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LG München I – Zugänglichmachung von Produktfotos auf Internet-Verkaufsplattform II)

Das LG
München I hat mit  Endurteil v.
20.02.2019 , Az. 37 O 5140/18
ein weiteres Mal darüber entschieden  wann ein öffentliches Zugänglichmachen von
Lichtbildwerken auf einer Online-Verkaufsplattform I vorliegt (Zugänglichmachung
von Produktfotos auf Internet-Verkaufsplattform II)
Leitsätze:
Der Betreiber einer Online-Verkaufsplattform macht
urheberrechtlich geschützte Lichtbildwerke öffentlich zugänglich i.S.d. § 19a
UrhG, wenn auf einer Produktdetailseite Lichtbildwerke sichtbar gemacht werden,
die ohne Nutzungsberechtigung von einem Dritten in eine Datenbank des
Betreibers, auf die bei automatisierter Erstellung der Produktdetailseite
bestimmungsgemäß zugegriffen wird, hochgeladen wurden. Verwendet der Betreiber
auf derselben Plattform einheitlich gestaltete Produktdetailseiten sowohl für die
Präsentation von Eigenangeboten als auch für die Angebote Dritter, gilt dies
auch, wenn auf der konkreten Produktdetailseite nur Angebote Dritter
präsentiert werden wenn. (Rn. 43 – 58)
Nur ein enges Verständnis des nach der Rechtsprechung des
EuGH (BeckRS 2016, 82181 – GS Media) zu prüfenden Merkmals des „neuen
Publikums“ wird dem Schutzzweck der Richtlinie 2001/29/EG gerecht; maßgeblich
ist das Publikum, an welches der Nutzungsberechtigte bei Erteilung seiner
Zustimmung zur Einstellung von Produktfotos in ein Online-Angebot gedacht hat.
Insofern stellen sämtliche kaufwilligen und kaufbereiten Kunden der
betreffenden Produkte nicht das gleiche Publikum dar wie die Kunden der vom
Nutzungsberechtigten autorisierten Händler.  
(Rn. 53) 

Tenor
I. Der Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall
der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise
Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im
Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, untersagt,
im geschäftlichen Verkehr im Gebiet der Bundesrepublik
Deutschland die nachfolgend dargestellten Lichtbilder öffentlich zugänglich zu
machen in Form einer Abbildung auf der Online Verkaufsplattform … auf der
Website … einschließlich aller Subpages dieser Website zur Bewerbung von
Warenangeboten von Dritten auf der Online Verkaufsplattform …:
1.1.
2.2.
3.3.
4.4.4.
5.5.
6.6.
7.7.
8.8.
II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über
den Umfang und die Dauer der nach Ziffer I. verbotenen Handlungen zu erteilen.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet
ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch die in
Ziffer I. genannten verbotenen Handlungen entstanden ist oder zukünftig noch
entstehen wird.
IV. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 580,95
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit
dem 04.01.2018 zu bezahlen.
V. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
VI. Das Urteil ist für die Klägerin gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 EUR vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Gegenstand des Rechtsstreits sind Urheberrechtsverletzungen
aufgrund von Abbildungen von Produkten der Klägerin auf Produktdetailseiten,
die auf der Onlineverkaufsplattform … sichtbar waren.
Die Klägerin ist Herstellerin von Sport- und
Freizeitrucksäcken. Sie unterhält keine Geschäftsbeziehung zur Beklagten oder
zu ihren Schwestergesellschaften.
Dem Rechtsstreit ging ein Verfahren auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht München I, GZ: 37 O 8422/18,
voraus. In diesem Verfahren erging am 18.10.2017 ein Anerkenntnisurteil,
zugestellt an die Beklagte am 03.11.2017. Die Beklagte wurde mit Schreiben der
Klägervertreter vom 13.12.2017 (Anlage K 7) zur Abgabe der Abschlusserklärung aufgefordert.
Dies lehnte sie mit Schreiben vom 03.02.2018 (Anlage K 8) ab. Mit Schreiben vom
30.05.2017 (Anlage K 3) forderten die Klägervertreter die Beklagte unter
Fristsetzung auf, die Nutzung von 78 Lichtbildern, darunter auch die neun
streitgegenständlichen Lichtbilder, zu unterlassen.
Bei den beanstandeten Angeboten handelte es sich nicht um
Eigenangebote der Beklagten, sondern um Verkaufsangebote von Drittanbietern.
Die Klägerin vertreibt ihre Produkte aufgrund selektiver
Vertriebsvereinbarungen mit offiziellen …-Händlern. Danach sind diese –
zumindest in Europa – nicht berechtigt, Produkte der Klägerin auf dem …
anzubieten.
Den Angeboten auf der Webseite … liegt das Konzept der
Produktdetailseite zugrunde. Dabei wird für jedes über die …-Plattform
angebotene Produkt jeweils nur eine Produktdetailseite angezeigt; jedes Produkt
enthält eine spezifische …-Produktidentifikationsnummer (…) zugewiesen.
Dritthändler können über eine Maske ihre Angebote einstellen und Fotos sowie
Texte hochladen. Existiert für ein bestimmtes Produkt bereits eine
Produktdetailseite, können weitere Händler keine neue Seite erstellen, sie
werden an die bestehende Seite „angehängt“. Jeder Händler kann dabei
seinerseits eigene Inhalte einstellen.
Zur Funktionsweise der Produktdetailseiten trägt die
Beklagte weiter vor, dass in einem automatisierten Verfahren aus den bereit
gestellten Inhalten ausgewählt und die standardisierte Produktseite erstellt
werde. Die Auswahl werde dabei nicht redaktionell betreut, sondern erfolge nach
abstrakten Qualitätskriterien wie Dateiformat und Auflösung oder nach formalen
Gesichtspunkten wie Anzahl der Abbildungen und Umfang der Texte. Die Gestaltung
der jeweiligen Produktinformationsseite verändere sich mit dem jeweiligen Angebot
der in die …-Datenbank von einem oder mehreren Anbietern eingestellten
Inhalte. Im Zeitpunkt des Zugriffs eines Nutzers werde die Produktdetailseite
jeweils dynamisch durch den programmierten Zugriff auf die Inhalte erzeugt.
Mehrere Gesellschaften des …-Konzerns nehmen Aufgaben im
Rahmen der Geschäftstätigkeit wahr. Die Beklagte ist Betreiberin des …
Marketplace und als solche auch im Impressum bezeichnet (Anlage K 1). In dieser
Funktion vermittelt sie den Zugang für Dritte, die ihre Angebote auf der
Plattform präsentieren. Die ist zuständig für die technischen Prozesse bei
Erstellung von Produktdetailseiten.
Die Klägerin trägt vor, die Beklagte habe mindestens 78
Lichtbilder, von denen 9 streitgegenständlich sind, verwendet. An diesen
Lichtbildern habe die Klägerin die exklusiven Nutzungs- und Verwertungsrechte.
Urheber dieser Lichtbilder sei der Zeuge …, der im Auftrag der Klägerin
hochwertige Produktfotografien angefertigt habe. Die Klägerin habe den
offiziellen …-Händlern im Rahmen einer selektiven Vertriebsvereinbarung nicht
das Recht eingeräumt, die Bilder auf der …-Marketplace Plattform zu nutzen.
Die Klägerin habe weder der Beklagten, noch den Dritthändlern, zu deren
Bebilderung von Verkaufsangeboten das Bildmaterial verwendet worden sei,
Nutzungsrechte eingeräumt. Bei diesen Anbietern habe es sich nicht um
offizielle … Händler gehandelt.
Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe der
streitgegenständliche Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus §§ 97 Abs. 1
Satz 1, 19 a UrhG zu. Das Zugänglichmachen sei der Beklagten als
täterschaftliches Handeln zuzurechnen. Sie habe mit Gewinnerzielungsabsicht
gehandelt, jedenfalls sei es ihr um Kosteneinsparung durch Automatisierung
gegangen. Etwaige Prüfpflichten habe sie verletzt.
Die Klägerin beantragt:
I. Der Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall
der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise
Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im
Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, untersagt,
im geschäftlichen Verkehr die nachfolgend dargestellten
Lichtbilder öffentlich zugänglich zu machen (§ 19 a UrhG) in Form einer
Abbildung auf der von der Antragsgegnerin betriebenen Online Verkaufsplattform
… auf der Website … einschließlich aller Subpages dieser Website zur
Bewerbung von Warenangeboten von Dritten auf der Online Verkaufsplattform …:
1.
2.
3.
4.4.
5.
6.
7.
8.
II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin unverzüglich
Auskunft über den bisherigen Umfang und die bisherige Dauer der nach Ziffer I.
verbotenen Handlungen zu erteilen.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet
ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch die in
Ziffer I. genannten verbotenen Handlungen entstanden ist oder zukünftig noch
entstehen wird.
IV. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin
vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von EUR 580,95 nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 04.01.2018 zu
bezahlen.
Die Beklagte beantragt
Klageabweisung.
Die Beklagte rügt bereits mit der Klageerwiderung die
internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts München I. Eine
internationale Zuständigkeit ergebe sich nach der zugrunde zu legenden
Rechtsprechung des EuGH nicht aus Art. 7 Nr. 2 EuGVVO. Danach sei in erster
Linie das Gericht am Ort des schädigenden Ereignisses, das heißt am Ort des
Tätigwerdens oder der unternehmerischen Entscheidung, zuständig. Da die
Beklagte ihren Sitz in … habe, komme eine Zuständigkeit deutscher Gerichte
nicht in Betracht. Die deutschen Gerichte könnten nach der Rechtsprechung des
EuGH nur dann zuständig sein, wenn sich ein eindeutiger vorhersehbarer und
enger Bezug zum Gerichtsort ergebe. Dies sei nicht ersichtlich.
Weiter macht die Beklagte geltend, die
streitgegenständlichen Anträge seien unbestimmt. Es fehle die Verletzungsform,
sowie die territoriale Beschränkung. Auch sei die Bildwiedergabe unzulänglich.
Die Beklagte bestreitet, dass es sich bei den
streitgegenständlichen Abbildungen um Lichtbilder handele. Jedenfalls seien es
normale Gebrauchsabbildungen ohne Schöpfungshöhe. Die Klägerin habe im Übrigen
ihre Nutzungsrechte nicht nachgewiesen.
Die Beklagte trägt ausführlich zum Konzept der
Produktdetailseite, den technischen Bedingungen und dem Vorgang des Einstellens
durch Dritte vor. Hierauf, sowie auf die Anlagen B1 und B2 wird Bezug genommen.
Die Beklagte behauptet, sie sei an die vorhandenen technischen Vorgaben
gebunden, die weltweit eingesetzt und durch die Konzernleitung vorgegeben
werden.
Die Beklagte bestreitet, dass die einstellenden Dritthändler
nicht zur Nutzung der Abbildungen berechtigt gewesen seien. Jedenfalls sei die
Nutzung durch eine Einwilligung oder mutmaßliche Einwilligung der Klägerin
gedeckt. Die Weiterverbreitung von Werbematerialien liege im Interesse der
Klägerin.
Auf ihre selektive Vertriebsvereinbarung und ein eventuelles
„…-Verbot“ gegenüber ihren Vertriebspartnern könne sich die Klagepartei nicht
berufen, da diese Vereinbarungen kartellrechtswidrig seien.
Die Beklagte beruft sich darauf, dass nicht sie, sondern die
einstellenden Dritten das Material verwendet und zugänglich gemacht haben, so
dass auch nur diese für etwaige Urheberrechtsverletzungen in Anspruch genommen
werden können. Dies zeige sich insbesondere bei den Abbildungen zu den Anträgen
Ziffer I.1, I.3, I.4, I.5, I.6, I.7 und I.8. Hier habe es jeweils nur einen
Anbieter gegeben. Infolgedessen sei die Höchstzahl der auf den
Produktdetailseiten abbildbaren Bilder nicht erreicht worden. Es fehle hier
daher bereits an einer – ggf. programmiert durchgeführten –
Auswahlentscheidung. Eine solche Auswahl komme von vorneherein nur in Betracht,
wenn die Höchstzahl überschritten sei.
Im Übrigen verweist die Beklagte darauf, der Tatbestand des
§ 19 a UrhG sei auch deshalb nicht erfüllt, weil die Abbildungen sich nicht an
ein neues Publikum richteten. Sie seien bereits auf der Webseite … für das
Publikum einsehbar gewesen.
Weiter beruft sich die Beklagte auf die Privilegierung gemäß
§ 10 TMG, Art. 14 RL 2000/31/EG. Die Beklagte betreibe einen Hosting-Dienst.
Die Beklagte betont die Vergleichbarkeit ihres Angebotes mit … und … und
verweist auf die EuGH-Vorlage im BGH Beschluss vom 13.09.2018, I ZR 140/15 ….
In jedem Fall habe die Klägerin vorrangig die Drittanbieter in Anspruch zu
nehmen.
Hinsichtlich der Einzelheiten, sowie des weiteren
Parteivortrages wird auf die Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat mündlich verhandelt im Termin vom
05.12.2018. Auf die Sitzungsniederschrift (Bl. 126/137 d.A.) wird Bezug
genommen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen …
aufgrund Beweisbeschluss vom 29.10.2018 (Bl. 107/109 d.A.) im Termin vom
05.12.2018. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Der Vortrag der Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz vom
09.01.2019 gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
A.
Die Klage ist zulässig.
I. Zweifel an der Bestimmtheit des Klageantrages ergeben
sich nicht aus dem Umstand, dass die Klagepartei offen lässt, ob sie ihren
Anspruch auf § 72 UrhG oder § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG stützt. Hierbei handelt es
sich nicht um unterschiedliche Lebenssachverhalte, sondern nur um eine Frage
der rechtlichen Einordnung, die zudem nicht zu unterschiedlichen Rechtsfolgen
führt.
Soweit die Anträge überflüssige, lediglich beschreibende
oder zur Klagebegründung gehörende Bestandteile enthalten, (z.B.: „von der
Beklagten betriebene Online Verkaufsplattform“) ist dies unschädlich.
Die Qualität der den Antrag illustrierenden Abbildungen ist
nicht zu beanstanden, eine eindeutige Zuordnung ist ohne weiteres möglich.
II. Das Landgericht München I ist örtlich und international
zuständig.
Die Beklagte hat die internationale und örtliche
Zuständigkeit des Landgerichts München I gerügt. Die Zuständigkeit folgt jedoch
aus Artikel 7 Nr. 2 EuGVVO. Danach besteht der Gerichtstand der unerlaubten
Handlung an dem Ort des Gerichts, an dem das schädigende Ereignis eingetreten
ist oder einzutreten droht. Dieser autonom auszulegende Gerichtsstand ist nach
der Rechtsprechung des EuGH eng zu verstehen, da es sich um eine Abweichung von
dem allgemeinen Prinzip des Gerichtsstandes am Sitz des Beklagten handelt (EuGH
Urteil vom 27.09.1988, C-189/87, Tz. 10 ff. – juris). In erster Linie ist
danach maßgeblich der Ort, an dem die schädigende Handlung erfolgt ist (vgl.
Zöller/Geimer, 32. Aufl. 2018, Anh I Art. 7 EuGVVO, Rn. 88). Weder der
tatsächliche Betrieb der Plattform, noch die zugrunde liegenden
unternehmerischen Entscheidungen, fanden in Deutschland statt. Es ist auch
nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass der Server, auf dem sich die
Dateien zur Generierung der Produktdetailseiten befinden, seinen Standort in
Deutschland hat. Neben dem Gerichtsstand des Handlungsortes kommt als
Gerichtsstand auch der Ort der Verletzung des Schutzgesetzes in Betracht (vgl.
Cepl/Voss/Zöllner, 2. Auflage 2018, ZPO vor § 12 Rn. 76). Demnach ist bei einer
geltend gemachten Verletzung eines Urhebervermögensrechts die Zuständigkeit des
angerufenen Gerichts für die Entscheidung über eine Klage aus unerlaubter oder
einer solchen gleichgestellten Handlung gegeben, sobald der Mitgliedstaat, in
dessen Hoheitsgebiet sich dieses Gericht befindet, die Vermögensrechte schützt,
auf die sich der Anspruchsteller beruft, und die Gefahr besteht, dass sich der
Schadenserfolg im Bezirk des angerufenen Gerichts verwirklicht (EuGH, Urteil
vom 03.10.2013, C-170/12, Tz. 43 – juris). Da sich die Klagepartei auf ein in
Deutschland wirksames Schutzrecht beruft, ist insoweit – territorial beschränkt
– eine Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben. Auch im Übrigen weist der
Sachverhalt eine enge Verbindung zum Gerichtsbezirk auf. Zum einen sind die
streitgegenständlichen Angebote in deutscher Sprache für deutsche Kunden
abrufbar. Da im Übrigen die Klagepartei im Gerichtsbezirk (§ 45 BayGZVJu) ihren
Sitz hat, ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte und
zugleich die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts München I aus Gründen
einer geordneten Rechtspflege und einer sachgerechten Gestaltung des Prozesses
gerechtfertigt (vgl. Zöller/Geimer, ZPO 32. Aufl., Anh I Art. 7 EuGVVO, Rn. 53
m.w.N.). Zum Nachweis des Bestandes eines Urheberrechts ist eine örtliche Nähe
des Gerichts zum Sitz des Nutzungsberechtigten prozessökonomisch, da hier am
einfachsten Beweismittel erhoben werden können.
Aus Art. 7 Nr. 2 EuGVVO folgt zugleich die örtliche
Zuständigkeit des Landgerichts München I, ein Rückgriff auf § 32 ZPO ist nicht
erforderlich (vgl. Zöller/Geimer ZPO 32. Aufl., Anh I, Art. 7 EuGVVO, Rn. 2),
wobei hieraus kein abweichendes Ergebnis folgte.
B.
Die Klage ist hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs sowie
der Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz sowie Ersatz vorgerichtlicher
Kosten als Folgeansprüche begründet. Die Beschränkung auf das Gebiet der
Bundesrepublik Deutschland ergibt sich aus der Klagebegründung.
I. Auf die streitgegenständlichen Ansprüche ist deutsches
Recht anzuwenden. Nach Art. 8 Abs. Rom-II-VO ist auf außervertragliche
Schuldverhältnisse aus einer Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums das
Recht des Staates anzuwenden, für den der Schutz beansprucht wird. Nach diesem
Recht sind das Bestehen des Rechts, die Rechteinhaberschaft des Verletzten,
Inhalt und Umfang des Schutzes sowie der Tatbestand und die Rechtsfolgen einer
Rechtsverletzung zu beurteilen (st. Rspr. vgl. BGH 21.09.2017 I ZR 11/16, Tz.
13 m.w.N. – Vorschaubilder III – juris). Da Gegenstand der Klage allein
Ansprüche wegen Verletzungen urheberrechtlich geschützter Rechte an Fotografien
sind, für die die Klägerin im Inland urheberrechtlichen Schutz beansprucht, ist
im Streitfall deutsches Urheberrecht anzuwenden.
II. Die Klagepartei hat gegen die Beklagte einen Anspruch
auf Unterlassung der Abbildung der streitgegenständlichen Lichtbilder auf der
Webseite … gemäß §§ 97 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2, 15 Abs. 2 Nr. 2, 19 a
UrhG, wie geschehen und dokumentiert in der Anlage K 2, K 2 a.
1. Bei den streitgegenständlichen Abbildungen handelt es
sich um Lichtbildwerke im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 UrhG.
Das Gericht hat zur Urheberschaft, zum Schöpfungsprozess und
der Gestaltung der Abbildungen Beweis erhoben aufgrund Beweisbeschluss vom 01.08.2018
durch Vernehmung des Zeugen … im Termin vom 05.12.2018. Dieser hat bestätigt,
dass er Hersteller der Werke ist. Er hat im Einzelnen geschildert, auf welche
Weise er im allgemeinen Produktfotos im Auftrag der Klagepartei erstellt. Dabei
hat er insbesondere auch die Besonderheiten seiner Aufnahmen hinsichtlich der
Gestaltung dargestellt. Der Zeuge hat deutlich gemacht, dass er eigenständige,
schöpferische Entscheidungen hinsichtlich des Bildaufbaus und der Lichtführung
trifft. Die Aufnahmen des Zeugen erhalten dadurch eine eigenständige
Ausgestaltung, die sie von anderen Aufnahmen der gleichen Produkte
unterscheidbar macht. Der Zeuge gab an, Gestaltungsziel sei, dass das Produkt
Volumen aufweise und das Material plastisch wirke. Durch die Verwendung von
Unterlicht solle der Schatten gestaltet werden. Das Gericht konnte sich anhand
der Aussagen des Zeugen und der streitgegenständlichen Abbildungen von diesen
Kriterien und ihrer tatsächlichen Umsetzung eine Überzeugung bilden.
Der Zeuge … konnte darüber hinaus nachvollziehbar
darlegen, dass die den Abbildungen im Anlagenkonvolut K 2, K 2 a zugrunde
liegenden Lichtbildwerke von ihm erstellt wurden. Er bestätigte auch seine
Urheberschaft zu den Abbildungen aus dem Klageantrag vom 12.04.2018.
2. Die Klägerin ist Inhaberin der Nutzungsrechte der im
Tenor Ziffer I. abgebildeten Werke.
Die Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen … im Termin
vom 05.12.2018 hat zur Überzeugung des Gerichts die Übertragung der
ausschließlichen Nutzungsrechte an die Klägerin ohne zeitliche und räumliche
Beschränkung ergeben, § 31 UrhG.
3. Die Klägerin hat die Verletzungshandlung durch die
screenshots vom 24. und 29.5.2017 (Anlagen K 2, K 2 a) für die tenorierten
Abbildungen nachgewiesen. Die Identität dieser Abbildungen mit den im Antrag
aufgeführten Lichtbildern hat der Zeuge … bestätigt. Das Gericht konnte sich
hiervon anhand eines Bildvergleichs eine eigene Überzeugung bilden. Die vom
Zeugen … erläuterten Bildgestaltungskriterien sind zudem gut erkennbar.
4. Die Wiederholungsgefahr ist durch den Umstand, dass die
Bilder nicht mehr abrufbar sind, nicht ausgeräumt.
5. Die Beklagte hat die Nutzungsrechte der Klägerin
verletzt, indem sie die Lichtbildwerke im Sinne von § 19 a UrhG öffentlich
zugänglich gemacht hat.
Dabei handelt es sich um ein besonderes Recht der
öffentlichen Wiedergabe gemäß § 15 Abs. 2 und 3 UrhG auf der Grundlage von Art.
3 Abs. 1 und 2 a. und b. der Richtlinie 2001/29/EG, welche eine Handlung der
Wiedergabe, die Öffentlichkeit dieser Wiedergabe und eine individuelle
Beurteilung voraussetzt (BGH, Beschluss vom 13.09.2018, i ZR 140/15 youtube,
Rn. 26 – juris).
a) Die Beklagte hat die Zugänglichkeit bewirkt, indem sie
die Lichtbildwerke in ihrer Zugriffssphäre zum Abruf bereit gehalten (vgl. hierzu
Schricker/Löwenheim/v. Ungern-Sternberg, Urheberrecht 5. Auflage 2017, § 19 a
Rn. 60) und das Sichtbarmachen über den Aufruf der Produktdetailseiten auf der
Plattform … ermöglicht hat.
Das dem Urheber nach § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2 UrhG
vorbehaltene Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19 a UrhG) ist das
Recht, das Werk den Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten
ihrer Wahl zugänglich zu machen. Ein Zugänglichmachen im Sinne dieser
Vorschrift setzt voraus, dass Dritten der Zugriff auf das sich in der
Zugriffssphäre des Vorhaltenden befindende geschützte Werk eröffnet wird (vgl.
BGH Urteil vom 29.04.2010, I ZR 69/08 – Vorschaubilder I, Tz. 19 m.w.N. –
juris; BGH Urteil vom 21.09.2017, I ZR 11/16 – Vorschaubilder III, Tz. 19 –
juris).
Der rechtlichen Würdigung legt das Gericht den Vortrag der
Beklagten zu den Vorgängen bei Erstellung der Produktdetailseiten zugrunde.
Danach wurden die Dateien mit den streitgegenständlichen Lichtbildwerken von
Dritten unter Verwendung einer Eingabemaske, die zum Einstellen von Angeboten
unter einer spezifischen Produktidentifikationsnummer (…) zur Verfügung
steht, hochgeladen. Die so hochgeladenen Biider und weiteren Informationen
werden sodann in eine Datenbank im Verfügungsbereich des …-Konzerns abgelegt.
Wird ein Produkt erstmals angeboten, wird in einem automatisierten Verfahren
eine Produktdetailseite unter der … nach den einheitlichen
Gestaltungskriterien unter Verwendung der zuerst hochgeladenen Materialien
erstellt. Eine automatisierte Auswahl unter den eingestellten Inhalten erfolgt
– nur – wenn die Höchstzahl der pro Seite gezeigten Bilder oder anderen Inhalte
überschritten ist. Wollen weitere Anbieter das gleiche Produkt anbieten, können
– und müssen – sie sich an die so erstellte Produktdetailseite unter der
jeweiligen … „anhängen“, die Erstellung einer weiteren Produktdetailseite für
das gleiche Produkt ist nicht möglich. Sofern sie ebenfalls Bilder und
Materialien hochladen, werden diese gleichrangig in die Datenbank eingestellt.
In einem automatisierten Verfahren werden sodann nach formalen und qualitativen
Kriterien (z.B. Bildauflösung) Bilder aus dem Datenpool ausgewählt und in die
Produktdetailseite eingestellt. Auf die Auswahl haben die Anbieter keinen
Einfluss. Die jeweilige Produktdetailseite wird nicht physisch abgespeichert.
Sie wird beim jeweiligen Zugriff vielmehr dynamisch unter Sichtbarmachung der
jeweils unter Anwendung der Kriterien vorausgewählten Datenbankinhalte
erstellt. Eine automatisierte neue Konfiguration der Seite erfolgt – nur –
dann, wenn neue Inhalte in die Datenbank unter der … eingestellt wurden.
Die Lichtbildwerke und sonstigen Inhalte, auch soweit sie
von Dritten hochgeladen wurden, finden sich folglich in Dateiform auf Servern
des …-Konzerns und damit in der Sphäre und in dem Verfügungsbereich der
Beklagten.
b) Durch die Wiedergabe auf den Produktdetailseiten werden
die streitgegenständlichen Werke im Sinne von § 19 a UrhG einem neuen Publikum
und damit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Das Angebot ist öffentlich, da der Adressatenkreis eine
große Zahl von potentiellen Nutzern der Plattform … und damit eine
unbestimmte Vielzahl von Personen umfasst.
Für die rechtliche Beurteilung ist davon auszugehen, dass
die streitgegenständlichen Abbildungen vor der Verletzungshandlung bereits auf
– nicht näher bekannten – Internetseiten verfügbar waren, da die insoweit
zumindest primär darlegungs- und beweisbelastete Klagepartei nicht ausdrücklich
vorgetragen hat, dass die streitgegenständlichen Lichtbildwerke keinesfalls vor
der Verletzungshandlung auf anderen Webseiten einsehbar waren. Eine solche
Veröffentlichung an anderer Stelle steht jedoch einer Bewertung des
Sichtbarmachens auf der jeweiligen …-Produktdetailseite als Zugänglichmachung
für ein neues Publikum nicht entgegen.
Zwar ist nicht schon deshalb ein neues Publikum gegeben,
weil die Veröffentlichung in einem anderen technischen Verfahren erfolgte: Bei
einer Vorveröffentlichung im Internet und der erneuten Veröffentlichung auf
einer anderen Webseite erfolgt vielmehr gerade kein Technologiewechsel. Der
Tatbestand des neuen Publikums ist unter Anwendung einer Reihe weiterer
wertender und miteinander in Wechselwirkung stehender Kriterien hier dennoch
gegeben (vgl. BGH Urteil vom 21.09.2017, I ZR 11/16 – Vorschaubilder III, Tz.
28 – juris; vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2016 – C-160/15 – GS Media, Tz.
34 – juris).
Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist von dem Grundsatz
auszugehen, dass grundsätzlich jede unberechtigte Nutzung eines Werkes durch
einen Dritten ohne seine vorherige Zustimmung die Rechte des Urhebers dieses
Werkes verletzt (vgl. EuGH, Urteil vom 07.08.2018, C-161/17 – Renckhoff, Rn. 16
– juris; BGH Urteil vom 09.07.2015, I ZR 46/12 – Die Realität II, Tz. 34 – juris).
Eine solche Zustimmung haben weder der Urheber …, noch die uneingeschränkt
nutzungsberechtigte Klagepartei erteilt. Vielmehr ist unstreitig, dass die
Klägerin im Rahmen ihres selektiven Vertriebssystems Vertragshändlern das
Einstellen der Lichtbildwerke auf der Plattform … untersagt. Zwar richten
sich etwaige Online-Angebote autorisierter …-Händler ebenso wie entsprechende
Angebote auf der Plattform … an ein Publikum, bestehend aus Personen, die
Interesse am Kauf dieser Produkte haben. Dieses jeweilige Publikum
unterscheidet sich weder nach seiner Struktur noch nach seinem Interesse
voneinander. Maßgeblich ist jedoch das Publikum, an welches der
Nutzungsberechtigte bei Erteilung seiner Zustimmung zur Einstellung in ein
Online-Angebot gedacht hat. Dieses Publikum waren nicht sämtliche kaufwilligen
und kaufbereiten Kunden der Produkte, sondern nur solche der autorisierten
…-Händler. Nur dieses enge Verständnis des „neuen Publikums“ wird dem
Schutzzweck der Richtlinie 2001/29/EG gerecht. Danach soll der Urheber über ein
Recht vorbeugender Art verfügen, das es ihm erlaubt, sich bei Nutzern ihrer
Werke vor der öffentlichen Wiedergabe einzuschalten und diese zu verbieten
(vgl. EuGH Urteil vom 07.08.2018, C-161/17 – Renckhoff, Rn. 29 – juris). Dem vorbeugenden
Recht des Urhebers auf Untersagung der öffentlichen Wiedergabe wäre andernfalls
der Boden entzogen. Zugleich wäre dem Auftraggeber urheberrechtlich geschützter
Werke das Interesse an einer hohen Vergütung für den Urheber genommen, wenn er
seinerseits Nutzungsrechte nicht beschränken und durchsetzen könnte. Diese
Auslegung trägt daher auch dem schützenswerten Vergütungsinteresse des Urhebers
Rechnung.
c) Die Beklagte hat eine zentrale Rolle bei dem Vorgang des
Zugänglichmachens. Unter Wertungsgesichtspunkten ist ihr die Nutzungshandlung
daher zuzurechnen (vgl. BGH, Beschluss vom 13.09.2018, I ZR 140/15 youtube, Rn.
29 ff. – juris, Schricker/Löwenheim/v. Ungern/Sternberg, UrhG 5. Aufl. 2107, §
19 a Rn. 64). Durch die Nutzung des Systems der Erstellung von
Produktdetailseiten im automatisierten Verfahren auf der …-Plattform nutzt
die Beklagte das Werk im Wege der öffentlichen Zugänglichmachung für eigene
Zwecke. Sie steht dabei einem Plattformbetreiber, auf der Nutzer Inhalte
öffentlich zugänglich machen (…), nicht gleich.
Die Beklagte ist Teil des …-Konzerns, der als großer
Online-Versandhändler bekannt ist. Die …-Eigenangebote werden durch die
Angebote von Dritthändlern auf der Plattform … ergänzt, eine eigenständige
„Marketplace-Plattform“ für Drittangebote gibt es nicht. Vielmehr werden die
…-Versandhandelsangebote unter dem …-Logo in gleicher Weise dargestellt wie
die Angebote von Dritthändlern. Der Aufbau und die Präsentation der
Produktdetailseiten unterscheiden sich nicht danach, ob Produkte im
…-Eigenhandel, nur durch Dritthändler oder kumulativ im Eigenhandel sowie
durch Dritte angeboten werden. Auch wenn anzunehmen ist, dass der
durchschnittlich informierte Kunde weiß, dass es Eigenangebote und
Dritthändlerangebote gibt, nimmt er dies aufgrund der Ausgestaltung des
Angebotes bei der Produktauswahl allenfalls nachrangig wahr. Der jeweilige
Händler wird an untergeordneter Stelle im Rahmen der Produktinformation (Anlage
K 2) genannt. Nähere Informationen zum Verkäufer erhält der Nutzer nur über
einen link. Die primäre Aufmerksamkeit des Kunden wird durch die
Seitengestaltung auf die Angaben zum Produkt gelenkt. Für den Kunden entsteht
der Eindruck eines umfassenden Warensortiments, das nach …-Standards
angeboten und nach Art eines Online-Kataloges gezeigt wird.
Zwar sehen auch andere Plattformen einheitliche
Gestaltungsformen für ihre Angebote vor. Jedenfalls die von der Beklagten als
Referenzen angeführten Plattformen … und … enthalten aber keine
Eigenangebote, so dass hinsichtlich der sich hieraus ergebenden zentralen
Stellung der Beklagten eine Vergleichbarkeit gerade nicht gegeben ist.
Weder der Umstand, dass die Beklagte keinen unmittelbaren
redaktionellen Einfluss auf die Zusammensetzung der Produktdetailseite nimmt,
noch dass sie selbst keine Inhalte in die Datenbank einstellt, spricht unter
Wertungsgesichtspunkten gegen die zentrale Stellung bei der Zugänglichmachung
der urheberrechtsverletzenden Abbildungen. Das Prinzip der einheitlichen
Produktdetailseite unter einer gemeinsamen … beruht auf einer
unternehmerischen Entscheidung, die nicht zwingend mit dem Geschäftsmodell des
Online-Handels verbunden ist. Das gewählte Konzept hat dabei aber zur Folge,
dass eine Zurechnung der Nutzungshandlung aufgrund der zentralen Stellung der
…-Gesellschaften bei Ausgestaltung der Angebote nicht verneint werden kann.
d) Die Beklagte kann sich weder darauf berufen, dass die
technischen Prozesse von der … verantwortet werden, noch darauf, dass die …
den Eigenhandel betreibt. Die Verteilung von technischen Aufgaben und anderen
Serviceleistungen auf verschiedene Konzerngesellschaften entlastet die Beklagte
nicht hinsichtlich der Haftung für etwaige Urheberechtsverletzungen auf der von
ihr betriebenen Plattform. Dem Inhaber eines Unternehmens werden
Zuwiderhandlungen eines Beauftragten wie eigene Handlungen zugerechnet, weil
die arbeitsteilige Organisation des Unternehmens die Verantwortung für die
geschäftliche Tätigkeit nicht beseitigt (BGH Urteil vom 15.02.2018 – I ZR
138/16 – Ortlieb, Tz. 62). Vielmehr erfolgt die Nutzung eines IT-Programms der
… im Rahmen einer konzerninternen Arbeitsteilung wie durch einen
Beauftragten. Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung ist die Gestaltung
der Plattform … im Hinblick auf ihre Außenwirkung zu betrachten, so dass es
nicht darauf ankommt, dass der Eigenhandel nicht über die Beklagte, sondern
durch eine Schwestergesellschaft in …-Konzern erfolgt.
6. Eine Haftung der Beklagten ist nicht gemäß § 10 Abs. 1
TMG ausgeschlossen. Ein Diensteanbieter im Sinne des TMG ist ein Anbieter,
dessen Rolle im Hinblick auf die Inhalte neutral ist, dessen Verhalten rein
technischer, automatischer und passiver Art ist und der weder Kenntnis noch
Kontrolle über die weitergeleiteten und gespeicherten Informationen besitzt
(EuGH GRUR 2010, 445 Tz. 114 – Google und Google France; OLG München, Urteil
vom 02.03.2017, 29 U 1797/16 Gray’s Anatomy, Rn. 70).
Die Beklagte ist nicht lediglich technischer Betreiber eines
Dienstes, der Dritten ermöglicht, Inhalte zugänglich zu machen, und damit nicht
Diensteanbieter im Sinne von § 10 Abs. 1 TMG. Vielmehr nimmt die Beklagte eine
eigene Kommunikation vor, indem sie als Betreiberin der Plattform die Angebote
Dritter – mithilfe technischer Verfahren, die von der … zur Verfügung
gestellt werden – konfiguriert, auf der Plattform sichtbar macht und unter dem
…-Logo bewirbt (vgl. BGH, Urteil vom 15.02.2018 – I ZR 138/16 Ortlieb, Rn.
59). Unter Wertungsgesichtspunkten ist die abrufbare Information der Beklagten
als eigene zuzurechnen.
7. Die Beklagte kann sich weder auf eine mutmaßliche
Einwilligung noch auf eine Übertragung der Nutzungsrechte berufen.
a) Zwar kann die Rechtswidrigkeit des Eingriffs in die
urheberrechtlichen Befugnisse zu verneinen sein, wenn der Berechtigte
Nutzungsrechte eingeräumt, die Nutzung schuldrechtlich gestattet hat, seine
schlichte Einwilligung erteilt hat oder jedenfalls sein Verhalten aus Sicht der
Beklagten objektiv als Einwilligung verstanden werden konnte (BGH Urteil vom
29.04.2010, I ZR 69/08 – Vorschaubilder I, Tz. 34 f. – juris). Angesichts des
Umstandes, dass der Beklagten bekannt war bzw. bekannt hätte sein müssen, dass
die Klägerin ein selektives Vertriebsmodell verfolgt, kann sie sich nicht
darauf berufen, ein Handeltreibender sei regelmäßig mutmaßlich mit der
Verbreitung seiner Werbemittel einverstanden.
b) Auch auf eine Übertragung der Nutzungsrechte könnte sich
die Beklagte nicht berufen, soweit die Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine
Übertragung von Nutzungsrechten durch die Teilnehmer an allen Werken und
sonstigen Inhalten vorsehen. Voraussetzung für eine erfolgreiche Übertragung
wäre, dass der Dritte seinerseits zur Übertragung von Nutzungsrechten
berechtigt ist. Dies behauptet die Beklagte nicht. Maßgeblich ist hier
lediglich die Frage, ob der Teilnehmer, also etwa ein autorisierter
…-Händler, zur Weiterübertragung berechtigt war, was hier auch unter
Verkehrsschutzgesichtspunkten nicht naheliegend ist, da der Inhaber eines
einfachen Nutzungsrechtes keine weiteren Nutzungsrechte einräumen kann (vgl.
Loewenheim/Schricker/Ohly, UrhG, 5. Aufl. 2017, § 31 Rn. 46). Nicht zu
beurteilen ist dagegen in diesem Zusammenhang, ob eine Beschränkung der
Nutzungsbefugnis unter Ausschluss bestimmter Vertriebswege, insbesondere über
Online-Plattformen, urheberrechtlich möglich oder kartellrechtlich zulässig
ist.
8. Der Einwand der Beklagten, der Unterlassungsantrag sei
rechtsmissbräuchlich, da das selektive Vertriebssystem der Klagepartei
kartellrechtswidrig sei, greift nicht. Eine etwaige Kartellrechtswidrigkeit
vermag Urheberrechtsverletzungen nicht zu rechtfertigen.
III. Die Klagepartei hat im Umfang der
Unterlassungsansprüche auch einen Anspruch aus Auskunft in Vorbereitung eines
etwaigen Schadensersatzanspruches, § 97 Abs. 2 UrhG. Die Beklagte handelte
insoweit zumindest fahrlässig. Ihr waren aus vorangegangenen Schreiben der
Klagepartei mögliche Urheberrechtsverletzungen bekannt.
Der Klagepartei stehen, da die Unterlassungsansprüche
begründet waren, auch mögliche Schadensersatzansprüche zu. Die Klagepartei hat
u.a. dargelegt, dass ihr Aufwendungen gegenüber ihren Vertragshändlern
entstanden sein können.
IV. Die Beklagte hat die Kosten für die berechtigte
Abmahnung gemäß § 97 a Abs. 3 UrhG in der geltend gemachten Höhe zu ersetzen.
Die Berechnung auf der Grundlage eines Streitwertes von 30.000,00 EUR ist nicht
zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.