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AG Kassel Zur Frage der Unternehmereigenschaft eines eBay-Verkäufers – Urteil aus der Vor-Kamenova-Zeit

Das AG Kassel hatte sich in einem Urteil
vom 02.05.2018, Az. 435 C 419/18
unter anderem mit der Frage zu befassen, wann ein
ebay-Verkäufer als Unternehmer i.S. des § 14 BGB gilt.
§ 14 BGB
lautet:
„(1)
Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige
Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer
gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine
rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der
Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten
einzugehen.“
 Die Beantwortung
dieser Frage ist von weitreichender Bedeutung für die Anwendung zahlreicher
verbraucherschützender Bestimmungen, Schließt nämlich ein Unternehmer mit einem
Verbraucher Verträge ab, können den Unternehmer eine Vielzahl von Bestimmungen
treffen, die dem Schutz seines Vertragspartners betreffen.
Zu denken ist etwa an Bestimmungen über ein
Widerrufsrecht oder aus dem AGB-Recht.
Im vorliegenden Fall folgerte das AG die
Unternehmereigenschaft des Verkäufers daraus, dass Unternehmer derjenige sei,
der am Markt planmäßig und dauerhaft Leistungen gegen Entgelt anbiete, ohne
dass es – jedenfalls beim Verbrauchsgüterkauf – auf eine Gewinnerzielungsabsicht
ankomme. Demnach war der Kläger Unternehmer, weil er planmäßig und dauerhaft
entgeltliche Leistungen auf der Internetplattform eBay anbot. Die
Unternehmereigenschaften eines Verkäufers auf dieser Internetplattform sei
unter Hinweis auf eine Entscheidung des Oberlandesgericht Frankurt a.M. nämlich
bereits dann anzunehmen, wenn in zwei Jahren mehr als 200 Umsätze stattgefunden
haben, Dauer und/oder Umfang der Verkaufsbestrebungen auf eine unternehmerische
Tätigkeit hinwiesen oder der Auftritt auf der Internetplattform in
geschäftsformmäßiger Ausgestaltung erfolgte.
Leitsatz (der
Redaktion):
Ein Verkäufer bei eBay ist als Unternehmer im Sinne des § 14
BGB zu behandeln, wenn er in zwei Jahren mehr als 200 Verkäufe/Käufe auf eBay
getätigt hat.
Zu beachten ist,
dass das Urteil vor dem Urteil des EuGH
vom 04.10.2018, Az. C-105/17 – Komisia za zashtita na potrebitelite / EvelinaKamenova gefallen ist und nunmehr das reine Abzählen der Verkäufe nicht mehr
zur Beurteilung ausreichen wird, ob jemand auf der Plattform eBay als
Pribatverkäufer oder als gewerblicher Händler agiert.

Gründe:
Die Klage führt nicht zum Erfolg.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 433
Abs. 2 BGB auf Kaufpreiszahlung aufgrund eines eBay-Versteigerungskaufes vom
28.09.2017 betreffend einen „Super Nintendo classic mini“. Denn der
Kläger ist seinerseits nicht vertragstreu, weil er der Beklagten entgegen § 433
Abs. 1 BGB das Eigentum an der verkauften Sache nicht verschafft hat.               
Unstreitig hat die Beklagte den Kaufgegenständen nicht
erhalten. Ob der Kläger den Gegenstand ordnungsgemäß zur Post gegeben und
versendet hat oder nicht, kann dahingestellt bleiben. Dieser zwischen den
Parteien streitige Aspekt bedarf keiner Beweiserhebung, da sich der Kläger
nicht auf die Vorschrift des § 447 Abs. 1 BGB (wonach der Käufer – hier die
Beklagte – die Gefahr des Unterganges ab Versendung der Kaufsache zu tragen
hätte) berufen kann. Denn auf das hier streitgegenständliche Rechtsverhältnis
ist diese Norm lediglich unter den Voraussetzungen des § 475 Abs. 2 BGB
(entspricht § 474 Abs. 4 BGB a.F.) anwendbar, die jedoch nicht vorliegen. Nach
letztgenannter Vorschrift kann bei einem Verbrauchsgüterkauf die Regelung des §
447 Abs. 1 BGB nur dann Anwendung finden, wenn der Käufer, hier die Beklagte,
die zur Ausführung der Versendung bestimmten Person beauftragt hat, was hier
unstreitig nicht der Fall ist. 
§ 475 Abs. 2 BGB ist hier deswegen anwendbar, wenn ein
Verbrauchsgüterkauf vorlegt. Unstreitig ist die Beklagte Verbraucherin im Sinne
des § 13 BGB. Der Kläger ist jedoch als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB zu
behandeln. Zwar hat er sich unstreitig auf seinem eBay-Account als
Privatverkäufer bezeichnet. Maßgeblich ist jedoch nicht diese
Selbstbezeichnung, sondern das tatsächliche Erscheinungsbild (vgl. OLG
Frankfurt, Beschluss vom 04.07.2007 – 6 W 66/07, zit. n. juris). Unternehmer
ist nach der letztgenannten Vorschrift jedermann, der am Markt planmäßig und
dauerhaft Leistungen gegen Entgelt anbietet, ohne dass es – jedenfalls beim
Verbrauchsgüterkauf – auf eine Gewinnerzielungsabsicht ankommt (BGH NJW 2006,
S. 2250). Nach diesen Kriterien ist der Beklagte Unternehmer, weil er planmäßig
und dauerhaft entgeltliche Leistungen auf der Internetplattform eBay anbietet.
Die Unternehmereigenschaften eines Verkäufers auf dieser Internetplattform ist
dann anzunehmen, wenn in zwei Jahren mehr als 200 Verkäufe/oder Käufe
stattgefunden haben, die Dauer und/oder der Umfang der Verkaufstätigkeit auf
eine unternehmerische Tätigkeit hinweist oder der Auftritt auf der
Internetplattform in geschäftsformmäßiger Ausgestaltung erfolgt (vgl. OLG
Frankfurt a.a.O.).
In Anwendung dieser Kriterien liegt eine unternehmerische
Tätigkeit vor, weil der Kläger unwidersprochen im Monat zwischen 17 und 25
Verkäufe über die genannte Internetplattform angeboten. Unwidersprochen hat er
im Zeitpunkt der Klageerwiderung, welche unter dem 04.04.2018 datiert, 17
gleichartige Artikel gleichzeitig angeboten. Hochgerechnet bedeutet dies, dass
die Schwellenzahl von 200 Verkaufsvorgängen pro Kalenderjahr vom Kläger ohne
weiteres überschritten wird. Auch die Gleichartigkeit der Artikel – nach dem
auch insoweit unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten bietet der
Kläger nahezu ausschließlich Waren aus dem Segment der Computerspiele,
Spielkonsolen und Comics an – deutet auf eine geschäftsformmäßige Tätigkeit
hin, zumal sich – wiederum unwidersprochen geblieben – auch eine nicht
unerhebliche Anzahl von Verkäufen von Neuwaren findet. Dem steht die Anzahl von
51 Bewertungen im Zeitraum von sechs Monaten bis zum 19.03.2018 nicht entgegen,
weil die Anzahl der Bewertungen lediglich ein Indiz für die Tätigkeit einer
Person auf der Internetplattform eBay darstellt. Denn es kann nicht unterstellt
werden, dass jeder Verkaufsvorgang auch zu einer Bewertung führt. Andererseits
belegt bereits dieser Zeitraum, dass der Kläger diese Tätigkeit auf Dauer
angelegt hat, zumal auch aus den davorliegenden weiteren sechs Monaten weitere
(wenn auch weniger) Bewertungen bekannt sind. Dies führt lediglich zu dem
Schluss, dass der Kläger in jüngerer Zeit seine Tätigkeit intensiviert hat.   
Vor diesem Hintergrund obliegt es dem Kläger, nunmehr
darzutun und gegebenenfalls nachzuweisen, dass er nicht unternehmerisch tätig
ist (OLG Koblenz NJW 2006, S. 1438). Der Kläger hat jedoch bereits nicht
dargetan, lediglich als Privatmann tätig zu sein. Zwar hat er vorgetragen, er
habe über eine Sammlung der zum Verkauf angebotenen Gegenstände verfügt, die er
anlässlich der Geburt seines Kindes auflösen wolle. Dies habe er insbesondere
deswegen vor, weil er Sorge habe, dass das Kleinstkind die Gegenstände verschlucke.
Dieses Vorbringen ist jedoch bereits deswegen nicht stichhaltig, weil sich die
Gegenstände entsprechend den vom Kläger eingereichten Lichtbildern noch
überwiegend in der Originalverpackung befinden und ein Kleinstkind eine
Spielkonsole schlicht nicht verschlucken kann. Darüber hinaus entspricht es der
Lebenswirklichkeit, eine Sammlung, die dem Bedürfnis eines Privatmannes
entspricht, gegebenenfalls so zu verwahren, dass sie von einem Kleinkind nicht
in für das Kleinkind gefährlicher Weise beeinträchtigt wird. Eltern haben ohne
weiteres Einflussmöglichkeiten, ihre Kinder von gefahrvollem Spiel abzuhalten.
Im vorliegenden Falle wäre es lebensnah gewesen, die Gegenstände beispielsweise
in einer Kiste in einem Abstellraum zu verwahren. Vor diesem Hintergrund bedarf
es folglich auch keiner Beweisaufnahme hierzu, weil bereits das Vorbringen des
Klägers nicht geeignet ist, seine Unternehmereigenschaft in Zweifel zu ziehen.           
Das Gericht brauchte auf diese vorstehenden Erwägungen auch
nicht mehr gesondert hinzuweisen, da ein Hinweis gemäß § 139 Abs. 2 ZPO nur
dann geboten ist, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen tatsächlichen
oder rechtlichen Gesichtspunkt zu stützen beabsichtigt, den die Parteien
erkennbar übersehen haben oder das Gericht beabsichtigt, eine rechtliche
Würdigung anders vorzunehmen, als es beide Parteien übereinstimmend bislang
vorgenommen haben. Hier sind die tragenden rechtlichen Erwägungen gemäß den
vorstehenden Ausführungen von der beklagten Partei bereits mit der
Klageerwiderung sämtlich angesprochen worden (wenn auch teilweise unter Hinweis
auf die Rechtsprechung anderer als der zitierten Gerichte, die jedoch
gleichartige Erwägungen zum Gegenstand haben). Der Kläger hatte hierzu
Gelegenheit zu Stellungnahme und sich auch geäußert.            
Fehlt es solchermaßen an einem Hauptanspruch, so hat der
Kläger auch keine Ansprüche auf die Zahlung von Zinsen.               
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11,
711, 713 ZPO.  
Streitwertbeschluss:    
Der Streitwert wird auf 143,10€ festgesetzt.

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EuGH Verkauf mehrer Artikel auf Online-Plattform bedeutet nicht automatisch Handeln als Gewerbetreibender oder Unternehmer – Einzelfallprüfung erforderlich oder „Wann sind Internetverkäufe privat oder gewerblich?“

Der EuGH hat mit Urteil
vom 04.10.2018, Az. C-105/17 – Komisia za zashtita na potrebitelite / Evelina
Kamenova
entschieden, dass der Verkauf mehrerer Artikel auf einer
Online-Handelsplattform nicht automatisch ein Handeln als Gewerbetreibender
oder Unternehmer und den damit einhergehenden Pflichten und
Pflichtinformationen bedeutet. Vielmehr ist eine Einzelfallprüfung
erforderlich. Eine Person, die auf einer Website eine Reihe von
Verkaufsanzeigen veröffentlicht, ist nicht automatisch eine
„Gewerbetreibende“. Die Tätigkeit könne allerdings als
„Geschäftspraxis“ eingestuft werden, wenn die Person im Rahmen ihrer
gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, hat der
Gerichtshof der Europäischen Union entschieden.
Eine Person, die auf einer
Website eine Reihe von Verkaufsanzeigen veröffentlicht, ist nicht automatisch
ein „Gewerbetreibender“
Diese Tätigkeit kann als
„Geschäftspraxis“ eingestuft werden, wenn die Person im Rahmen ihrer gewerblichen,
handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handelt.

Ein Verbraucher erwarb auf
einer Online-Plattform eine gebrauchte Armbanduhr. Nachdem erfestgestellt
hatte, dass die Uhr nicht die Eigenschaften aufwies, die in der Verkaufsanzeige
angegeben waren, teilte der Verbraucher dem Verkäufer mit, dass er den Vertrag
widerrufen wolle.
Frau Evelina Kamenova, die
Verkäuferin, lehnte es ab, die Ware gegen Erstattung des Entgelts zurückzunehmen.
Daher legte der Verbraucher eine Beschwerde bei der bulgarischen Kommission für
Verbraucherschutz (KfV) ein.
Nach einer Abfrage auf der
fraglichen Online-Plattform stellte die KfV fest, dass am 10. Dezember 2014
noch acht Verkaufsanzeigen zu verschiedenen Waren auf dieser Website von Frau Kamenova
unter dem Pseudonym „eveto-ZZ“ veröffentlicht waren.
Mit Bescheid vom 27.
Februar 2015 stellte die KfV fest, dass Frau Kamenova eine Ordnungswidrigkeit
begangen habe, und verhängte mehrere Geldbußen gegen sie, die auf das nationale
Verbraucherschutzgesetz gestützt waren. Nach Ansicht der KfV hatte es Frau
Kamenova
in sämtlichen dieser
Anzeigen unterlassen, Angaben zu Namen, Postanschrift und E-Mail-Adresse des
Gewerbetreibenden, zum Endpreis der zum Verkauf angebotenen Ware einschließlich
aller Steuern und Abgaben, zu den Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen,
zum Recht des
Verbrauchers auf Widerruf
des Fernabsatzvertrags und zu Bedingungen, Frist und Verfahren der Ausübung
dieses Rechts zu machen sowie darauf hinzuweisen, dass eine gesetzliche Gewährleistung
für die Vertragsgemäßheit der Ware bestehe.
Frau Kamenova erhob vor den
bulgarischen Gerichten Klage gegen diesen Bescheid und begründete diese damit,
dass sie keine „Gewerbetreibende“ sei und die Vorschriften des bulgarischen
Gesetzes daher nicht anwendbar seien. Vor diesem Hintergrund fragt der Administrativen
sad – Varna (Verwaltungsgericht Varna, Bulgarien) den Gerichtshof, ob eine
Person, die auf einer
Website eine vergleichsweise große Zahl von Anzeigen über den Verkauf von Waren
mit erheblichem Wert veröffentlicht, als „Gewerbetreibender“ im Sinne der
Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken eingestuft werden kann (Richtlinie
2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über
unlautere
Geschäftspraktiken
im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern
und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien
97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des
Rates (ABl. 2005, L 149, S. 22).)
In seinem Urteil vom
heutigen Tag führt der Gerichtshof zunächst aus, dass es für eine Einstufung als
„Gewerbetreibender“ im Sinne der Richtlinie erforderlich ist, dass die
betreffende Person „im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder
beruflichen Tätigkeit“ oder im Namen oder Auftrag des Gewerbetreibenden
handelt.
Der Gerichtshof stellt
sodann klar, dass der Sinn und die Bedeutung des Begriffs „Gewerbetreibender“
anhand des Begriffs „Verbraucher“ zu bestimmen sind, der jeden nicht gewerblich
oder beruflich Tätigen bezeichnet.
Der Gerichtshof stellt in
diesem Zusammenhang fest, dass es Sache des vorlegenden Gerichts ist, auf der
Grundlage aller ihm vorliegenden tatsächlichen Angaben von Fall zu Fall zu
entscheiden, ob eine natürliche Person wie Frau Kamenova im Rahmen ihrer gewerblichen,
handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit gehandelt hat, indem es u. a. prüft,
ob der Verkauf planmäßig erfolgte,ob er eine gewisse Regelmäßigkeit hatte oder
mit ihm ein Erwerbszweck verfolgt wurde, ob sich das Angebot auf eine begrenzte
Anzahl von Waren konzentriert, und die Rechtsform sowie die
technischen Fähigkeiten des
Verkäufers ermittelt.
Um die fragliche Tätigkeit
als „Geschäftspraxis“ einstufen zu können, muss das vorlegende Gericht zudem
prüfen, ob diese Tätigkeit zum einen von einem „Gewerbetreibenden“ ausgeht und
zum anderen eine Handlung, Unterlassung, Verhaltensweise, Erklärung oder
kommerzielle Mitteilung
darstellt, „die unmittelbar
mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung eines Produkts an
Verbraucher zusammenhängt“.
Daher gelangt der
Gerichtshof zu dem Schluss, dass eine natürliche
Person, die eine Reihe von Anzeigen, in denen neue und gebrauchte Waren zum
Verkauf angeboten werden, gleichzeitig auf einer Website veröffentlicht, nur
dann als „Gewerbetreibender“ einzustufen ist und eine solche Tätigkeit nur dann
eine „Geschäftspraxis“ darstellt, wenn diese Person im Rahmen ihrer
gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handelt.
Der EuGH hat hier klar zur
Einstufung von Internetverkäufern als „Gewerbetreibende“ oder „Unternehmer“ Stellung
bezogen und das bedeutet, dass der Erwerbszweck und mehrfache Anzeigen auf
Online-Plattformen reichen für die Einstufung als „Gewerbetreibender“ i.S. des
Verbraucherschutzes nicht aus.
In Rn. 44 des vorliegenden
Urteils erläutert der EuGH, dass „die bloße Tatsache, dass mit dem Verkauf ein
Erwerbszweck verfolgt wird oder dass eine natürliche Person gleichzeitig eine
Reihe von Anzeigen, in denen neue und gebrauchte Waren zum Verkauf angeboten
werden, auf einer Online-Plattform veröffentlicht, für sich genommen nicht
ausreichen, um diese Person als „Gewerbetreibenden“ im Sinne dieser Bestimmung
einzustufen.
.
Verkäufer muss (zusätzlich)
im Rahmen seiner gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit
handeln.
Hierzu führt der EuGH in
Rn. 45 des Urteils aus, „dass eine natürliche Person wie die Beklagte des
Ausgangsverfahrens, die gleichzeitig eine Reihe von Anzeigen, in denen neue und
gebrauchte Waren zum Verkauf angeboten werden, auf einer Website
veröffentlicht, nur dann als „Gewerbetreibender“ bzw. „Unternehmer“ einzustufen
ist und eine solche Tätigkeit nur dann eine „Geschäftspraxis“ darstellt, wenn
diese Person im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen
Tätigkeit handelt; dies (ist) anhand aller relevanten Umstände des Einzelfalls
zu prüfen“.
Damit wird der Fall an das
vorlegende bulgarische Gericht zurückgegeben. Folgende – nicht abschließenden –
Anhaltspunkte werden für die Prüfung in dem Urteil noch gegeben:
.
Prüfpunkte für die Gewerblichkeit von Internetverkäufern
Welche Punkte für die
Beurteilung der Gewerblichkeit i.S. der EU-Verbraucherschutzrichtlinien zu
prüfen sind, hat der Generalanwalt
in seinen Schlussanträgen
ausgeführt, auf die der EuGH Bezug nimmt.
Danach „wird das vorlegende
Gericht dabei insbesondere zu untersuchen haben, ob der Verkauf über die
Online-Plattform
  • planmäßig erfolgte,
  • ob mit diesem Verkauf
    Erwerbszwecke verfolgt wurden,
  • ob der Verkäufer über
    Informationen oder technische Fähigkeiten hinsichtlich der von ihm zum Verkauf
    angebotenen Waren verfügt, über die der Verbraucher nicht notwendigerweise
    verfügt, so dass er sich gegenüber diesem Verbraucher in einer vorteilhafteren
    Position befindet,
  • ob der Verkäufer eine
    Rechtsform hat, die ihm die Vornahme von Handelsgeschäften erlaubt, und in
    welchem Ausmaß der Online-Verkauf mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit des
    Verkäufers zusammenhängt,
  • ob der Verkäufer
    mehrwertsteuerpflichtig ist,
  • ob der Verkäufer, der im
    Namen oder im Auftrag eines bestimmten Gewerbetreibenden oder durch eine andere
    Person auftritt, die in seinem Namen oder Auftrag handelt, eine Vergütung oder
    Erfolgsbeteiligung erhalten hat,
  • ob der Verkäufer neue oder
    gebrauchte Waren zum Zweck des Wiederverkaufs erwirbt und dieser Tätigkeit auf
    diese Weise eine gewisse Regelmäßigkeit, Häufigkeit und/oder Gleichzeitigkeit
    im Verhältnis zu seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit verleiht,
  • ob die zum Verkauf
    gestellten Waren alle gleichartig sind oder denselben Wert haben, insbesondere,
    ob sich das Angebot auf eine begrenzte Anzahl von Waren konzentriert.“

.
Zusammenfassende Würdigung
Diese oben genannten Punkte
sind weder abschließend noch reicht das Vorliegen einzelner Merkmale aus. Die
Beurteilung richtet sich vielmehr nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im
Einzelfall. Das Urteil hilft, „echte“ Privatverkäufer vor übertriebenen
formellen Anforderungen zu schützen, denn das eine Abzählen von Verkäufen
und/oder Bewertungen vieler Abmahnkanzleien reicht nun nicht mehr aus um einen
eBay-Verkäufer als „gewerblichen“ Händler zu stigmatisieren und von diesem die
Informationspflichten zu fordern wie dies in der Vergangenheit der Fall war.