werden müssen, um sicherzustellen, dass die bereits angelaufene
Hilfe fortgesetzt wird. Die Kindeseltern waren und sind bereit, entsprechende
Angebote freiwillig zu nutzen und müssen hierzu nicht durch das Gericht
angehalten werden.    
Auch hinsichtlich der Anordnungen betreffend der
Mediennutzung und der Nutzung eines Smartphones greifen die Auflagen des
Amtsgerichts unberechtigt in die grundrechtlich geschützten Elternrechte der
Kindesmutter ein.            
Weder seitens des zuständigen Jugendamts noch seitens des
Verfahrensbeistands wurde eine konkrete Gefährdung des betroffenen Kindes durch
die stattgefundene Mediennutzung festgestellt und mit der Kindesmutter
thematisiert. Es erscheint vor diesem Hintergrund schon zweifelhaft, ob
überhaupt im zugrundeliegenden Fall eine konkrete Gefährdung des Kindes
anzunehmen ist, die ein Eingreifen des Familiengerichts von Amts wegen
rechtfertigen würde. Die allgemeinen Risiken der Nutzung smarter Technologien
und Medien durch Minderjährige begründen nicht per se eine hinreichend konkrete
Kindeswohlgefährdung, die Maßnahmen nach § 1666 BGB rechtfertigen würde,
sondern es ist im Einzelfall zu prüfen, ob das Kindeswohl Schutzmaßnahmen durch
staatliche Organe erfordert. Die Nutzung digitaler Medien muss zum Schutz von
Minderjährigen gegebenenfalls pädagogisch begleitet werden, hier ergeben sich
jedoch individuelle Spielräume, die – solange keine konkrete
Kindeswohlgefährdung vorliegt – innerhalb der jeweiligen Familien eigenverantwortlich
festgelegt werden kann (vgl. Herberger juris PR-FamR 14/17 Anm. 2; juris FamR
7/2018 Anm. 2, Leipold NZFam 2016, 953).         
Der Senat teilt die Auffassung des Amtsgerichts nicht, nach
der Auflagen gem. §§ 1666, 1666a BGB erforderlich sind, wenn sich im Verlauf
eines Verfahrens herausstellt, dass ein Kind oder Jugendlicher Smartphones oder
Tablets nutzt und dabei auch den – letztlich von den Eltern ermöglichten –
Internet- oder WhatsApp-Zugang nutzt. Gleiches gilt, wenn sich herausstellt, dass
das Kind oder der Jugendliche Zugang zu Computerspielen hat, die nicht
altersgerecht sind. Ohne Vorliegen weiterer, erheblicher Anzeichen für eine
konkrete Gefährdung des Kindes lässt sich hier nicht darauf schließen, dass ein
Tätigwerden im Rahmen des den Familiengerichten zusammen mit den Jugendämtern
überantworteten staatlichen Wächteramts zulässig ist.    
Mit den Entscheidungen des Amtsgerichts Bad Hersfeld
(Beschluss vom 15. Mai 2017, 63 F 120/17 EASO, Beschluss vom 20.3.2017, 63 F
111/17 EASO; Beschluss vom 27.10.2017 – 63 F 290/17, NZFam 2018, 414 – mit Anm.
Leipold) ist davon auszugehen, dass Medien- und Internetkonsum durch Kinder und
Jugendliche Gefahren birgt, denen Eltern geeignet begegnen müssen. Das betrifft
sowohl die zeitliche Begrenzung des Medienkonsums als auch die inhaltliche
Kontrolle. Der Zugang jugendgefährdender Inhalte über Youtube oder andere
Filmplattformen kann im Einzelfall schädliche Wirkung auf Kinder und
Jugendliche haben, auch die Teilnahme an nicht für die aktuelle Altersgruppe
freigegebenen Spielen konfrontiert sie möglicherweise mit verstörenden,
schädigenden Inhalten. Die Verwendung von WhatsApp durch Jugendliche oder
Kinder eröffnet ein weites Feld an Missbrauchsmöglichkeiten des Jugendlichen,
da er als Sender und Empfänger gewünschter oder unerwünschter Nachrichten
betroffen sein kann (zum sog. Sexting Döll, FamRZ 2017, 1729).               
Äußerst fraglich ist, ob generell eine Schädlichkeit
angenommen werden kann, die ein Eingreifen der Familiengerichte erforderlich erscheinen
lässt, wenn Eltern ihren Kindern – technisch – die Möglichkeiten eröffnen,
Medien in der erörterten Weise zu nutzen (skeptisch Leipold, NZFam 2018, 416,
offener Rake, FamRZ 2016, 2118,2119). Der Senat ist der Auffassung, dass die –
wegen der Neuartigkeit der Gefährdungen durch das Internet aktuell
vieldiskutierten – Schädigungsformen im Kinderschutz im Ergebnis nicht anders
zu bewerten sind, als technisch seit längerer Zeit bekannte Medien. Auch zu
ausgedehnte Fernsehzeiten oder das Anschauen kindergefährdender Sendungen im
öffentlich-rechtlichen oder privaten Rundfunk sollten Eltern geeignet
verhindern. In gleichem Maß gilt es zu verhindern, dass Kinder sich
ausschließlich von Junkfood ernähren, müssen Eltern darauf achten, dass ihre
Kinder die ihrem Schutz dienenden Straßenverkehrsregeln einhalten, Körper- und
Zahnhygiene betreiben, verordnete Medikamente regelmäßig einnehmen etc pp. In
all diesen Bereichen kann Vernachlässigung oder fehlende Kontrolle dazu
beitragen, dass Kinder der Gefahr einer Schädigung ausgesetzt sind. Allein der
Besitz eines Smartphones, Tablets, Computers oder Fernsehers mit oder ohne
Internetzugang rechtfertigt indes nicht die Annahme, dass Eltern durch die
Eröffnung eines Zugangs ihr Kind schädigen. Dazu müssen im konkreten Einzelfall
Anhaltspunkte hinzutreten, aus denen sich die konkrete Gefahr einer Schädigung
ergeben. Liegt sodann in dem vom Bundesverfassungsgericht geforderten Maß der
Eintritt eines Schadens nahe, kann das Familiengericht einschreiten.   
Es muss insoweit auch hier berücksichtigt werden, dass es
nicht zum staatlichen Wächteramt gehört, für eine bestmögliche Förderung des
Kindes und seiner Fähigkeiten zu sorgen. Das in Art. 8 EMRK niedergelegte Recht
auf Achtung des Familienlebens lässt Eingriffe des Staates nur unter den engen
gesetzlich normierten Voraussetzungen zu, sodass der Staat den Eltern
grundsätzlich auch keine bestimmte Lebensführung vorschreiben kann. Eingriffe
sind insoweit nur zulässig, wenn das Kindeswohl diese konkret erfordert und können
nicht unter dem Aspekt bestmöglicher Sorgerechtsausübung gerechtfertigt werden
(vgl. Poncelet/Onstein a.a.O. § 1666 Rdn. 40 m.w.N.).  
Die Anordnungen zur Mediennutzung und Gebrauch smarter
Geräte beachtet jedenfalls auch den Grundsatz der Subsidiarität staatlichen
Eingreifens nicht hinreichend, da im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens
nicht einmal geprüft wurde, inwieweit die Kindesmutter selbst bereit ist,
Mediennutzung und Nutzung des Smartphones durch ihre Tochter kritisch zu
hinterfragen und entsprechende Einschränkungen vorzunehmen. Der Umstand, dass
die Kindesmutter bereits kurz nach Erlass des angefochtenen Beschlusses
entsprechende Vereinbarungen und Nutzungsmodalitäten mit Hilfe der
sozialpädagogischen Familienhilfe gefunden hat, spricht dafür, dass auch hier
möglicherweise eingetretene Gefährdungen von der Kindesmutter selbst ohne
Auflage des Gerichts beseitigt worden wären. Die Möglichkeit der Gefahrabwehr
durch die Kindeseltern selbst ist nach § 157 FamFG bei Maßnahmen nach § 1666 BGB
ausdrücklich mit den Beteiligten zu erörtern, was schon zur Meidung von
Überraschungsentscheidungen geboten, aber darüber hinaus auch zur Wahrung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des Grundsatzes der Subsidiarität
staatlicher Eingriffe in Elternrechte unabdingbar ist.         
Nach alledem waren die der Kindesmutter vom Familiengericht
erteilten Auflagen sämtlich aufzuheben.        
Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG.
Es entspricht vorliegend der Billigkeit, keine Kostenerstattung anzuordnen und
die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren nicht zu erheben. In
Kindschaftsverfahren ist mit der Auferlegung der Kosten auf einen Elternteil
Zurückhaltung geboten, da derartige Verfahren regelmäßig im Interesse des
Kindes geführt werden. Dies gilt vorliegend insbesondere auch vor dem
Hintergrund der einvernehmlichen Beendigung des Beschwerdeverfahrens
hinsichtlich des Zuordnungsstreites der Kindeseltern.       

Die Festsetzung des Verfahrenswerts beruht auf §§ 45
Abs. 1 Nr. 1, 2 FamGKG, 40 FamGKG. Anhaltspunkte dafür von dem Regelwert
abzuweichen sind nicht ersichtlich

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OLG Frankfurt a. M. – Wettbewerbswidrige Weiterverwendung von „Likes“ bei Unternehmen

Das OLG Frankfurt a.M. hat mit Urteil vom 14.06.2018, Az. 6U 23/17 entschieden, dass die Weiterverwendung von “ Facebook-Likes und
positiven Facebook-Bewertungen “  irreführend ist. In dem entschiedenen Fall
ging es um ein Restaurant, das zunächst im Rahmen eines bestimmten
gastronomischen Franchise-Systems betrieben wurde und später zu einem anderen (ähnlichen)
System wechselte. Dabei hatte der Betreiber des Restaurants die Likes und
Bewertungen auf einer Social-Media-Plattform, die er für das alte Restaurant
unter dem alten Franchise-System erhalten hatte, auch für sein neues Restaurant
weiterbenutzt.
Leitsätze:
1.Zwischen Betreibern von gastronomischen Franchise-Systemen
besteht ein konkretes (potentielles) Wettbewerbsverhältnis auch dann, wenn zum
Zeitpunkt der angegriffenen Verletzungshandlung noch an keinem Ort gleichzeitig
Restaurants beider Systeme betrieben werden.
2.Nach dem Wechsel eines Restaurants von einem bestimmten
gastronomischen Franchise-System zu einem anderen ähnlichen System ist die
Weiterverwendung von Bewertungen und „Likes“, die das Restaurant
während der Zugehörigkeit zu dem ersten System erhalten hat, irreführend.

Gründe:
I.            
Wegen des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen
Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr.
1 ZPO).
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, es bei Meidung
der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu
Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit Burger-Restaurants bei Facebook für
Standorte der Restaurantkette „A“ mit Nutzer-Bewertungen zu werben
und/oder werben zu lassen, die von den jeweiligen Nutzern ursprünglich für
solche Restaurants, die nicht der A-Restaurantkette angehören, nämlich
insbesondere für solche des Franchise-Systems der Klägerin „B“
abgegeben wurden, wie geschehen auf den Facebook-Seiten der Beklagten für die
Restaurants „A“ in Stadt1, Stadt2, Stadt3, Stadt4, Stadt5, Stadt6,
Stadt7, Stadt8 und/oder Stadt9.        
Es hat die Beklagte ferner verurteilt, es unter Androhung
der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu
Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit Burger-Restaurants bei Facebook für
Standorte der Restaurantkette „A“ mit Gefällt-mir-Angaben
(„Likes“) von Nutzern zu werben und/oder werben zu lassen, die von
den jeweiligen Nutzern ursprünglich für solche Restaurants, die nicht der
A-Restaurantkette angehören, nämlich insbesondere für solche des
Franchise-Systems der Klägerin „B“ abgegeben wurden, wie geschehen
auf den Facebook-Seiten der Beklagten für die Restaurants „A“ in
Stadt1, Stadt2, Stadt3, Stadt4, Stadt5, Stadt6, Stadt7, Stadt8 und/oder Stadt9.
Des Weiteren hat das Landgericht die Beklagte zur
Auskunftserteilung verurteilt und das Bestehen einer
Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach festgestellt.   
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.       
Da die Beklagte in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor
dem Senat am 1. März 2018 säumig war, erging ein Versäumnisurteil, mit dem die
Berufung der Beklagten gegen das am 21. Dezember 2016 verkündete Urteil der 6.
Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main zurückgewiesen wurde.        
Hiergegen hat die Beklagte Einspruch eingelegt.            
Die Beklagte beantragt,              
das Versäumnisurteil vom 1. März 2018 aufzuheben und die
Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
das Versäumnisurteil vom 1. März 2018 aufrechtzuerhalten.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die
gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen Bezug genommen.               
II.           
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Die
Klägerin hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 3, 5
Abs. 1 Satz 1 UWG wegen der auf den Facebook-Seiten der Beklagten abgegebenen
Bewertungen und Likes für ihre neuen „A“-Standorte, die jedoch
tatsächlich für „B“-Restaurants abgegeben wurden.   
Die Parteien sind Mitbewerber im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3
UWG, da sie in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen. Dabei kommt es
allerdings entscheidend darauf an, dass die Parteien bereits im Zeitpunkt der
Verletzungshandlung in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis standen (BGH GRUR
2016, 1187 (BGH 10.03.2016 – I ZR 183/14) – Stirnlampen Tz. 16). Die
Verletzungshandlung liegt in dem Veröffentlichen von Bewertungen und Likes auf
den Facebook-Seiten der Beklagten für ihre A-Restaurants, die sich tatsächlich
auf Filialen der B-Restaurantkette beziehen. Diese Verletzungshandlung endete
nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten im April 2016 nach Erlass der
einstweiligen Verfügung durch das Landgericht Frankfurt am Main. Zu diesem
Zeitpunkt bestand der Systempartnervertrag zwischen den Parteien, der jeweils
eine exklusive Nutzung der einzelnen Bundesländer vorsah, nicht mehr. Dieser
Vertrag endete zum 31.03.2016. Nach Beendigung des Vertrages war jede der
Parteien frei darin, mit ihrem eigenen Franchise-System zu expandieren. Da
gastronomische Franchise-Systeme auf eine solche Expansion auch von vornherein
angelegt sind, bestand bereits zu diesem Zeitpunkt ein zumindest potentielles
Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien. Zum derzeitigen Zeitpunkt besteht
das erforderliche Wettbewerbsverhältnis jedenfalls wegen der von beiden
Parteien in Stadt2 betriebenen Restaurants.           
Die angegriffene Werbung ist gemäß § 5 UWG irreführend. Die
Beklagte hat sowohl die Bewertungen als auch die Likes, die die Restaurants
während ihrer Zeit als Teil des systemgastronomischen Konzepts der Klägerin
erworben haben, unverändert auch für ihre nunmehr neuen A-Restaurants bestehen
lassen. Damit erweckt sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen die Fehlvorstellungen,
dass die Bewertungen und Likes für die unter dem „A-Konzept“
erbrachten Gastronomiedienstleistungen abgegeben wurden, was tatsächlich nicht
der Fall ist. Dass die Beklagte diese Facebook-Seiten selbst aufgebaut hat,
steht einer Irreführung nicht entgegen. Der Fehlvorstellung wird auch nicht
dadurch begegnet, dass teilweise im Fließtext die Bezeichnung „B“
auftaucht. Entscheidend ist, dass in der Überschrift jeweils nur der Name
„A“ genannt ist.        
Die Beklagte hätte diese Irreführungsgefahr durch Nutzung
einer neuen Facebook-Seite ausräumen können. Ihre Ausführungen zur fehlenden
Einflussmöglichkeit auf die „Gefällt-mir“-Angaben der Facebook-Nutzer
sind daher unerheblich.     
Die Schadensersatzfeststellungsklage ist begründet gemäß §§
256 ZPO, 9 UWG.          
Die auf Erteilung von Auskünften gerichtete Klage hat ihre
Rechtsgrundlage in §§ 242, 259 BGB.           
Der Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher
Rechtsverfolgungskosten folgt aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG.  
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung (§ 543 ZPO)
liegen nicht vor.              

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OLG Frankfurt a.M. – Unwirksamkeit des Verkaufs von Adressdaten bei fehlender Einwilligung der Adressinhaber

Das OLG Frankfurt a. M. hat mit
Urteil
vom 24.01.2018, Az. 13 U 165/16
entschieden, dass ein Vertrag über Verkauf
von Adressdaten, die ohne Zustimmung nach § 28 BDSG erfasst wurden,
sittenwidrig und die Vertragsparteien keinerlei Ansprüche aus dem
Vertragsverhältnis geltend machen können. Dies gilt sowohl für
Zahlungsansprüche, Gewährleistungsansprüche und Schadensersatzansprüche.
   
            
Leitsätze:
1. Zur Nichtigkeit des
Vertrages, mit dem der Insolvenzverwalter einer Adresshandelsfirma Adressdaten
an einen Dritten verkauft, wegen Verstoßes gegen § 28 Abs. 3 BDSG und § 7 Abs.
2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 1 UWG.
2. Zur Anwendbarkeit
des sog. Listenprivilegs nach § 28 Abs. 3 Satz 2 BDSG
3. Zur Frage der
Erteilung einer wettbewerbsrechtlichen Einwilligung der Adressinhaber im Rahmen
von AGB
4. Zum Ausschluss des
Rückforderungsanspruchs des Käufers eines nichtigen Adresshandelsvertrages
hinsichtlich des Kaufpreises wegen § 817 Satz 2 BGB.

Gründe:
I.            
Die Klägerin macht
gegenüber dem Beklagten vertragliche Gewährleistungs- bzw.
Schadensersatzansprüche aus abgetretenem Recht geltend. 
Die Klägerin ist eine
Gesellschaft, die unter anderem auf dem Gebiet des Adresshandels tätig ist. Der
Geschäftsführer der Klägerin, A, war früher der Geschäftsführer der B GmbH.
Über das Vermögen der B GmbH ist mit Beschluss des Amtsgerichts Stadt1 –
Insolvenzgericht – vom ….2010 das Insolvenzverfahren eröffnet worden,
Insolvenzverwalter ist der Beklagte.           
Mit Vertrag vom 30.9.2010
(Anlage K 1, Bl. 9 ff. d. A.) verpflichtete sich der Beklagte an den
Geschäftsführer der Klägerin verschiedene Internet-Domains einschließlich der
über diese generierten Adressen für einen Preis von 15.000,00 € netto zu
übertragen. Die Daten wurden auf einem USB-Stick übergeben. Ursprünglich
befanden sie sich auf zwei Servern der B GmbH.
Die
Geschäftsausstattung der B GmbH, inklusive der vorgenannten Server, erwarb die
C OHG für einen Kaufpreis von 1.971,78 € netto. Die Rechnung vom 10.2.2011 (Anlage
K 2, Bl. 12) stellte die Streithelferin, die von dem Beklagten mit der
Verwertung des Inventars der B GmbH beauftragt worden war (vgl. Bl. 3 d. A.).            
Die C OHG verkaufte die
vorgenannten Server inklusive Software und aller Inhalte für einen Kaufpreis
von 1.400,00 € netto (Rechnung vom 4.5.2011, Anlage K 3, Bl. 15 d. A.) an die
D1 GmbH.       
Auf Aufforderung der C
OHG (E-Mail vom 25.5.2011, Bl. 26 d. A.) gab die D1 GmbH die Server samt
Software an die C OHG zurück. Ob Herr D die Adressen in seinem Bestand gelöscht
hat, ist streitig.     
Die Klägerin forderte
den Beklagten erfolglos auf, die als Anlage K 11 (Bl. 49 d. A.) vorgelegte
Unterlassungserklärung zu unterzeichnen.               
Mit
Abtretungsvereinbarung vom 8.3.2012 (Anlage K 14, Bl. 142 d. A.) übertrug der
Geschäftsführer der Klägerin an die Klägerin „sämtliche Rechte aus der
Vereinbarung mit Herrn K vom 30.09.2010 an den oben im Einzelnen aufgelisteten
Domains einschließlich der Seiten und den darüber generierten Adressen, sowie
die Namens-, Firmen- und Markenrechte“.             
Die Klägerin hat
behauptet, die D1 GmbH habe den auf den Servern vorhandenen Adressbestand von
rund einer Million Adressen jedenfalls in dem Zeitraum vom 4.5.2011 bis zum
25.5.2011 zur Versendung von Werbe-E-Mails für die Internetseite www.(…).de
genutzt. Durch die Nutzung der Adressen durch die D1 GmbH hätten diese 2/3
ihres ursprünglichen Wertes verloren. Sie nimmt den Beklagten auf Zahlung von
11.900,00 € und Unterlassung der Verwendung der Adressen in Anspruch.        
Die Klägerin hat
beantragt,        
1.           
den Beklagte zu
verurteilen, an die Klägerin 11.900,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 12.07.2011 zu bezahlen;          
2.           
den Beklagten zu
verurteilen, es zu unterlassen, Adressen und Adressdaten, die ihm über die
Internet-Domain … (Aufzählung wird nicht dargestellt – die Red.) zur Kenntnis
gelangten, an andere Personen oder sonstige Rechtspersönlichkeiten mit oder
ohne Entgelt weiterzugeben, sowie die genannten Adressen und Adressdaten in
irgend einer sonstigen Weise zu verwenden; 
3.           
dem Beklagten für jeden
Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung gemäß Nr. 2 die
Verhängung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,0 € ersatzweise Ordnungshaft bis
zu 6 Monaten anzudrohen;    
4.           
den Beklagten zu verurteilen,
an den Kläger 755,80 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.       
Der Beklagte hat
beantragt,      
die Klage abzuweisen. 
Der Beklagte hat
behauptet, er habe der Streithelferin die Server mit der ausdrücklichen
Anordnung übergeben, sämtliche Daten vor dem Verkauf der Server zu löschen.                Abs. 23
Im Übrigen wird
anstelle einer Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes auf
den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.        
Das Landgericht hat
Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen E, F, G und D sowie durch Einholung
eines Sachverständigengutachtens des H. Wegen des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom
9.10.2012 (Bl 223 ff. d. A.), 5.2.2013 (Bl. 271 ff. d. A.), 21.7.2013 (Bl. 599
d. A.) sowie das schriftliche Gutachten vom 14.10.2015 (Bl. 482 ff. d. A.)
Bezug genommen.             
Mit am 21.7.2016
verkündetem Urteil, dem Beklagten zugestellt am 4.8.2016, hat das Landgericht
der Klage vollumfänglich stattgegeben. Zur Begründung führt es aus, der
Klägerin stehe gegenüber dem Beklagten aus abgetretenem Recht des
Geschäftsführers der Klägerin ein Zahlungsanspruch in Höhe von 11.900,00 €
gemäß §§ 434, 441 BGB zu, weil der Beklagte die mit Kaufvertrag vom 30.9.2010
übertragenen Daten diesem nicht zur ausschließlichen Nutzung übertragen habe.
Aufgrund einer unzureichenden Löschung der Daten auf den Servern und Computern
der Schuldnerin habe er dieser vielmehr die Möglichkeit eröffnet, dass Dritte
ebenfalls Kenntnis von den Daten erhalten. Aus der Beweisaufnahme ergebe sich,
dass keine professionelle Löschung der Daten stattgefunden habe. Ferner ergebe
sich aus dem Sachverständigengutachten, dass die Daten durch die Versendung der
Erotik-Emails durch den Käufer der Hardware, D, einen Wertverlust erlitten
hätten. Dieser sei mit 2/3 des Wertes anzusetzen. Die Klägerin habe gegenüber
dem Beklagte auch einen Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 5, 8 UWG. Da der Beklagte
die Daten selbst vorher verkauft habe und sich des Wertes der Daten bewusst
sei, sei er als Mitbewerber anzusehen. Die Wiederholungsgefahr werde vermutet.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen
Urteils (Bl. 609 ff. d. A.) Bezug genommen.
Hiergegen hat der
Beklagte mit Schriftsatz vom 2.9.2016 (Bl. 627 d. A.), eingegangen bei Gericht
am selben Tag, Berufung eingelegt, die er mit Schriftsatz vom 27.10.2016 (Bl.
658 ff. d. A.), eingegangen bei Gericht am 28.10.2016, begründet hat. Im Rahmen
seiner Berufung verfolgt der Beklagte seinen erstinstanzlichen
Klageabweisungsantrag weiter. Er trägt vor:
Ein Zahlungsanspruch
des Klägers bestehe nicht gegenüber dem Beklagten, sondern allenfalls gegenüber
der C OHG, weil diese die Rechtsverletzung begangen habe, indem sie die Daten
aus einer Datenbank im Sinne des § 87a UrhG ohne ein entsprechendes Recht nach
§§ 16 ff. UrhG genutzt und hierdurch einen wirtschaftlichen Vorteil gezogen
habe.          
Die Daten seien
ordnungsgemäß von der Streithelferin gelöscht worden und lediglich durch die
Verwendung einer sog. Recovery-Software wiederhergestellt worden. Der Klägerin
wäre es im Rahmen ihrer Schadensminderungspflicht auch zuzumuten gewesen,
zunächst die C OHG als direkte Schädigerin in Anspruch zu nehmen.      
Der Beklagte habe dem
Geschäftsführer der Klägerin auch keine sichere Löschung der Daten zugesichert.
Allenfalls könne es sich hierbei um eine vertragliche Nebenpflicht gehandelt
haben. Es habe zu keinem Zeitpunkt Anzeichen dafür gegeben, dass mit einer
rechtswidrigen Handlung der C OHG zu rechnen sei. 
Die Klägerin habe die
Schadenshöhe nicht substantiiert dargelegt. Das Gutachten H mache lediglich
allgemeine Aussagen und sei als Grundlage für eine Schadensschätzung nicht
geeignet. Hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs habe das Landgericht in den
Entscheidungsgründen überhaupt keine Feststellungen getroffen. Gesetzliche
Unterlassungsansprüche seien nicht isoliert abtretbar. Der Beklagte selbst habe
keine Adressen Dritten zugänglich gemacht. Es fehle auch jeglicher Vortrag zur
Wiederholungsgefahr. Die Server seien schließlich unstreitig aus dem Verkehr
gezogen und würden nicht länger genutzt.
Der Beklagte beantragt,             
unter Abänderung des am
21.7.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Darmstadt zu dem Aktenzeichen 16
O 272/11 die Klage insgesamt abzuweisen.           
Die Klägerin beantragt,
die Berufung
zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt
das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag
und trägt vor:
Nach der Beweisaufnahme
stehe fest, dass ein Zugriff auf alle auf den Festplatten gespeicherten Daten
ohne spezielle Programme problemlos möglich und damit rund eine Million Daten
von D nutzbar gewesen seien. Es verstehe sich von selbst, dass der Beklagte die
Adressdaten nicht noch einmal verkaufen könne, wenn er das Eigentum an diesen
bereits an die Klägerin übertragen habe. Der Beklagte habe seiner
kaufvertraglichen Verpflichtung zur Übertragung des alleinigen Eigentums an den
Daten mithin nicht genügt. Bei den Daten handele es sich nicht um eine
Datenbank im Sinne des § 87a UrhG. Selbst wenn alle Adressaten, die D sofort
nach Erhalt der Adressdaten kontaktiert habe, gegenüber der B GmbH eine
Opt-In-Erklärung abgegeben hätten, wirke diese Erklärung nicht zugunsten des D
oder des Beklagten. Das Einverständnis der Adressaten habe sich vielmehr
ausschließlich auf die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin bezogen.               
Auf einen Hinweis des
Senats (Bl. 732 d. A.) hat die Klägerin – vom Beklagten mit Nichtwissen
bestritten – im Berufungsverfahren ergänzend wie folgt vorgetragen:              
Sämtliche Adressdaten –
nämlich Name, Anschrift, E-Mail-Adresse und Telefonnummer – seien seinerzeit
von der B GmbH anlässlich eines Gewinnspiels erhoben worden. Dabei hätten die
Betroffenen jeweils folgende Einwilligungserklärung (Anlage K 30, Bl. 750 d.
A.) abgegeben:
„Ich akzeptiere
die Teilnahmebedingungen und bin damit einverstanden, von Ihnen, den Sponsoren
und anderen Unternehmen telefonisch, per E-Mail oder SMS interessante
Informationen, Angebote und Lotto-Glückspielmöglichkeiten zu erhalten.“    
Das Gewinnspiel habe
auch wirklich stattgefunden. Das ausgelobte Auto sei verlost und übergeben
worden. Diese Erklärung habe den damaligen rechtlichen Vorgaben entsprochen.
Wenn der Kaufvertrag nach § 134 BGB nichtig sei, könne der Kläger nach
Bereicherungsrecht den Kaufpreis zurückverlangen, insbesondere stehe dem nicht
§ 817 S. 2 BGB entgegen. Es könne nicht sein, dass der Klägerin der derzeitige
Stand der Rechtsprechung zu einem Zeitpunkt angelastet werde, wo dies weder
erkennbar noch absehbar gewesen sei. Der Geschäftsführer der Klägerin habe
Verlautbarungen in den Printmedien geglaubt habe, wonach der I für den Erwerb
der Adressdaten der J-Kunden 4,35 Millionen € bezahlt habe. Auch andere
Unternehmen hätten diese Daten genutzt.          
In der mündlichen
Verhandlung über die Berufung vom 22.11.2017 (Bl. 775 d. A.) hat die Klägerin
ergänzt, dass die streitbefangenen Adressdaten in den Jahren 1999 bis 2010
erhoben worden seien.    
Nach der mündlichen
Verhandlung über die Berufung hat die Klägerin im nicht nachgelassenen
Schriftsatz vom 27.12.2017 (Bl. 778 ff. d. A.) weiter vorgetragen. Insbesondere
hat sie ausgeführt, bei den streitgegenständlichen ca. eine Million Adressen
seien bei ca. 90 % neben der Postanschrift auch weitere Adressdaten beigefügt,
wie z.B. die E-Mail-Adresse oder teilweise auch die Telefonnummer.     
Wegen des weiteren
Vorbringens der Parteien wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.      
II.           
1. Die Berufung des
Beklagten ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt
und begründet worden.               
2. Die Berufung hat
auch in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht aus abgetretenem Recht ihres
Geschäftsführers weder der geltend gemachte Zahlungsanspruch noch der geltend
gemachte Unterlassungsanspruch zu. Damit entfällt gleichermaßen ein Anspruch
auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
a) Die Klägerin kann
von dem Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Zahlung von 11.900,00
€ aus abgetretenem Recht verlangen.            
aa) Insbesondere ergibt
sich ein entsprechender Zahlungsanspruch nicht aus dem Vertrag vom 30.9.2010,
weil dieser mangels erforderlicher Einwilligung der Adressinhaber in den
Verkauf ihrer Daten an den Geschäftsführer der Klägerin wegen Verstoßes gegen §
28 Abs. 3 BDSG und § 7 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 1 UWG gemäß § 134 BGB nichtig
ist.             
aaa) Der in dem Vertrag
vom 30.9.2010 vereinbarte Verkauf der – über die dort im Einzelnen bezeichneten
Webseiten generierten – Daten verstößt gegen § 28 Abs. 3 BDSG. Nach § 28 Abs. 3
BDSG ist die Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten für Zwecke des
Adresshandels oder der Werbung (nur) zulässig, soweit der Betroffene
eingewilligt hat (§ 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG) oder das sog. Listenprivileg (§ 28
Abs. 3 Satz 2 BDSG) eingreift. Der Begriff der personenbezogenen Daten umfasst
dabei alle Informationen, die über eine Bezugsperson etwas aussagen oder mit
ihr in Verbindung zu bringen sind (BGH, Urt. v. 23.6.2009, VI ZR 196/08, juris
Rn. 17), worunter unzweifelhaft die streitgegenständlichen
„klassischen“ Daten wie Name, Postanschrift, Telefonnummer und
E-Mail-Adresse einer Person fallen, die seitens der B GmbH mittels der von der
Klägerin vorgelegten Adressenerfassungsmaske (Anlage K 30, Bl. 750 d. A.)
erhoben worden sind.         
Im Streitfall liegt
eine Nutzung der Daten für Zwecke des Adresshandels vor. Unter Adresshandel im
Sinne des § 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG ist jede Vermarktung von Dateien zu
verstehen, die diejenigen Daten enthalten, die für die Kontaktaufnahme mit
einer Person benötigt werden, wie etwa Name, Postanschrift, E-Mail-Adresse und
Telefonnummer. Unerheblich ist, ob die Daten verkauft, vermietet oder in
sonstiger Form überlassen werden (vgl. Plath, BDSG/DSGVO, 2. A. 2016, § 28
BDSG, Rn. 106). Entgegen der Ansicht des Beklagten fällt hierunter auch der
(einmalige) Verkauf von Daten im Rahmen der Insolvenzverwertung, denn auch
hierbei handelt es sich um eine Vermarktung im Sinne einer Realisierung des
(vermeintlichen) wirtschaftlichen Wertes der Daten. Zutreffend ist aber, dass
hier kein geschäftsmäßiger Adresshandel im Sinne des § 29 Abs. 1 BDSG vorliegt,
denn Geschäftsmäßigkeit erfordert ein auf Wiederholung ausgerichtetes Handeln
(BGH, Urt. v. 23.6.2009, VI ZR 196/08, juris Rn. 24; Erbs/Kohlhaas/Ambs,
Strafrechtliche Nebengesetze, Stand Oktober 2017, § 29 BDSG Rn. 1).           
Der Verkauf der
streitgegenständlichen Daten fällt nicht unter das sog. Listenprivileg des § 28
Abs. 3 Satz 2 BDSG. Listendaten im Sinne dieser Vorschrift sind listenmäßig
oder sonst zusammengefasste Daten über Angehörige einer Personengruppe, die
sich auf die Zugehörigkeit des Betroffenen zu dieser Personengruppe, seine
Berufs-, Branchen- oder Geschäftsbezeichnung, seinen Namen, Titel, akademischen
Grad, seine Anschrift und sein Geburtsjahr beschränken. Die Klägerin hat
insofern bereits nicht dargelegt, dass es sich hier um zusammengefasste Daten von
Angehörigen einer bestimmten Personengruppe handelt. Ferner beschränken sich
die verkauften Daten nach ihrem eigenen Vortrag gerade nicht auf die
vorgenannten Arten, sondern der Vertrag erfasst auch Telefonnummern und
E-Mail-Adressen. Selbst wenn Listendaten im Sinne der vorgenannten Vorschrift
vorlägen, dürften diese nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 28 Abs. 3 Satz 2
BDSG überdies nur für Zwecke der Werbung und nicht für Zwecke des Adresshandels
genutzt werden. Dass es sich hierbei um unterschiedliche Nutzungszwecke handelt
und nicht etwa der Adresshandel als Unterfall der Werbung anzusehen ist, ergibt
sich bereits aus § 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG. 
Es liegt auch keine
wirksame Einwilligung der Adressinhaber zur Nutzung ihrer personenbezogenen
Daten für Zwecke des Adresshandels gemäß § 4a Abs. 1, § 28 Abs. 3b BDSG vor.
Nach § 4a Abs. 1 Satz 1 und 2 BDSG ist eine Einwilligung nur wirksam, wenn sie
auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruht, der auf den vorgesehenen
Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung sowie, soweit nach den Umständen
des Einzelfalles erforderlich oder auf Verlangen, auf die Folgen der
Verweigerung der Einwilligung hinzuweisen ist. Die Einwilligungserklärung ist
damit für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage abzugeben (BGH, Urt.
v. 16.7.2008, VIII ZR 348/06, juris Rn. 23). Dabei muss die Aufforderung zur
Einwilligungsabgabe jedenfalls die verantwortliche Stelle und Kategorien von
Empfängern identifizieren (Plath, BDSG, 2. A. 2016, § 4a BDSG, Rn. 32). Nach §
4a Abs. 1 Satz 3 bedarf die Einwilligung der Schriftform, soweit nicht wegen
besonderer Umstände eine andere Form angemessen ist. Soll die Einwilligung
zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden, ist sie gemäß § 4a
Abs. 1 Satz 4 BDSG besonders hervorzuheben. Nach § 28 Abs. 3b BDSG darf die
verantwortliche Stelle den Abschluss eines Vertrags außerdem nicht von einer
Einwilligung des Betroffenen nach Absatz 3 Satz 1 abhängig machen, wenn dem
Betroffenen ein anderer Zugang zu gleichwertigen vertraglichen Leistungen ohne
die Einwilligung nicht oder nicht in zumutbarer Weise möglich ist
(Koppelungsverbot).               
Im Streitfall haben die
Adressinhaber nicht in den streitgegenständlichen Verkauf ihrer
personenbezogenen Daten wirksam eingewilligt. Nach dem von der Klägerin
vorgetragenen Wortlaut der Einwilligungserklärung sind schon weder die
betroffenen Daten noch die Kategorien etwaiger Datenempfänger oder der
Nutzungszweck konkret genug bezeichnet, um den vorstehenden Anforderungen zu
genügen. Selbst wenn man davon ausginge, dass die dort genannten Nutzungszwecke
konkret genug bezeichnet wären, läge jedenfalls keine Einwilligung in eine
Nutzung der Daten für Zwecke des Adresshandels vor. Schließlich vermag der
Senat eine besondere Hervorhebung der Einwilligungserklärung im Sinne des § 4a
Abs. 1 Satz 4 BDSG weder auf der Anlage K 30 (Bl. 750 d. A.) noch auf der in
der mündlichen Verhandlung vom 22.11.2017 vorgelegten und zu Protokoll
genommenen Kopie einer Adresserfassungsmaske (Bl. 773 d. A.) zu erkennen, so
dass es auf die Frage, ob letztere verspätet vorgelegt wurde, im Weiteren nicht
ankommt.        
bbb) In dem Vertrag vom
30.9.2010 verpflichten sich die Parteien überdies, systematisch gegen § 7 Abs.
2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 1 UWG zu verstoßen (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2013,
33 O 95/13, juris Rn. 22; Schaffland/Wiltfang/Holthaus, DSVGO/BDSG, § 29 Rn.
11). Nach § 7 Abs. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung, durch die ein
Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, unzulässig. Dies gilt
insbesondere für Werbung, obwohl erkennbar ist, dass der angesprochene
Marktteilnehmer diese Werbung nicht wünscht. Eine unzumutbare Belästigung ist
dabei nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG stets anzunehmen bei Werbung unter Verwendung
elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des
Adressaten vorliegt. Werden Daten verkauft, die (später) zu Werbezwecken
eingesetzt werden, muss sich die Einwilligung damit sowohl am BDSG als auch am
UWG messen lassen.        
Dabei kann die
wettbewerbsrechtliche Einwilligung – wie im Streitfall – auch im Rahmen
vorformulierter allgemeiner Geschäftsbedingungen erteilt werden. Die
Einwilligung muss allerdings ebenfalls für den konkreten Fall und in Kenntnis
der Sachlage erteilt werden (BGH, Urt. v. 25.10.2012, I ZR 169/10, juris Rn.
24; OLG Hamburg, Urt. v. 4.3.2009, 5 U 260/08; Plath, BDSG, 2. A. 2016, § 4a
BDSG, Rn. 63). Insbesondere muss klar sein, welche Produkte oder
Dienstleistungen welcher Unternehmen sie konkret erfasst (BGH, Urt. v.
25.10.2012, I ZR 169/10, juris Rn. 24). Soll die Einwilligung auf weitere
Unternehmen erstreckt werden, so müssen diese in der Einwilligungserklärung mit
Namen und Adresse aufgeführt sind, weil sonst – gerade bei einer Vielzahl von
begünstigten Unternehmen – die Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs der
Einwilligung gegenüber dem Werbenden unangemessen beschränkt wird (OLG Koblenz,
Urt. v. 26.3.2014, 9 U 1116/13, juris Rn. 39 m.w.N.). Es liegt auf der Hand,
dass die von der B GmbH verwendete pauschale Einwilligungserklärung diesen
Anforderungen nicht genügt. Insbesondere haben die Betroffenen gerade nicht in
einen Verkauf der Daten an den Geschäftsführer der Klägerin eingewilligt.         
ccc) Sowohl der Verstoß
gegen § 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG als auch der Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3
i.V.m. Abs. 1 UWG führt zu einer Nichtigkeit des gesamten Vertrags vom
30.9.2010 gemäß § 134 BGB. 
In Rechtsprechung und
Literatur ist anerkannt, dass ein Vertrag, der zur Begehung unlauteren
Wettbewerbs verpflichtet, gemäß § 134 BGB nichtig ist (OLG Stuttgart, Beschluss
v. 26.08.2008, 6 W 55/08, juris Rn. 8 ff.; LG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2013,
33 O 95/13, juris Rn. 22; Schaffland/Wiltfang/Holthaus, DS-GVO/BDSG, § 29 BDSG
Rn. 11; MüKoBGB/Armbrüster, 7. A. 2015, § 134 Rn. 67; Palandt/Ellenberger, BGB,
76. A. 2017, § 134 Rn. 24). Gleiches gilt aber auch für einen
Adresshandelsvertrag, der gegen § 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG verstößt, weil die für
eine Nutzung der Daten für Zwecke des Adresshandels erforderliche Einwilligung
der Betroffenen fehlt. Zwar ist nicht jedes Gesetz, das Rechtsgeschäfte
beschränkt oder an bestimmte Voraussetzungen bindet, ein Verbotsgesetz im Sinne
des § 134 BGB. Vielmehr muss im Wege der Auslegung ermittelt werden, ob ein
Verbot vorliegt und ob dieses die Nichtigkeit des betroffenen Rechtsgeschäfts
nach sich zieht. Ein Verbotsgesetz liegt dabei regelmäßig vor, wenn die
betreffende Regelung bezweckt, ein Geschäft als solches zu untersagen, und sich
nicht lediglich gegen die Umstände seines Zustandekommens wendet (MüKoBGB/Armbrüster,
7. A. 2015, § 134 Rn. 42). Der Wortlaut des § 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG(„ist
zulässig“) ist dabei ebenso als Indiz für einen Verbotscharakter zu werten
wie der Umstand, dass es sich hierbei um zwingendes Recht handelt
(MüKoBGB/Armbrüster, 7. A. 2015, § 134 Rn. 45, 46). Entscheidend ist aber, dass
§ 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG sich konkret gegen eine rechtsgeschäftliche Nutzung von
personenbezogenen Daten, nämlich für Zwecke des Adresshandels richtet, soweit
eine wirksame Einwilligung des Betroffenen nicht vorliegt. Damit bezweckt die
Norm, den Adresshandel ohne Einwilligung des Betroffenen als solchen zu
untersagen. Rechtsfolge ist die Nichtigkeit des Adresshandelsvertrags, da sich
aus § 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG nicht im Sinne von § 134 BGB“ein anderes“
ergibt.              
Einer derartigen
Auslegung steht auch nicht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom
27.2.2007 (XI ZR 195/05, zitiert nach juris) entgegen, da es hier um die Frage
ging, ob § 28 BDSG ein gesetzliches Abtretungsverbot im Sinne des § 134 BGB
begründet, was der Bundesgerichtshof verneint hat. Der Bundesgerichtshof
argumentiert hier zu Recht, die Nichtigkeit der Abtretung einer
Darlehensforderung wegen Verstoßes gegen Datenschutzbestimmungen – fehlende
Einwilligung des Betroffenen in die Weitergabe der für die Geltendmachung der
Forderung erforderlichen Informationen an den Zessionar – könne nicht
angenommen werden, weil ansonsten in weiten Bereichen die nach § 398 BGB vom
Gesetzgeber gewollte grundsätzliche Abtretbarkeit von Geldforderungen ausgehebelt
würde. Dabei handelt es sich erkennbar um Erwägungen, die bei der Frage, ob §
28 Abs. 3 Satz 1 BDSG einen Adresshandel ohne Einwilligung des Betroffenen
verbietet, keine Rolle spielen. Vielmehr tritt klar hervor, dass die
datenschutzrechtlichen Bestimmungen bei dem vom Bundesgerichtshof zu
entscheidenden Fall die Umstände des Zustandekommens des Rechtsgeschäfts
betrafen, während sie im hier zur Entscheidung stehenden Fall das
Rechtsgeschäft als solches verhindern wollen.           
Entgegen der Ansicht
der Klägerin erfasst die Nichtigkeit vorliegend auch den gesamten Vertrag. Im
Zweifel ist bei einer Nichtigkeit gemäß § 134 BGB von einer Gesamtnichtigkeit
auszugehen (MüKoBGB/Armbrüster, 7. A. 2015, § 134 Rn. 105; Palandt/Ellenberger,
BGB, 76. A. 2017, § 134 Rn. 13). Aus dem Zweck des § 28 Abs. 3 BDSG bzw. des §
7 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 1 UWG ergibt sich auch nichts anderes.
Zahlungsansprüche können hiernach aus dem Vertrag vom 30.9.2010 nicht mehr
geltend gemacht bzw. abgetreten werden.
bb) Der Klägerin steht
auch kein Anspruch auf (Teil-)Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises gemäß §
812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB aus abgetretenem Recht zu, weil ein solcher gemäß
§ 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen ist.       
Ein
Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB ist gemäß § 817 Satz
2 BGB ausgeschlossen, wenn beiden Vertragsparteien ein Gesetzesverstoß zum
Zeitpunkt der Leistung zur Last fällt, was vorliegend – wie bereits ausgeführt
– im Hinblick auf § 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG und § 7 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 1
UWG gegeben ist.      
Der Geschäftsführer der
Klägerin hat darüber hinaus als Leistender auch, wie es der subjektive
Tatbestand des § 817 Satz 2 BGB erfordert, vorsätzlich gegen die vorgenannten
Vorschriften verstoßen. Ein solcher Vorsatz ist nämlich bereits dann
anzunehmen, wenn sich der Leistende der Einsicht in die Gesetzeswidrigkeit
leichtfertig verschließt (OLG Stuttgart, Beschluss v. 26.8.2008, 6 W 55/08,
juris Rn. 14; Palandt/Sprau, 76. A. 2017, § 817 Rn. 17; MüKoBGB/Schwab, 7. A.
2017, § 817 Rn. 84). Hierfür spricht im Streitfall schon, dass bei dem
Geschäftsführer der Klägerin als früherem Geschäftsführer der B GmbH, einer
unter anderem gerade im Bereich des Adresshandels tätigen Gesellschaft, davon
ausgegangen werden kann, dass er mit den entsprechenden gesetzlichen
Vorschriften vertraut war. Ihm war überdies in dieser Eigenschaft unstreitig
bekannt, in welchem Umfang die Adressinhaber eine Einwilligung in die
Datenweitergabe erteilt hatten. Entscheidend ist aber, dass der Geschäftsführer
der Klägerin in einer E-Mail vom 24.5.2011 (Anlage K 4, Bl. 16 d. A.) selbst
Herrn D darauf hingewiesen hat, dieser habe als Datenschutzexperte auf jeden
Fall wissen müssen, dass er die Adressen gar nicht habe nutzen dürfen, weil zu
seinen Gunsten keine Einwilligungserklärungen vorgelegen hätten. War dem
Geschäftsführer dieses aber bewusst – und es ist aufgrund des Wortlauts
(„auf jeden Fall“) davon auszugehen, dass es sich hierbei nicht um
neuerworbenes Wissen handelte – so war ihm zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses
gleichermaßen bewusst, dass auch zu seinen eigenen Gunsten keine
Einwilligungserklärungen vorlagen, sondern allenfalls solche zugunsten der B
GmbH, die freilich eine eigenständiger Rechtsträger ist.
Soweit die Klägerin darauf
verweist, der Geschäftsführer der Klägerin habe zur Gestaltung der
Einwilligungserklärungen Rechtsrat bei fachspezifizierten Rechtsanwälten
eingeholt und sich hieran orientieren dürfen, vermag der Senat dies anhand der
– mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 27.12.2017 vorgelegten – E-Mail vom
26.1.2009 (Anlage K 32, Bl. 784 d. A.) nicht nachzuvollziehen. Die von der B
GmbH tatsächlich verwendete Einwilligungserklärung weicht jedenfalls von den
dort vorgeschlagenen Einwilligungserklärungen inhaltlich deutlich ab, so dass
der Geschäftsführer der Klägerin dem dortigen Rechtsrat offensichtlich gerade
nicht gefolgt ist. Ob dieser rechtlich zutreffend oder die vorgenannte E-Mail
rechtzeitig in den Rechtsstreit eingeführt worden ist, kann damit dahingestellt
bleiben. Ein leichtfertiges Sich-Verschließen vor der Einsicht in die
Gesetzeswidrigkeit scheidet schließlich auch nicht deswegen aus, weil der
Geschäftsführer der Klägerin – wie diese vorträgt – Verlautbarungen in den
Printmedien geglaubt habe, dass der I für den Erwerb der Adressdaten der
J-Kunden 4,35 Millionen € bezahlt hat. Auch wenn derartige Verlautbarungen
zutreffend gewesen sein mögen, der Glaube an die Richtigkeit dieser Information
also gerechtfertigt war, ergibt sich hieraus nach dem Vortrag der Klägerin
gerade nicht, in welchem Umfang die J-Kunden zuvor in eine Übertragung ihrer
persönlichen Daten eingewilligt hatten.
Soweit die
Rechtsprechung zur Vermeidung von unbilligen Ergebnissen gelegentlich
Einschränkungen des § 817 Satz 2 BGB vornimmt, kommen diese im Streitfall nicht
zum Tragen. Insbesondere sind keine sozialpolitischen Zwecke erkennbar, die
eine solche rechtfertigen würden (vgl. hierzu Palandt/Sprau, 76. A. 2017, § 817
Rn. 18). Der hier in Rede stehende Verbotszweck soll auch nicht dem Schutz des
Käufers der Adressen dienen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss v. 26.8.2008, 6 W
55/08, juris Rn. 15), sondern dem Schutz der betroffenen Dateninhaber.          
Dass, wie die Klägerin
schließlich einwendet, der Beklagte, dem gleichermaßen ein Gesetzesverstoß zur
Last gelegt werde, im Ergebnis besser gestellt werde als sie, weil er nun den
Kaufpreis behalten dürfe, rechtfertigt ebenfalls keine abweichende Beurteilung.
Die Vorschrift des § 817 BGB Satz 2 versagt zur Verwirklichung des mit einem
Verbotsgesetz verbundenen gesetzgeberischen Anliegens die gerichtliche
Durchsetzbarkeit von Rückabwicklungsansprüchen aus dem gesetzeswidrigen
Rechtsgeschäft. Derjenige, der sich – der Einsicht in die Gesetzeswidrigkeit
leichtfertig verschließend – dennoch auf ein derartiges Rechtsgeschäft
einlässt, leistet auf eigenes Risiko.               
b) Da nach den
vorstehenden Ausführungen der Vertrag vom 30.9.2010 gemäß § 134 BGB nichtig
ist, stehen der Klägerin auch keine Unterlassungsansprüche aus abgetretenem
Recht zum Schutz der streitgegenständlichen Daten zu.         
3. Die
Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.              
4. Die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709
Satz 2 ZPO.     
5. Eine Zulassung der
Revision ist nicht geboten, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung
hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts weder zur Fortbildung des
Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist
(§ 543 Abs. 2 ZPO).      
6. Die
Streitwertfestsetzung richtet sich nach §§ 47 GKG, 3 ZPO.

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OLG Frankfurt – Unlautere Rufausbeutung durch Nachahmung einer bekannten Produktgestaltung auch bei unterscheidungskräftiger Wortmarke – UHU

Das OLG Frankfurt hat durch Beschluss
vom 28.02.2018, Az. 6 W 14/18
entschieden, dass eine unlautere und damit
wettbewerbswidrige Rufausbeutung vorliegt, wenn eine bekannte Produktgestaltung
(hier: schwarz-gelbe Tube für Klebstoff) nachgeahmt wird auch wenn das Produkt
mit einer unterscheidungskräftigen Bezeichnung versehen ist.  Genießt ein Produkt einen großen
Bekanntheitsgrad, dann kann die Nachahmung einer bekannten Produktausstattung
bereits dann eine unlautere Rufausbeutung im Sinne von § 4 Nr. 3b UWG sein,
wenn sich die Wortmarke auf dem Nachahmungsprodukt von demjenigen des
nachgeahmten Produkts unterscheidet.
Leitsatz:
In der Nachahmung einer bekannten Produktausstattung (hier:
schwarz-gelbe Tube für Klebstoff) kann eine unlautere Rufausbeutung im Sinne
von § 4 Nr. 3 b UWG auch dann liegen, wenn sich die Wortmarke auf dem Nachahmungsprodukt
von derjenigen des nachgeahmten Produkts unterscheidet.

Gründe:
I.            
Die Antragstellerin ist einer der deutschlandweit größten
Hersteller von Klebstoffen. Unter anderem vertreibt sie das Produkt „UHU
der Alleskleber“, das in einer Tube mit gelber Grundfarbe und schwarzer
Aufschrift sowie einer schwarzen Verschlusskappe vertrieben wird. Die Variante
„tropffrei“ wird mit einem roten Punkt auf der Tube vertrieben (Bl. 6
der Akten).               
Die Antragsgegnerin ist ein Unternehmen mit Sitz in
Malaysia. Auf der Fachmesse „Paperworld 2018“ in Frankfurt stellte
sie auf ihrem Messestand das im Tenor wiedergegebene Produkt aus. Die
Antragstellerin sieht darin eine unlautere Nachahmung und begehrt Unterlassung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie der gestellten
Anträge wird auf die Antragsschrift sowie die Beschwerdeschrift Bezug genommen.  
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 02.02.2018 die
Eilanträge zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der
Antragstellerin. Den auf Anordnung eines dinglichen Arrests gerichteten Antrag
zu 2. hat sie im Beschwerdeverfahren zurückgenommen.        
II.           
Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.              
1. Es besteht ein Verfügungsgrund. Die Dringlichkeit wird
nach § 12 II UWG vermutet. Gründe, die der Dringlichkeit ausnahmsweise entgegenstehen
können, sind nicht ersichtlich.           
2. Der Antragstellerin steht gegen die Antragsgegnerin ein
Anspruch auf Unterlassung des Anbietens des im Antrag wiedergegebenen Produkts
aus §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 3 b) UWG zu.        
a) Das Produkt „UHU der Alleskleber“ der
Antragstellerin genießt wettbewerbliche Eigenart. Voraussetzung für eine
wettbewerbliche Eigenart eines Erzeugnisses ist, dass seine konkrete
Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten
Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten
hinzuweisen (BGH, GRUR 2016, 725 Rn. 15 – Pippi-Langstrumpf-Kostüm II). Dabei
kommt es auf den Gesamteindruck einer Gestaltung an, wobei auf die
Verkehrsanschauung abzustellen ist (BGH, GRUR 2017, 79, Rn. 52, 59 –
Segmentstruktur). Diese Voraussetzungen liegen vor. Die äußeren Merkmale der
Produktverpackung des „UHU der Alleskleber“ sind geeignet, auf die
betriebliche Herkunft und auf die Besonderheiten des Produkts hinzuweisen. Der
Gesamteindruck der Klebstofftube wird maßgeblich geprägt durch die Tubenform,
die gelbe Grundfarbe, die schwarzer Aufschrift sowie die schwarze
Drehverschlusskappe. Ein markantes Merkmal der Variante „tropffrei“
liegt außerdem in dem roten Punkt. Diese Merkmale sind den maßgeblichen
Verkehrskreisen – dem Endverbraucher – geläufig. Dies kann der Senat aus
eigener Sachkunde beurteilen. Die genannte Ausstattung wird seit vielen Jahren
verwendet. Das Produkt genießt einen sehr hohen Marktanteil. Die
charakteristische Farb- und Formkombination führt dazu, dass das Produkt einen
hohen Wiedererkennungswert hat, der unabhängig von der bekannten Wortmarke
„UHU“ besteht. Das Produkt ist auch dann ohne weiteres zu
identifizieren, wenn man es aus größerer Entfernung sieht und den Schriftzug
nicht lesen kann.     
b) Das Produkt der Antragsgegnerin stellt eine Nachahmung
dar. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sind die Merkmale der angegriffenen
Ausführungsform auf den überreichten Fotos hinreichend erkennbar. Die prägenden
Merkmale, nämlich die Tubenform, die gelbe Grundfarbe, die schwarze
Verschlusskappe, die schwarzer Aufschrift sowie der rote Punkt sind in sehr
ähnlicher Form vorhanden. Lediglich der Text lässt sich auf den Fotografien
nicht lesen. Insofern hat die Antragstellerin schriftsätzlich vorgetragen, in
dem roten Punkt befände sich die Angabe „Elite“. Der Text über der
fett gedruckten Angabe „GLU“ laute: „Clear Multi-Purpose
Adhesive“. Diese vom Originalprodukt abweichenden Angaben führen nicht aus
dem Schutzbereich der Originalgestaltung heraus. Die prägenden
Gestaltungsmerkmale stimmen überein.               
c) Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass keine
Unlauterkeit unter dem Gesichtspunkt der Herkunftstäuschung angenommen werden
kann. Denn durch die Kennzeichnung mit dem abweichenden Wortzeichen
„Elite“ erscheint es ausgeschlossen, dass Verbraucher in der für den
Tatbestand des § 4 Nr. 3a) allein maßgeblichen Kaufsituation zu der Auffassung
gelangen, es handle sich um ein Produkt aus dem Hause der Antragstellerin. Die
Antragsgegnerin beutet jedoch den guten Ruf des Produkts der Antragstellerin in
unlauterer Weise aus (§ 4 Nr. 3b). Hierfür ist nicht erforderlich, dass die
Verbraucher zum Kaufzeitpunkt einer Verwechslung unterliegen. Es reicht aus,
dass sie das gute Image des Originalprodukts auf die Nachahmung übertragen. Das
liegt hier aus Sicht des Senats besonders nahe. Die Verbraucher erkennen die
bewusste Anlehnung an das Originalprodukt und können so zu der Auffassung
gelangen, der Klebstoff entspreche auch in seinen Klebeeigenschaften und seiner
Qualität dem Originalprodukt.        
d) Die Gesamtabwägung führt zu dem Ergebnis, dass das
Anbieten der Nachahmung nach § 4 Nr. 3 UWG unlauter ist. Es besteht eine
Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und
Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen
Umständen. Im Streitfall ist von einer hohen wettbewerblichen Eigenart und von
einem hohen Grad der Nachahmung auszugehen. Der gute Ruf des Originalprodukts
wird in erheblicher Weise ausgenutzt. Etwas anderes lässt sich nicht aus der
BGH Entscheidung „UHU“ ableiten (GRUR 2009, 783). Der BGH hat dort
die Voraussetzungen für eine Benutzungsmarke „schwarz/gelb“ verneint.
Mit den Voraussetzungen des ergänzenden wettbewerblichen Leistungsschutzes hat
er sich ausdrücklich nicht befasst (Rn. 17).   
e) Es fehlt auch nicht an einem „Anbieten“
gegenüber dem Verkehr im räumlichen Schutzbereich des UWG. Zwar folgt eine
Erstbegehungsgefahr des Bewerbens, Anbietens, Vertreibens und Inverkehrbringens
gegenüber inländischen Verbrauchern nicht ohne weiteres aus der Präsentation
des Produkts auf einer internationalen, ausschließlich dem Fachpublikum
zugänglichen Messe (BGH GRUR 2015, 603 – Keksstangen). Die Antragstellerin hat
jedoch durch anwaltliche Versicherung glaubhaft gemacht, dass die Mitarbeiter
der Antragsgegnerin am Messestand auf Anfrage bestätigt haben, das Produkt auch
nach Deutschland zu liefern.
3. Die einstweilige Verfügung konnte ohne die – im
Beschwerdeverfahren ansonsten in der Regel erforderliche – vorherige Anhörung
der Antragsgegnerin erlassen werden, da der Sachverhalt nach den vorgelegten
Glaubhaftmachungsmitteln geklärt erscheint, keine rechtlich zweifelhaften
Fragen zu beantworten sind und die Antragsgegnerin von der ihr durch die
Abmahnung eröffneten Möglichkeit zur Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht hat
(vgl. Senat, Beschl. v. 1.12.2014 – 6 W 103/14 -, juris).          
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 269 Abs. 3, 92 Abs. 2
ZPO.

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OLG Frankfurt a.M. – Betreiber eines Internet-Forums haftet erst ab positiver Kenntnis der Rechtsverstöße

Das OLG Frankfurt hat mit Urteil
vom 21.12.2017, Az. 16 U 72/17
entschieden, dass der Betreiber eines Forums
oder Internetportals erst ab Kenntnis von Rechtsverletzungen als mittelbarer
Störer für nutzergenerierte Inhalte haftet.
Leitsatz:
Zu den Anforderungen an eine Rüge, die an den Betreiber
eines Internetforums gerichtet ist, damit diesen eine Prüfpflicht trifft, ob
eine von einem Dritten eingestellte Äußerung Rechte des Rügenden verletzt.

Gründe:
I.            
Die Klägerin, eine Agentur für …, nimmt den Beklagten, einen
Verein, dessen Zweck der Verbraucherschutz und der Schutz vor Spams ist, auf
Untersagung der Veröffentlichung zweier von einem „User“ namens
„A“ in dem Internetportal des Beklagten eingestellten Texte in
Anspruch, die negativ über die Klägerin sowie eine B GmbH und eine C GmbH (mit
der Klägerin verbunden) berichten. Hilfsweise verlangt sie deren Löschung.
Die angegriffenen Texte sind in einem sogenannten
„Forum“ auf der Internetseite des Beklagten eingestellt, in dem der
Beklagte dritten Personen gestattet zwecks „Erfahrungsaustausch“ und
für „Aufklärungsarbeit“ Veröffentlichungen vorzunehmen. Die Klägerin hat
den Beklagten mit Schreiben vom 27.5.2016 (Anlage K 4) wegen zweier bestimmter
Beiträge darauf hingewiesen, dass diese „ehrenrührige und schmähende
Erklärungen“ enthielten, dem eine eidesstattliche Versicherung des
Geschäftsführers der Klägerin beigefügt (Bl, 68 d.A.) und ihn unter anderem
aufgefordert, „Rücksprache bei dem direkten Verletzer zu nehmen“. Der
Beklagte ist untätig geblieben. Die Klägerin hat behauptet, alle
„streitgegenständlichen Tatsachenbehauptungen“ seien „schlichtweg
unzutreffend“. Ferner liege eine Meinungsäußerung vor, die eine
„Schmähung“ der Klägerin darstelle.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes
wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.        
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.       
Es hat dies damit begründet, dass die Klage unschlüssig,
weil nicht hinreichend begründet sei. Die Klägerin habe nämlich nicht
dargelegt, durch welche Äußerungen des sich über zwei Seiten erstreckenden
Textes sie sich in ihren Rechten verletzt sehe und welche Tatsachenbehauptungen
inwiefern unwahr seien. Ferner sei nicht ersichtlich, warum „die
Werbeblöcke“ sie in ihren Rechten verletzten. Die Klägerin gehe auch nicht
auf den Einwand ein, dass es sich um Zitate aus „Zeitschrift1“ und
handele.       
Es sei auch nicht ausreichend, dass der Klägervertreter im
Termin erklärt habe, die erwähnten „Cold calls“ seien durch nichts
belegt. Es handele sich insoweit um Meinungsäußerungen, weil die Beurteilung,
dass diese „verbotene Cold Calls“ seien eine rechtliche Bewertung
darstelle.       
Hinsichtlich erwähnter Strafanzeigen wegen versuchten
Betruges habe die Klägerin nicht dargelegt, ob es solche gegeben habe. Ohnehin
würde dies allenfalls das Verbot dieser konkreten Äußerung rechtfertigen.    
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der
sie in erster Linie ihre beiden erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt,
hilfsweise den Klageantrag auf das Verbot dreier Äußerungen einschränkt,
nämlich zu untersagen folgende Passagen zu veröffentlichen sowie hilfsweise sie
zu löschen:  
„Thema … D …  
Die Geschäftsleute warnen sich untereinander. Aber
vielleicht haben auch Wettbewerber auf Unterlassung der Wettbewerbsverstöße
geklagt und nichts anderes sind diese verbotenen Cold Calls, so dass man in
einen neuen Firmenmantel gewechselt ist …              
Aus dem Thread von (…).de raubzitiere ich mal den User Y
vom …:      
Zitat von Y …     
Um diesen Beitrag das gleiche Schicksal zu ersparen,
beschränke ich mich auf eine reine Meinungsäußerung: Ich halte die D für
absolut unseriös. …
… In einzelnen Fällen gab es Strafanzeigen wegen versuchten
Betrugs … und Beschwerden bei der Z.“             
In ihrer Begründung rügt die Klägerin zunächst, dass das
Landgericht keinen Hinweis erteilt habe, dass die Antragstellung deshalb zu
weit sei, weil die unwahren Behauptungen nicht „extrahiert“ worden
seien. Es habe ihr keine Gelegenheit gegeben, den Antrag neu zu fassen. Der
Klägervertreter habe im Verhandlungstermin erläutert, dass die drei jetzt mit
dem Hilfsantrag wiedergegebenen Zitate „als Tatsachenbehauptungen“
bzw. „Schmähungen“ „selbsterklärend“ seien.    
Sie vertritt die Auffassung, dass es sich entgegen der
Meinung des Landgerichts nicht „hauptsächlich um Meinungsäußerungen“
handele. Der Vorwurf von „Cold Calls“ meine unerwünschte, ohne
Einverständnis erfolgende Werbeanrufe bei möglichen Interessenten zu
Werbezwecken. Dies stelle einen deutlichen Tatsachenkern dar. Dasselbe gelte
für Strafanzeigen wegen versuchten Betruges bzw. Beschwerdeverfahren bei der
Z“. Der Klägervertreter habe im Termin erklärt, dass es solche
Strafanzeigen nicht gebe. Es sei fehlerhaft, ihr für diese Negativtatsachen die
Beweislast zuzuschieben. Ihr seien solche Verfahren ebenso wie auch Beschwerden
bei der Z nicht bekannt geworden.               
Eine „Schmähung“ sieht die Klägerin in der
Äußerung, der Verfasser halte sie „für absolut unseriös“. 
Hinsichtlich der Passivlegitimation des Beklagten vertritt
die Klägerin unter Bezug auf die Entscheidung des BGH vom 4.4.2017 (VI ZR
123/16) die Auffassung, dass der Beklagte als Betreiber des Internet-Portals
Störer sei, weil er sich die Äußerungen bewusst und vorsätzlich zu eigen mache.
Dem Beklagten scheine es um „absichtliche Schädigung aus betagten Veröffentlichungen“
zu gehen, weil die in den Äußerungen zitierten Veröffentlichungen nahezu zehn
Jahre (beim Einstellen in das Portal) alt gewesen seien. Selbst Ansprüche wegen
Wettbewerbsverstößen seien hier bereits seit fünf Jahren verjährt gewesen. Unter
Bezug auf eine Entscheidung des EuGH meint die Klägerin, ihr stehe ein
„Recht zum Vergessen“ zu. Hinzu komme ein solches Recht, wenn
Beiträgen durch Zeitablauf jede Aktualität fehle, und dadurch ein falsches Bild
des Unternehmens gezeichnet werde.    
Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.         
Er vertritt die Auffassung, dass er schon deshalb nicht für
die Äußerungen hafte, weil er sie sich zu keinem Zeitpunkt zu eigen gemacht
habe. Denn er habe die Äußerungen keiner redaktionellen Bearbeitung unterzogen
und auch nicht auf die Abmahnung der Klägerin reagiert.         
Auch die User des Portals, so meint der Beklagte weiter,
hätten nur auf die Informationen von anderen Portalen hingewiesen und aus deren
Quellen zitiert, ohne sich diese zu eigen zu machen. Als Tatsachenbehauptungen
über im Internet verbreitete Äußerungen seien sie wahr. Die Klägerin könne
deshalb dem Beklagten und den Usern nicht untersagen, aus den Quellen zu
zitieren.           
Eine Verletzung rechtlichen Gehörs könne die Klägerin, so
der Beklagte, nicht geltend machen, denn die angeblichen konkreten Verletzungen
seien Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Zudem habe der Beklagte in
der Klageerwiderung darauf hingewiesen, dass nicht nachvollziehbar sei, auf
welche Umstände die Klägerin ihren Anspruch stütze. 
II.           
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht
eingelegte Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. 
1. Das Landgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf
Unterlassung aus §§ 1004 Abs. 1 S. 2 analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1
Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG wie auch auf bloße Löschung der in das
„Forum“ eingestellten Texte aus §§ 1004 Abs. 1 S. 1 analog, § 823
Abs. 1 BGB im Ergebnis zu Recht verneint. Das gilt auch für den in der
Berufungsinstanz mit dem Hilfsantrag nur eingeschränkt verfolgten Anspruch.            
Dabei kann dahin gestellt bleiben, ob die Klägerin schon
nicht ausreichend dargelegt hat, durch welche konkreten Äußerungen sie sich in
ihren Rechten verletzt sieht und welche Tatsachenbehauptungen inwiefern unwahr
sind, sowie auch die Frage, ob das Landgericht die hierzu vom Klägervertreter
im Verhandlungstermin vorgenommenen Konkretisierungen hätte berücksichtigen
müssen. Selbst wenn die Texte die Klägerin in ihrem
Unternehmerpersönlichkeitsrecht verletzen, besteht derzeit gegen den Beklagten
kein Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch, weil er nicht als Störer im
Sinne von § 1004 BGB anzusehen ist.               
Da der Beklagte auf seiner Internetseite nur ein
„Forum“ zur Verfügung stellt, in dem Dritte Äußerungen abgeben
können, kommt es darauf an, ob die Veröffentlichung der Äußerungen ihm als
Störer im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB zugerechnet werden können. Dabei kommt
eine Zurechnung als unmittelbarer oder als mittelbarer Störer in Betracht.      
a) Der Beklagte ist nicht unmittelbarer Störer. 
Unmittelbarer Störer ist ein Portalbetreiber bei von einem
Dritten eingestellten Äußerungen nur dann, wenn er sie sich zu eigen gemacht
hat. Von einem Zu-eigen-Machen ist dabei dann auszugehen, wenn der
Portalbetreiber nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf
seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte übernommen hat, was aus
objektiver Sicht auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten
Umstände zu beurteilen ist. Dabei ist bei der Annahme einer Identifikation mit
fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung geboten (zuletzt BGH NJW 2017,
2029 (BGH 04.04.2017 – VI ZR 123/16) Rn. 18).             
Für ein Zu-eigen-Machen spricht es, wenn der Portalbetreiber
eine inhaltlich-redaktionelle Überprüfung der auf seinem Portal eingestellten
Nutzerbewertungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit vornimmt (BGH ebenda).
Eine solche Bearbeitung des Beitrags durch den Beklagten hat der Kläger nicht dargelegt
und er ist auch nicht hinreichend aus dem Beitrag selbst ersichtlich. Der
Beklagte hat dies zudem ausdrücklich bestritten.              
Für ein Zu-eigen-Machen ist es nicht ausreichend, dass der
Beklagte sich nicht, etwa durch einen Disclaimer, von den Inhalten der
eingestellten Texte distanziert und auf seinem Portal mitgeteilt hat, er sei
für die Beiträge nicht verantwortlich (BGH ebenda Tz. 20). Ob ein Hinweis auf
der Internetseite darauf, dass der Betreiber sich eine Abänderungsbefugnis
vorbehält, allein ausreichend ist, kann hier dahin gestellt bleiben, weil
solches nicht vorgetragen ist.
b) Der Beklagte ist auch nicht mittelbarer Störer.           
Von § 1004 Abs. 1 BGB umfasst ist neben dem unmittelbaren
Störer, also demjenigen, der durch sein Verhalten selbst die Beeinträchtigung
adäquat verursacht hat, auch der mittelbare Störer.
aa) Mittelbarer Störer ist zunächst einmal derjenige, der in
irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der
rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Dabei genügt als Mitwirkung in
diesem Sinne auch die Unterstützung oder die Ausnutzung der Handlung eines
eigenverantwortlich handelnden Dritten, sofern der in Anspruch Genommene die
rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (zuletzt BGH NJW
2016, 56 (BGH 28.07.2015 – VI ZR 340/14) Rz. 34). Bejaht hat der
Bundesgerichtshof in jenem Fall die Verantwortlichkeit eines Autors, der seinen
Text auf eine Homepage gesetzt hatte, dafür, dass dieser Text von anderen
übernommen wurde und nun auf anderen Internetseiten steht. Denn dem Verfasser
eines im Internet abrufbaren Beitrags sei eine Verletzung des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts auch insoweit zuzurechnen, als sie durch die
Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags durch Dritte im Internet entstanden
ist. Da Meldungen im Internet typischerweise von Dritten verlinkt und kopiert
werden, ist die durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags verursachte
Rechtsverletzung sowohl äquivalent als auch adäquat kausal auf die
Erstveröffentlichung zurückzuführen. Der Zurechnungszusammenhang sei in solchen
Fällen auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Persönlichkeitsrechtsverletzung
insoweit erst durch das selbstständige Dazwischentreten Dritter verursacht
worden ist. Denn durch die „Vervielfältigung“ der Abrufbarkeit des
Beitrags durch Dritte verwirklicht sich eine durch die Veröffentlichung des
Ursprungsbeitrags geschaffene internettypische Gefahr (BGH ebenda Rn. 37).              
Nach diesen Grundsätzen ist der Beklagte nicht als
mittelbarer Störer anzusehen. Zwar wirkt er objektiv an der – hier
unterstellten – Persönlichkeitsrechtsverletzung durch den Verfasser
„A“ mit, weil er die Abteilung „Forum“ auf seiner
Internetseite als Plattform für solche Meinungsäußerungen zur Verfügung stellt.
Es fehlt jedoch an einer willentlichen Verletzung des Persönlichkeitsrechts,
weil ein Wille des Beklagten, die Veröffentlichung dieses konkreten und als
rechtsverletzend erkannten Textes zu fördern, nicht feststellbar ist. Der
Beklagte stellt nur allgemein seine Homepage für Beiträge zur Verfügung, ohne
diese vorher zu kennen. Eingestellt werden sie von den Usern. Die geschilderten
Tatsachen sind dem Beklagten selbst nicht bekannt. Insofern fehlt es an der
Voraussetzung, dass er „willentlich“ an der Herbeiführung der
Persönlichkeitsrechtsverletzung mitwirkt. 
bb) Mittelbarer Störer ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
aber auch der Betreiber eines Internetportals oder ein Host-Provider, wenn er
später positive Kenntnis von einer Rechtsgutsverletzung durch einen von einem
Dritten eingestellten Inhalt erlangt (BGH NJW 2007, 2558 (BGH 27.03.2007 – VI
ZR 101/06)). Zwar trifft den Betreiber keine Verpflichtung, die bei ihm
eingestellten Inhalte auf eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten
Betroffener zu überprüfen (BGH NJW 2012, 2345 (BGH 27.03.2012 – VI ZR 144/11);
BGHZ 191, 219 = NJW 2012, 148 (BGH 25.10.2011 – VI ZR 93/10)). Wird ihm die
Rechtsverletzung jedoch bekannt, so ist er ex nunc zur Unterlassung
verpflichtet. In dem Unterlassen, einen als unzulässig erkannten Beitrag zu
entfernen, liegt nämlich eine Perpetuierung der Verletzung des Persönlichkeitsrechts
des Betroffenen. Der Betreiber eines Internetforums ist „Herr des
Angebots“ und verfügt deshalb vorrangig über den rechtlichen und
tatsächlichen Zugriff. Auch wenn von ihm keine Prüfpflichten verletzt werden,
so ist er doch nach allgemeinem Zivilrecht zur Beseitigung und damit zur
Unterlassung künftiger Rechtsverletzungen verpflichtet (BGH NJW 2007, 2558 (BGH
27.03.2007 – VI ZR 101/06)(BGH 27.03.2007 – VI ZR 101/06), Rn. 9; BGH NJW 2016,
2106 (BGH 01.03.2016 – VI ZR 34/15) Rn. 23).           
Eine solche Kenntnis des Beklagten kann hier nicht ohne
weiteres unterstellt werden. Sie ist ohnehin nur ausnahmsweise feststellbar,
denn sie erfordert auch eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf
Schutz seiner Persönlichkeit und dem Recht jedenfalls des Providers auf
Meinungs- und Medienfreiheit (BGH NJW 2016, 2106 (BGH 01.03.2016 – VI ZR 34/15)
Rn. 23). 
(1) Hinsichtlich der angegriffenen Tatsachenaussagen ist
eine Kenntnis des Beklagten nicht feststellbar. Die Beklagte kann nicht wissen,
ob die Klägerin bzw. die mit ihr verbundenen Gesellschaften „Cold
Calls“ zur Vertragsanbahnung einsetzen oder ob gegen sie Strafanzeigen
wegen versuchten Betruges oder Beschwerdeverfahren bei der Z anhängig waren.
(2) Lediglich in Bezug auf eine sich aus dem Text selbst,
ohne weitere zusätzliche Tatsachenkenntnis ersichtliche Beleidigung oder
Schmähkritik ist es denkbar, dass sie dem Betreiber eines Portals ab dem
Zeitpunkt bekannt ist, an dem er auf sie hingewiesen wird (vgl. BGH NJW 2007,
2558 (BGH 27.03.2007 – VI ZR 101/06)). Der Klägervertreter hat vor dem
Landgericht mit einem gewissen Recht darauf hingewiesen, dass eine etwaige
Schmähkritik im Text „selbsterklärend“ sei. Eine solche sieht die
Klägerin jedoch zu Unrecht in dem als Zitat im Zitat geäußerten Satz „Ich
halte die D für absolut unseriös.“          
Dabei mag unterstellt werden, dass es sich um eine reine
Meinungsäußerung handelt. Sie stellt gleichwohl keine Schmähung dar. Wegen
seines die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts ist der Begriff der
Schmähkritik nämlich eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar
ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur
Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die
Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im
Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik
herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll. Eine wertende
Kritik an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der
Regel auch dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1
GGgedeckt, wenn sie scharf und überzogen formuliert ist; sie kann nur unter
engen Voraussetzungen als Schmähkritik angesehen werden (BGH NJW 2015, 773 (BGH
16.12.2014 – VI ZR 39/14) Rn. 18 f.).        
Die durch Tatsachen erläuterte Beurteilung der
Geschäftsmethoden eines Unternehmens als „absolut unseriös“ ist nach
diesen Grundsätzen keineswegs als Schmähkritik einzuordnen. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass die Äußerung hier im Streitfall eingebettet ist in
Tatsachenaussagen, aus denen diese Bewertung hergeleitet wird. Es vermischt
sich nach dem Zusammenhang die Stellungnahme „Ich halte…“ mit den
vorher und nachher geschilderten Tatsachen über die (angebliche) Geschäftspraxis
der Klägerin bei der Anbahnung von Werbeverträgen. Die Beurteilung als unseriös
beruht wesentlich auf den eingangs des Textes vom Autor („A“)
geschilderten – und insoweit auch nicht angegriffenen – eigenen Erfahrungen.
Danach ist er zum wiederholten Male von mit der D verbundenen Unternehmen
ungefragt angerufen und zum Abschluss von Werbeverträgen mit der Klägerin
zumindest zeitlich gedrängt worden. Ferner wird auf Erfahrungen anderer
„Opfer“, mit denen der Autor gesprochen habe, verwiesen. Die zu eigen
gemachte Einschätzung „absolut unseriös“ ist eine zusammenfassende,
tatsachenbasierte Bewertung dieser Vorkommnisse. Ob die herangezogenen
Tatsachen zutreffen, kann der Betreiber des Portals nicht wissen.        
cc) Der Beklagte ist auch nicht deshalb als mittelbarer
Störer anzusehen, weil er einer an ihn herangetragenen konkreten Beanstandung
durch die Klägerin nicht oder nicht in ausreichender Weise nachgegangen ist. 
Bei fehlender positiver Kenntnis kann ein Unterlassungs-
oder Löschungsanspruch wegen mittelbarer Störerschaft aufgrund eines vom
Hostprovider oder dem Betreiber des Informationsportals einzuleitenden
Prüfverfahrens entstehen. Wird der Provider nämlich mit der Beanstandung eines
Betroffenen konfrontiert, die so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß
auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden kann,
ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter
Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten Beitrag
Verantwortlichen erforderlich (erstmals BGHZ 191, 219= NJW 2012, 148 Rn. 25f.
und jetzt BGH NJW 2016, 2106 = BGHZ 209, 139(i) Rn. 24; vgl. auch
Palandt/Sprau, BGB, 76. Aufl., § 823 Rz. 203; MünchKomm-BGB/Rixecker, 7. Aufl.,
Anhang § 12 Rz. 246). Welcher Überprüfungsaufwand vom Hostprovider im
Einzelfall zu verlangen ist, ist aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung,
bei der die betroffenen Grundrechte der Beteiligten zu berücksichtigen sind, zu
ermitteln (BGH NJW 2016, 2106 Rn. 38). Mindestens ist in der Regel jedenfalls
eine Stellungnahme des einstellenden Dritten zu der Rüge des Betroffenen
einzuholen. Eine Verpflichtung zur Löschung des beanstandeten Eintrags
entsteht, wenn auf der Grundlage der Stellungnahme des für den Beitrag
Verantwortlichen und einer etwaigen Replik des Betroffenen unter
Berücksichtigung etwa zu verlangender Nachweise von einer rechtswidrigen
Verletzung des Persönlichkeitsrechts auszugehen ist (BGHZ 191, 219 Rn. 27). Ein
Anspruch auf Unterlassung/Löschung besteht aber auch, wenn keine Stellungnahme
des Dritten eingeholt wird, der Hostprovider also seinen Prüfpflichten nicht
nachkommt.               
Hier hat zwar die Klägerin den Beklagten mit dem
vorgerichtlichen Schreiben vom 27.5.2016 aufgefordert, „Rücksprache bei
dem direkten Verletzer zu nehmen“ und der Beklagte hat nichts unternommen.
Gleichwohl besteht unter diesem Gesichtspunkt kein Anspruch auf Unterlassung
gegen den Beklagten, denn es fehlt in dem Schreiben an einer so konkret
gefassten Darstellung, dass auf ihrer Grundlage der Rechtsverstoß unschwer
bejaht werden kann.    
(1) Die erste mit der Klage angegriffene Äußerung von
„A“ vom … um … Uhr, die allein einen Link zur Internetseite von
„Zeitschrift1“ enthält, ist im vorgerichtlichen Schreiben schon nicht
gerügt worden. Dort ist eine andere Äußerung vom selben Tag um … Uhr betreffend
Werbung der C GmbH für eine Präsentationswerbung bei … gerügt worden. Dieser
Beitrag ist ausweislich des Umstandes, dass er im Klageantrag und im
vorgelegten Website-Ausdruck nicht mehr vorhanden ist, gelöscht worden.            
 (2) Hinsichtlich der
zweiten erheblich umfangreicheren Äußerung vom … hat die Klägerin zur
Begründung ihrer Rüge lediglich ausgeführt, dass „ehrenrührige und
schmähende Erklärungen enthalten sind, die bereits für ihr Unternehmen ganz
augenscheinlich auf eine Persönlichkeitsrechtsverletzung abzielen (z.B.
„In Einzelfällen gab es Strafanzeigen wegen versuchten Betruges … Ich
halte die D für absolut unseriös. Wer auf die Angebote zur Präsentationswerbung
hereingefallen ist.“).    
Damit wird durch Wiederholung des angegriffenen Textes im
Wesentlichen nur ausgedrückt, dass die Klägerin die Aussagen als ehrenrührig
und schmähend ansieht. Die Unwahrheit der Äußerungen wird nicht ausdrücklich
behauptet. Jedenfalls fehlt es an konkreten Angaben, nämlich beispielsweise,
dass keine Strafanzeigen gegen die Klägerin oder die B GmbH oder gegen die C
GmbH vorlägen und wegen welcher Taten. Zwar kann die im Schreiben geäußerte
Meinung, es handele sich um Schmähungen, dahin verstanden werden, dass die
Klägerin auch zum Ausdruck bringen wollte, es sei unwahr, dass es Strafanzeigen
gegen sie gegeben habe. Dies ist jedoch erst Ergebnis einer Auslegung des
Textes, weshalb die Rüge im Sinne des Bundesgerichtshofs gerade nicht so
konkret gefasst ist, dass die Rechtsverletzung auf der Grundlage der Behauptung
des Betroffenen unschwer bejaht werden kann. Darüber hinaus enthält der
angegriffene Text erheblich mehr Äußerungen, so dass es nicht genügen kann mit
„z.B.“ einige herauszugreifen. Für einen Großteil des Textes,
insbesondere die beiden Absätze im Klageantrag ab „Ich vermute, dies
…“, fehlen überhaupt Ausführungen dazu, warum eine Rechtsverletzung
gegeben sein soll. Der letzte Satz der Rüge ist zudem unvollständig und enthält
damit keinen nachvollziehbaren Hinweis an den Beklagten. 
Lediglich die in dem Schreiben in Bezug genommene und
beigefügte eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Klägerin
enthält hinsichtlich eines Punktes eine Präzisierung: Danach sei die Äußerung unrichtig,
dass in einigen Fällen D-Mitarbeiter versprochen hätten, dass man für die
Firmen (die potentiellen Kunden) eine Anzeige auf der E-Website schalte. Die
Rüge ist insoweit zwar durch konkrete Tatsachen unterlegt, jedoch ergibt sie
nicht schlüssig eine Rechtsverletzung der Klägerin. Diese Äußerung ist nämlich
im Kontext unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen und Grundrechte
ersichtlich nicht rechtswidrig: Denn in dem zitierten Artikel aus der
Zeitschrift „Zeitschrift2“ aus dem Jahr 2008 wird lediglich über
Beschwerden von Firmen und Freiberuflern berichtet, die der Redaktion vorlägen
und die jenen Vorwurf erheben. Es wird dort nicht behauptet, dass er
tatsächlich zutrifft. Die Klägerin bestreitet auch nicht, dass es diese
Beschwerden gegeben habe. Folglich wird in dem Artikel lediglich über einen
begründeten Verdacht berichtet. Es wird zudem im nächsten Satz ausgeführt, dass
D (also die Klägerin) dies dementiere. Daraus ergibt sich, dass die Klägerin zu
dem Vorwurf damals angehört worden ist. Die Äußerung ist deshalb nach den
Grundsätzen über die Verdachtsberichterstattung zulässig.   
Insgesamt also war das vorgerichtliche Schreiben der
Klägerin vom 27.4.2016 nicht geeignet, eine Prüfpflicht des Beklagten im Sinne
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auszulösen.
Mangels ordnungsgemäßer Einleitung eines Prüfverfahrens
gegenüber dem Beklagten als Betreiber des Portals besteht kein Unterlassungs-
oder Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 analog BGB. Eine erneute Aufforderung
zur Prüfung ist bislang nicht erfolgt.     
2. Ein Anspruch auf Löschung der beiden Texte steht der
Klägerin auch nicht unabhängig davon, ob der Inhalt wegen Unwahrheit oder
Schmähung rechtsverletzend ist, allein deshalb zu, weil es sich um Zitate aus
zum Teil schon mehrere, bis zu zehn Jahre alten Veröffentlichungen handelt. Die
Klägerin kann sich nicht auf eine sogenanntes „Recht zum Vergessen“
berufen.            
a) Nach deutschem Recht gewährt das allgemeine
Persönlichkeitsrecht grundsätzlich kein „Recht auf Vergessen“. Die
Berichterstattung über wahre Geschehnisse muss grundsätzlich hingenommen
werden. Eine Ausnahme wird – soweit ersichtlich – allein für natürliche
Personen, vor allem für Straftäter unter dem Gesichtspunkt der Wiedereingliederung,
diskutiert. Sie wird nur ausnahmsweise angenommen, wenn ein besonderer
„Persönlichkeitsschaden“ droht, der außer Verhältnis zum öffentlichen
Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht (vgl. MünchKomm-BGB/Rixecker,
7. Aufl., Anhang § 12 Rz. 145 f.). Der Bundesgerichtshof hat einen
Unterlassungsanspruch in NJW 2013, 220 (BGH 17.10.2012 – VIII ZR 226/11) auf
Löschung eines Berichts in den „Altmeldungen“ einer Wochenzeitung
abgelehnt, in dem über eine Jahre zurückliegende nicht schwere Straftat eines
Gazprom-Managers berichtet wurde, bei der das Strafverfahren aus
Opportunitätsgründen eingestellt worden war. Der Artikel, so der
Bundesgerichtshof, habe noch nicht seine Aktualität verloren und die
Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung durch das weitere Bereithalten des
Artikels sei nicht schwerwiegend (BGH NJW 2013, 229 (BGH 30.10.2012 – VI ZR
4/12)).   
Auch hier können die nur ausnahmsweise gegebenen
Voraussetzungen für ein „Recht auf Vergessen“ nicht bejaht werden.
Bei der Klägerin handelt es sich nicht um eine natürliche Person, so dass ein
„schwerer Persönlichkeitsschaden“ nur ausnahmsweise in Betracht
kommt. Jedenfalls ist der Beitrag von „A“ nicht so alt, dass er kaum
noch Bedeutung unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes hat. Auf den
Artikel in „Zeitschrift1“ aus dem Jahr 19xx wird lediglich verlinkt.
Die Klägerin muss sich insoweit an den Verleger der Zeitung wenden, in deren
Archiv der Artikel steht. Hinsichtlich des zweiten Beitrages stammt der
zitierte Bericht aus der Zeitschrift „Zeitschrift2“ zwar aus dem Jahr
20xx, der Verfasser zeigt in seinem eigenen vorangehenden Text jedoch auf, dass
die dort genannte Praxis nun mit einer anderen mit der Klägerin verbundenen
Vertriebsfirma fortbesteht. Er schildert eingangs – und dies wird mit der Klage
nicht angegriffen -, dass er vor wenigen Tagen, also im … 20xx per „Cold
Call“ angerufen und ihm auf ähnliche Weise ein Vertragsschluss angeboten
worden sei, wie in dem Bericht 20xx geschildert. Das hebt als Beschreibung
eines Kontinuums den alten Bericht in einen Status der Aktualität. Dass dann
zwischen dem … (Eintrag) und dem … (Aufforderung zur Löschung) weitere
dreiundeinhalb Jahre vergangen sind, erscheint als kein ausreichender Zeitraum,
um deshalb anzunehmen, es bestehe kein Interesse der Öffentlichkeit an solchen
Geschäftspraktiken mehr.             
b) Ein Anspruch auf Löschung allein wegen der fehlenden
Aktualität ergibt sich auch nicht aus den §§ 1004 Abs. 1 S. 1 analog. § 823
Abs. 2 BGB in Verbindung mit Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der
Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr. Die
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 (C-131/12, NJW 2014,
2257 = NVwZ 2014, 857), in der dieser einen Anspruch aus der genannten
Richtlinie unter bestimmten Bedingungen als gegeben erachtet hat, betraf einen
spanischen Bürger, der (u.a.) von Google Spain im Jahr 2010 verlangte, dass im
Suchsystem die Verknüpfungen so gelöscht/eingerichtet werden, dass sie nicht zu
einem Bericht in einer Tageszeitung aus dem Jahr 1998 führen, in dem in einer
Anzeige auf die Versteigerung eines Grundstücks im Zusammenhang mit einer wegen
Forderungen der Sozialversicherung (gegen ihn) erfolgten Pfändung hingewiesen
wurde. Nach der Entscheidung kann ein Unterlassungsanspruch unabhängig davon
bestehen, ob der betroffenen Person durch die Einbeziehung der betreffenden
Information in die Ergebnisliste (bei Google) ein Schaden entsteht. Ein solcher
Anspruch kommt hier jedoch schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei
dem Beklagten nicht um den Betreiber eines Internet-Suchdienstes handelt. Ein
bloßer Portalbetreiber unterliegt nicht der genannten Richtlinie. Bei der
Abwägung ist zudem zu sehen, dass die „Gefahr einer Perpetuierung und
Streuung“ bei einem Suchdienst erheblich größer ist als bei einem
einzelnen Homepage-Betreiber.               
III.         
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Eine Zulassung der Revision war nicht geboten, weil weder
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Einheitlichkeit der
Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des
Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).             
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit, auch
des angefochtenen Urteils, ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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Wettbewerbsrecht – OLG Frankfurt a.M.: Unlauteres Abwerbung von Mitarbeitern

Die Abwerbung auch einer Vielzahl von Mitarbeitern eines
Mitbewerbers ist nur dann unlauter, wenn sich die Abwerbung nicht mehr als
Versuch der Gewinnung neuer Mitarbeiter auf dem Arbeitskräftemarkt darstellt,
sondern nach den Gesamtumständen auf die gezielte Behinderung des Mitbewerbers
gerichtet ist. Ein Anhaltspunkt dafür kann sein, dass „putschartig“
ganze Geschäftsbereiche einschließlich der damit verbundenen Kunden abgeworben
werden. Dagegen reicht es für den Schluss auf die Behinderungsabsicht allein
nicht aus, dass die Abwerbung die Wettbewerbsposition des Mitbewerbers
erheblich beeinträchtigt.

               
Gründe:
I.            
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet von
Prüfdienstleistungen im Bereich der Sicherheitsprüfung. Während eines Zeitraums
Juli 2017 bis März 2018 kam es zu insgesamt 12 Kontaktaufnahmen zwischen
Mitarbeitern der Antragsgegnerin und Mitarbeitern der Antragstellerin mit dem
Ziel der Abwerbung. In deren Folge wechselten 8 der insgesamt ca. 200
Mitarbeiter der Antragstellerin zur Antragsgegnerin.              
Die Antragstellerin begehrt, der Antragsgegnerin den Kontakt
mit Mitarbeitern der Antragstellerin zum Zwecke der Abwerbung zu untersagen.      
Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung mit der Begründung zurückgewiesen, angesichts des
langen Zeitraumes der Kenntnis von Mitarbeiterabwerbungen fehle es an der
notwendigen Dringlichkeit.            
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der
Antragstellerin, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.      
      
II.           
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig,
insbesondere fristgemäß eingelegt. In der Sache ist sie jedoch unbegründet. Das
Landgericht hat zu Recht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
zurückgewiesen. Dabei kann dahinstehen, ob die Antragstellerin durch zu langes
Zuwarten die Dringlichkeitsvermutung des § 12 II UWG widerlegt hat, da es
jedenfalls an einem Verfügungsanspruch fehlt. Der Antragstellerin steht kein
Unterlassungsanspruch aus §§ 8 I, III Nr. 1 i.V.m. § 4 Nr. 4 UWG zu.             
1.) Auszugehen ist bei Beurteilung der Unlauterkeit der
Abwerbung von Mitarbeitern von dem Grundsatz der Abwerbungsfreiheit. Die
Freiheit des Wettbewerbs erstreckt sich auch auf die Nachfrage nach
Arbeitnehmern. Unternehmer haben keinen Anspruch auf den Bestand ihrer
Mitarbeiter. Die für ein Unternehmen Tätigen sind zudem in der Wahl ihres
Arbeitsplatzes frei (Art. 12 GG). Das Abwerben von Mitarbeitern (= Ausspannen)
eines Unternehmers, gleichgültig, ob er auf dem Absatzmarkt Mitbewerber ist
oder nicht, ist daher lauterkeitsrechtlich grundsätzlich erlaubt (BGH GRUR
1961, 482 – Spritzgussmaschine; BGH GRUR 1966, 263 – Bau-Chemie; BGH GRUR 1984,
129 (130) – shop-in-the-shop I; BGH GRUR 2006, 426 (BGH 09.02.2006 – I ZR 73/02)
Rnr. 18 – Direktansprache am Arbeitsplatz II; Senat, Urteil vom 01.03.2018, 6 U
165/17). Dies gilt auch dann, wenn die Abwerbung bewusst und planmäßig erfolgt
(BGH GRUR 1966, 263 – Bau-Chemie). Grundsätzlich spielt es auch keine Rolle,
welche (Schlüsselkräfte) oder wie viele Mitarbeiter abgeworben werden. Will
sich ein Unternehmen vor einer Abwerbung seiner Mitarbeiter schützen, so kann
es dies durch entsprechende Zugeständnisse oder durch Auferlegung vertraglicher
Wettbewerbsverbote (§§ 74 ff., 90a HGB) erreichen (ebenso OLG Brandenburg WRP
2007, 1368 (OLG Brandenburg 06.03.2007 – 6 U 34/06) (1370)).             
Eine Unlauterkeit in Form der gezielten Behinderung nach § 4
Nr. 4 UWG kann sich daher erst durch das Hinzutreten weitere Umstände ergeben,
nämlich insbesondere durch die Unlauterkeit des Zwecks oder der Methoden der
Abwerbung.     
2.) Derartige besondere unlauterkeitsbegründende Umstände
sind hier jedoch nicht ersichtlich.         
a) Soweit die Antragstellerin der Auffassung ist, der Zweck
der Abwerbung sei hier als unlauter anzusehen, weil die Abwerbung gezielt
erfolge, um eine existenzvernichtende Beeinträchtigung des Wettbewerbers zu
erreichen oder diese zumindest in Kauf genommen werde, kann dahinstehen, ob die
diese Ansicht begründende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr
1966 noch unverändert Anwendung findet. Diese hat nämlich in der Folgezeit
zunehmend Kritik erfahren, da es eine Ausprägung der Wettbewerbsfreiheit ist,
dass der eigene Vorteil auch um den Preis der wirtschaftlichen Gefährdung des
Konkurrenten gesucht werden darf. Auch die Gefährdung der Existenz eines
Mitbewerbers steht im Einklang mit der dem Wettbewerb innewohnenden
Auslesefunktion. Es spricht daher viel dafür, die hiermit verbundene
Behinderung (inzwischen) als wettbewerbskonform anzusehen. Dies kann jedoch im
Ergebnis dahinstehen, da nicht erkennbar ist, dass eine Existenzgefährdung der
Antragstellerin vorliegt oder gar von der Antragsgegnerin beabsichtigt war. Die
Antragstellerin hat schon nicht vorgetragen, wie sich konkret die Auswirkungen
der Abwerbungen für die Antragstellerin darstellen. Weiterhin ist schon
aufgrund des Umfangs der Mitarbeiterwechsel nicht annähernd erkennbar,
inwieweit dies zu einer Existenzgefährdung der Antragstellerin führt. Die Antragstellerin
spricht hier von 10 % abgeworbener Mitarbeiter, was aber durch ihren Vortrag
nicht gestützt wird. Sie spricht selbst von 8 Servicetechnikern, was nach den
in Anlage AS 2 eidesstattlich versicherten Mitarbeiterzahlen (202 Mitarbeiter,
davon 135 Servicetechniker) 6 % der Servicetechniker ausmacht.
b) Allerdings wird es teilweise bereits als unlauter
angesehen, wenn ohne Rücksicht auf andere Möglichkeiten des Arbeitsmarktes
gerade Beschäftigte eines bestimmten Mitbewerbers abgeworben werden
(Köhler/Bornkamm/Feddersen-Köhler, UWG, 36. Aufl., § 4, Rnr. 4.105;
Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels UWG § 4 Rn. 29-32;
Fezer/Büscher/Obergfell, Lauterkeitsrecht, § 4 Nr. 4, Rnr. 56).       
Der Unlauterkeitsgrund wird hier darin gesehen, dass ein
Unternehmer die Abwerbung von Mitarbeitern einsetzt, um ohne nennenswerte
finanzielle oder wirtschaftliche Anstrengungen ganze Geschäftsbereiche,
Abteilungen oder Niederlassungen eines konkurrierenden Unternehmens
einschließlich der damit verbundenen Kunden zu übernehmen. Der Abwerbende
wendet in diesen Fällen nur die Kosten für die zukünftige Tätigkeit der
Mitarbeiter in seinem Unternehmen und ein etwaiges Handgeld auf, um eine vom
Mitbewerber mit zusätzlichem Zeit- und Kostenaufwand aufgebaute Unternehmenseinheit
zu übernehmen und den Mitbewerber selber vom Markt zu verdrängen. Der
Mitbewerber ist durch die Übernahme ganzer Unternehmensbereiche außerdem nicht
mehr in der Lage, seine Leistungen durch eigene Anstrengungen am Markt in
angemessener Weise zur Geltung zu bringen. Allerdings genügt es für die Annahme
einer Unlauterkeit noch nicht, dass die Wettbewerbsposition lediglich
beeinträchtigt wird. Erschwerend kann andererseits berücksichtigt werden, dass
die Übernahme der Mitarbeiter putsch- oder handstreichartig erfolgt und neben
Mitarbeitern auch Kunden, Kundendaten, Lieferanten und Produktionsmittel in
einer Art und Weise übernommen werden, dass dem Mitbewerber keine ernsthafte
Möglichkeit verbleibt, der Übernahme entgegenzusteuern.           
Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Es ist
schon nicht erkennbar, dass die Antragsgegner tatsächlich nur Mitarbeiter der
Antragstellerin abgeworben hat, was im Übrigen dann unschädlich wäre, wenn der
Markt so eng wäre, dass nur zwei Wettbewerber existieren, da die
Antragsgegnerin dann zur Abwerbung von Mitarbeitern der Antragstellerin
gezwungen wäre. Hierzu ist nichts vorgetragen.
Weiterhin erfolgte die Abwerbung nicht
„handstreichartig“ zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern über einen
Zeitraum von einem halben Jahr gestaffelt. Dies lässt den Eingriff in den
Betrieb der Antragstellerin als besser kompensierbar erscheinen, da die
Möglichkeit für die Antragstellerin besteht, den Personalverlust ihrerseits
durch die Anwerbung neuer Mitarbeiter auszugleichen. Bei der Gesamtbetrachtung
ist weiterhin zu würdigen, dass nicht komplette Abteilungen zum Wechsel
angeleitet worden sind, sondern insbesondere von den insgesamt 135
Servicetechnikern lediglich eine Handvoll zum Wechsel bewegt worden sind. Auch sind
weitere unlauterkeitsbegründende Umstände (übertriebene Anreize durch
exorbitante Bezahlung o.ä.) nicht ersichtlich.   
c) In der Gesamtschau verbleibt daher lediglich die
Tatsache, dass die Antragsgegnerin an die Antragstellerin als eine unmittelbare
Wettbewerberin herantritt und von ihr Mitarbeiter abwirbt. Dies verlässt den
Boden lauteren Wettbewerbsverhaltens nicht, sondern stellt sich als zulässiger
Wettbewerb um Arbeitskräfte dar.    
3.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.              
Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ist im Eilverfahren
kein Raum (§§ 574 I 2 i.V.m. 542 II ZPO.
Der Beschwerdewert entspricht dem Interesse der
Antragstellerin an der Eilentscheidung.