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Anwaltsrecht – LG Frankfurt am Main zur Verjährung beim herausgabeanspruch anwaltlicher Handakten

Das LG Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 01.03.2018, Az. 2-25 O 125/17 entschieden, dass der Anspruch des Auftraggebers auf Herausgabe anwaltlicher
Handakten  unabhängig von einer berufsrechtlichen Aufbewahrungspflicht
nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt .

Leitsatz:
Der Anspruch des Auftraggebers auf Herausgabe anwaltlicher
Handakten verjährt unabhängig von einer berufsrechtlichen Aufbewahrungspflicht
nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Herausgabe anwaltlicher
Handakten.       
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der A SE
(nachfolgend: Insolvenzschuldnerin), die vormals unter B SE firmierte.           
Die Beklagte ist eine Rechtsanwaltssozietät, die auf dem
Gebiet des Wirtschaftsrechts tätig ist.             Abs.
4
Aufgrund Mandatsvereinbarung vom 31.08.2011 (Anlage K 1, Bl.
9 ff. d.A.) wurde die Beklagte für die Insolvenzschuldnerin rechtsberatend
tätig, insbesondere in Fragen betreffend eine mögliche Restrukturierung der
Insolvenzschuldnerin.
In der Mandatsvereinbarung, auf die wegen ihrer Einzelheiten
verwiesen wird, heißt es auszugsweise wie folgt:        
„(…) 13. Aktenaufbewahrung  
Wir führen unsere Akten entweder in elektronischer oder
papiergebundener Form, Unterlagen bewahren wir für einen Zeitraum von 10 Jahren
nach Abschluss des Mandats auf. Danach sind wir berechtigt, Dateien zu löschen
bzw. Akten zu vernichten, soweit wir Ihnen nicht Originaldokumente zur
Aufbewahrung übergeben. (…)“   
Mit Beschluss des Amtsgerichts C vom 01.07.2012, Az. …,
wurde über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren
eröffnet und der Kläger als Insolvenzverwalter bestellt.
Mit E-Mail vom 23.12.2015 verlangte der
Prozessbevollmächtigte des Klägers von der Beklagten Herausgabe der bei der
Beklagten für die Insolvenzschuldnerin geführten Handakte und bat unter
Fristsetzung bis zum 08.01.2016 um einen Termin zur Abholung. Mit E-Mail vom
14.01.2016 lehnte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Herausgabe der
Handakte ab und erhob die Einrede der Verjährung. Wegen der weiteren
Einzelheiten der zwischen den Prozessbevollmächtigten geführten Korrespondenz
wird auf die Anlage K 3 (Bl. 17 ff. d.A.) verwiesen.             
Mit Schreiben vom 02.02.2016 (Anlage B1) erhob der Kläger
vor der Rechtsanwaltskammer D Beschwerde gegen zwei Partner der Beklagten wegen
der Verletzung einer berufsrechtlichen Pflicht zur Herausgabe der Handakten.
Mit Datum vom 18.05.2016 (Anlage B2) teilte die Rechtsanwaltskammer D dem
Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, dass sie die Beschwerde zurückgewiesen
habe und nannte als Begründung insbesondere, dass eine berufsrechtliche
Sanktion nur über den Umweg des § 43 BRAO in Verbindung mit §§ 675, 667 BGB
möglich sei, wobei ein zu fordernder grober Verstoß gegen eine zivilrechtliche
Pflicht angesichts der Erhebung der Einrede der Verjährung durch die Beklagte
nicht gegeben sei.                Abs. 11
Der Kläger behauptet, mit Abschluss der Mandatsvereinbarung
vom 31.08.2011 sei zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten im
Hinblick auf die Akten ein Verwahrungsvertrag im Sinne des § 688 BGB zustande
gekommen. Dies zeige Ziffer 13 der Mandatsvereinbarung. Der Kläger könne daher
aus § 695 Satz 1 BGB in Verbindung mit dem Verwahrungsvertrag Herausgabe der
Handakte verlangen. Sofern Zweifel bei der Auslegung der Mandatsvereinbarung
verblieben, gingen diese jedenfalls nach § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten der
Beklagten.  Abs. 12
Der Kläger ist der Auffassung, ein Herausgabeanspruch ergebe
sich zudem neben §§ 675, 667 BGB auch unmittelbar aus § 50 Abs. 3 BRAO. Dass es
sich bei § 50 Abs. 3 BRAO um eine eigenständige Anspruchsgrundlage handelt,
werde bereits daraus ersichtlich, dass mit dem am 18.04.2017 in Kraft
getretenen Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur
Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe (BGBl. I
2017, S. 1121) in § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO in der seit dem 18.05.2017 geltenden
Fassung (nachfolgend: n.F.) nunmehr klarstellend eine Herausgabepflicht des
Rechtsanwalts gegenüber dem Auftraggeber statuiert worden sei. Überdies habe er
nunmehr auch unmittelbar aus § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. einen Herausgabeanspruch.    
Der Kläger beantragt, wie folgt zu erkennen:   
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die von ihr
anlässlich der Beratung der B SE (heute firmierend unter A SE) auf Grundlage
der Mandatsvereinbarung vom 31. August 2011 geführten Handakten herauszugeben.     
Die Beklagte beantragt,              
die Klage abzuweisen. 
Hilfsweise für den Fall des Unterliegens beantragt die
Beklagte,            
ihr zu gestatten, dass sie die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung, die auch durch die schriftliche, unwiderrufliche,
unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb
befugten Kreditinstituts bewirkt werden kann, ungeachtet einer
Sicherheitsleistung des Klägers abwenden kann.          
Die Beklagte behauptet, die Insolvenzschuldnerin sei
umfangreich in die Korrespondenz mit der Beklagten einbezogen gewesen, sodass
diesbezüglich ein etwaiger Herausgabeanspruch ohnehin erfüllt sei.              
Die Beklagte hat ferner die Einrede der Verjährung erhoben. 
Sie ist der Auffassung, ein Herausgabeanspruch aus §§ 667,
675 Abs. 1 BGB sei nach den allgemeinen Verjährungsvorschriften der §§ 195, 199
Abs. 1 BGB verjährt. Eine berufsrechtliche Herausgabepflicht bestehe allenfalls
zivilrechtsakzessorisch, das heißt die Pflicht bestünde nur dann, wenn ein
korrespondierender zivilrechtlicher Herausgabeanspruch durchsetzbar wäre, was
aufgrund der Verjährung nicht der Fall sei. Im Übrigen ergäbe sich aus einer
berufsrechtlichen Herausgabepflicht, sei es nach § 50 BRAO alter oder neuer
Fassung, kein Anspruch des Klägers im Sinne von § 194 Abs. 1 BGB, also das
„Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen“. Die
Verletzung der Berufspflicht werde lediglich berufsrechtlich sanktioniert. Es
sei strikt zwischen zivilrechtlicher Anspruchsgrundlage und sanktionsfähiger
Berufspflicht zu unterscheiden. § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F., der
berufsrechtlich sanktioniert sei, sei überdies auf den vorliegenden Fall nicht
anwendbar. Dem stehe das Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG entgegen,
das sich auch auf die anwaltliche Ehrengerichtsbarkeit beziehe.             
Die Beklagte ist weiter der Ansicht, selbst wenn (was sie
bestreitet) mit Abschluss der Mandatsvereinbarung eine verwahrungsrechtliche
Abrede getroffen worden sei, so sei aufgrund des Schwerpunktes der
Mandatsvereinbarung im Recht der Geschäftsbesorgung einheitlich das hierfür
geltende Verjährungsrecht anzuwenden und nicht § 695 Satz 2 BGB.               
Der Kläger ist demgegenüber der Auffassung, die Beklagte
könne sich nicht auf die zivilrechtliche Einrede der Verjährung berufen, da sie
einer berufsrechtlichen und nicht einer zivilrechtlichen Herausgabepflicht
unterliege. Es wäre auch mit dem Berufsstand des Rechtsanwalts sowie mit der
Einheit der Rechtsordnung unvereinbar, wenn sich die Beklagte auf die
Verjährung des Herausgabeanspruchs berufen könnte, während sie berufsrechtlich
verpflichtet sei, die Handakten für einen Zeitraum von fünf Jahren nach
Beendigung des Auftrags aufzubewahren (§ 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO in der bis zum
17.05.2017 geltenden Fassung, nachfolgend: a.F.). Jedenfalls sei § 695 Satz 2
BGB entsprechend anzuwenden. Bezüglich eines Herausgabeanspruchs aus einem
Verwahrungsvertrag habe die Verjährungsfrist ohnehin gem. § 695 Satz 2 BGB erst
mit der Rückforderung und damit im Jahr 2015 zu laufen begonnen.    
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes
sowie wegen des weiteren Vorbringens wird auf die zu den Akten gereichten
Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.        
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen durchsetzbaren
Anspruch auf Herausgabe der bei der Beklagten aufgrund des Mandatsverhältnisses
zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten geführten Handakten.  
A.          
Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus §§ 667, 675 Abs.
1 BGB.         
I.            
Zwar ist ein solcher Anspruch entstanden.        
Zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten ist
aufgrund Mandatsvereinbarung vom 31.08.2011, die gemäß Buchstabe A. Ziffer 1.
die umfassende wirtschaftsrechtliche Beratung der Insolvenzschuldnerin zum
Gegenstand hatte (Anlage K1, Bl. 9 d.A.), unstreitig ein
Geschäftsbesorgungsvertrag im Sinne des § 675 Abs. 1 BGB zustande gekommen.
Gemäß § 667 BGB, der über § 675 Abs. 1 BGB Anwendung findet, ist die Beklagte
verpflichtet, dem Kläger alles, was sie zur Ausführung des Auftrags erhält und
was sie aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben. Unter § 667 BGB
fallen auch die von einem Rechtsanwalt geführten Handakten des Rechtsanwalts
(BGH, NJW 1990, 510 f.; LG Mannheim, NJOZ 2013, 287). Der Anspruch wird dabei
spätestens fällig mit Beendigung des Auftragsverhältnisses (BGH, NJW 1990, 510
(BGH 30.11.1989 – III ZR 112/88)), vorliegend mit Insolvenzeröffnung durch
Beschluss des Amtsgerichts C vom 01.07.2012, Az. …, § 115 Abs. 1, 116 Satz 1
InsO.    
II.           
Dieser Anspruch ist jedoch nicht mehr durchsetzbar, weil er
gem. §§ 195, 199 Abs. 1, 214 Abs. 1 BGB verjährt ist.        
1.           
Die Regelverjährung nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB findet auf
den Herausgabeanspruch nach § 667 BGB Anwendung (Sprau, in: Palandt, BGB, 77.
Aufl. 2018, § 667 Rn. 9). Dies gilt auch für den auf §§ 675 Abs. 1, 667 BGB
gestützten Anspruch auf Herausgabe der anwaltlichen Handakten (BGHZ 109, 260,
264 f.; Deckenbrock, NJW 2017, 1425, 1427).              
2.           
Dabei sind die §§ 195, 199 Abs. 1 BGB für den Anspruch eines
Auftraggebers auf Herausgabe der anwaltlichen Handakte nicht dahingehend
teleologisch zu reduzieren, dass Verjährung nicht vor Ablauf der in § 50 Abs. 1
Satz 1 BRAO in der seit dem 18.05.2017 geltenden Fassung (nachfolgend: n.F.)
oder in § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO in der bis zum 17.05.2017 geltenden Fassung
(nachfolgend: a.F.) normierten Aufbewahrungsfrist eintritt. Die allgemeinen
Vorschriften der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB sind nicht um einen Ausnahmetatbestand
im eben genannten Sinne zu ergänzen.            
Eine teleologische Reduktion setzt voraus, dass das Gesetz,
gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht und der ihm immanenten Teleologie
unvollständig ist, mithin eine nach dem Regelungsplan oder dem
Gesamtzusammenhang des Gesetzes zu erwartende Regel fehlt (Larenz/Canaris,
Methodenlehre, 3. Aufl. 1995, 196 f.) und dass die Ergänzung um einen
Ausnahmetatbestand wertungsmäßig geboten ist, was einerseits durch den Sinn und
Zweck der einzuschränkenden Norm selbst oder durch den insoweit vorrangigen
Zweck einer anderen Norm geboten sein kann, wobei jeweils das Gebot der
Gerechtigkeit, Ungleiches ungleich zu behandeln zu beachten ist
(Larenz/Canaris, Methodenlehre, 3. Aufl., 211).               
a)           
Für die vorliegende Fallgestaltung ist dem Gesetz bereits
keine planwidrige verdeckte Regelungslücke zu entnehmen.               
Zwar kann gegen das Bestehen einer Regelungslücke entgegen
der Auffassung der Beklagten nicht angeführt werden, eine Diskrepanz zwischen
Verjährungs- und Aufbewahrungsfrist bestehe bereits seit über 100 Jahren
(Schriftsatz vom 16.02.2018, Seite 5 f., 151 f. d.A.). Angesichts der vormals
geltenden allgemeinen Verjährungsfrist von dreißig Jahren gemäß § 195 BGB in
der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung und der kürzeren Aufbewahrungsfrist
von fünf Jahren gemäß § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO in der Fassung vom 01.10.1959
(BGBl. I 1959, S. 565) bestand keine Veranlassung dahingehend, die
Fallkonstellation einer Verjährung vor Ablauf der Aufbewahrungsfrist gesondert
zu regeln.               Abs. 43
Dagegen, dass das Gesetz in Bezug auf die Verjährung des
Herausgabeanspruchs lückenhaft ist, spricht jedoch, dass das Gesetz in § 51b
BRAO in der bis zum 14.12.2004 geltenden Fassung für Schadensersatzansprüche
des Auftraggebers durchaus eine spezielle Verjährungsregelung vorsah. Diese
Regelung wurde mit Gesetz vom 09.12.2004 (BGBl. I 2004, S. 3214) aufgehoben,
nachdem die kürzere Verjährungsfrist von drei Jahren mit derjenigen der
Regelverjährung zusammengefallen war. Dem ist zu entnehmen, dass der
Gesetzgeber sich mit der Verjährung von Ansprüchen des Auftraggebers gegen den
Rechtsanwalt auseinandergesetzt hat und eine speziell für den Anspruch auf
Herausgabe der Handakten geltende Verjährungsregel nicht eingeführt werden
sollte.              
Gegen eine planwidrige Regelungslücke spricht zudem, dass
der Gesetzgeber mit § 50 Abs. 1 BRAO in der Fassung vom 01.10.1959 (BGBl. I
1959, S. 565) hinsichtlich des Anspruchs auf Herausgabe der Handakte ein
Zurückbehaltungsrecht eingeführt hat. Das Zurückbehaltungsrecht findet sich
nunmehr in § 50 Abs. 3 BRAO in der Fassung vom 03.09.1994 (BGBl. I 1994, S.
2278). Das Gesetz enthält mithin für den Anspruch des Auftraggebers auf
Herausgabe der anwaltlichen Handakten eine Spezialregelung. Es wäre mithin zu
erwarten gewesen, dass das Gesetz auch hinsichtlich der Verjährung des
Herausgabeanspruchs eine eigene Vorschrift vorhält, sofern von den allgemeinen
Verjährungsvorschriften abgewichen werden sollte. 
Zuletzt hat der Gesetzgeber mit dem am 18.04.2017 in Kraft
getretenen Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur
Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe (BGBl. I
2017, S. 1121) den § 50 BRAO einer umfangreichen Novellierung zugeführt und
dabei ebenfalls von einer Regelung der Verjährung des Herausgabeanspruchs
abgesehen.      
Insgesamt besteht daher keine planwidrige verdeckte
Regelungslücke.            
b)          
Überdies ist die Ergänzung um einen wie oben dargestellten
Ausnahmetatbestand nicht wertungsmäßig geboten.   
Dabei ist zunächst der Zweck der Verjährung zu
berücksichtigen. Die Verjährung dient zum einen dazu, dem fälschlich als
Schuldner in Anspruch Genommenen die Abwehr unbegründeter Ansprüche zu
erleichtern. Soweit begründete Ansprüche betroffen sind, dient die Verjährung
zum einen dem Schuldnerschutz, da sich die Beweisposition und die
Regressmöglichkeiten mit dem Zeitablauf verschlechtern, und zum anderen dem
Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit (insgesamt s. Ellenberger, in: Palandt,
BGB, 77. Aufl. 2018, vor § 194 Rn. 7 ff.).
Was den Herausgabeanspruch selbst anbelangt, dient die
Verjährung nur in eingeschränktem Maße dem Schutz des Schuldners vor einer
Verschlechterung seiner Beweisposition. Außer vom Bestehen eines
Geschäftsbesorgungsvertrages wird der Herausgabeanspruch nicht von weiteren
Voraussetzungen – etwa einem berechtigten Interesse (vgl. etwa § 810 BGB) –
abhängig gemacht (s.o.), sodass im Hinblick auf die Abwehr des
Herausgabeanspruches eine Verschlechterung der Beweisposition nicht zu besorgen
ist. Auch ist nicht ersichtlich, dass Regressmöglichkeiten verloren gehen
könnten. Für den Anspruch des Auftraggebers auf Herausgabe der anwaltlichen
Handakte ist jedoch der Zweck der Schaffung und Erhaltung von Rechtsfrieden und
Rechtssicherheit von Bedeutung. Dabei ist zwar zu beachten, dass nach Ablauf
der zivilrechtlichen Verjährungsfrist und bis zum Ablauf der Frist der
Verfolgungsverjährung nach § 115 BRAO (fünf Jahre) noch berufsrechtliche
Sanktionen möglich sind, sodass der Schutz öffentlicher Interessen zurücktritt.
Denn auch mit Ablauf der allgemeinen zivilrechtlichen Verjährungsfrist wird
damit noch kein „Schlussstrich“ gezogen. Im Verhältnis zu seinem
Auftraggeber hat der Rechtsanwalt jedoch ein berechtigtes Interesse daran, nach
Ablauf einer gewissen Zeit davon ausgehen zu dürfen, diesem gegenüber nicht
mehr zur Herausgabe verpflichtet zu sein. Wie der vorliegende Fall zeigt, kann
der Herausgabeanspruch des Auftraggebers dazu dienen, Schadensersatzansprüche
gegen den Rechtsanwalt vorzubereiten. Insofern droht dem Rechtsanwalt als
Schuldner des Herausgabeanspruchs wiederum eine Verschlechterung seiner
Beweisposition, da Ansprüche, die auf Informationen aus der Handakte gestützt
werden, mit dem Zeitablauf möglicherweise – etwa wegen des Erinnerungsverlustes
von Zeugen – nur noch mit verringerten Erfolgsaussichten abgewehrt werden
können. Der Kläger hat vorgetragen, es bestehe die begründete Annahme dafür,
dass im Zusammenhang mit der Beratungsleistung Haftungsansprüche gegen die
Beklagte bestehen könnten (Schriftsatz vom 13.02.2017, Seite 2, Bl. 34 f.
d.A.). Die Beklagte habe es nach Ansicht des Klägers pflichtwidrig unterlassen,
auf eine spätestens am 23.01.2012 eingetretene Insolvenzreife der
Insolvenzschuldnerin und die bestehende Insolvenzantragspflicht hinzuweisen; es
bestünden daher Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte auf Ersatz der
Vertiefung der Überschuldung haften dürfte. Inhaltlich überschneide sich dieser
Anspruch mit einem vor dem Landgericht C geführten Parallelverfahren, in dem
der Kläger Vorstandsmitglieder der Insolvenzschuldnerin in Anspruch nehme. Der
dortige Gegenstandswert betrage … € (Schriftsatz vom 13.02.2017, Seite 3, Bl.
36 d.A.).            
Der soeben dargestellte Zweck der Verjährungsregelung hat
gegenüber dem Zweck der Aufbewahrungspflicht nicht zurückzutreten. Die
berufsrechtliche Pflicht zur Aufbewahrung der Handakte dient in erster Linie
Aufsichtszwecken (Deckenbrock, NJW 2017, 1425, 1427), nicht dem Schutz des
Auftraggebers. Dies folgt zum einen aus der systematischen Stellung des § 50 Abs.
2 Satz 1 BRAO a.F. beziehungsweise § 50 Abs. 1 Satz 2 BRAO n.F. Der erste
Abschnitt des Dritten Teils der Bundesrechtsanwaltsordnung hat primär zum Ziel,
die Achtung und das Vertrauen des Rechtssuchenden in die Integrität des
Berufsstandes zu erhalten. Dies zeigt bereits die in § 43 BRAO normierte
allgemeine Berufspflicht. Gemäß § 43 Satz 1 BRAO hat der Rechtsanwalt seinen
Beruf „gewissenhaft“ auszuüben. Diese Pflicht wird in § 43 Satz 2
BRAO dahingehend konkretisiert, der Anwalt habe sich innerhalb und außerhalb
des Berufes der Achtung und des Vertrauens, welche die Stellung des
Rechtsanwalts erfordert, würdig zu erweisen. Auch die in § 43a BRAO normierten
Grundpflichten werden demnach als berufsrechtliche Pflichten eingeordnet (für §
43a Abs. 4 BRAO s. etwa BGH, NJW 2016, 2561 (BGH 12.05.2016 – IX ZR 241/14)),
konkretisieren mithin die vorgenannte allgemeine berufsrechtliche Pflicht.            
Dass die Aufbewahrungspflicht primär aufsichtsrechtliche
Zwecke verfolgt, wird auch durch § 56 Abs. 1 Satz 1 BRAO belegt, wonach der
Rechtsanwalt verpflichtet ist, dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer oder einem
beauftragten Mitglied die Handakten vorzulegen. Zweck dieser Vorschrift kann
allein die Prüfung sein, ob das Berufsrecht eingehalten wurde und ob ein Antrag
auf Einleitung des anwaltsgerichtliche Verfahrens zu stellen ist (s. § 122 Abs.
1 BRAO).        
Der Gesetzesbegründung zur Novellierung des § 50 BRAO ist
entgegen der Ansicht des Klägers nicht zu entnehmen, dass der Regelungszweck
der Aufbewahrungspflicht vorrangig in dem Erhalt des Herausgabeanspruchs des
Auftraggebers zu sehen ist. Die Passage 
„Mandantinnen und Mandanten, die dem von ihnen
beauftragten Rechtsanwalt Dokumente übergeben haben, müssen sich darauf
verlassen können, diese von ihrem Rechtsanwalt auch wieder zurück zu bekommen,
soweit kein Fall des Absatzes 3 Satz 1 vorliegt.“ (BT-Drucks. 18/9521, S.
116, vorgelegt als Anlage K 4, Bl. 117 d.A.) lässt sich auch aus einer
berufsrechtlichen, auf den Erhalt der Achtung des Vertrauens des Rechtssuchenden
in die Integrität des Berufsstandes gerichteten Perspektive, lesen.              
Der vorgenannten Gesetzesbegründung lässt sich vielmehr
entnehmen, dass der primäre Regelungszweck der Aufbewahrungspflicht
aufsichtsrechtlicher Natur ist. So heißt es in der Gesetzesbegründung
(BT-Drucks. 18/9521, S. 115; Hervorhebungen durch den Verfasser):             
„Mit dem neuen Satz 2 wird erstmals eine
Aufbewahrungsfrist für diejenigen Teile der Handakte festgelegt, die nicht
unter § 50 Absatz 2 und 3 BRAO-E (derzeit § 50 Absatz 2 bis 4 BRAO) fallen.
Eine solche Fristbestimmungerscheint erforderlich, um klarzustellen, für welche
Dauer Handakten zum Zweck der Aufsicht zur Verfügungstehen müssen. Ein
datenschutzrechtlicher Löschungsanspruch der Mandantschaft ist während dieser
Zeit ausgeschlossen. Der Fristbestimmung kommt dabei die wichtige Funktion zu,
für alle Beteiligten auch im Hinblick auf die datenschutzrechtliche Vorgabe,
dass personenbezogene Daten jeweils nur so lange gespeichert werden dürfen, wie
ihre Speicherung erforderlich ist, allgemein und rechtssicher zu bestimmen, für
welche Frist eine Aufbewahrung der Handakte zulässig ist. Die sich derzeit noch
aus § 35 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 BDSG ergebende datenschutzrechtliche
Löschungsverpflichtung wird sich zukünftig voraussichtlich unmittelbar aus der
kurz vor der Verabschiedung stehenden Verordnung des Europäischen Parlaments
und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung
personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutzgrundverordnung)
ergeben. Gerade im Hinblick auf die dort sehr allgemeinen Regelungen zu
Löschungspflichten erscheint es sinnvoll und erforderlich, dass nicht jeder
einzelne Rechtsanwalt im Hinblick auf den Gegenstand jeder einzelnen Handakte
gegenüber der Datenschutzaufsichtsbehörde begründen muss, warum die
Aufbewahrung dieser Handakte zum Zweck der Aufsicht noch erforderlich ist,
sondern für einen bestimmten Zeitraum für alle Beteiligten die Erforderlichkeit
und Zulässigkeit der Aufbewahrung zu diesem Zweck gesetzlich klargestellt ist.
Anschließend sind die Handakten, da sie wohl immer personenbezogene Daten
enthalten werden, aufgrund der datenschutzrechtlichenVorgaben zu vernichten,
soweit sich nicht aus anderen Gründen eine Pflicht oder Befugnis zu ihrer weiteren
Aufbewahrung ergibt.             
Der Rechtsanwalt hat über die aufsichtsrechtlichen Aspekte
hinaus zumeist auch aus anderen Gründen ein Interesse daran, geordnete
Handakten zu führen. So kann er hierdurch den gegenüber seiner Mandantschaft
bestehenden Auskunfts-, Rechenschafts- und Herausgabepflichten nach den §§ 666,
667, 675 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und den §§ 11 und 23 BORA
nachkommen (vgl. Böhnlein in: Feuerich/Weyland, BRAO, 8. Auflage 2012, § 50
BRAO, Rn. 7).“               
Dieser Passage ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber mit
der Aufbewahrungspflicht vorrangig aufsichtsrechtliche Ziele verfolgt und
lediglich nachrangig auch die Erfüllung von zivilrechtlichen
Herausgabeansprüchen im Blick hat.  
Zwar ist dem Kläger insoweit beizupflichten, als vor diesem
Hintergrund die gesetzliche Regelung inkonsistent erscheint. Es erschließt sich
nicht, weshalb § 50 BRAO nicht die Vervollständigung der Handakte bei
Herausgabe an den Auftraggeber fordert, wenn der primäre Zweck
aufsichtsrechtlicher Natur ist (so auch Deckenbrock, NJW 2017, 1425, 1427).
Ebenso wenig ist die Regelung des § 50 Abs. 2 Satz 2 BRAO a.F. beziehungsweise
§ 50 Abs. 2 Satz 3 BRAO n.F., wonach der Rechtsanwalt die Aufbewahrungspflicht
abwenden kann, wenn er den Auftraggeber zur Entgegennahme aufgefordert hat, mit
der aufsichtsrechtlichen Zweckrichtung zu vereinbaren. Zu erwarten wäre auch
insoweit eine Pflicht zur Vervollständigung gewesen (Deckenbrock, NJW 2017,
1425, 1427). Dass das Gesetz seine Regelungsziele nicht konsequent verfolgt,
führt jedoch noch nicht dazu, dass diese – hier aus der systematischen
Stellung, der Regelung des § 56 Abs. 1 Satz 1 BRAO und dem gesetzgeberischen
Willen ableitbare – Regelungsziele obsolet werden.         
3.           
Ebenso wenig ist § 695 Satz 2 BGB auf den vorliegenden Fall
analog anzuwenden. § 695 Satz 2 BGB ist eine Sonderregelung, die den
Besonderheiten der §§ 688 ff. BGB Rechnung trägt. Da der Rückforderungsanspruch
des Hinterlegers bereits mit der Hinterlegung der Sache entsteht und dies dem
Hinterleger bekannt ist, hätte die Anwendbarkeit des § 199 Abs. 1 BGB zur
Folge, dass der Verwahrer nach Ende des vierten Jahres stets die Herausgabe der
Sache verweigern könnte (Sprau, in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, § 695 Rn. 1).
Dies widerspräche dem Wesen des verhaltenen Anspruchs aus § 695 Satz 1 BGB.               
Bei dem auf die Herausgabe der anwaltlichen Handakte
gerichteten Anspruch aus §§ 675 Abs. 1, 667 BGB besteht jedoch eine gegenüber §
695 BGB abweichende Interessenlage. Der Anspruch auf Herausgabe der
anwaltlichen Handakte wird spätestens fällig mit Beendigung des
Auftragsverhältnisses (BGH, NJW 1990, 510 (BGH 30.11.1989 – III ZR 112/88)), es
handelt sich mithin nicht um einen verhaltenen Anspruch (hierzu s. Ellenberger,
in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, § 199 Rn. 8). Wie bereits dargestellt wurde,
greift beim Anspruch auf Herausgabe der anwaltlichen Handakte auch der Zweck
der Verjährungsvorschriften, nämlich der Erhalt von Rechtsfrieden und der
Schutz des Schuldners vor einer Verschlechterung seiner Beweisposition.
4.           
Die Verjährungsfrist hat vorliegend gemäß § 199 Abs. 1 BGB
mit Schluss des Jahres 2012 begonnen. Der Anspruch ist mit Insolvenzeröffnung
fällig geworden. Dass der Kläger ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung von
den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis
hatte oder jedenfalls ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste, wird von dem
Kläger nicht in Abrede gestellt. Verjährung ist mithin mit Schluss des Jahres
2015 eingetreten. Eine Verjährungshemmung im Sinne des § 204 BGB ist nicht
ersichtlich. Nachdem die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben hat, ist
der Anspruch demnach nicht mehr durchsetzbar.               
B.           
Ein Herausgabeanspruch ergibt sich auch nicht aus § 695 Satz
1 BGB.   
Zwischen den Parteien ist kein Verwahrungsvertrag im Sinne
des § 688 BGB zustande gekommen.     
Vorrangig ist dabei die schriftliche und in Kopie als Anlage
K 1 (Bl. 9 ff. d.A.) zur Akte gereichte Mandatsvereinbarung auszulegen. Es
besteht eine Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für alle über ein
Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunden (BGH, NJW 1980, 1680, 1681). Wer eine im
Widerspruch zum Vertragsinhalt stehende für ihn günstige Vereinbarung
behauptet, ist hierfür darlegungs- und beweisbelastet (BGH, NJW 1980, 1680,
1681 (BGH 19.03.1980 – VIII ZR 183/79)). Gleichermaßen hat derjenige, der ein
ihm günstiges Auslegungsergebnis auf Umstände außerhalb der Urkunde stützt,
diese Umstände zu beweisen (BGH, NJW 1999, 1702 (BGH 05.02.1999 – V ZR
353/97)). Ebenso ist es Sache desjenigen, der ein vom Wortlaut und objektiven
Sinn abweichendes Verständnis der Erklärenden geltend macht, den abweichenden
(übereinstimmenden) Willen darzutun und nachzuweisen (BGH, NJW 1995, 3258; NJW
2001, 144, 145 (BGH 11.09.2000 – II ZR 34/99)).           
Ziffer 13 der Mandatsvereinbarung kann aus Sicht eines
objektiven Dritten bei vernünftiger Beurteilung der ihm bekannten oder
erkennbaren Umstände (zu diesem Maßstab s. BGH, NJW 2006, 286 f. (BGH
20.10.2005 – III ZR 37/05); NJW 2005, 3636 f.) nicht dahingehend verstanden
werden, dass die Parteien einen Verwahrungsvertrag geschlossen haben.               
Hiergegen spricht bereits, dass sich Ziffer 13 der
Mandatsvereinbarung auf die Pflicht zur Aufbewahrung von „Akten“
bezieht. Vertragstypische Pflicht des Verwahrungsvertrages ist es jedoch, dass
der Verwahrer verpflichtet wird, eine ihm von dem Hinterleger übergebene
bewegliche Sache aufzubewahren. Dies kann bei „Akten“, die erst im
Laufe des Mandatsverhältnisses nach und nach entstehen, bereits nur bezüglich
derjenigen Unterlagen der Fall sein, die von dem Mandanten an den Rechtsanwalt
übergeben werden. Ziffer 13 der Mandatsvereinbarung betrifft jedoch die
„Akten“ und damit auch solche Aktenbestandteile, die gar nicht
Gegenstand eines Verwahrungsvertrages sein können, etwa die Korrespondenz mit
Dritten oder dem Auftraggeber oder Schriftstücke oder sonstige Unterlagen, die
die Beklagte von Dritten erhalten würde. Darüber hinaus stellen die Handakten
des Rechtsanwalts, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat, dessen
Arbeitsgrundlage dar. Die vorgenannte Vertragsklausel bezieht sich mithin nicht
auf eine Übergabe beweglicher Sachen in die Obhut des Verwahrers zum Zwecke
fremdnütziger Aufbewahrung, wie es für den Verwahrungsvertrag typisch ist (dazu
s. Sprau, in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, § 688 Rn. 1).    
Weiterhin wird aus Satz 2 der vorgenannten Klausel deutlich,
dass die Vereinbarung einer Aufbewahrungsfrist im Hinblick auf die Berechtigung
zur Datenlöschung beziehungsweise Aktenvernichtung erfolgte, nicht jedoch im
Hinblick auf die Gewährung von Raum für eine bewegliche Sache und die Übernahme
der Obhut für sie.        
Nachdem die vorgenannte Vertragsklausel bereits eindeutig
nicht als Verwahrungsvertrag ausgelegt werden kann, verbleiben keine Zweifel
bei der Auslegung im Sinne des § 305c Abs. 2 BGB. Im Übrigen hat der Kläger
nicht dargelegt, dass es sich bei der vorgenannten Vertragsklausel um eine
solche handelt, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert ist und die
die Beklagte gestellt hat, § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern lediglich pauschal
auf § 305c Abs. 2 BGB Bezug genommen (s. Replik vom 17.01.2018, Seite 8, Bl.
111 d.A.).     
Der Kläger hat auch weder behauptet noch dargelegt, dass
eine im Widerspruch zum Vertrag stehende für ihn günstige Vereinbarung
geschlossen wurde noch dass die in seinem Sinne vorgenommene Vertragsauslegung
auf Umstände außerhalb der Urkunde zu stützen ist. Soweit er vorgetragen hat,
die Zeugen E und F hätten bei Vertragsschluss das Verständnis gehabt, dass für
einen Zeitraum von zehn Jahren nach Abschluss des Mandats offeriert worden sei,
die Unterlagen an den Mandanten herauszugeben (Schriftsatz vom 16.02.2018,
Seite 6, Bl. 164 d.A.), so hat er damit nicht ausreichend dargelegt, dass die
Vertragsparteien ein vom Wortlaut und objektiven Sinn der Mandatsvereinbarung
abweichendes übereinstimmendes Verständnis hatten. Der Kläger behauptet bereits
nicht, dass ein gegenüber der Mandatsvereinbarung abweichender
übereinstimmender Wille der Vertragsparteien bestand. Was den Vertreter der
Beklagten G anbelangt, so bestreitet der Kläger lediglich, dass dieser ein
anderes Verständnis gehabt habe als die vorgenannten Zeugen E und F. Sofern der
Kläger hiermit behaupten will, der Vertreter der Beklagten G habe das gleiche
Verständnis gehabt wie die Zeugen E und F, so handelt es sich um eine Behauptung
„aufs Geratewohl“ beziehungsweise „ins Blaue hinein“. Der
Kläger trägt dafür, dass der vorgenannte Vertreter der Beklagten entgegen dem
Inhalt der schriftlichen Mandatsvereinbarung ein solches Verständnis hatte,
keine greifbaren Anhaltspunkte vor, sodass sich diese Behauptung als
willkürlich darstellt. Demgegenüber hat die Beklagte vorgetragen, die Regelung
in Ziffer 13 der Mandatsvereinbarung sei vor dem Hintergrund
datenschutzrechtlicher Bestimmungen erfolgt; es sei darum gegangen,
unberechtigte Ersatzansprüche abwehren zu können (Klageerwiderung vom
13.06.2017, Seite 19, Bl. 80 d.A.). Wie sich aus der vorzitierten
Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 18/9521, S. 115) ergibt, kommen
datenschutzrechtliche Löschungspflichten des Rechtsanwalts durchaus in Betracht,
sodass ein berechtigtes Interesse an einer Verlängerung der
Aufbewahrungspflicht bestehen kann. Vor diesem Hintergrund hätte der Kläger
greifbare Anhaltspunkte dafür liefern müssen, dass der Vertreter der Beklagten
G ein vom Inhalt der Mandatsvereinbarung abweichendes mit demjenigen der Zeugen
E und F übereinstimmendes Verständnis hatte. Dies hat er nicht getan.            
C.           
Ein Herausgabeanspruch folgt auch nicht aus § 50 Abs. 3 Satz
1 BRAO. 
§ 50 Abs. 3 Satz 1 BRAO stellt entgegen der Auffassung des
Klägers bereits keine Grundlage für einen Anspruch auf Herausgabe der
anwaltlichen Handakte dar. Diese Vorschrift normiert lediglich ein
Zurückbehaltungsrecht des Rechtsanwalts bis zur Befriedigung wegen seiner
Gebühren und Auslagen.     
Dabei ist zunächst – worauf die Beklagte zu Recht
hingewiesen hat – streng zwischen zivilrechtlichem Anspruch und
berufsrechtlicher Pflicht zu unterscheiden. Das eine bedingt nicht zwangsläufig
das andere. Besteht ein zivilrechtlicher Anspruch im Verhältnis zwischen
Auftraggeber und Rechtsanwalt, so führt dessen Nichtbefriedigung nicht
zwangsläufig zu einer berufsrechtlichen Sanktion. Umgekehrt geht auch nicht
jede Verletzung einer berufsrechtlichen Pflicht mit einem zivilrechtlichen
Anspruch einher. Die grundsätzliche Unabhängigkeit der jeweiligen
Regelungsbereiche wird durch ihren unterschiedlichen Regelungszweck bedingt.
Während es zivilrechtlich um einen gerechten Ausgleich der Interessen im
Verhältnis zwischen Auftraggeber und Rechtsanwalt geht, verfolgt das
Berufsrecht – wie etwa § 43 Satz 2 BRAO zeigt – vorrangig den Zweck, die
Achtung und das Vertrauen der Rechtssuchenden in die Integrität des
Berufsstandes zu bewahren (s. auch BGH, NJOZ 2015, 501, 502, Rn. 8).    
Das von dem Kläger zitierte Urteil des Bundesgerichtshofes
vom 3.11.2014 (NJOZ 2015, 501) verhält sich nicht zu der Frage, ob § 50 Abs. 3
BRAO eine Anspruchsgrundlage zugunsten des Mandanten darstellt. In dem vom
Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ging es um die Frage, ob ein Rechtsanwalt,
der Handakten nicht herausgibt, berufsrechtlich gemäß §§ 113, 114 BRAO
sanktioniert werden kann, nicht jedoch um einen Herausgabeanspruch des
Mandanten. Der Bundesgerichtshof ist dabei zum Ergebnis gekommen, dass
unmittelbar aus § 50 Abs. 3 BRAO eine berufsrechtliche Herausgabepflicht
gefolgert werden müsse (BGH, NJOZ 2015, 501, 502 f., Rn. 9 ff.).     
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf die
Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie
und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe
(BGBl. I S. 1121) verweist, so folgt aus der Gesetzesbegründung nicht, dass §
50 Abs. 3 BRAO beziehungsweise die Gesamtregelung des § 50 BRAO in der bis zum
17.05.2017 geltenden Fassung (nachfolgend: a.F.) als Anspruchsgrundlage
zugunsten des Mandanten ausgestaltet war. Der Passage       
„Mit dem neuen Absatz 2 Satz 1 wird die derzeit
umstrittene Frage (…), ob neben der zivilrechtlichen Herausgabepflicht nach
den §§ 667, 675 BGB auch eine berufsrechtliche Herausgabepflicht besteht, der
Klärung zugeführt.“ (BT-Drucks. 18/9521, vorgelegt als Anlage K 4, Bl. 117
d.A.) lässt sich vielmehr entnehmen, dass der Gesetzgeber den vormals
herrschenden Streit über das Bestehen einer berufsrechtlich sanktionierbaren
Herausgabepflicht klären wollte. Eine Aussage dazu, ob § 50 Abs. 3 BRAO
beziehungsweise die Gesamtregelung des § 50 BRAO a.F. eine Anspruchsgrundlage
zugunsten des Mandanten darstellen, enthält die Gesetzesbegründung hingegen
nicht.         
Richtigerweise besteht zwar – wie vom Bundesgerichtshof
ausgeurteilt – eine aus § 50 Abs. 3 BRAO abgeleitete eigenständige und nicht
auf einen zivilrechtlichen Anspruch rekurrierende berufsrechtliche Pflicht zur
Herausgabe der anwaltlichen Handakte (BGH, NJOZ 2015, 501, 502 f., Rn. 9 ff.).
Dies hat die Rechtsanwaltskammer in dem hier durch den Kläger angestrengten
Beschwerdeverfahren (s. das Schreiben der Rechtsanwaltskammer D vom 18.05.2016,
Anlage B2) verkannt. Inzwischen wurde diese Herausgabepflicht für einen Teil
der Handakte in § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO ausdrücklich normiert.           
§ 50 Abs. 3 BRAO beziehungsweise die Gesamtregelung des § 50
BRAO a.F. stellen jedoch keine Anspruchsgrundlage zugunsten des Auftraggebers
dar. Bereits der Wortlaut lässt sich nicht in diese Richtung deuten. Ein
Anspruch ist nach der Legaldefinition des § 194 Abs. 1 BGB das „Recht, von
einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen“. § 50 Abs. 3 BRAO
normiert lediglich ein Zurückbehaltungsrecht des Rechtsanwalts und nimmt damit
auf einen anderweitig begründeten Anspruch Bezug. Auch die systematische
Stellung spricht gegen eine Anspruchsgrundlage zugunsten des Auftraggebers. Die
Bundesrechtsanwaltsordnung regelt das Berufsrecht der Rechtsanwälte und
verfolgt vorrangig das Ziel, die Achtung und das Vertrauen der Rechtssuchenden
in die Integrität des Berufsstandes zu bewahren (s.o.). Demgegenüber wird das
zwischen Auftraggeber und Rechtsanwalt bestehende Rechtsverhältnis durch die §§
675 ff. BGB geregelt. Eine in der Bundesrechtsanwaltsordnung normierte
zivilrechtliche Anspruchsgrundlage stellt sich mithin als systemfremd dar.
Letztlich besteht für einen zivilrechtlichen Herausgabeanspruch auch kein
Bedürfnis, weil die §§ 675 Abs. 1, 667 BGB dem Auftraggeber einen solchen
Anspruch gewähren (s.o.).           
D.          
Schließlich ergibt sich ein Herausgabeanspruch auch nicht
aus § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F.       
I.            
Dabei ist zunächst zu beachten, dass § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO
n.F. lediglich einen Teil der Handakte erfasst, nämlich Dokumente, die der
Rechtsanwalt aus Anlass seiner beruflichen Tätigkeit von dem Auftraggeber oder
für ihn erhalten hat.               
II.           
§ 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. stellt zwar eine
zivilrechtliche Anspruchsgrundlage zugunsten des Auftraggebers dar.      
Zwar spricht die Gesetzesbegründung zur Novellierung des §
50 BRAO gegen ein solches Verständnis. Dort heißt es:
„Mit dem neuen Absatz 2 Satz 1 wird die derzeit
umstrittene Frage (…), ob neben der zivilrechtlichen Herausgabepflicht nach
den §§ 667, 675 BGB auch eine berufsrechtliche Herausgabepflicht besteht, der
Klärung zugeführt. Dabei wird mit Offermann-Burckart (…) davon ausgegangen,
dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 50 BRAO auch eine berufsrechtliche
Herausgabepflicht angenommen hat, ohne diese dabei jedoch explizit zum Ausdruck
gebracht zu haben. Eine solche Pflicht erscheint auch inhaltlich sachgerecht:
Mandantinnen und Mandanten, die dem von ihnen beauftragten Rechtsanwalt
Dokumente übergeben haben, müssen sich darauf verlassen können, diese von ihrem
Rechtsanwalt auch wieder zurück zu bekommen, soweit kein Fall des Absatzes 3
Satz 1 vorliegt.“ (BT-Drucks. 18/9521, S. 116)      
Demnach sollte mit dem neuen § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO eine
berufsrechtliche Herausgabepflicht begründet werden, von einer zivilrechtlichen
Anspruchsgrundlage ist keine Rede.         
Allerdings ist der Wortlaut unmissverständlich. Die
Formulierung          
„(2) 1Dokumente, die der Rechtsanwalt aus Anlass seiner
beruflichen Tätigkeit von dem Auftraggeber oder für ihn erhalten hat, hat der
Rechtsanwalt seinem Auftraggeber auf Verlangen herauszugeben.“         
kann nicht anders verstanden werden, als dass dem
Auftraggeber ein Herausgabeanspruch eingeräumt wird. Die Novellierung wurde
entsprechend auch in der Literatur rezipiert (Deckenbrock, NJW 2017, 1425,
1427).           
III.         
§ 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. findet jedoch auf den
vorliegenden Fall keine Anwendung, weil für den Anspruch auf Herausgabe
derjenigen Dokumente, die die Beklagte aus Anlass des streitgegenständlichen
Mandatsverhältnisses von der Insolvenzschuldnerin oder für diese erhalten hat,
das zum Zeitpunkt des Abschlusses der Mandatsvereinbarung geltende Recht
maßgeblich ist.   
Eine Übergangsvorschrift findet sich im Gesetz zur Umsetzung
der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im
Bereich der rechtsberatenden Berufe (BGBl. I 2017, S. 1121) nicht. Es
entspricht jedoch einem allgemeinen Rechtsgedanken, dass ein Schuldverhältnis
in Bezug auf seine Voraussetzungen, seinem Inhalt und seinen Wirkungen dem
Recht untersteht, das zur Zeit der Verwirklichung seines
Entstehungstatbestandes galt (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018,
Einl. v. § 241 Rn. 14). Entsprechende Vorschriften finden sich etwa in Art.
170, 229 § 5 und 232 § 1 EGBGB. Ein Schuldverhältnis ist dabei eine
Sonderverbindung zwischen mindestens zwei Personen, kraft deren die eine von
der anderen eine Leistung zu fordern berechtigt ist, wobei es durch Vertrag,
einseitiges Rechtsgeschäft oder Gesetz entsteht (Grüneberg, in: Palandt, BGB,
77. Aufl. 2018, Einl. v. § 241 Rn. 3).        
Vorliegend ist mit Abschluss der Mandatsvereinbarung am
31.08.2011 zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten ein
Schuldverhältnis im vorgenannten entstanden. Es gilt nach dem eben
dargestellten Rechtsgrundsatz das zum Zeitpunkt der Entstehung dieses
Schuldverhältnisses geltende Recht. Der auf die Herausgabe der bei der
Beklagten geführten Handakte gerichtete Anspruch stützt sich auf §§ 675 Abs. 1,
667 BGB in Verbindung mit der vorgenannten Mandatsvereinbarung und ist mithin
in diesem Schuldverhältnis begründet.   
Die Einführung des § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. hat dabei
nicht die Wirkung, dass zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten ein
neues (gesetzliches) Schuldverhältnis entsteht mit der Wirkung, dass nunmehr §
50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. Anwendung findet und der Herausgabeanspruch in
unverjährter Form neu entsteht. Der Herausgabeanspruch nach § 50 Abs. 2 Satz 1
BRAO hat zur Voraussetzung, dass ein Geschäftsbesorgungsvertrag abgeschlossen
wurde. Der Auftraggeber kann sodann, auch noch vor Beendigung des Auftrags,
Herausgabe derjenigen Dokumente verlangen, die der Rechtsanwalt aus Anlass seiner
beruflichen Tätigkeit von dem Auftraggeber oder für ihn erhalten hat, ohne dass
weitere Voraussetzungen vorliegen müssen. § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. knüpft
mithin – wie auch der Anspruch aus §§ 675 Abs. 1, 667 BGB – an den Abschluss
des Geschäftsbesorgungsvertrages als Entstehungstatbestand an. Der auf §§ 675
Abs. 1, 667 BGB gestützte Herausgabeanspruch umfasst dabei auch solche
Dokumente, die der Rechtsanwalt aus Anlass des Mandatsverhältnisses von dem
Auftraggeber oder für diesen erlangt hat (s. zum Inhalt des Anspruchs aus §§
675 Abs. 1, 667 BGB BGH, NJW 1990, 510 f. (BGH 30.11.1989 – III ZR 112/88)),
sodass der Herausgabeanspruch nach § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. im
Herausgabeanspruch aus §§ 675 Abs. 1, 667 BGB aufgeht. Nach alledem entstand vorliegend
mit Einführung des § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. kein neues – auf die Herausgabe
von Dokumenten gerichtetes – Schuldverhältnis. Es verbleibt mithin bei der
Anwendung des zum Zeitpunkt des Abschlusses der Mandatsvereinbarung geltenden
Rechts unter Ausschluss des am 18.04.2017 in Kraft getretenen § 50 Abs. 2 Satz
1 BRAO n.F.  
IV.         
Der zwischen den Parteien geführte Streit, ob der Anwendung
des § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. das Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG
entgegensteht, ist demgegenüber nicht streiterheblich.            
Dabei hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass
Artikel 103 Abs. 2 GG zwar nicht nur für Kriminalstrafen, sondern auch für
staatliche Maßnahmen, die eine missbilligende hoheitliche Reaktion auf ein schuldhaftes
Verhalten enthalten und damit auch für ehrengerichtliche Strafen gilt (BVerfG
NJW 1969, 2192, 2194 f. (BVerfG 11.06.1969 – 2 BvR 518/66), s. auch BVerfG, NJW
1976, 1883). Vorliegend handelt es sich jedoch um einen Fall der
tatbestandlichen Rückanknüpfung und nicht um einen Fall der Rückbewirkung von
Rechtsfolgen, weil die Herausgabepflicht nach § 50 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F.
lediglich daran anknüpft, dass sich beim Rechtsanwalt noch solche Dokumente
befinden, die aufgrund eines Mandatsverhältnisses aufbewahrt werden. Eine
tatbestandliche Rückanknüpfung liegt dann vor, wenn Tatbestände den späteren
Eintritt ihrer Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung
abhängig machen. Für diese Fälle wird kein genereller Vorrang der Rechtssicherheit
vor dem jeweils verfolgten gesetzgeberischen Anliegen angenommen (BVerfG, NJW
2004, 739, 748 (BVerfG 05.02.2004 – 2 BvR 2029/01) (Sicherungsverwahrung) für
den rechtsstaatlich begründeten Vertrauensschutz).       
Auf diese Streitfrage kommt es jedoch allein im Zusammenhang
mit der Verhängung berufsrechtlicher Sanktionen an. Für die Frage, welches
intertemporale Recht im zivilrechtlichen Verhältnis anzuwenden ist, ist auf die
oben dargestellten Grundsätze zurückzugreifen.   
E.           
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.     

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit
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Filesharing: Abmahnung und die Verjährung von Ansprüchen

Das AG Köln hat mit Urteil
vom 19.02.2015, Az.: 148 C 31/14
entschieden, dass die Verjährungsfrist für
Ansprüche auf Schadensersatz und Aufwendungsersatz aufgrund einer
Urheberrechtsverletzung durch Download eines Films gem. § 195 BGB drei Jahre beträgt.
Auf den Anspruch auf Zahlung von Lizenzgebühren gemäß § 97 Abs. 2, S. 1 UrhG ist
nicht die zehnjährige Verjährungsfrist nach den §§ 102 UrhG, 852 BGB
anzuwenden. Durch das unerlaubte „Anbieten“ eines Films im Rahmen
einer Internettauschbörse zum Download hat die beklagte Person nichts im Sinne
des § 852 BGB erlangt. Eine Ersparnis von Lizenzgebühren kommt zudem nur dann
in Betracht, wenn die Wahrnehmung des Urheberrechts typischerweise gegen eine
Lizenzgebühr eingeräumt wird. Dies ist zu verneinen, wenn eine Lizenzierung
dergestalt, dass Filme im Rahmen des Filesharing angeboten werden können, nicht
existiert.

Das Urteil des AG vom 19.02.2015, Az.: 148 C 31/14 im Volltext:

Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt
vorbehalten, die gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren
Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in entsprechender
Höhe leisten.
Tatbestand:
Die Klägerin macht Schadens- und Aufwendungsersatz aufgrund
einer Urheberrechtsverletzung geltend.

Die Klägerin hat mit Schreiben ihrer vorgerichtlich tätig
gewordenen Rechtsanwälte vom 20.07.2010 die Beklagten wegen einer von ihr
behaupteten Urheberrechtsverletzung in Bezug auf den streitgegenständlichen
Film „ XXX “ abgemahnt und diese aufgefordert, eine strafbewehrte
Unterlassungsverpflichtung abzugeben sowie einen pauschalen Betrag i.H.v. 850 €
zu zahlen, der Rechtsverfolgungskosten und Schadensersatz beinhalte.
Die Klägerin behauptet, ihr stehe das ausschließliche
Nutzungs- und Verwertungsrecht an dem streitgegenständlichen Film „ XXX “ zu.
Durch softwarebasierte Ermittlungen der Firma F Ltd. sei festgestellt worden,
dass am 26.02.2010 um 10:30:41 Uhr über einen Internetanschluss, dem zu diesem
Zeitpunkt die IP-Adresse 80.000… zugewiesen war, im C – Netzwerk der
streitgegenständliche Film zum Herunterladen angeboten wurde. Im Rahmen der von
ihr durch die Deutsche Telekom AG als Provider erteilten Auskunft wurden die
Beklagten als Nutzer benannt, was zwischen den Parteien unstreitig ist.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagten schuldeten ihr
im Wege des Lizenzanalogieschadens einen Betrag von 400 EUR. Dieser Anspruch
unterliege der zehnjährigen Verjährungsfrist gemäß § 852 S. 2 BGB. Durch die
Einleitung des Mahnverfahrens und des am 27.8.2013 zugestellten Mahnbescheides
sei die Verjährung gehemmt worden. Des Weiteren schuldeten die Beklagten ihr
einen Betrag von 651,80 EUR für die Erstattung der für die Abmahnung
entstandenen Kosten aus einem Gegenstandswert von 19.000 € bei einem
Gebührensatz einer 1,3 fachen Rechtsanwaltsgebühr nebst Auslagenpauschale.

Die Klägerin beantragt,
1.       die Beklagten
gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie einen Schadensersatzbetrag i.H.v.
400 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit zu zahlen.
2.       die Beklagten
gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie außergerichtliche
Rechtsanwaltskosten i.H.v. 651,80 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,
              die
Klage abzuweisen.

Sie berufen sich auf die Verjährung der Ansprüche und
behaupten überdies, dass auch zwei ihrer im Haushalt lebenden Kinder zum
streitgegenständlichen Zeitpunkt auf den Internetanschluss Zugriff gehabt
hatten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zu
den Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen verwiesen.

Aufgrund des Antrages vom 22.08.2013 erließ das Amtsgericht
Euskirchen in dieser Sache am 23.8.2013 einen den Beklagten am 27.8.2013
zugestellten Mahnbescheid. Als Hauptforderung in Höhe von 1.051,80 EUR wurde
„unerlaubte Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke aus Repertoire des
Antragstellers gem. Schreiben vom 19.07.2010“ benannt.

Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf
Schadens- und Aufwendungsersatz in Höhe von insgesamt 1.051,80 EUR aus §§ 97
Abs. 2 S. 1, 97 a Abs. 1 S. 2 a. F. UrhG zu.
Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagten für die von der
Klägerin vorgetragene Urheberrechtsverletzung als Täter haften. Denn die
Beklagten berufen sich zu Recht auf die Verjährung der Ansprüche.

Die Verjährungsfrist für die geltend gemachten Ansprüche
beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre. Soweit die Klägerin die Auffassung
vertritt, dass auf den von ihr geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von
Lizenzgebühren gemäß § 97 Abs. 2, S. 1 UrhG die zehnjährige Verjährungsfrist
nach den §§ 102 UrhG, 852 BGB anzuwenden sei, kann das Gericht dieser
Auffassung nicht zustimmen. Vielmehr schließt sich das Gericht im Ergebnis den
jüngeren Entscheidungen des AG Kassel (Az.: 410 C 625/14); AG Bielefeld (Az.:
42 C 368/13), AG Düsseldorf (Az.: 57 C 15659/13) sowie AG Köln (Az.: 125 C
314/14) an.

§ 852 BGB soll verhindern, dass, wer einen anderen durch
eine unerlaubte Handlung geschädigt und dadurch das eigene Vermögen vermehrt
hat, im Besitz dieses Vorteils bleibt. Die Klägerin macht vorliegend einen
Schadensersatzanspruch geltend mit der Behauptung, die Beklagten hätten den
streitgegenständlichen Film unerlaubt anderen Teilnehmern im Rahmen einer
Internettauschbörse zum Download angeboten. Durch dieses „Anbieten“ haben die
Beklagten jedoch nichts im Sinne des § 852 BGB erlangt.

Zu denken wäre allenfalls daran, dass sich die Beklagten
Lizenzgebühren erspart haben. Eine Ersparnis von Lizenzgebühren kommt aber nur
dann in Betracht, wenn die Wahrnehmung des Urheberrechts typischerweise gegen
eine Lizenzgebühr eingeräumt wird (so BGH, Urteil vom 27.10.2011 – I ZR
175/10). Dies ist vorliegend jedoch zu verneinen, da eine Lizenzierung
dergestalt, dass Filme im Rahmen des Filesharing angeboten werden können, nicht
existiert. Der Nutzer einer Internet-Tauschbörse, so wie es den Beklagten
vorgeworfen wird, erlangt letztlich nur mit dem Herunterladen des
streitgegenständlichen Films zum eigenen Gebrauch etwas, nämlich die Befreiung
von einer Verbindlichkeit, da die entsprechende Vergütung für die eigene
Nutzung des Films erspart wird.

Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die Verjährung am Schluss des
Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von allen
anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt
hat. Verjährungsbeginn für den Schadensersatzanspruch war, nachdem die Klägerin
spätestens nach Auskunftserteilung der Deutschen Telekom AG am 31.05.2010 von
der Rechtsverletzung und der hierfür verantwortlichen Person, nämlich den
Beklagten, Kenntnis erlangt hat, der 31.12.2010, 24 Uhr. Ebenfalls begann die
Verjährung für den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten am 31.12.2010, 24
Uhr, da die Versendung der Abmahnung, mit der der Anspruch entsteht, im Juli
2010 erfolgte.

Die Verjährungsfrist für beide Ansprüche lief somit am
31.12.2013 ab. Klage wurde jedoch erst im Jahr 2014 eingereicht.

Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, dass die
Zustellung des Mahnbescheides am 27.8.2013 die Hemmung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3
BGB bewirkte, kann dem nicht zugestimmt werden. Denn es fehlt die erforderliche
Individualisierung im Mahnbescheidantrag (Palandt- Ellenberger, BGB, 74.
Auflage, 2015, § 204 Rd. 18). Aus dem Mahnbescheid muss der Schuldner erkennen
können, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht wird. Dabei ist ein im
Mahnbescheid genanntes Anspruchsschreiben zu berücksichtigen. Wird eine
Mehrheit von Forderungen geltend gemacht, so müssen alle individualisiert
werden (BGH, NJW 1993, 862; Palandt- Ellenberger, a.a.O.). Denn der Abgemahnte
muss im Mahnverfahren beurteilen können, ob er sich gegen eine Forderung zur
Wehr setzen will oder nicht (BGH NJW 2013, 3509).

Wie § 97 a Abs. 2 S. 3 UrhG (2013) nunmehr auch
verdeutlicht, handelt es sich bei den streitgegenständlichen Ansprüchen nicht
nur um Rechnungspositionen eines einheitlichen Anspruches (vergleiche dazu BGH
NJW 2013, 3509), sondern um dem Wesen nach unterschiedliche Ansprüche aufgrund
unterschiedlicher Anspruchsgrundlagen. Selbst wenn man trotz erheblicher
Bedenken § 97 Abs. 2 UrhG als einheitliche Anspruchsgrundlage annähme, handelt
es sich vorliegend nicht um Rechnungspositionen eines einheitlichen Anspruchs,
sondern um voneinander unabhängige, selbstständige Ansprüche, einerseits auf
Schadensersatz und andererseits auf Aufwendungsersatz.
Die Beklagten hätten vorliegend somit unter Berücksichtigung
eines etwaigen im Mahnbescheid genannten Anspruchsschreibens aus dem
Mahnbescheid erkennen können müssen, welche Ansprüche gegen sie geltend gemacht
werden. Mit dem Mahnbescheid wurde lediglich eine Forderung über 1.051,80 €
wegen unerlaubter Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke aus dem Repertoire
des Antragstellers gem. Schreiben vom 19.07.2010 geltend gemacht. Zwar wird in
dem Mahnbescheid auf ein Abmahnschreiben vom 19.7.2010 Bezug genommen, welches
die Beklagten auch dem Abmahnschreiben vom 20.07.2010 zuordnen konnten, da
keine Anhaltspunkte vorliegen, dass die Beklagten zwei Abmahnschreiben erhalten
haben und anzunehmen ist, dass es sich bei der falschen Datumsangabe lediglich
um einen offensichtlichen Tippfehler handelt. Die Beklagten konnte aber auch
unter Berücksichtigung dieses Abmahnschreibens nicht klar erkennen, welche
Ansprüche im Mahnbescheid und in jeweils welcher Höhe gegen sie geltend gemacht
werden. Aus dem genannten Abmahnschreiben vom 20.07.2010 ergibt sich nämlich
keine konkrete Aufschlüsselung in Anwaltskosten und Schadensersatz, sondern es
wird lediglich ein pauschaler Gesamtbetrag i.H.v. 850 € angeboten.

Da sich somit weder aus dem Mahnbescheid noch aus dem in
Bezug genommenen Abmahnschreiben eine Aufschlüsselung der aus zwei
Einzelforderungen bestehenden Gesamtforderung ersehen lässt und somit die
Beklagten aus dem Mahnbescheid nicht erkennen konnten, welche Ansprüche in
welcher Höhe gegen sie geltend gemacht werden, konnte keine Hemmung eintreten.
Die nach Verjährungseintritt, nämlich erst im Jahr 2014,
erfolgte Individualisierung der Ansprüche durch Zustellung des
Klagebegründungsschriftsatzes wird nicht auf den Zeitpunkt der Zustellung des
Mahnbescheides zurück (BGH, Urteil vom 10. Juli 2008 – IX ZR 160 / 07).
Mangels Hauptforderung steht der Klägerin gegenüber den
Beklagten auch kein Anspruch auf Verzugszinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711
ZPO.

Der Streitwert wird auf 1.051,80 festgesetzt.

Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für
jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR
übersteigt oder
b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht
zugelassen worden ist.
Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat
nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln,
Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die
Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der
Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils
schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch
einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die
Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder
beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
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Filesharing: LG Bielefeld bestätigt die Rechtsprechung zur 3jährigen Verjährungsfrist des AG Bielefeld

Das Landgericht Bielefeld hat mit Beschluss vom 06.02.2015, Az. 20 S 65/14, die Praxis des Amstgericht Bielefeld zur  3-jährigen Regelverjährungsfrist des § 195 BGB für den Anspruch auf Zahlung von (fiktiven) Lizenzgebühren bestätigt und der Anwendung der Bestimmungen der §§ 102 S. 2 UrhG, 852 BGB eine Absage erteilt.

Der Beschluss:
Tenor: 
I.
wird darauf hingewiesen, dass der Berufung der Klägerin gegen das am
24.04.2014 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bielefeld offensichtlich keine
Aussicht auf Erfolg zukommt.
Weder beruht die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§
546 ZPO), noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen
eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
Das Amtsgericht hat die Klage im Ergebnis
zu Recht abgewiesen, da ein etwaiger Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten
aus § 97 UrhG (Schadensersatz aus Lizenzanalogie) jedenfalls verjährt und ein
etwaiger Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus § 97a UrhG
(Aufwendungsersatz – Erstattung von Abmahnkosten) bereits unbegründet ist.
1)
Zutreffend hat das Amtsgericht zunächst die 3-jährige Regelverjährungsfrist
des § 195 BGB zugrunde gelegt. Auch nach Auffassung der Kammer sind auf den von
der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von (fiktiven)
Lizenzgebühren die Bestimmungen der §§ 102 S. 2 UrhG, 852 BGB nicht anzuwenden.
Soweit die Klägerin hierzu auf das BGH-Urteil vom 27. Oktober 2011 (Az. I
ZR 175/10; „Bochumer Weihnachtsmarkt“) abstellt, verfängt dies nicht. Dort ging
es in der Sache um eine unterlassene, aber grundsätzlich mögliche Einholung der
Erlaubnis der dortigen Klägerin für die vorgenommene Nutzung von Musikwerken im
Rahmen einer Freiluftveranstaltung, aufgrund derer im Wege des Schadensersatzes
nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie die ersparte Tarifvergütung zu
entrichten war. Grundlage dieser Entscheidung war jedoch, dass die Wahrnehmung
der maßgeblichen Urheberrechte typischerweise nur gegen eine Lizenzgebühr
eingeräumt wird, indem die Rechtswahrnehmung bei der Klägerin als
Verwertungsgesellschaft zu lizensieren war.
Vorliegend liegen die tatsächlichen Verhältnisse allerdings grundlegend
anders. Während die Verwertungsgesellschaft GEMA es einem Nutzer ermöglicht,
einen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über die von ihm gewünschte Musiknutzung
abzuschließen, besteht in Filesharingangelegenheiten eine solche Möglichkeit
nach dem Vorbringen der Klägerin nicht. Vorliegend hätte der Beklagte daher –
wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat – selbst dann, wenn er dies
gewollt hätte, mit der Zedentin keinen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über
eine Weiterverbreitung des gegenständlichen Filmwerks im Rahmen eines
Filesharing-Systems schließen können. Auch liegt der Hauptzweck des typischen
Nutzers einer Internettauschbörse darin, das Film- oder Musikwerk zu erhalten
und nicht in dessen darüber hinausgehender Verbreitung. Hierfür wäre aber auch
bei einer legalen Vorgehensweise gerade keine Lizenzgebühr, sondern allenfalls
der übliche Verkaufspreis etwa einer DVD gezahlt worden (so insgesamt neben dem
Amtsgericht Bielefeld auch AG Düsseldorf, Urteil vom 24.07.2014 – 57 C 15659/13
–, juris; AG Kassel, Urteil vom 24.07.2014, – 410 C 625/14 – juris; AG
Hannover, Urteil vom 09.01.2015, – 424 C 7759/14 –, juris).
2)
Entgegen der Annahme der Klägerin ist die Verjährung des Schadensersatzanspruchs
auch nicht gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB i.V. mit § 167 ZPO durch den
Mahnbescheid gehemmt worden.
Der Mahnbescheid, den die Klägerin erwirkt hat, zeigt Mängel der
Anspruchsbezeichnung, die einer verjährungshemmenden Wirkung seiner Zustellung
entgegenstehen.
Wie auch bereits in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, hemmt ein
Mahnbescheid nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die
Verjährung nur dann, wenn der geltend gemachte Anspruch nach § 690 Abs. 1 Nr. 3
ZPO hinreichend bezeichnet worden ist. Er muss durch seine Kennzeichnung von
anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt werden, dass er Grundlage
eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein und der
Schuldner beurteilen kann, ob und in welchem Umfang er sich zur Wehr setzen
will (vgl. nur BGH, Urteil vom 10. Juli 2008, – IX ZR 160/07 –, juris).
Macht der Antragsteller – wie hier – eine Mehrzahl von Einzelforderungen
geltend, dann muss er, um den Anforderungen des § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gerecht
zu werden, den angegebenen Gesamtbetrag bereits im Mahnbescheid derart
aufschlüsseln, dass der Antragsgegner dessen Zusammensetzung aus für ihn
unterscheidbaren Ansprüchen erkennen kann (BGH aaO; NJW 2009, 56; NJW 2011,
613, 614 Rdn. 14). Die Einzelforderungen müssen dann nach
Individualisierungsmerkmalen und Betrag bestimmt sein (BGH, NJW 2008, 1220; NJW
2001, 305).
Diesen Anforderungen entspricht der vorliegende Mahnbescheid nicht. Die im
Mahnbescheidsantrag enthaltene Beschreibung des geltend gemachten Anspruchs war
vielmehr ungeeignet, Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Titels
zu sein. Seitens der Klägerin wurde sowohl Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 S.
1 UrhG als auch Aufwendungsersatz gemäß § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. geltend
gemacht. Dem Beklagten war es vorliegend jedoch nicht möglich, allein aufgrund
der Bezeichnung des im Mahnverfahren einheitlich geltend gemachten Anspruchs
als „Schadenersatz aus Unfall/Vorfall gem. Schadenersatz (Fileshari 6800 vom
05.11.09“ zu erkennen, welche konkreten Ansprüche in jeweils welcher Höhe gegen
ihn geltend gemacht werden. Es war daraus schon nicht erkennbar, dass überhaupt
zwei unterschiedliche Ansprüche geltend gemacht werden. Auf ein weiterführendes
Anspruchsschreiben – welches für die Konkretisierung gegebenenfalls zu
berücksichtigen wäre – wird in dem Mahnbescheid nicht verwiesen. Soweit man das
dem Beklagten bei Zustellung des Mahnbescheids bereits bekannte Abmahnschreiben
vom 12.01.2010 für eine Konkretisierung heranziehen wollte, so ergibt sich auch
daraus weder eine Aufschlüsselung des mit dem Mahnbescheid geltend gemachten
Betrags in Höhe von 1.298,00 €, noch wird dieser überhaupt darin genannt. Zur
Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Ausführungen des
Amtsgerichts Bezug genommen, welches im erstinstanzlichen Urteil klar
herausgestellt hat, dass und inwieweit diverse betragsmäßig voneinander
abweichende Zahlbeträge genannt worden sind.
Da es sich um eine Mehrzahl von selbständigen, auf unterschiedlichen
Anspruchsgrundlagen beruhenden Forderungen handelt, kann die Klägerin auch
gerade nicht mit Erfolg damit gehört werden, es handele sich – wie in der von
ihr angeführten Entscheidung (BGH, NJW 2013, 3509) – um einen Fall, in dem
lediglich ein einheitlicher Anspruch mit mehreren Rechnungsposten geltend
gemacht werde, deren Substantiierung noch im Laufe des streitigen Verfahren nachgeholt
werden könne.
3)
Die verjährungshemmende Wirkung des Mahnbescheids ist auch nicht
rückwirkend durch die im Klageverfahren mit der Anspruchsbegründung vom
16.08.2013 ordnungsgemäß nachgeholte Individualisierung des
Schadensersatzanspruchs eingetreten. Dies hätte erfordert, dass die Klägerin –
was hier aufgrund der Auskunftserteilung gemäß Anlage K8 nicht der Fall war –
die geltend gemachten Ansprüche in nicht rechtsverjährter Zeit, also vor Ablauf
des 31.12.2012, individualisiert hätte. Eine rückwirkende Heilung durch eine
nachträgliche Individualisierung der Klageforderung nach Ablauf der
Verjährungsfrist kommt nicht in Betracht (BGH NJW 2009, 56).
4)
Auch hinsichtlich des Aufwendungsersatzanspruch (auf den sich das
BGH-Urteil vom 27. Oktober 2011 – I ZR 175/10 – nicht bezieht, da es sich nicht
um Vorteile handelt, die der Beklagte als Schädiger durch eine Verletzung der
von der Klägerin wahrgenommenen Urheberrechte auf deren Kosten hätte erlangen
können) gilt grundsätzlich die Verjährungsfrist von 3 Jahren. Diese beginnt mit
dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger
von allen anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners
Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen, §§
195,199 BGB.
Vorliegend kann aber dahinstehen, ob sich die Berechnung so wie vom
Amtsgericht vorgenommen ab dem Zeitpunkt der Zuwiderhandlung, vom Zeitpunkt der
Kenntniserlangung der Personalien des potentiellen Störers im Dezember 2009
oder aber ab Ausspruch bzw. Zugang der Abmahnung beim Abgemahnten bemisst.
Denn ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten besteht für die Klägerin
hier jedenfalls schon deshalb nicht, weil die Abmahnung nicht berechtigt i.S.v.
§ 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. war und daher keine Kostenfolgen für den Beklagten
auslösen konnte.
Die isolierte Geltendmachung der Abmahnkosten ist unzulässig bzw. die
Abmahnung nicht berechtigt, da für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung
nicht notwendig, wenn der Abmahnende bei einer erfolglos gebliebenen Abmahnung
– d. h. die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung wird abgelehnt –
seinen Unterlassungsanspruch nicht weiter verfolgt, ohne für die nachträgliche
Abstandnahme einen nachvollziehbaren Grund anzuführen (vgl. LG Düsseldorf,
Urteil vom 19. Januar 2011 – 23 S 359/09 –, juris; ähnlich LG Frankfurt, NJW-RR
2003, 547 f.).
So liegt der Fall hier. Die Zedentin hat den Beklagten erfolglos abgemahnt,
dieser hat die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgegeben.
Dennoch hat die Zedentin bzw. die Klägerin bis heute keine Unterlassungsklage
erhoben. Einen plausiblen Grund hat sie dafür nicht genannt. Gleichzeitig ist
aufgrund des Verhaltens des Beklagten offensichtlich, dass er nicht bereit ist,
die verlangte strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. An einer
berechtigten Abmahnung fehlt es in Fällen wie diesen. Berechtigt ist eine
Abmahnung dann, wenn sie objektiv erforderlich ist, um dem Abgemahnten den
kostengünstigen Weg aus dem Konflikt zu zeigen bzw. wenn sie notwendig ist, um
den Streit ohne ein gerichtliches Verfahren zu beenden. Droht jedoch letztlich
gar kein Unterlassungsprozess, kann die Abmahnung diesen auch nicht vermeiden
helfen und ist daher nicht berechtigt. Aus dem seit dem Abmahnschreiben vom
12.01.2010 eingetretenen Zeitablauf sowie dem Umstand, dass der Vorgang im
Anschluss erst im Dezember 2012 seitens der Zedentin weiterverfolgt worden ist,
wird offenbar, dass dem Beklagten eine Inanspruchnahme auf Unterlassung der
angegriffenen Urheberrechtsverletzung niemals ernsthaft drohte und damit die
Abmahnung nicht darauf gerichtet war, einen Unterlassungsprozess zu vermeiden.
5)
Selbst wenn man aber von einem nicht verjährten Aufwendungsersatzanspruch
zugunsten der Klägerin ausgehen würde, bestünde dieser keinesfalls in der
geltend gemachten Höhe. Die Klägerin hat den Streitwert für ihr
Unterlassungsbegehren mit 30.000,- EUR deutlich zu hoch angesetzt. Unter den in
der Anspruchsbegründung genannten Umständen kann die dem Beklagten vorgeworfene
Urheberrechtsverletzung keinen Umfang haben, der ein zu bewertendes Interesse
der Klägerin an der Unterbindung in der von ihr angenommenen Größenordnung
rechtfertigen könnte.
Nach dem Beschluss des OLG Hamm vom 04. November 2013 – 22 W 60/13 –
(zitiert nach juris) ist in Übereinstimmung mit den Entscheidungen des OLG
Frankfurt (Urt. v. 21.12.2010, 11 U 52/07, MMR 2011, 420) und OLG Düsseldorf
(Beschl. v. 04.02.2013, 20 W 68/12, CR 2013, 538) – jedenfalls in Verfahren auf
Erlass einer einstweiligen Verfügung – für das Unterlassungsbegehren im Bereich
des Filesharing über Internettauschbörsen vielmehr ein Streitwert von 2.000,00
EUR – ggfls. je geschütztem Musik- oder Filmwerk – angemessen. Gestützt wurde
die Angemessenheit einer solchen Festsetzung unter anderem darauf, dass nach
den im Urteil des OLG Frankfurt vom 21.12.2010 mitgeteilten Gründen der
Bundesgerichtshof den Streitwert in einem auf Unterlassung der Veröffentlichung
einer Tonaufnahme gerichteten Revisionsverfahren zur Hauptsache auf 2.500,00
EUR festgesetzt hat.
Diesen Erwägungen schließt sich die Kammer an. Vor diesem Hintergrund
erscheint vorliegend – je nach Bemessung des Streitwerts eines einstweiligen
Verfügungsverfahrens mit 1/3 oder 2/3 des Werts der Hauptsache – allenfalls ein
Streitwert von 3.000,00 EUR bzw. max. 6.000,00 € angemessen. Dies gilt nicht
zuletzt auch, weil nach dem Vorbringen der Klägerin offenbar nur Teil der
Filmdatei zum Download zur Verfügung stand. Der Festlegung auf einen konkreten
Betrag bedarf es jedoch insoweit nicht.
6)
Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.
II.
Da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die
Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und eine mündliche
Verhandlung nicht geboten erscheint, beabsichtigt die Kammer, die Berufung der
Klägerin nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Es ist beabsichtigt, den Streitwert für die Berufungsinstanz auf 1.200,00 €
festzusetzen.
III.
Es besteht Gelegenheit zur rechtlichen Stellungnahme bzw. zur eventuellen
Zurücknahme der Berufung binnen zwei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.
Auf die Gebührenermäßigung bei Berufungsrücknahme (KV Nr. 1222) wird
hingewiesen.

Bielefeld, 06.02.201520. Zivilkammer
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Filesharing: AG Bielefeld nimmt auch weiterhin 3jährige Verjährungsfrist für Anwaltskosten und Schadensersatz an

In einem weiteren Verfahren vor dem Amtsgericht Bielefeld, Az. 42 C 483/14, konnte sich die IT-Kanzlei Gerth mit der gegenüber der Kanzlei BaumgartenBrandt Rechtsanwälte, welche die Klägerin Hanway Brown Limited vertreten hat, durchsetzen.

Das AG Bielefeld hat mit Urteil vom 20.11.2014 die gesamte Forderung in Höhe von 955,60 €, Anwaltskosten in Höhe von 555,60 € und Lizenzschaden 400,00 €, abgewiesen, da die Forderung verjährt sei.

Damit bleibt das AG Bielefeld seiner Linie treu und bleibt für Abmahnkanzleien kein gutes Pflaster.

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Filesharing: Auch das AG Düsseldorf nimmt die 3jährige Verjährungsfrist für die Gesamtforderung an

Die Kollegen der Kanzlei WAGNER HALBE Rechtsanwälte berichten von einem Urteil des Amtsgericht Düsseldorf vom 24.07.2014, Az. 57 C 15659/13, in welchem dieses mit nahezu identischer Begründung wie das AG Kassel und das AG Bielefeld nicht nur für die Rechtsanwaltskosten annimmt, sondern diese auch auf den angeblichen Lizenzschaden ausweitet.


Zur Begründung führen alle drei Gerichte wortgleich, bis auf die Daten der einzelnen Abmahnungen, aus:

„….Soweit die Klägerin ihren Anspruch mit am 23.1.2014 eingegangenem Schriftsatz um weitere 14 Titel desselben Doppelalbums erweitert hat, die ihrem Vortrag zufolge am 28.6.2010 und an nachfolgenden 3 Terminen vom Anschluss der Beklagten heruntergeladen worden sind, ist dieser Anspruch verjährt. Maßgeblich ist die 3-jährige Regelverjährungsfrist des § 195 BGB, die Ende 2013 ablief. Auf den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von Lizenzgebühren sind die Bestimmungen der §§ 102 UrhG, 852 BGB nicht anzuwenden. Zur Frage, wann Ansprüche auf Ersatz des Lizenzschadens in Filesharingangelegenheiten verjähren, existiert bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung.

Der Bundesgerichtshof hat sich zur Frage der Verjährung von Lizenzansprüchen im Rahmen der Entscheidung „Bochumer Weihnachtsmarkt“ (BGH Urteil v. 27.10.2011 I ZR 175/10) auseinandergesetzt und insoweit ausgeführt, dass Ansprüche einer Verwertungsgesellschaft auf Ersatz einer angemessenen Lizenzgebühr in 10 Jahren verjähren. Der vom Bundesgerichtshof zu entscheidende Sachverhalt „Bochumer Weihnachtsmarkt“ behandelt jedoch eine grundlegend andere Fallkonstellation, so dass die in diesem Urteil aufgestellten Grundsätze auf Filesharingfälle nicht zu übertragen sind. Während die Verwertungsgesellschaft GEMA es einem Nutzer ermöglicht, einen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über die von ihm gewünschte Musiknutzung abzuschließen, besteht in Filesharingangelegenheiten eine solche Möglichkeit nach dem Vorbringen der Klägerin nicht. Vorliegend hätte die Beklagte daher selbst dann, wenn sie dies gewollt hätte, mit der Klägerin keinen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über eine Weiterverbreitung im Rahmen eines Filesharing-Systems schließen können. Zutreffend hat das AG Bielefeld in seiner Entscheidung vom 4.3.14 (Aktenzeichen 42 C 368/13) festgehalten, dass es sich bei Urheberrechtsverstößen im Rahmen einer P2P-Tauschbörse dem Wesensmerkmal nach um unerlaubte Handlungen handelt, für die gerade nicht die Grundsätze eines bereicherungsrechtlichen Schadensersatzanspruches anwendbar sind. Dem schließt sich das erkennende Gericht an.“
Fazit:
Da immer mehr Amtsgrichte den Abmahnern das lange Zuwarten mit den Klagen bzw. Mahnbescheiden um die Ohren hauen, lohnt es sich immer bei einer erhaltenen Klage die Verjährung der Ansprüche zu prüfen und nicht vorzeitig die Flinte ins Korn zu werfen.
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Filesharing: AG Kassel macht es wie das AG Bielefeld – Verjährung aller Ansprüche nach 3 Jahren

Das
Amtsgericht  Kassel hat mit Urteil vom
24.07.2014 (Az. 410 C 625/14)
entschieden,
dass für Schadensersatzansprüche wegen Filesharing nicht die verlängerte
Verjährungsfrist von 10 Jahren für deliktische Ansprüche gilt, sondern alle
Ansprüche innerhalb der Regelfrist von 3 Jahren ab Ende des Jahres der
Anspruchsentstehung verjähren. 
Als Grund
nahmen das Gericht an, dass der Filesharer durch den Upload ja keine ersparte
Lizenzgebühr erlangt habe, da es eine solche Lizenzgebühr für die Verteilung
von geschützten Werken per Filesharing nicht gebe. Der Downloader habe sich
allenfalls den Kaufpreis einer CD erspart. 
Ein sehr
interessanter Ansatz. Im Ergebnis argumentiert
das AG Kassel damit so wie das AG Bielefeld im Urteil vom 6. März 2014 ·
Az. 42 C 368/13.
Das Amtsgericht  Kassel hat mit Urteil vom
24.07.2014 (Az. 410 C 625/14)
entschieden, dass für
Schadensersatzansprüche wegen Filesharing nicht die verlängerte
Verjährungsfrist von 10 Jahren für deliktische Ansprüche gilt, sondern alle
Ansprüche innerhalb der Regelfrist von 3 Jahren ab Ende des Jahres der
Anspruchsentstehung verjähren. 
Als Grund nahmen das Gericht an,
dass der Filesharer durch den Upload ja keine ersparte Lizenzgebühr erlangt
habe, da es eine solche Lizenzgebühr für die Verteilung von geschützten Werken
per Filesharing nicht gebe. Der Downloader habe sich allenfalls den Kaufpreis
einer CD erspart. 
Ein sehr interessanter Ansatz. Im Ergebnis argumentiert
das AG Kassel damit so wie das AG Bielefeld im Urteil vom 6. März 2014 ·
Az. 42 C 368/13.
Amtsgericht
Kassel
Urteil
Die Klage
wird abgewiesen.
Die Klägerin
hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil
ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren
Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in entsprechender
Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin
begehrt Schadensersatz und Aufwendungsersatz aufgrund einer
Urheberrechtsverletzung.
Der Beklagte
lud am 21.08.2009 auf einer Internet-Tauschpause mittels des Programmes
eDonkey2000 im Wege des Filesharing das Musikalbum „Vom Selben Stern” der
Künstlergruppe „Ich + Ich” (13 Titel) auf seinen Computer herunter. In
ähnlicher Weise lud er am 25.08.2009 das Doppelalbum „MTV unplugged in New
York” der Künstlergruppe „Sportfreunde Stiller” (24 Titel) herunter. Aufgrund
der Funktionsweise der verwendeten Software lud er zugleich die
heruntergeladenen Musikstücke wieder in die Tauschbörse zum erneuten
herunterladen durch Dritte hinauf. Zur Ermittlung des Verletzens nahm die
Klägerin die Deutsche Telekom AG vor dem Landgericht Köln auf Auskunft in
Anspruch. Die Deutsche Telekom AG legte den Vorgang nach Auskunftserteilung am
04.12.2009 als abgeschlossen ab. Die Klägerin ermittelte weiter vergleichbare
Vorgänge über den Computer des Beklagten unter den Daten 21.10.2009,
09.01.2010, 10.01.2010, 12.01.2010 (zwei Vorgänge), 13.01.2010 (zwei Vorgänge),
14.01.2010, 23.10.2010 (zwei Vorgänge), 24.01.2010 (zwei Vorgänge), 25.01.2010
(zwei Vorgänge), 26.01.2010 und 28.01.2010, was sie in diesem Verfahren
erstmalig mit dem Schriftsatz vom 02.05.2014, eingegangen am 07.05.2014,
vorgetragen hat. Die zugrundeliegenden Auskunftsbeschlüsse des Landgerichts
Köln datieren ebenfalls aus dem Jahr 2010. Mit Schreiben vom 09.02.2010 mahnten
die Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Beklagten ab und nahm Bezug auf
die beiden Vorgänge vom 21. und 25.08.2009. Zugleich forderten sie vom
Beklagten eine strafbewehrte Unterlassungserklärung. Diese unterzeichnete er am
12.02.2010 (Anlage K5, Bl. 60 d.A.) und übermittelte sie mit Schreiben seines
seinerzeitigen Bevollmächtigten vom 15.02.2010 (Anlage K5, Bl. 58 f. d.A.). In
letztgenanntem Schreiben verpflichtete sich der Beklagte zur Zahlung eines
pauschalierten Schadensersatzes nach § 97a UrhG a.F. in Höhe von 100,00 €.
Diesen Betrag bezahlte er im Nachgang dazu.
Die Klägerin
ist der Ansicht, der Beklagte schulde ihr im Wege des Lizenzanalogieschadens
ein Betrag von insgesamt 2.500,00 €, auf den sie den bereits entrichteten
Betrag von 100,00 € anrechnet. Dieser Anspruch unterliege gem. § 852 S. 2
BGB
 einer zehnjährigen Verjährungsfrist. Auch habe der in
dieser Sache ergangene Mahnbescheid vom 02.01.2014 die Verjährung unterbrochen,
da der Beklagte gleichartige Rechtsverletzungen im Jahr 2010 begangen habe.
Darüber hinaus schulde der Beklagte ihr die Erstattung der für die Abmahnung
vom 09.02.2010 entstandenen Kosten aus einem Gegenstandswert von 75.000,00 €
bei einem Gebührensatz einer 1,3-fachen Rechtsanwaltsgebühr gemäß Nr. 2300 VV
RVG nebst Auslagenpauschale.
Die Klägerin
beantragt,
den
Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 3.980,00 € nebst Zinsen hieraus in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Der Beklagte
beantragt,
die Klage
abzuweisen.
Er beruft
sich auf die Verjährung der Ansprüche.
Aufgrund
Antrags vom 23.12.2013 erließ das Amtsgericht Wedding in dieser Sache am
02.01.2014 einen am 04.01.2014 dem Beklagten zugestellten Mahnbescheid. Als
Hauptforderung benannte es „Kostenerstattung aufgrund urheberrechtlicher
Abmahnung vom 09.02.2010″ und „Lizenzschadensersatz – 2.400,00 €; Album – MTV
unplugged in New York (Doppel CD) – der Künstlergruppe „Sportfreunde Stiller”
vom 25.08.2009″. Die Abgabe an das erkennende Gericht erfolgte mit Eingang ihr
am 07.02.2014.
Entscheidungsgründe
Die Klage
bleibt ohne Erfolg.
Die geltend
gemachten Ansprüche aus §§ 9797a UrhG unterliegen der Verjährung.
Die
regelmäßige Verjährungsfrist für diese Ansprüche beträgt gemäß § 195 BGB 3 Jahre.
Nach § 199 Abs. 1
BGB
 beginnt die Verjährung am Schluss des Jahres, in dem der
Anspruch entstanden ist und der Gläubiger – hier die Klägerin – von allen
anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners – hier der Beklagte
– Kenntnis erlangt hat. Verjährungsbeginn betreffend die in der
Anspruchsbegründung genannten Vorfälle vom 21. und 25.08.2009 war danach der
31.12.2009, 24.00 Uhr. Diese Verjährungsfrist lief folglich am 31.12.2012 ab.
Umstände, die den Ablauf der Verjährungsfrist beeinflusst hätten, sind zuvor
nicht eingetreten.
Die
Unterlassungserklärung des Beklagten vom 12.02.2010 hatte keinen Einfluss auf
die Verjährung des hier geltend gemachten
Lizenzanalogieschadensersatzanspruches und Aufwendungsersatzanspruches.
Insbesondere liegt kein einen Neubeginn der Verjährung hervorrufendes
Anerkenntnis i.S. des § 212 Abs. 1
Nr. 1 BGB
 vor. Denn mit der Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung ist ein Anerkenntnis dieser Art nicht verbunden. Darin
liegt nicht einmal ein Anerkenntnis des mit der Unterlassungserklärung
erfüllten entsprechenden Unterlassungsanspruches. Denn mit der Abgabe einer
solchen Erklärung will der Abgemahnte regelmäßig keinen konkreten Inhalt mit
konkreten Rechtsfolgen fixieren. Es bleibt mithin mit der bloßen Abgabe der
Erklärung offen, ob er lediglich Kostenrisiken und Aufwand des Prozesses über
den Unterlassungsanspruch meiden will, an der zukünftigen Wiederholung der
abgemahnten Handlung kein Interesse mehr hat oder ob er tatsächlich die
Berechtigung der Abmahnung anerkennt (BGH, Urteil vom 24.09.2013 – I ZR 219/12 –
medizinische Fußpflege, zit. n. Juris). Sofern mit der Unterlassungserklärung
nicht ausdrücklich auch der Kostenerstattungsanspruch betreffend die Abmahnung
anerkannt ist, lässt sich aus der Erklärung oder ihrer Abgabe auch nicht das
Anerkenntnis des Kostenerstattungsanspruches ableiten. Eine solche
ausdrückliche Erklärung weist die von der Klägerin vorgelegte schriftliche
Erklärung des Beklagten nicht aus. Es sind auch keine sonstigen Anhaltspunkte
erkennbar, die eine Auslegung mit dem Ergebnis eines Anerkenntnisses zuließen.
Ist jedoch mit der Unterlassungserklärung bereits kein Anerkenntnis der damit
vorrangig angesprochenen Ansprüche der Klägerin erklärt, so kann erst recht
kein Anerkenntnis des Weiteren etwa bestehenden Anspruches auf Zahlung eines
Lizenzanalogieschadens damit verbunden sein.
Etwas
anderes ergibt sich auch nicht aus der Erklärung des damaligen Bevollmächtigten
des Beklagten vom 15.02.2010. Zwar wird darin erklärt, der Beklagte sehe sich
verpflichtet, den nach der damaligen Fassung des § 97a UrhG möglicherweise
geschuldeten Schadensersatzanspruch in Höhe von 100,00 € zu zahlen. Der
Beklagte hat jedoch unmissverständlich zugleich zum Ausdruck gebracht, dass er
darüber hinausgehende Zahlungsansprüche gerade nicht erfüllen möchte, die
bereits zu jenem Zeitpunkt zur Debatte stand. Die Klägerin hatte zuvor einen
Betrag in Höhe von 1.800,00 € als Vergleichsbetrag im Abmahnschreiben vom
09.02.2010 gefordert. Dementsprechend kann auch die im Nachgang dazu erfolgte
unstreitige Zahlung des Beklagten in Höhe von 100,00 € keine Wirkung im Sinne
des § 12 Abs. 1 Nr. 1 BGB entfalten, da
sie lediglich als Umsetzung der Erklärung im Schreiben vom 15.02.2010
verstanden werden kann.
Der
Mahnbescheid vom 02.01.2014 entfaltet ebenfalls keine verjährungsrelevante
Wirkung. Zwar kann nach § 204 Abs. 1
Nr. 3 BGB
 die ihr am 04.01.2014 erfolgte Zustellung des
Mahnbescheides zur Hemmung der Verjährung führen. Dies setzt jedoch voraus,
dass zu diesem Zeitpunkt die Verjährung noch nicht eingetreten ist. Nach den
obigen Ausführungen war jedoch bereits mit Ablauf des 31.12.2012 Verjährung
eingetreten, so dass auch unter Berücksichtigung der Rückwirkungsfiktion
des § 167 ZPO keine
Hemmung eintreten konnte, weil auch der Mahnantrag vom 23.12.2013 erst weit
nach Eintritt der Verjährung gestellt wurde.
Der Umstand,
dass der Beklagte im Januar 2010 möglicherweise mehrere gleichartige
Rechtsverstöße begangen hat, hat ebenfalls keine verjährungsrelevante Wirkung.
Selbst wenn dadurch ein neuer Anspruch der Klägerin entstanden sein sollte, so
verjährte dieser wegen der im Jahre 2010 eingetretenen Kenntnis der Klägerin
von den anspruchsbegründenden Tatsachen und in der Person des Beklagten mit
Ablauf des 31.12.2013 nach den oben genannten Vorschriften. Der Mahnbescheid
vom 02.01.2014 konnte trotz der Rückwirkungsfiktion § 167 ZPO auf den
Zeitpunkt des Mahnantrages (23.12.2013) die Verjährung insoweit nicht hemmen.
Dabei ist
zunächst zu berücksichtigen, dass insoweit nur ein Anspruch wegen eines
etwaigen Lizenzanalogieschadens nach § 97 UrhG überhaupt
in Betracht kommt für eine etwaige Hemmungswirkung. Ein
Aufwendungserstattungsanspruch nach § 97a UrhG betreffend etwaiger
Abmahnkosten kommt bereits deswegen nicht in Betracht, weil die Klägerin den
Beklagten wegen der Vorfälle aus dem Januar 2010 gar nicht abgemahnt hatte. Das
Abmahnschreiben vom 09.02.2010 mit ausschließlich den beiden Vorfällen vom August
2009. Erkennbar spielten die weiteren Vorfälle für die Abmahnung keine Rolle.
Dies erscheint auch deswegen plausibel, weil die diesbezüglichen
Auskunftsbeschlüsse des Landgerichts Köln teilweise erst danach datieren und
bei den früheren Beschlüssen mit einem Abschluss der Beauskunftung durch die
Deutsche Telekom AG nicht ohne weiteres zum Zeitpunkt der Abmahnung gerechnet
werden kann.
Der
Mahnbescheid vom 02.01.2014 konnte jedoch deswegen keine Hemmungswirkung
entfalten, weil er einen anderen Streitgegenstand betrifft.
Nach § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO muss im
Mahnantrag der Anspruch unter bestimmter Angabe der verlangten Leistung
bezeichnet werden. Die Angaben im Mahnantrag müssen somit eine hinreichende
Individualisierung der Ansprüche und Abgrenzung von anderen in Betracht
kommenden Ansprüchen ermöglichen (Zöller/Vollkommer, § 690 ZPO Rn. 14). Dies bedeutet,
dass bei deliktischen Ansprüchen – um die es sich hier handelt – beispielsweise
die Tatzeit benennt werden muss, um die Individualisierbarkeit herbeizuführen.
Dies ergibt sich bereits aus der allgemeinen Streitgegenstandslehre, der
zufolge ein eindeutiger Lebenssachverhalt Teil des Streitgegenstandes ist
(sogenannter zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff). Im Mahnverfahren ist
dies deswegen von besonderer Bedeutung, weil der auf diese Art und Weise in
Anspruch genommenen Schuldner erkennen muss, ob es sachgerecht ist, Widerspruch
einzulegen und den Rechtsstreit aufzunehmen. Denn eine einer
Schlüssigkeitsprüfung zu unterziehende Sachverhaltsschilderung kennt das
Mahnverfahren nicht. Eine solche Entscheidung kann der Schuldner allerdings
dann nicht treffen, fehlt es an den Anspruch individualisierenden
Beschreibungsmerkmalen. Dies führt dazu, dass das diesem Rechtsstreit
vorgeschaltete Mahnverfahren die klägerseits behaupteten Verletzungshandlungen
des Beklagten vom Januar 2010 nicht zum Gegenstand haben. Denn diese
Verletzungshandlungen waren wieder im Abmahnschreiben vom 09.02.2010 genannt
noch in dem Mahnantrag vom 23.12.2013. Letztere nennt nur den
Kostenerstattungsanspruch aufgrund der eben erwähnten Abmahnung sowie den
Schadensersatzanspruch aufgrund des Vorfalls vom 25.08.2009 (was zur Folge hat,
dass der mit der Anspruchsbegründung eingeführte Vorfall vom 21.08.2009
ebenfalls nicht Gegenstand des Mahnverfahrens war). Streitgegenstand diesem
Rechtsstreit wurden die weiteren behaupteten Vorfälle vom Januar 2010 erst nach
Benennung im am 07.05.2014 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz der Klägerin
vom 02.05.2014. Dadurch trat aber keine Verjährungshemmung mehr ein, weil zu
diesem Zeitpunkt die Verjährung bereits eingetreten war, nämlich zum
31.12.2013. § 204 Abs. 1
Nr. 1 BGB
 ist damit nicht mehr einschlägig.
Diese
weiteren Vorfälle können auch nicht als Fortsetzungshandlungen eines
einheitlichen Deliktes verstanden werden und dass somit eine Rückbeziehung der
späteren Verletzungshandlung auf die frühere im Mahnantrag genannte
Verletzungshandlung erfolgen könnte. Ein Dauerdelikt liegt bereits deswegen
nicht vor, weil schon nach dem Vorbringen der Klägerin einzelne in sich
abgeschlossene und eindeutig abgrenzbare Verletzungshandlungen vorliegen.
Erforderlich ist danach jedes Mal ein neuer Entschluss, urheberrechtswidrig
einen Filesharing-Vorgang in Gang zu setzen. Auch die Rechtsfigur des
Fortsetzungszusammenhanges wird der konkreten Situation nicht gerecht. Dabei
kann es das Gericht dahingestellt sein lassen, ob im Zivilrecht diese
Rechtsfigur noch Anwendung finden kann, nachdem sich die Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs in Strafsachen davon abgewendet hat. Zwar hat der
Bundesgerichtshof für Vertragsstrafeversprechen diese Rechtsfigur noch
angewendet (Urteil vom 25.01.2001 – I ZR 323/98 –
Trainingsvertrag, zit. n. Juris). Ausschlaggebend ist danach der
übereinstimmende Wille in den Parteien des Vertragsstrafenvertrages, eine
angemessene und sachgerechte Sanktion für einen erneuten Verstoß
herbeizuführen. Für eine rein deliktische Haftung, wie sie hier in Rede steht,
fehlt es jedoch an einem solchen Parteiwillen. Maßgeblich ist hierfür die
Willenslage des deliktischen Schädigers, der sich auch immer wieder neu
entscheiden kann, den Rechtsverstoß zu begehen. Hier hat die Klägerin keinen
hinreichenden Vortrag dazu gehalten, dass der Beklagte von vornherein seit dem
21.08.2009 bzw. 25.08.2009 die Absicht hatte, die beiden Musikalben immer
wieder erneut herunter zu laden. Viel wahrscheinlicher ist es angesichts des
Filesharing-Vorganges im Allgemeinen, dass sich der Beklagte immer wieder neu
entschied, etwa weil bei einem Vorgang von vornherein nicht alle Titel eines
Albums herunter geladen werden sollten. Mithin fehlt es an einem einheitlichen
Tatentschluss. Ein solcher ist vorliegend nicht erkennbar.
Die Klägerin
kann für sich auch nicht die zehnjährige Verjährungsfrist des § 852 S. 2
BGB
reklamieren. Nach dieser Vorschrift unterliegen diejenigen
Ansprüche einer längeren Verjährung, die auf die Herausgabe des deliktisch
Erlangten zielen. Es handelt sich somit um einen quasi deliktischen
Bereicherungsanspruch. Diese Vorschrift findet wegen § 102 S. 2 UrhGentsprechende Anwendung.
Voraussetzung ist aber, dass der Schädiger tatsächlich etwas erlangt hat. Dies
kann die ersparte Lizenzgebühr sein, wenn die Wahrnehmung des Urheberrechts
typischerweise nur gegen eine Lizenzgebühr eingeräumt wird (BGH, Urteil vom
27.10.2011 – I ZR 175/10 –
Bochumer Weihnachtsmarkt, zit. n. Juris). Dies ist etwa dann der Fall, wenn die
Rechtewahrnehmung bei einer Verwertungsgesellschaft lizenziert werden kann.
Hier liegen
jedoch die tatsächlichen Verhältnisse anders, so dass die Grundsätze der eben
zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorliegend keine Anwendung
finden können. Denn dem erkennenden Gericht ist kein Anbieter bekannt, der
Werke der Musik oder Filmwerke dergestalt lizenziert, dass sie im Wege des
Filesharings angeboten werden können. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand,
dass die Klägerin – wie alle dem erkennenden Gericht bekannten Gläubiger
vergleichbarer Ansprüche – Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie Begehren.
Lizenzanalogie bedeutet aber, dass zumeist im Wege der Schätzung ein
Schadensersatzanspruch danach ermittelt wird, was dem verletzten Urheber an
Lizenzgebühren entgangen ist. Ein bereicherungsrechtlich abschöpfbarer Vorteil
muss dabei den Schädiger gar nicht entstanden seien. So ist es hier. Der
Hauptzweck des typischen Nutzers einer Internet-Tauschbörse beim Filesharing
liegt darin, beispielsweise das Musikstück zu erhalten. Der technisch damit
zugleich verbundene Upload wird damit gleichsam nur als notwendiges Übel
verbunden, ohne dass er zielgerichtet beabsichtigt ist. Es wird allenfalls
billigend in Kauf genommen, dass ein weiterer Teilnehmer der Tauschbörse
nunmehr in der Lage ist, dasselbe Musikstück seinerseits herunter zu laden. Er
erspart sich mithin keine Lizenzgebühren, weil er diese auch bei einer legalen
Vorgehensweise gerade nicht bezahlt hätte. Gezahlt worden wäre allenfalls der
übliche Kaufpreis etwa einer CD. Denn dem Nutzer geht es beim Filesharing nur
um den Gebrauch des konkreten Werkes für eigene Zwecke, nicht um die darüber
hinausgehende Nutzung oder gar Verbreitung. Darin unterscheidet sich der
typische Tauschbörsenteilnehmer von demjenigen, der etwa seine Verkaufsstätte
mit Musikwerken beschallt, um damit das Kaufverhalten potentieller Kunden zu
befördern. Ein solcher Urheberrechtsverletzer würde bei legalem Vorgehen
nämlich entsprechende Lizenzgebühren bezahlen. Das erkennende Gericht folgt
insoweit der Rechtsprechung des Amtsgerichts Bielefeld (Urteil vom 06.03.2014
– 42 C 368/13,
zit. n. Juris Rdnr. 16). Dabei berücksichtigte das Gericht auch, dass
typischerweise die verwendeten Programme den Upload nicht vollständig
durchführen, sondern nur Bruchteile der Dateien wieder in die Tauschbörse
einstellen, auch wenn diese Bruchteile notwendig sind, damit der nächste
Tauschbörsenteilnehmer wieder die gesamte Datei auf seinen Computer herunter
laden kann.
Die
solchermaßen an einem Hauptanspruch, kann die Klägerin auch keine Zinsen
beanspruchen.
Die
Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO,
diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11711 ZPO.
Beschluss
Der
Streitwert wird auf 3.980,00 € festgesetzt
.